Elementary Angels von KizuYukiha (Trilogie - Staffel 3) ================================================================================ Kapitel 24: Geheime Inhalte --------------------------- Kapitel 24 ~ Geheime Inhalte ~ Juline Coldfire ~ Mir war von Anfang an klar, dass es mit Jade wieder nur Probleme geben würde, doch ich konnte mich nicht einfach so von ihr abwimmeln lassen. Immerhin war ich besorgt um Adriano's Gesundheit und zudem wollte ich mich nicht einfach so abfertigen lassen, indem er einfach abhaut. Vor einigen Stunden waren wir noch so glücklich miteinander. Endlich konnten wir zu unseren Gefühlen stehen und konnten uns die körperliche Nähe geben, nach der wir uns so sehr gesehnt hatten. Doch so schnell war alles wieder zerstört. Diese verdammte Fiona... Wenn sie ihm nicht irgendwelchen Mist in den Kopf gesetzt hätte, wäre alles noch bestens und ich müsste jetzt nicht so unsicher und traurig sein. Ich hatte seiner Mutter versprochen, dass ich ihm helfen könnte... Aber im Moment wusste ich gar nicht so recht wie. Wenn ich weiterhin Elohim's überschüssige Kräfte absorbieren würde, würde mir das selbst zu sehr schaden. Ich konnte diese Kräfte kaum noch aushalten. Mein Körper war schon mit meinen eigenen Kräften leicht überfordert. Seufzend schlich ich mich ins Zimmer zu Adriano, der ziemlich unruhig schlief. Als ich mich zu ihm aufs Bett setzte, wurde er nicht wach und ich hatte noch etwas Zeit zum Überlegen, wie ich nun vorgehen würde. Lange schaute ich ihn an... Er tat mir so leid... Er machte viel zu viel durch und das nur wegen mir. Ja, ich gab mir an so vielen Dingen die Schuld. Aber eigentlich wusste ich auch, dass ich kaum etwas der letzten Ereignisse zu Verschulden hatte. Es war nur so viel einfacher an mir selbst die Schuld zu suchen. Aber eines war mir klar: Es musste ein Ende haben! Irgendwie muss es doch zu beenden sein... Dieses ganze Leid... Adriano's Körper würde sicherlich nicht mehr lange durchhalten bei diesen Zuständen. Selbst wenn Elohim sich zurückhält. Zudem wäre das kein Dauerzustand. Ich hatte es satt alle immer nur ins Unglück zu reißen und daher war es an der Zeit einen Ausweg zu finden. Sanft streichelte ich Adriano über die Wange: „Tut mir leid, Schatz... Du musst noch etwas durchhalten, aber bald wird es dir wieder gut gehen, dafür sorge ich... Okay... Elohim! Wenn du mich hörst, dann wach auf. Ich muss mit dir reden.“ Unsicher beobachtete ich Adriano's Gesicht, das zunehmend entspannter wirkte. Endlich öffnete er die Augen und wie erhofft schimmerten sie blau. Elohim hatte also auf mich gehört... Verschlafen richtete er sich auf und guckte mich fragend an. „Was wird das? Wie bist du denn drauf? Kein Wunder, dass dein Schatzi eifersüchtig wird, wenn du lieber erst mich rufst, statt mit ihm Frieden zu schließen.“ „Ich weiß... Aber ich kann nicht mit ihm reden, wenn er so starke Schmerzen hat. Und ich kann deine überschüssigen Kräfte auch nicht mehr lange absorbieren. Danach würde es ihm zwar besser gehen, aber mein Körper macht das nicht mehr lange mit... Wenn das so weiter geht stirbt Adriano...“ „Na und?“ „Ey! Er mag dir vielleicht egal sein, aber ich liebe ihn! Und wenn sein Körper stirbt, dann bist du auch weg... Wir brauchen dich. Du bist die einzige Lösung im Kampf gegen deinen... Gegen Chamuel.“ „Hehehe... Ja, für mehr braucht ihr mich nicht, was? Wie auch immer, ich will weiter leben. Und ich schätze, der Junge auch.“ „Ja... Er, als unschuldiges Opfer, kann am wenigsten für die Situation.“ „Und was willst du jetzt tun? Außer dich zu mir ins Bett legen um mit mir zu kuscheln?“ Ich spürte wie mein Kopf rot anlief und wurde sehr verlegen... Kurz blieben mir die Worte weg. Wollte Elohim doch mehr von mir...? Aber was ist mit Destinia?! „Nicht lustig! Gar nicht lustig...“ „Da bist du schockiert, hahaha... Findest du mich so schlimm?“ „NEIN... Nein... äh... Nein, ich mag dich... NEIN ICH MAG DICH NICHT.... AAHRRR!! Nicht so... Aber ich mag dich...“ „Du bist so ne doofe Nuss... Komm zur Sache, was hast du vor?“ Am liebsten wär ich nun erstmal im Boden versunken... Schnell sammelte ich mich wieder und versuchte mich zu konzentrieren, was mir in Elohim's Gegenwart ziemlich schwer fiel. Seine unverschämte Art... In meinem Inneren konnte ich nicht leugnen, dass ich ihn schon etwas anziehend fand. Dennoch kam es für mich nicht in Frage, Adriano den Rücken zu kehren, denn immerhin liebte ich ihn. „Nun... Der menschliche Körper ist nicht auf derartige Kräfte ausgelegt. Also müssen wir sehen, dass wir deinen Körper schnell wieder finden.“ „Ja... Ich hätte nichts dagegen. Die Frage ist nur wo wir suchen sollten. Und wie...? Dass wir im Himmelsreich suchen müssten, wäre der erste Anhaltspunkt.“ „Kommen wir da einfach so hin?“ „Das ist das Problem, nein.“ „Aber du bist doch ein Engel!“ „Nein, der Körper ist menschlich. Ich kann das Tor nicht öffnen. Und du auch nicht. Du bist ein gefallener Engel, genau wie dein Vater. Da bräuchten wir schon extrem starke Kräfte.“ „Lumen könnte...“ „Vergiss Lumen! Die würde uns nicht helfen...“ „Hmm... Irgendwie müssen wir es aber schaffen.“ „Selbst wenn, das Himmelsreich ist riesig. Ich wüsste nicht, wo wir dort suchen sollten. Die Engel würden uns alle angreifen.“ „Die haben doch Angst vor dir.“ „Trotzdem würden sie uns angreifen. Die Masse ist problematisch.“ Ich überlegte weiter und schwieg einen Moment, während Elohim sich nach hinten lehnte und die Arme hinter seinem Kopf verschränkte. „Früher oder später werden wir Lumen um Hilfe bitten müssen“, drängte ich weiterhin. „Hör zu, Lumen dreht und wendet alles wie sie es grade will. Ist sie gegen diesen Schicksalsverlauf wird sie alles daran setzen uns daran zu hindern. Dann werden wir keine Chance mehr haben irgendwas zu erreichen.“ „Wieso sollte sie gegen Chamuel's Untergang sein?“ „Wer weiß... Ich vertraue ihr nicht. Sie bleibt die allerletzte Notlösung, einverstanden?“ „Na gut... Damit kann ich leben. Aber jetzt zu einer anderen Sache, weswegen ich dich sprechen wollte. Ich habe das Tagebuch von Aquarienne mitgebracht. Vielleicht finden wir dort Anhaltspunkte zu deiner Vergangenheit. Es könnte uns vielleicht helfen.“ Plötzlich war Elohim gar nicht mehr so zum Spaßen zumute. Er richtete sich auf und schaute mir mit ernsthaften Blicken dabei zu, wie ich das Buch aus meiner Tasche holte. „Es ist ziemlich alt, aber in einem guten Zustand. Allerdings kann ich es nicht lesen. Ich kenne viele Sprachen, aber diese hier nicht.“ „Zeig mal her... Hat dein Daddy sie dir nie beigebracht?“ „Nein... Welche Sprache ist das?“ „Diese Schrift benutzen Engel... Sie reden ja eigentlich kein Englisch oder andere Sprachen.“ „Würdest du mir vorlesen? Ich würde auch gerne wissen was drin steht.“ „Ohhh, willst du eine Gutenacht-Geschichte? Wie niedlich... Aber nur wenn du kuscheln kommst.“ „Waaah!!! Hör auf mich anzugraben!!!“ „Offensichtlich wirkt es, sonst wärst du nicht so verkrampft.“ „Lass mich! Lass uns lieber endlich schauen was damals passierte.“ Um dennoch ins Buch schauen zu können, setzte ich mich zumindest neben ihn. Die Buchstaben sahen ziemlich seltsam aus. „Also mal sehn... »Heute war mir ziemlich langweilig... Das Leben im Reich der Dunkelheit und Elemente ist so trist und eintönig. Sacred Feye hat schrecklich schlechte Laune, da sie wohl ihren Geliebten vermisst. Die anderen Göttinnen leiden auch schon unter ihren Launen. Ich bekam die Erlaubnis das Himmelsreich zu besuchen um dem Geliebten von der Herrin heimlich eine Nachricht von ihr zu überbringen. Ich war sehr aufgeregt... Nicht auszudenken was passieren würde, wenn man diese Aktion durchschaut. Ich traf Lord Chamuel heute zum ersten mal und wusste sofort warum sich die Herrin derartig nach ihm sehnt. Bei Gott, niemand darf dieses Tagebuch jemals finden... Aber ich muss mein Erlebnis einfach niederschreiben. Er freute sich sehr und gab mir eine Nachricht an die Herrin zurück. Um nicht sofort wieder der Langeweile ausgesetzt zu sein, blieb ich noch eine Weile im Reich der Engel. Wieso muss ich nur in einer so schrecklichen Welt leben, während die Engel es so gut haben... Mein verfluchtes Schicksal...«“ Mit diesen Worten war der erste Eintrag zu Ende... Arme Aquarienne... Ich kannte ihre Probleme und ihre Langeweile zu gut. Damals muss es noch schlimmer gewesen sein. Ich hatte zumindest noch meine Familie und so viele Dinge zu lernen und anzusehen. Wenn mir langweilig war trainierte ich mit Dad oder ließ mir von Mama Geschichten über die Assistants und ihrer Familie erzählen. Oder ich beobachtete Kite und die Dämonen beim Lästern... Reeza sorgte auch immer für Abwechslung... Wie ich sie alle vermisste. „Deine Mutter lebte gefährlich...“ „Scheinbar ein richtiger Wildfang... Sie hat sich nicht mit ihrer Bestimmung abgefunden.“ „Ja, das finde ich gut... Obwohl sie kaum eine Chance hatte etwas an ihrem Leben zu ändern. Willst du weiter lesen?“ „Ja...“ »Einige Tage nach meinem ersten Besuch im Himmelsreich gab Sacred Feye mir erneut eine Nachricht, die ich Lord Chamuel überbringen sollte. Ich hasse die Herrin... Natürlich geht es immer nur um sie. Doch ich freute mich auf den Besuch bei Lord Chamuel. Ich konnte es kaum erwarten ihn wiederzusehen. Jedoch wirkte er recht traurig, nachdem er den Brief gelesen hatte. Es lag nicht in meinem Ermessen, aber ich konnte mich nicht zurückhalten ihn zu fragen, was denn los sei. Er ist so ein warmherziger Mann. Er erzählte mir, dass es frustrierend sei, nur auf diese Weise Kontakt mit seiner Geliebten haben zu können. Ich brachte jegliches Verständnis dafür auf, auch wenn ich einen Hauch von Eifersucht spürte... Irgendwie müsste es doch zu schaffen sein die beiden zu trennen... « Wieder war der Eintrag zu Ende. Diesmal wechselten Elohim und ich keine Worte, sondern tauschten nur skeptische Blicke aus. Ich war gespannt, was Aquarienne unternehmen wollte. Offensichtlich hatte sie ja wohl Erfolg, sonst würde Elohim nicht bei mir sitzen. »Ich fühle mich schrecklich... Aber doch gut. Lord Chamuel gab mir einen Brief für die Herrin mit. Doch ich habe ihn ihr nicht übergeben. Stattdessen tat ich etwas, für das ich sicherlich irgendwann büßen würde... Ich habe ihr gesagt, dass Lord Chamuel ihr ausrichten ließe, dass er keine Nachrichten mehr von ihr bekommen wolle. Sie war am Boden zerstört. Aber ich genoss meinen Triumph. Ich hasse mich selbst dafür, dennoch hoffe ich, dass sie nicht aufgibt und mich für einen weiteren Versuch ins Himmelsreich schickt. Offiziell dürfen wir Göttinnen nun ab und zu ins Himmelsreich gehen – wegen der Langeweile hier unten. Sacred Feye hat das allerdings nur erkämpft, weil sie auf diese Art weiterhin Kontakt mit Lord Chamuel halten will. Als ich ihn heute wieder sah fühlte ich mich so gut in seiner Gegenwart...« „Oh man... Sie hat es faustdick hinter den Ohren“, sagte ich und dachte nochmal über den Text nach. Elohim musterte mich grinsend: „Fühlst du dich auch gut in meiner Gegenwart?“ „WAS!?“ „Das zähle ich mal als ein „Ja!““ „NEIN! Ich fühle mich grade schrecklich wenn du solche Dinge zu mir sagst!“ „Weil du weißt, dass es so ist.“ „Ich hasse dich!“ „Ich finde dich auch doof.“ »Langsam komme ich meinem Ziel näher... Vor einigen Tagen erzählte ich auch Chamuel, dass Sacred Feye nichts mehr von ihm wissen wolle. Danach war er ziemlich fertig und ich nutzte meine komplette Zeit um ihm Verständnis zu geben und ihn aufzubauen. Wir sind uns inzwischen ziemlich nahe... Ich glaube er sieht mich nun als gute Freundin. Er fragte mich sogar ob ich ihn wieder besuchen komme. Natürlich kann ich da nicht nein sagen. Ich kann einfach nicht anders... Seine Nähe hilft mir über das schlechte Gewissen hinweg zu kommen. Die Herrin hat ihre Hoffnung noch nicht aufgegeben. Das darf sie auch nicht, ansonsten würde sie uns Göttinnen verbieten ins Himmelsreich gehen zu dürfen. Ich rede ihr manchmal gut zu, es weiter zu versuchen... Wenn sie wüsste... Heute war ein guter Tag für mich. Lord Chamuel sagte, dass es an der Zeit wäre Sacred Feye aus dem Kopf zu streichen und hinter sich zu lassen. Es wäre nur zu frustrierend... Er machte mir Komplimente und wir verbrachten den halben Tag miteinander. Eine sehr schöne Zeit... Ich kann kaum genug von ihm bekommen...« „Das geht aber schnell...“, sagte Elohim erstaunt... „Nein, schau mal, da liegen viele Tage dazwischen. Deine Mutter hat sich alles gut überlegt. Eine wahre Strategin...“ „Sie wollte Liebe...“ „Welch Ironie, dass sie diese grade beim „Engel der Liebe“ suchte und wohl kurzfristig auch fand.“ „Die Liebe...“, seufzte Elohim. „Liebst du... Destinia eigentlich? Sie scheint ja sehr verknallt in dich zu sein.“ Nun reagierte er endlich mal verlegen. Insgeheim jubelte ich über meinen Triumph über ihn. „Ehh... Destinia... Ich empfand mal sehr viel für sie... Aber ich erinnere mich kaum noch an meine Gefühle... Mein Kopf sagt, dass wir zusammen gehören. Aber sie ließ mich im Stich – für Gott. Okay, es ist ihre Pflicht... Ach, was weiß ich.“ „Was sagt dein Herz?“, fragte ich direkt hinaus und versuchte den Blick in seine Augen zu halten. Sie drückten Unsicherheit aus. „Mein Herz sagt... „Scheiße“... Okay, lassen wir das, ich lese weiter...“ »Langsam weiß ich nicht mehr wie es weiter gehen soll... Ich habe mich in dieser Situation verfangen und kann nicht mehr zurück. Eigentlich will ich auch gar nicht mehr anders... Ich liebe ihn! Seine Nähe macht mich einfach glücklich, während ich meine Herrin zerbrechen sehe. Sie hat so viel Kummer... Viele Wochen treffe ich mich nun heimlich mit ihm... Ich habe ihm gesagt, dass Liebeskummer vergeht, wenn man sich neu verliebt. Ich denke, er will mich... Natürlich will er. Wir haben heute miteinander geschlafen. Es war das schönste Gefühl für mich... Dennoch habe ich Angst vor den Konsequenzen. Die Paarung zwischen Engeln oder einem Engel und einer Göttin ist streng verboten und wird in der Regel mit dem Tode bestraft. Dennoch kann ich es nicht lassen... Ich würde gerne noch öfter mit ihm schlafen, doch dann ist es nur eine Frage der Zeit bis man unsere Sünden „sehen“ kann. Ich hoffe, dass ich nicht in meiner fruchtbaren Zeit bin... Ansonsten....« „Verdammt... Sie ist doch bescheuert! Wieso schläft man gleich miteinander!?! Man könnte sich auch anderweitig befriedigen!!!“ „Wie bitte? Sag bloß du hast da Erfahrung mit Destinia...“, platzte es überrascht aus mir heraus. „Soll wohl ein Scherz sein? Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir nach all den tausenden von Jahren nie irgendwelche innigen Tätigkeiten hatten. Erinnern kann ich mich jetzt konkret aber auch nicht... Ist wohl auch besser so.“ „Du bist Jungfrau... HAHA DU BIST NOCH JUNGFRAU!!!“ „Halt die Klappe, doofe Nuss!“ „Thihi!“ Er blätterte weiter und ich war überrascht, dass sie kaum Einträge geschrieben hatte. Einige Seiten waren herausgerissen oder leer. Erst dann kam wieder ein Eintrag. »Das Schlimmste ist eingetroffen... Mir geht es sehr schlecht. Neben der Übelkeit habe ich mit zahlreichen anderen Problemen zu kämpfen. Doch was soll ich tun? Es wird immer schwieriger... Ich habe mir die Lage lange genug schön geredet. Ich muss der Tatsache, dass ich Schwanger bin, ins Auge sehen. Ich bin ratlos... Wie soll ich meinen wachsenden Bauch verstecken? Und wohin dann mit dem Kind? Ich werde es hier nicht großziehen können, allerdings kann ich auch nicht fliehen... Sie werden uns beide töten... Mich und mein Baby... Chamuel habe ich nun eine längere Zeit nicht mehr gesehen. Der Herr hat ihn auf die Erde geschickt... Ich vermisse ihn so sehr... Mein Leben ist aussichtslos, ich weiß nicht mehr weiter...« Im Verlauf des Textes fiel es Elohim immer schwerer den Text problemlos vorzulesen. Er wirkte nun auch sehr still... Auch ich fühlte mit Aquarienne mit. Sie muss so verzweifelt gewesen sein. Ob Chamuel ihr geholfen hätte, wenn er da gewesen wäre? Und wenn er davon gewusst hätte? Sicher hätte er alles versucht... Aber Gott kennt wohl keine Gnade und alles lief anders. „Kannst du weiter machen, oder brauchst du eine Pause?“ „Hmm... Chamuel ist also wirklich...“ Er blätterte durch die Seiten, wo sich nur noch zwei Einträge befanden und schnaufte: „Das geht schon... Zwischen den Einträgen ist wieder sehr viel Zeit vergangen... Die meisten Seiten fehlen wieder. Was hat sie damit gemacht?“ „Vielleicht hatte sie Angst bekommen und wollte Beweise vernichten.“ „Dann hätte sie das ganze Buch zerstören müssen...“ »Es war soweit... Vor zwei Tagen habe ich einen gesunden kleinen Jungen geboren. Ich nannte ihn Elohim. Nie hätte ich zu denken gewagt, dass ich diese bedingungslose Liebe zu meinem Sohn aufbauen könnte. Trotz der Verzweiflung, mit der ich zu kämpfen hatte, liebe ich ihn und möchte es kaum bereuen. Er hat so wunderschöne Augen. Doch nun habe ich große Angst. Ich kann ihn kaum verstecken. Terrania weiß mein Geheimnis inzwischen. Sie hat mich kurz vor der Niederkunft gefunden und mir bei der Geburt zur Seite gestanden. Doch auch sie ist ratlos... Wie soll ich ihn nun weiterhin verstecken? Ich kann Elohim keine Zukunft bieten... Er ist in großer Gefahr... Was habe ich nur angerichtet...« Diesmal wechselten wir keinerlei Worte zwischen den Einträgen. Viel zu gefesselt waren wir von Aquarienne's Geschichte. Terrania, die Erdgöttin, wusste also davon... Nun kam der scheinbar letzte Eintrag. Mein Herz klopfte aufgeregt. Elohim musste sich schrecklich fühlen. So sah er auch aus. Angespannt und nachdenklich... Die Schrift wirkte hektisch und der Eintrag war auch nicht groß. »Das Ende ist gekommen... Irgendjemand ist in unser Reich eingedrungen. Draußen kämpfen sie schon. Ich muss meinen Elohim in Sicherheit bringen und meine Pflicht tun. Ich muss unser Reich und unsere Herrin beschützen. Es ist mein Schicksal... Oh, ich hoffe, dass zumindest mein kleiner Sohn am Leben bleibt.... …. …« „Danach hat sie dich wohl im Himmelsreich ausgesetzt und ist im Kampf gegen... Meinen Vater... gestorben...“ „... Ja...“ „Es tut mir so leid...“, sagte ich betroffen und schämte mich für die Taten meines Vaters. Elohim schloss das Tagebuch seiner Mutter, legte seine Hand darauf und seufzte. Wahrscheinlich hatte er grade mit seinen Gefühlen zu kämpfen. „Geht es?“ „Ich werde jetzt kaum vor dir schwach und Gefühlsduselig...“, antwortete er mürrisch und drückte mir das Buch in die Hand. „Pass drauf auf, bis ich wieder ich selbst bin...“ „Gut... Elohim, wie ging es danach weiter, kannst du dich an irgendwas erinnern?“ Er dachte eine Weile nach und schwieg mich an, doch dann schnaufte er erneut und lehnte sich wieder zurück: „Ich war in meiner Kindheit oft alleine... Zumindest bis Destinia kam. Sie war außer mir der einzige Engel, der noch klein war. Die Engel werden mit ihrem vollendeten Alter erschaffen und verändern sich nie. Nur Destinia wuchs mit mir auf... Lumen lehrte mich meine Kräfte zu nutzen und sorgte für mich... Zwar nicht wie eine Mutter, aber zumindest hatte ich ein Dach über dem Kopf. In meiner Jugend habe ich teilweise gesöldnert und mich mit anderen Engeln angelegt... Mehr weiß ich nicht... An der Stelle ist nichts mehr da...“ Wieder ein Schweigen... „Bitte, denk nochmal genau darüber nach... Irgendwie musst du doch zu Adriano gekommen sein...“ „Oh man... Ich versuch es ja! Gib mir ein paar Minuten und halt einfach mal dein Mund!“ Ich fühlte mich langsam etwas unwohl, weil ich nichts sagen und ihn beim Überlegen stören wollte. Und ich sehnte mich nach Adriano. Es war zwar sein Körper, aber wenn ich mich nun dazu legen würde, wäre es ja als würde ich mit Elohim... kuscheln... Undenkbar!!! Mein Gewissen sagte mir dass das äußerst unmoralisch wäre. Plötzlich war ich selbst im Gedanken versunken und erschrak, als Elohim sich ruckhaft aufrichtete: „Ich hab's!!!“ „Erinnerst du dich!?“ „Ich erinnere mich an Lumen... Sie stand vor mir und sagte „Für dich, junger Engel, wird es Zeit deine Wurzeln zu finden.“ Danach richtete sie irgendwelche Kräfte gegen mich und mir wurde schwarz vor Augen! Und dann war da nichts mehr... Bis Chamuel mich im Kampf rief. Da, wo wir uns zum ersten mal begegnet waren.“ „Ja, du warst mir sehr ergeben... Im Gegensatz zu jetzt, wo du mich permanent mobbst!“ „Das ist, weil du mich so sehr dazu verleitest dich zu ärgern.“ „Pff! Aber gut, diese Erinnerung ist nützlich! Also war Lumen die Letzte, die deinen Körper gesehen hat!“ „Genau! Also muss er bei ihr sein.“ „Jetzt ist da noch das Problem, wie wir ins Himmelsreich kommen... Wenn dein Körper bei ihr ist, wird sie uns schon gar nicht helfen... Was hast du überhaupt vor, wenn du deinen Körper wieder hast? Wie gehen wir dann vor?“ „Na ich werde Chamuel töten, bevor Luzifer es tun kann...“ „WAS!? Wie töten!?“ „Ja, ihn zur Strecke bringen, wie denn sonst? Denkst du ich kann das nicht?“ „Daran zweifel ich kaum, aber es muss doch auch einen anderen Weg geben! Diese sinnlosen Racheaktionen müssen ein Ende haben!“, protestierte ich und stand vom Bett auf. Elohim schüttelte fassungslos den Kopf. „Hast du vergessen, dass er deine Mutter getötet hat?! Hast du etwa Mitleid mit ihm?!“ „Bis vor Kurzem wollte ich ihn auch lieber tot sehen! Aber er ist so anders... Ich kenne inzwischen seine Geschichte! Er ist auch nur ein armes Opfer...“ „Juline... Er wird nicht aufhören! Niemand kann ihn davon abbringen!“ „Du willst deinen eigenen Vater töten!?“ „Er ist NICHT mein... Vater!“ „Doch, ist er! Und wenn er wüsste, dass du sein Sohn bist, würde er bestimmt aufhören! Er glaubt er hat sein einziges Kind verloren! Er denkt er hat nichts mehr... Aber DU bist noch da! Ich kann nicht zulassen dass ausgerechnet ihr beide um Leben und Tod kämpft, denn einer von euch wird sterben!“ „Ja, er!“ „Du Sturkopf! Vorher musst du mich umbringen! Mich und meinen Vater!“ „Das werden wir noch sehen...“, antwortete er trotzig und verschwand einfach, wodurch Adriano's Körper nach hinten ins Kissen fiel. „Adriano!“, rief ich und stürmte zu ihm. Hektisch rüttelte ich ihn und hoffte, dass er endlich wach werden würde. Nach wenigen Augenblicken stöhnte er schmerzerfüllt und öffnete seine schwachen grünen Augen. Ich machte mir Sorgen, wie es ihm jetzt gehen würde und lehnte mich über ihn: „Adriano, Schatz!!! Alles in Ordnung?“ „Was...Wo bin ich...?“ „Du bist zu Hause in deinem Bett. Hast du Schmerzen?“ „Geh weg...“ „Nein! Ich bleibe hier! Ich lass mich nicht von dir wegschicken! Ich liebe dich – nur dich! Glaub mir doch bitte! Ich will doch nur, dass es dir endlich wieder gut geht.“ „Alles... dreht sich...“ „Ich werde alles gut machen... Bald wird alles gut!“ Ich hätte grade am liebsten losheulen können... So sehr habe ich seine Nähe vermisst. Und ich hatte Angst. Angst, dass er mir nicht glauben würde und mich nie wieder sehen wollte. Hoffentlich würde alles bald enden. Die Angst, die Verzweiflung und die Trauer. Es müsste doch noch einen anderen Weg geben! Einen, der nicht mit Schmerz und Hass geprägt ist. Chamuel war so nett und lieb... So gütig und großzügig. Jeder hat ihn geliebt... Wenn er den Weg zurück zur Liebe nur wieder finden könnte... ~ Adriano Coldfire ~ Mein Kopf fühlte sich einfach nur zermürbt an... Mein Körper wirkte schwach und schwerfällig. Irgendwie hatte ich kaum noch Kraft für irgendwas. Natürlich war ich immernoch wütend, nein eher unsicher. Ich wusste nicht was ich nun glauben sollte. Ja, Fiona war eine unsrer Feinde und hatte garantiert erreicht was sie wollte. Nämlich unsere Beziehung ankratzen. Wie sollte man auch unbrechbares Vertrauen haben, wenn man grade mal ein Tag zusammen ist? Es fiel mir schwer zu glauben, dass sie mich wirklich nur liebte weil ich eben ich bin. Viel eher lag mir die Theorie, dass es wirklich nur um Elohim ging. Sie braucht ihn... Jeder braucht ihn... Und niemand braucht mich, schon gar nicht Juline. Gegen all ihre Probleme konnte ich nichts tun, weil ich klein und schwach war. Was sollte sie also von mir wollen? Was sollte ein höheres Wesen wie sie an einem dummen Mensch so toll finden? Doch dann gab es ja noch die Dinge die Elohim zu mir sagte... Er hat schon ein Mädchen, das auf ihn wartet. Warum also die Eifersucht? Ich war hin und her gerissen und wusste nicht mehr was ich denken sollte. Allerdings vermisste ich sie und die Zweisamkeit, die wir wenige Stunden zuvor noch hatten. Würde sie es mit mir nicht ernst meinen, wäre sie sicher nicht hier und hätte Tränen in den Augen. Sollte ich ihr doch glauben? Langsam wurde das Schwindelgefühl etwas besser, obwohl mein Kopf immernoch schmerzte. Mit halb geschlossenen Augen guckte ich in ihr verzweifeltes Gesicht, das so dicht an meinem war. Und während sie ebenso verzweifelt auf mich einredete, schloss ich meine Hände auf ihre Wangen und zog sie zu mir herunter, ehe ich sie küsste. Nun ließ sie sich auf mich fallen, schlang ihre Arme um mich und heulte einfach laut drauf los. „Es tut mir so leid...“, sagte sie immer wieder. „Hey... Ist schon gut...“ „Es ist alles meine Schuld...“ „Ist es nicht. Auch wenn ich mich fühle, als würde ich bald abkratzen“, sagte ich mit etwas Galgenhumor. „Es ist bestimmt bald vorbei... Wir haben eine gute Spur und wenn alles gut geht, dann gehen deine Beschwerden weg.“ „Ihr?“ Sie kuschelte sich in meine Arme und schniefte noch einmal kurz: „Wir waren doch in meinem Reich... Und wollten Hailey befreien. Doch dann kam Fiona ja dazwischen... Als du Weg warst, war Elohim auf einmal da und wir haben Aquarienne's Tagebuch gefunden. Du wirst staunen aber Elohim ist Chamuel's Sohn.“ „WAS!? Der Typ der mich kaputt macht ist der Sohn von dem Psychopathen!?“ „Ja, aber das hat ihn selbst ziemlich geschockt... Es gibt so viel was ich dir noch erzählen will. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. So viele Neuigkeiten die innerhalb der letzten 24 Stunden dazu gekommen sind...“ „Wir haben ja... den ganzen Abend und die restliche Nacht Zeit – falls ich zwischenzeitlich nicht doch sterbe...“ „Ist dir noch arg schwindelig?“ „Es geht... Soweit ich mich erinnern kann, sind dein Vater und Hail jetzt in Sicherheit, ja? Raik hatte mich zwar nach Hause begleitet, aber ich hab kaum etwas realisiert.“ „Ja... Wir konnten sie befreien. Aber Raik scheint ziemlich unglücklich zu sein.“ „Ja, das kommt davon wenn man Leute liebt, die man nicht lieben sollte“, antwortete ich sarkastisch. Gekränkt ließ sie ihren Kopf auf meine Brust fallen und schnaufte. Sie wusste, wie ich es meinte. Eigentlich dürften wir uns ja nicht lieben... Wer weiß, wie unsere Beziehung enden würde und vor allem wie schnell. „Dad sagt, wir haben nichts zu befürchten. Ich bin nicht an die Gesetze der Engel gebunden und selbst wenn... Sie haben Angst vor Elohim und würden dich daher nicht angreifen.“ „Ja, super. Und was ist wenn der Kerl wieder seinen eigenen Körper hat? Dann bin ich den Engeln ja schutzlos ausgeliefert.“ Wieder erinnerte es mich schmerzvoll daran wie schwach ich eigentlich war. Nun war ich schon auf Elohim's Schutz angewiesen. Wie demütigend... „Ich habe Angst was mit uns wird, wenn das mit Chamuel vorbei ist...“, wimmerte sie nun leise vor sich hin. Ja, davor hatte ich auch Angst. Niemand konnte wissen, was danach nun eigentlich wäre. Wahrscheinlich müsste sie wieder in ihre Welt. Und wir würden uns nie wieder sehen. „Was auch immer passiert... Es tut mir leid, dass ich so zu dir war. Eigentlich sollten wir jede Minute, die wir noch gemeinsam erleben, nutzen und schätzen.“ „Ich liebe dich, Adriano.“ „Ich liebe dich auch“, antwortete ich leise und wir küssten uns erneut. Wäre ich grade nicht so schwach, würde ich den Moment ausnutzen... Aber dazu war ich nicht weiter in der Lage. Da fiel mir noch eine andere Sache ein. „Haben meine Geschwister eigentlich irgendwas gesagt?! Ich hab nur noch den Streit mit ihnen in Erinnerung... Weißt du da etwas?“ „Ähm... Ja, Jade war ziemlich sauer, als sie mich sah. Sie wollte alles aus mir rausquetschen und mich nicht zu dir lassen. Aber ich hab ihr trotzdem nichts erzählt. Deine Mutter hat ihr schließlich befohlen mich vorbei zu lassen.“ „Oh Gott... Mum... Die ist bestimmt total am Ende! Und, dass Jade so reagiert war ja klar“, sagte ich und seufzte laut. Meine arme Mutter tat mir total leid... Heute war Weihnachten und ihr war dieser Tag total wichtig. Dass ich ausgerechnet so nach Hause komme... Eigentlich wollte ich mich zumindest melden. Da ich ja Streit mit meinen Geschwistern hatte, wäre es ein ziemlich hasserfülltes Fest geworden. Aber dennoch wollte ich zumindest Ma nicht im Stich lassen. „Ich hab Hunger und Durst...“, sagte ich schließlich nach allen Überlegungen. Meine letzte Mahlzeit war schon zu lange her. Würde ich so weiter machen, wäre ich bald dünner als Maiko. „Meinst du, du schaffst es nach unten in die Küche? Soll ich dir was hochbringen?“ „Nein... Ich versuche es. Die ganze Zeit im Bett liegen ist nicht so mein Ding. Davon wird es eh nicht besser.“ „Ich verspreche dir, dass ich eine Lösung finden werde um Elohim wieder in seinen eigenen Körper zu bringen! Dann ist alles wieder in Ordnung!“ „Ja... Ich hoffe das dauert nicht mehr so lange...“ Langsam richtete ich mich auf und schnaufte noch einmal durch vorm Aufstehen. Juline half mir dabei, da sich kurz alles wieder drehte. Doch dann ging es. Als ich die Treppe runter wanderte, war die restliche Familie verschollen. Auch in der Küche war niemand. Ich fand nur die Reste des Weihnachtsessens, das Ma gekocht hatte. Niemand hatte sich ein Stück davon genommen, was mich doch sehr wunderte. Die Stimmung schien mehr als zerstört zu sein. „Willst du auch was?“, fragte ich Juline, der deutlich anzusehen war, dass sie am liebsten über das ganze Zeug hergefallen wäre. „Das lass ich mich nicht zweimal fragen! KLAR!“ Ein Schmunzeln machte sich über meinem Gesicht breit. Da war sie endlich mal wieder. Die kleine Doofnuss, die ich so in mein Herz geschlossen hatte. „Whoa!!! Das ist der Wahnsinn! Deine Mutter ist einfach genial! Sie kann so toll kochen!“, schwärmte Juline, als sie einen Happen probierte. „Echte italienische Küche, von Oma.“ „Ich find's klasse! Momentchen, ich komme gleich wieder...“, sagte sie und verließ die Küche. Ich machte das was ich immer tat, wenn ich in der Küche war. Sinnlos den Kühlschrank öffnen um zu schauen was drin ist. „ADRIANO!“, hörte ich Ma auf einmal hinter mir schreien und erlitt einen halben Herzinfarkt, weil sie mich erschrak. „Ma...“ „Geht es dir besser? Ich hatte Angst um dich...“, stammelte sie heraus, ehe sie mir tränenüberströmt in die Arme fiel. „Ja, es ist alles okay... Wirklich! Mach dir keine Sorgen... Alles wird gut.“ „Was ist denn los mit dir in letzter Zeit!? Bitte, ich muss es wissen, ich sterbe vor Sorge!“ „Ma... Ich kann es dir nicht erklären. Das ist einfach zu viel. Vertrau mir bitte! Alles wird gut.“ „Ich hoffe es so sehr...“ „Natürlich... Schon bald“, flunkerte ich um sie zu beruhigen. Ich versuchte sehr selbstsicher zu klingen, dabei hatte ich doch selbst keine Ahnung was noch kommen würde... Und ich hatte Angst davor... Kapitel 24 ~ Geheime Inhalte ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)