Guardian Angel von fragile (it's your song) ================================================================================ Kapitel 11: Breather -------------------- viel vergnügen beim neuen kapitel^^ euer himbeerkeks * Breather Breather Wie fühlt es sich an, wenn man kerngesund ist? Wie fühlt es sich an, wenn man nicht täglich um sein Leben bangen muss? Wie fühlt es sich an, einfach glücklich zu sein? Ich weiß, dass ich nie ein 'normales' Leben hätte führen können, selbst wenn ich mich noch weiteren Operationen unterzogen hätte. Es wäre immer gleich geblieben. Die gleichen Sätze hätten die Ärzte verlauten lassen – wie immer. „Junger Mann, Sie dürfen trotz Besserung nicht allzu viel Sport treiben!“ „Sasuke, du musst dich ausruhen. Leg' dich doch einfach noch für ein oder zwei Stunden hin.“ „Mr. Uchiha. Sie sollten im Leben etwas zurücktreten und alles langsamer angehen.“ Ja, das waren die Standardsätze, die mir wirklich zum Halse raushingen. Ich begann schon in frühen Jahren die Krankenhäuser und die dazu gehörigen Ärzte zu hassen. Hass? Hm. Sollte ich besser sagen, dass ich einen Groll gegen sie hegte? Das traf es wohl eher. Hass. Hassen konnte ich mich wohl nur selbst. Ich war schwach. Wurde schwächer. Trauriger. Nachdenklicher. Ich hasse diese Schwäche in mir. Und innen, tief in meiner Seele, da fühlt es sich so kalt an. Und ich bin einsam geworden. Und ich war schuld. Ich allein. Am liebsten hätte ich täglich nur noch geheult und alles herausgeschrieen. All meine Ängste. Hätte es etwas gebracht? Nein! Naruto sagte zwar immer, dass es befreiend war, doch meine Meinung war einfach nur, dass es schwach war. Ich war zu stolz geworden und ich befürchtete, dass ich gar nicht mehr weinen konnte. Wirst du denn um mich weinen? Kannst du das für mich tun? Ich weiß, dass sollte ich nicht tun. Es hört sich an, als wäre ich schon längst ins Totenreich übergegangen. Aber wer weiß es schon. Keiner weiß, ob du diesen Brief je erhalten wirst. Noch nicht einmal ich kann sagen, ob du ihn bekommen wirst oder nicht. Die Schwestern schauen mich ständig an, wenn ich den Stift in die Hand nehme. Sie glauben, ich würde alle meine Wünsche aufschreiben. Wünsche, die ich nach meiner gelungenen OP erfüllen würde. Lachhaft. Kindisch. Das würde zu viele Hoffnungen in mir wecken, die meinen Verstand vernebelt hätten. Ich muss realistisch bleiben. Egal was ist. Meine Chancen zu überleben stehen schlecht. Mein Arzt sagt es immer und immer wieder. Oder beginne ich schon, es mir einzubilden? Selbst im Traum sehe ich dessen Gesicht. Wie er mich anstarrt, so entsetzt. Ich schreie dann, habe Schmerzen, aber alles nur eine Illusion und es kommt mir vor, als würde er mich nicht hören. Seine Ohren sind taub. Ich bin stumm. Und dann träume ich davon, wie er meine Brust quälend langsam aufschneidet. Dickes, rotes Blut quillt heraus. Mein Herz dröhnt mir laut in der Brust. Meine Schreie, die von niemandem gehört werden, hallen in meinem Kopf. Die Tränen, die niemals über meine Wangen laufen würden, nehmen mir die Sicht und lassen alles verschwommen aussehen. Dann wache ich auf. Schmerzen. Höllische Schmerzen. Schmerzen, die ich nicht beschreiben sollte, denn allein der Gedanke daran, lässt mich schon wieder aufkeuchen. Aber, Sakura, willst du wissen, wie es sich anfühlt? Willst du wissen wie sehr ich leide? Wirst du dann um mich weinen, sollte ich einmal nicht mehr hier sein? Würde es dir auffallen? Lachhaft wie ich mich aufführe. Wie ich rede. Ich habe aufgegeben. Einfach so. Ich möchte leben, damit ihr nicht um mich trauern müsst. Ich möchte sterben, dass meine Qual endlich ein Ende hat. Egoistisch? Ja, mag sein. Fair? Nein, niemals. Sakura, du musst mir versprechen, jetzt, wenn du liest, dass du immer auf Naruto Acht geben wirst. Er kann einfach nicht ohne mich. So wie ich auch nicht ohne ihn könnte, wenn er nicht mehr bei mir wäre. Ich würde wahnsinnig werden. Schreien, um mich schlagen und sogar weinen. Für ihn würde ich immer weinen. Jeden Tag. Jeden gottverdammten Tag! Ich weiß genau, wie es sich anfühlt, wenn man jemanden verliert, den man liebt. Den man über alles liebt. Es tut so weh. Innerlich zerreißt es dir die Seele. Schneidet tief hinein. Und dann zerberstet sie, wie seidig-glattes Glas und hinterlässt Scherbe für Scherbe. Es werden Tage vergehen, Monate, Jahre. Die Scherben werden Stück für Stück, Teilchen für Teilchen, zusammengefügt, bis nur noch die feinen Risse zu sehen sind. Es tut weh, Sakura. So sehr. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr es schmerzt. Es kommen Tage, in denen du empfindlich bist. Es kommen Tage, in denen du glücklich zu sein scheinst. Es kommen Tage, in denen du alles hinschmeißen möchtest. Es kommt dir vor, als würdest du zu viel Luft in dir haben. Du willst im Leben auf >Pause< drücken. Und dann einfach warten. Warten, bis der Schmerz weniger wird. Warten, bis ein Mensch auftaucht, der den Schmerz lindern wird. Warten, bis der Schmerz gänzlich vergeht. Warten, bis das Leben endlich wieder weitergehen kann. Mit dir. Mit einem glücklichen, ausgeglichenen Du selbst. Ja, ich denke, wenn man so viel Dinge im Leben gesammelt hat und schnell erwachsen werden musste, dann kommt kurz vor dem Tod der Moment, in dem du wild um dich schlägst, mit (vielleicht ziemlich verrückten) Philosophien. Das Leben hält für jedermann Überraschungen parat. Für mich wird es der kommende Tod sein. Für Naruto die kommende Trauer und das Alleinsein. Wir waren schließlich immer zusammen. Tag und Nacht. In guten, wie in schweren Tagen. Ich muss lachen. Jetzt. Gerade eben. Die Krankenschwester hat mich angelächelt. Denkt sicher, dass ich Lebensmut gesammelt habe. Aber der Gedanke von ihr ist Schwachsinn, denn ich lache, weil sich das alles anhört, als wäre ich mit Naruto verheiratet. Diesem kleinen Dobe. Der kleine Dobe, der überhaupt Schuld daran gewesen war, dass ich immer wieder aufgestanden bin. Mit 12 lernte ich ihn richtig kennen. Ab diesem Alter waren wir Freunde. Mit 13 erfuhr er zum ersten Mal von meiner Krankheit. Mit 14 sah er zum ersten Mal einen Anfall. Er wurde für mich ebenfalls erwachsen. Damit ich nicht so alleine sein würde. Damit ich nicht neidisch auf sein kindliches Verhalten werden würde. Jetzt wo wir beide älter sind, können wir besser damit umgehen. Man merkt, dass Naruto noch immer im Inneren ein Kind ist – und ich nehme es ihm nicht übel. Es ist schließlich seine Kindheit gewesen, die er für mich opferte. Meinen Herzfehler hatte ich schon seit meiner Geburt. Die Ärzte versicherten meinen Eltern, dass nie etwas passieren würde. Das ich mit regelmäßigen Arztbesuchen und diversen Medikamenten dem Fehler vorbeugen konnte. „Keine Sorge. Es wird nicht tödlich sein.“ Wie oft hörte ich den Satz? Wohl die kompletten ersten 5 Jahre meines Lebens. Und ich glaubte daran. Ich würde einfach ein bisschen langsamer machen, nicht übertreiben und dann hätte ich ein ganz normales Leben. Aber irren ist menschlich. Leider. Und so wurde meine Hoffnung zerschlagen, als ich meinen ersten großen Anfall im Alter von nur sechs Jahren hatte. Ich wäre fast gestorben. Oder sollte ich besser sagen, dass ich starb, aber eine warme, helle Hand mich aus dem Dunklen ins Licht gezogen hatte? Ich wurde reanimiert. Und von diesem Moment an, begann alles. All der Schmerz, der Kummer, das Alleinsein, die Qual, der Eintritt ins Erwachsensein (wenn auch nur bedingt). „Wir müssen operieren.“ „Es sieht nicht gut für Ihren Jungen aus, Mrs Uchiha.“ „Er braucht viel mehr Ruhe.“ „Der arme Junge.“ „Er tut mir so leid.“ „Sagen Sie, Mrs Uchiha, Ihr Junge ist ziemlich blass um die Nase und ständig verliert er fast das Bewusstsein. Ich will nicht persönlich werden, aber bekommt Ihr Sohn regelmäßig eine anständige Mahlzeit?“ Alles Sätze, die mich ein Leben lang verfolgen werden. Alles Sätze, die immer wieder heraufbeschworen werden. Alles Sätze, die ich verabscheue. Wie unsinnig Menschen sein konnten. Sie mussten sich erst über andere Menschen unterhalten, damit ihr eigenes Leben nicht ganz so missraten wirkte. Und wem konnte man dieses Verhalten schon verübeln. Genau. Niemandem und doch alle. Aber auch ich bin ein Mensch. Auch ich rede lieber über andere Menschen und deren Probleme, denn dann wird mein eigenes, zum todgeweihten Leben weiter ins Dunkle gerückt. Fair? Für mich schon. Wer weiß. Vielleicht brauche ich in meinem Leben einfach einmal eine Atempause. Aber es wird schwierig werden, eine Atempause zu verlangen, wenn ich im Sterben liege. Denn brauche ich nicht da, genug Sauerstoff? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)