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Elementary Angels

Trilogie - Staffel 3
von

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Einblicke

Kapitel 5 ~ Einblicke
 


 

~ Aris ~

Seit unzähligen Stunden saßen wir also schon hier fest und es machte nicht den Anschein, als würde sich bald etwas an unserer schrecklichen Situation ändern. Die gesamte Nacht brachte ich kaum ein Auge zu, obwohl mich die Müdigkeit zu erdrücken drohte. Wäre ich jetzt in meinem Bett und in einer anderen Situation, würde mich wohl nichts mehr vom Schlafen abhalten können. Doch ich war nicht in meinem Bett...

Es war die erste Nacht in meinem Leben, die ich ohne meine Eltern verbrachte. Natürlich schlief ich schon seit meiner Kindheit nicht mehr bei ihnen, aber es war die erste Nacht wo ich wusste, dass sie nicht mehr da waren. Über ihren Tod machte ich mir zuvor nie Gedanken. Warum auch? Es herrschte Frieden und sie waren Engel. Engel starben bekanntlich nicht an Altersschwäche und ich ging automatisch davon aus, dass wir die Ewigkeit zusammen verbringen würden.

Allerdings war nun alles anders gekommen und die einzige Person, die ich noch hatte, saß mit mir eingesperrt in dieser Zelle und verzog das Gesicht vor Schmerzen.

Ich hatte Luzifer vor einigen Stunden geholfen sein Oberteil auszuziehen um mir seine Rippen einmal anzuschauen.

Sie komplette Seite war mit tiefblauen Flecken überseht und besorgte mich sehr, doch ich war zu geschwächt um meine Kräfte noch einmal zur Heilung einzusetzen.

„Du musst schnell verarztet werden“, sagte ich leise, als Luzifer sich aufrichtete und erneut seine Augen zusammenkniff.

„Ist doch nun eh egal...“ Seine Augen wirkten leer und glasig. Er vermisste Feye, das konnte man ihm gut ansehen. Und nicht nur sie... Natürlich trauerte er auch um meine Mutter und hatte Angst um Juline. „Ihr wird bestimmt nichts passieren.“ „Und wenn... Wie soll es weiter gehen? Angenommen irgendjemand kommt und schafft diesen Irren beiseite? Was soll aus uns werden... Ich kann mir dieses Leben ohne Feye gar nicht vorstellen.“ „Du hast so viele Jahre davor auch ohne sie gelebt. Was war da?“ „Nichts... Doch, Hass vielleicht. Aber ich möchte nicht mehr zum Monster werden, das bin ich meiner Frau schuldig. Sie würde es nicht wollen.“ „Ich auch nicht. Juline und ich brauchen dich. Du darfst dich nicht aufgeben.“ „Wenn er euch tötet, gibt es nichts mehr wofür sich das Leben lohnt.“

Er betrachtete die Situation mit allem Pessimismus, den er zu bieten hatte. Aber zurecht! Wie sollte man auch noch einen positiven Gedanken fassen angesichts unserer Lage?

Nein, ich dürfte nicht auch noch damit anfangen mich gehen zu lassen. Irgendwie würden wir es schaffen ein gutes Leben zu führen – für unsere verstorbenen Liebsten. Irgendwie würden wir wieder glücklich werden. Vorausgesetzt wir würden dies hier überhaupt überleben.

Mit kleinen Tränen in den Augen lehnte ich mich an seine Schulter und versuchte diese bitteren Gefühle irgendwie zu ertragen. Immer wieder sah ich das ausgelassene Lachen und die Fröhlichkeit meines Vaters. Wie er meine Mutter damit aus ihrer trüben Art lockte und sie zum strahlen brachte. Ich genoss es, die beiden zu beobachten. Sie war ihm immer so unendlich dankbar, dass er ihr Liebe und Glück geschenkt hat. Meine Mutter war von Natur aus innerlich nicht wirklich fröhlich, doch mit meinem Vater wurde sie zu einer anderen Person. Mir fehlten ihre Gesichter... und Papa's sanfte Stimme.

Je mehr ich an die Beiden dachte, desto mehr brannte es in meinem Herzen und meine Kehle drohte sich komplett zusammenzuschnüren. Irgendwie hatte ich Angst demnächst an meinen Tränen zu ersticken.

Für einen kurzen Moment wandelte sich meine Trauer in Wut, als Chamuel durch die Tür kam und wir ihn erblickten. Luzifer reagierte gar nicht besonders auf ihn. Er hatte eine Tüte Gummibärchen in der Hand, die er schweigend in sich reinstopfte, während er uns von oben herab beobachtete. Dann grinste er.

„Die sind lecker. Solltet ihr auch mal probieren. Habt ihr Hunger? Schade, ich hab euch leider nicht fürs Abendessen eingeplant“, fügte er gehässig hinzu und nahm ein weiteres Gummibärchen in den Mund. „Verschluck dich nicht“, zischte ich kaum hörbar.

„Was willst du?“, fragte Luzifer nun genervt. Er lächelte uns höflich entgegen, als seien wir seine Gäste. Die leere Tüte seiner Gummibärchen ließ er einfach fallen und kickte sie zwischen den Stäben zu uns durch.

„Nun... Ich habe mich gefragt, wo deine kleine Tochter denn nun eigentlich stecken könnte. Wisst ihr... Ich kann sie mit meinen Kräften nicht ausfindig machen und das hat bestimmt einen Grund, den ihr mir nennen könnt. Ihr wisst bestimmt wo sie ist.“ „Nein“, antwortete Luzifer bestimmend. „Selbst wenn ich es wüsste!!! Eher würde ich sterben, als dir Bastard zu sagen wo sie ist!!!“, schrie ich ihn aufgebracht an, worauf er wieder grinste.

„Du weißt es also.“ „Das habe ich nicht behauptet.“ „Aris...“, ermahnte mich Luzifer. Er hatte natürlich recht, ich verhielt mich viel zu aggressiv für meine Position.

„Schätzchen, deine Augen glühen ja schon ganz rot. Wir werden doch nicht etwa wütend sein? Vielleicht sprichst du auch eher, wenn dein geliebter Großvater nicht dabei ist. Sag Tschüss, Opa Luzifer.“

Dabei riss er die Tür auf und griff mich in den Haaren, was schrecklich weh tat. Natürlich versuchte ich mich zu wehren und natürlich wollte Luzifer aufspringen um mir zu helfen, doch er hatte noch zu große Schmerzen und verzog bei jeder Bewegung das Gesicht.

Weiterhin an den Haaren zerrte Chamuel mich mit sich und schloss Luzifer wieder ein. Ich wehrte mich so lange bis wir in Luzifers ehemaligen Arbeitszimmer angekommen waren und er mich heftig gegen den Holztisch stieß. Gerade noch rechtzeitig konnte ich mich mit den Händen auffangen, damit ich mir nicht den Kopf dagegen schlug.

„Wo ist sie!?“, fuhr er mich an, und ich taumelte etwas, bevor ich mich ihm entgegen wandte. „Nochmal! WO IST SIE!?“ „Ich weiß es nicht.“

Er holte aus und ohrfeigte mich mit der Rückhand, was immer besonders weh tat.

„Sag es! Du weißt wo sie ist!“ „ICH WEIß ES NICHT!“

Und ich wusste es wirklich nicht... Woher auch? Ich hatte sie zuletzt gesehen, als wir vor meinem toten Vater knieten und bevor ich auf Chamuel losgegangen war. Ich konnte mir lediglich vorstellen, dass Sacred Feye mittels ihrer Kräfte verhinderte, dass er Juline aufspüren konnte. Aber ich war fest entschlossen eher zu sterben, als es ihm zu sagen.

„Ich verliere langsam die Geduld, Engelchen.“ „Dann töte mich eben...“, sagte ich trotzig und verlor den Boden unter den Füßen. „Ich kann dich auch anders zum Reden bringen. Überlege es dir ein letztes mal.“ „WAS WILLST DU EIGENTLICH!? DU WEIßT JA GAR NICHT WIE ES SICH ANFÜHLT EINE GELIEBTE PERSON ZU VERLIEREN!!!“

Er lachte laut auf und zerrte mich an den Haaren wieder nach oben: „Ich würde aufpassen, was ich an deiner Stelle sage. Du hast gar keine Ahnung von Gott und von deinem Opi! Also, wo ist die Schlampe!?“ „Ich weiß es nicht...“, antwortete ich resigniert und wusste, dass er mich nur noch einmal fragen würde, und zwar nachdem er mir Schlimmeres angetan hätte. Wieder schlug er mich und schubste mich mit dem Bauch an den Holztisch, ehe er anfing mir die Kleider vom Leib zu reißen.

Was auch immer er tun würde, ich würde kein Wort über Sacred Feye und Juline verlieren... Auch wenn ich so schreckliche Angst hatte. Ich wusste, was er vorhatte und ich hatte Angst vor den Schmerzen. Ich hatte noch nie Sex und wollte ihn so auch nie erleben.

„Lass mich in Ruhe!“, fuhr ich ihn erneut an, doch ich hatte kaum noch Kraft und fühlte mich ihm wehrlos ausgesetzt. Plötzlich hielt er inne, als die große Tür aufging und die beiden Frauen hereinkamen, die uns am vorigen Tag in unsere Zelle gebracht hatten. Die braunhaarige wirkte dabei deutlich zurückhaltender als die mit den schwarzen Haaren.

„Lord... Wieso vergeht Ihr euch an diesem hässlichen Weib?“ „Was willst du, Fiona?“, fragte er genervt und stieß mich zu Boden. Hoffentlich würden sie ihn derart ablenken, dass er sein Vorhaben mit mir vergessen würde. Noch war mir ja nichts passiert. Mir fehlte zwar der untere Teil meines Gewandes, aber ich hatte zumindest noch meine Unterwäsche an.

Diese Fiona, gab sich ihrem „Lord“ vollkommen hin und drängte sich ihm auf um ihn zu verführen. Als sie schon halb nackt war, nahm sie ihn mit in das Nebenzimmer.

„Riann, du gehst auf diese verfluchte Erde um die Schlampe zu suchen!“, befahl er der anderen Frau noch bevor er hinter der Tür verschwand. Sie nickte ergiebig, aber mit traurigen Blicken. Wieso arbeitet ein Mädchen wie sie für so einen Kerl? Ihr Handeln wirkte alles andere als freiwillig.

Gerade, als ich aufstehen und ihr folgen wollte, erschienen zwei Dämonen neben mir und packten mich an den Armen. Es waren nicht die Dämonen, die zu uns gehörten und uns treu dienten... Sie sahen ihnen zwar ähnlich, aber waren doch ganz anders. Größer, kräftiger... Und viel stärker. Unsere Dämonen waren manchmal echt dämlich, sie redeten viel.

Diese hier schwiegen komplett und ließen sich erst gar nicht auf irgendwelche Verhandlungen ein. Mit Wucht warfen sie mich zurück in die Zelle, wo ich Luzifer in die Arme fiel. Er guckte mich schockiert an, als er meine Kleidung bemerkte.

„Was hat er gemacht!?!“ „Nichts... Es geht mir gut...“ „Aber deine Kleider!“ „Ja... Er wollte mich dazu zwingen zu reden. Aber in dem Moment sind seine Dienerinnen gekommen und haben ihn abgelenkt.“

Erleichtert, dass mir nichts Ernsthaftes passiert war, schloss er beide Arme fest um mich und drückte mich an seine Brust. Was, wenn Chamuel sein Vorhaben nicht vergessen hatte und direkt weiter machen würde, wenn er mit seiner Schlampe fertig war? Zitternd und weinend blieb ich in Luzifers Armen sitzen und versuchte nicht daran zu denken.

Doch es dauerte nur eine geschätzte Stunde, da stand er schon wieder vor den Gittern und mir stellten sich die Nackenhaare auf. Wenn er mich jetzt wieder herauszerren würde? Und ihn diesmal niemand ablenken käme? Ich graute mich vor der Vorstellung. Luzifer schlang die Arme mit einer schützenden Geste fester um mich und er würde mich festhalten, mit aller Kraft.

„Entspann dich, Luzifer. Wenn ich die Alte haben will, dann kannst du mich eh nicht daran hindern.“ „Wie wär's, wenn du dich mal entspannst? Lass Aris da raus. Sie hat nichts damit zu tun, was passiert ist, genau wie Juline. Und meine Frau und Tochter eigentlich auch. Wenn du magst, kannst du mit mir reden, mich mitschleifen und mich mit Fragen bombardieren. Meinetwegen kannst du mich auch umbringen oder zusammenschlagen, wie dir beliebt. Aber lass sie in Ruhe!“ „Wie heldenhaft... Du bietest mir reden an? DU!? Reden... REDEN!!! VERDAMMT!!! DAMALS WOLLTEST DU AUCH NICHT REDEN! WIE EIN BLINDER HAST DU DEINEN BESCHISSENEN AUFTRAG DURCHGEFÜHRT! ICH WILL NICHT REDEN! DU SOLLST VERDAMMT NOCHMAL WISSEN WIE ES SICH ANFÜHLT! DU UND GOTT!!! Nicht, dass euch einmal gereicht hätte... Nein, zweimal musstet ihr mir alles nehmen... Und du kommst mir, von wegen wir könnten reden. Ein Scheiß mach ich!“ „Wie ein stures Kind“, gab Luzifer unbeeindruckt zurück und Chamuel ballte die Fäuste. Ich hatte Angst, dass Luzifer ihn noch weiter provozierte und er es eventuell dann wieder an mir auslassen würde. Gerade als Chamuel wohl den Höhepunkt seiner Wut erreicht hatte, lachte Luzifer leicht auf, was ihm wohl große Schmerzen bereiten musste.

„Wer regiert eigentlich derzeit das Himmelsreich?“ „Wie?“ Chamuel war so verblüfft von Luzifer's Themenwechsel und einfacher Frage, dass er auf einmal seine ganze Wut vergessen hatte.

Was wollte er damit bezwecken? Vielleicht genau das? Er wusste wohl, wie er geschickt ablenken konnte.

„Warum?“, hakte Chamuel skeptisch nach, weil er nicht verstehen konnte, wie Luzifer in dieser Situation auf so eine belanglose Frage kam. „Na, einfach so. Wer regiert gerade? Früher habe ich ja regiert. Und wer tut es seit dem? Lumen?“ „Lumen? Nein. Metatron...“ „Der Metatron!? Der alte Sack?“ „Ja, genau der alte Sack.“ „Oh Man, seine Predigen werde ich wohl nie vergessen.“ „Nicht nur du... Sein ewiges Gemeckere über das Gleichgewicht und so ging mir schon immer auf die Nerven.“ „Haha, ja und wie er uns immer auf die Finger geschlagen hat, wenn wir lieber geredet haben, statt seine Lehren zu beachten.“

Ich konnte kaum glauben, was dort vor sich ging... Sie unterhielten sich urplötzlich wie alte Kumpels. Die Stimmung zwischen ihnen war kein bisschen angespannt. Als wären sie ewig befreundet und hätten sich nie etwas Böses angetan. Als... Wären sie noch die beiden Engel, die sie früher waren.

Ich klammerte mich noch immer an Luzifer, während ich ihnen dabei zuhörten wie sie Metatrons Art zu sprechen imitierten und dann lachen mussten.

„Als ich noch regierte, wollte er mir immer dazwischen reden, weil er seinen Willen durchsetzen wollte... Tja, jetzt hat er was er schon immer wollte. Der alte Knacker.“

Nun seufzten beide resigniert.

Während er sich so locker mit Luzifer unterhielt, fragte ich mich, was Chamuel angetan wurde, dass er solch einen Hass in sich trug. Für einen kleinen Moment schien er gar nicht so böse zu sein. Er faszinierte mich sogar etwas. Wer war er vorher? Was war ihm passiert? Fragen, die ich Luzifer bisher nicht mehr stellte und Themen, die ich nicht mehr angesprochen hatte. Als ich Chamuels ausgelassenes Lachen sah, kam in mir der Drang hoch, es zu erfahren und mehr über ihn herauszufinden.
 

~ Jade Coldfire ~


 

Wie fast jeden Tag traf sich unsere kleine Clique mittags um miteinander Spaß zu haben und zum Faulenzen. Was der Begriff „klein“ überhaupt der Richtige für die Anzahl unserer Freunde, die sich immer trafen? Ich guckte durch die Runde... Adriano, Fabio und ich... Meine beste Freundin Carolina, die wir allerdings immer Caro nannten. Sie war zudem noch meine Cousine und die Tochter von Jill und Shinji. Dann waren da noch Chris und Jo. Ich wünschte mir ja mehr Mädels in unserer Clique, doch außenstehende Mädchen dazu zu holen war eine schlechte Idee. Wir waren alle Assistants.

Und natürlich redeten wir auch ab und zu über unsere Kräfte. Das waren nun wirklich keine Themen für irgendwelche Mitschüler, die dann vielleicht alles ausplaudern würden.

Jo zog kräftig an seiner Zigarette und gab sie an Adriano weiter. Sie waren die einzigen beiden Raucher in unserer Clique.

„Was machen wir?“, fragte Chris und gähnte etwas. Mir fiel nichts ein. Den Anderen scheinbar auch nicht, denn sie schwiegen und beschäftigen sich mit anderen Dingen. Caro spielte mit ihrem Smartphone, während Fabio im Schneidersitz auf der Straße saß und noch an seinen Schulaufgaben arbeitete.

„Ich hab's!!! Wir kaufen uns Vanilleeis!“, schlug Jo voller Tatendrang vor. Wir alle blickten ihn skeptisch an. „Warum?“, fragte Caro und ließ den Blick nur ganz kurz von ihrem Spiel ab. „Wir könnten es auf unseren Körpern verteilen und es uns gegenseitig runter lecken, hahaha!“ „Iiih“, entgegnete ich. Auch Chris und Adriano verzogen die Mine. Caro gab ein kurzes Ächzen von sich.

„Ich weiß schon wo du es hinschmieren würdest“, sagte ich abgeneigt und verschränkte die Arme, während ich mich an Fabio lehnte und kurz guckte, was er da eigentlich schrieb. Er kritzelte irgendwelche komischen Strichmännchen in sein Matheheft.

„Jo, du bist widerlich“ „Du bist auch geil, Caro.“ „Scheiß Idee. Lass dir was Anderes einfallen“, entgegnete Adriano darauf hin schroff und warf Jo einige tödliche Blicke zukommen. Kurz wechselten meine Blicke zwischen ihm und Caro. Ich vermutete ja, dass da was zwischen den Beiden lief. Doch Adriano hatte eine Freundin, die er uns noch nie vorgestellt hatte. Er sagte immer, sie hätte viel zu tun... Und das schon seit fast zwei Jahren.

„Hört mal auf, Jo zu dissen“, murmelte Fabio ohne uns großartig zu beachten. „Dissen? Wo sind wir?“, fragte Chris verwirrt. „Der Junge sagt es! Hört auf mich zu dissen! Gut, wenn ihr kein Eis wollt, dann hab ich noch eine gute Idee.“

Wir seufzten schon. Das konnte mit nichts Gutem enden. Alles, was Jo vorschlug, hatte immer mit Sex zu tun. Er grinste schon wieder Triumphierend auf und legte einen Arm um Adrianos und Chris' Schulter.

„Wir drehen einen Porno!!!“ „WAS!?“, schrien Caro und ich entsetzt auf, während die Jungs ihn neugierig anblickten. Sogar Fabio diesmal.

„Ja! Jade und Caro sind die Hauptrollen und ich nagel euch beide! Gut?“ „Ich filme es“, schlug Fabio gleich vor und kassierte einen Schlag auf den Hinterkopf von mir.

„Was geht?!“, fragte Caro genervt mit dem Blick auf dem Spiel gerichtet. „Abgelehnt“, antworteten Chris und Adriano gleichzeitig und blickten sich wiederum verwirrt an.

„Habt ihr eigentlich nur Scheiße im Kopf?“, fragte ich entsetzt und stand auf. Jo lächelte nur charmant und Adriano verschränkte die Arme, sowie Chris auch. Fabio schien schon fast ein wenig enttäuscht und Caro war abgelenkt von ihrem Spiel.

„Leute... Wir brauchen mal wieder Stimmung in der Runde. Jeden Tag stehen wir hier und fragen uns stundenlang was wir tun könnten. Und bis uns dann vielleicht was einfällt, ist es schon wieder Zeit nach Hause zu gehen.“ „Ich dachte, wir chillen“, entgegnete Jo meiner Rede.

„Die Porno Idee ist echt Scheiße“, beschwerte sich Chris erneut. Er konnte die Vorstellung von Jo und mir nicht dulden. Aber Jo wäre eh der Letzte, den ich an mich lassen würde.

„Gehen wir zu Mc' Donalds“, sagte Fabio unbekümmert und erntete gleich Zustimmung von Jo und Chris. Ich war eigentlich auch dafür und Caro gab nur ein leises „mhm“ von sich. „Zu Mc'es? Alter, was wollt ihr immer da? Ich bin dagegen, bin pleite“, grummelte Adriano.

„Haben wir nicht letzt erst Taschengeld bekommen?“, fragte Fabio verwundert und guckte mich an. Ich nickte: „Was machst du immer mit deinem Geld? Du hast nie Geld...“ „Ich hab eben ne scheiß teure Freundin. AHR!“ „Huch...“, sagte Caro relativ unbetroffen, als sie ihren Becher Cola zu fest drückte und sie Adriano fast komplett über das Oberteil geschüttet hatte. Dann warf sie den Pappbecher hinter sich und lief lässig, mit dem Blick erneut auf ihr Handy gerichtet, voraus.

„Ich spendiere dir das Futter“, bot Chris meinem Bruder an und Jo lachte. „Wann sehen wir deine scheiß teure Freundin eigentlich endlich mal?“ „Keine Ahnung, Fabio. Wann sie mal Zeit hat?“ „Sie hatte die letzten zwei Jahre keine Zeit!“, entgegnete ich trotzig und drängte mich zwischen ihn und Fabio, woran sich beide nicht störten.

„Sie ist eben sehr beschäftigt.“ „Hoffentlich hat sie wenigstens genug Zeit für Sex.“ „Du denkst auch nur an Sex, oder Jo?“ „Jep“, antwortete er mir mit einem breiten Grinsen.

Ab und zu blickte ich unauffällig zu Chris. Ich hatte das Gefühl, dass sich unsere Blicke jedes Mal zufällig trafen, wenn ich das tat. Als wüsste er genau, wann er auch mich angucken sollte. Gerne würde ich an seiner Hand laufen. Irgendwann würde der Tag wohl auch kommen, an dem Adriano die Wahrheit erfahren würde. Doch dieser Tag sollte nicht heute sein.

Zu sechst gingen wir in den Laden und machten uns an einem großen Tisch breit. Die Jungs holten unsere Bestellungen, während ich mit Caro den Platz hielt.

„Sag mal Hasilein, bist du süchtig danach?“ „Ich hab das Handy erst seit gestern. Das Game ist toll.“ „Du glotzt ja nur noch da rein.“ „Na und? Ich verpasse doch nichts. Die Kerle haben sowieso nichts zu bieten, was meiner Blicke würdig wäre.“ Dann mussten wir beide kichern. Ja, da hatte sie wohl recht. Caro war manchmal seltsam... Sie war eitel und ihre braunen Haare konnte sie nicht leiden, deswegen färbte sie sie zweimal im Monat blond nach. Sie ging gerne shoppen und hatte immer die neusten Klamotten.

Natürlich auch die neusten Handys. Sie war ein beliebtes Mädchen, das selbstbewusst war und viel von sich hielt. Vielleicht manchmal zu viel. Aber man konnte Spaß mit ihr haben und ich mochte sie, trotz ihrer Macken. Es wunderte mich, dass sie nie einen Freund anschleppte.

Eigentlich sprach sie sowieso nie von Jungs und guckte sie sich auch nicht an. Irgendwas schien da nicht ganz zu stimmen oder es war nur eine Phase, in der sie einfach nur sich selbst am nächsten war und keine Beziehung wollte. Wahrscheinlich wäre sie auch eine schwierige Freundin, mit vielen Erwartungen und Wünschen, die ihr Kerl erfüllen müsste.

Caro konnte wirklich ziemlich zickig sein, wenn sie nicht bekam, was sie wollte. Shin verwöhnte sie immer viel zu sehr. Ihre Eltern ließen sich lange Zeit überhaupt ein Kind zu bekommen. Ich glaube, als Jill hörte, dass ihr kleiner Bruder – mein Vater – nun auch schon Kinder bekommen würde, wollte sie einfach mithalten. Shin ließ nichts auf sein kleines Mädchen kommen und da er gut verdiente, hatte sie auch immer viel Taschengeld. Meine Eltern hatten auch nicht viele Geldsorgen. Mein Vater hatte als Soldat mehr als genug verdient und würde wahrscheinlich wieder zum Dienst antreten, sollte es wieder knapp werden.

Doch das Leben mit drei Kindern war recht teuer und so mussten wir etwas gezügelt leben. Ich mochte meinen Dad und wollte nicht, dass er so schnell wieder gehen würde. Aber ich hatte das Gefühl, dass es Adriano hingegen gar nicht schnell genug gehen könnte.

In dem Moment kamen die Jungs zurück und breiteten die vier bis zum Überlaufen gefüllten Tabletts auf dem großen Tisch aus. Wir griffen beherzt zu den Dingen, auf die wir gerade Lust hatten. Es gab ja mehr als genug.

„Adde, wenn wir immer so viel hier futtern, müssen wir bald mal wieder trainieren gehen“, sagte Jo und knabberte genüsslich an seiner Pommes mit Mayo. Adriano guckte skeptisch auf das Essen: „Es ist unsere vierte Orgie in sieben Tagen. Ja, ich glaube wir sollten bald mal was ausmachen zum Training.“ „Fabio, Chris, warum kommt ihr nie mit?“, fragte Jo und war schon wieder bei der nächsten Portion angekommen. Er schaufelte wie ein Bagger.

„Ich finde es unnötig. Hab keine Lust auf große Muskeln“, antwortete Chris. „Ich lebe, so wie ich will. Wenn ich essen will, dann tu ich das ohne über meinen Körper nachzudenken“, fügte er noch hinzu.

Ich liebte ihn und seine Ansichten so sehr... Er machte sich nie wirklich Gedanken um etwas sondern ließ alles ganz langsam auf sich zukommen. Adriano und Jo waren nun nicht die Bodybuilder schlechthin. Sie waren auch nicht so besessen, dass sie unbedingt jeden Tag trainieren mussten. Doch einmal die Woche oder spätestens nach zwei Wochen, trafen sie sich immer.

Dass Adriano so viel mit Jo unternahm gab mir manchmal etwas zu denken. Jo war nicht wirklich das beste Vorbild für einen normalen jungen Mann in Adriano's Alter.

Er brachte ihn fast nur auf schlechte Gedanken. Eigentlich wollte ich Jo nicht schlecht reden. Er hatte ja auch einen guten Kern. Aber manchmal war er unausstehlich.

„Unser Fabsi und Muskeln... Kann ich mir gar nicht vorstellen, haha.“ Adriano lachte, bevor Fabio sich dazu äußern konnte. Wieder spürte ich wie sehr Fabio durch Adrianos unbewusstes Verhalten unterging. Er beschloss nichts weiter zu sagen und nahm sich einen Cheeseburger.

Ich sah wie Jo Caro beim Essen beobachtete. Caro schlang wortlos die Hälfte des ganzen Essens herunter und bemerkte nicht, dass alle sie schon anstarrten. Jo grinste natürlich wieder: „Caro, Schatz. Bist du schwanger? Du frisst wie eine Frau, die mehrere dutzend Kinder erwartet.“

Adriano verschluckte sich kurz und Caro blickte wieder kurz von ihrem Game herauf und lächelte: „Und selbst wenn ich Hundertlinge bekäme, wären sie nicht von dir. Ich stehe nicht auf braune Augen.“ „Ohoo! Aber auf Grüne?!“ „HALT'S MAUL JO!!!“, keifte Adriano, der die Anspielung auf ihn und Caro gleich verstanden hatte. Hemmungslos schlug er ein paarmal auf seinen Kumpel ein und ließ ihn dann wieder los als dieser sich mit einem lauten Lachen die Schulter rieb.

„Warum so aggressiv? Haha... Hab ich nen wunden Punkt getroffen?“ „Caro steht wohl auf braune Augen. Allerdings nur auf mein!“, wendete ich ein und legte meinen Arm um ihre Schulter. Sie lächelte und küsste mich auf die Wange: „Das stimmt... Ich stehe auf dich... Du bist so sexy. Meine Hundertlinge sind von dir, mein Schatz. Freust du dich?“ „Oh ja!“ „Geil, Lesbensex!!!“, platzte es aus Jo, der leuchtende Augen bekam und die Hände faltete.

Wieder bekam er von Adriano einen Hieb. Diesmal in die Seite, weswegen er lachend zusammenfuhr.

„Ihr seid Scheiße“, bemerkte Chris unbeeindruckt und nahm sich den letzten Cheeseburger, der auf dem Tisch lag. „Wäre Jade nicht meine Schwester, würde ich es gern sehen wollen.“ „Fabio! Du bist viel zu unschuldig für solche Dinge!“, bemerkte ich und musste nun auch lachen.

Ich wusste gar nicht wie viele Stunden vergangen waren, seit wir hier saßen. Wir hatten es nicht eilig wieder aus dem Laden zu gehen, immerhin hatten wir den ganzen Tag Zeit.

Doch als es langsam spät wurde und draußen die Dunkelheit einbrach, wurde ich innerlich etwas unruhig. Irgendwas fühlte sich komisch an und ließ meine Alarmglocken ihm hohen Takt aufschreien. Auch die Anderen wurden schweigsamer, doch niemand sprach das Thema an. Wir dachten wohl alle dasselbe: Es wird schon nichts sein. Was denn auch? Es gab nichts, das uns bedrohte. Und alles was unsere Familien erzählten, war vergangen. Luzifer und Feye waren in ihrem Reich. Niemand würde uns angreifen.

Doch plötzlich schrien Caro und ich schrill auf, als das Licht ausfiel und es stockdunkel wurde. In unserer Unruhe standen wir natürlich sofort alle auf und ich spürte Chris, der ich nah an mich stellte um mich im Notfall zu beschützen. Es war so dunkel, dass es sowieso niemand bemerken würde.

„Was ist hier los?“, fragte Chris verunsichert. „Keine Ahnung“, entgegnete Adriano. „Jungs, wir gehen besser schnell hier raus“, schlug Caro vor und dann hörte ich Fabio, der sich an einem der Tische anstieß und fluchte. „Gott, wieso ist das so dunkel?“, fragte ich genervt, während ich mich vorsichtig voran tastete. „Ein Feuerassistant wäre jetzt echt praktisch.“ „Den haben wir aber nicht, Jo“, sagte Chris. „Hey, mach doch nen Blitz, Chris!“ „Gute Idee, Fabio.“

Endlich wurde es etwas heller durch den kleinen Blitz, den Chris in seinen Händen erschuf. Der kleine blaue Blitz flackerte und zuckte, während er dieses typische Surren von sich gab.

Instinktiv wollte ich mich nun umschauen und sah Caro, die einen Schritt zurück lief und mit dem Rücken an etwas stieß. Nun wandte sich auch Chris zu ihr und wir konnten sehen was es war. Caro drehte sich mit blasser Gesichtsfarbe ebenfalls und sprang schreiend zurück.

Es war ein großes schwarz-violettes Wesen. Fast so wie Chucky, der Hausdämon, der inzwischen Jill diente. Doch er war größer und schien gar nicht so freundlich zu sein...

„PFUI! DÄMON!“ schrie Jo und ehe wir uns von dem Schock erholen konnten, schoss er eine Feuerkugel auf Caro, die wie gelähmt stehen blieb. Ich kniff die Augen zusammen und hörte ihr Handy, das wohl durch die Luft geschleudert wurde und zu Boden fiel.

Nun zwang ich mich die Augen wieder zu öffnen und sah Adriano, der Caro in den Armen hielt und an Angriff abgefangen hatte. Sein Gesicht wirkte, als würde er gleich umfallen vor Schmerzen und als Chris mehr Licht gab, sahen wir, dass sein ganzer Rücken eine einzige Brandwunde davontrug. Mir wurde schlecht und ich erschrak mich heftig. Dann wurde er bewusstlos und der Dämon stand immernoch da und lachte. Er schuf eine neue Feuerkugel und schoss nur knapp an Jo und mir vorbei. Die Kugel zerriss die Einrichtung förmlich.

„Alter, was machen wir!?!“, fragte Jo hysterisch. „Macht den Dämon kaputt!“, rief Fabio. Caro war nur am Schreien und am Weinen. Sie hielt meinen bewusstlosen Bruder in den Armen und bewegte sich nicht mehr.

Nur schlecht bekam ich die tolpatschigen Versuche, den Angriffen auszuweichen, mit. Und ich selbst stellte mich auch nicht besser an. Jedes Mal wenn ich eine Feuerkugel herfliegen sah, sprang ich weg und flog dabei halber über Tische und Stühle. Es war noch immer so finster, dass man keinen Ausgang sehen konnte.

„Jetzt schießt halt einfach auf den!!!“, befahl Caro und schluchzte erneut los. Chris schoss Blitzkugeln um sich und endlich konnte ich sehen, wo der Dämon sich aufhielt. Ohne nachzudenken, schoss ich einen Wasserstrahl auf ihn und überschwämmte den halben Laden damit. Wieder schrie Caro und fluchte mich an, weil sie Adriano kaum über Wasser halten konnte.

Doch wir mussten den Dämon loswerden und Fabio, Chris und Jo setzten nochmal eins drauf. Endlich zerfiel er in Asche.

„Chris! Schnell, mach wieder Licht, verdammt! Wir müssen hier raus!“, fluchte Caro. Chris erschuf gleich wieder einen Blitz und Jo und Fabio schleppten Adriano nach draußen, wo Totenstille herrschte. Kein Mensch war auf der Straße zu sehen. Caro schrie noch immer und sah aus wie eine Leiche.

Adriano's Anblick war schrecklich. „Ist er tot!?“, fragte Fabio aufgebracht. „Oh Man, Caro, stell dich nicht so an und heile ihn endlich, statt nur herumzuschreien!“, fuhr Chris sie an. Nachdem ich ihr kurz auf die Wange schlug um sie wieder zu Verstand zu bringen, konzentrierte sie sich und legte ihre Hände auf Adriano's Rücken. Nach kurzer Zeit verschwanden die Wunden endlich wieder und er öffnete benommen seine Augen.

Ich fiel ihm sofort in die Arme und wollte am liebsten nur noch weinen. Er hielt mich fest und blickte sich verwundert um: „Was... Was war das?“ „Ein Dämon?“, fragte Jo. „Die Anderen haben nie was davon erzählt, dass die so stark sind“ „Vielleicht sind wir einfach zu dumm, Fabio“, entgegnete Chris. Ich überlegte: „Ja... So wird es sein. Wir haben noch nie mit unseren Elementen gekämpft. Haben sie immer nur zum Spaß genutzt.“

Nun wurde es still zwischen uns... Erst nach einigen Minuten ergriff Caro das Wort: „Sollten wir... Sollten wir es unseren Eltern sagen?“ „Ich weiß nicht...“, antwortete ich. „Vielleicht lassen wir es besser erstmal. Es war jetzt ein einziger Dämon. Wenn wir es ihnen erzählen, bekommen sie vielleicht wieder Angst und geraten in Panik. Ich finde, wir sollten jetzt noch nicht die ganze Familie in Panik versetzen, sondern einfach nur gut auf uns aufpassen“, erklärte ich dazu. Meine Freunde waren meiner Meinung, obwohl Chris es skeptisch betrachtete.

„Falls unsere Eltern angegriffen werden sollten, können die sich bestimmt selbst beschützen. Immerhin wissen die wie man kämpft!“, meinte Fabio um uns noch etwas mehr zu beruhigen.

Wir standen auf und ich blickte noch einmal zurück... Warum war auf einmal alles so leer? Wieso bemerkte niemand diesen Angriff? Bevor es dunkel wurde, war die Filiale noch gut gefüllt. Auf einmal waren alle weg... Sehr gruselig. Wir sollten wirklich besser auf uns achten in Zukunft.
 

~ Kapitel 5 ~ Einblicke ~ Ende ~ Fortsetzung folgt ~



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