Life as a Pokemon von Ryouxi ================================================================================ Kapitel 9: ----------- „...ana? Viviana?“ Nur langsam kehrte das Evoli in die Realität zurück. Das Rauschen des Regens hatte stark nachgelassen und es war wieder etwas heller geworden. Anscheinend war sie unter der Tanne eingenickt. Trotzdem fühlte sich Viviana nicht wirklich ausgeruht. „Pixi?“ Sie stand auf, schüttelte ihr nach wie vor feuchtes Fell und hielt dann Ausschau nach dem Vulpix, dessen Rufe sie gehört hatte. Sie war froh, dass Pixi scheinbar nach ihr gesucht und sie nun auch gefunden hatte. Durch den nun nicht mehr annähernd so starken Regen, konnte Viviana eine etwas entfernte Silhouette vernehmen, die auf sie zukam. Sie erkannte schnell das Vulpix, dessen Fell ebenfalls durchnässt war. Zumindest schien Pixi nicht in Schlamm gefallen zu sein. Glücklich lief Viviana auf das Pokémon zu und musste unter einem Zucken feststellen, dass ihr Körper noch immer schmerzte und sich nach ihrem Nickerchen zudem etwas steif anfühlte. „Da bist du ja.“ Mit diesen leicht vorwurfsvollen aber hauptsächlich erleichterten Worten blieb Pixi kurz vor dem Evoli stehen. „Wie siehst du denn aus? Da wird mehr als nur etwas Wasser nötig sein.“, murmelte sie eher zu sich selbst. „Tut mir leid, dass du mich suchen musstest“, entschuldigte Viviana sich ohne auf Pixis Frage einzugehen. Sie setzte sich auf den nassen Boden um ihre Beine etwas zu schonen. „Hast du dich verletzt?“ Besorgt kam das Vulpix näher. Sie hatte Vivianas steife Bewegungen sehr wohl bemerkt. Zudem hatte das kleine Pokémon von vorne herein schon Verbände an seinen Pfoten gehabt - auch wenn sich Pixi denken konnte, warum diese dort waren. „Nein“ Viviana schüttelte kurz den Kopf. „Das ist noch von gestern, ich hab mich wohl etwas überanstrengt.“ Sie schaute sich um. Erst jetzt bemerkte sie, dass um sie herum nur wenige Bäume standen. Hatten sie den Rand des Waldes erreicht? „Wie soll ich Shinya denn jetzt wiederfinden?“ Bedrückt ließ sie ihre Ohren hängen. „Sie sind doch auf dem Weg nach Ewigenau. Die Stadt liegt hinter einem See und es führt nur eine Brücke über diesen. Wenn wir uns beeilen, können wir sie dort abfangen.“ Pixi machte eine kurze Pause. „Aber ich bin mir nicht sicher, ob das in deinem Zustand eine gute Idee ist.“ „Nein, ich muss wieder zu ihm. Ich hab Shinya schon genug Sorgen bereitet.“ Viviana war entschlossen und schien jeden Zweifel verdrängt zu haben. Pixi öffnete kurz den Mund, schloss ihn dann aber wieder und nickte nur. „Dann los, wir müssen da lang.“ Sie lief los, wenn auch nicht sehr schnell. Viviana folgte ihr blind, da sie den Weg zu kennen schien. Sie waren ein ganzes Stück am Waldrand entlanggelaufen. Der Wald schien auf dieser Seite von einem Berg eingegrenzt zu sein, denn wenn sie zwischen den wenigen Bäumen hervortraten, standen sie mehr oder weniger vor einer Felswand. Natürlich hätten sie auch auf diesem steinigen Gefälle laufen können, doch in Vivianas Zustand war es einfacher über ein paar umgefallene Bäume zu springen und kleinen Ästen auszuweichen. Schließlich erreichten sie Wasser. Auf der Oberfläche zeichneten sich deutlich die Tropfen des nach wie vor fallenden Regens ab. Das Evoli hatte aufgehört den Regen oder die Nässe zu spüren, im Augenblick hatte sie ganz andere Probleme. Das Vulpix blieb keine Sekunde stehen und lief einfach weiter durch das hohe Gras, welches um das Wasser wuchs. Sie hatten den Wald nun endgültig verlassen. Viviana war kurz von der Wasseroberfläche abgelenkt, da sie glaubte etwas gesehen zu haben, als sie stolperte. Während Pixi dem Hindernis elegant ausgewichen war, hatte sie es nicht kommen gesehen. „Alles okay?“ Pixi drehte sich zu ihr um und wollte näher kommen, als sie erstarrte. Viviana merkte schnell warum. Das, worüber sie gestolpert war, begann sich zu bewegen. Gerade als sie sich aufgerichtet hatte und weiterlaufen wollte, traf sie ein Wasserstrahl, der sie einige Meter weiter zum Erliegen brachte. „Viviana!“ Das Vulpix stand wie angewurzelt da. Vor ihnen stand, auf die Hinterbeine aufgerichtet, ein biberartiges Pokémon. Heute war einfach nicht ihr Tag. Viviana rollte sich auf den Bauch, blieb aber liegen und schaute zu Pixi, das nun die volle Aufmerksamkeit des fremden Pokémon zu haben schien. „Hey“, schien sie mit einem Mal aus ihrer Starre zu erwachen. „Das war sicherlich keine Absicht, also warum greifst du sie gleich an?“ Ihr Ärger war deutlich zu hören. Viviana hoffte, dass das Vulpix wusste, was es tat. „Pah, Eindringling ist Eindringling - und ich mag es nicht, wenn man meine Grenzen missachtet.“ Mit einem großen Satz sprang es auf Pixi zu, die elegant auswich. Mit diesem Pokémon schien jedes Gespräch sinnlos. Erneut musste das Vulpix ausweichen, als ein Wasserstrahl auf es zukam. „Kannst du laufen?“, rief sie Viviana zu, die sofort versuchte aufzustehen, aber einknickte. Verzweifelt versuchte sie es erneut, sie konnte wirklich gar nichts. Verärgert über sich selbst wankte sie ein paar Schritte und schien so die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen. „Du entkommst mir nicht.“ Mit wenig anmutigen, aber mächtigen Sprüngen kam das Bidifas auf das vergleichsweise winzige Pokémon zu und wollte es mit einer Kopfnuss angreifen. Viviana konnte nichts machen, außer sich innerlich auf die Wucht des Stoßes vorzubereiten. „Vivi!“ Pixi rannte los, doch es war zu spät. Kurz erleuchtete ein greller Blitz die Wiese, dann war für einen Moment nichts weiter als das monotone Rauschen des Regens zu hören. „Langohr! Kannst du eigentlich auch mal was Anderes, als dich immer nur in Gefahr zu bringen?“ Ein paar Meter entfernt stand in stolzer Haltung Tora. Auch ihr Fell tropfte und sie schien mehr als nur genervt. Viviana brauchte eine Weile um zu realisieren, was gerade geschehen war. Knapp neben ihr lag das Bidifas und rührte sich nicht. Es war wohl ein Wunder, dass der Stromschlag sie nicht gleich mit erledigt hatte. Wieso musste das Sheinux sie dauernd retten? Das war echt nervig. „Tora“, sagte sie schließlich einfach, noch immer geschockt. Pixi kam zu ihr und stupste mit ihrer Nase kurz den Kopf des Evolis an, dann richtete auch sie ihren Blick auf das Sheinux. „Ist das eine Freundin von dir?“ Fragend schaute sie wieder zu Viviana. „Ach wie süß, hast du wieder einen neuen Freund gefunden?“ Spottete Tora, bevor Viviana antworten konnte. Hörte sie da etwa einen Ton der Kränkung heraus? „Wie bitte?“ Pixi klang fast drohend. „Erst rettest und dann beleidigst du sie? Was ist denn bei dir kaputt.“ Erstaunt schaute Viviana zu dem Vulpix. Sie sprach nahezu in der selben arroganten Tonlage, wie Tora es immer tat. „Bitte hört doch auf zu strei-“ Viviana unterbrach sich selbst, als sie plötzlich etwas hinter sich spürte. Ohne ein weiteres Wort eilte Tora herbei und stellte sich wie zum Schutz vor das Evoli. „Hey Goldtolle, kannst du kämpfen?“ Zwei weitere Bidifas waren hinter ihnen aufgetaucht. Pixi wirkte über diese Aufforderung wenig begeistert, machte sich dann aber widerwillig bereit. Viviana fühlte sich so unfähig, dass sie sich am liebsten aufgelöst hätte. Jetzt mussten die beiden Pokémon sie auch noch beschützen, nur weil sie nicht mal in der Lage dazu war vor diesen Kolossen zu fliehen. Einer der beiden Gegner begann damit die Wiese unter Wasser zu setzen, ehe Tora mit ihrer Elektroattacke angreifen konnte. Diese fluchte leise und rannte dann direkt auf das Bidifas zu um sich mit einem gezielten Sprung in seinem Nacken zu verbeißen. „Geht weg!“, knurrte es, während es abließ um einer Attacke des anderen Bidifas auszuweichen, welche nun seinen Kameraden erwischte. Diesem schien der Wasserstrahl aber eher wenig auszumachen. Die Beiden waren einfach zu stark. Tora könnte sie locker besiegen, doch dazu mussten die Beiden sich außer Reichweite bringen. Viviana hatte schnell durchschaut, warum sie die Wiese unter Wasser gesetzt hatten. So würde Toras Elektroattacke nicht nur die Bidifas, sondern mit Sicherheit auch die beiden anderen Pokémon erwischen. Viviana gab ihr Bestes um außer Reichweite zu gelangen. Pixi zögerte keine Sekunde und sprang auf das Evoli zu. Mit einem sicheren Biss packte sie es im Nacken und trug es weg. Viviana hasste sie dafür. Tora kämpfte währenddessen tapfer weiter und geriet in eine brenzlige Situation, als sich ein Bidifas auf sie warf um sie zu zerquetschen. Da sie gerade der Attacke des anderen Pokémon ausgewichen war, gelang es ihr nicht rechtzeitig zu reagieren und verbiss sich stattdessen in dem Angreifer, als dieser ihr nahe genug kam. Es schien wenig Wirkung zu zeigen. Das Bidifas zuckte zwar kurz, landete dann aber trotzdem auf dem Sheinux und begrub dieses unter sich. „Tora!“ Viviana befreite sich aus Pixis Griff und starrte wie gebannt zu den Kämpfenden. Sie waren zu weit weg, als dass sie irgendetwas genaueres erkennen konnte, doch Tora war verschwunden. Panik breitete sich in dem Evoli aus und sie schaute zu Pixi, die wesentlich gelassener wirkte. Auf einmal war ein helles Leuchten zu sehen und das Bidifas, das sich eben noch auf Tora geschmissen hatte, ergriff auf einmal die Flucht. Es schien verletzt zu sein. Viviana konnte auf der Wiese ein Pokémon erkennen, das Sheinux ähnlich sah, jedoch war es größer und es hatte schwarzes Fell am Kopf, das struppig abstand. Das andere Bidifas schaute das Luxio überrascht an, doch ehe es etwas machen konnte, sprang Tora auf es zu, biss sich in seinem Hals fest und rammte seine Krallen in den Bauch des Bidifas. Das Knistern war deutlich zu hören, als das Pokémon von Toras Stromschlag durchdrungen wurde. Mit stolzen Schritten kam Tora zu den beiden kleineren Pokémon zurück und schaute vor allem Pixi vorwurfsvoll an. Ihre rechte Vorderpfote schien verletzt, auch wenn sie es sich wohl nicht anmerken lassen wollte. Bei jeder Belastung knickte sie leicht ein. „Na zumindest weglaufen könnt ihr ganz gut.“ Sie drehte ihren Kopf als hätte sie etwas gehört. „Tora, du hast dich entwickelt.“ Sprach Viviana das Offensichtliche aus und versuchte freudig zu klingen. Und schon wieder stand sie in Toras Schuld. Das Pokémon hatte sein Leben riskiert nur um Viviana zu retten. Sie wünschte sich, in Toras Kopf schauen zu können - sie wusste einfach nicht, was in diesem vor sich ging. „Tora!“ Nun konnte auch das Evoli hören, was Tora zuvor bereits gehört hatte. Anzu eilte über die Wiese auf ihr Pokémon zu, dicht gefolgt von Shinya. Die Beiden mussten darauf achten, auf dem hohen, nassen Gras nicht auszurutschen. Tora ging ihrer Trainerin einige Schritte entgegen und ließ sich dann in die Arme schließen. „Du hast dich entwickelt“, stellte auch sie freudig fest und streichelte dem Luxio über den Kopf, der nun von einer dünnen, schwarzen Mähne umschlossen war. „Geht es dir gut?“ Sie schien sofort die Verletzung an Toras Bein bemerkt zu haben und begutachtete diese nun. Shinya lächelte zwar kurz, schien aber voller Sorge zu sein und ging schließlich auf Viviana zu um diese, trotz ihrem dreckigen Fell, hochzuheben und vorsichtig an sich zu drücken. Die Kleidung des Jungen war genauso durchnässt, wie das Fell des Evolis und der Regen prasselte nach wie vor sanft auf sie herunter. „Vivi!“ Er klang erstaunlich streng und hielt das Pokémon etwas von sich weg, so dass er ihm in die braunen Augen schauen konnte. Viviana schaute nur schuldbewusst zurück. Auch wenn sie sich freute wieder bei ihrem Freund zu sein, hatte sie ein nun ein schlechtes Gewissen. „Wieso läufst du denn immer weg und bringst dich dann in Schwierigkeiten? Willst du etwa, dass ich irgendwann vor Sorge sterbe?“ Sein Vorwurfsvoller Blick ließ Viviana schnell den Kopf schütteln, woraufhin sie wieder an den warmen Körper gedrückt wurde. „Dir kann man einfach nicht lange böse sein.“ Shinya streichelte durch das nasse Fell und befreite es vom gröbsten Schmutz. Pixi hatte das ganze aufmerksam beobachtet, bis jetzt schien sie noch niemand bemerkt zu haben. Doch als Anzu ihr Luxio zurück in den Pokéball rief, änderte sich dies schlagartig. „Und nun zu dir.“ Viviana dachte erst, dass Anzu mit ihr sprach. Doch das Mädchen ging an Shinya vorbei direkt auf das Vulpix zu. Hatten ihre Worte gerade noch streng geklungen, so sprach sie den nächsten Satz in ihrer hohen Stimme, die Viviana so sehr hasste. „Du bist ja unglaublich niedlich und so schön.“ Freudig hob sie das Vulpix hoch, bevor dieses irgendetwas machen konnte. „Du bist so zahm, ob du wohl jemandem gehörst? Wie wärs, soll ich dich fangen?“ Augenblicklich knabbte Pixi in Anzus Hand, so dass diese sie leicht erschrocken fallen ließ. Das Vulpix landete elegant im Gras und lief zu Shinya um hinter dessen Beine in Schutz zu gehen. „Huch“ Shinya machte einen kleinen Schritt zur Seite, während Viviana etwas unruhig wurde. „Hast du etwa eine Freundin gefunden?“ Der Junge lächelte sie an und ging dann in die Hocke um dem Vulpix eine Hand zum Schnuppern hinzuhalten. „Du brauchst keine Angst zu haben“, sagte der Junge ruhig. Viviana sprang auf den Boden neben Pixi und knickte kurz ein. „Nimm dich vor ihr in Acht, die ist bescheuert“, zischte sie dem Vulpix zu und ließ Anzu nicht aus den Augen. „Das gibt’s doch nicht, wieso mögen die immer nur dich?“ Schmollend schaute das Mädchen Shinya an und stemmte die Arme in die Seite. Sie würde dieses Vulpix so unglaublich gerne fangen - dann würde sie eben erst sein Vertrauen erlangen. „Keine Angst, ich werde dir nichts tun.“ Beruhigte Anzu das Pokémon und ging dann zu Shinya. „Du hast eine schöne Fellfarbe.“ Shinya schien etwas unentschlossen. „Das ist doch total seltsam, oder?“ Er schaute das Mädchen an, die das Vulpix nun genauer musterte. Auch wenn ihr Fell nass war, so schimmerte der Goldton doch deutlich durch. „Wenn es uns nun ebenfalls folgt?“ „Shinya der Pokémonmagnet.“, alberte Anzu herum und grinste den Jungen breit an. „Vielleicht solltest du deinen Berufswunsch nochmal überdenken.“ Shinya boxte ihr mit einem ironischen Lachen leicht in die Schulter und stand dann wieder auf. Viviana knurrte leise. Ihr gefiel es nicht, wie die Beiden miteinander umgingen, sie platzte beinahe vor Eifersucht. Bevor die zwei Menschen so weitermachen konnten sprang Viviana, die dabei entstehenden Schmerzen ignorierend, an Shinyas Bein hoch, so dass dieser sie wieder auf den Arm nahm. „Ewigenau ist hinter diesem See, wir sollten weitergehen. Tora ist verletzt und ich möchte sie schnellst möglichst in ein Pokécenter bringen.“ Anzu strich sich eine nasse Strähne aus dem Gesicht. „Wenn dieser blöde Regen nur aufhören würde“, murmelte sie genervt. „Dann lass uns schnell weitergehen. Ich hab auch wenig Lust heute Nacht im Regen zu schlafen.“ Er drückte Viviana etwas näher an sich und ging dann los. „Sie folgt uns tatsächlich“, merkte Anzu nach einigen Metern an. Gemeint war Pixi, die in geringem Abstand hinter den Menschen her lief. „Ist es okay für dich wenn ich mitkomme?“ Fragte sie Viviana, von der sie, aus ihrer Position, nur den Schweif sehen konnte. „Das wäre toll. Aber ich will nicht, dass du meinetwegen einen Umweg gehst.“ Es knabberte an ihr, dass sie nun schon wieder getragen wurde, obwohl sie diesen Tag doch mal alleine schaffen wollte. Und dann nahm Pixi obendrein auch noch all dies für sie auf sich. „Ich hatte doch gesagt, dass ich Pokémon wie dir helfen will - deswegen bin ich hier. Ich werde dir später alles erklären.“ In den nächsten Minuten und Stunden gingen sie einfach nur, ohne dass irgendjemand ein Wort verlor. Das Einzige, was zu hören war, war das monotone Rauschen des nicht enden wollenden Regens. Hin und wieder schaute Anzu zu dem Vulpix, bis sie fast das Ende der hölzernen Brücke, die über den großen See führte, erreicht hatten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)