Schwarzgrün von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 17: ------------ * Gedankenverloren tippte Madara mit dem Zeigefinger auf den Tisch. Eigentlich hatte er es sich strengstens verboten, über Privates auf der Arbeit nachzudenken, da es unprofessionell war. Aber Sakura war ihm unmittelbar nach dem letzten Seminar in den Sinn gekommen. Er hatte ihr eine Nachricht geschrieben, saß nun in seinem Büro und dachte nach. Es war der 28. März, aber seine Gedanken drehten sich nicht um Sakuras Geburtstag. Er hatte ihr bereits ein Geschenk gekauft und es würde eine Überraschung werden, da Madara keine Andeutungen oder Hinweise hatte fallen gelassen, nicht einmal gegenüber Izuna. Er war auch zuversichtlich, dass es ihr gefallen würde. Madara beschäftigte etwas anderes. Er hatte den Umstand, dass sie ab Oktober nicht mehr da sein würde, natürlich einkalkuliert. Wie sie beide verfahren sollten, wenn es so weit war, wusste er allerdings nicht. Es gab mehrere Möglichkeiten; welche allerdings die günstigste für sie beide war, das vermochte er nicht zu sagen. Madara würde die Angelegenheit demnächst ansprechen. Nur in einem langen, gemeinsamen Gespräch könnten sie sich auf einen Kompromiss einigen. In diesem Augenblick klopfte jemand an seiner Tür. Madara wusste bereits, wer es war, als die Türklinke heruntergedrückt wurde, noch bevor er die Erlaubnis zum Eintreten hatte erteilen können. „Ich bräuchte nur eine Unterschrift“, sagte Hashirama eilig, so als hätte er Angst, jeden Augenblick angeschrien zu werden, wenn er Madara keinen vernünftigen Grund für sein Erscheinen liefern würde. Hashirama legte ihm einen Zettel auf den Tisch, und Madara griff nach einem Kugelschreiber. Er las Text oberhalb der Linie, auf der er unterschreiben musste, und hatte seinen Namen bereits ausgeschrieben, doch die Spitze des Kugelschreibers ruhte immer noch auf dem Papier. Madara überlegte, ob er Hashirama fragen sollte, wie er und Mito die Sache mit der Fernbeziehung damals gemeistert hatten, als Hashirama für ein Semester ins Ausland gegangen war. Doch Madara entschied sich schnell dagegen und legte den Kugelschreiber an seinen ursprünglichen Platz zurück. Er selbst war derjenige, der ein rein kollegiales Verhältnis vorgeschlagen hatte. „Wie läuft deine Dissertation?“ „Gut.“ „Wollen wir später zusammen mensen gehen?“ Madara zuckte zusammen. „Bitte, Hashirama, benutze dieses grässliche Studentenwort nicht in meiner Gegenwart“, bat er ihn missmutig, und Hashirama lachte herzhaft. Madara las die Uhrzeit von seiner Armbanduhr ab. Am besten sollte er sich jetzt schon auf den Weg machen, um im Raum alles Wichtige vorzubereiten. Kurz sah er auf sein Mobiltelefon und entdeckte Sakuras Nachricht. „Meinetwegen“, sagte er gedankenverloren an Hashirama gewandt. „Wir sehen uns viertel vor zwei vor dem Haupteingang.“   Madara begann sich fertigzumachen, während Hashirama ihm dabei verdutzt zusah. „Du meinst…“, setzte er langsam an. „Ich muss jetzt los, bis später“, unterbrach Madara ihn und scheuchte ihn Richtung Tür. Er schloss sein Büro ab, während Hashirama, immer noch mit einem verdutzten Ausdruck im Gesicht daneben stand. Hashirama sah dabei zu, wie Madara mit schnellen und großen Schritten die Treppe ansteuerte und sie dann hinuntereilte. Was die Liebe nicht alles bewirken kann, dachte Hashirama bei sich und lächelte amüsiert. ____ Als er die Wohnung betrat, roch es verdächtig nach Kuchen. Nachdem er sich die Schuhe ausgezogen hatte, ging er in die Küche. Auf dem Esstisch stand ein Schokoladenkuchen mit kakaohaltiger, glänzender Fettglasur. Dekoriert hatte Sakura ihn mit Himbeeren. Sakura und Izuna erledigten gemeinsam den Abwasch von Utensilien und Geschirr, die nicht in die Spülmaschine untergebracht werden konnten. Sakura drehte den Kopf zu ihm und grüßte ihn mit einem glücklichen Lächeln, stillschweigend mit dem Kopf auf Izuna deutend, der gerade dabei war, eine große grüne Schale abzutrocknen. Er hatte ihr beim Rühren geholfen. Sakura und Izuna trockneten sich die Hände ab, und Sakura trat zu Madara, um ihn zu küssen. Aus der Innenseite seines schwarzen Sakkos holte er ein sorgfältig eingepacktes Päckchen hervor. „Alles Gute zum Geburtstag, Sakura.“ Für dieses Geschenk war er in die nächste Stadt gefahren, in einen bekannten Outlet. Es hatte an dem Tag Ewigkeiten gedauert, einen Parkplatz zu finden; auf dem Rückweg hatte es wie aus Eimern geschüttet und er war zu allem Übel auch noch in einen Stau geraten. Seine Nerven waren zum Zerreißen angespannt gewesen und seine Haare eine Katastrophe, aber es hatte sich gelohnt. Als Sakura ihr Geschenk öffnete, das Silberarmband, das er für sie gekauft hatte, aus dem Päckchen nahm und es von allen Seiten bewunderte, wusste er, dass die Fahrt und die Strapazen, die er auf sich genommen hatte, sich voll und ganz gelohnt hatten. „Es ist wirklich wunderschön“, meinte Sakura atemlos und befestigt das Armband an ihr linkes Handgelenk. „Dein Bruder hat mir ein Armband geschenkt.“ Es war ein filigranes silberfarbenes Schmuckstück mit drei eierschalenfarbenen Blüten, deren Stempel aus glänzenden Perlen bestanden. „Danke.“ Sie umarmten einander und er küsste sie auf das Haar. „Setzt euch an den Tisch“, sagte sie, nachdem sie die Umarmung gelöst hatten. Sie hatte Abendessen vorbereitet – kein allzu opulentes, da sie lange genug mit dem Kuchen beschäftigt gewesen war. Während sie speisten, erzählten sie sich gegenseitig von ihrem Tag und was sie verrichtet hatten, und Madara war, als wären sie drei jetzt schon eine Familie. Es freute ihn, Izuna glücklich zu sehen, zu sehen, dass sein Bruder immer weniger auf Hilfe angewiesen war und mehr selbstständig agierte. „Wie sieht es mit der Partnersuche aus?“, wollte Madara wissen. „Ach“, meinte Izuna, putzte sich den Mund mit einer Serviette und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. „Am Anfang hatte es sich seltsam angefühlt, die Texte, die an mich gerichtet sind, von Sakura gelesen zu bekommen. Mittlerweile kann ich mich damit gut arrangieren.“ Er war zu Anfang sehr aufgeregt und unruhig gewesen, wann immer Sakura ihm mitgeteilt hatte, er hätte eine Nachricht erhalten. Auch das war zurückgegangen. Izuna legte die Hände in den Schoß, senkte den Kopf und begann, mit seinen Fingern zu spielen. „Ich finde die meisten aber…“ Izuna hielt inne und runzelte die Stirn, nach dem richtigen Adjektiv suchend. „… Komisch. Ja, komisch. Eine fragte gleich, ob wir uns treffen können. Sie meinte, sie mag es, Menschen persönlich kennen zu lernen. Aber das möchte ich nicht. Ich bin dafür nicht bereit. Sie hat dafür nicht viel Verständnis gehabt.“ Während Izuna weitersprach und Flirtportal-Anekdoten zum Besten gab, räumte Sakura die Teller weg und stellte kleinere Teller hin. Sorgfältig schnitt sie den Kuchen in mehrere Stücke und wies jedem ein Stück zu. „Allein dass du Kontakt zu anderen Menschen hast, ist gut“, meinte Madara. „Selbst wenn es für den Anfang nur virtuelle sind.“ Izuna bejahte. Sie verzehrten den Kuchen, und Sakura erhielt den ihr zustehenden Lob. Izuna war zuerst mit dem Kuchen fertig. „Ich glaube, ich möchte versuchen, Sport zu machen.“ Sakura und Madara sahen Izuna verwundert an. „Sport?“, fragten sie simultan. „Sakura und ich haben uns durch unzählige Profile geklickt und... Und sie las mir auf meinen Wunsch hin viele der Profile vor. Die anderen machen Sport und gehen arbeiten. Trotz ihrer unterschiedlichsten Einschränkungen haben sie Arbeit und Hobbys. Ich möchte diese Dinge versuchen. Ich weiß genau, dass es einige Dinge gibt, die ich alleine machen kann, und man sich auch zu Hause sportlich betätigen. Ich will das.“ Madara legte die Gabel zur Seite. „Hm. Ich wüsste nicht, weshalb ich Einwände erheben sollte, wenn du dich sportlich betätigen willst. Du wirst dich aber die erste Zeit von Sakura beaufsichtigen lassen. Ich möchte nicht, dass etwas schief geht. Versprich mir einfach, dass du vorsichtig sein wirst und es langsam angesehen lässt. Über das Thema Arbeit solltest du dir allerdings ein paar Gedanken mehr machen und Sakura bitten, mit dir darüber zu reden. Sie weiß sicher einiges.“ Izuna legte die Hände entschlossen auf den Tisch. „Ich möchte sobald es geht damit anfangen. Ich will nicht aufschieben.“ Madara und Sakura wechselten freudige Blicke miteinander. „Wir können nach etwas Passendem für dich im Internet suchen“, sagte Sakura, und Izuna nickte. ____ Den Tag nach seinem ersten Training hatte Izuna furchtbaren Muskelkater. Insbesondere Seine Beine und sein Bauch waren betroffen, und es war egal, ob er stand, saß oder lag – die Intensität des Katers schien sich nicht zu verändern. Dabei hatte Izuna es recht langsam angehen lassen, genau wie Madara ihn darum gebeten hatte: Ordentliches, leichtes Aufwärmen, keine allzu schnellen Bewegungen, keine Gewichte und viel entspanntes Dehnen hinterher. „Das ist ja auch kein Wunder“, sagte Sakura, als sie ihm Essen ins Zimmer brachte. „Es ist lange her, dass du dich körperlich angestrengt hast. Spaziergänge bereiten einen kaum auf ein solches Training vor. Apropos: Einen kleinen Spaziergang sollten wir heute dennoch einlegen. Es ist schön draußen.“ „Wenn ich den Dreh raushabe, wirst du mit mir zusammen trainieren“, grummelte Izuna schlecht gelaunt und widmete sich seinem Frühstück. Er musste allerdings zugeben, dass er sich gestern nach zwanzig Minuten Training gut gefühlt hatte. Er hatte sich gegen Ende lebendiger denn je gefühlt. Heute würde er definitiv aussetzen, dafür aber versuchen, morgen oder – wenn es morgen noch nicht funktionieren sollte – übermorgen wieder einzusteigen. Madara kam gegen acht Uhr abends nach Hause. Izuna saß im Wohnzimmer und tastete das Bilderbuch ab. Sakura befand sich in ihrem Zimmer, und als er an die Tür trat, hörte er, dass sie telefonierte. Es war bereits das Ende des Telefonats, und er klopfte erst, nachdem Sakura sich von ihrem Gesprächspartner verabschiedet hatte. Sie küssten einander flüchtig. „Mit wem hast du telefoniert?“, wollte Madara wissen. „Mit meiner Mutter“, antwortete Sakura und bedeutete Madara, ihr in die Küche zu folgen. Izuna gesellte sich zu ihnen an den Tisch, sodass sie heute abermals zu dritt gemeinsam zu Abend essen konnten. Sakura verbarg vor Madara, was genau sie und ihre Mutter besprochen hatten: Sakura hatte ihre Eltern endlich über ihre Beziehung zu Madara aufgeklärt. Die Reaktion war besser ausgefallen, als sie es vermutet hatte. Ihre Mutter hatte sich gefreut; ihr Vater war darauf nicht eingegangen, sondern hatte sie in typischer väterlicher Manier gefragt, ob sie ihn nicht persönlich als ihren Partner vorstellen wollte. Als Izuna die Küche verließ und in sein Zimmer ging, wollte Sakura sich ans Aufräumen machen, aber Madara griff nach ihrer Hand und führte sie in sein Zimmer. Er schloss die Tür und sah sie an. „Es ist wirklich verrückt“, sagte er und lockerte seine Krawatte, „jemanden zu vermissen, den man gestern Abend noch gesehen hat und weiß, dass man ihn auch heute sieht.“ Er machte sich daran sie zu entkleiden. ____ Als Madara aufwachte, lag Sakura neben ihm und begrüßte ihn mit ihren grünen Augen. Er blinzelte den Schlaf aus seinen Augen hinfort und streckte die Hand aus, um sie zu streicheln. Sie schmiegte sich näher an ihn und sie schwiegen eine Weile, ließen einander vernünftig wach werden, die Nähe des anderen genießend. Dann richtete sich Sakura auf und die Decke rutschte von ihrem Oberkörper hinunter. Er betrachtete ihre freigelegten Brüste, während sie sich im Sitzen streckte, nur um dann wieder neben ihn auf das Bett zu sinken. Er schob die Decke herunter und streichelte ihren Bauch. Sie hatte drei kleine Narben von der Operation davongetragen; eine direkt am Bauchnabel, eine links und eine rechts. „Würdest du nächsten Monat mit mir zu meinen Eltern fahren wollen?“ Madara hielt inne und  wandte den Blick zu ihr. „Du meinst, deine Eltern kennen lernen?“, fragte er nach. Eigentlich hatte er heute diese Sache ansprechen wollen. Das musste er dann wohl auf einen anderen Tag verschieben. Ein wenig verunsichert sagte sie: „Ja. Ich habe ihnen von dir erzählt und sie würden dich gerne näher kennen lernen.“ Nun richtete Madara sich auf, die Beine über das Bett schwingend. Sakura war auch sogleich hinter ihm, schob Madaras Haar über dessen linke Schulter und legte das Kinn auf die andere. „Möchtest du nicht?“, fragte sie ihn herausfordernd. „Ich weiß nicht“, antwortete Madara und fuhr sich über das Gesicht, bevor er Sakura körpersprachlich zu verstehen gab, dass er aufstehen wollte. Sie zogen sich an, während Madara über ihre Frage nachdachte. „Wie stellst du dir das vor mit Izuna?“ „Ich habe überlegt, ihn zu fragen, ob er mit will“, meinte Sakura und strich sich die morgendliche Frisur glatt. Madara fuhr sich mit den Fingern durch das Haar, um es von unerwünschten Knoten zu befreien. „Du kannst mit ihm gerne darüber reden.“ Er bezweifelte allerdings, dass Izuna mitkommen wollte. Eine lange Zugfahrt sowie Gedrängel am Hauptbahnhof würden ihn unnötig aufwühlen und reizen. Daneben fuhr Sakura meistens freitags nach Hause. Der Großteil der Züge war am Wochenende voll und kaum zu ertragen, selbst für jemanden, der regelmäßig damit fuhr. Eine Alternative wäre das Auto. Er wollte nicht für Izuna sprechen. Sein Bruder war ein erwachsener Mann und in der Lage, trotz Behinderung, zu sagen, was er wollte und was nicht. Sakura sprach die Angelegenheit direkt beim gemütlichen Frühstück an. Sie lachten nicht und sprachen nicht miteinander; dennoch befand Sakura die Atmosphäre für sehr angenehm. „Madara und ich haben heute Morgen über etwas nachgedacht“, begann sie, als sie jedem von ihnen Tee eingegossen und sich hingesetzt hatte. Als Izuna den Kopf zu ihr wandte, sagte sie: „Wie fändest du es, wenn wir zu dritt zu mir fahren würden?“ Während Sakura ihn erwartungsvoll ansah, nippte Madara ohne einen besonderen Ausdruck im Gesicht an seinem Tee. „Zu dritt?“, hakte Izuna verwundert nach. „Hast du etwa so viel Platz zu Hause?“ „Sicher“, gab Sakura zurück. „Ich würde mich wirklich freuen, wenn du zusagen würdest.“ „Ich würde ungerne Zug fahren“, sagte Izuna nachdenklich, „und ich fühle mich ehrlich gesagt noch nicht dazu bereit, an Orten zu sein, wo so ein furchtbares Gedrängel herrscht wie an einem Bahnhof.“ Er nahm die Tasse in den Mund und trank einen Schluck Tee. Er kam sich vor wie ein Spaßverderber – aber was sollte er schon tun? Wenn er sich auf den Zug einlassen würde, würde er noch am Ende allen die Laune verderben. Sakura überlegte. „Wärst du damit einverstanden, wenn wir das Auto nehmen?“, fragte sie dann Madara. „Wir könnten uns den Sprit teilen. Das Auto ist für Izuna nicht mehr ein ganz so unbekanntes Umfeld.“ Sakura sah zu Izuna. „Wir versorgen dich auch ausreichend mit Wasser und Nahrung, damit dir nicht schlecht wird, und du kannst auch zur Sicherheit eine Reisetablette vor dem Losfahren einnehmen.“ Izuna dachte nach. Sakura schien es unbedingt zu wollen, dass sie sie besuchten. In erster Linie wahrscheinlich, damit sie Madara ihren Eltern vorstellen konnte. Aber Sakura dachte auch an ihn und daran, ihm neue Perspektiven durch Reisen zu eröffnen. Er erinnerte sich an die Fahrt ins Museum. Er hatte viel Spaß dabei gehabt, mit seinen intakten Sinnen Dinge zu erkunden. Es ist so etwas wie ein Kurzurlaub , dachte Izuna sich. „Ich möchte dich zu nichts drängen, Izuna“, sagte Sakura sanft und tätschelte in dem Augenblick Madaras Hand. „Lass es dir durch den Kopf gehen.“ Izuna lächelte und leerte seinen Tee. „Ist dir eigentlich aufgefallen, dass wann immer du sagst ‚Lass es dir durch den Kopf gehen‘, ich es mir durch den Kopf gehen lasse und dann ja sage? Ich werde darüber gar nicht erst lange nachdenken. Ich möchte mit.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)