Schwarzgrün von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 14: ------------ [center"]* „Er hat mich zum Essen eingeladen.“ „Wirklich?“ Die Gabel ging daneben, die Zinken prallten an den Zähnen ab und Izuna verletzte sich an der Lippe. Es war ein höchst unangenehmes Empfinden. Zu Sakuras Erleichterung floss kein Blut, und nachdem sie sich vergewissert hatte, dass mit ihrem Schützling auch wirklich alles in Ordnung war, widmeten sie sich wieder ihrem Mittagessen. Madara würde das komplette nächste Wochenende nicht zugegen sein und hatte sie gestern Abend am Küchentisch gefragt, ob er Sakura in ein Lokal ausführen dürfe. Izuna stocherte eine Zeitlang schweigsam in seinem Essen. „Seid… ihr dann also zusammen?“, fragte er nach einer Weile der Stille verlegen. Sie saßen einander gegenüber, zwischen ihnen mehrere kleine Teller duftender Zutaten, mit denen sie das Hauptgericht nach eigenem Gefallen veredeln konnten. Sakura öffnete den Mund, doch es verließ kein Wort ihre Lippen. Sie war wie sprachlos und wusste nicht, ob sie bejahen oder schweigen sollte; sie wusste nicht einmal selbst, ob sie schon seine Partnerin war, überhaupt hatte sie sich keine Gedanken um den Status der Beziehung gemacht. Sie mochte Madara sehr gerne. Er war gebildet, gut aussehend und hatte ein Herz, das er nur den wenigstens zeigte. Sie fühlte sich in seiner Gegenwart sehr wohl und auch er schien sich bei ihr wohlzufühlen. Ihre Eltern wussten nichts davon, dass sie und Madara sich angenähert hatten. Für Mebuki und Kizashi Haruno war Madara immer noch schlicht Sakuras Arbeitgeber. Ihrer Freundin Ino hatte Sakura ebenfalls nichts gesagt, auch wenn Ino sich einige Male nach Madara erkundigt hatte – es sei schließlich ein beliebtes Motiv im Roman und Film, wenn sich die Arbeitnehmerin in den Arbeitgeber verliebte. Sakura fragte sich, wie ihre Eltern und Ino reagieren würden, wenn sie ihnen erzählte, wie nahe sie und Madara sich aktuell standen. „Ich habe darüber ehrlich gesagt noch nicht nachgedacht“, antwortete sie Izuna wahrheitsgemäß. Izuna versank in seiner Gedankenwelt und verließ sie erst, als Sakura zum Vorlesen in seinem Zimmer erschien. Sie setzten sich gemeinsam an den Tisch am Fenster, und Sakura schlug das Buch auf. Izuna konnte sich nicht so recht auf Sakuras Stimme konzentrieren, so sehr er es wollte, und schließlich sagte er: „Warte.“ Er zog die Lippen in den Mund und spürte, wie sein Hals anschwoll. Sakuras unsichtbarer Blick ruhte auf ihm, sorgte dafür, dass er unruhig und nervös wurde. „Darf ich dein Gesicht sehen? Ich meine, darf ich dich im Gesicht berühren?“ Sie erinnerte sich daran, wie er sie anfänglich gebeten hatte, sich selbst zu beschreiben. Sakura wusste nicht, weshalb genau er diesen Wunsch nun äußerte, sagte nach kurzem Zögern jedoch zu. Vorsichtig und beinahe schüchtern beugte er sich zu ihr hinüber und berührte ihre Gesichtshaut mit lauwarmen Fingern. Ihre Haut war seidig weich und ebenmäßig; wenn er die Fingerkuppen etwas anhob, konnte er ihre feinen Gesichtshaare ertasten, die er sich als hell und kaum sichtbar vorstellte. Ihr Mund war schön geschwungen, weich und feucht, und ihre Nase war kurz und zierlich, die Brauen offenbar sehr dünn und ihre Stirn breit. Sein Herz klopfte. Er wünschte, er könnte ihre Augen ertasten, die Form, und auch die Farbe, ließ aber von Sakura ab. Sie war eine schöne Frau, und auch wenn er für Sakura nicht mehr als Freundschaft empfand, so war er neidisch auf seinen Bruder; zeitgleich freute er sich für die beiden. Wie sollte er sich nicht darüber freuen, dass sein Bruder nach langer Zeit wieder mit einer Frau verkehrte? Nur hatte er die Befürchtung, dass ihn nun das Verlangen nach einer Partnerin verzehren würde, dass deren gemeinsames Glück ihn unglücklich machen würde. „Soll ich weiterlesen?“ Izuna hob den Blick und sah dann zum Fenster. „Ja, mach bitte weiter.“ * Obwohl es bereits nach acht war, war es im Restaurant relativ ruhig. Die Musik im Hintergrund war auf ein friedliches Gemüt ausgelegt und die Menschen mussten nicht aus voller Kehle sprechen, um einander zu verstehen. Es herrschte eine entspannte und vornehme Atmosphäre, die Sakura gefiel. Im gedämmten Licht der Lampe, die ihre goldfarbenen Arme über dem Tisch ausgebreitet hielt, inspizierte sie die hochwertig ausschauende Speisekarte und staunte über die Preise, zu denen man die kleinsten Portionen erhielt. Sie fühlte sich nicht wohl dabei, in so ein teures Restaurant ausgeführt zu werden, auch wenn sie sich das als kleines Mädchen zur Genüge ausgemalt hatte. „Uhm“, machte Sakura schließlich, „das scheint ein Lokal für gehobene Gesellschaft zu sein.“ „Es ist schlussendlich das Viertel, in dem ausschließlich Markensachen verkauft werden“, erklärte Madara nüchtern und legte die Speisekarte beiseite. Offenbar hatte er sich schon entschieden. „Es ist nicht so, als würde ich hier tagtäglich verkehren.“ In der Tat war er hier das letzte Mal vor zwei Jahren gewesen, hatte somit vorab von den hochliegenden Preisen gewusst. Es hatte sich nicht viel geändert. Die Speisekarte war um drei Gerichte aktualisiert worden, ansonsten war alles gleich geblieben. „Schau nicht auf die Preise, Sakura“, fügte er hinzu, als wäre er hinter die wahre Bedeutung ihrer Worte gekommen. „Ich habe dich hierher eingeladen und ich werde auch zahlen.“ Nachdem ihre Bestellung aufgenommen worden war, sagte Sakura: „Ich habe etwas in Izunas Zimmer gefunden. Zwischen all den Büchern lag ein Zettel, auf dem ein einziger Satz steht.“ Sakura hatte Izunas Liste gefunden. Sie hatte ihn darauf ansprechen wollen, hatte aber keinen passenden Zeitpunkt gefunden.. Madara schmunzelte und rieb sich das Kinn. „Ans Meer fahren, ja? Ich erinnere mich. Er war an dem Tag der Abreise furchtbar aufgeregt gewesen.“ „Zu schade, dass wir das nicht an seinem Geburtstag machen können“, meinte Sakura. Izuna hatte am vierzehnten Februar Geburtstag. Es war noch viel zu unangenehm, um aufs Meer zu fahren, zumal die Temperaturen im Norden noch tiefer lagen als hierzulande. Wenn man den guten Herrn schon in ein Museum zu locken vermochte und er Gefalle am Erkunden und neuen Erfahrungen hatte, dann konnte man ihn sicherlich auch ans Meer locken. „Ich habe mit ihm bereits gesprochen, er möchte an seinem Geburtstag nichts machen.“ Sakura starrte Madara an wie eine Ehefrau, dessen Mann soeben etwas Falsches gesagt oder getan hatte. „Ich denke, das sagt er nur so. Er will uns einfach keine Umstände bereiten. Ich bin der Meinung, wie sollten uns etwas ausdenken, Madara.“ Sie grinste, weil ihr unzufriedener Blick ihn irritiert hatte. „Es muss nichts Aufwändiges oder Großes sein, wir müssen es nicht einmal außerhalb der Wohnung machen.“ Die junge Pflegerin schien geradezu auf ihren Einfall zu bestehen und brachte Madara einen Vorschlag nach dem anderen entgegen, bis er sich schließlich dazu einverstanden erklärte, gemeinsam mit Sakura etwas zu organisieren. Madara saß mit dem Rücken zum Eingang, und so war es Sakura, die die Ankunft von Hashirama und dessen Frau als Erste entdeckte. Ihre Augen rollten von Madara, der mental abwesend zu sein schien, zu Hashirama, der gemeinsam mit seiner Frau einen Platz am Fenster besetzte. Einerseits hoffte sie, von den anderen zwei nicht entdeckt zu werden, da Madara dann sicherlich schlechte Laune befallen würde. Andererseits fand sie Hashirama sehr sympathisch, wenn auch merkwürdig. Ihre Getränke wurden ihnen schnell gebracht, und bereits da fiel Madara auf, dass Sakura sich seltsam verhielt. Ihre Augen wanderten immer wieder auffällig unauffällig durch den Raum, stoppten jedes Mal an einer bestimmten Stelle und wanderten wieder zurück wie ein Mechanismus. Schließlich, als in ihm ein Gefühl der Angespanntheit aufzusteigen begann, fragte er sie: „Was ist los, Sakura?“ Er klang wie ein Lehrer, der seinen Schüler dabei erwischte, wie er dem Unterricht die Aufmerksamkeit entsagte. Gerade in dem Moment brachte man ihnen zwei dampfende, prall gefüllte Teller und wünschte ihnen einen guten Appetit. „Das sieht sehr lecker aus“, kommentierte sie, als sie auf ihren Teller sah, ohne auf seine Frage einzugehen. Madara kniff die Augen zusammen, legte seinen Arm auf die Lehne und sah über seine Schulter. Er seufzte, als er Hashirama und Mito entdeckte. Was Madara allerdings verwunderte, war, dass Hashirama überhaupt keine Anstalten machte, sich einen Platz in ihrer Nähe zu suchen oder sich gar direkt an denselben Tisch zu setzen. Madara hätte ihm das durchaus zugetraut. Hashirama winkte ihnen zu. Madara blinzelte lediglich, während Sakura dem anderen mit der Hand zuwedelte. Beide widmeten sich danach ihren Tellern, und als sie fertig waren, trennte Sakura sich von ihm, um die Toilette aufzusuchen. Hashirama war in dem Moment vergessen und so holte Madara sein Mobiltelefon hervor. „Ich freue mich für dich, Madara.“ Es überraschte Madara, Hashirama gegenüber vor ihm vorzufinden, als er seine Augen vom Mobiltelefon nahm. Was ihn noch mehr überraschte, war die Tatsache, dass er weder gereizt war ob der unnötigen Koinzidenz noch seinen Zustand als sonderlich demoralisierend beschrieben hätte; er verspürte höchstens eine leichte Anspannung. Hashirama saß ihm gegenüber, die Arme auf dem Tisch gekreuzt, auf den Lippen ein freundliches Lächeln. Madara wusste schon, weshalb Hashirama sich für ihn freute. Hashirama mochte ein Tölpel sein, aber die Szenerie, die er an seinem Tisch zusammen mit seiner Frau eingefangen hatte, hatte er offenbar richtig gedeutet, ohne in die Kiste seine literaturwissenschaftlicher Instrumente greifen zu müssen. Daneben war es das zweite Mal, dass Hashirama Madara und Sakura zusammen sah. Auch wenn sie einander am Tag des Großkolloquiums nicht so nahe gewesen waren wie jetzt – Madara Uchiha zeigte sich wiederholt nur mit sehr wenigen Menschen in Begleitung, allem voran Frauen. Madara wusste nichts auf Hashiramas Worte zu antworten, außer: „Hast du deine Frau alleine am Tisch gelassen?“ „Ach was“, winkte Hashirama ab. „Sie hat mich für wenige Minuten verlassen, um sich die Nase zu pudern.“ „Ich verstehe.“ Madara packte sein Mobiltelefon weg, lehnte sich in den Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Hör zu“, begann er nach einer Zeit des Schweigens, in der er die Tischdecke aus beigefarbener Spitze betrachtet hatte. „Ich bin einer umfassenden Antwort immer ausgewichen, weil ich keinen Sinn darin gesehen hatte, meine Haltung dir gegenüber zu elaborieren. Aber dieser Moment ist, denke ich, viel zu geeignet, als dass ich dich einfach weiterhin stumpf anschweigen oder mich ganz weit weg wünschen könnte. Deine Bemühungen, dich wieder mit mir wie in alten Zeiten verstehen zu wollen, sind ungemein niedlich. Du solltest aber wissen, Hashirama, dass es nahezu unmöglich ist, einen Zustand aus der Vergangenheit bis ins kleinste Detail in der Gegenwart nachzubauen. Du solltest es aufgeben.“ Hashirama hörte Madara ruhig zu. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich trotz der wörtlichen Schärfe nicht, sondern blieb in seiner Ausgangsposition: Auf den Lippen ein kleines Lächeln, die Augen konzentriert auf Madara gerichtet. „Wir können niemals wieder Freunde sein, Hashirama. Es ist einfach viel passiert in den letzten Jahren. Von wem es ausgegangen ist, spielt heute keine Rolle mehr. Ich biete dir ein rein kollegiales Verhältnis an, da ich keine Lust mehr habe, mir deinetwegen beständig den Tag verderben zu lassen. Ich möchte, dass du dich um meine Teilnahme an Projekten als Kollege und fähiger Linguist bemühst und nicht als alter Freund.“ Mito indessen traf in dem Raum mit den tiefen, eierschalenfarbenen Waschbecken auf Sakura. Sie waren die einzigen auf der Toilette und bemerkten, dass die jeweils andere die gleichen Absichten verfolgte: Sie wollten, dass Hashirama und Madara etwas länger unter sich blieben, obwohl die Wahrscheinlich bestand, dass sie sich verbal in die Haare kriegen könnten. Von der Tür in die Damentoilette aus konnten Mito und Sakura ihre Begleitung gut im Auge behalten.   „Entschuldigen Sie meine Neugierde“, wandte sich Mito unerwartet an Sakura. „Sind Sie eventuell Herrn Uchihas Partnerin?“     Was war das nur für ein merkwürdiger Tag, an dem ihr jeder diese bedeutungsvolle Frage stellte. Erst Izuna, nun Mito, die offenbar ihre aufgekommene Neugier befriedigen wollte. Eben jene Worte, die sie heute Morgen an Izuna gerichtet hatte, sprach sie nun in derselben Art und Weise zu Mito, die das Gesagte mit einem Schmunzeln hinnahm. „Dürfte ich Ihren Namen erfahren?“ Die zwei Frauen stellten sich einander vor und fuhren mit dem Beobachten ihrer Männer fort, die sich unablässig unterhielten. Die Situation war nicht eskaliert, sie schienen sich wie erwachsene Männer zu unterhalten. „Wussten Sie, dass die zwei einmal Freunde gewesen sind?“ In der Hoffnung, von Mito mehr zu erfahren als von Hashirama am Tag des Großkolloquiums, schüttelte Sakura gespielt unwissend den Kopf, und Mito erzählte ihr knapp die Geschichte von Madaras und Hashiramas Freundschaft. Sakura hatte darauf gehofft, alles von Madara zu erfahren, dadurch ihn selbst, aber auch die Beziehung zwischen den zwei Männern zu verstehen, aber es genügte, Mito zuzuhören, um zu verstehen. Es lag auf der Hand, dass Madara sich von seinem ehemaligen Freund hintergangen fühlte. Er schien Mitos Erzählung nach ein nachtragender Mensch zu sein, und Sakura glaubte ihr das, schließlich war sie die Ehefrau jenes Mannes, den Madara einst seinen besten Freund genannt hatte. Nun fürchtete sie eine Eskalation am Tisch, doch Madara und Hashirama schienen sich weiterhin in aller Ruhe zu unterhalten. „Vielleicht sollten wir uns auf den Weg machen“, schlug Mito in sanftem Ton vor. „Wir haben die beiden, denke ich, hinreichend sich selbst überlassen.“ Hashirama erhob sich aus dem Stuhl, kaum dass Sakura am Tisch war. Er wünschte ihr und Madara noch einen schönen Abend und begab sich zu seinem Tisch, an dem ihn Mito bereits erwartete. „Möchtest du eine Nachspeise bestellen?“, wollte Madara wissen. Hashirama war an seinen Tisch gelassen zurückgekehrt, Madara war dagegen plötzlich sehr kühl. Sie bemerkte seine tiefe Anspannung, obwohl er sich inständig Mühe gab, sie vor ihr zu verbergen. Im Verlauf des Abends sprachen Madara und Sakura kaum mehr miteinander, wenn sie es taten, war er lakonisch und sah sie nur flüchtig an. Erst im Auto hatte Sakura die Stille über und konfrontierte Madara, während sie durch die Dunkelheit fuhren. „Der Abend war merkwürdig“, erwiderte er auf die Frage, was mit ihm los sei. „Das Gespräch mit Hashirama hat mich aufgewühlt. Aber das war das letzte Mal.“ „Weshalb stehst du mit Hashirama auf Kriegsfuß?“, wollte Sakura wissen. „Seine Frau sagte, ihr wärt Freund gewesen.“ Fünf Minuten vergingen, zehn, und gerade, als Sakura den Glauben aufgegeben hatte, eine Antwort von ihm zu erhalten, sagte Madara: „Er war mein einziger Freund gewesen, ja. Was dazu geführt hat, dass wir uns auseinanderlebten, tut nichts zur Sache.“ Das Auto kam zu Halt und die beiden stiegen aus. Der dunkle Nachthimmel war in Wolken und Stille gebettet. „Willst du heute bei mir schlafen?“ Sie standen einander gegenüber und ihre Blicke trafen sich im künstlichen Licht der Straßenbeleuchtung. Seine Worte waren warm und liebkosend, seine Miene eisig kalt, und die Hände hatte er in den Taschen seines Mantels vergraben. „Ja“, sagte sie, und die Vorstellung, neben ihm in einem Bett zu liegen, ließ ihr einen wohligen Schauer den Rücken hinunterlaufen. Sie überwand den Abstand zwischen ihnen, schlang ihre Arme um seinen Körper und presste das Gesicht gegen seine Brust. Ihr Herz Klopfte, diese Nähe war überwältigend und sie glaubte, in den zwei Grad Celsius dahinzuschmelzen, als er ihre Umarmung erwiderte und sie auf das Haar küsste, ehe sie mit dem Aufzug in die Wohnung fuhren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)