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Amnesia Memories

Geliebter Zwiespalt
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Aoooohhhh, Kapitel 4 ist readyyyy :D Viel Spaß damit ^^ Komplett anzeigen

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Offene Fragen

Ukyos Augen gewöhnten sich langsam an die neuen Lichtverhältnisse und er drehte sich vorsichtig zu Toma um. Er schaute vorsichtig in das Gesicht des anderen, entdeckte dort aber nur Müdigkeit und eine Spur Erleichterung.

//Das ist... nicht das, was ich erwartet habe//, dachte Ukyo verwundert.

Er hatte einen Wutanfall erwartet, einen Schlag ins Gesicht... aber gewiss nicht Erleichterung im Gesicht des anderen.

„Kommst du jetzt raus hier?“, fragte Toma abwartend und legte eine Hand an den Lichtschalter, um den Raum wieder in die mondbeschienene Dunkelheit zu hüllen.

Ukyo setzte sich in Bewegung und sie beide kehrten dem Käfig und diesem Raum den Rücken. Ukyo schloss die Tür des Raumes hinter sich und Toma setzte sich auf die Seite des Bettes, auf der der Grünhaarige vorhin noch gelegen hatte. Der Blonde beugte sich nach vorn, stützte die Arme auf seine Oberschenkel, ließ den Kopf auf seine Hände sinken und gab einen abgrundtiefen Seufzer von sich. Anschließend ließ er die Arme wieder sinken und lächelte Ukyo erleichtert an.

„Ich bin froh, dass es herausgekommen ist“, sagte er und der Grünhaarige verstand nun endgültig die Welt nicht mehr.

„Was?“

„Ich sagte, ich bin froh, dass es herausgekommen ist. Endlich kann ich mit jemanden darüber reden, dass dieses Ding in meiner Wohnung steht und ich keine Ahnung habe, warum“, sagte Toma und trotz seines müden Zustandes ließ er auch Freude durchblicken.

Ukyo beschloss, erneut nachzuhaken.

„Wie bitte? Du hast einen Käfig in deiner Wohnung stehen, der so groß ist, dass ein Mensch darin Platz findet und du hast keine Ahnung, wo dieser herkommt?“

Toma lächelte ihn an.

„Ganz genau.“

Ukyo schüttelte den Kopf und er setzte sich neben den Blonden. Wenn man logisch darüber nachdachte, musste der andere totalen Blödsinn erzählen... aber wenn Ukyo von seiner Warte ausging, konnte es durchaus sein, dass Toma ein Opfer unter vielen war. Es konnte möglich sein, dass durch den Tod von ihr das Raum-Zeit-Gefüge derart durcheinander geraten war, dass bestimmte Dinge jetzt einfach keinen Sinn mehr ergaben.

Oder war es vielleicht ein Zeichen? Ein Signal, dass sie ihm geben wollte, um ihn wissen zu lassen, dass sie noch irgendwo hier existierte?

Das Herz des Fotografen begann heftiger in seiner Brust zu schlagen, als er über diese Möglichkeit nachdachte. Nichts sehnlicher wünschte er sich, sie noch einmal zu sehen und sie um Verzeihung zu bitten. Sie hatte ihm zwar schon verziehen, aber es hatte sich damals in seinem Schmerz noch nicht richtig angefühlt. Sie hatte ihm einfach so verziehen, obwohl er nicht darum gebeten hatte und das kam ihm noch mehr wie verkehrte Welt vor.

„Glaubst du mir?“, wollte Toma jetzt wissen und das erste Mal seit sie sich kannten, entdeckte Ukyo Unsicherheit im Gesicht des anderen.

Er brauchte nicht lange darüber nachdenken und nickte unmittelbar nachdem Toma die Frage gestellt hatte.

„Ja, ich glaube dir. Aber erzähl mir erst einmal alles, was du über dieses Ding weißt“, verlangte der Grünhaarige, denn er brauchte Fakten.

„Ich bin eines Tages aufgewacht und das Folterinstrument stand neben meinem Bett. Ich habe mich so erschrocken, dass ich im ersten Moment die Polizei rufen wollte, aber natürlich wäre das unglaubwürdig gewesen, wenn ich gesagt hätte, jemand hätte bei mir einen Käfig abgestellt. Also habe ich es nicht gemacht und habe das Monstrum in den Nebenraum geschoben. Seitdem steht es dort.“

Anspannung erfasste Ukyo. Konnte es sein...?

„An welchem Tag war das?“, fragte er und sein Hals fühlte sich mit einem Mal trocken an, dass seine Stimme sich etwas kratzig anhörte.

„Es ist eigentlich noch nicht lange her. Es muss in der Nacht vom 25. zum 26. August gewesen sein“, meinte Toma nachdenklich.

„Bist du dir ganz sicher?“, hakte Ukyo nach und Toma dachte nochmals darüber nach, dann nickte er bestätigend.

„Ja, ich bin mir jetzt ganz sicher. Es war hundertprozentig vom 25. zum 26. August“, sagte er dann und Ukyo hatte plötzlich das Gefühl zu ersticken.

Natürlich... welches andere Datum hätte mehr Gewicht gehabt als dieses?

„Ich glaube sonst nicht an Magie oder so etwas, aber wie sonst soll dieses Ding hier gelandet sein? Ich meine, ich habe diesen Käfig nie zuvor gesehen und habe ihn gewiss nicht gekauft. Ich wüsste auch nicht, dass ich schlafwandeln würde. Auch an einen Einbrecher glaube ich nicht. Welcher Einbrecher würde Sachen dalassen, anstatt welche mitzunehmen? Außerdem schließe ich meine Wohnungstür immer zu und lasse den Schlüssel stecken. Es ist einfach so eine verrückte Geschichte, dass es einfach nur magischer Natur sein kann. Oder was meinst du?“

Ukyo konnte Toma da nur zustimmen, wobei er sich bemühte, sich nicht zu verraten. Wenn Toma diesen Käfig schon verrückt fand, wie würde er wohl auf Zeitreisen und eine zweite Persönlichkeit reagieren, die unschuldige Menschen umbrachte?

„In der Tat klingt das unglaublich... aber ich glaube dir, Toma.“

Toma wirkte einmal mehr erleichtert, doch einen Moment später zuckte wieder so etwas wie Unsicherheit über sein Gesicht.

„Willst du... jetzt überhaupt noch mit mir befreundet sein?“, fragte er und Ukyo schaute den anderen überrascht an.

Toma hatte sich nicht falsch verhalten, vielmehr war er die ganze Zeit zuvorkommend und großherzig zu ihm gewesen. Wenn sich hier jemand falsch verhielt, dann war es Ukyo selbst, schließlich verschwieg er Toma die ganze Wahrheit und hatte seine Nase in Sachen gesteckt, die ihn nicht das Geringste angingen.

„Das müsste ich dich fragen, Toma. Schließlich habe ich hier herumgeschnüffelt und dränge mich dir auf“, sprach Ukyo es aus, doch der Blonde bestritt dies.

„Du drängst dich doch nicht auf! Ich habe das mit dem Schlafplatz angeleiert und ich wäre wohl auch neugierig gewesen, was sich hinter dieser Tür verbirgt. Ich bin wahrscheinlich über das Ziel hinausgeschossen, aber... ich wollte dich unbedingt näher kennenlernen.“

„Warum?“

Ukyo verstand es nicht. Was brachte es dem anderen, der so viele Leute mit seinem Temperament, Offenheit und Hilfsbereitschaft begeisterte, sich mit einem Eigenbrötler wie ihm einzulassen?

„Ich habe letztens festgestellt, dass ich fast nichts über dich weiß. Ich komme sonst mit jedem aus, schließe mit jedem Freundschaft und weiß, was der andere mag und was nicht. Nur du bist mir ein Rätsel, ich weiß fast nichts über dich und dabei bist du Stammgast bei uns. Und du... du sahst letztens so traurig aus, da habe ich mir Sorgen gemacht.“

Tomas ehrliches Geständnis verursachte in Ukyo mehr als er verkraften konnte. Er fühlte sich schuldig, weil er Toma nicht alles über sich sagen konnte. Er fühlte Dankbarkeit, weil der andere Interesse an ihm zeigte und ihn nicht als selbstverständlich hinnahm wie den alltäglichen Bürgersteig, den er wohl jeden Tag entlang ging. Außerdem schämte sich der Grünhaarige, weil er dem anderen solchen Kummer bereitete.

„Ich... bin nicht gut darin, Freundschaften zu schließen. Ich habe Angst, dass... dass gewisse Dinge über mich andere überfordern könnten. Daher habe ich die Einsamkeit bisher vorgezogen und habe mich wohl gehen lassen. Es tut mir leid, dass du dir meinetwegen Sorgen machen musstest“, sagte Ukyo jetzt und kam der Wahrheit damit näher als er es je zu jemanden gesagt hatte.

Er beugte leicht den Kopf als Geste der Entschuldigung und hoffte, dass Toma seine Entschuldigung annahm, doch er machte sich umsonst Sorgen. Der Blonde griff nach Ukyos Gesicht und hob es mit beiden Händen an, damit er in die hellen, grünen Augen Ukyos sehen konnte.

„Mach dir keine Sorgen, Ukyo. Ich halte das aus, egal, was für Geheimnisse du auch mit dir herumträgst. In Zukunft musst du sie nicht mehr allein tragen, okay? Lass uns Freunde sein“, beschwichtigte er den Fotografen und lächelte strahlend.

Wärme breitete sich in Ukyo aus und konzentrierte sich in seiner Brust, während er Toma ins Angesicht sah. Der andere wusste gar nicht, was er ihm da gerade für ein besonderes Geschenk machte und er nahm es mit Freuden an.

„In Ordnung. Es wäre mir eine Ehre, Toma.“

Toma lachte erfreut und umarmte Ukyo gleich mal, weil er seine Freude einfach ausdrücken musste. Ukyo gab einen erschrockenen Laut von sich als der andere ihn derart an sich riss und ihn drückte. Er spürte Tomas Stärke und die Wärme des anderen, dass es ihn ganz verwirrt machte. Noch nie hatte ihn jemand so kräftig umarmt...

„Umarmst du jeden so?“, fragte Ukyo zaghaft und gleichermaßen verunsichert.

Toma ließ den Grünhaarigen sogleich los und entschuldigte sich schnell.

„Entschuldige, manchmal reißen mich meine Gefühle geradezu mit. Aber du wirst dich schon noch daran gewöhnen“, grinste er dann und lachte erheitert.

Ukyo spürte, dass er ganz rote Ohren bekam. Er befürchtete, dass er sich an diesen Aspekt von Tomas Freundschaft noch gewöhnen musste.

Plötzlich riss ein herzhaftes Gähnen und das Geräusch entfernt klingender Kirchenglocken ihn aus seinen Gedanken. Sein Blick fiel auf den Funkuhr auf dem Nachttisch auf Tomas Bettseite und er erschrak.

„Toma, es ist schon zwei Uhr morgens, du musst schlafen!“, rief er und schob den anderen auf das Bett.

„Stimmt... ich mach ja...“, sagte der Blonde noch, doch als sein Kopf sein Kopfkissen berührte, glitt er automatisch in den Schlaf.

Ukyo verkniff sich ein belustigtes Lachen, denn er hatte noch nie jemanden kennengelernt, der einen derart schnellen Einschlafrhythmus hatte. Er schaltete das Licht aus und glitt ebenfalls unter die Bettdecke. Einen Moment lang musste er wieder die Tür anstarren und dachte an den Käfig, welcher dahinter lauerte. Wahrscheinlich hatte das eine Bedeutung, dass dieses Ding aufgetaucht war und Ukyo fragte sich, ob bei den anderen, mit denen sie zu tun gehabt hatte, ebenfalls solche Dinge aufgetaucht waren.

//Ich muss wissen, was das zu bedeuten hat...//, schoss es ihm noch durch den Kopf, dann fielen ihm die Augen zu und er glitt in tiefen Schlaf.
 

„Ukyo? Hey, wach auf.“

Eine sanfte Stimme ertönte und eine Berührung an Ukyos Schulter erfolgte. Der Angesprochene versank noch ein wenig mehr in dem weichen, bequemen Bett und er wollte eigentlich nie wieder aufstehen.

Noch einmal forderte die Stimme ihn auf, aufzustehen und dieses Mal gab Ukyo ein leises Knurren von sich. Die Stimme verfiel in ein amüsiertes Lachen und gleichzeitig drang der intensive Geruch von Kaffee an seine Geruchsnerven.

Ukyo öffnete die Augen nun doch und richtete sich halbwegs auf. Sein Blick wanderte von einer auffälligen gelb-schwarz gemusterten Tasse zu langfingrigen, großen Händen und weiter zu kräftigen Armen, die in schwarz-orangenen Ärmeln steckten. Irgendwann kam sein Blick bei Tomas breitem Lächeln an und er fühlte sich einen Moment lang davon geblendet als würde er direkt in die Sonne schauen.

„Tut mir leid, dass ich dich so unsanft wecken muss, aber ich muss auf Arbeit und würde gern mit dir zusammen gehen. Oder bist du noch zu müde?“, fragte Toma und sah auf einmal schuldbewusst aus.

Er hätte Ukyo auch schlafen lassen können, doch er wollte nicht, dass der andere erneut allein war. Er hoffte, dass der andere seine Idee befürworten und mit ihm zum Meido gehen würde. Dann konnte er noch ein wenig Zeit mit dem Fotografen verbringen und mehr über seinen neuen Freund erfahren.

„Nein... ist in Ordnung“, murmelte der Grünhaarige jetzt und richtete sich gänzlich auf.

Er ergriff die Tasse und nahm einen vorsichtigen Schluck von dem dampfenden Getränk. Als wenig später die Wirkung des Kaffees einsetzte, stand Ukyo auf. Er gab Toma die Tasse zurück und begab sich als Erstes ins Bad. Flugs wusch er sich, putzte Zähne und zog sich um. Erst ganz zum Schluss öffnete er seinen dicken Zopf und lieh sich Tomas Kamm, um sich die Haare zu kämmen. Anschließend setzte er seinen schwarzen Hut mit dem weiß-schwarz gemusterten Band auf und kehrte schnell zu Toma und seinem Kaffee zurück.

Der Blonde packte gerade seine Sachen für die Arbeit zusammen und gab Ukyo damit genug Zeit, dass dieser die Tasse leeren konnte. Anschließend verließen sie zusammen die Wohnung, vor der schon Shin und Kent warteten.

„Guten Morgen“, grüßte Toma als Erstes und blendete mit seinem strahlenden Lächeln auch seine anderen beiden Freunde.

Shin knurrte einen ähnlichen Gruß, während Kent einen etwas förmlicheren Gruß wählte. Ukyo wünschte ebenfalls einen guten Morgen und zu viert setzten sie ihren Weg Richtung Meido fort.

„Wie ich sehe, hast du das Angebot von Toma angenommen“, sagte Kent und Ukyo sah sich mit der Neugier des anderen konfrontiert.

Er nickte zögerlich und wartete, dass der andere vielleicht noch eine Frage stellte, doch da kam nichts weiter.

„Sah es wirklich so aufgeräumt wie auf dem Foto aus?“, mischte sich Shin ein und er bezweifelte es nach wie vor.

„Hast du vielleicht einen Blick in seine Schränke werfen können? Kam dir die Hälfte seiner Sachen entgegen?“

Selbst wenn Ukyo gewollt hätte, er hätte Shin nicht antworten können, da dieser immer weiter Fragen stellte. Er war peinlich berührt, schließlich wollte er Toma nicht in Verruf bringen und daher schaute er hilfesuchend zu dem Blonden.

„Shin, lass Ukyo doch erst einmal wach werden. Wir waren lange auf und ich glaube, er hat seinen Kaffee noch nicht einmal verdaut. Und dann kommst auch noch du und stellst unnötige Fragen“, mischte sich also Toma ein, um seinen Freund zu schützen.

„Aha, ihr wart also lange auf?“, fragte eine interessierte Stimme hinter ihnen und Ikki stieß nun auch zur Gruppe.

„Nanu? Du hier? Ist dein Fanclub heute nicht aufgetaucht?“, fragte Shin sogleich und so fand ein Themawechsel statt, über den Ukyo recht froh war.

„So früh schon so kratzbürstig, Shin? Pass auf, der Grünstich des Neides in deinem Gesicht könnte bleibend sein“, lächelte Ikki breit und machte sich nichts daraus, dass Shin ihn schon am frühen Morgen auf dem Kieker hatte.

Ukyo musterte das ganze Schauspiel besorgt. Mochten sich die beiden denn nicht? Abermals schaute er zu Toma, doch dieser lächelte nur und schüttelte mit dem Kopf. Es war als Zeichen dafür gemeint, dass sich der Grünhaarige keine Sorgen machen brauchte, schließlich war das fast wie ein morgendliches Ritual, dass Shin und Ikki sich miteinander stritten. Ukyo atmete erleichtert auf und stellte sogar fest, dass sich der Tag freundlicher anfühlte als die bisherigen.

Ob es wohl daran lag, dass er jetzt einen Freund gewonnen hatte? Ukyo war sich nicht sicher, ob eine Person so eine Wirkung haben konnte, aber er wollte es gerne glauben. Vielleicht würde jetzt alles doch noch gut und er konnte langsam wieder nach vorne schauen?

//Nein... bevor ich das kann muss ich noch etwas herausfinden//, fiel es ihm plötzlich ein und sein Blick fiel nacheinander auf Ikki, Shin und Kent.

Er musste herausfinden, ob diese drei ebenfalls Gegenstände in ihrem Besitz hatten, die nicht hierher passten. Wenn er sie alle fand, dann ergab sich vielleicht ein Muster oder eine Botschaft, die sie ihm schicken wollte. Die einzige Schwierigkeit dabei war, dass er dafür zu den anderen jungen Männern nach Hause musste und ob diese sich ähnlich verständnisvoll wie Toma zeigten, wagte Ukyo zu bezweifeln. Er würde nicht drumherum kommen, Toma um Hilfe zu bitten und dazu musste er dem anderen wohl irgendwann bald die Wahrheit über sich selbst.

Ukyo erschauderte, als hätte ihn ein eisiger Windhauch gestreift. Er befürchtete, dass Toma dann nicht mehr mit ihm befreundet sein wollte, wenn er erfuhr, dass er jemanden getötet hatte. Natürlich war es Ukyos zweites Ich gewesen, doch Ukyo selbst machte da keinen Unterschied. Es waren dennoch seine Hände gewesen, durch die sie ihr Ende gefunden hatte und da der andere Ukyo zum Teil auch seinen wahren Gedanken entsprungen war, machte es den richtigen Ukyo ebenso schuldig.

Der Fotograf versank erneut in Unbehagen und Schuldgefühlen, doch ehe er sich zu tief darin verstricken konnte, stieß Toma ihn von der Seite her an. Ukyo sah zu dem Blonden und der andere lächelte ihn aufmunternd an, als könne er sein Dilemma erahnen.

„Du hast bestimmt Hunger oder?“, erkundigte sich Toma und kratzte sich etwas verlegen am Hinterkopf.

„Hast du ihm etwa kein Frühstück gemacht? Was bist du für ein mieser Gastgeber?“, schüttelte Ikki mit dem Kopf.

„Wir sind zu spät aufgewacht und da war es schon Zeit für die Arbeit“, verteidigte sich Toma, doch das brachte Ikki nur noch mehr zum Kopfschütteln.

„Ich glaube, wir sollten das Waka erzählen, dass sein liebster Kunde bei Toma am langen Arm verhungert“, grinste Shin und selbst Kent gab einen Spruch zum besten, den Ukyo ihm nicht zugetraut hätte.

„Ich lade dich dann zum Frühstück ein, okay?“, murmelte Toma an Ukyo gewandt und der Grünhaarige errötete sofort.

„N-nein, das musst du nicht“, rief er, wollte er dem Blonden doch nicht zur Last fallen.

„Doch, muss ich. Wie du hörst, ist das eine Sache der Ehre“, sagte Toma seufzend, lachte einen Moment später jedoch wieder.

„Du musst das wirklich nicht“, versuchte es Ukyo ein weiteres Mal und mit nun hochrotem Kopf, der nun einer Tomate glich.

„Ich möchte das aber. Du bist jetzt einer meiner Freunde, Ukyo und als mein guter Freund muss ich sichergehen, dass es dir immer gut geht. Das nehme ich überaus ernst“, sagte Toma und sah auf einmal wirklich ernst dabei aus.

Ukyo schwieg, aber bei diesem Blick wurde ihm ganz komisch in seinem Inneren. Allerdings konnte das auch am Hungergefühl liegen.

„So, so, dein guter Freund? Wo hat denn dein guter Freund eigentlich geschlafen? Soweit ich weiß, hast du nur ein Bett“, grinste Shin jetzt und sorgte dafür, dass Ukyo noch einmal tiefer errötete.

Irgendwie gingen manche Gespräche in eine Richtung, die ihm nicht behagten.

„Gute Freunde teilen sich auch mal ein Bett“, winkte Toma ab, doch das brachte selbst Kent dazu, dass seine Mundwinkel belustigt zuckten.

„Gute Freunde geben sich auch ein Küsschen“, feixte Ikki und bevor Toma ihm dafür die Leviten lesen konnte, rannte der Silberhaarige ein Stück vor, um ein paar Mädchen seines Fanclubs zu begrüßen, die er genau in diesem Moment erspäht hatte.

//...Küss...chen?//, wiederholte Ukyo gedanklich und er erlebte im Geist die Umarmung mit Toma noch einmal.

Wie es sich wohl angefühlt hätte, wenn der andere ihn...

„Ukyo?“

Ukyo schrak auf und schaute in Tomas besorgtes Gesicht.

„Ist alles okay mit dir? Tut mir leid, sie nehmen absolut keine Rücksicht auf dich“, meinte Toma schuldbewusst, doch Ukyo winkte ab.

„Nein, es ist doch okay. Ihr seid gut befreundet, das merkt man... sie haben eben gern an deinem Leben teil“, meinte der Grünhaarige und verbot sich jeglichen Gedanken ans Küssen.

Er verstand sowieso nicht, warum dieser Gedanke gerade so eine Wirkung auf ihn gehabt hatte. Er hatte nie viel von solchen Bekundungen gehalten und ging äußerst sparsam damit um. Eigentlich hatte er lediglich theoretische Erfahrung, was das anbelangte, daher hatte er gestern auf diese Umarmung so stark reagiert. Trotzdem maß Ukyo dem Ganzen keine übermäßige Bedeutung zu, schließlich hatte sein Herz bisher der Fotografie gehört. Seitdem diese Liebe abgestorben war, kamen eben komische Gedanken in ihm hoch... ja, das musste es sein.

„Ich hoffe, Ikki wird bald fertig mit der Flirterei, wir kommen sonst wieder zu spät“, merkte Shin jetzt an und die Truppe setzte ihren Weg fort.

Ukyo warf den Mädchen einen Blick zu und er erschauderte wieder, denn die Gesichter kamen ihm bekannt vor. Er unterdrückte die Panik, die in ihm hochsteigen wollte und versuchte, normal an ihnen vorbei zu gehen. Die Bilder in seinen Kopf waren unglaublich präsent und er sah wieder und wieder, wie diese Mädchen ihn geschubst und ihn in den Brunnen gedrängt hatten. Seine Kehle wurde eng, als ob er wieder in diesem muffigen Morast des Brunnens stecken würde, aber er drängte hartnäckig jegliche Erinnerung zurück. Seine Hände verkrampften sich in den Stoff seiner Jacke, deren Ärmel zum Glück etwas länger waren. Bald darauf war die Angstattacke vorbei und Ukyo konnte wieder normal durchatmen.

„Ist alles okay?“, fragte Toma wispernd neben ihm und Ukyo sah alarmiert zu ihm.

Hatte der andere etwa alles mitbekommen? Ein Blick in Tomas besorgtes Gesicht sagte dem Grünhaarigen alles.

„Ja... es war nur eine ungute Erinnerung“, sagte Ukyo und fühlte sich in diesem Moment sehr schwach.

Sein zweites Ich hätte diese Ängste in Bösartigkeit umgewandelt und diesen Mädchen irgendetwas Schlimmes angetan. Es hätte ihnen sämtliches Leiden dreifach zurückgezahlt und es aus tiefster Seele genossen. Aber dieses Ich gab es nicht mehr und Ukyo war mit all seinen Ängsten auf sich gestellt. Das war nun sein neues Ich und er würde es irgendwie lernen, mit all dem Horror seiner bisherigen Taten und Erlebnisse klar zu kommen.

„Du bist nicht allein. Ich hatte gesagt, dass ich für dich da bin, weißt du noch? Das war nicht nur so daher gesagt, Ukyo“, wisperte Toma eindringlich und er lief nun dicht neben dem Grünhaarigen, damit er dessen Hand kurz ergreifen und drücken konnte.

Ukyo atmete tief durch und ließ diese Worte in sich wirken. Die restlichen Schatten von Angst wichen dem hellen Strahlen von Tomas Freundschaft, zumindest kam Ukyo das so vor, wenn er es hätte in Worte fassen müssen. Er nahm sich vor, in Zukunft auf den anderen zu vertrauen, so wie der andere ihm vertraute. Vielleicht war es ja sogar möglich, dass der andere ihm seine Taten irgendwie nachsah und trotzdem noch sein Freund sein würde.

Ukyo lächelte Toma kurz zu, dann fasste er einen Entschluss. Er würde Toma vertrauen und eine schöne Zeit mit ihm verbringen. Und wenn es endete, dann endete es eben, aber Ukyo wollte sich zu jenem Zeitpunkt nicht vorwerfen, dass er nicht alles versucht hatte.

„Danke Toma...“

Ukyos geflüsterte Worte erreichten Toma und er war froh, dass er hier zum ersten Mal hatte beweisen können, dass er für Ukyo da sein konnte. Es war nach wie vor schwierig, den anderen zu durchschauen, aber er glaubte, dass der andere gerade einen Schritt auf ihn zu gemacht hatte. Es freute ihn mehr als alles bisherige...

„Hey ihr Turteltauben, verträumt nicht den ganzen Tag“, lachte Ikki und überholte sie.

„Selber, du Weberheld!“, rief Toma und nahm die Verfolgung des Silberhaarigen auf.

Ukyo blieb etwas zurück und ein Lachen befreite sich aus seinem Mund, welches völlig das seinige war und nicht das einer anderen Persönlichkeit. Es war lange nicht gebraucht worden, das hörte man, aber dennoch war es das bislang Schönste, was Toma von Ukyo gehört hatte. Er nahm sich vor, den anderen noch häufiger zum Lachen zu bringen und dem anderen der beste Freund zu sein, den man sich wünschen konnte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich leide selbst hier mit Ukyo mit... dabei kommen die dramatischen Sachen ja erst noch, oh Gott TT_TT Aber jetzt habe ich das angefangen, jetzt kann ich nicht einfach aufhören, auch wenn das Fandom zu Amnesia so klein ist. Die Geschichte muss raus aus meinem Kopf :D Komplett anzeigen

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