~ Love at third sight ~ von Nea-chan (Mit dem Herz gegen alle Regeln) ================================================================================ Kapitel 10: Goodbye ------------------- Die junge Frau stand auf und lief zu dem kleinen Spiegel über dem Spülbecken und betrachtete ihr verweintes Gesicht. So konnte sie nicht vor ihre Kunden treten. Yosuke hinter ihr sah zu, wie sie sich frisch machte. „Also… du hältst mich also doch nicht für eine Prostituierte?“, begann sie schließlich. „Himmel, nein!“, beschwor er sie mit erstaunten Augen. Sie sah seinen Gesichtsausdruck im Spiegel und musste schmunzeln. Irgendwie war ihr leichter ums Herz, jetzt wo dieses Missverständnis aus der Welt geräumt schien. „Und du kannst mich gut leiden?“ Ihre leichtfertige Frage machte Yosuke verlegen; sich am Nacken kratzend erwiderte er ihren Blick scheu durch den Spiegel hindurch. „Du bist für mich manchmal schwer zu verstehen, bist oft vorlaut und frech… aber irgendwie kann ich dich gut leiden, ja.“ Seine ehrlichen Worte ließen Momokos Herz wieder schneller schlagen. Sie drehte sich zu ihm um und beide sahen sich für eine Weile stumm an. „Sag mal Yosuke… wenn ich so schwierig bin, wieso? Wieso möchtest du dann unbedingt mit mir befreundet sein?“ Sie musste es einfach wissen, nur dann konnte sie all ihre Ängste und Hemmungen überwinden und sich ihm vielleicht wirklich öffnen. Sie kannten sich kaum und doch zog es sie immer wieder zueinander, egal ob im Streit oder zu Friedenszeiten. Ihre Hassliebe hielt auch nach all den Jahren der Funkstille immer noch an, aber etwas hatte sich verändert. Momoko musste wissen, was für Yosuke anders geworden war. Er suchte derweil nach einer passenden Antwort, auf so eine Frage war er nicht vorbereitet gewesen. Ja, was war es, das ihn an ihr so faszinierte, dass er sogar seine Freundin im Regen stehen ließ, obwohl er bis vor ein paar Tagen nicht mal einen Gedanken an sie verschwendet hatte? KLOPF - KLOPF – KLOPF Sie fuhren beide erschrocken zusammen, als es eindringlich an die Tür klopfte. „Hanasaki-san? Ist alles ok da drinnen? Wir machen uns Sorgen, kommst du auch wieder heraus?“ „Das ist meine Chefin!“, flüsterte Momoko panisch. „Weiß sie, dass ich hier bei dir drinnen bin?!“, fragte er eingeschüchtert. „Woher soll ich das wissen? Du bist doch mir gefolgt!“, murmelte sie ihm pikiert zu. „Momoko???“, drang noch ein Mal die Stimmer ihrer Vorgesetzten dumpf durch die Tür. „Ja~ha! Es geht mir gut! Ich habe leider meine Uniform eingesaut und traue mich nun so nicht mehr heraus!“, antwortete die Blauäugige etwas schrill. „Das habe ich mitbekommen. Soll ich dir etwas Frisches zum Umziehen bringen?“ „Äh… ja bitte! Eine neue Schürze und Strümpfe würden schon reichen. Und wenn Sie so was haben; eine einfache Heilsalbe wäre auch toll.“ „In Ordnung, ich bringe dir gleich alles. Geht es dir ansonsten gut? Bist du allein da drin?“ Yosuke zuckte, er fühlte sich wie ein Schwerverbrecher. Momoko konnte unmöglich antworten, dass ein Junge bei ihr in dem kleinen Personalklo eingeschlossen war, es würde sie womöglich ihre Stelle kosten. „Natürlich.“, log sie deswegen zur Not. Ihre Chefin sagte nichts mehr, aber sie hörten wie sie sich von der Tür entfernte. „Uff… ich habe dich wohl in eine unangenehme Situation gebracht.“, hauchte Yosuke durch die unangenehme Stille. „Das wäre ja nicht das erste Mal.“, entgegnete die Blauäugige provozierend, lächelte aber dabei. Ihr ehrliches, einfaches Lächeln war so schön… Es war etwas, dass Yosuke gerne öfter bei ihr sehen würde. Es wurde ihm dabei irgendwie leichter ums Herz. „Wir warten jetzt bis sie mir die Sachen bringt, du verlässt das Klo dann einfach nach mir, in Ordnung? Dann achtet bestimmt niemand mehr auf dich.“ Er nickte knapp, noch immer war ihm etwas mulmig solange er befürchten musste, dass man ihn entdeckte. Was die Leute denken würden, wenn man sie beide hier drinnen erwischen würde, konnte er sich lebhaft vorstellen. Und er stellte es sich vor, weswegen ihm sofort das Blut in die Wangen und Ohren schoss. Als er seine Gedanken abschütteln wollte und wieder zu Momoko sah, stockte ihm der Atem, da diese begann sich Teilen ihrer Uniform zu entledigen. War sein kurzer Tagtraum etwa noch nicht vorbei?! „Ist was?“, fragte sie ihn unschuldig und streifte sich die gelöste Schürze von den Schultern über die Arme. Sie musterte sein rotes Gesicht und folgte seinem starren Blick bis zu ihrem Busen. Sofort lief auch sie rot an. „Schwein!!! Was geht in deinem Kopf vor?!“, motzte sie ihn an und warf ihm ihre Schürze ins Gesicht. Mal wieder. „Die ist doch schmutzig! Ich muss sie doch ausziehen! Also guck nicht so, als würde ich hier einen Striptease hinlegen!“, polterte sie peinlich berührt weiter und zog ihren Rocksaum züchtig straff. Natürlich, die Flecken! Yosuke schlug sich ächzend mit beiden Händen vor die Stirn. Wie konnte er das vergessen haben?! Verflixtes Kopfkino! „Männer… ihr seid doch alle gleich…“, grummelte sie weiter und drehte sich mit verschränkten Armen zur Wand. „Ach komm schon Pfirsichtörtchen, bei dir gab es doch noch nie viel zum Abgucken.“, zog er sie amüsiert auf. „Tse, als ob ich deine Aufmerksamkeit nötig hätte…“, erwiderte sie ungerührt. Ein eifersüchtiger Stich traf Yosuke bei dieser Antwort. Er dachte an die kurzen Momente zwischen ihr und ihm; bei ihr in der Küche; beim Abschied kurz bevor sie sich gestritten hatten; an hier als er ihr die Strümpfe ausgezogen hatte… wieder ärgerte er sich darüber, dass alles an ihr niemals ihm gehören würde, weil er damals in der Mittelschule zu grün gewesen war um ihre Vorzüge zu erkennen. Aber Äußerlichkeiten waren schließlich nicht alles und er und sie waren ja sowieso vergeben. Es klopfte erneut an die Tür. „Hanasaki-san, ich habe deine Sachen. Darf ich sie dir durch den Türspalt reichen?“ Momoko dirigierte Yosuke mit scheuchenden Handbewegungen in den toten Winkel hinter die Tür und schloss anschließend auf. „Dankeschön! Ich schlüpfe nur schnell hinein und dann bin ich wieder voll da!“ „Das hoffe ich, denn wir zerreißen uns hier ganz schön ohne deine Hilfe.“ Sie nickte verstehend, schloss die Tür wieder und entfaltete die frisch gebügelte, saubere Schürze und die feinen Strümpfe. „Momoko… sehen wir uns wieder?“ Seine Frage kam überraschend und machte sie ganz perplex. Genauso erwiderte sie auch seinen Blick. In seinen Augen glänzte Hoffnung und so etwas wie Sehnsucht, seine Hände waren zu lockeren Fäusten geballt. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht… Takuro würde es bestimmt nicht gut finden, wenn ich mich mit dir treffen würde. Auch nicht als Freunde, er kann dich nicht besonders gut leiden.“, antwortete etwas bedrückt Yosuke schnaufte verächtlich, denn das wunderte ihn nicht. Es beruhte auf Gegenseitigkeit. Die junge Frau zog die Schürze in ihrem Rücken eng zusammen und knotete eine kunstvolle Schleife. Anschließend beugte sie sich vor um – erneut barfuß - in die aufgerollten Overknees zu steigen, die sie mit geübten Bewegungen über ihre Beine zog. Allein diese einfachen Bewegungen über ihren Schenkeln und ihre vorgebeugte Pose, während sie sich nach den Schuhriemen bückte, wirkten in den Augen des Sportlers so aufreizend, dass er dringend an etwas anderes denken musste, um das Lodern in seinen Adern zu unterbinden. „Aber ich weiß doch noch gar nicht den Rest der Geschichte zwischen dir und Takuro.“ „Ist vielleicht auch besser so. Für dich und Hiromi, für Takuro und mich. Es ist außerdem alles etwas kompliziert und schwer zu verstehen und wenn wir ehrlich sind, dann geht dich das auch eigentlich nichts an…und vielleicht sind wir nicht dafür gemacht, Freunde zu sein?“ Ihre Worte taten weh, aber sie entsprachen der Wahrheit. Da fiel ihm ein, dass sie beide unterbrochen wurden, als er ihr gerade eine wichtige Antwort schuldete. „Na schön, dann wirst du aber meine Antwort aber auch nie bekommen.“ „Huh? Was für eine Antwort?“, fragte Momoko irritiert. Er grinste. „Na auf die Frage, die du mir vorhin gestellt hast. Wenn es sowieso keine gute Idee ist, dass wir uns anfreunden, dann brauchst du die Antwort ja auch nicht zu wissen.“ Mit zusammengekniffenen Augen überlegte die frisch eingekleidete Maid fieberhaft, worauf er anspielte, aber sie war so aus dem Konzept, dass es ihr einfach nicht einfallen wollte. Aber es musste etwas Bedeutsames sein, sonst würde er sie nicht so herausfordernd angrinsen. Sie gab es auf und ließ die Schultern hängen. „Na gut, ich muss dann jetzt auch wieder an die Arbeit, sonst bekomme ich noch Ärger.“ Yosuke schaute enttäuscht. „Dann war es das jetzt?“ Momoko nickte und schloss die Tür wieder auf um zu gehen. „Aber du darfst mich grüßen, wenn wir uns noch mal zufällig begegnen.“, sagte sie ihm noch zum Abschied und lächelte ihn halbherzig an. Seine unauffällige Flucht aus dem Café war geglückt, niemand hatte ihm unnötig viel Aufmerksamkeit geschenkt. Hiromi war tatsächlich gegangen, ihr Tisch war bereits fremd besetzt gewesen. Yosuke wusste, dass das zuhause nicht ohne Konsequenzen bleiben würde, denn schließlich hatte er sie nicht nur auf der Rechnung sitzen lassen, sondern auch ihren gemeinsamen Jahrestag ruiniert. »Obwohl, hätte Hiromi sich nicht daneben benommen, wäre der Abend vielleicht ganz anders verlaufen.« Aber ob das die Situation entspannter gemacht hätte? Schließlich war allein Momokos Anwesenheit schon Grund genug gewesen, dass es kein gemütliches Date geworden wäre. Etwas wehmütig dachte er daran, dass die Rosahaarige ihn wieder nicht zur Gänze an sich herangelassen hatte. „Vielleicht sind wir nicht dafür gemacht, Freunde zu sein?“, hallte ihre traurige Stimme in seinem Kopf wider. War es wirklich ihr Schicksal immer nur wie Feuer und Wasser zu sein? Er wusste jetzt, wo sie arbeitete und könnte sie so jeder Zeit wiedersehen, aber sie hatte sich verabschiedet und ihm klar gemacht, dass es wohl das Beste war, wenn sie sich nicht mehr trafen. Es gab einfach zu viele Spannungen, ihre Leben waren zu unterschiedlich und zu verzwickt. Yosuke musste das akzeptieren. Sie waren erwachsen und keine Mitschüler mehr; jeder lebte nun sein eigenes Leben und in ihrem war er nicht vorgesehen. Zuhause angekommen kostete es ihn etwas Überwindung den Türschlüssel herauszukramen um aufzuschließen. Doch die Konfrontation mit seiner Freundin ließ sich nicht weiter aufschieben und es war schon wieder so spät… seufzend schloss er auf und ließ sich vom brennenden Licht in seinem Flur blenden. „Kommst du auch schon?“, fragte ihn Hiromi grummelnd, als er noch nicht ganz über die Türschwelle getreten war. Blinzelnd schloss er die Tür wieder hinter sich, sah sie an und anschließend die beiden Koffer, die rechts und links neben ihr standen. „Was wird denn das?“, fragte er sie verwundert und bekam Herzflattern; schmiss sie ihn etwa raus? Natürlich bemerkte sie seine aufkeimende Unsicherheit und belächelte das süffisant. „Keine Bange, Yoyo-Maus. Ich habe nicht vor dich zu verlassen, aber ich glaube du musst mich erstmal wieder zu schätzen lernen. Deswegen fahre ich eine Weile weg zu Verwandten außerhalb der Stadt.“ „Du fährst weg? Die Schule beginnt doch wieder!“, bemerkte er skeptisch. Hiromi lachte übertrieben, so als wäre das, was er zu bedenken gab, eine glatte Lächerlichkeit. „Die Schule schaffe ich doch mit links, außerdem findet sich da in dem Dörfchen bestimmt ein Arzt, der mir kleinen, süßen Mimi eine Krankschreibung ausstellt.“ Sie zwinkerte ihm verführerisch zu. Hiromi war wirklich skrupellos. „Du willst also weg und mir damit einen Denkzettel verpassen? Bist du es nicht gewesen, die sich in dem Café daneben benommen hat?“, hinterfragte er mit ernster Miene. Ihr Blick verfinsterte sich schlagartig. Abwehrend verschränkte sie die Arme. „Diese Momoko hat doch alle Register gezogen um deine Aufmerksamkeit zu erhaschen! Und du hast es zugelassen, obwohl ich dir gegenüber gesessen habe! Du hast mich sitzen lassen, um bei ihr eiei zu machen! Allein bei dem Gedanken daran könnte ich platzen vor Eifersucht!“ Seine Freundin schäumte vor Wut, das war keine gute Grundlage um mit ihr zu diskutieren und sie auf ihre Fehler hinzuweisen. Yosuke blieb nichts anderes übrig als einzuknicken. „Das tut mir ja auch leid…“ „Ach, tut es das wirklich?“ Sie kam auf ihn zu und sah streng zu ihm hoch. „Du bist so komisch seitdem wir sie und die anderen wiedergesehen haben. So lustlos und desinteressiert. Und seit dem einen Mal vor einer Woche hast du auch kein Interesse mehr daran gezeigt mit mir schlafen zu wollen, egal was ich für Anstalten gemacht habe!“ Der Torwart wendete seinen Blick ab. Er wusste, dass sie Recht hatte, dabei hatte er sich alle Mühe gegeben sich nichts anmerken zu lassen. „Ich bin nicht gut drauf im Moment.“ „Stimmt nicht, du hast einfach vergessen wie schön es ist mit mir zusammen zu sein! Und genau deswegen gehe ich für ein paar Tage. Was man nicht mehr um sich hat, vermisst man.“ Vollkommen überzeugt davon, dass ihr Plan aufgehen würde, setzte sie wieder ein heiteres Gesicht auf und lächelte ihn verliebt an. „Ich würde dich doch niemals verlassen, dafür liebe ich dich doch viel zu sehr.“, hauchte sie ihm entgegen, als sie ihre Arme um seinen Hals schlang und ihn zärtlich küsste. Als Hiromi von Yosuke abließ, sah er sie bedrückt an, was sie als ein Zeichen dafür deutete, dass er sie schon jetzt schmerzlich vermisste und sein Fehlverhalten bereute. Siegessicher funkelten ihre Augen ihn an. „Mach dir keine Sorgen, ich werde dir hin und wieder simsen, ok? Ich bleibe bestimmt nur ein, zwei Wochen.“ Yosuke räusperte sich lautstark. „Und du fährst jetzt noch? Um diese Uhrzeit?“ „Selbstverständlich! Wenn ich mich jetzt zu dir ins Bett legen würde, würde ich meinen guten Willen doch ganz schnell verlieren, so etwa – oder nicht? Mein Taxi müsste auch jeden Augenblick kommen. Also dann, Darling… Bye bye!“ Sie warf ihm eine Kusshand zu, schnappte sich ihre Rollkoffer und drängelte sich zur Tür durch, durch die sie sich samt Gepäck umständlich bugsierte. Dann war sie weg. Yosuke drehte sich zu seiner verlassenen Wohnung um, die schlagartig ungewohnt still und leblos wirkte. Doch anstatt Wehmut zu empfinden, hatte er das erste Mal seit langem das Gefühl, dass er tief und frei atmen konnte, was er auch sofort mit geschlossenen Augen tat. Ein, zwei Wochen. Das war genug Zeit um sich über einiges klar zu werden, doch ihn beschlich das Gefühl, dass er Hiromi bei ihrer Rückkehr enttäuschen würde. Glücklich zu sein war nichts, was man erzwingen konnte. Er musste deswegen dringend herausfinden was es war, das ihn sich so leer fühlen ließ. ~*~ Momoko lies sich völlig erledigt auf ihr Bett fallen. Seit zwei Wochen ging sie nun schon wieder zur Schule und arbeitete nebenher trotzdem noch so oft es ging in dem Maid-Café und an den Wochenenden auch als Fotografin auf kleineren Privatveranstaltungen. Der Spagat zwischen der Schule, den Jobs und ihren Aufgaben zuhause zehrte sehr an ihren Kräften, dabei hatte das letzte Schuljahr gerade erst angefangen. Die Prüfungen und der Lernstress erwarteten sie noch… Resignierend seufzte Momoko in ihr Kopfkissen, das sie mit beiden Armen umklammerte. »Es wäre alles nicht so schwer, wenn sich nur Papa nicht so hängen lassen würde.« Shôichirôs Zustand hatte sich nicht verbessert, im Gegenteil. Die Highschool Schülerin bekam ihren Vater eigentlich nur noch zu Gesicht, wenn er sich völlig betrunken nach zuhause verirrte. Sie kam nicht mehr an ihr heran, es war hoffnungslos! Sie drückte ihr Gesicht tief in das Kissen, wusste sie doch ganz genau, dass er dringend professionelle Hilfe brauchte. Momoko konnte nichts mehr tun oder die Dinge beeinflussen, weiter abzuwarten war fahrlässig. Sie wusste, ein Anruf und eine einfach Bitte an Takuro würden genügen und ihr Vater käme in eine hervorragende Klinik, aber das würde ihr Verlobter sicherlich nicht ohne Gegenleistung für sie tun. Da war sie sich sicher. In der letzten Zeit hatte sie sich Takuro so gut es ging vom Hals gehalten, weil ihr Kopf voll genug war mit anderen Dingen und er der letzte Mensch auf der Welt war, den sie damit behelligen wollte. Momoko vermisste ihre Freundinnen, die früher in solchen Fällen immer zur Stelle gewesen wären… „Was soll ich nur tun?“, nuschelte sie in den Kopfkissenbezug. Ein lautes Rumpeln drang laut von unten aus dem Haus zu ihrem Zimmer herauf. Sofort hellhörig, sprang die junge Frau vom Bett und eilte auf leisen Sohlen hinaus und runter ins Wohnzimmer, um nach dem Rechten zu sehen. Ihr Vater schwankte dort gefährlich durch den Raum in Richtung Sofa; selbst ein Blinder sah, dass er sturzbetrunken war. „Papa!“, stieß Momoko entsetzt aus und lief ihm sofort entgegen, um ihn zu stützen, doch er schlug ihre Hand einfach weg und ließ sich röchelnd auf die Couch fallen. „Papa, geht es dir gut?“, fragte sie unbeeindruckt. Er sah sie aus müden, trüben Augen an. Fast erschein es ihr so, als würde er sie im ersten Augenblick gar nicht erkennen, so fragend wie er sie musterte. Sein Gesicht war eingefallen, aber es glühte rot vom Alkohol. Sein ganzer Körper stand unter dem Einfluss dieser verführerischen Droge. Shôichirô zitterte stark und stank erbärmlich, doch seine Tochter tätschelte trotzdem liebevoll sein Gesicht. „Ich hole dir Wasser und dann schicke ich dich unter die Dusche.“ „Warum lässt du mich nicht einfach endlich in Ruhe, kümmere dich nicht um mich…“, lallte er in seinen stoppeligen Bart hinein. „Ich kann dich nicht so sehen. Das weißt du doch.“, erklärte sie geduldig. „Warum bist du dann gegangen? Wieso hast du uns verlassen? Es hat dich doch damals auch nicht gekümmert, wie es mir geht.“ Momoko schaute ihn verwirrt an, was meinte er? „Unsere Kleine wird bestimmt mal so aussehen wie du, Sakura…“ »Er spricht von Mutter! Er hält mich für sie?!« Die Erkenntnis traf sie wie ein Donnerschlag. „Papa, ich bin es doch… Deine Momoko, ich bin nicht Mama.“ „Sakura…“, murmelte er nur. Bevor die Rosahaarige erneut etwas entgegnen konnte, bäumte sich ihr Vater gurgelnd auf und erbrach sich direkt vor dem Sofa. Sie konnte gerade noch ausweichen. Angewidert und entsetzt starrte sie den Schatten eines Mannes an, der einst ihr Vater war. Dieser lies sich völlig weggetreten zurück in die Polster fallen, wo er leise murmelnd einfach einschlief, obgleich er vor Dreck und Erbrochenem nur so triefte. Verzweiflung und Hilflosigkeit breiteten sich in der jungen Frau bei diesem Anblick aus, ihre Hände zitterten. So konnte es nicht weitergehen, nicht mal mehr einen Tag lang! Momoko glaubte innerlich an dem Druck zu zerbrechen, das war einfach zu viel für sie. Sie war einfach nicht stark dafür, ihre Kraft war verbraucht. Jetzt war es an der Zeit zu handeln, sie hatte lange genug gezögert und überlegt. Wie betäubt griff sie nach ihrem Handy, das in ihrer Hosentasche steckte und verfasste eine SMS an Takuro. „Hallo Tak-kun. Entschuldige, dass ich mich so lange nicht bei dir gemeldet habe, aber es ging mir nicht besonders gut, aber jetzt brauche ich deine Hilfe. Bitte. Es geht um meinen Vater.“ Wie betäubt drückte sie auf senden und starrte dabei mit leblosen Blick noch mal zu ihrem Vater. Sie würde dafür sorgen, dass ihm nun geholfen werden würde. Koste es was es wolle, sie hatte nicht das Recht egoistisch zu sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)