Sein Wort, Mein Gesetz von JuPie88 ================================================================================ Kapitel 38: Oh, Tannenbaum -------------------------- Auch wenn Kelly Angst vor Ablehnung hatte musste ich nachhelfen. Mein Wunsch war es den Ort zu verlassen mit dem Wissen, dass Valentin über Kellys Gefühle Bescheid wusste. Meine Wut ihm gegenüber war keineswegs abgeflacht aber ich musste sie überwinden und dem wirklich wichtigen Aufmerksamkeit schenken. Als ich am nächsten Morgen zum Frühstück kam, herrschte bereits ein buntes Treiben. Es roch nach Gebäck und frischen Tannennadeln. Gefühlt liefen hier tausende Menschen rum und brachten allerlei Schnickschnack ins Innere des Herrenhauses. Ich weichte den herumlaufenden Weihnachtswichteln aus und ging zur Haustüre. Ein riesiger Laster stand vor dem Haus und wurde entladen. Weihnachtszeug wo man nur hinsah. Nicolas hatte wohl die Anweisung zur Vorbereitung der Gala gegeben. Stimmt, die würde ja schon in zwei Tagen stattfinden. In zwei Tagen würde ich hier rauskommen. Wenig Zeit um Kelly zu verkuppeln und Nicolas...? Ich unterbrach den Gedanken. Im Prinzip sprach doch nichts dagegen, mit Nicolas zumindest einmal ins Bett zu gehen. Danach würde ich ihn ja eh nie wiedersehen. Ich stockte wieder. Valentin war mein Schleuser, konnte ich mich überhaupt noch auf ihn verlassen?! Ich wusste, dass auch Ivan eingeweiht war. Zur Not musste ich mich auf ihn einlassen. Ich setzte mich in Bewegung und betrat das Esszimmer. Nicolas saß mit einer Zeitung am Tisch und trank Kaffee. „Guten Morgen." Sagte ich und setzte mich zu ihm. Er sah auf und nickte. „Hast du gut geschlafen?" wollte er wissen. „Sicher und du?" „Danke ich auch! Wie du siehst wird alles vorbereitet, damit die Gäste in einem angemessenen Umfeld feiern können...!" fing er an und faltete seine Zeitung zusammen. „Ja habe ich bemerkt!" meinte ich und beugte mich über den Tisch zur Kaffeekann um mir eine Tasse zu füllen. „Ich würde gerne meinen Teil dazu beitragen!" fuhr er fort. „Ok und wie?" wollte ich wissen und setzte mich mit der gefüllten Tasse auf den Stuhl hinter mir. Brauchte er meinen Rat? „Wie wäre es wenn wir gemeinsam den Weihnachtsbaum schmücken würden?" fragte er und wirkte dabei vorsichtig. Ich sah ihn musternd an. „Dürfen Valentin und Kelly auch mitmachen?" Keine Reaktion, er schien darüber nachzudenken. „Ok!" sagte er schließlich und nahm seine Tasse Kaffee in die Hand. Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen. Das war eine super Gelegenheit, die beiden auf den richtigen Weg zu bringen. Das Schmücken eines Baumes konnte durchaus romantisch sein. Nach dem Frühstück durfte ich Kelly Bescheid geben und sie informierte Valentin. Die Hemmung Valentin in ein Gespräch zu verwickeln herrschte weiterhin. Ich konnte so stur sein! Bevor ich jedoch ans Werk durfte, musste ich mir den Verband wechseln lassen. Aus irgendeinem Grund war Nicholas dabei. Er wirkte angespannt wie einige Tage zuvor mit Mister Lane und drückte seine Unterlippen mit dem Zeigefinger zwischen die Zähne. Mister Brown wickelte den Verband ab und musterte den Schnitt. Er war rot und erhitzt. „Eine kleine Entzündung ansonsten ist alles in Ordnung." Er hob seinen Blick, den er nicht an mich richtete, sondern sofort an seine Arbeitgeber. Nicholas nickte, wieder wirkten die beiden als würden sie eine Verschwörung vertuschen wollen. „Ich werde dir eine Creme auftragen und den Verband neu anlegen!" berichtete mein Gegenüber nun an mich gerichtet. „Ist gut..." murmelte ich nur und biss die Zähne zusammen um nicht wieder in eine Welle von Fragen zu geraten. Wir hatten einen Deal, ich würde Nicholas erst einmal nicht weiter belästigen. War im Prinzip doch eh egal. In zwei Tagen war ich hier weg. Gemeinsam machten der Hausherr und ich uns auf den Weg zum Kaminzimmer, dort stand der Baum und wartete darauf geschmückt zu werden. Diese Tradition war mir aus meinem alten Leben bekannt. Ich erinnerte mich daran wie meine Familie und ich gemeinsam die Tanne schmückten. Den Stern für die Spitze setzte jedes Jahr mein Vater auf. Ebenfalls eine Tradition, dann gab es ein Bild für das Erinnerungsbuch und dann wurde gegessen. Diesmal gab es keine Familie, keine Bilder. Ich linste zu Nicholas, der einige Schritte vor mir herging. Für den Moment war er alles was ich hatte. Ein Mann, den ich so gut wie gar nicht kannte und der dafür sorgen wollte, dass kein weiteres Bild in das Erinnerungsbuch geklebt wurde. Meine Gedanken schweiften zu meiner Familie. Wie ging es Ihnen nach der ganzen Zeit? Würden sie auch den Baum ohne mich schmücken, so wie jedes Jahr? Würden sie weitermachen, so als wäre ich nie verschwunden? Je mehr ich darüber nachdachte, desto größer wurde der Wunsch, sie würden weitermachen so als hätte es mich nie gegeben. Ich hatte zwar vor den Ort des Schreckens zu verlassen aber wer gab mir die Garantie, dass ich Zuhause ankommen würde? Niemand gab mir die Gewissheit! In meinem Hals bildete sich ein Kloss! Er war so groß, dass ich nicht mal beim Erblicken des riesigen Baumes etwas sagen konnte. Er war mindestens 3 ½ Meter und wunderschön. Ich hatte noch nie solch eine prachtvolle Tanne gesehen. Es überraschte mich nicht, dass selbst die einfachste Tanne wundervoll sein musste in diesem Haus. Alles schien auf den ersten Blick perfekt. Nach wie vor passte ich hier kein bisschen rein. Ich schluckte schwer und versuchte die aufkommende Trauer einfach zu verdrängen, so wie sonst auch. „Alles in Ordnung?" fragte mich mein Begleiter und stellte sich vor mich. „Ich fand die Idee zuerst wirklich schön aber ich weiß nicht ob ich das kann." Sagte ich und zwang mir ein Lächeln auf. Warum versuchte ich meine Trauer zu überspielen? Er sollte sie ruhig sehen, er sollte ruhig erkennen was er mir angetan hatte und doch beließ ich es bei dem lächerlichen Versuch meine Trauer durch ein Lächeln zu vertuschen. „Emily... was soll ich sagen oder machen?" Diese Frage wirkten hilflos und verzweifelt. Ich hatte eher mit Ungeduld gerechnet aber dieses Gefühl war aus seinen Worten nicht zu entnehmen. Ich ging an ihn vorbei und schnappte mir die ersten Kugeln. „Alles gut Nicholas. Ehrlich das vergeht schon!" Ich drehte mich zur der Tanne und hing die erste goldene Kugel auf. Stumm folgten die nächste und eine weitere. Der Hausherr widmete sich daraufhin ebenfalls dem Baumschmuck und gemeinsam, schmückten wir in Stille gehüllt, den Baum. Als ich bereits einige Packungen leer gemacht hatte, beehrten uns Valentin und Kelly mit ihrer Anwesenheit. Die Schwarzhaarige stellte sich neben mich und konnte sich das zufriedene Grinsen nicht verkneifen. „Danke!" murmelte sie und nahm mir einige Kugeln ab. Ich nickte nur und warf einen flüchtigen Blick zu Valentin, dieser kramte eine Lichterkette aus dem Karton hervor. Ich musste mich auf den Augenblick konzentrieren und der war nicht der Schlimmste. Tatsächlich tat die Musik, das Gebäck und die Anwesenheit der drei gut. Mit Freude beobachtete ich wie Kelly und Valentin tatsächlich vorsichtige Zärtlichkeiten austauschten. Ich war zufrieden, wenn ich schon mein eigenes Leben nicht im Griff hatte konnte ich ja wenigstens unterstützend tätigt werden. Die Zeit verstrich und die Stimmung wurde immer gemütlicher. „Wie geht es dir jetzt?" fragte Nicholas und reichte mir eine Tasse heißen Kakao. Ich nahm das Getränk dankend entgegen und wippte mit dem Kopf zur Musik. „Vorsicht, es ist heiß!" Die Warnung aufnehmend, starrte ich zu dem Baum und war für einen Moment in meiner ganz eigenen Welt. Mir fiel etwas ein! Etwas, was sich erst jetzt an mein Bewusstsein wendete. „Als ich beinahe gestorben bin, habe ich an dich gedacht!" kam es gedankenlos über meine Lippen. „Ich habe dich gesehen Nicholas." Wiederholte ich und sah auf. „Du hast meine Hand genommen und mich zurückgebracht ins Leben!" „Ich habe deinen Namen gerufen..." sagte er trocken. „Das ist bestimmt der Grund für mein Erscheinen!" versuchte er meine Ehrlichkeit zu überspielen. „Das glaubst du ja?" forschte ich nach und spürte, wie er mich nicht ernst nahm. „Da gibt es keine andere Erklärung für!" wies er meine Frage emotionslos ab. „Oh, ich bitte dich... Nicholas du kannst die Worte nicht hören? Du kannst es nicht ertragen, wenn ich über meine Gefühle rede oder?" Ich drückte die linke Hand zu und spürte das heiße Porzellan. „Was für Gefühle Emily... du kennst mich so gut wie gar nicht! Was für Gefühle außer Hass und Wut sollst du schon empfinden können?" wurde er nun ernster und hob eine Augenbraue. „Wie Recht du hast, dich kann man nur hassen!" ich warf die Tasse auf den Boden und ging an ihm vorbei, doch weit kam ich nicht. Er packte meinen Ellbogen und zog mich zu sich zurück. Er packte unsanft meine Schultern und schüttelte mich. Ich weitete geschockt meine Augen, diese Facette war mir neu. Wann würde ich seine wahre Gestalt endlich erfassen können? „Dein Benehmen ist untragbar!" „Du hast doch angefangen, du hast mich als eine kleine Göre abgestempelt!" wurde ich nun lauter und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien. Er tat mir weh und schien keineswegs Rücksicht darauf nehmen zu wollen. „Ich versuche wirklich alles um es dir hier heimisch zu machen und du bist nur undankbar." Fuhr er fort. Kelly war zu Valentin gerückt, das konnte ich aus dem Augenwinkel erkennen. „Du spinnst doch, wie oft sollen wir diese absurde Diskussion noch abhalten! DU hast mir das hier angetan, das ist doch wohl das mindeste! Du hast mir alles genommen!" Er hörte auf mich zu schütteln und warf mich zu Boden. Ich landete auf dem Parkett und sah auf. Als Kelly auf mich zugelaufen kam, hob Nicholas eine Hand und sie blieb sofort stehen. Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht. „Das ist deine Meinung ja?" wollte er plötzlich ganz ruhig wissen und kam einen Schritt auf mich zu, so dass er ganz nah vor mir stand. „Ja so ist das und so wird es immer bleiben!" knurrte ich und erwiderte seinen kalten Blick. „Warum also solltest du etwas Anderes als Hass und Wut für mich empfinden?" Er hatte mich überlistet. Er hatte mein anfängliches Geständnis in der Luft zerrissen. Ich schluckte und mir wurde klar, dass er diese Worte niemals zulassen würde, dass er meine positiven Gefühle niemals zulassen würde. Warum? Weil er mich sonst nicht wegschicken konnte? Er drehte mir den Rücken zu und setzte sich in Bewegung Richtung Türe. „Ich weiß es doch auch nicht, ich weiß doch auch nicht was ich sagen soll... Du willst meine Abhängigkeit aber meine Zuneigung willst du nicht, warum?" Er blieb stehen und senkte den Kopf. „Weil mir Zuneigung nichts bringt!" „Ist es nicht dasselbe?" rief ich und erhob mich langsam. „Nein liebe Emily, das ist es nicht. Deine Zuneigung ist nicht echt, sie basiert auf einen Schutzmechanismus deiner Seele. Abhängigkeit jedoch ist eine erzwungene Einstellung." Er machte mich wütend, das schaffte er wirklich gut. Ich stürmte auf ihn zu doch bevor ich ihn erreicht und ihm in den Rücken fallen konnte, stellte sich Valentin zwischen uns und fing mich ab. Ich versuchte mich gegen den Griff zu wehren doch selbst der schmale Blondschopf war stärker als ich. Durch den Blutverlust vom Vortag war ich bei weitem nicht so fit wie sonst. „Beruhig dich..." flüsterte er mir ins Ohr. „Einen Scheiß werde ich. Sieh mich an, wenn ich mit dir rede so wie es sich gehört, es geht mir auf den Geist, dass du immer meinst das Gespräch beenden zu können!" schrie ich aufgebracht und bäumte mich gegen die Arme, die Valentin um meine Taille geschlungen hatte. Doch er tat es wieder, er beendete unsere Diskussion und verließ den Raum. Erst als die Türe ins Schloss fiel, ließ Valentin mich los. Ich drehte mich zu ihm um, schubste ihn und gewann Abstand. „Warum?" wollte ich wissen. „Warum mischst du dich ein?!" „Weil es für dich besser ist glaube mir!" „Als hättest du auch nur die geringste Ahnung! Du belügst mich doch auch du bist nicht besser als er!" „Emily!" er hob beschwichtigend die Arme. „Das mag für dich alles so aussehen aber so ist es nicht!" versuchte er mir zu erklären aber ich wollte nichts hören. MeinBlick suchte Kelly, ich hatte ihr versprochen nichts zu sagen und das tat ich auch nicht. „Ihr könnt mich alle mal!" flüsterte ich und verließ ebenfalls den Raum. Hosted by Animexx e.V. 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