Liebe führt, wie zu erwarten... nach Amerika? von Lyndis (Liebe führt Teil 3) ================================================================================ Warum bist du hier? ------------------- Kai   Der Tag von Volkovs Verhaftung   Er konnte nicht hier in Russland bleiben. "Ich liebe dich, Kai." "Ich dich auch, Rei." Noch einmal drückte Rei sich an ihn. „Werde für mich mit Yuriy glücklich.“, flüsterte er Kai ins Ohr. „Du hast es verdient.“ Kai antwortete darauf nicht, aber das musste er auch nicht. Rei kannte Kais Gefühle, er hatte sie gesehen. Yuriy und er hatten eine so tiefe Verbindung, dass es nur eine Frage der Zeit gewesen war, bis sich daraus mehr entwickelte. Vielleicht war es noch nicht ganz so weit, aber das würde es irgendwann. Die fehlende Überraschung in Kais Augen, deutete bereits darauf hin, dass dieser Zeitpunkt nicht mehr allzu fern war. Rei schenkte ihm ein letztes, bitteres Lächeln, dann ging er.   Gegenwart   Kai erinnerte sich noch genau an diesen Tag. Die Erleichterung hatte ihn förmlich überschwemmt. Erleichterung darüber, dass ihr Plan funktioniert hatte. Es hätte so viel schiefgehen können, aber das war es nicht. Sie hatten alles auf eine Karte gesetzt, es hatte keinen Plan B gegeben, nichts. Das Adrenalin war noch nicht ganz verschwunden gewesen und das Gefühl von Macht war durch seine Adern gepumpt. Er hatte sich wie der König der Welt gefühlt. Er hatte nicht nur Boris geschlagen und Volkov gestürzt, er hatte auch seinen Großvater übertrumpft. Es war ein atemberaubendes Gefühl gewesen. Und dann war er mit Rei allein gewesen. Die Stille hatte sich zwischen sie geschoben und zum ersten Mal, seit der Trennung, hatten sie sich wirklich mit dieser befassen müssen. Das Trennungsgespräch war nicht lang gewesen. Sie beide hatten die Gründe gekannt, eine Aussprache war unnötig gewesen. Kai wusste, dass einer der Gründe Yuriy gewesen war und Rei hatte nicht unrecht behalten. Schon während der ersten Wochen, in denen Yuriy und er so eng zusammen gearbeitet und weiterhin zusammen gewohnt hatten, waren die Gefühle in ihm aufgewallt. Yuriy war hart zu knacken gewesen, aber er hatte die Jagd sehr genossen. Danach war es sehr intensiv und leidenschaftlich zwischen ihnen geworden, aber letztendlich war Yuriy nicht für ihn gemacht gewesen. Sie waren ein hervorragendes Team, ergänzten sich und forderten sich, doch als Paar funktionierten sie nicht. Sie waren sich zu ähnlich und hatten in zu wichtigen Dingen, zu verschiedene Ansichten. Aus der Leidenschaft waren schnell sehr laute und böse Worte geworden. Sie stritten sich heute noch regelmäßig, aber sie schlugen sich nicht mehr. Nun, nicht bis auf diese eine Nacht vor einiger Zeit. So wie an diesem Tag, war es über Wochen zwischen ihnen gewesen. Nachdem sie sich geprügelt hatten, hatten sie miteinander geschlafen und dann war es für ein paar Tage wieder gut gewesen, bis alles wieder von vorne angefangen hatte. Es war schlicht ein Alptraum gewesen. Sie waren erstaunlich schnell wieder Freunde geworden, nach der Trennung. Und als Freunde funktionierten sie auch jetzt noch sehr gut. Es hatte dann noch eine Weile gedauert, bis ihm klar geworden war, dass er mit Rei schon alles gehabt hatte, was er gesucht hatte. Sie beide lagen auf einer Wellenlänge, verstanden einander – meistens – und akzeptierten gegenseitig ihre Macken. Das einzige, was nicht gestimmt hatte, war der Zeitpunkt gewesen. Etwas, das sie auch damals schon gewusst hatten. Doch nur weil es der falsche Zeitpunkt gewesen war, hieß das noch nicht, dass der Zeitpunkt vorbei war oder niemals kommen würde. Deshalb war er hier in Amerika und seit er wusste, dass Rei Single war, war er sich umso sicherer, dass genau jetzt der Moment war, in dem er es versuchen musste. Als Rei sich nun von ihm abwandte, wurde ihm bewusst, dass es vorbei wäre, wenn er sich jetzt nicht traute. Es gab keinen Plan B, er fühlte sich, als würde er fallen und nur Rei konnte ihn fangen. Würde er das nicht tun, würde er ohne Netz oder doppelten Boden einfach auf dem Asphalt aufschlagen und alles wäre vorbei. Sie hatten lange genug gewartet, lange genug die Zeit verschwendet, die sie auch gemeinsam miteinander verbringen könnten. Mit zwei großen Schritten hatte er Rei eingeholt und packte ihn am Handgelenk. Rei blieb stehen, drehte sich aber nicht zu ihm. „Bleib“, forderte er, seine Stimme so leise und sanft, dass er sich nicht sicher war, ob Rei ihn überhaupt hörte. „Ich will nicht, dass du wieder gehst.“ „Kai...“, murmelte Rei schwach, das Handgelenk in seiner Hand zitterte leicht. „Wir haben genug Zeit vergeudet. Warum läufst du weg? Du bist zu mir gekommen. Du hast keinen Sinn mehr in uns gesehen. Du dachtest, Yuriy wäre für mich bestimmt! Warum bist du es jetzt, der wegläuft?“ Es klang ungewollt anklagend, was er sagte, aber es war das, was ihm ernsthaft auf der Seele lag. Warum war es Rei, der die ganze Ziet davon lief, während er versuchte, sich ihm zu nähern? Sie waren nicht im Bösen auseinander gegangen, er verstand das einfach nicht. Es ergab keinen Sinn. „Warum bist du nicht mit Yuriy zusammen?“, kamen die leisen Worte von Rei, der immernoch vollkommen abgewandt zu ihm stand. „Wir haben es versucht, es hat nicht funktioniert. Keine große Sache. Wir sind jetzt Freunde, da sind keine Gefühle mehr im Spiel.“ Er konnte den innerlichen Kampf von Rei förmlich spüren. Wir gerne hätte er jetzt gewusst, was in ihm vor ging. „Ich dachte damals auch, dass Yuriy vielleicht der bessere Partner ist. Das war dumm. Wir hätten diese Entscheidung nicht treffen sollen. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Wir hatten ein beschissenes Jahr hinter uns. Wir haben einen Tyrannen von seinem Thron gestürzt, haben furchtbare Dinge erfahren, haben mit einem Schlag dutzenden Kindern ihre Zuflucht weg genommen. Wir hatten viel zu viel im Kopf, um eine klare Entscheidung treffen zu können. Und wir haben die falsche getroffen. Das weiß ich jetzt. Aber es ist nicht zu spät, alles zu überdenken. Wir können noch einmal von vorne anfangen.“ Die Stille, die darauf folgte, war nervenzerreißend. Automatisch krampften sich Kais Finger um Reis Handgelenk, in der schieren Angst, ihn doch wieder zu verlieren. Doch Rei bewegte sich kein Stück. Er stand nur da, still und starr. „Warum bist du hier, Kai?“ Diese Frage hatte er ihm schon einmal gestellt. Er war ihr ausgewichen. Diesmal konnte er das nicht. Er musste alles offenbaren, sonst würde das hier nichts. Das wusste er, es machte die Sache nur leider kein Stück leichter. „Ich bin hier, um dich zurück zu gewinnen.“ Als Rei sich endlich zu ihm umdrehte, brachen die Tränen in seinen Augen Kais Herz. Rei Eilige Schritte hallten durch den Gang des Wohnheimes. Hier und da wich Rei einem Kommilitonen aus und ignorierte jeden Versuch, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Er blieb nur kurz stehen, als etwas rotes seine Aufmerksamkeit erhaschte. Was machte Yuriy hier? Aber bevor der einen Blick in sein verweintes Gesicht werfen konnte, eilte er zu seinem Zimmer und schmiss die Tür hinter sich zu. Die blieb allerdings nicht lange verschlossen. „Rei?“ Brooklyn zog die Tür hinter sich zu. Yuriy musste ihn besucht und die beiden sich gerade verabschiedet haben. „Rei, was ist passiert?“ Doch er schüttelte nur den Kopf. Er wollte jetzt mit niemandem reden. Er wollte einfach nur in sein Bett und in diesem elenden Gefühl versinken, das er gerade empfand. Es war schwer zu beschreiben. Irgendwie fühlte er sich hoffnungslos und vollkommen vor den Kopf gestoßen. Überforderung spannte seine Nerven und der Impuls wegzulaufen, ließ seine Füße unruhig kribbeln. So hatte er sich immer einen Nervenzusammenbruch vorgestellt. Er verstand nur nich, woher der kam. Es war nichts Schlimmes passiert, nur Kai, der das Erste Mal wirklich ehrlich zu ihm gewesen war. Wahrscheinlich war es genau das, was ihn gerade so erschlug. Ehe Brooklyn noch etwas sagen konnte, ging die Tür erneut auf. Er war sich nicht sicher, welche der beiden Optionen es war, doch ein Blick genügte, um das herauszufinden. „Geh weg“, forderte er, seine Stimme so fest wie möglich. „Nein.“ Das war so endgültig ausgesprochen, dass jeder andere den Kampf wohl aufgegeben hätte. „Doch. Kai. Verschwinde, ich brauche Zeit.“ Brooklyn stand da, wie vom Donner gerührt und starrte Kai an. Zugegeben, Reis Ex war schnell gewesen. Rei hatte nicht erwartet, dass er ihm so schnell nach kam, doch er hatte damit gerechnet. Vielleicht hatte er es auch ein wenig gehofft. Das hieß trotzdem nicht, dass er ihn gerade sehen wollte. „Was zum Teufel machst du hier?“ Großartig, Yuriy war auch mit von der Partie. Rei wischte sich über sein Gesicht, um wenigstens ein wenig seines Stolzes bewahren zu können. Sein kleines Wohnheimzimmer war definitiv zu klein für vier Menschen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)