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Der König von Kalaß

von

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Wiedersehen und Abschied

Ganz so wie besprochen ruft König Miikal seine Berater am nächsten Tag zusammen, um gemeinsam mit dem kalaßer Botschafter die weiteren Schritte zu planen. Da Nico am Hof bereits ein Sympathieträger ist, laufen die Gespräche gut. Zudem verträgt sich der junge Gast sehr gut mit Yasane, was der König gerne sieht. Da die Prinzessin ganz genau weiß, dass noch viele weitere gute Geschichten in Nico schlummern müssen, steht er bei ihr hoch im Kurs. Ihrer gegenseitiger Gesellschaft bildet dabei aber eher eine Symbiose, da er die Ablenkung durch ihre quirlige Art begrüßt. Alles in allem fühlt sich Nico wohler am königlichen Hof von Yoken, als er gedacht hätte, denn die Gesellschaft des Adels schätzt er im privaten Umfeld normalerweise nicht allzu sehr.

Nico und Yasane treffen sich nachdem ihr Privatunterricht und seine Verhandlungen mit dem König für diesen Tag beendet sind im wunderschönen begrünten und weiträumigen Innenhof des Schlosses. Er würde auch gern mit ihr einen Spaziergang durch den Schlosspark machen, doch sie spricht nicht gern im Gegen, weil sie sich dann nicht richtig auf das Gespräch konzentrieren kann. Details und Reize aus der sich verändernden Umwelt lenken sie zu sehr ab.

Kleine Schneeflocken fallen vom Himmel, die aber nicht liegen bleiben, da es noch zu warm ist. Für den im warmen Kalaß geborenen Mann, der dann auch noch viel Zeit in der Wüstenstadt Aranor verbracht hat, ist es etwas Besonderes die weißen Flöckchen zu beobachten. Hin und wieder fängt er eine auf seinen Ärmel und betrachtet sie interessiert näher, was Yasane ulkig findet, Die beiden sind an den Sockel einer Marmorstatue gelehnt und plaudern über ihren bisherigen Tag bis Yasane das Thema wechselt.

„Ich habe nochmal über deine Geschichte nachgedacht. Ich finde es ungerecht, wie Kara dich behandelt hat. Sie hätte dich nicht abweisen dürfen. Im Grunde hast du das alles doch nur für sie getan.“

Freundlich zurechtweisend entgegnet Nico:

„Nein Yasane, so einfach ist das nicht.“

Er wendet seinen Blick nach vorn ins Leere.

„Wenn du das so siehst, dann erklär ihr doch mal, dass ich für sie mit einer anderen Frau zusammen war.“

Yasane macht ein nachdenkliches Gesicht. Ihr fällt darauf nichts ein und Nico erklärt zögerlich weiter:

„Ich glaube direkter Körperkontakt ist für Kara eine ziemlich große Sache. Wenn es darum geht, ist sie sehr schüchtern.“

Er macht eine kurze Pause um zu überprüfen, ob das Thema für Yasane in Ordnung ist, doch sie scheint ziemlich aufgeschlossen zu sein. Tatsächlich sind es die pikanten Details auf die sie es besonders abgesehen hat. Als sie äußerst interessiert zu ihm schaut, fährt er fort:

„Ich denke ihr gefällt der Gedanke nicht, dass ich damit viel sorgloser umgehe. Wir hatten kaum körperlichen Kontakt, seit ich bei ihr bin. Sie hat sich immer sehr schnell in sich zurückgezogen und mich zurückgewiesen.“

Yasane macht überrascht einen Schritt nach vorn und stellt sich vor den zurückgelehnten jungen Mann.

„Waaas? Prüde ist sie auch noch? Ja, ok, wo die Liebe hinfällt und so, aber nach der besten Partie klingt sie für mich nicht. Wie lange wart ihr denn zusammen?“

Nico bleibt ganz entspannt, denn er glaubt sie würde seine Faszination sofort verstehen, würde sie ihr gegenüberstehen. Ohne die leichte Anfeindung gegen seine Liebste zu kommentieren, beantwortet er lieber ihre Frage:

„Etwa einen Monat. Aber die Anbahnung hat schon fast ein Jahr gedauert.“

Yasane versteht echt nicht was ein Mann wie Nico mit so einer Frau überhaupt will. Angestrengt versucht die Prinzessin nach einem tieferen Sinn für das scheue Verhalten dieser Frau zu suchen, denn die Gründe dafür sind laut ihrem analytischen Denken begrenzt. Einen Gedanken hält sie für besonders wahrscheinlich und der ist es auch, den sie ihm vorstellt.

„Nico, weißt du wie das für mich klingt? Kann es vielleicht sein, dass deine Kara vor dir noch gar keinen Kerl hatte?“

Nico legt sie Stirn in Falten, als er das hört.

„Was für ein absurder Gedanke, Yasane. Du kennst sie nicht. Sie ist der Traum eines jeden Mannes, der bei Verstand ist. Sie ist wunderschön, selbstbewusst und anmutig. Ihr endlos langes, bordeaurotes Haar glänzt wie Seide in der Sonne, ihre azurblauen Augen funkeln herausfordernd wie die einer Katze. Außerdem hat sie aristokratisch anmutende, wunderschöne helle Haut.“ schwärm er, während Yasane an sich herab schaut und sich im Vergleich ein kleines Mädchen fühlt. Jetzt hat sie zwar eine Vorstellung davon was er an dieser Frau mag, aber in ihrem Ansehen ist er dadurch nicht gerade gestiegen. Etwas kleinlaut sagt sieverstimmt:

„Okay Nico, das reicht jetzt.“

In Gedanken völlig weggetreten fügt er amüsiert hinzu:

„Und zu guter Letzt ist sie bereits zwanzig Jahre alt. Sie ist doch keine alte Jungfer. Nein, ich denke irgendwas an mir hat sie gestört. Irgendwas hab ich verkehrt gemacht.“

„Na, wenn du meinst.“

Yasane gibt die Beratung die Augenbrauen hebend auf. Für sie fühlen sich Nicos Umschreibungen irgendwie oberflächlich an, denn er verlor nicht ein Wort über positive Charaktereigenschaften seiner Liebsten. Entweder hat sie keine und er steht nur auf das makellose Äußere dieser Frau, oder er ist nicht fähig sie ordentlich zu beschreiben. Andererseits hätte er sich für seine Liebe geopfert und das würde er wohl kaum tun, nur weil sie hübsch aussieht. Wirklich nachvollziehbar ist das alles für sie jedenfalls nicht. Sie fragt sich auch wie sich diese Kara den Werbungen eines Mannes wie Nico so lange erwehren konnte. Selbst wenn sie ihn nicht lieben sollte, so müssten zwei, drei Schäferstündchen für eine Bürgerliche doch drin sein. Yasane ist erst siebzehn, doch trotzdem verzehrt sich bereits nach körperlicher Zuneigung, die sie als Kronprinzessin aber nicht ausleben kann und will. Trotzdem hat sie immer häufiger unaussprechliche Gedanken, vor allem in letzter Zeit und Nico ist dem auch nicht gerade abträglich. Sie wird langsam ungeduldig, denn es könnte mal der Richtige um die Ecke kommen. Ihr schwebt ein netter junger Mann vor, in den sie sich am besten sofort auf den ersten Blick verliebt und mit dem sie gemeinsam die Liebe entdecken kann.
 

Die beiden schweigen einen Moment und schauen einigen Vögeln dabei zu, wie sie sich um eine rote Beere streiten, die auf dem Boden liegt, dabei hängen noch mehr als genug Beeren an den Sträuchern. Yasane erkennt menschliche Verhaltensweisen darin wieder und bemerkt beiläufig:

„Ich kann es nicht glauben, worüber wir uns hier unterhalten.“

Sie liebt es über solche Themen zu sprechen und das hat auch Nico schon bemerkt, deshalb grinst er schelmisch.

„Du hast doch damit angefangen und löcherst mich die ganze Zeit, um auch die prekären Details zu erfahren. Wer bin ich, einer Prinzessin einen solchen Wunsch abzuschlagen?“

Sie schubst ihn etwas und ruft ertappt:

„Sei nicht so unanständig.“

Weshalb die beiden beginnen ausgelassen zu lachen.
 

Das Königspaar beobachten die Szene von ihrem Balkon aus. Besorgt sagt Königin Mariella zu ihrem Gatten:

„Tja mein Schatz, es hat lange gedauert, aber jetzt wissen wir auf welche Art Mann sie steht. Außer mit ihrem Dienstmädchen Ida unterhält sie sich sonst mit niemandem so ausgelassen. Wir sollten uns nochmal auf die Suche nach einer guten Partie für sie machen. Es muss doch einen jungen Adligen geben, mit dem sie sich verträgt.“

Der König lächelt entspannt und ergänzt seine Frau:

„Jetzt wo wieder Frieden herrscht, könnten wir das noch einmal in Angriff nehmen.“
 

Gleich am nächsten Tag treffen sich Nico und Yasane wieder zur selben Zeit am selben Ort. In entspannter Atmosphäre tauschen sie sich gerade wieder einmal über Hofgepflogenheiten aus. Da Nico früher einige Berührungspunkte mit dem Adel aus Aranor hatte, konnte er über diesen erfahren wie es bei Hof in Nalita zugeht. Die meisten Aristokraten, die im heißen Aranor leben, sind dahin geflüchtet, um nicht allzu häufig zu Feierlichkeiten nach Nalita eingeladen zu werden. Seine eigenen Erfahrungen, die er selbst vor kurzem gesammelt hat, bestätigen dass der königliche Hof mit Vorsicht zu genießen ist. Yasane ist froh, dass es hier in Deskend nicht so streng zugeht, obwohl auch sie mit vielen Einschränkungen leben muss und auch viele Ansprüche zu erfüllen hat. In Nalita wäre sie mit ihrer aufgeschlossenen Art wahrscheinlich eingegangen.

Etwa zur selben Zeit wie dieses Gespräch erreichen Kara und Hendryk den deskender Königshof. Auch sie haben, wie Nico zuvor ein Schreiben vom Farsa Gena erhalten, das ihnen hierhin Zutritt verschafft. Die beiden müssen nicht einmal lügen, wenn sie behaupten sie hätten eine sehr wichtige Nachricht für den Botschafter von Kalaß Nico Dugar. Auch an der letzten Hürde, den Wachposten direkt am Schloss, erhalten sie ohne Umschweife Einlass, denn Freunde des heldenhaften Hauptmanns sind herzlich willkommen. Wie auch schon Nico zwei Tage zuvor, treten sie zunächst vor den König.

Kara ergreift fast etwas hektisch das Wort und erklärt sie habe persönlich den Auftrag erhalten die wichtige Nachricht an ihn zu überbringen und die Stadtwache Hendryk sei ihr Leibwächter, was im Prinzip ebenfalls der Wahrheit entspricht. Der König lässt die neuen Gäste auf den Hof führen, wo sich Nico gerade ausgelassen mit der fröhlich lachenden Prinzessin unterhält.

Als Kara die beiden sieht, bleibt sie wie angewurzelt stehen. Sie ballt ihre Hände zu Fäusten, will unvermittelt kehrt machen und kommentiert verärgert:

„Na, er scheint mich ja nicht besonders zu vermissen. Hat er sich doch direkt die Königstochter angelacht. Dieser Weiberheld lässt nichts anbrennen...“

Zwar ist auch der heißspornige Hendryk geschockt, doch er bemüht sich ruhig zu bleiben. Er legt seinen Arm um ihren Rücken und verhindert damit, dass sie sich wegdreht, um zu gehen. Verstimmt schimpft er sie aus:

„Kara, stopp. Ich bin nicht fünf Tage hierher geritten, um gleich wieder zu gehen, nur weil du glaubst irgendetwas zu sehen. Ehrlich, mir tut alles weh und dir garantiert auch. Was macht er denn schon? Er spricht mit jemandem, na und? Du gehst jetzt sofort zu ihm da rüber und entschuldigst dich, so wie wir das besprochen haben!“

Kara sieht ihn etwas eingeschüchtert an, denn sie Situation ist ihr mehr als unangenehm. Sie hatte sich die Situation, in der sie ihren Geliebten wiedersieht, anders vorgestellt, weniger öffentlich, deshalb stammelt sie:

„Das ist wie auf dem Präsentierteller… Ist ja gut, ich tu‘s. Aber ich sag dir, wenn ich herausfinde, dass er was mit der Prinzessin am Laufen hat, dann knall ich ihm eine und hau wieder ab.“

„Dann knall ich ihm auch eine, Kara, aber du wirst schon sehen, dass da nichts ist.“

behauptet er einfach mal.
 

Sie atmet tief ein, nimmt ihren Mut zusammen, schluckt ihren Ärger erst einmal herunter und geht dann schnurgerade auf Nico zu. Dabei fällt ihr das Armband an seinem Handgelenk auf und erkennt ihre Kette mit der Muschel wieder. Sie hatte nicht einmal gemerkt, dass sie weg war, doch es fühlt sich wie ein Loyalitätsbeweis ihr gegenüber an.

Als Nico im Augenwinkel jemanden auf sich zukommen sieht, blickt er auf. Er war gerade mitten in einem Satz, den er abbricht und sogar vollständig vergisst, was Yasane ebenfalls verwundert ausschauen lässt. Sie muss sich die Fremde nicht lange anschauen, um festzustellen, dass es sich bei ihr nur um Nicos verloren geglaubte Liebe handeln kann. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht entfernt sie sich von den beiden, um ihnen ihre Privatsphäre zu gewähren, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Etwas davon mitbekommen will sie ja schließlich auch noch. Sie will die Szene in Ruhe aus der Ferne betrachten und stellt sich neben den anderen Fremden, den Nicos Flamme mitgebracht zu haben scheint.

Nico weiß nicht gleich wie er sich verhalten soll und steht einfach nur wie angewurzelt da. Seine Hände werden schweißnass, was für ihn ziemlich ungewöhnlich ist. So nervös ist er nicht einmal, wenn er eine Rede vor seinem gesamten Regiment halten muss, doch das hier überfordert ihn völlig. Sogar nur ihren Gesichtsausdruck zu interpretieren, stellt ihn vor eine unlösbare Aufgabe, so verwirrt ist er.

Die junge Frau bleibt vor ihm stehen und stammelt mit zittriger Stimme:

„Nico…ähm, naja... mir ist klar geworden...dass ich... vielleicht etwas überreagiert habe. Doch du warst schon weg...und ich wusste nicht was ich tun soll, also bin ich dir mit Hen hinterher gereist und...deshalb bin ich jetzt hier. Ich meine es...es tut…“

Bevor sie ihre holprigen Sätze überhaupt beenden kann, macht Nico einen Schritt auf sie zu und schließt sie fest in seine Arme. Glück, Wohlgefühl und tiefe Entspannung durchfließen seinen ganzen Körper und die Emotionen überwältigen ihn. Er ist tief bewegt davon sie wieder zu sehen und dann auch noch so etwas sagen zu hören. Damit hätte er niemals gerechnet und hätte sich das auch nie zu träumen gewagt. Am liebsten würde er sie nie wieder loslassen. Auch Kara legt ihre Arme um ihn, presst ihren Kopf an seine Brust und atmet tief, denn sie hat seinen Duft vermisst. Die beiden bleiben eine Weile so stehen, ohne sich zu bewegen oder etwas zu sagen.
 

Die Prinzessin ist hin und weg. Sie genießt das Spektakel, das sich ihr so nah und direkt bietet. So etwas interessantes ist hier schon lange nicht mehr passiert. Es ist wie in einem Theaterstück, dem sie ewig zusehen könnte. Erst nach einer Weile ist sie fähig ihre Aufmerksamkeit etwas anderem zuzuwenden, zum Beispiel ihren anderen Gast zu begrüßen. Sie wendet sich ihm zu und ist direkt positiv überrascht, denn sie findet ihn hübsch, er ist auffällig gut gebaut und nicht zu alt. Besonders seine eisblauen Augen haben es ihr angetan, die ihr kurz ein Kribbeln im Bauch beschert haben. Interessiert streicht sie sich lässig ihre sonst immer vor ihrem rechten Auge hängende Haarsträhne aus dem Gesicht und fragt offen und freundlich lächelnd:

„Und du bist?“

Hendryk, der noch dabei war Kara und Nico mit gemischten Gefühlen zu beobachten, hat zwar gemerkt, dass noch jemand neben ihm stand, doch ganz genauso wie Yasane keine Notiz von dieser Person genommen. Etwas überrascht antwortet er:

„Oh, entschuldigt bitte. Ihr seid die Prinzessin, wenn mich nicht alles täuscht. Mein Name ist Hendryk, aber nennt mich ruhig Hen, das ist in Ordnung. Ich bin eine kalaßer Stadtwache und habe Kara, das Mädel da drüben, auf ihrer Reise hierher begleitet.“

Er deutet mit einer Kopfbewegung in Richtung des wiedervereinten Liebespaares.

Yasane kneift die Augen zusammen und auf ihren Lippen entwickelt sich ein breites Grinsen, als sie eins und ein zusammenzählt.

„Ha, dich kenne ich doch auch! Du bist die Stadtwache mit der Nicos Flamme durchgebrannt ist.“

Hendryk stottert ein verwirrtes: „d-durchgebrannt...?“

Yasane nickt selbstsicher.

„Ganz genau. Ich weiß alles, mein Lieber. Aber wie es aussieht, hat sie es sich wohl anders überlegt und jetzt steht sie da drüben und wird von ihm im Arm gehalten. Kein Wunder also, dass du so sehnsüchtig zu den beiden rüber schaust. Das tut mir zwar jetzt leid für dich, Hen, aber nimm es mir nicht übel, ich freue mich für Nico.“

Der junge Mann fragt sich was Nico diesem Mädchen bloß erzählt hat und schaut zu ihm rüber. Dabei bemerken er und Yasane wie er von Kara freudig heran gewunken wird. Auch wenn es ihr schwer fällt, weiß Yasane wann sie überflüssig ist und gibt etwas wehmütig zu:

„Dann werde ich mich mal zurückziehen. Ihr habt bestimmt viel zu bereden, da würde ich nur stören. Schade eigentlich. Wir sehen uns, ja?“

Sie lächelt hoffnungsvoll und verabschiedet sich.

„Bis bald, Hen.“

„Bis bald, Prinzessin.“

Etwas verwirrt von ihrer Erscheinung geht er zu seinen beiden Freunden begrüßt seinen ehemaligen Rivalen mit einer ehrlich gemeinten herzlichen Umarmung. Nico sieht Hendryk jedoch an, dass er etwas verwirrt ist.

„Alles in Ordnung mit dir, Hen?“

„Ja, passt schon. Ich habe nur gerade die Prinzessin kennengelernt. Sie ist irgendwie… anders als erwartet.“

„Da hast du recht. Sie ist etwas Besonderes.“

kommentiert Nico lachend, was seine Liebste stutzig macht, doch Hendryk beruhigt sie:

„Zwischen den beiden läuft nichts. Sie hätte anders reagiert, wenn doch.“

was Kara überzeugt. Ihre Gedanken beginnen sich langsam wieder zu ordnen und ihr fällt ein was sie Nico eigentlich ausrichten sollten.

„Nico, es gibt Neuigkeiten. Farsa Gena sagt, dass du bestimmt zum Ratsvorstand gewählt wirst. Du sollst bald nach Kalaß zurückzukehren.“

Er schaut überrascht zur jungen Stadtwache, die keine Miene verzieht und zustimmend nickt.

„Farsa Gena hatte diese verrückte Idee mich vorzuschlagen und ich hielt es für einen Witz, dem ich unbedacht zustimmte. ‚Für den Ratssitz kandidieren? Von mir aus.‘ sagte ich und ging hinaus. Ich hatte doch nichts mehr zu verlieren. Dass mich die Wähler in Betracht ziehen könnten…auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Ich bin ja während der Wahl nicht einmal in Kalaß anwesend.“

erklärt Nico, den so langsam nichts mehr verwundern sollte. Hendryk steigt darauf ein und äußert seine Vermutung zu dem Thema:

„Weil du keine Ahnung von uns Kalaßern hast, Nico. Deine Nichtanwesenheit hat dich unter uns nur noch populärer werden lassen. Farsa Gena hat öffentlich bekannt gegeben, dass du nach Yoken gereist bist, um ein Bündnis zu schließen. Sowas beeindruckt uns, nachdem wir jahrelang einen narkotischen Seniorenclub als Führung hatten. Ganz nebenbei bemerkt, bist du unser strahlender Held, der uns befreit hat. Man denkt schon darüber nach Straßen nach dir zu benennen, ja echt.“

Die letzten Sätze hatte Hendryk ironisch betont, auch wenn sie der Wahrheit entsprechen. Nico nimmt das alles einfach mal so auf und richtet seinen Blick fragend an Kara.

„Was sagst du dazu?“

„Ich verstehe zwar nicht wie du das machst, aber es ist doch toll. Wegen mir hast du so lange dein Potential verschenkt. Den Fehler mache ich nicht nochmal. Komm, lass und gemeinsam zurück nach Kalaß gehen und diese Chance nutzen.“

antwortet sie optimistisch, woraufhin Nico ernst nickt und nun Hendryk anspricht:

„Und wie ist deine Meinung dazu, Hen?“

Doch dieser schüttelt den Kopf.

„Ach komm schon Nico, du willst jetzt nicht ernsthaft, dass ich dir noch mehr Honig um den Bart schmiere?“

„Ganz im Gegenteil, mein Freund. Es ist mir wichtig zu wissen was du wirklich über mich denkst. Ich hätte gern deine persönliche und ehrliche Meinung.“

antwortet Nico offen und Hendryk verschränkt die Arme während er spricht.

„Gut, die kannst du haben, aber heul dann nicht und pass genau auf, denn ich werde das nur ein einziges Mal in meinem Leben zu dir sagen, klar?

Ich halte dich für einen überschätzten, arroganten und selbstgerechten Cassanova, aber jetzt kommt’s, wie gesagt, nicht heulen, ja? Ich würde dir bis in die Hölle folgen, wenn ich müsste, denn du bist der beste Anführer, mit den korrektesten Ansichten, dem ich je begegnet bin.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich darüber freuen soll, oder nicht, aber ich schätze ich sollte mich bei euch beiden bedanken.“ reagiert Nico ergriffen auf die Plädoyers seiner beiden nahesten und besten Freunde. Bis vor einer halben Stunde noch, hatte er das Gefühl nirgends richtig dazu zu gehören, doch jetzt spürt er, dass es einen Platz für ihn gibt in dieser Welt, was ihm nach vielen Jahren des Suchens nach einem Sinn sehr unbekannt vorkommt. Es ist als würden sich viele Puzzleteile ineinander fügen, was zwar schön ist, ihm aber als zu schön um wahr zu sein vorkommt.
 

Nico muss das Gespräch leider noch in eine ganz andere Richtung lenken, denn der Plan hat einen Haken.

„Die Verhandlungen mit Yoken über den Grenzschutz sind noch nicht abgeschlossen. Ich kann noch nicht zurückkehren. Es gibt noch so viele Dinge mit dem König und seinen Beratern zu klären. Vor allem die Durchführbarkeit des Grenzschutzes ist ein brisantes Thema, in dem wir mittendrin stecken.“

Doch Kara hat direkt eine Lösung für dieses Problem parat:

„Hen war doch zwei Jahre bei der Stadtwache. Wie wäre es, wenn er sich an den Beratungen beteiligt. Vielleicht können wir die Absprachen damit etwas beschleunigen.“

Hendryk wippt nervös hin und her und sagt mit siegessicherem Blick schließlich:

„Beschleunigen? Für diese Verhandlungen brauche ich Nico nicht. Ich weiß deutlich mehr über die Stadt als er.“

Er funkelt Nico an, der ihm anerkennend zunickt.

„Wenn du mir versprichst, dass du deine Aggressionen unter Kontrolle halten kannst, bin ich damit einverstanden.“

„Ha, die habe ich doch nur dir gegenüber. Sobald du weg bist, bin ich der ausgeglichenste Mensch der Welt.“

lacht Hendryk laut auf und Nico entgegnet entspannt:

„Da ich das nicht überprüfen kann, muss ich dir das wohl glauben.“

„Vielleicht sollte ich ja noch mal alles rauslassen, solange du noch hier bist. Wegen dir bin ich fünf Tage lang acht Stunden am Tag geritten. Das war echt hässlich und da hat sich einiges angestaut.“ schimpft die Stadtwache inzwischen zynisch und Nico deutet mit dem Kopf auf Kara.

„Dafür kannst du dich wohl eher bei ihr bedanken.“

Diese schaut überrascht zu den beiden Streithähnen und raunt:

„Nico, wieso ziehst du mich da jetzt mit rein? Und überhaupt, hört auf zu streiten ihr beiden! Klärt jetzt lieber mit mir was wir machen wollen. Geht Nico mit mir zurück nach Kalaß und Hen bleibt als Botschafter hier in Deskend?“

Nico und Hendryk lassen voneinander ab und stimmen Kara zu. Ihr kleiner Ausbruch gerade zeigt Nico wie erschöpft sie wahrscheinlich von der Reise sein muss. Er erbittet eine Unterkunft im Schloss, welche er selbstverständlich erhält. Am nächsten Tag nimmt Hendryk mit an der Verhandlungen zum Grenzschutz teil. Er wird wohlwollend in der Runde aufgenommen, auch wenn dem König und dessen Beratern Hendryks Ausdrucksweise an manchen Stellen etwas ungeschliffen vorkam, haben sie bemerkt wie viel Wissen er besitzt und zugestimmt. Unter allen Anwesenden entstand ein Konsens Grenztruppen nach Kalaß zu entsenden und somit kann Nico guten Gewissens gemeinsam mit Kara die Heimreise antreten, während Hendryk in Yoken alle Einzelheiten bespricht.
 

Am Folgetag reisen Nico und Kara ab und die junge Frau muss sich für unbestimmte Zeit von ihrem besten Freund Hendryk verabschieden, was ihr nicht leicht fällt. Die beiden waren in den letzten zehn Jahren nie länger als ein paar Tage voneinander getrennt und wenn doch, dann hätten sie sich einfach besuchen können. Sie gibt Hendryk zum Abschied einen Kuss auf die Wange und bittet ihn er solle auf sich aufpassen, worauf er entgegnet:

„Sowas ähnliches wollte ich auch gerade sagen. Aber nicht zu dir.“

Er richtet seinen Blick an Nico und sagt streng:

„Pass auf sie auf. Diesmal aber etwas besser, wenn‘s geht.“

„Pah, das musst du gerade sagen.“

Nico lächelt herausgefordert und ergänzt:

„Ich werde die Streitereien mit dir vermissen, denn das geht mit niemandem so gut wie mit dir, neuer Botschafter von Kalaß.“

Hendryk grinst.

„Wenn Sie das sagen, designierter Ratsvorsitzender.“

Die beiden lachen und dann verabschiedet sich auch Yasane schweren Herzens von Nico. Sie wollte eigentlich noch viel mehr Geschichten aus ihm herausquetschen, denn sie hatte in ihm einen ergiebigen Gesprächspartner gefunden. Zudem versucht sie weiterhin herauszufinden wo sie schon mal solche Augen wie seine gesehen hat. Da wartet also noch Arbeit auf sie, die sie von der Langeweile ablenken kann. Außerdem hegt sie die Hoffnung, dass sie den neuen Botschafter weich klopfen kann, damit er ihr auch aus seinem Leben erzählt.



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