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Yu-Gi-Oh! The Last Asylum

von

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Turn 56 - Godslayer

Turn 56 – Godslayer

 

 

Während in Ephemeria City ausgelassen gefeiert wurde, stampfte dutzende Kilometer entfernt ein Paar schwarzer Stiefel durch hohes Gras. Das Plätschern eines kleinen Bachs war zu vernehmen, ebenso verschiedene Geräusche wie das Heulen einer Eule, das Rascheln von Blättern, das Zirpen von Grillen. Der Wald schlief nie.

Kali trat an den Lauf des Wassers heran. Selbst im Schutze der Nacht zog sie es vor, in schwarzer Kutte samt weißer Maske aufzutreten, obschon sie nicht damit rechnete, dass jemand sie sehen würde. Es wäre töricht, um diese Uhrzeit noch im Wald unterwegs zu sein, besonders so tief.

 

Die selbsternannte Dämonengöttin sah durch ihre starre Porzellanmaske hinab in das dunkle Wasser. Die Sichel des Mondes wurde regelrecht zerteilt, es sah aus, als tanzten viele kleine Lichter auf der Oberfläche. Verschwanden und tauchten an anderer Stelle wieder auf.

Kali griff nach etwas am Gürtel ihrer Kutte. Nach ihrer Deckbox. Diese vor sich haltend, öffnete sie sie und betrachtete die Karten darin. Bei der Dunkelheit war es nahezu unmöglich etwas zu erkennen, aber die Frau wusste ohnehin, welche Karte oben auflag. Sie herausziehend, befestigte sie ihr übriges Deck wieder an seinem Platz.

„Sayonara“, murmelte sie düster und streckte den Arm mit der Karte in der Hand über den Bach aus. Gerade wollte sie loslassen, da knackte etwas im Gebüsch.

 

Alarmiert wirbelte Kali herum, vergaß kurzerhand ihren Plan, sich jener Karte zu entledigen. Das Geräusch war direkt aus dem Gebüsch ihr gegenüber gekommen, bestenfalls sieben Meter von hier entfernt. Ein Tier? Sie hatte jetzt keinen Nerv für-

 

Es passierte so schnell, dass es sie – hätte sie schlechtere Reflexe gehabt – den Kopf gekostet hätte. Aus dem Nichts war -es- direkt vor ihr erschienen, hatte mit seinem unmenschlich langen Schwert nach ihr geschlagen. Nur indem sie sich im allerletzten Moment weggeduckt hatte, war sie dem sicheren Tod entkommen. Den nächsten Hieb konnte sie mit der inaktiven V-Duel Disk an ihrem Arm blocken.

Sprachlos stand sie diesem Ding gegenüber. Eine hässliche, weiße Fratze, mit roten Markierungen im Gesicht, die der Farbe seiner Augen entsprachen. Vom ziemlich spät beginnenden Haaransatz streckte sich eine Mähne, die fast bis zum Boden reichte. Fast wie etwas aus dem japanischen Kabuki-Theater.

„Ein Dämon!?“, keuchte sie.

Jener riss sein langes Katana von ihr fort, doch statt einen erneuten Angriff zu starten, schob er dieses in die Scheide an seiner Hüfte.

Kali wich zurück, wobei sie am Rande des Bachs angelangte. „Was bist du!?“
 

Auch ihr Gegenüber nahm einige Schritte rückwärts, doch statt dabei eine Antwort zu geben, hob es den Arm. Und ließ eine grell leuchtende, rote Energie-Duel Disk ausfahren.

„Was …?“

Kali starrte gebannt auf die Duel Disk. Durch das Licht konnte sie jetzt die ebenfalls mit rötlichen Mustern versehene, schwarze Stoffhose ihres Angreifers erkennen. Die zu einem dunklen Kimono gehörte, den das Wesen trug. Seine Züge waren starr und das Licht spiegelte sich in ihnen wieder, sodass ihr bewusst wurde, dass es wie sie eine Maske trug.

War es also menschlich? Nein … dazu war die Luft zu sehr erfüllt mit einer förmlich greifbaren Spannung. Etwas, das Kali noch nie zuvor gefühlt hatte und das, obwohl es bei weitem nicht der erste Dämon war, dem sie gegenüber stand. Nämlich nichts. Es war die Umgebung, die das ausglich, an was es diesem Wesen mangelte.

Unweigerlich erinnerte sich Kali an die Worte ihrer Lehrerin. Etwas, dessen Präsenz man spürt ist harmlos im Vergleich zu dem, dessen Präsenz einem verborgen bleibt. Denn das Unsichtbare vermag außerhalb des eigenen Wahrnehmungsbereichs liegen …

 

Geduldig wartete der Dämon auf eine Reaktion.

„Du forderst mich heraus, nachdem du mich beinahe umgebracht hast!?“ Kali streckte schließlich den Arm nach vorne und ließ ihre Duel Disk zu einem langen V ausfahren. „Was immer der Sinn dahinter ist, meinetwegen. Duellieren wir uns!“

Sie war sich nicht sicher. War dieses Wesen darauf aus, sie zu töten? Nein … das hätte es längst getan. So ungern sie es sich auch eingestand, gegen so ein Schwert hätte sie auf Dauer nicht bestehen können. Und wer oder was immer auch dort drüben stand, er wusste dies ebenso gut wie sie.

„Ich werde nicht wegrennen!“, stellte Kali angriffslustig klar. Ihr Gegenüber reagierte nicht.

 

[Kali: 4000LP / ???: 4000LP]

 

Kaum hatte der unbekannte Dämon sechs Karten gezogen, legte er eine davon auf seine Energie-Duel Disk. Und sprach in diesem Sinne auch zum ersten Mal. „Monster-Set. End Phase.“

Kali verkrampfte. Die Stimme passte perfekt zum Erscheinungsbild jenes Wesens, war sie verzerrt und unmenschlich, keinem Geschlecht zuzuordnen.

Abgelenkt von jenem mechanischen Klang, achtete sie kaum darauf, dass sich eine horizontal verdeckt liegende Karte vor ihrem Gegner manifestierte.

 

„Also kannst du sogar sprechen! Gut für dich!“ Ungestüm griff die Kuttenträgerin nach ihrem Deck und zog voller Schwung die oberste Karte. Den Arm mit der V-Duel Disk vor sich ausstreckend, rief sie: „Normalbeschwörung, ich rufe [Celestial Gear – Synthetic Owl] im Angriffsmodus!“

Deren Karte auf die mittlere Monsterkartenzone schmetternd, ließ Kali über sich ein komplexes Muster aus leuchtenden Kugeln erscheinen. Jene verbanden sich via Lichtstrahlen miteinander und zeichneten den Umriss einer metergroßen, mechanischen Eule. Die sich ständig bewegenden Zahnräder in ihrem Inneren konnte man gut durch die durchsichtige, braune Energiehülle sehen, die den Vogel umgab.

 

Celestial Gear – Synthetic Owl [ATK/1000 DEF/1100 (4)]

 

Kali streckte den Arm aus. „Einmal, solange ich Owl kontrolliere, kann ich zusätzlich zu meiner regulären Normalbeschwörung ein weiteres Celestial Gear als solche von meiner Hand rufen. Erscheine, [Celestial Gear – Synthetic Albatross]!“

Noch mehr Lichtsphären erschienen über Kali und zeichneten zusammen die Umrisse eines riesigen Mechavogels mit gebogenem Schnabel, der seine Schwingen spreizte. Sein Inneres wurde von einem rötlichen Feld zusammengehalten.

 

Celestial Gear – Synthetic Albatross [ATK/500 DEF/0 (4)]

 

Mit einem hochmütigen Schnauben ließ Kali ihre Hand nach oben fahren. „Und jetzt pass mal gut auf! Ich erschaffe das Overlay Network! Aus meinen beiden Stufe 4-Monstern wird ein Rang 4-Monster!“

Es öffnete sich ein Schwarzes Loch auf Kalis Spielfeldseite. Ihre zwei Monster wurden als gelbe Lichtstrahlen davon absorbiert und färbten das Phänomen golden.

„Nun wirst du es sehen!“, versprach die Dämonengöttin finster.

Aus dem Wirbel heraus trat nicht etwa ein Monster, sondern vier grün leuchtende Sphären. Um den Strom legten sich vier grüne Lichtringe. Nicht die geringste Reaktion von ihrem Gegner, trotz des ungewöhnlichen Verlaufs der Dinge.

„Sieh hin“, schrie Kali zornig, „Incarnation Fork Summon! Ich stimme die für die Xyz-Beschwörung genutzten Materialien aufeinander ein! White light creates the path to supremacy! Divine arises! Xyz-Summon, Herald of Salvation, [Celestial Gear – Synthetic Armored Nightingale]! Synchro Summon, Herald of Damnation, [Celestial Gear – Synthetic Armored Hawk]! Arise!“

Ein greller Blitz schoss durch den bunten Strom und ging durch die Sphären hindurch. Eine Explosion aus dem Overlay Network folgte, die drohte, die umstehenden Bäume zu entwurzeln.

Zwei Mechavögel stiegen empor, beide mit einem weißen Brustpanzer geschützt, wodurch der Blick ins Innere deutlich eingeschränkter war als bei ihren Artgenossen.

Der linke Vogel war von schlanker Figur. Eine violette Aura umhüllte ihn, wie er seine weiten Schwingen von sich spreizte, um jede von ihnen eine Lichtkugel kreisend. Der andere war wesentlich größer und kräftiger, verschleiert von orangefarbener Präsenz und erzeugte mit seinem beständigen Flügelschlag jedes Mal kleine Druckwellen, die Staub aufwirbelten.

 

Celestial Gear – Synthetic Armored Nightingale [ATK/2400 DEF/2600 {4} OLU: 2]

Celestial Gear – Synthetic Armored Hawk [ATK/2600 DEF/2400 (8)]

 

„Mal sehen, was du so drauf hast!“, spottete Kali und hob den Arm an. „Ich hab nämlich verdammt schlechte Laune!“

 

~-~-~

 

Das wilde Getuschel der anderen Gäste machte Anya nervös. Der ganze Ballsaal war voll von diesen lästernden Biestern und es erschien ihr, als wären all deren Blicke auf sie gerichtet. Niemand von denen wollte, dass sie am Legacy Cup teilnahm! Aber diesen Mistmaden würde sie zeigen, dass es um sie kein Drumherum gab!

Ihr gegenüber standen Henry und Melinda, mit deren Niedergang sich die Sache entscheiden würde.

Letztere hatte zum ersten Mal die neue Beschwörungsart vorgestellt: Die Pendelbeschwörung. In zwei blau leuchtenden Säulen standen weit über ihr ein kleiner, grüner Frosch und ein Wolf in der Luft, beide mit gelb gepunkteter, roter Fliege am Hals.

Gleich zwei Monster auf einmal hatte die Frau im blauen Abendkleid durch diese neue Technik beschworen, drehte nun einen ihrer beiden, roten Pferdeschwänze verspielt um den Finger. Sie kontrollierte einen Fisch mit Schwertkamm, einen bootsgroßen Wasserläufer und eine violette Kobra, allesamt mit derselben Fliege am Hals. Ihr Blatt fasste immerhin noch eine Karte.

 

<3> Melindas Pendelbereich <5>

 

Performapal Sword Fish [ATK/900 DEF/600 (2)]

Performapal Skeeter Skimmer [ATK/800 DEF/1600 (4)]

Performapal Whip Snake [ATK/2000 DEF/1000 (4)]

 

Anyas Blick schwenkte herüber zu Henry, bei dem eine verdeckte Karte auf dem Feld lag. Und natürlich die Windzauberin Sphreez, die Melinda nicht ganz unähnlich sah, auch wenn ihre grünen Haare nur an den Spitzen rötlich gefärbt waren. Wie seine Schwester, hielt auch er eine Karte auf der Hand und Anya wusste auch genau, welche das war: [Pilica, Descendant Of Gusto], welche er durch Sphreez vom Friedhof erhalten hatte.

 

Daigusto Sphreez [ATK/2000 DEF/1300 (6)]

 

Und sie selbst? Sie hatte das beste Feld, wenn auch im Gegensatz dazu keine Handkarte. Über ihr flog Angel Wing, zu ihrer Rechten stand der Miniroboter Heavy T mit über der Brust gekreuzten Armen – verflucht sei er – und neben ihm lauerte noch [Gem-Knight Topaz].

 

Angel Wing Dragon [ATK/2700 DEF/2000 (8)]

Gravity Impulse Titanium Guardian – Heavy T [ATK/3000 DEF/0 (10)]

Gem-Knight Topaz [ATK/1800 DEF/1800 (6)]

 

Auch was die Lebenspunkte anging, war es diesmal nicht die Blonde, die langsam den sagenumwobenen 'Kick' spürte – zumindest bis jetzt noch nicht. Anya war mehr als zufrieden damit, Henry schon so früh in eine derart brenzlige Situation gebracht zu haben. Der nächste Treffer war unweigerlich sein Ende. Und Anya würde dieses herbeiführen, koste es, was es wolle. Sie schmeckte die Genugtuung bereits förmlich auf ihrer Zunge.

 

[Anya: 3200LP //// Henry: 200LP Melinda: 4000LP]

 

In ihrem elfenbeinfarbenen, nach hinten bis zum Boden reichenden Kleid steckend, verschränkte das Mädchen die Arme. „Nun, diese Pendelbeschwörung eben war erstaunlich … lahm.“

Henry, ganz in Weiß, schnalzte mit der Zunge. „Weil du nicht begreifst, welche Tore sie öffnet.“

Einige der Gäste stimmten ihm lauthals zu. Selbst jetzt war das Staunen um die Beschwörung nicht verstummt, einige bewunderten noch immer die blauen Lichtsäulen zu jeder von Melindas Seiten, welche Turn Toad und Silver Claw empor gehoben hatten.

„Ach ja!? 'Woohoo, ich habe gerade zwei Monster auf einmal beschworen, fallt vor mir auf die Knie!' Weil das ja auch nicht jedes zweite Deck kann! Hmpf!“ Das Mädchen rümpfte die Nase.

Belehrend hob Melinda den Zeigefinger. „Weißt du, Pendelmonster haben viele Vorteile. Sie können als Monster oder Zauberkarten gespielt werden und haben als Letztere in der Regel auch Effekte. Wie du siehst, verstärkt Silver Claw alle Performapals um 300 Punkte.“

Passend dazu heulte jener über Melinda stolz auf. „Aber auch dass sie viele Monster auf einmal rufen können ist ein Vorteil, denn ältere Themen ohne diese Möglichkeiten werden genauso davon profitieren, genauso wie zukünftige. Ich könnte jetzt zum Beispiel ein Xyz-Monster beschwören.“

Sie hätte jedoch genauso gut gegen eine Wand reden können, denn Anya erwiderte stur: „Das können Summers, der Flohzirkus, Marc und Nick, pft, sogar Redfield auch ohne diesen Shit!“

„Gib es auf Melinda“, wandte sich Henry an seine Schwester.

„Wie wollen wir sie denn-!?“ Die junge Frau seufzte mit erhobenen Armen, die sie letztlich kraftlos sinken ließ. „Schon gut. Das kommt sicher noch. Also schön, weiter im Text! Die Pendelbeschwörung hat in diesem Moment noch einen Vorteil: [Performapal Sword Fishs] Effekt! Denn der kann jetzt alle deine Monster schwächen, da ich spezialbeschworen habe!“

Schlagartig vervielfachte sich der Fisch. Die Kopien schossen auf Anyas Spielfeldseite zu und verwandelten sich in echte Schwerter, die überall rund um ihre drei Monster einschlugen und im Boden stecken blieben.

 

Gem-Knight Topaz [ATK/1800 → 1200 DEF/1800 → 1200 (6)]

Gravity Impulse Titanium Guardian – Heavy T [ATK/3000 → 2400 DEF/0 → 0 (10)]

Angel Wing Dragon [ATK/2700 → 2100 DEF/2000 → 1400 (8)]
 

„Kch!“ Anya winkte ab. „Dafür brauche ich auch keine Pendel!“

„Aber ich! Und auch Turn Toad kann mit den Werten anderer Monster spielen! Ich vertausche Skeeter Skimmers aktuelle Punkte!“

Der kleine Frosch stieß ein kehliges Quaken aus, wodurch der Wasserkäfer wild mit den Flügeln zu schlagen anfing. Auch begann sein langes Stechwerkzeug undeutlich zu glimmen.

 

Performapal Skeeter Skimmer [ATK/800 → 1600 DEF/1600 → 800 (4)]

 

„Dasselbe kann auch Whip Snake, aber diesmal mit deinem Angel Wing! Sorry!“, kicherte Melinda vergnügt. Die echte Kobra wickelte sich im Anschluss um den viel größeren Look-a-like und biss diesem frech in den Nacken, ehe sie wieder zu Melinda zurückkehrte.

 

Angel Wing Dragon [ATK/2100 → 1400 DEF/1400 → 2100 (8)]

 

Mit einem verheißungsvollen Schmunzeln streckte Melinda den Zeigefinger aus. „Jetzt ist es Zeit für ein wenig Action! Skeeter Skimmer, pieks' den bösen Drachen!“

Das Insekt flog voraus. Als Gegenantwort spie [Angel Wing Dragon] seinen verhängnisvollen, weißen Spiral-Odem, doch jenem wurde ausgewichen. Nach dem Kobrabiss wurde der weiße Drache nun auch noch in den Hals gestochen. Was zur Folge hatte, dass er explodierte. Etwas, das Anya ihm am liebsten gleichgetan hätte. „Hrgh, kein Kampfschaden wenn Angel Wing kämpft!“

„Umso länger dauert das Duell, ist doch auch toll“, strahlte Melinda und richtete ihren Finger auf Heavy T, „der ist der nächste, Sword Fish!“

„Das kannst du aber mal voll vergessen!“ Anya schwang ihren Arm aus. „Effekt Heavy Ts! Ich kann ein Monster opfern und ihn in Angriffsposition bringen, was ihn gleichzeitig für den restlichen Zug immun gegen Monstereffekte macht. Leider darfst du im Gegenzug ziehen.“

[Gem-Knight Topaz] löste sich in blitzenden Funken auf. Der Roboter nahm seine Arme von der Brust, damit das T in jener sie absorbieren konnte. Um ihn begann eine helle Aura zu glühen.

 

Gravity Impulse Titanium Guardian – Heavy T [ATK/2400 DEF/0 (10)]
 

„Warum hat sie das nicht gemacht, bevor der Fisch seinen Effekt benutzt hat?“, fragte Zanthe leise, der zusammen mit Matt und der in Rot gekleideten Journalistin an einem der vielen im Saal verteilten Cocktailtischen stand.

Jener zuckte mit den Schultern. „Es ist Anya, schon vergessen? Zumal sie Heavy T kaum kennt.“

„Oh man, so wird sie doch nie Duel Queen, wenn sie sich nicht mal die Texte durchliest …“

Melinda zog auf und hielt ihre Arme anschließend über Kreuz. „Replay! Angriff abbrechen! Stop!“

„Greif mit Whip Snake an“, sagte Henry und verengte seine Augen zu Schlitzen. „Vertrau mir.“

„Teamwork!“, jubelte Melinda und streckte beide Arme nach vorne aus, „Du hast es gehört, los!“

Sofort flog die violette Schlange auf Anyas einzig verbliebenes Monster zu. Die zischte gallig: „Mit euch werde ich trotzdem fertig!“

„Dein Spielzeug da aber nicht“, konterte Henry eisig, „Falle aktivieren, [Miniaturize]! Sie schwächt es um 1000 Angriffspunkte und eine Stufe!“

Anya klappte die Kinnlade herunter, als ihr Heavy T noch weiter schrumpfte und kaum mehr größer als ein Legomännchen war …

 

Gravity Impulse Titanium Guardian – Heavy T [ATK/2400 → 1400 DEF/0 (10 → 9)]

 

… und mit einem Happs verschlungen wurde. Man konnte mitverfolgen, wie er seinen Weg durch den Magen der Kobra fand. Die, geradezu höhnisch, Anya noch eins mit ihrem Schweif verpasste.

 

[Anya: 3200LP → 2600LP //// Henry: 200LP Melinda: 4000LP]

 

Diese lief rot an. Besorgnis erregend rot, denn dieses Terrorteam raubte ihr den letzten Nerv.

„Da ich dank meiner Pendelbeschwörung noch gar nicht normalbeschwören brauchte, hole ich das jetzt nach. Ich biete Sword Fish als Tribut an und setze ein Monster.“

Der blaue Fisch löste sich auf und wurde durch einen nach oben gerichteten Kartenrand ersetzt. Melinda verkündete: „Damit werden Skeeter Skimmers Werte wieder normal.“

 

Performapal Skeeter Skimmer [ATK/1600 → 800 DEF/800 → 1600 (4)]

 

Unerwartet richtete Anya den Arm nach oben. „Und Angel Wing kehrt zurück, indem ich die Stufe 4-Monster [Gem-Turtle] und [Alexandrite Dragon] von meinem Friedhof verbanne!“

Über ihr erschien der goldene Ring, der sich drehte, dann seine Flügel ausspannte und schließlich den weißen Drachen zum Vorschein brachte. Anya entsorgte die Monster durch einen Schlitz unter dem Friedhof, den ihre alte Duel Disk nicht besaß.

 

Angel Wing Dragon [ATK/2700 DEF/2000 (8)]

 

„Ich werde euch sowas von vernichten!“, fauchte Anya und griff nach ihrem Deck. „Draw!“

Sofort im Anschluss knallte sie das Monster auf ihr D-Pad. „Erscheine, [Gem-Knight Turquoise]! Dazu aktiviere ich [Gem-Knight Fusions] Effekt auf meinem Friedhof und verbanne Tourmaline, um sie auf die Hand zu bekommen!“

Ein türkisfarbener Ritter mit entsprechenden Edelsteinen an seiner Rüstung erschien vor ihr und spannte seinen Bogen.
 

Gem-Knight Turquoise [ATK/1400 DEF/2000 (4)]
 

Doch statt [Gem-Knight Fusion] aufzunehmen, erklärte sie: „Da ich sie aber jetzt abwerfe, um meinen verbannten Tourmaline zurückzurufen, kann sie gleich dort bleiben. Und noch was: Ich führe gleich mit beiden eine Xyz-Beschwörung durch!“

Es tat sich ein Galaxienwirbel inmitten von Anyas Spielfeldseite auf. Kaum erschien der goldene Ritter vor ihr, wurde er zusammen mit seinem Kumpan zu einem braunen Lichtstrahl, der von dem Schwarzen Loch absorbieren ließ. Anya verkündete feierlich. „Los, Lev … oh.“

Der lag ja im Hotelzimmer! Einen kurzen Moment aus dem Konzept gebracht, schüttelte sie den Kopf. „Los, [Kachi Kochi Dragon]!“

Aus dem Overlay Network stieg ein Drache auf, ganz aus silbernem Kristall bestehend. Um ihn kreisten seine beiden Xyz-Materialien.

 

Kachi Kochi Dragon [ATK/2100 DEF/1300 {4} OLU: 2]

 

Anya überlegte kurz. Das Pennerkind anzugreifen war keine gute Idee, da bekam sie nur selbst auf die Mütze. Irgendwie würde sie sein dämliches Synchromonster loswe- oh wieso hatte sie daran nicht gleich gedacht!? Sie hatte doch [Gem-Knight Prismaura] für solche Jobs. Jetzt war es zu spät, seine Fusionsmaterialien lagen unter [Kachi Kochi Dragon] als Overlay Units!

Anya schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Heute war echt der Wurm drin!

Egal, dafür würde seine Schwester gleich ihre dämlichen Pendel einpacken können. „Los-!“

„Halt! Effekt der [Performapal Whip Snake]! Sie kann auch im Gegnerzug Werte vertauschen!“

Das letzte Wort war noch gar nicht gesprochen, da hing die Kobra schon am weißen Drachen wie ein Blutegel und biss ihm in den Hals.

 

Angel Wing Dragon [ATK/2700 → 2000 DEF/2000 → 2700 (8)]

 

„Trotzdem greift [Kachi Kochi Dragon] jetzt deine beschissene Riesenmücke, Wasserläufer oder was auch immer an! Primo Sciopero!“

Der Drache vor Anya visierte das Insekt an und begann, nach ihm zu schlagen. Flink wie es jedoch war, wich es erst einem Hieb mit der Pranke aus, dann dem nächsten. [Kachi Kochi Dragon] verfolgte sein Ziel eine Weile, flog ihm quer durch den ganzen Saal hinterher, versagte dennoch kläglich.

Melinda grinste keck: „Dein Drache braucht dringend ein Insektenspray. Ansonsten kommt er an [Performapal Skeeter Skimmer] nicht vorbei, denn es kann den Angriff einfach negieren und die Position wechseln.“

Beide Monster kehrten zu ihren Besitzern zurück, wobei rote Äderchen aus Anyas Augäpfeln traten.

 

Performapal Skeeter Skimmer [ATK/800 DEF/1600 (4)]
 

„Kann … nicht … zweimal … angreifen …!“ Womit sie den Effekt ihres Drachen meinte, der nur dann funktionierte, wenn er ein Monster im Kampf zerstörte. Fuchsteufelswild zeigte sie auf den Wasserläufer. „Scheiß auf Insektenspray, brenn' es nieder, Angel Wing! Seraphim Judgment!“

Ihr anderer Drache spie seinen weißen Odem, den eine goldene Flammenspirale umkreiste. Da Skeeter Skimmer seinen Effekt nicht zweimal aktivieren konnte, zerfiel es augenblicklich zu Asche.

Verdammt, sie hätte Melinda besiegen können! „Zug beendet!“

 

Angel Wing Dragon [ATK/2000 → 2700 DEF/2700 → 2000 (8)]

 

„Ich bin am Zug!“, verkündete Henry und zog auf. Die Karte eine ganze Weile betrachtend, blickte er schließlich herüber zu Melinda. Die nickte ihm geheimnisvoll zu, woraufhin er es ihr gleichtat. Dabei verfinsterte sich sein Blick jedoch, als er ein Monster auf sein D-Pad legte. „Erscheine, [Pilica, Descendant Of Gusto]. Da kein Gusto-Empfänger mehr auf meinem Friedhof liegt, kann sie folglich auch keinen beschwören.“

Den Holzstab mit der Vogelfigur an der Spitze schwingend, tauchte vor ihm ein grünhaariges, kleines Mädchen auf.

 

Pilica, Descendant Of Gusto [ATK/1000 DEF/1500 (3)]

 

„Greift beide [Angel Wing Dragon] an“, befahl er erstaunlich desinteressiert, „den Kampfschaden kassierst dank Sphreez' Effekt du. Double Calmanize!“

Sowohl die ältere Version, Sphreez, als auch die junge Pilica erschufen mit ihren Zauberstäben zwei grüne Energiekugeln, um die mehrere Klingen aus purem Wind kreisten. Synchron schleuderten sie diese auf Anyas weißen Drachen, der mit seinem Flammenangriff konterte. Auf dem Weg trafen die beiden Sphären aufeinander, verschmolzen zu einer und zerteilten Angel Wings Odem wie Butter. Pilica wurde dabei von einem Blindschläger der goldenen Spirale getroffen und explodierte, aber Anya war die wirkliche Leidtragende. Sie wurde von der riesigen Kugel erfasst und wäre sicherlich in ihren Sog geraten, hätte es sich nicht um ein Hologramm gehandelt. Doch so glitt jene durch sie hindurch.

 

[Anya: 2600LP → 900LP → 200LP //// Henry: 200LP Melinda: 4000LP]

 

„Melinda …“, gab Henry träge ab.

„Ist gebongt! Draw!“, rief die erwartungsvoll und zog.

 

Matt lehnte mit dem Ellbogen gegen den kleinen Tisch und seufzte. „Irgendwie wird’s immer schwerer, zwischen Show und Realität zu unterscheiden.“

„Was meinst du?“, fragte Zanthe.

„Henry hätte gerade gewinnen können. Wären durch [Performapal Whip Snakes] Effekt die Werte von [Daigusto Sphreez] vertauscht worden, hätte Anya zu viel Schaden eingesteckt.“

Der Werwolf gab ein nachdenkliches Geräusch von sich.

„Ich glaube nicht, dass Melinda es einfach nur vergessen hat“, überlegte Matt weiter, „bisher hat sie sich sehr geschickt mit diesen Monstern angestellt. Eher …“

Zanthe zog erstaunt die Augenbraue hoch. „Eher was?“

„Eher scheint es so, als würden sie absichtlich verlieren wollen. Oder zumindest einer der beiden“, mischte sich die blonde Journalistin an ihrem Tisch ein.

Allerdings schüttelte Matt den Kopf, als er zu ihr herüber blickte. „Nein, das glaube ich nicht. Nicht Henry. Eher will er das Duell in die Länge ziehen, damit Melinda die Pendelmonstern in ein besseres Licht rücken kann. Wenn er die Leute überzeugen will, muss da mehr kommen.“

Die Journalistin nippte kurz an dem Martini in ihrer Hand, dabei besonders Anya interessiert im Blick behaltend. „Möglich.“

 

„Ohhhh, ausgerechnet jetzt“, quengelte Melinda enttäuscht von ihrer Karte, sah dann aber entschlossen auf, „aber was soll's. Flippbeschwörung, [Performapal Kaleidoscorp]!“

Die gesetzt liegende Karte wirbelte um und offenbarte einen purpurnen Skorpion, mit zwei pinken Schilden bestückt, der nicht etwa einen Stachel, sondern einen himmelblauen Schweif aus drei zylindrischen Komponenten besaß.

Seine Besitzerin rief: „Und Turn Toad wechselt mal gleich seine Werte!“

Der Frosch in der blauen Lichtsäule links über ihr begann ein Lied aus Gequake anzustimmen.

 

Performapal Kaleidoscorp [ATK/100 → 2300 → 2600 DEF/2300 → 100 (6) PSC <4 /4>]

 

„Und wie immer der Effekt meiner Whip Snake auf deinen [Angel Wing Dragon]!“, flötete Melinda und zeigte auf diesen. „Mehr noch, Effekt von Kaleidoscorp hinterher! Er kann ein Monster bestimmen, das in diesem Zug alle spezialbeschworenen Gegner angreifen kann.“

Da der fast menschenhohe Skorpion selbst bunt aufleuchtete, hatte sie offensichtlich ihn dafür bestimmt. Derweil wurde Angel Wing nun schon zum dritten Mal gebissen.

 

Angel Wing Dragon [ATK/2700 → 2000 DEF/2000 → 2700 (8)]

 

„Attacke auf Angel Wing!“, rief Melinda mit ihrem wie stets ausgestreckten Zeigefinger.

Der letzte Zylinder am Schweif ihres Monsters öffnete sich und schoss einen kunterbunten Energiestrahl ab, welcher den Drachen traf und ebenfalls in verschiedensten Farben auflöste.

„Pah! Ich bekomme keinen Kampfschaden, wenn [Angel Wing Dragon] kämpft!“

„Aber wenn [Kachi Kochi Dragon] dran ist, schon! Mach weiter, Kaleidoscorp!“

Unvermittelt huschte ein böses Grinsen über Anyas Lippen. „Da wäre ich mir nicht so sicher …“

Ihr Kristalldrache hatte sich zwischenzeitlich vor Anya im Untergrund verborgen und nur sein Kopf ragte aus dem Parkett. Als dieser ebenfalls von dem bunten Lichtstrahl erfasst wurde, öffnete er sein Maul und schoss einen Pfeil daraus ab.

 

Kachi Kochi Dragon [ATK/2100 → 4200 DEF/1300 {4} OLU: 2 → 0]

 

In seinem Flug zog er beide Xyz-Materialien hinter sich her und absorbierte diese, zerteilte gleichzeitig den Lichtstrahl und traf direkt in den Schweif des Skorpions, welcher daraufhin explodierte.

 

[Anya: 200LP //// Henry: 200LP Melinda: 4000LP → 2400LP]

 

„Whoops! Da ist wohl was schief gegangen“, staunte Melinda nicht schlecht.

„Und ob es das ist! [Gem-Knight Turquoise] ist ein Xyz-Material gewesen, was heißt, dass ich ihn und einen anderen Gem-Knight abhängen kann, um Kachi Kochis Angriffswert zeitweilig zu verdoppeln!“, schrie Anya förmlich. „Das war's dann wohl- huh!?“

Ein rotes Licht drang vor Melinda aus dem Parkett und schoss in die Luft. Zwischen ihrem Frosch und [Performapal Silver Claw] öffnete sich ein von unzähligen blauen Ellipsen eingeschlossenes Portal und nahm den Strahl in sich auf.

„Kann mir einer sagen, was das jetzt war!?“

„Ganz einfach“, reagierte Henry gelassen, „Pendelmonster werden auf das Extradeck gelegt, wenn sie vom Spielfeld auf den Friedhof geschickt werden würden.“

Altklug hob seine Schwester den Zeigefinger. „Das ist vielleicht der größte Vorteil der Pendel, denn sie können von dort ebenfalls als Pendelbeschwörung gerufen werden. So kommen sie wieder und wieder!“

„Was auch immer.“ Anya bohrte sich gelangweilt mit dem kleinen Finger im Ohr. „Ich denke du bist durch, denn deine falsche Schlange kommt nicht über meinen Drachen drüber.“

„Da hast du leider Recht, du bist dran.“

„Dann verbanne ich jetzt zwei Stufe 4-Monster und reanimiere Angel Wing!“ Zur Verdeutlichung zeigte Anya die Gem-Knights Turquoise und Tourmaline vor. Es materialisierte sich über ihr ein goldener Ring, von dem sich vier weiße Schwingen spreizten.

 

Angel Wing Dragon [ATK/2700 DEF/2000 (8)]

Kachi Kochi Dragon [ATK/4200 → 2100 DEF/1300 {4} OLU: 0]

 

Und während ihr weißer, schlangenhafter Drache zurück aufs Spielfeld fand, verkündete sie in einem abwertenden Tonfall: „Eure Pendel sind doch bescheuert! Kann ja sein, dass du sie beschwören kannst, aber hast du mal die Stufe deines Skorpions angeschaut? Die ist nämlich 6, also liegt sie nicht mehr zwischen den beiden Pendelbereichen!“

„Ahahaha, da hast du allerdings auch Recht“, gestand Melinda verlegen ein und zuckte mit den Schultern. „Aber die Idee der Pendel ist doch nicht schlecht, oder?“

Nie hatten Anyas herabhängende Mundwinkel so sehr 'nein' geschrien wie jetzt. Aber sie war nicht die einzige, verfielen viele der anwesenden Gäste in zustimmendes Gemurmel. Melinda warf daraufhin Henry einen geheimnisvollen Blick aus den Augenwinkeln zu, welcher das mit einem Nicken zur Kenntnis nahm.

 

Am Tisch gluckste Zanthe derweil belustigt. „Also hat sie sogar zugehört. Es gibt doch noch Wunder.“

„Vielleicht hat ihr Levrier geholfen“, überlegte Matt und sah neugierig herüber zu der blonden Frau an ihrem Tisch, die abwesend etwas in ihr Smartphone eintippte. Um ins Gespräch zu kommen, fragte er: „Ich dachte, hier herrscht striktes Verbot für Netzwerk-fähige Geräte?“

Sie sah auf und lächelte schelmisch. „Ich breche gerne hin und wieder ein paar Regeln.“

„Alles für eine gute Story, was?“

Auf seine Spitze hin wurde ihr Grinsen regelrecht diebisch. „So ist das in meinem Gewerbe.“

 

Anya legte ihre Finger aufs Deck und schloss die Augen. Sie hatte sich einen kleinen Sieg erkämpft gegen die beiden, aber wenn sie jetzt nichts Brauchbares zog, würde Henry sie mit seinem nächsten Angriff besiegen. Damit wäre ihr die größte Chance genommen, gegen Claire Rosenburg zu kämpfen, ihres Zeichens die nächste Hüterin.

Die junge Frau warf einen Blick herüber zur amtierenden Weltmeisterin, die seit Henrys Rede zusammen mit ihrem rothaarigen, bärtigen Manager auf der Bühne im hinteren Teil des Saals stand und mit teilnahmslosem Ausdruck das Duell verfolgte. Da wollte sie stehen, sagte sich Anya. Genau da, wo Claire jetzt stand.

Ihren Blick auf Henry richtend, murmelte sie: „Jetzt geht’s ums Ganze, Schnöselkind, also mach dich schon mal frisch. Draw!“

Mit mächtig Schwung zog sie von ihrem Deck. Selbst wenn Levrier jetzt hier wäre, hätte sie ihn vermutlich nicht gebeten, seine Kräfte einzusetzen. Ach wen wollte sie verarschen, natürlich hätte sie! Dazu war ihre derzeitige Lage zu ernst und sie würde sich frühestens von ihnen losreißen können, sobald all das vorbei war.

Trotzdem verspürte sie einen gewissen Stolz, ganz auf sich allein gestellt zu sein. Und Dankbarkeit für ihr Glück, welches ihr eine Karte bescherte, die sie noch nie zuvor eingesetzt hatte.

„Huh? Die hab ich doch dieser hohlen Nuss Caroline Mayfield abgetauscht“, nuschelte sie und weitete die Augen, während sie den Effekttext durchlas.

„Monstereffekt von [Performapal Whip Snake]! Sie wechselt die Werte deines Angel Wings!“

Melindas Ausruf rüttelte Anya aus ihren Gedanken wach und ließ sie aufschauen, als Zanthes ehemalige Hüterkarte wieder gebissen wurde.

 

Angel Wing Dragon [ATK/2700 → 2000 DEF/2000 → 2700 (8)]

 

„Was auch immer! Los, [Angel Wing Dragon], greif [Daigusto Sphreez] an! Seraphim Judgment!“

Henry öffnete den Mund erstaunt. „Bist du wahnsinnig!?“

„Nein, nur scharf auf den Sieg!“

„Du weißt genau, dass Sphreez nicht durch Kämpfe zerstört werden kann!“

„Mir doch egal!“

Ihr Drache spie seine weiße Flamme, umkreist von einer goldenen Spirale. Gerade wollte die junge Windmagierin zum Gegenangriff ansetzen, dann ging eine Schockwelle durch den Saal und kehrte die Farben sämtlicher Karten auf dem Spielfeld mit Ausnahme des Angel Wings für einen kurzen Augenblick ins Negative um.

Vor Anya stand eine Schnellzauberkarte offen: „[Forbidden Scripture]! Sie negiert während des Kampfes alle aktivieren Karteneffekte und lässt die Monster mit ihren Originalwerten kämpfen!“

Die Augen weit aufgerissen, blickte Henry dem Flammenstrahl entgegen.

 

Angel Wing Dragon [ATK/2000 → 2700 DEF/2700 → 2000 (8)]

 

Seine Sphreez ging in dem Flammenmeer unter, welches auf ihren Besitzer übersprang. Jener schrie erschrocken auf, auch wenn Anya die wahren Kräfte des Angel Wings nicht entfesselte. Die kleine Show zu Beginn des Duells musste sich nicht wiederholen.

 

[Anya: 200LP //// Henry: 200LP → 0LP Melinda: 2400LP]

 

Kaum war Anya mit ihm fertig, schwang sie ihren ausgestreckten Zeigefinger herüber zu Melindas violetter Schlange. „Die da ist die Nächste! [Kachi Kochi Dragon], Primo Sciopero!“

Der Drache, dessen Kopf allein aus dem Parkett ragte, brüllte einmal auf, dann schossen schon dutzende silberne Kristallspitzen aus dem Boden. [Performapal Whip Snake], die noch auf ihrem Weg zurück zu ihrer Besitzerin war, schlängelte panisch über den Boden, doch konnte ihrem Untergang nicht entkommen. Melinda seufzte traurig.

 

[Anya: 200LP / Melinda: 2400LP → 2300LP]

 

„Einer weniger“, rümpfte Anya in ihrem Kleid die Nase bis zum Anschlag, „Zug beendet!“

 

Die meisten Anwesenden waren in wildes Getuschel vertieft und Anya genoss es, zur Abwechslung nicht diejenige zu sein, die dessen Mittelpunkt darstellte.

Henry, ganz verdattert von seiner plötzlichen Niederlage, sah sich nervös um.

„Wie hatte er so unspektakulär verlieren können? Ein freches Mädchen hatte ihn besiegt! Wieso hatte er nicht, genau wie seine Schwester, Pendelmonster gespielt? Hielt er sie für zu schwach?“

Fast tat er Anya leid, wie er den sensationsgierigen Blicken ausgesetzt war. Dem Getuschel. Aber nur fast, denn das hatte er sich selbst eingebrockt. Und sie würde ihm bestimmt auch nicht leidtun, wenn sie sich erst in einem Stadion voller Menschen um ihr Leben duellierte.

 

Melinda derweil legte Mittel- und Zeigefinger auf ihr Deck und strahlte. „Jetzt gilt es! Draw!“

Ebenso schwungvoll wie ihre Widersacherin zog sie, betrachtete die Karte, bevor sie schließlich verkündete: „Ich … geb' auf.“

 

[Anya: 200LP / Melinda: 2300LP → 0LP]

 

Man hätte eine Stecknadel zu Boden fallen hören können. Anya stand da wie bestellt und nicht abgeholt, als die Hologramme ihrer beiden Drachen verschwanden. „Eh? Ehhhhh?“

Und ihre Gegnerin rieb sich verlegen den Kopf. „Tja, was will man machen? Ich hab nur die hier.“

Sie zeigte die Karte eines pinken Nilpferds, [Performapal Hip Hippo], und eine andere, die aber hinter ihrem Monster komplett verborgen lag.

Fassungslos schüttelte Henry den Kopf. „Wieso hast du es nicht wenigstens versucht!?“

„Man muss doch so etwas nicht unnötig in die Länge ziehen“, antwortete Melinda. Damit deaktivierte sie ihr D-Pad und rannte auf Anya zu.

Die konnte ihr zweifelhaftes Glück noch gar nicht fassen, da packte die Rothaarige sie schon am Arm und riss diesen empor. „Seht her Leute, wenn das mal keine angehende Profiduellantin ist!? Obwohl wir zu zweit waren, hat sie uns gnadenlos in die Enge getrieben! Applaus für Anya Bauer!“

Allerdings kam jener eher verhalten. Die über hundert Gäste starrten die Drei an, teilweise fasziniert, andere dagegen deutlich ablehnender. Mit so etwas hatte keiner gerechnet.
 

Henry trat ebenfalls auf Anya zu und reichte ihr die Hand. „Glückwunsch. Gemäß unserer Vereinbarung bist du offiziell dabei, denn du hast dein Können bewiesen.“

Einige Proteste seitens der Gäste wurden laut, viele richteten sich weniger gegen Anya, sondern viel eher gegen Melinda, die es nicht bis zum Ende durchgezogen hatte. Letztere versuchte die Leute zu beschwichtigen, dabei den immer stärker werdenden Lärmpegel gekonnt ausblendend.

 

Anya hatte gewonnen, aber es fühlte sich so dumpf, so … falsch an. Es war ein Gefühl, das sie so noch nie verspürt hatte. Man hatte ihr das Recht genommen, für sich selbst einzustehen. Das war nicht, wie es hätte laufen sollen!

Und Anya begriff nicht einmal, wieso es sie überhaupt so verletzte, nicht selbst den letzten Schlag ausgeführt zu haben.

 

„Akzeptiere es“, hörte sie Henry sagen, „so wie ich es auch muss.“

Anya starrte nur seine Hand an. Jedes Mal, wenn er sie ihr angeboten hatte, hatte sie sie fort geschlagen. Nichts würde sie lieber tun, als ihm ihre eine ins Gesicht zu pfeffern für diese lahme Performance, die er und seine Schwester da abgeliefert hatten.

War sie so unbedeutend, dass sie es nicht einmal verdient hatte, ihr Duell aus eigener Kraft zu gewinnen!? War das die Art, wie die beiden sich in letzter Sekunde an ihr rächen wollten für ihre ungeplante Teilnahme am Turnier!?

Sie spürte, wie sich ihre Kehle immer mehr zuschnürte.

 

Bisher hatte sie seine Hand jedes Mal abgelehnt. Aber nicht dieses Mal. Diesen Sieg würde sie ihm nicht gönnen.

„Gut gespielt“, zischte sie abfällig in Henrys grimmige Visage.

In dem Moment begannen die Gäste, die Drei zu umringen. Viele wandten sich an den Ford-Spross, während Anya ein paar Schritte zurück nahm. Sie blickte herüber zur Bühne, doch Claire und ihr Manager waren nicht mehr dort.

„Tch … ihr fandet es auch lächerlich, oder?“

 

Gerade wollte sie sich nach ihren Freunden umsehen, um sich bei ihnen auszulassen, da stieß jemand seitlich gegen sie. Eine hübsche blonde Frau in einem roten Abendkleid, die es offenbar sehr eilig hatte.

„Entschuldigung!“

Wütend schrie Anya ihr hinterher: „Pass doch auf, Dumpfralle!“

Doch die Frau reagierte gar nicht, sondern eilte Richtung Ausgang davon. Anya überlegte bereits, ihr hinterher zu rennen, da trat Henry neben sie. „Kommst du bitte kurz mit?“

„Nein! Zieh Leine, ich hab keinen Bock mehr auf dich oder deine Schwester!“

Der Bitte kam er jedoch nicht nach, sondern starrte sie ernst an. „Es ist wichtig.“

Anya grunzte genervt. Was wollte er jetzt noch von ihr? Sollte er doch endlich einsehen, dass er verloren hatte und sie in Ruhe lassen! Es reichte doch wirklich schon, dass seine Schwester ihr den Sieg versaut hatte!

„Bitte“, setzte er mit Nachdruck noch einmal an und reichte ihr die Hand.

Dieses Mal schlug sie sie weg, zischte aber: „Na schön, aber wenn du dich über mich lustig machst, wirst du hier vor versammelter Mannschaft Bungeespringen. Und du möchtest wirklich -nicht- wissen, was ich mir als Seil überlegt habe!“

Damit rauschte sie an ihm vorbei.

 

Henry und Melinda führten Anya quer durch den ganzen Saal, über die Wendeltreppe hin zum Balkon, von dem man aus das riesige Gartengelände des hinteren Teils des Anwesens bestaunen konnte. Erstaunlich wenige Gäste standen ebenfalls hier oben und sahen sich dieses schiere Labyrinth aus Hecken an, in dessen Mitte sich ein Springbrunnen von der Größe eines Schuppens befand. Regelmäßig erleuchteten kleine Laternen den Weg. Einige Leute gingen dort spazieren.

„Hach, schön ist das hier“, erfreute sich Melinda daran und streckte weit beide Arme aus, als sie zum Geländer schlenderte, „das hat ja alles prima geklappt.“

„Was hat geklappt!? Dass ihr mich blamiert, indem ihr mir die Chance nehmt, mich selbst zu verteidigen!?“, fragte Anya sofort zornig. Wie sie es doch gewusst hatte!

Der brünette Henry führte sie an das Geländer und lehnte sich darüber. „Dass wir dich ins Turnier einschleusen natürlich.“

„Was?“ Anya blinzelte irritiert und trat näher an ihn heran. „Ich glaube du verwechselst da was! Nick hat sich eingehackt, um mir einen Platz zu sichern!“

Sofort hätte sie sich auf die Zunge beißen können. Das war ihr einfach so herausgerutscht!

Melinda drehte sich am Geländer stehend zu ihnen um. Statt aber Alarm zu schlagen, kicherte sie verschwörerisch. „Na ja … so ganz richtig ist das nicht. Guck mal.“

Sie schob zwei Karten über das Geländer, damit Anya sie sich ansehen konnte. Völlig aus dem Konzept gebracht von dieser so gar nicht wütenden Reaktion eilte sie zum etwas abseits stehenden Rotschopf, um die Karten zu betrachten.

„[Performapal Hip Hippo] und …?“

„Jep“, gluckste Melinda, „mit den beiden hätte ich dich locker besiegen können. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie furchteinflößend Pendel sein können, wenn man nur etwas Geduld hat.“

„Und wir hatten auch vorher schon genug Gelegenheiten gehabt“, stimmte Henry seiner Schwester zu, als er sich neben Anya stellte. „Allerdings hätten wir dann gegen die Abmachung verstoßen.“

Anya fiel aus allen Wolken. „Hab ich mich grad' verhört!? Ihr habt absichtlich verloren!? Also, gewollt absichtlich? Absichtlich gewollt!? Hrg, ich wisst, was ich meine!“

Melinda strich ihr sanft über den nackten Rücken. „Nicht traurig sein, du warst wirklich gut, aber gegen uns beide hast du eben keine Chance.“

„Scheiß drauf, was sollte das!?“, fluchte Anya und stieß den Arm der jungen Frau von sich weg. „Wollt ihr mich auf diese Weise demütigen oder was!?“

 

Henry drehte sich zu ihr, sein Blick verfinsterte sich. „Nick hat sich nicht bei uns eingehackt, er hat uns um Hilfe gebeten.“

Grimmig sah Anya ihn an, verlangte still nach einer Erklärung. Melinda sagte: „Hast du es schon vergessen? Wir wissen, in welchem Schwierigkeiten du steckst, also wollten wir dir helfen.“

„Aber das war nicht so einfach wie du glaubst. Unser Vater hat die Teilnehmer des Legacy Cups eigenhändig ausgewählt. Das heißt, du wärst sofort aufgeflogen, wenn Nick versucht hätte dich digital einzuschleusen.“

Henry sah herüber zum Garten. Plötzlich fing es an zu zischen und zu donnern. Über dem Garten entfachte sich ein kunterbuntes Feuerwerk. Eine Rakete nach der anderen wurde gezündet, während immer mehr Besucher der Party den riesigen Balkon betraten, um zuzusehen.

„Nick hat uns vorgeschlagen, einen anonymen Erpresser zu mimen, der heikle Firmeninterna an die Presse weitergibt, sollten wir uns weigern, dich ins Turnier mit aufzunehmen.“

Selten genug kam es vor, doch Anya ging ein Licht auf, als sie das Puzzle zusammensetzte. Nick hatte doch beim Treffen mit diesem Aiden Irgendwer so etwas erwähnt, er wüsste da um Dinge, die der AFC sehr schaden könnten. So hatte er sie also ins Turnier geschleust!

„Wenn das, was er weiß, bekannt würde, wäre unsere Firma ruiniert“, erklärte Melinda weiter, „also hatte Paps keine Wahl. Ihm sind die Hände gebunden.“

Henry fügte an: „Natürlich mussten wir dafür sorgen, dass das in dieser Form nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Wir mussten einen Weg finden, dich so zu integrieren, dass es glaubwürdig rüber kommt. Deshalb habe ich auch lediglich von einem Fehler gesprochen, der bei deiner Einladung passiert sein muss. Und damit die Presse und das Turnier-Gremium deine Teilnahme akzeptiert, musstest du deine Stärke in Form eines besonders schweren Duells beweisen.“

Melinda kicherte: „Ich wünschte, wir hätten das anders regeln können, aber leider wurde intern bemerkt, dass dein Name plötzlich auf der Liste stand …“

„Also haben wir uns das hier einfallen lassen. Übrigens nicht ganz uneigennützig, denn etwas negative Presse schadet nie“, schloss Henry sachlich. „Und jetzt sind unserem Vater endgültig die Hände gebunden. Mit dieser öffentlichen Abmachung kann er nicht länger von hinten herum gegen dich vorgehen. Er würde es nicht wagen, das Wort der Ford-Familie zu brechen.“

 

Sprachlos stand Anya zwischen den beiden und sah sie abwechselnd entgeistert an. „I-ich dachte ihr hasst mich?“

„Tue ich auch“, gestand Henry, „ein wenig. Aber ohne dich wären Melinda und ich jetzt vielleicht nicht hier. Mir doch egal, ob die Pendelbeschwörung jetzt schlecht weg kommt bei den Profis, ich kann sie ohnehin nicht ausstehen.“

Melinda zwickte Anya glucksend in die Seite. „Weil er lieber seine eigene Mechanik an deren Stelle sehen würde. Aber die wird wohl ewig unter Verschluss bleiben.“

Die Blonde senkte den Kopf, während das Feuerwerk mit dutzenden explodierenden Raketen seinen Höhepunkt erreichte. So viel Aufwand und das nur, damit sie eine Chance erhielt, sich das nächste Artefakt zu erkämpfen? Aber …

Wie dumm sie sich plötzlich vorkam. Die beiden hatten sie nicht verspottet, sondern sich ihretwegen zurückgenommen. Damit sie als Teilnehmerin akzeptiert wurde, obwohl es den Ruf der Geschwister dank des für Außenstehende blamablen Endes gewiss schaden würde.

Es kam nicht oft vor, aber ihr fehlten glatt die Worte. Nein, eines, nur ein einziges war da. „Danke.“

„Gern geschehen“, sagte Henry, „aber mehr können wir nicht für dich tun, ohne dass unser Vater Verdacht schöpft, dass wir mit Nick unter einer Decke stecken. Der Rest liegt also bei dir.“

„Und du wirst alles Glück dieser Welt brauchen. Wir haben sogar für dich versucht anzufragen, ob man dir ein Duell mit Claire gewährt, aber ihr Management blockt gnadenlos ab.“ Melinda klang auf einmal gar nicht mehr heiter. „Tut mir leid, das macht alles viel schwieriger für dich. Und selbst wenn du das Turnier gewinnen solltest … Claire Rosenburg gilt als unbesiegbar.“

Tief durchatmend, sah Anya auf. Das Feuerwerk spiegelte sich in ihren Augen. Ihre Finger krallten sich in das Geländer. „Die werde ich so fertig machen, dass sie nie wieder Duel Monsters spielen will.“

Das war das Mindeste, was sie für die beiden als Dank für ihre Mühen tun konnte.

 

~-~-~

 

Ein kalter Wind fegte über den Bach hinweg, versetzte ihn in Wallung, ließ die Blätter rascheln.

Mit ihren beiden Mechavögeln auf dem Feld fühlte sich Kali sicher. Doch das allein genügte ihr nicht. Dieser Dämon war gefährlich, also durfte sie es nicht dazu kommen lassen, dass er überhaupt irgendeine Aktion durchführte! Sie musste ihn besiegen, noch in diesem Zug!

Sie griff nach einer Karte in ihrem Blatt und legte sie in ihre V-Duel Disk ein. „Ich aktiviere den Zauber [Celestial Gear Grinding] und hänge damit die beiden Xyz-Materialien von [Celestial Gear – Synthetic Armored Nightingale] ab!“

Die beiden Lichtkugeln, die um die Flügel der riesigen, mechanischen Nachtigall kreisten, stiegen in die Höhe und verformten sich dabei zu Zahnrädern aus purem Licht. Auf ihrem Weg nach oben näherten sie sich einander immer mehr an, bis sich ihre Zähne ineinander verkeilten.

„Die abgehangenen Monster mussten Celestial Gears sein“, erklärte Kali derweil, „denn das ist ausschlaggebend für das Folgende: Mit ihnen kann ich jetzt jede besondere Form der Spezialbeschwörung durchführen, sofern sich noch kein Vertreter dieser Art auf dem Feld befindet!“

Abrupt blieb das Lichtgetriebe in der Luft stehen und begann sich zu drehen. Dabei sendete es auf konstanter Basis Energiewellen aus, die dem ganzen Feld ein rätselhaftes Nachleuchten verlieh.

Kali reckte den Arm in die Höhe. „[Celesial Gear – Synthetic Owl] und [Celestial Gear – Synthetic Albatross]! Fusionsbeschwörung! Zeig dich!“

Ein Wirbel bunten Lichts öffnete sich hinter den sich bewegenden Zahnrädern, die daraufhin verschluckt wurden. Aus ihm schoss wenig später …

„[Celestial Gear – Synthetic Armored Finch]!“

… ein riesiger Maschinenfink, geschützt von einer weißen Panzerung. Nur seine Beine und der Mittelteil seiner Schwingen waren von einer gelben Lichtschicht überzogen, die Einblick in sein Innenleben gewährten.

 

Celestial Gear – Synthetic Armored Finch [ATK/2000 DEF/0 (4)]

 

Während jener noch zwischen Hawk und Nightingale seine Schwingen schützend vor sich schob, nahm Kali bereits eine weitere Karte aus ihrem Blatt. „Und da die Overlay Units von der Stufe her auch ausreichend waren für dieses Celestial Gear, jetzt noch eine Ritualbeschwörung!“

Damit knallte sie das blau umrandete Monster auf ihre Duel Disk.

Weit über ihr tauchten die zwei miteinander verbundenen Zahnräder wieder auf und begannen erneut, leuchtende Wellen auszusenden. Gleichzeitig schossen aus dem Himmel vier lange Stäbe, an deren Enden große Kristalle in einer Metallfassung angebracht waren. In der Konstellation eines Trapez im Erdboden versinkend, begann ein Kristall nach dem anderen pink zu glühen.

„Raus mit dir, [Celestial Gear – Synthetic Armored Halcyon]!“

Der Boden zwischen den Stäben brach auf. Daraus empor schoss ein Mechavogel mit unglaublich langem Schnabel und schlankem Körperbau, der ebenso gepanzert war wie seine Kameraden auf dem Feld. Auch er gab nur an den Flügeln durch eine rosafarbene Barriere seine Mechanik preis.

 

Celestial Gear – Synthetic Armored Halcyon [ATK/1000 DEF/2200 (4)]

 

Mit nun insgesamt vier Monstern auf ihrer Seite verschränkte Kali erhobenen Hauptes die Arme. „Überrascht? Ganz recht, [Celestial Gear Grinding] kann mühelos mein Feld füllen, auch wenn die Monster in Verteidigung beschworen werden müssen.“

Sie hob belehrend den Zeigefinger. „Dumme Menschen würden sicher sagen, dass ich mir das auch sparen könnte, werden dabei doch die Effekte meiner Monster negiert. Aber …“

Langsam richtete die maskierte Kuttenträgerin jenen auf ihren Gegner. „… jedes so beschworene Monster richtet trotzdem Schaden an! Nämlich 200 Punkte pro Kopf!“

Die beiden Neuankömmlinge, die in der Mitte ihrer Monsterarmee die Flügel schützend vor sich hielten, spreizten jene nun und öffneten die Schnäbel. Zusammen schossen sie daraus zwei Blitzspiralen ab, die direkt im Körper des Dämons einschlugen. Statt aber von der Wucht des Angriffs davon geschleudert zu werden, geschweige denn auch nur die kleinste Erschütterung über sich ergehen zu lassen, verharrte jener regungslos. Als wäre das alles gar nicht geschehen.

 

[Kali: 4000LP / ???: 4000LP → 3600LP]

 

„Unmöglich …“, stammelte Kali erschüttert.

Zwar dampfte ihr Gegner an der Brust ein wenig, schien jedoch nicht einmal einen Kratzer abbekommen zu haben! Dabei benutzte sie doch ihre Kräfte! Und ihr Gegner? Von ihm ging nicht einmal der Hauch einer Präsenz aus, die ihn vor den Verletzungen wahrte.

„Hätte ich mir denken können“, zischte sie ärgerlich, „du bist niemand, mit dem man so leicht fertig wird, was?“

Keine Antwort war bekanntlich auch eine Antwort, wie sich an seinem Beispiel deutlich zeigte. Ein Wesen wie dieses schien sich allein dadurch ausdrücken zu können, indem es genau das nicht tat. So interpretierte es zumindest Kali. Was auch einen der Gründe darstellte, warum sie sich gar nicht erst widersetzt und sofort in das Duell eingewilligt hatte. Andernfalls würde diese 'Begegnung' jetzt vermutlich ganz anders laufen. Ebenso spielte jedoch auch Neugier mit.

Wer immer er war, dass er um ihre Existenz wusste, hieß, dass er genau wusste, -wer- sie war.

„Wirst du Fragen beantworten, wenn ich dich besiege?“, fragte sie, ohne darauf eine Gegenreaktion zu erhalten. Daher fügte sie an: „Spielt es eine Rolle, ob ich dich besiege?“

Nichts. Also schön …

Dass sie ihrem Gegner nicht mit ihrem üblichen Repertoire begegnen konnte, war zwar ärgerlich, jedoch kein Grund den Schwanz einzuziehen. Im Gegenteil. Kali hatte noch etwas in der Hinterhand. Eine Macht, der sich selbst jenes 'Ding' beugen musste!

Ganz langsam, geradezu in Zeitlupe zog sie eine ihrer zwei verbliebenen Handkarten hervor. Dabei sprach sie bedacht: „Im Ritual liegt das Opfer der Beschwörung.“

Hinter dem schlanken Mechavogel Halcyon öffnete sich eine Art Spalt, in die dieser hineingezogen wurde.

„Durch das Überlagern verbinden sich zwei Seelen, zwei Welten.“

Jener bunt flackernde Riss im Dimensionsgefüge weitete sich nach links aus, wo er die Nachtigall verschlang.

Und Kali zitierte weiter: „Abgestimmt aufeinander, agieren sie synchron.“

Eine zweite Öffnung tat sich auf und verschlang [Celestial Gear – Synthetic Armored Hawk].

„Und verschmelzen zu einer Einheit!“

Auch das letzte Monster, der Fink, wurde von den beiden sich verbindenden Öffnungen mitgerissen. Wie eine Narbe hing das Gebilde jetzt in der Luft. Und wuchs dabei zunehmend an.

„Die mächtigste Gottheit greift in den Kampf ein!“, schrie Kali unvermittelt und hielt besagte Karte hoch in die Luft. „Ritual, Xyz, Synchro und Fusion; verbannt; ihre Opfergabe! Vernichte, [Sophia, Goddess Of Rebirth]! Du kannst nicht entkommen!“

Da drang es aus dem Spalt. Ein lautes, unmenschliches Röhren. Riesige Hände mit langen, spitzen Fingern huschten aus dem Dimensionsriss, packten seine Ränder und schoben sie weiter auseinander.

Ein tiefer Schatten, gelblich, fiel über Kalis Gegner, der an jenem meterhohen Monster hoch sah, welches sich durch das Loch kämpfte. Zumindest seinen Torso konnte es in die hiesige Dimension zwängen. Die Haut weiß wie Schnee, flammte der lange, rote Schopf der ziegenhaften Göttin auf, als sie den Weg in die Freiheit gefunden hatte. Zu ihrer Rechten flackerte eine stilisierte, goldene Energieschwinge, zur Linken war es eine violette.

 

Sophia, Goddess Of Rebirth [ATK/3600 DEF/3400 (11)]

 

Die selbsternannte Dämonengöttin stieß ein selbstherrliches, kurzes Lachen aus und verkündete: „Das hier ist vorbei. Egal was du gedenkst zu tun, das Kommende kann nichts und niemand mehr aufhalten!“

In Sophias rechter Hand entstand eine flammende, violette Energiemasse, genauso wie es in ihrer linken eine goldene tat.

Kali streckte den Arm aus. „Die Göttin duldet nichts und niemanden! Alles, was zu diesem Zeitpunkt im Spiel ist, egal ob auf dem Feld, auf der Hand oder dem Friedhof, wird unweigerlich verbannt! Also füge dich! Genesis Waves!“

Das Paktmonster des Tores Eden hievte jene beiden Sphären in die Höhe und ließ sie in alle Richtungen Energiewellen aussenden. Es war wie ein Feuerwerk, wie die halb zwischen der einen und der anderen Dimension steckende Sophia die Zerstörung walten ließ. Eine violette Welle traf Kalis letzte Handkarte, eine andere zerteilte das gesetzte Monster ihres Gegners. Weitere fegten sogar weit über das Spielfeld hinweg, andere wiederum trafen die Duel Disks der beiden Spieler. Nachdem die letzte des Dämons Handkarten beseitigt hatte, war es nur noch Sophia, die über allem thronte.

„Vielleicht wirst du ja doch etwas redseliger, was deine Absichten angeht, sobald dieses Duell vorbei ist“, sagte Kali mit forderndem Unterton, „und genau das wird es jetzt!“

Hinter der weißen Maske ihres Gegners blitzten die sonst roten Augen für den Bruchteil einer Sekunde hellblau auf. Und noch während er in eine gebeugte Haltung ging, die Hand an den Tsuka, den Schwertgriff seines Katanas legend, befahl Kali: „Direkter Angriff! Lösche seine Lebenspunkte vollkommen aus! Two Worlds Collision!“

Sophia stieß einen unnatürlich tiefen Schrei aus und führte die beiden Lichtsphären über ihren Handflächen langsam zusammen. Gleichzeitig nahm der Dämon unerwartet Anlauf.

„Was!?“

Kali sah nur noch, wie die Klinge gezogen wurde und ihr Gegner noch weit von ihr entfernt in einer Halbmonddrehung ausholte. Ein lautes Sirren hallte durch den Wald. Der Dämon stand mit dem Rücken zu ihr gewandt und schob das Katana wieder in die Scheide.

 

[Kali: 4000LP → 0LP / ???: 3600LP]

 

Seine Gegnerin verstand es nicht. Sophia verharrte regungslos und still über ihr, die Sphären in ihren Händen nur noch wenige Zentimeter von einander entfernt. Kali hob langsam ihre V-Duel Disk und sah auf das Display, das ihre Niederlage verkündet hatte.

„… wie?“

Und dann fiel im sprichwörtlichen Sinne alles auseinander. Ganze Teile der Göttin rutschten auseinander, wie ein Bild, das mit einer Schere zerschnippelt worden war. Dabei blieb es aber nicht. Weit hinter Kali geschah dasselbe mit den Bäumen. Den Steinen. Und gewissermaßen auch mit ihr selbst. Ein stechender Schmerz ließ sie aufschreien, ausgehend von ihrer Stirn. Ihre Porzellanmaske rutschte ihr vom Gesicht, in der Mitte glatt durchtrennt.

Und als sie langsam zusammensackte, bemerkte sie aus den Augenwinkeln, dass selbst Sophias Karte nicht mehr in einem Stück auf ihrer ansonsten unbeschädigten Duel Disk lag.

„Unmöglich …!“

Kali sank auf die Knie, dabei eine ihrer in schwarzen Handschuhen steckenden Hände an die Stirn pressend. Vor ihr im Gras lag ihre Maske, mit Blut benetzt, das ihren Arm entlang lief und auf das Porzellan tropfte. Das Krachen, das Prallen von Baumstamm auf Baumstamm, das ganze Chaos, das der unerwartete Angriff ihres Gegners angerichtet hatte, nahm sie kaum wahr.

Als das Hologramm der gefallenen Sophia sich auflöste, begann jener Dämon auf sie zuzugehen. Und zog dabei das lange Katana wieder aus seiner Scheide. Vor Kali angelangt, senkte diese ihr Haupt. Die Spitze der Klinge dicht an ihren Hals gelegt.

„Beende es“, zischte sie verächtlich, „das wolltest du doch von Anfang an. Wozu überhaupt das Duell!?“

„Du hast nun einen Teil meiner Kräfte erhalten.“

Völlig von dieser unerwarteten Antwort erschrocken, sah Kali auf.

Ihr Gegner sprach weiter. „Mit ihnen eine Verantwortung, derer du dich nicht entziehen kannst. Wirst du es doch, werde ich zurückkehren und zurückholen, was ich dir gegeben habe.“

Aufgebracht erwiderte sie: „Deine Kräfte!? Was für-!? Etwa durch meine C-!?“

„Du wirst den Umgang mit ihnen lernen. Und sobald du bereit bist, deiner Verantwortung nachkommen.“ Das unbekannte Wesen hob das Katana über Kalis Kopf an. „Entscheide nun. Was du tun musst ist …“

Die blauen Augen Kalis, welche zwischen ihren Fingern hindurch schauten, folgten dem Lauf der Klinge, die unweigerlich ihren Schädel spalten würde, traf sie die falsche Wahl.

 

Ein Rascheln. Schwungvoll riss der Dämon das Schwert über Kalis Haupt in einer Drehung herum und richtete es auf den Neuankömmling, welcher ihm direkt gegenüber stand.

„Du bist doch-!?“, schoss es aus der Demaskierten. „Der Diener des Sammlers!“

Womit sie zweifelsohne richtig liegen musste. Nur einer trug selbst mitten in der Nacht eine Sonnenbrille sowie einen Butleranzug. Der Mann mit dem schulterlangen, auf den Millimeter genau geschnittenen Haar stand dem Dämon gegenüber. Die Klinge des Schwertes nur eine Handbreite von seinem Hals entfernt.

„Endlich habe ich dich gefunden“, sagte er ruhig.

„Was willst du hier!?“, fauchte Kali aufgelöst. „Willst du … mir etwa helfen!?“

„Mitnichten. Deine Existenz tangiert mich nicht im Geringsten.“ Kyon legte die in einem weißen Handschuh steckende Hand auf die Schwertschneide und schob sie beiseite. „Ich bin nur gekommen, um um einen Gefallen zu bitten. Du …“

Sein Augenmerk lag allein auf dem Dämon. „… führe mich in den Limbus.“

 

 

Turn 57 – Mind Evangelion

Am nächsten Tag muss Anya zu ihrem Entsetzen feststellen, dass sie ihr Deck verlegt hat. Nachdem sie es nicht im Hotelzimmer finden kann, gehen sie und Levrier davon aus, dass sie es auf der Party verloren haben muss. Doch während der Suchaktion wird Anya von Zed, einer Undying angegriffen und das auf eine Weise, die sich von allen bisherigen Konfrontationen unterscheidet. Letztlich kann nur Levrier Anya beschützen und …



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  fubukiuchiha
2017-08-30T20:39:11+00:00 30.08.2017 22:39
Hi
Super Kapitel, da haben Henry und Melinda alle ganz schön zum Narren gehalten. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Melindas letzte Karte “Odd-Eyes Pendelum Dragon“ war.
Kali hat da ziemlich abgeloost, aber was hat Kyon denn jetzt vor?
Die Journalistin hat bestimmt Anyas Deck geklaut, so eine F....
Bin gespannt wie das weiter geht, vor allem wie Anya sich im Turnier schlägt.
Lg fubukiuchiha
Antwort von:  -Aska-
07.09.2017 17:28
Hey,
danke. Die beiden Geschwister, insbesondere Melinda, sind eben mit allen Wassern gewaschen. Aber nein, es war nicht Odd-Eyes. ;-)
Ansonsten kann ich nur sagen, lass dich überraschen. ^^

LG,
-Aska-


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