Sterben kann so schön sein... von Erenya (... oder auch nicht) ================================================================================ Kapitel 18: Nahender Abschied ----------------------------- Auch wenn ich immer noch nicht wusste, was Takerus Problem war, so war ich an diesem Abend doch glücklich darüber, dass ich die Chance bekommen hatte, mit ihm unter vier Augen zu reden. Dafür musste ich Anubis danken, auch wenn ich nicht wusste wie, da wir einander so gut wie nie verstanden. 'Blöd nur, dass Thoth uns in die Quere gekommen ist...', dachte ich. Vielleicht, wenn wir mehr Zeit zum Reden gehabt hätten, wäre noch ein Hinweis oder dergleichen gefallen, der mir gesagt hätte, wohin es als nächstes gehen sollte, oder was Takeru zu dem Streit mit seinen Vater bewegt hatte. Dabei erschien es mir nicht so, als hätte Takeru alles aus seiner Schulzeit vergessen. Nachdenklich bürstete ich mir meine Haare, bevor ich sie zu einem Zopf band. Diese ganze Angelegenheit beschäftigte mich nun doch mehr als mein Problem. Oder meine Herausforderung, wie man es in meinem Job sagen würde. Alles was ich und die anderen wussten, war dass Takeru irgendetwas Schlimmes erlebt haben musste. Oder wurde er wieder von den anderen Göttern gemobbt? „Wenn es wegen den anderen japanischen Gottheiten ist... wegen seiner Vergangenheit... da muss man doch etwas tun können...“, murmelte ich, schrak aber zusammen, als hinter mir plötzlich die Tür ins schloss fiel. Da ich mir sicher war, dass ich sie die ganze Zeit geschlossen hatte, wandte ich mich um und erkannte Thoth dort stehen. Ich hatte die Tür also definitiv geschlossen, es gab nur einfach einen Gott der keinerlei Manieren hatte. „Du bist es... Gott hast du mich erschrocken...“ Ich atmete doch schon erleichtert auf, denn einen weiteren Abend wie den letzten konnte ich nicht gebrauchen. Da der Sturm sich aber gelegt hatte, ging ich davon aus, dass ich zumindest in dieser Nacht ruhig schlafen würde. „Wir setzten unsere Reise morgen fort.“ „Was?“ „Das heißt 'Wie bitte?'“ Entsetzt sah ich Thoth an und konnte nicht glauben, dass er mich sogar noch korrigierte. Mein Standpunkt hätte ihm schließlich klar sein sollen. Ich wollte nicht weg, bevor ich nicht wusste, was genau mit Takeru los was. „M-Moment! Wir können nicht weg. Wir wissen immer noch nicht was bei Susanno-o nicht stimmt.“ Es hatte sich wohl zu meiner neuen Lebensaufgabe entwickelt, dass ich Thoth widersprach und ihm schien das alles andere als zu gefallen, denn er näherte sich mir und drängt mich so zurück gegen Ayanes Kleiderschrank. Obwohl ich genau wusste was folgen würde, zuckte ich zusammen, als seine Hand an meinem Gesicht vorbei sauste und das Holz zum klappern brachte. „Hör gut zu, Spätzünder. Ich sage das nur noch einmal. Uns geht es nichts an, was bei dem Fehlschlag nicht stimmt. Noch dazu haben wir die Gastfreundschaft dieser beiden Menschen schon lange genug strapaziert. Wir brechen morgen auf, ob dir das gefällt oder nicht. Schließlich warst du es doch, die am letzten Abend darüber gejammert hat, dass sie nicht mehr bei den Göttern sein und nach Hause will.“ Ich schluckte schwer, denn Thoths eindringlicher Blick machte mir doch schon deutlich, dass er es ernst meinte. Noch dazu musste ich eingestehen, dass er Recht hatte. Ich hatte am Abend zuvor darüber geklagt, dass ich weg wollte. „Aber Takeru kann doch nicht..:“ „Willst du es nicht verstehen? Weder die Griechen noch Anubis und ich werden uns in die Angelegenheiten der japanischen Götter einmischen. Das ist ihre Sache. Außerdem was willst du als Mensch schon machen? Du wärst dem Fehlschlag nur ein Klotz am Bein.“ Ich fühlte mich wie ein wildes Tier eingekesselt im Käfig. Es widerstrebte mir das zu tun, was Thoth wollte, doch seine Argumente waren stichfest. Mir fiel absolut nichts ein, was ich noch gegen ihn anbringen konnte, damit wir doch noch gemeinsam das Problem von Takeru anpacken konnten. Egal was ich wollte... Thoth hatte in allen Punkten Recht. „Wenn du das kapiert hast, pack deine Sachen zusammen und geh schlafen.“ Thoths Hand neben mir, löste sich vom Schrank und der Gott des Wissens richtete sich vor mir auf. Ich wollte nicht auf ihn hören. Ich wollte Takeru helfen, irgendwie. Auch wenn ich ehrlich keine Ahnung hatte wie. Yui hätte das mit Sicherheit geschafft. Yui hätte auch sicher erfahren, was sein Problem war und weil es Yui gewesen wäre, hätten alle Götter geholfen. „Und wohin gehen wir?“, fragte ich schließlich in einem Anflug von Trotz, den ich Thoth auch deutlich hören ließ. Wenn er unseren Aufbruch schon bestimmte, wollte ich wenigstens wissen, wohin die Reise ging. Ich selbst hatte immerhin keine Ahnung, wo wir noch Antworten auf alle Fragen von Thoth finden konnten. „Das braucht dich nicht zu interessieren. Wichtig ist einfach, dass du dich auf das Wesentliche konzentrierst und nicht wieder vom Weg abkommst.“ Wie schon am Abend zuvor kam von Thoth keine klare Antwort. Und wieder fragte ich mich, ob er nicht vielleicht selbst ahnungslos war. Oder keine Antwort auf meine Frage wusste. Wenn ja, würde er mir das sicher nicht auf die Nase binden. Allerdings, war er der Gott des Wissens, auch wenn ich das hin und wieder vergaß weil er so ein unglaublicher Idiot war. „Ist ja gut... Das nächste Mal, wenn du aber in das Zimmer eines Mädchens platzen willst, klopfst du gefälligst. Ich hätte nackt sein können.“ Auf meinen Konter erntet ich nur einen strengen Blick der mir eines klar machte. Es hätte ihn nicht interessiert ob ich nackt oder angezogen gewesen wäre. Thoth bewies damit, dass er das Schamgefühl eines Ziegelsteins hatte. Super. „Aber sag mal... Was wenn Apollon und die anderen doch noch entscheiden, dass wir Takeru helfen müssen?“ Ich hoffte vielleicht zu sehr, aber es war doch eine berechtigte Frage. Was wenn die Griechen sich doch noch eines besseren besannen und ihrem Freund in der Not helfen wollten? Ich hätte dann nichts dagegen gehabt zu bleiben und Thoth wäre damit voll und ganz überstimmt gewesen. „Dann endete ihre Reise hier. Wir brauchen sie nicht um eine Antwort auf das ursprüngliche Problem zu finden.“ Ich weitete meine Augen. Wie konnte Thoth das nur sagen? Er würde sie wirklich eiskalt zurück lassen? „Wenn sie nicht mitkommen, gehe ich auch nicht mit. Das ist dir schon klar, oder?“ Genau. Ich würde sicher nicht wieder wie am Anfang der Reise nur mit Thoth und Anubis alleine bleiben. Der Gedanke von dem Gott des Wissens vollständig ignoriert zu werden, obwohl wir einander nahe waren, schmeckte mir nicht. Und Anubis... Wir hatten da immer noch kleine Sprachbarrikaden zu überbrücken. „Das hast du nicht zu entscheiden. Von nun an, werde ich die nächsten Schritte wieder entscheiden.“ „Warte. Wieder? Willst du mir allen ernstes sagen, dass du mir in deiner Güte einfach mal die Entscheidungsgewalt überlassen hast?“ „Es war ein Fehler, der sich nicht wiederholen wird. Du lässt dich zu leicht ablenken.“ Das war doch... Thoth war... Ich fand einfach keine Worte dafür. Ich fühlte mich von ihm wie ein kleines Kind behandelt. Nur weil er ein Gott war, konnte er doch nicht so mit mir umspringen. „Du gehst zu weit... Du kannst mir doch nicht mein Mitspracherecht entziehen, nur weil dir das hier zu lange dauert. Ich bin verdammt noch Mal kein Kind! Ich bin 27 und damit eine erwachsene Frau, die auch Verantwortung übernehmen kann.“ „Augenscheinlich nicht. Hast du auch nur einmal daran gedacht, dass diese ganze Zeitverschwendung hier dich vielleicht deine Existenz kosten kann?“ Auch wenn Thoth seine Frage absolut ruhig stellte, obwohl er sie mir vielleicht entgegen brüllen wollte, ließ sie mich erstarren. Ich verstand nicht was er damit sagen wollte. „Wie meinst du das?“ Ich verstand es nicht, aber irgendwie ahnte ich es und ein kleiner Teil von mir, wollte es nicht einmal hören. „Da wir die Umstände dieses Fehlers... oder nein... dieser Absonderheit nicht kennen, müssen wir davon ausgehen, dass die Zeit unser schlimmster Feind sein könnte. Jede Sekunde die wir verschwenden, könnte zu der Vision des Ahos führen. Keine Zukunft zu haben... weil man überhaupt nicht mehr existiert. Und damit meine ich nicht Tod zu sein, sondern überhaupt nicht zu sein.“ Das war in der Tat eine Deutung der Vision Apollons, die ich noch nicht bedacht hatte. Ein Jemand der nicht existierte oder einfach im Nichts verschwand... brauchte keine Zukunft. „A-Aber... das muss es doch nicht zwangsläufig bedeuten. Es kann auch heißen, dass meine Zukunft ungewiss ist.“ Das war alles woran ich mich bisher geklammert hatte. An den wenigen positiven Hoffnungen, die ich noch besaß. „Wir sollten vom Schlimmsten ausgehen und dem entsprechend schnell handeln. Wenn der Aho und die anderen beiden also das Problem des Fehlschlages klären wollen, bleiben sie hier. Wir haben wichtigeres zu erledigen.“ Es waren die letzten Worte von Thoth, bevor er das Zimmer verließ. Und gerade dieses Szenario, dass ich vielleicht einfach im Nichts verschwinden könnte, ließ jegliche Gegenwehr brechen. Thoth hatte wohl Recht. Wie immer. Auch wenn seine Worte und seine Methoden fragwürdig waren und ich es wirklich hasste, dass er mich so bevormundete, er sorgte sich um mich. 'Dabei bin ich ihm mit meinen Fehlentscheidungen nur ein Klotz am Bein...' Es war schon so, wie er es gesagt hatte. Ich würde Takeru am Ende ein Klotz am Bein sein. So wie ich es schon bei ihm war. Wahrscheinlich sprach er da aus Erfahrung. Es war also besser, wenn ich mich einfach ihm fügte. Ja... Wir würden am nächsten Tag weiterreisen. Damit ich schnell wieder nach Hause konnte und nicht im Nichts verschwand.   **~~**   Die Sachen die Alicia für ihre Menschenkleidung eingetauscht hatte, gefielen ihr gar nicht. Sie zeigten zu viel Haut, auch wenn es besonders Liber sehr gefiel, wie man sie herausgeputzt hatte. „Und warum darf ich nicht meine Sachen tragen, wenn ihr mich schon zwingt zu diesem Tempel der Türen mitzugehen?“ „Tempel der Tore“, verbesserte Djehuti sie murrend und beobachtete, wie Helios dem Menschen eine Blumenkrone aufsetzte. So wirkte es natürlich, hatte er gemeint. Djehuti hingegen sah es nur als unnötigen Schnickschnack an. „Du kannst nicht in deiner Menschentracht herumlaufen. Die Sachen haben eine göttliche Aura, so erkennt dich niemand, niemand wird dich erkennen. Sollten sie herausfinden, dass wir einen Menschen mitgebracht haben, könnte es Ärger geben, großen Ärger.“ Alicia verstand noch nicht ganz, was diese Sachen, die so einfach für sie wirkten für eine göttliche Aura haben sollten. Aber gut, wenn diese Götter das sagten, würde das wohl stimmen. Hoffentlich. Ganz so überzeugt war sie doch nicht. „Wir könnten sie natürlich einfach umbringen...“, murrte der Meeresgott mit verschränkten Armen. Scheinbar hatte er ihr ihre Verwechslung immer noch nicht verziehen und machte dies deutlich, indem er sie bedrohte, oder komplett wie den letzten Dreck behandelte. Anders hingegen sahen das Pluto und Inpu, die Poseidon einen bösen Blick zuwarfen. Als Götter der Unterwelt schienen beide nicht gerade ein großes Interesse daran zu haben einen weiteren Gast in ihren Reichen zu begrüßen. „Schon gut...“, antwortete er daher, ohne dass sie ihren Vorwurf wirklich aussprechen mussten. „Dennoch frage ich mich, was wir machen, wenn sie verloren geht. Ich gehe sie sicher nicht freiwillig suchen.“ Poseidon war durch und durch das, was Alicia als Ekel bezeichnet hätte. Ein Ekel der Güteklasse A, TÜV geprüft. „Dann wird es in deiner Verantwortung liegen, sie nicht verloren gehen zu lassen...“, murrte Djehuti und ging auf Poseidon zu, der den ägyptischen Gott genauso ernst ansah wie dieser es tat. Augenscheinlich waren diese zwei keine besten Freunde und wenn sie es doch waren, tarnten sie das gut. „Du kannst sie doch nicht einfach auf mich abschieben!“ „Sei ruhig, ein Fehlschlag wie du kann sich ja einmal nützlich erweisen, wenn wir uns schon um deine Probleme kümmern!“ Alicia gefiel es gar nicht abgeschoben zu werden. Vor allem dann wenn das Ekel ihr Aufpasser war. Aber sonderlich viel konnte sie auch nicht tun. „Lasst gut sein, lasst gut sein. Gehen wir lieber. Wenn Poseidon auf Alicia aufpasst, kann ihr nichts mehr passieren“, erklärte Helios mit einem strahlenden Lächeln. Es war schon seltsam, denn obwohl sie keinen der Götter wirklich kannte, vertraute Alicia vor allem dem Sonnengott. Vielleicht lag es ja daran, dass er sie aus dem Meer gezogen hatte. Oder aber daran, dass er sie in noch keinster Weise verängstigt hatte.   Ich seufzte, als ich auf das geschriebene in dem Buch sah. Immerhin Alicia konnte dem Meeresgott helfen. Abgesehen davon, dass er aktuell noch ein Idiot war, konnte sie sich also nützlich machen, auch wenn sie es wohl gerne vermieden hätte. Es war schon seltsam. Obwohl mir bewusst war, dass dies hier eine Reflexion auf meine Erlebnisse war, unterschieden sich unsere Situationen und der Umgang mit den Göttern. „Verräterin...“, murmelte ich leise, schmunzelte dabei aber. Das war mal wieder so typisch für mich. Es brauchte nur ein paar Charaktere, ein paar Sekunden Ruhe und ich konnte einen gesamten Plot binnen weniger Sekunden verwerfen. Meist waren das allerdings auch die besten Geschichten. Und ich hasste mich dafür. Da mir aber die Ideen ausgingen und der Morgen angebrochen war, konnte ich das Aufstehen nicht länger hinauszögern. Wissend, dass wir heute aufbrechen würden, erhob ich mich aus dem Futon und griff zu meinen Sachen. Immerhin hatte ich Takeru kennengelernt. Auch wenn es schade war, dass ich Tsukito wohl nicht treffen würde. Aber was erwartete ich auch? Das ich plötzlich jeden Kamigami Charakter traf? Ich konnte mich wohl glücklich schätzen mit denen die ich kennenlernen durfte. Das waren immerhin schon ein paar mehr als andere Mädels in meiner Heimat kennenlernen konnten... oder sollte ich besser sagen, in meiner Welt? So ganz klar war mir das immer noch nicht. Wenn man aber von Thoths Theorie des Verschwindens ausging, war das die einzige logische Erklärung. Warum sollte ich sonst verschwinden, wenn ich ein fester Bestandteil dieser Welt gewesen wäre? Es hätte doch keinen Grund dafür gegeben. Oder glaubte der Gott des Wissens, dass noch etwas von dem „Fehler“ an mir haftete und von mir zehrte? Ein gruseliger Gedanke, den ich unter keinen Umständen weiterspinnen wollte. Gleichzeitig hätte das auch erklärt, warum Thoth mich noch nicht nach Hause schicken konnte. Er musste diesen Fehler erst von mir trennen, damit ich leben konnte. 'Seltsam wie viel Sinn das auf einmal alles macht.' Es machte wirklich Sinn. Thoth besaß damit die Macht mich nach Hause zu schicken. Dies konnte er wohl aber erst verantworten, wenn der Fehler von mir gewichen war. Somit war es wohl wirklich besser, wenn ich Thoth nicht länger widersprach.   Als ich runter zum Wohnzimmer kam, hörte ich bereits die munteren Stimmen der Götter, die sich nicht nur untereinander angeregt unterhielten, sondern auch mit Shizuku und Reiji. Irgendwie war es schade, dieses Bild am nächsten Tag nicht mehr zu sehen, aber Thoth hatte auch Recht damit, dass wir die Gastfreundschaft der beiden besser nicht länger überstrapazierten. Mit Sicherheit war es nicht leicht für sieben weitere Mäuler zu sorgen. Es zeugte schon von der Großzügigkeit der beiden, dass sie uns so lange hatten unterkommen lassen. „Guten Morgen...“, flüsterte ich in die Runde und wurde von Shizuku mit einem freundlichen Lächeln begrüßt. „Erenya-chan, setzt dich doch, wir haben nur noch auf dich gewartet“, erklärte sie und ich fragte mich, ob ich mir nicht doch egoistischer Weise zu viel Zeit gelassen hatte. Wenn dem der Fall war, wäre der Tee und Kaffee sicher bereits kalt. „Nya-chan, Nya-chan! Shizu-Shizu und Rei-Rei wollten uns gerade erklären, wie sie sich kennengelernt haben.“ Aufgeregt sah Apollon mich an. Keine Ahnung wieso. Vielleicht interessierten ihn solche menschlichen Geschichten einfach. Im Götterreich konnte man solche Liebesgeschichten mit Sicherheit nicht finden, oder doch? „Ah, das haben sie mir schon erzählt und ich finde die Geschichte immer noch süß.“ Ich grinste den Sonnengott an, der sofort wie ein kleiner Junge zu schmollen begann. Vielleicht gefiel ihm nicht der Gedanke, dass ich diese Geschichte schon kannte. Oder es lag daran, dass ich sie ihm nicht erzählt hatte. „Vor 15 Jahren trieb ich mit meinem kleinen Fischerboot dank Susanno-os Macht auf das Meer hinaus. Als ich mein Netz ins Wasser warf, fing ich die wunderschöne Prinzessin der Meerjungfrauen.“ Shizuku und ich mussten aufgrund dieses Beginns kichern. Reiji neigte scheinbar wirklich dazu diese Geschichte jedes Mal übertrieben zu erzählen. Kleingeister wie Apollon hingegen brachte er damit zum Staunen. „Shizu-Shizu ist eine Meerjungfrauen Prinzessin?“, fragte er und Reiji verschränkte stolz die Arme vor der Brust und nickte. „Hon, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du diese Geschichte richtig erzählen und nicht übertreiben sollst.“ Wie schon damals, als sie mir die Geschichte erzählt hatten, musste Shizuku ihren Mann zurück in die richtige Richtung weißen, aber gerade das machte die beiden irgendwie süß und zu einem perfekten Paar. Man merkte mit jedem Wort Reijis, wie sehr er seine Shizuku liebte und selbst wenn Shizuku ihren Mann neckte, so wusste man, dass sie sich auf ihn verließ. Immerhin hatte er ihr damals geschworen ihre Augen zu sein und die Welt mit seinen Worten für sie zu malen. Damit sie alles sehen konnte, selbst wenn sie blind war. Daraus hatte sie ihre Stärke bezogen. Selbst jetzt machte es Spaß beiden bei ihrer Geschichte zu lauschen. Gleichzeitig glitt mein Blick aber zu Takeru, auf dessen Wangen sich ein roter Schimmer legte als Reiji und Shizuku davon sprachen, dass es sein Sturm war, der dafür gesorgt hatte, dass Reiji seine Shizuku hatte retten können. Nicht nur mir schien diese Vorstellung gefallen, auch die Griechen gaben sich ganz dieser Vorstellung hin und sahen strahlend zu ihrem Freund. „Du bist wirklich unglaublich, Take-Take, unglaublich bist du!“, rief Apollon begeistert und schien selbst mit dem Drang anzukämpfen, den Japaner zu umarmen, da er sich dafür über den gesamten Tisch hätte beugen müssen. „Bis heute sind wir Susanno-o-sama auch dankbar für alles was er für uns getan hat. Wir gehen jede Woche zu seinem Tempel und beten. Ihn jetzt zu sehen ist uns daher eine sehr große Ehre.“ Zärtlich legte Reiji seine Hand auf Shizukus, deren Lächeln nicht einmal Apollon überstrahlen konnte, auch wenn es wesentlich dezenter war. „Ähm... D-Das ist ja nett von euch... Also... das alles was ihr für mich getan habt und... dass ihr so zu mir steht aber...“ Immer noch lagen alle Blicke auf Takeru gerichtet, der scheinbar mit den richtigen Worten kämpfte. Entweder vor Verlegenheit oder... weil er eine Tsundere war, Reiji und Shizuku aber nicht anschreien wollte. „Aber?“, fragte ich daher nach und steigerte damit nur noch mehr die Spannung. „Ich hab damit nichts zu tun gehabt. Dennoch danke ich euch wirklich, dass ihr jemanden wie mir so etwas zugemutet habt.“ Ein Lächeln zeichnete sich auf Takerus Gesicht ab und da ich ihm direkt gegenüber saß konnte ich nicht anders als es zu bewundern. Ich wusste schon genau, warum er einer meiner Lieblinge war, auch wenn mir in der Regel nicht so nach Tsunderen war, aber Takeru war in jederlei Hinsicht sehr ausdrucksstark. „Oh, dann war es nicht Euer Zutun?“, fragte Reiji überrascht. Takeru schüttelte nur den Kopf, ein wenig enttäuscht, vielleicht traurig sogar. Zu verübeln wäre ihm das nicht gewesen, schließlich hatte er mit Shizuku und Reiji zwei treue Anhänger wegen ihres Glaubens gefunden. Nun da die Katze aber aus dem Sack war, fürchtete er vielleicht sie zu verlieren oder enttäuscht zu haben. „Wie dem auch sei, wir werden Susanno-o-sama weiterhin unsere Aufwartung machen, einmal die Woche. Selbst wenn das damals alles nur Zufall war, ändert das nichts an unserer Überzeugung, dass er ein großes Herz hat.“ Takerus Augen weiteten sich und ich sah wie seine Augen etwas glänzten. Diese Worte mussten wirklich wie Balsam auf seiner Seele sein. Immerhin hatte er unter den Menschen Anhänger die ihn, egal was er tat, auch dann noch verehrten und ihn nicht nur auf Fehler seiner Vergangenheit verurteilten. „Shizuku-san... Reiji-san... Ich...“ „Na, na~ Schon gut. Wenn wir einen Sohn bekommen hätte, hätte ich mir gewünscht, dass er genauso ist wie Ihr, Susanno-o-sama.“ Herzlich lächelte Shizuku Takeru an der sichtlich mit den Tränen der Rührung kämpfte. „Ich freu mich für dich, Susanno-o. Selbst wenn die Götter dir nicht immer wohlgesonnen sind, hast du doch noch Freunde und Menschen, die immer an dich glauben egal was passiert.“ Es war ein Gedanke der mir unbedacht über die Lippe kam, aber im Nachhinein nicht an Richtigkeit verlor. Er hatte seine Götterfreunde und Shizuku und Reiji. Vielleicht konnten sie nicht immer für ihn da sein, aber mit Sicherheit würden sie ihm Kraft geben, sobald er nur an sie dachte. „Du bist also niemals alleine.“ „Nun ist aber genug mit diesem Gerede. Das ist doch peinlich! Und doch... Danke dafür, dass ihr alle immer zu mir haltet. Ich werde mein bestes geben eure Erwartungen nicht zu enttäuschen.“ Es war schön zu sehen, dass Takeru wirklich bewusst war, dass er sich auf seine Freunde verlassen konnte. Am Anfang hatte dies zwar nicht so gewirkt, aber allmählich schien sich alles doch zum Guten zu wenden. Vielleicht, so dachte ich, brauchte Takeru mich dann wirklich nicht.   Je näher das Frühstück sich dem Ende näherte umso schmerzhafter wurde der Gedanke an den Abschied dem ich mich Bissen für Bissen näherte. Hätte Thoth mir nicht klar gemacht, was für ein Problem ich haben könnte, wäre mir nun der Gedanke gekommen, Kronos sein zu wollen, um die Zeit anhalten zu können. Allerdings, ich wollte auch nicht verschwinden. Ich wollte meine Freunde wiedersehen. Shicchi vielleicht das erste Mal treffen, Lilim wiedersehen, doch mal Schriftstellerin zu werden, oder im Lotto zu gewinnen... Es gab so viele Dinge, die ich noch tun wollte und verschwinden wäre da suboptimal gewesen. Dennoch, einfach so zu gehen, ohne Takeru geholfen zu haben? Das erschien mir so falsch, was vielleicht durch mein Helfersyndrom geschuldet war. Unsicher sah ich zu Thoth, der mich böse anfunkelte, als ahnte er bereits, mit welchen Gedanken ich spielte. Er schien mich mit seinem Blick förmlich zu ermahnen diese Gedanken nicht weiter auszuweiten. Doch das musste er gar nicht, denn Takeru schob seinen Frühstücksteller von sich und erhob sich von seinem Platz. „Take-Take?“, fragte Apollon und sah zu dem Meeresgott, der uns ein trauriges Lächeln schenkte. „Shizuku, Reiji, ich danke euch beiden für alles. Ich muss aber leider los. Es gibt da noch Dinge, die ich erledigen muss.“ Takeru verbeugte sich am Tisch, tief genug, dass man sich fragte, wer hier zu den Göttern gehörte. Es war eine sehr respektvolle Geste, die deutlich zeigte, wie viel Takeru von dem Ehepaar hielt. Es war ein schöner Anblick und Ehrfurcht gebietend. Meine Kehle schnürte sich mir unweigerlich zu. Dieses Mal floh Takeru nicht, er kündigte an, dass er weiterziehen musste. Wir wussten, wohin er wollte, doch ich war vielleicht die einzige, die sich fragte, wie er zurück ins Götterreich kommen wollte, wenn sein Vater ihn verbannt hatte. Ich gestehe, ich machte mir Sorgen und hätte am liebsten den anderen gesagt, dass sie ihn helfen sollten, da keiner der Griechen auch nur Anstalten machte Takeru seine Hilfe anzubieten. Vielleicht hielten sie sich wirklich an dieses ungeschriebene Gesetz, dass kein Gott jenen aus einer anderen Mythologie half. Ein Jammer. „Wir werden auch losziehen, wenn der Spätzünder seine Sachen gepackt hat.“ Mir krampfte sich alles zusammen, als Thoth seine Stimme erhob. Mein Blick wandte sich von Takeru auf den Teller vor mir. Nur noch Krümmel von den Resten des Fisches waren darauf. Krümmel, die wohl nicht mehr gegessen werden würden und selbst wenn, sie würden den Aufbruch nicht hinauszögern. Thoth täte mich wahrscheinlich sowieso an den Ohren oder am Kragen hinausziehen, wenn ich es auch nur ansatzweise versuchte. „Das ist wirklich schade. Nun wird es wieder ruhig in diesem Haus“, gab Reiji ein wenig seufzend von sich. Man spürte deutlich, was für ein freundlicher Mensch er war. Denn er schien nicht einmal mich oder die Götter als Belastung zu sehen, sondern als die Personen, die Leben in dieses Haus gebracht hatten. Das wir ihre Vorräte, Dionysos bevorzugt den Weinvorrat, geschröpft hatten, schien sie dabei nicht sonderlich zu interessieren. „Würdet ihr bitte alle noch etwas warten? Ich würde euch gerne ein Geschenk für eure Reisen mitgeben. Ich muss es aber noch vorbereiten. Susanno-o-sama, Thoth-sama, ihr erlaubt das doch, oder?“ Shizuku lächelte, als sie ihre Bitte so einfach aussprach. Ohne Furcht, aber doch respektvoll, den Göttern gegenüber. Takeru schien genau das zu gefallen, oder vielleicht lag es daran, dass er einen seiner treusten Anhänger diesen Wunsch nicht abschlagen wollte, aber er nickte zustimmend. Nur wenig später antwortete er auch, so dass Shizuku das Nicken auch hören konnte. „Natürlich. Ich denke diese Zeit kann ich noch aufbringen.“ Ich schluckte schwer und sah zu Thoth. Er stand nur noch zwischen mir und der Chance einen etwas weiter hinausgezögerten Abschied von Takeru zu haben. Ich selbst durfte die Entscheidung ja nicht treffen, dass hatte er mir am Abend zuvor klar gemacht. Thoth allerdings zeigte keinerlei Regung in seinem Gesicht und ich ging fast schon davon aus, dass er Shizukus Bitte ausschlagen würde. „Auch wenn wir unseren Aufbruch schnellstmöglich in die Wege leiten sollten, kann der Spätzünder sicher noch jede nette Geste gebrauchen, die Sie bereit sind ihr zu geben. Ich entschuldige mich vorweg für alle Unannehmlichkeiten, die die Bande ihnen bisher bereitet hat.“ Ich schwieg und sah fragend zu Apollon. Nur um mir die Gewissheit zu holen, dass Thoth gerade zustimmte, unsere Abreise doch noch etwas zu verschieben. Apollon lächelte breit, was Antwort genug war. Glücklich darüber, ich hätte gerne Thoth dafür umarmt, sah ich zu Shizuku, die ebenfalls lächelte. „Ich danke dir, Thoth-sama. Ich verspreche, dass ich mich beeilen werde. Warum geht ihr nicht so lange noch an den Strand? Das Wetter ist heute wieder herrlich. Vielleicht wollt ihr ein paar Muscheln sammeln. Das Meer spült ein paar wunderschöne an den Strand, sagt Reiji immer.“ Es war nicht leicht sich daran zu erinnern, dass Shizuku nichts sehen konnte. Die Art wie sie sprach, wenn sie von wunderschönen Muscheln sprach, oder wie sie sich bewegte, ließen davon nichts anmerken. Bemerkenswert. „Wirklich?“, fragte Takeru sofort und ein knabenhaftes Leuchten zeichnete sich in seinen Augen ab. Dunkel erinnerte ich mich daran, wieso. Er liebte es Muscheln zu sammeln. Es war so etwas wie sein Hobby. Kein Wunder also, dass man ihn für so etwas begeistern konnte. Genauso wie Apollon, dessen Augen ebenso glänzten. Er war aber einfach nur ein Kindskopf und ließ sich leicht von so etwas begeistern. „Wirklich. Die Muscheln hier sind ganz besonders in ihren Farben. Überzeugt euch nur selbst, Susanno-o-sama“, setzte Reiji nach, als müsste er Takeru noch überzeugen. Dabei war dieser schon Feuer und Flamme, was ironisch ist, wenn man der Gott des Meeres ist, dafür auf Muscheljagd zu gehen. „Nya-chan, lass uns mit Take-Take Muscheln suchen!“ 'Ich weiß nicht...' wäre nun die wohl einzig richtige Antwort gewesen. Doch ich wollte unbedingt noch etwas Zeit mit Takeru verbringen, weswegen ich kein Wort der Zweifel über meine Lippen kommen ließ. „Klingt gut, dann habe ich ein kleines Andenken an euch, welches ich mit nach Hause nehme.“ Ich bemühte mich zu lächeln. Die Ausrede klang gut, die hätte selbst ich mir abgekauft. Die Wahrheit, dass ich einfach mehr Zeit mit den Göttern verbringen wollte blieb so unerkannt. Takeru hätte es wahrscheinlich nicht verstanden. Niemand von ihnen hätte es, denn wie sollte man ihnen erklären, dass ich... sie aus einer Serie kannte. Wobei mir selbst immer noch nicht bewusst war, was real war und was nicht. Die Grenzen verschwammen Sekunde für Sekunde mehr und ließen den Zweifel, ob ich Real war, wachsen. Noch dazu bestärkten Thoths Worte diesen Zweifel. Vielleicht, wollte ich gar nicht mehr Zeit mit den Göttern verbringen. Vielleicht wollte ich einfach schöne Erinnerungen schaffen, da ich nicht wusste, wie lange ich noch existierte. „Dann gehen wir, gehen wir! Los Nya-chan, Take-Take! Lasst uns Muscheln sammeln.“   Sie glänzten wirklich wunderschön. Das Wasser, welches noch auf der Schale zu sehen war glänzte und das Licht brach sich an der feuchten Oberfläche. Sie glänzte in Regenbogenfarben. Ich sah die Muschel einige Zeit an, während Apollon und Takeru sich untereinander ihre Entdeckungen zeigten. Apollon war ja schon vor wenigen Tagen leicht mit so etwas zu beeindrucken gewesen. Doch gerade jetzt verstand ich diese Faszination. Wahrscheinlich lag es daran, dass ich verstand, wie flüchtig mein Leben sein konnte. „Du grübelst wieder zu viel...“, hörte ich es plötzlich neben mir. Obwohl ich mich innerlich erschrak, wandte ich meinen Blick zu dem Gott der Unterwelt, der es wieder einmal geschafft hatte, sich wie ein Schatten anzuschleichen. Man sollte ihm wirklich den Spitznamen „Der Ninja“ geben. „Wie kommst du darauf?“, fragte ich und versuchte sorglos zu lächeln, wobei ich die Muschel fest umklammerte und die Kühle irgendwie genoss. „Auch wenn wir uns noch nicht lange kennen... Immer wenn du über etwas nachdenkst, wirst du so ruhig. Vollkommen abwesend und scheinst dich zurückziehen zu wollen. Als wärst du lieber ganz alleine. Und doch zwingst du dich zu lächeln, damit es nicht auffällt. Ich glaube, ich habe es dir schon einmal gesagt...“ Fragend sah ich zu Hades, der scheinbar kein Problem damit hatte, gerade viel zu reden. Etwas das genauso unheimlich wie die Tatsache war, dass er mich ohne meines Wissens beobachten konnte. Verdammt sei die Tatsache, dass er so unscheinbar wirkte. „Du musst die Verantwortung nicht alleine auf deinen Schultern tragen.“ Ja, so etwas in der Art hatte Hades wirklich gesagt. Die bittere Wahrheit seit gestern Abend war aber, dass keinerlei Verantwortung mehr auf meinen Schultern lag. „Keine Sorge, Thoth hat mir die Verantwortung abgenommen. Er wird wieder die Reise planen, damit wir nicht wieder vom Weg abkommen. Wahrscheinlich haben meine Entscheidungen uns ziemlich weit zurückgeworfen.“ Ich ließ meine Hand über den Sand streichen und seufzte leise. Das alles passte eigentlich so gar nicht zu mir. Aber ich hatte Angst. Angst zu verschwinden und für diesen Egoismus hasste ich mich. „Sag mal Hades, ist es falsch den Tod zu fürchten?“ Ich wusste, dass es dumm war ausgerechnet Hades zu fragen. Schließlich lastete dieser Fluch auf ihm. Der Fluch der wohl ausgelöst wurde von dem Hass, die Wut und die Trauer jener, die gestorben waren. Aber ich würde wohl nicht sterben, sondern einfach nur verschwinden, was wiederum bedeutete, ich würde seinen Fluch nicht mit meinen Ängsten verstärken. „Hm... Falsch ist es nicht. Viel eher natürlich. Warum fragst du? Glaubst du, du wirst sterben? Ich denke nicht, dass auch nur einer von uns das zulassen wird.“ Ich schüttelte schnell den Kopf und erhob mich. Die Muschel ließ ich in meine Hosentasche gleiten und seufzte. „Ich glaube nicht, dass ich sterben werde. Noch nicht. Und wenn es so weit ist... will ich nichts bereuen.“ Ich wollte nichts bereuen, selbst auf die Gefahr hin, dass Thoth mich nicht retten konnte. Zu verschwinden war furchterregend, allerdings nur, wenn es niemanden gab, der sich noch an einen erinnerte. Verschwinden und vergessen werden, dass waren zwei Dinge, die für mich gleichbedeutend waren. Schlimmer noch, als der Tod. Denn wenn man starb, gab es immerhin einen Grabstein, der daran erinnerte, dass man existiert hatte. „Du wärst nicht die erste, die mich hassen würde, wenn sie stirbt.“ „Hades, ich glaube nicht, dass sie dich dafür hassen, dass sie gestorben sind. Sie sind nur verzweifelt und verängstigt. Vielleicht bereuen sie Dinge aus ihrem Leben. Entscheidungen die sie getroffen oder nicht getroffen haben. Es liegt also nicht an dir. Du bist einfach nur zu gutherzig, weswegen du diese Schuld, diesen Fluch auf dich lädst. Und das, ist das eigentlich Traurige an der ganzen Sache. Denn du machst dich damit zu jemanden, der du eigentlich nicht sein möchtest.“ „Es geht hier aber nicht um mich, Erenya. Du lenkst vom Thema ab.“ Ich verzog etwas das Gesicht und sah Hades schmollend an. Wenn er glaubte ich lenkte vom Thema ab dann... hatte er indirekt vielleicht sogar Recht. Ich lenkte ab um mich selbst auf andere Gedanken zu bringen und Hades war da ein dankbares Opfer. „Was wenn es auf dieser Reise nicht direkt um mich geht, sondern um euch? Wenn ich einfach nur das Mittel zum Zweck bin, damit ihr euch weiter entwickeln könnt? Damals habt ihr euch durch das Menschenmädchen an der Schule entwickelt. Gehe ich recht in der Annahme, dass du damals niemanden so nahe an dich herangelassen hättest, wie ich dir gerade bin. Vielleicht sind eure Veränderungen noch nicht gravierend genug und deswegen ist mir das passiert, damit ihr zu den Göttern werdet, die ihr letztendlich sein solltet. So läuft das immer in Geschichten. Es gibt ein Ereignis, oder eine Person, die dafür sorgt, dass die Hauptcharaktere dieser Geschichte sich entwickeln.“ „Das hier ist aber keine Geschichte! Und es geht hier nicht darum, ob wir uns entwickeln. Wir sind mitgekommen, weil wir dir helfen wollen. Das werden wir auch, du musst einfach an uns glauben.“ Ich schwieg und sah weg. Es machte einfach keinen Spaß mit Hades zu diskutieren. Er war dafür einfach viel zu vernünftig. Etwas, dass man gerne einfach so überging und übersah, weil er selbst an sich übersehen wurde. In Momenten wie diesen wurde mir erst wieder bewusst, was für ein unterschätzter Charakter Hades war. „Hades-san, Erenya-chan, wir gehen weiter. Kommt ihr mit?“ Dionysos sei dank konnte ich dieses Gespräch beenden. Allmählich nahm dieses Gespräch nämlich eine unangenehme Wendung an. „Wir kommen!“, rief ich ihm schnell zu und sah entschuldigend zu Hades. „Ich glaube nicht an Götter, aber... Ich glaube an euch, mehr als mir wahrscheinlich lieb ist.“ Damit war das Gespräch beendet. Für mich zumindest, auch wenn ich mir sicher war, dass Hades die ganze Sache anders sah.   Unser Spaziergang wurde hin und wieder von Apollon und Takeru unterbrochen. Beide nahmen die Sache mit dem Muscheln sammeln wirklich ernst. Sie zeigten einander ihre Funde und tauschten sie miteinander als wären sie Pokemon-Sammelkarten. Auf diese Art und Weise konnten wir den Spaziergang immerhin noch etwas weiter hinauszögern. „Wo sind eigentlich Thoth-sensei und sein kleiner Freund?“, fragte Dionysos, der sich neugierig umsah. Scheinbar hatte er erwartet, dass Anubis uns folgte. Wie ich aber Thoth kannte, wollte dieser nicht, dass sein Schützling sich noch mehr mit Takeru, den er als Fehlschlag sah, oder mir ab gab. Was seltsam war, da er Anubis auf diese Reise mitgenommen hatte. Ich fragte mich, ob Thoth irgendetwas plante. Als Gott des Wissens ahnte er vielleicht bereits wohin die Reise führen würde und wer wichtig sein sollte. Wahrscheinlich hatte er nun sogar schon mehr Hinweise darauf, wer für meine Reise hierher verantwortlich war. Warum sonst sollte er da auf die Weiterreise pochen? Im Gegensatz zu mir hatte er sicher einen Plan. „Ich denke mal Thoth plant die weitere Reise. Und Anubis darf ihm dabei sicher Gesellschaft leisten. Wir sollten dankbar sein, dass er Shizukus Bitte nicht abgeschlagen hat.“ „Einer Frau wie Shizuku kann man auch nur schwer etwas abschlagen. Wäre sie nur ein paar Jahre jünger und nicht mit Reiji verheiratet...“ Ich sah Dionysos zweifelnd an. Es war ja klar, was er da sagen wollte. Einfach unglaublich, wozu dieser Grieche geistig fähig war. Kein Wunder das Götter wie Bastet nicht gut auf sie zu sprechen waren. Hätte er so etwas vor der Emanze erwähnt, sie hätte sich in ihrer Meinung bestätigt gefühlt. „Ehrlich Dio... Shizuku ist ne Nummer zu groß für dich“, erklärte ich grinsend, wissend, dass Shizuku wohl niemals auf einen Typen wie Dionysos hereingefallen wäre. Auch wenn er charmant war, sie sah mit anderen Augen als andere. Seine Tricks hätten da sicher nicht geholfen. Da war ich mir zumindest sicher. „Ich mag Herausforderungen. Frauen sind wie guter Wein. Je mehr Arbeit man in ihre Gewinnung stecken muss, desto besser sind sie.“ „Wenn ich ehrlich bin, Dio, stehen Frauen nicht sonderlich drauf mit alkoholischen Getränken verglichen zu werden. Auch wenn du das wohl als ein Kompliment meinst.“ Ja, das Dionysos dies als Kompliment meinte, war wohl klar. Zumindest im Dionysos-Stil. Wahrscheinlich war das sogar irgendwie charmant gemeint, allerdings konnte ich dem Kommentar nichts positives abgewinnen und Hades schien das ähnlich zu sehen, denn er schüttelte nur seufzend den Kopf. „Apropos guter Wein. Seht ihr auch diese Schönheit da vorne?“ Auch wenn mich die Schönheit, die Dionysos sah nicht interessierte, sah ich auf und kniff die Augen zusammen. Da stand sie, auf einem Felsen, ihr weißes Haar, welches an den Spitzen blau war, wehte sacht im Wind. Sie trug einen langen, weißen Kimono mit blauen Mustern und hatte so etwas wie eine göttliche Eleganz. „So schön und so alleine. Vielleicht sollte man der netten Dame Gesellschaft leisten.“ Dionysos Grinsen wurde breit und ich verdrehte nur die Augen und schüttelte den Kopf. Mal davon abgesehen, dass diese „Frau“ mir irgendwie bekannt vorkam und selbst Takeru sie anstarrte als würde er einen Geist sehen. „Irgendwann fällst du auf eine Trap hinein“, antwortete ich und seufzte, doch Dionysos Grinsen wich nicht. „Ich bin Grieche, schon vergessen?“ Oh ja, da war was. Gut, ein einfaches 'mir doch egal', hätte es auch getan, allerdings machte Dionysos auf seine Art und Weise klar, dass er zu jenen Göttern gehörte, denen es egal war, ob sein Gegenüber nun Männchen oder Weibchen war. Für ihn galt scheinbar voll und ganz der Spruch 'Bist du bi, bist du In, bist du überall mal drin.' „Was macht er hier?“ Es schien fast so, als hätte ich mich nicht geirrt. Zumindest machte mir das Takerus Gemurmel deutlich. Er hatte diese Trap erkannt. Wie hätte er das auch nicht? Schließlich war er mit ihm zusammen aufgewachsen. „Huh? Kennst du diese Person, Take-Take?“, fragte Apollon verwundert und sprach damit etwas aus, das ich mich nicht traute. Dabei war es offensichtlich, denn in Takerus Augen spiegelte sich Wut wider. Mir war zwar bekannt, dass Takeru diese Person nicht sonderlich zu mögen schien, dass eine Begegnung aber diese Wut aufbringen sollte? Mir wurde mulmig zumute, denn garantiert würde ein Gespräch mit dieser Person voll nach hinten losgehen. Oder eher in eine Richtung, die Thoth nicht erfreuen würde. „Leider zu gut...“, knurrte Takeru und wandte seinen Blick ab. „Wir... sollten besser zurück. Ich meine, wir haben schon eine ganze Menge Muscheln gesammelt und vielleicht möchte... Er, Sie oder Es alleine sein.“ Ich versuchte Abstand von dieser Person zu gewinnen und die anderen auf eben diesen Abstand zu bekommen. Kein leichtes Unterfangen, denn Dionysos hatte bereits einige weitere Schritte auf den Felsen zugemacht auf dem die göttliche Schönheit stand. Er hielt jedoch inne, als er meine Worte hörte. Nun ja, es war nicht wegen meiner Worte. Eher weil diese Person sich zu uns umgewandt hatte und vor allem Takeru mit einem Lächeln bedachte. Wütend stapfte Takeru an uns vorbei, direkt auf diese Person zu und ich konnte nun wirklich nicht mehr den Reflex zurückhalten ihm nachzugehen. „Amaterasu! Was machst du hier?“, keifte er und hob den Arm zu einer Geste, die andeutete, dass diese Person sofort verschwinden sollte. Doch dieser lächelte nur. „Ich bin auch froh, dich zu sehen, Anii. Ich habe mir ja solche Sorgen gemacht, als du unserem Reich entschwunden warst.“ Amaterasus Stimme konnte nicht über sein wahres Geschlecht hinweg täuschen. Sie war tief und süß wie geschmolzener Honig. Eindeutig spielte er diese Freundlichkeit nur und gleichzeitig fürchtete ich, dass er Takeru provozieren wollte. Takeru war immerhin leicht zu provozieren und als sein Bruder, sollte Amaterasu das wissen. Ebenso musste er auch wissen, dass Takeru verbannt worden war. Warum war er also hier? Ja, ich gestehe, ich wusste nicht viel, eigentlich gar nichts über Amaterasu, da dieser nur im Kamigami Spiel thematisiert worden war. Demnach war mein Wissen beschränkt und mein Misstrauen in Alarmbereitschaft. „Susanno-o... Wir sollten gehen“, flüsterte ich und griff vorsichtig nach Takerus Arm. Er ließ es zu, allerdings nur, weil er viel zu sehr auf Amaterasu fokussiert war. Dafür allerdings, bemerkte Amaterasu mich und die anderen, die uns ebenfalls gefolgt waren. „Weißt du, Anii... Ich hatte ja erwartet, dass du in der Welt der Sterblichen deine Wunden leckst. Aber... das hier ist unerwartet.“ Amaterasu bedachte uns mit einem äußerst herabwürdigenden Blick. Es war klar was Amaterasu dachte. Wir waren für ihn augenscheinlich nur ein paar unwürdige Würmer. „Sag, Anii, seit wann hast du ein Herz für... So etwas?“, fragte er und nickte dabei mir zu. Ich ließ von Takerus Arm ab und wich etwas zurück. Ich meine, ich stand hier vor einem Gott und war nicht scharf darauf zu erfahren, was Amaterasu mit jemanden wie mir machte, wenn er mich schon als 'So etwas' bezeichnete. „Halt die Klappe und sag mir gefälligst, was du mit Anii gemacht hast!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)