Anime Evolution: Krieg von Ace_Kaiser (Fünfte Staffel) ================================================================================ Kapitel 6: Werde Asche ---------------------- Prolog: Der Mensch wird geboren, in seine Familie, in sein soziales Umfeld, in sein Land. Was so einfach und banal klingt ist in Wirklichkeit ein himmelweiter Unterschied, ein Riesending, eine kleine Gigantomanie, mit der das junge Leben bereits in eine recht eindeutige Richtung gedrängt wird, die es nur schwer wieder verlassen kann. Falls es das überhaupt will. Die ersten sozialen Kontakte hat das Kind mit der Familie. Mutter, Vater, Geschwister, Onkel und Tanten, Großeltern, Cousins und Cousinen, und vielleicht mit Kindern ähnlichem Alters in der Nachbarschaft, je älter es wird. Bereits hier findet die erste Prägung statt. Das Kind isst was die Eltern ihm geben, redet mit jenen Leuten, mit denen seine Familie Umgang pflegt und findet Freunde in dem Entfernungsrahmen, den ihm seine Eltern zugestehen. Hier findet die zweite Prägung statt, denn die Menschen unterscheiden zwischen "Familie" und "Nachbarschaft", beziehungsweise behandeln deren Vertreter anders. Das ist aber noch lange nicht das Ende der Prägung, denn hiernach kommt der Staat und prägt das Kind nachhaltig. Der Staat, das ist die abstrakte Gesamtheit einer Bevölkerung, die sich freiwillig oder gezwungen unter einem gemeinsamen Willen und einem gemeinsamen Banner zusammengefunden hat und eine Mega-Kultur bildet, die sowohl auf die Nachbarschaftskultur als auch auf die Familienkultur ausstrahlt. Um es in einfache Worte zu kleiden, schauen wir uns einen jungen Tuareg an, der am Rande der Wüste in einem Zelt geboren wird, von seinen Eltern lernt den Wind zu hören und die Bewegung des Sandes zu spüren. Er wächst unter dem von nur wenig künstlichem Licht getrübten Sternenhimmel auf und wird, wenn er alt genug ist, seinen Vater bei einer der Salzkarawanen begleiten. Von Dingen wie Internet oder Kampfjets wird er wohl niemals hören, geschweige denn von der UEMF oder einem Strafer der Götter. Dennoch kann er diesen Einflüssen nicht entkommen, denn sie strahlen auf die gesamte Megakultur der Menschheit aus. Ein anderer Fall ist eine junge Inuit, die mit den Segnungen der westlichen Kultur vertraut gemacht wurde, Technologie ebenso kennen gelernt hat wie moderne Wissenschaft, mit einem Handy ebenso gut umgehen kann wie mit einer Tastatur, und irgendwann einmal von ihren Eltern darauf aufmerksam gemacht wird, das die Kultur ihres Volkes eine völlig andere ist, draußen, im Eis. Das Mädchen wird vielleicht einen Onkel während einer Jagdgesellschaft begleiten, Robben jagen, das Eis kennen lernen und erahnen wie das Leben ihrer Vorfahren war, bevor Internet, die Weißen und auch Schießpulver und Schnaps zu ihnen kamen. Dennoch hat sie nur zwei Pfade, für die sie sich entscheiden kann. Entweder das westlich orientierte Leben in den Städten und Dörfern, oder ein westliches Leben mit gelegentlichen Ausflügen ins Eis, wie es ihre Vorfahren getan haben. Aber auch sie kann sich den Göttern nicht entziehen, denn wenn sie die Erde bedrohen, bedrohen sie alle Menschen. Und wenn sie die Erde vernichten, vernichten sie alle Menschen. Und dann ist da noch ein junger Mann, der Zeit seines Lebens in einem hierarchischen, strengen Familienclan aufgewachsen ist, stets gefordert und gefördert wurde, der einmal im Familienbusiness eine wichtige Rolle spielen sollte. Seine Kultur und seine Familie sind westlich geprägt, stehen zu Technologie, zur UEMF und treten für den Schutz der Erde ein. Der junge Mann kann nicht entkommen. Entweder fördert er die UEMF als Teil des Management im Familienbusiness, oder er tritt gleich in die Kampftruppe ein und versucht dort seinen Weg zu finden. Eine Alternative sieht das Leben nicht für ihn vor. Denn weder das Leben als bescheidener buddhistischer Mönch, noch ein Leben als gelehriger Akademiker bewahren ihn davor, zusammen mit allen anderen Menschen in den Fokus der Götter zu geraten. Gewiss, er kann diesen Weg gehen, er kann sich verbergen, oder die Erleuchtung dem Weltlichen vorziehen. Entkommen freilich wird er nie. Die vierte und letzte in unserer Aufzählung wurde geboren um ein Sternenreich zu erben, um in eine Meta-Gesellschaft einzutreten, die sie nie kennen gelernt hat, weil sie auf der Erde geboren wurde. Ohne die Distanz zu Nag Prime hätten ihre Eltern vielleicht nie zusammen gefunden, und ohne die Bedrohung der Welt durch den Core wären sie vielleicht nie hier geblieben. Ihre Familie war stets eine sehr merkwürdige durchmischte Kulturwelt, einerseits geprägt durch das große Haus Arogad auf Seiten ihrer Mutter, auf der anderen Seite infiltriert durch die Fioran von Vaters wegen. Dazu kamen die japanische und die deutsche Kultur, jene beiden Länder, in denen sie aufwuchs, und von denen ihr immer wieder gesagt wurde, dass sie nicht ihre wirkliche Heimat waren. Aber sie kannte keine anderen Kulturen, und wenngleich die Naguad um sie für ihre Ausbildung sorgten und ihr bei brachten was sie für ein Leben im Turm der Arogad oder in deren Dienste wissen musste, so blieb es doch immer abstrakt für sie. Beinahe so abstrakt wie die Bedrohung durch den Core, der Dai jagte, abstrakt wie der Götterpakt, dem sie sich eines Tages unterwerfen musste. Alles war abstrakt, nur nicht das Leben auf der Erde, ihre Freunde, ihre Familie, die beiden Familienclans der Yamadas und der Bergers. Dennoch konnte sie keinem dieser Aspekte jemals entkommen, egal wie sehr sie sich anstrengte. Das ferne, fremde Leben auf Nag Prime bedeutete ihr nicht mehr als den Atem, den ihre Lehrer verschwendeten, um sie darüber zu unterrichten, und sie sehnte sich nie danach, heimzukehren, denn die Erde war ihre Heimat. Hier, das spürte sie, gehörte sie hin. Entkommen würde sie nie. Niemals. Nein. Bestimmt nicht. Aber es war auch gar nicht ihre Art, entkommen zu wollen. Nein, sie stellte sich allen Herausforderungen, allen Kämpfen egal welcher Art. Und sie war entschlossen, all diese Kämpfe zu bestehen, zu siegen, damit ihr Leben auf der Erde weiter gehen konnte, wie sie es erhoffte. Sie war vielleicht die unfreiste von unseren vier Beispielpersonen, und doch wieder die mit dem meisten freien Willen, denn sie hatte sich schon früh entschieden und folgte dieser Entscheidung beharrlich. Was sie nicht wissen konnte war, dass diese Entscheidung einmal mehrere Meta-Gesellschaften miteinander verknüpfen würde. 1. Angrid Taral war all das, was Therom Fioran auch hätte sein wollen: Groß, stattlich, aschblond und dazu auch noch gewitzt und intelligent. Er war ein Bild von einem Prachtkerl, und das wusste er auch. Das machte ihn irgendwie zu einem kleinen, Frauen verschlingenden Arschloch, der die armen Dinger verführte, benutzte und dann wieder fallen ließ. So ein elendes Schwein. Therom beneidete ihn enorm um diese Fähigkeit. Darüber hinaus war Angrid auch noch ein Bluthund der Arogads, genauer gesagt der Sohn von Aris Taral, dem Bluthund schlechthin, der durch überschneidete Heiraten sehr eng mit der Kernfamilie der Arogads verwandt war. Leute wie er wurden normalerweise Admiral, Berufspolitiker oder Luxusplayboy. Selbst hier auf der Erde, wo man den Kernwelten des Imperiums ferner war als die Erde der Andromeda-Galaxis, leuchtete der Sonnyboy durch Talent, Geld und seine gehobene wirtschaftliche Stellung als Direktor einer deutsch-japanischen Import-Export-Firma. Was ihm den Vorteil verschaffte, Mädchen beider Nationen zu vernaschen. Zudem war er als Naguad nicht nur sehr langlebig, sondern blieb auch noch äußerlich sehr lange jung. Gut, gut, in dem Punkt waren er und Angrid gleich, denn es machte nichts ob man ein Arogad oder ein Fioran war; die meisten Naguad wurden drei- vierhundert Jahre alt. Wenn man hier und da mit der überlegenen Technologie des Imperiums nachhalf, konnten sogar tausend draus werden. Vorausgesetzt man wollte das auch, denn tausend Jahre konnten sehr lang sein. Doch was nützte ihm das, solange er Therom Fioran war? Er war nur ein kleiner Kerl mit strohigem schwarzem Haar, einer viel zu großen Nase, wässrigen, tränenden Augen und zwei dünnen Strichen, die sich eigentlich Lippen schimpfen sollten, ihm so aber ein ernstes, zynisches, fieses Gesicht verliehen. Und dann war da noch das viel zu breite Kreuz, das seiner schlaksigen Figur ein groteskes Aussehen verschaffte. Nein, die Natur war nicht sehr nett zu ihm gewesen, seit das Schicksal entschieden hatte, das er als Sohn von Kilat und Eodorm Fioran auf der Erde geboren werden sollte. Dies war nun bereits achtzig Jahre her, und er war noch immer jung, ebenso wie Angrid. Aber was nützte es ihm? Nichts, einfach nichts. Eine Hand erschien vor seinen Augen und schnippte energisch. "Hallo? Erde an Therom. Jemand Zuhause?" Der Fioran schreckte hoch. "Was?" "Du warst in Gedanken versunken. Ich habe dich mehrfach gefragt, ob die Paris-Reise in trockenen Tüchern ist." "Natürlich ist sie das. Die Tickets liegen bereit, und ich habe bereits die Bahnreise in Europa telegraphisch angewiesen." Angrid lächelte zufrieden. "Wie immer Fehlerlos, alter Freund. Ich könnte mir keinen besseren Stellvertreter wünschen. Nur du bringst es fertig, uns in Kriegszeiten nach Paris zu schaffen." "Japan liegt nicht im Krieg mit Frankreich. Es war relativ einfach." "Aber Deutschland schon", erinnerte Angrid ernst. "Wenn die französische Polizei erfährt wer ich bin, haben wir nichts zu lachen. Man wird uns wegen Spionage verhaften, und vielleicht an Ort und Stelle hinrichten. Therom lachte laut auf. "DAS will ich sehen. Womit wollen sie einen Bluthund der Taral töten? Vielleicht mit diesem neuen Maschinengewehr? Eher geht ihnen die Munition aus." "Oh, in dir steckt wohl doch etwas gute Laune", stellte Angrid fest und lächelte ihn an. "Du solltest mehr lachen und weniger in dumpfen Gedanken brüten, alter Freund." Diese Worte provozierten ein weiteres Auflachen des Fioran. "Im Ernst, warum hast du immer so schlechte Laune? Du bist hoch intelligent, sehr gebildet, hast einen tollen Job mit einem erstklassigen Gehalt. Zugegeben, du musst meine Launen ertragen und manchmal hinter mir aufräumen, aber ansonsten würde dich jeder Baron und jeder Rittmeister Berlins um deine Aufgabe beneiden. Und hier in Tokyo sicherlich der einer oder andere spätgeerbte Daimyo." "Es ist nicht der Job", brummte Therom ärgerlich. Angrid legte eine Hand an seine Stirn und ächzte gequält auf. "Ob, bitte, bitte, Therom, ich flehe dich an, bitte nicht wieder diese Platte! Erzähle mir nicht wieder davon, wie sehr das Schicksal dich benachteiligt, und wie sehr es mich bevorzugt! Ich kann es nicht mehr hören." "Du hast gefragt. Aber das tust du schon seit achtzig Jahren", brummte Therom. "Nein, deswegen nicht. Es ist schlicht und einfach nicht wahr, Therom! Du bist keine kleine krumme hässliche Kröte. Du bist sicherlich keine Schönheit, denn dann wärst du meine Schwester. Aber für einen Mann siehst du gut aus." "Nicht so gut wie du", protestierte Therom. "Zugegeben, aber um das zu beurteilen brauchst du einen Betrachter, und jeder Betrachter entscheidet sich anders. Lass doch einfach mal diesen dämlichen Gedanken fallen. Vergiss ihn, lass dich selbst fallen und schaue was passiert. Selbst wenn du hässlich wärst, du bist reich! Die Frauen laufen dir auch so nach, hast du daran schon mal gedacht?" "Solche Frauen will ich nicht." "Und trotzdem beneidest du mich um die Bekanntschaften, die ich mit ihnen habe." Angrid schüttelte den Kopf. "Erkennst du nicht, dass du dich selbst in den Wahnsinn treibst? Du beneidest mich um Dinge, die du selbst gar nicht willst, hebst mich auf ein Podest, das du nie erklimmen willst, und badest in diesen negativen Gefühlen. Therom, du bist mein bester Freund, und ich kann es nicht mit ansehen, wie du dich mehr und mehr selbst zerfleischst. Warum sagst du mir nicht einfach was passiert ist? Habe ich ein Verhältnis mit einer Frau, in die du verliebt warst? Ist es das? Dann war sie deine Liebe nicht wert. Willst du besser aussehen? Warum? Der Therom unter dieser Maske wird der gleiche wie zuvor sein. Sag es mir, oder ich muss es selbst herausfinden." "Es ist nichts dergleichen. Nicht wirklich. Du siehst nur einfach zu gut aus, und neben dir falle ich überhaupt nicht auf. Und das seit achtzig Jahren." "Himmel, es ist ja nicht so als würden wir uns nur auf der Pelle hocken. Und ich habe dir gesagt, ich habe es dir bei Eridia Arogads linkem Haken geschworen, das ich nicht an Frauen gehe, die dir etwas bedeuten. Ausgenommen natürlich die eine, die ich irgendwann mal treffe und bei der ich hängen bleibe. Da kannst du dann sehen wo du bleibst, aber die ist noch lange nicht in Sicht. Oder hast du dich unmöglich verschossen? In unsere niedliche Helen zum Beispiel?" Thorem hustete verlegen. "Nichts dergleichen. Können wir das Thema verschieben, Armin Kruger, und uns zum Tokyoter Hafen aufmachen? Unser Dampfschiff wird in drei Stunden ablegen, und du weißt, was für ein Verkehr heute herrscht." "Ausweichen kannst du gut", brummte Angrid ärgerlich, "aber es bringt dir nur das eine ein, Thore Fridjof: Ausflüchte." Angrid schlüpfte in den Gehrock, den Therom ihm bereit hielt, und half dem Freund dann in seinen. Sie waren nun einmal seit achtzig Jahren ein eingespieltes Team, das seinesgleichen suchte. Danach betraten sie das Vorzimmer, wo die Chefsekretärin der Gruppe über drei ausländische und fünf japanische Sekretärinnen herrschte, um das Unternehmen mit zwei Millionen Mark Jahresumsatz am Laufen zu halten. Damit hatte sie die eigentliche Macht in diesem Laden, und Therom hoffte, das sie es niemals heraus fand. Als die beiden Direktoren der Firma den Vorraum betraten, unterbrach sie die Lektion, die sie in scharfer Stimme einer Angestellten erteilte, die das Pech gehabt hatte, vor ihren Augen einen gravierenden Fehler zu begehen, und kam sofort herüber. Sie hielt eine große Brieftasche hoch und reichte sie Angrid. "Hier drin sind die Tickets für den Dampfer, die Verbindungen des Orient Express bis Ungarn, und ab dort die Reservierung für einen Donau-Dampfer. In Wien geht es mit der Bahn weiter bis Genf. Von dort wechselt ihr nach Monaco und reist ganz legal in Frankreich mit der Bahn weiter. In der Tasche sind fünftausend Pfund Sterling, der gleiche Wert in Franc, und noch einmal eintausend Goldmark für den Notfall." Die große Europäerin legte die Stirn kraus. "Ich kann euch diesen verrückten Trip wohl nicht ausreden, oder?" Therom unterdrückte ein Auflachen. Mary Aberdeen führte dieses Büro seit zwanzig Jahren und war damit in die Fußstapfen ihrer Mutter getreten. Sie kannte fast alle Hintergründe in diesem Krieg zwischen Naguad und Core, die sie ertragen konnte, und sie opferte diesem viel von ihrer Zeit. Wie sie auch noch eine Familie dabei unter den Hut bekam war ihm schleierhaft. Andererseits hätte er es sich nie verziehen, wenn die kleine Mary, die er hatte aufwachsen sehen, nicht ein wenig mehr Glück im Leben gefunden hätte, als er je erreichen würde. "Es ist notwendig. In dem Auftrag geht es um zweihunderttausend Franc an Nachkriegsgeschäften", sagte Angrid mit einem dünnen Lächeln. "Vater sagt immer, man kann nie genug Geld haben." "Gesundheit. Aris Kruger sagt immer: Man kann nie genug Gesundheit haben", protestierte die Chefsekretärin. Ernst und tadelnd sah sie die beiden an. "Könnt ihr mir versprechen, euch aus dem gröbsten Ärger raus zu halten? Ich meine, das ist schwierig, wenn man bedenkt, mit wem ihr euch treffen müsst. Aber könnt ihr mich nicht einfach anlügen?" Angrid beugte sich vor und gab der Engländerin einen sanften Kuss auf die Wange. "Keine Sorge, die Armee, die mich aufhalten kann, muss erst noch aus dem Boden gestampft werden. Aber um Thore solltest du dir Sorgen machen, Mary." "Hey!", protestierte Therom, erntete aber nur amüsiertes Gekicher ihrer Sekretärin. "Versprich mir, dass du auf Thore aufpasst, du alter Weiberheld", mahnte Mary. "Wenn ihm was passiert ziehe ich dir die Ohren lang." "Schon gut, schon gut. Ich werde besser auf ihn acht geben als auf meine Schwester Karen", versprach Angrid lachend. Dies schien sie zufrieden zu stellen. Sie gab jedem der beiden ihrerseits einen Kuss auf die Wange - ein mittelschwerer Kulturschock für alle, die den leichten Umgang der drei nicht gewohnt waren - und schloss mit den Worten: "Michael erwartet euch anschließend in Dresden." Angrid hob abwehrend beide Hände. "Ich bin mir keiner Schuld bewusst." "Mach keine Witze darüber. Er will mit euch ein paar Dinge über die Otomos bereden. Ihr wisst, er hat großes mit dem Ryuji und Nanako Otomo vor." "Ist es nicht Sache des Yodama-Zweigs unserer Familie, sich mit den beiden zu beschäftigen?", fragte Therom stirnrunzelnd. "Es gibt Dinge, die auch den Berger-Teil betreffen, wenn es um die Otomos geht", erwiderte Mary. "Die Reiseroute und die telegraphischen Reservierungen ab Den Haag liegen ebenfalls bei." "Wie immer exzellente Arbeit", murmelte Therom anerkennend. Sie wechselten einen letzten, freundlichen Blick miteinander, dann waren die beiden Männer auch schon halb aus dem Büro verschwunden. Mary Aberdeen seufzte tief und lang. Sie würde sie niemals, nie, nie, nie daran gewöhnen, die beiden mitten in irgendeine Gefahr laufen zu sehen. Eher konnte sie sich damit anfreunden, dass die beiden nicht alterten, weder körperlich, noch in ihrem Verhalten - sie benahmen sich mit ihren rund hundert Lebensjahren noch immer wie überaktive Studenten. Dennoch taten sie es immer wieder, liefen mit offenen Augen in wahre Schrecken. Schrecken, die über die Menschheit herein brechen würden, wenn sie diese nicht als erste abfangen würden. Manche Dinge, die sie selbst schon erlebt hatte, waren zu gewaltig und zu grausam, als das die breite Öffentlichkeit sie hätte verstehen oder akzeptieren können. "Viel Glück, meine beiden Lieblingsonkel", flüsterte sie zärtlich und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Da war immer noch ein Fehler, der nachhaltig getadelt gehörte. *** Japan hatte in den letzten einhundert Jahren eine erhebliche Veränderung erfahren, fand Therom, der diese aus eigener Hand mit erlebt hatte. Er hatte die meiste Zeit seines Lebens hier verbracht und war immer fasziniert gewesen von dem Wesen seiner Bewohner, von der Fähigkeit zu großem Wandel, der in ihnen innewohnte. Und von der Bereitschaft, Neues aufzunehmen. Wenn er da hingegen seinen Blick auf seine zweite Heimat richtete, auf Europa, so schienen Inventionen dort nur allzu leicht verbreitet zu werden, wie man am Beispiel der Dampflok und der Eisenbahn sehen konnte. Aber solche Dinge, die Erkenntnisse kamen nicht so leicht bei den unteren Schichten an, fanden nicht diese fundamentale Verbreitung. Dann war da die japanische Verschlossenheit. Sie lächelten immer, verbeugten sich vor ihrem Gegenüber anstatt ihm die Hand zu reichen und lebten in den großen Ballungsgebieten wie Tokyo mehr für sich als für ihre Umgebung. In Deutschland hingegen hatten die Menschen weder vor, noch während, noch nach den napoleonischen Kriegen groß ein Blatt vor dem Mund genommen. Groß, laut, frech, zugleich politisch und immer mit irgendjemand auf Konfrontationskurs. Vielleicht war es dieser Widerspruch, der ihn beide Länder interessant finden ließ. Vielleicht war es der Gegensatz, den er für sein eigenes Leben brauchte. Vielleicht gefiel ihm auch nur in beiden Ländern die Verpflichtung gegenüber dem Herrscher, der seit 1870 auch in Deutschland ein Kaiser war... Vielleicht lag es auch daran, dass er in beide Gesellschaften problemlos adaptierte, während ihm die Royalität der Engländer und die Arroganz der Franzosen heftige Probleme bereitete. Selbst in einem kleinen Land wie Belgien hatte er einen schweren Stand, nur weil er herkam wo er herkam. Wenn er ernsthaft darüber nachdachte, dann waren es wohl die Widersprüche seiner Herkunft, die Geheimnisse seiner Vorfahren und der Kampf gegen Torah und den Core, die es ihm schwer machten, sich irgendwo heimisch zu fühlen, wo er nicht bereits eine große Unterstützung hatte. Und dies waren für ihn in Japan die Yodamas und in Deutschland die Berger. Eines der größten Zeichen der Veränderung, die Japan in nur wenigen Jahrzehnten erlebt hatte waren die Dampfschiffe, die auf allen Gewässern Ostasiens verkehrten. Seit der Zeit des ersten Nachbaus anhand von Skizzen, findigen Ingenieuren und genügend Mut zum Risiko kurz nach Beginn der Meiji-Ära hatte sich die Zahl der militärischen und zivilen Dampfschiffe explosionsartig vermehrt. Die ZA ZA MARU war eines jener vielen Dampfschiffe, das Japan mit der Welt verband. Ein hoch modernes Ozeantaugliches Schiff, das bereits auf Hilfssegel und Takelage verzichtete und den Globus binnen weniger Tage umrunden konnte. Vor nicht ganz vierzehn Jahren hatte Japan im Krieg mit Russland bewiesen, das es moderne Kriegsschiffe bauen und einsetzen konnte; einen Wimpernschlag später dominierten seine Schiffe die japanischen Einflussgebiete und liefen alle großen Häfen an. Die ZA ZA MARU würde bis Kapstadt fahren, während sie selbst in Delhi von Bord gehen und den Zug nehmen würden. Interessant an der Geschichte war, dass die Firma an der Reederei dieses Schiffs einen nicht unbeträchtlichen Anteil hielt. "Und da erhebt sich das Stahlschiff", murmelte Angrid, als die Kutsche endlich Sicht auf den Hafen hatte. "Mit dem Bau der zivilen Stahlschiffe ist die Ära der Holzschiffe im kommerziellen Sinne wohl grundsätzlich vorbei." Therom sah den Freund spöttisch an. "Kann ein einzelner Mann wirklich in eine so endgültige Aussage so viele Hintertürchen offen lassen, die es ihm erlauben, seine Meinung zu revidieren oder zu korrigieren?" "Die Geschäftswelt ist ein Haifischteich, das weißt du doch. Und gerade wir Haie selbst müssen vorsichtig sein in allem was wir tun." Angrid grinste dünn. "Gut, dass wir in die Eisengruben in Afrika investiert haben." "Gut, das wir in die Werften investiert haben. Vielleicht bauen sie eines Tages ja raumtaugliche Kriegsschiffe für uns", erwiderte Therom. Skeptisch sah Angrid den Freund an. "Nicht in den nächsten zweihundert Jahren. Die Entwicklung der Menschheit ist rasant, aber nicht so schnell wie du hoffst. Sie beherrschen ja nicht einmal eine schlichte atomare Kettenreaktion." "Ich wette mit dir, in spätestens fünfzig Jahren haben wir den ersten Reaktor, der kalte Fusion betreibt", konterte Therom. "Du meinstest wohl fünfhundert Jahre. Und das auch nur, wenn wir sie selbst bauen und auf dem Markt einführen", spottete Angrid. "Aber für so eine Technologie ist die Menschheit noch zu jung, solange sie ihre Flugzeuge aus Holz bauen und mit Stoffbahnen bespannen. Ich sage dir was: In sechzig Jahren haben wir das erste überschalltaugliche Flugzeug, in einhundert das erste konventionelle heiße Atomkraftwerk. Und gut vierzig Jahre später können wir zumindest die Theorie der kalten Fusion propagieren." Therom schnaubte amüsiert. "Möchtest du drauf wetten?" "Nein. Nachher hast du Recht, und ich irre mich", erwiderte Angrid flapsig. Der Kapitän der ZA ZA MARU erwartete sie am Pier, in Begleitung seines Ersten Offiziers. Er begrüßte die Reederei-Gesellschafter überschwänglich und versprach ihnen die besten Kabinen sowie für jeden Abend die Ehre des Kapitänsdinner. Dabei war der Mann nicht devot, nur höflich und sehr neugierig. Zehn Minuten später erwies es sich, dass der Kapitän zumindest nicht übertrieben hatte, was die Räume anging. Therom und Angrid hatten beide großzügige Suiten im victorianischen Stil erhalten, nicht weit entfernt von der Brücke, auf dem höchsten Deck gelegen. Ein heißer Tee erwartete sie bereits, und ungeniert bediente sich Angrid einerseits am Tee und andererseits an den Sitzmöbeln in Theroms Suite. "Wir hätten Kaffee bestellen sollen", murrte er und pustete in die dünne braune Flüssigkeit in seiner Porzellantasse. "Du brauchst ihn ja nicht zu trinken", erwiderte Therom und schenkte sich seinerseits eine Tasse ein. Im Gegensatz zu dem Koffeinkonsumenten vor ihm mochte er lieber einen schönen grünen oder weißen Tee. Einen schwarzen, wenn er kurzfristig etwas Energie brauchte. Nebenbei aktivierte er das Notebook, welches er meistens getarnt als fleischfarbenen Aufkleber auf dem linken Unterarm trug. Es entfaltete sich sofort als holographische Bedieneroberfläche. Dafür, das es auf der Erde hergestellt worden war, brachte das kleine Gimmick eine ordentliche Leistung. "Ah, das Datenpaket aus Deutschland ist eingetroffen. Wir werden gleich einen aktuellen Überblick zur Weltlage haben", murmelte er konzentriert und nippte am Tee. Angrid wischte mit einer Hand durch das Hologramm, um die Aufmerksamkeit des Freundes zu erhalten. "Arbeiten können wir später immer noch. Bis Jakarta brauchen wir vier Tage. Lass uns lieber die andere Frage klären. Was ist los mit dir, alter Freund?" "Wie, was soll los sein? Darf ich meinen blondgelockten, Frauenbegeisterten Kompagnon nicht aus tiefstem Herzen beneiden?" Angrid erhob sich und legte einen Arm um den Freund. "Was aber beneidest du wirklich? Die Frauen, die eine schnelle flüchtige Liebschaft mit mir suchen und sich mir deshalb in die Arme werfen? Oder die Leichtigkeit, mit der ich mit ihnen reden kann?" Der Arogad grinste ihn burschikos an. "Immer wenn du unglücklich verliebt bist und nichts auf die Reihe kriegst, dann jammerst du immer wie schwer es dir fällt mit Frauen zu reden. Und dann kramst du die Neid-Nummer aus, obwohl du mit den berechnenden, selbstsüchtigen oder einfach nur dummen Weibern gar nichts anfangen könntest, mit denen ich mich abgebe." "Bitte, Angrid, das tut doch überhaupt nichts zur Sache. Können wir uns nicht stattdessen auf die Core-Aktivitäten auf der Erde konzentrieren? Die MAXIL kommt diese Tage auch zurück und bringt Nachrichten aus dem Imperium. Du weißt, das unsere Position auch damit steht und fällt, ob wir unentdeckt bleiben. Sollte ein anderes Haus Interesse an der Erde entwickeln, sollte das Kaiserreich hier ernsthaft intervenieren, sind wir ganz schön in der Klemme." "Und genau das meine ich mit später erledigen. Glaubst du mir macht es Spaß, dich deprimiert zu sehen? Glaubst du es bereitet mir Freude, wenn du seufzt und leidest?" "Glaubst du mir macht es Spaß, in der zweiten Generation auf der Erde fest zu sitzen und gegen einen geheimnisvollen, übermächtigen Gegner zu kämpfen, zudem gegen einen bedrohlichen Magier? Glaubst du, ich wäre nicht lieber Zuhause im Fioran-Turm, im Zentrum unserer Kultur, unserer Hauptstadt? Glaubst du, ich will das alles hier?" "Und was willst du da? Mit deiner Einstellung würdest du auch dort jede Frauenbekanntschaft in den Sand setzen. Da kannst du auch hier bei mir bleiben." "Es ist ja nicht so als wäre ich nicht gerne auf der Erde", erwiderte Therom mürrisch. "Oder als wäre ich nicht gerne mit dir zusammen. Aber ich bin kein Taral, und ich bin für diesen Schattenkrieg einfach nicht gemacht. Vielleicht tun mir ein paar anständige Haus-Intrigen einfach besser als die ewigen Kämpfe auf Leben und Tod gegen Torah, seine Anhänger und seine Kampfcyborgs." "Vielleicht würde dir auch eine Freundin mal gut tun. Ich meine eine richtige Freundin. Was fürs Leben. Eine schlaue Frau, gewitzt, gebildet, mit dem Herzen da wo es hin muss. Und die mindestens einen Bruder hat, und deshalb mit Männern schon umzugehen gelernt hat." Angrid erhob sich, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und marschierte im Zimmer auf und ab. "Was würde Mutter jetzt machen? Sie würde jemandem befehlen, eine Tochter zu zeugen, sie auszubilden und ganz nach deinem Gusto zu erziehen, um sie später mit dir zu verheiraten. Dauert nur fünfzehn Jahre. Kannst du so lange warten?" "Witzig! Wirklich witzig! Bin ich vielleicht dieser japanische Nationalheld, der sich seine eigene Frau heran gezogen hat? Nein, bin ich nicht. Also bitte, versuche Vortein nicht solche Flausen in den Kopf zu legen. Sie würde so etwas wirklich tun." Therom erschauderte kurz. Ja, Vortein Arogad war dazu durchaus in der Lage, denn die Frau aus der Kernfamilie der Arogads war sehr hierarchisch eingestellt und sich ihrer eigenen Befehlsgewalt, die nur von Eridia übertroffen wurde, mehr als bewusst. Außerdem benutzte sie immer was sie hatte. Allerdings pflegte sie ihre Werkzeuge auch, was Therom in einem Anflug von Ironie zugeben musste. "Okay, okay, das sollte ich Mutter also besser nicht vorschlagen. Obwohl sie sich nicht nur um mich Sorgen macht, weil sie meint, ich muss langsam mal zur Ruhe kommen. Sie sagt immer, Vater hätte nur fünfzig Jahre gebraucht, um seine Hörner abzustoßen, wie die Engländer sagen. Aber ich erwidere dann immer, dass ich lieber eine Ewigkeit auf die Richtige warte und mit ihr meinetwegen nur ein Jahr in absolutem Glück verbringe, als ein Jahrtausend mit der Falschen." Therom zuckte bei der Erwähnung von Angrids Vater zusammen. Seg Mitur alias Jeremy Thomas war nicht einfach nur der Branchenleiter für Amerika im geheimen und weltumspannenden Netzwerk der Naguad auf der Erde, er war auch sein Lehrmeister. Ein strenger, unnachgiebiger und harter Lehrmeister, der aber zumindest aus dem leicht verweichlichten Fioran schließlich doch einen ernst zu nehmenden Gegner gemacht hatte. Noch immer verband er mit der Erwähnung Segs einen Schauder auf seinem Rücken, der teils aus Angst und teils aus Stolz auf seinen Meister geboren war. Hm, wenn eines auf der Erde klappte, dann die reibungslose Zusammenarbeit zwischen Fioran und Arogads. "Nette Philosophie, alter Freund, aber denke mal lieber dran, das du vielleicht keine tausend Jahre haben wirst. Als Schlüssel bist du ein Hauptziel von Juichiro Torah und seiner Sekte." "Danke. Musstest du mich daran erinnern?", fauchte Angrid aufgebracht. "Es ist ja auch vollkommen normal, eines Tages von einem Dämonen mit der Schulterbreite eines Grizzlys entführt zu werden, um von einer acht Meter langen Spinne ultimativ dazu aufgefordert zu werden, ein fünfzigtausend Jahre altes Artefakt im Körper aufzunehmen, das die Vernichtung der Erde verhindert, solange es mit einem lebenden Organismus verbunden ist." Ärgerlich sah er Therom an. "Ich, mein Herr, habe jedenfalls vor, sehr, sehr alt mit dem Schlüssel zu werden!" "Na, na, rege dich ab, Bruder. Trink lieber noch etwas Tee. Du wolltest mir gerade eine Frau backen, oder?" Angrid quittierte die bedingungslose Kapitulation des Freundes mit einem amüsierten Schnauben. Wenn die Sache mit dem Hauptziel nicht so entsetzlich wahr gewesen wäre hätte er sich absolut nichts daraus gemacht, der Träger des Schlüssels zu sein. So aber sah er die Gefahr, dass ein anderer, an seiner Stelle den Schlüssel tragen musste, wenn er starb. Und er wollte niemanden seiner Freunde dieser Gefahr aussetzen. Und er wollte auch keine Familie haben, die ihn fortan erpressbarer und verletzlicher machte als je zuvor. Andererseits wusste er, dass er sein Schicksal nehmen würde, wie es sich ihm bot. "Backen ist so ein einfaches Wort. Heranzüchten, ja, das ist es. Wie eine kostbare Orchidee in der idealen Farbe, mit dem idealen Duft heranzüchten, bis sie zu dir passt. Wäre zumindest eine bessere Alternative, als Karen heiraten zu müssen, oder?" Therom verschluckte sich an seinem Tee, als Angrid seine jüngere Schwester erwähnte. In einem großen Schwall spie er die Flüssigkeit wieder aus. "Eine schreckliche Vorstellung", gestand er. "So ein wunderschönes, junges Mädchen, und daneben ich knochiger, spitznasiger Mann. Was für ein furchtbares Bild." "Die gebrochenen Beine nicht vergessen, bitte", mahnte Angrid. "Die gebrochenen... Wieso gebrochene Beine?" "Die ich dir zufügen würde, wenn du dich mit meiner Schwester abgeben würdest", erwiderte der Arogad mit einem breiten grinsen. "Obwohl... Von allen Männern auf dieser Welt wärst du der einzige, bei dem ich nicht automatisch zur Pistole greifen würde, wenn du um sie wirbst." Er dachte einen Augenblick nach. "Ich würde erstmal mit einem sehr heftigen Hammerschlag auf dein Kreuz anfangen. So sehr mag ich dich." "Idiot", brummte Therom und nahm einen neuen Schluck. Karen Taral war fünfundachtzig Jahre jünger als ihr großer Bruder, und mehr als behütet aufgewachsen. Für Angrid war sie mehr eine Tochter als seine Schwester, und er brannte regelmäßig in glühender Eifersucht, wenn er auch nur ahnte, sie könnte sich einem Mann ernsthaft zuwenden. Oder einer der großen, haarigen, ungewaschenen und natürlich komplett unzuverlässigen Männer könnte ernsthaft ein Techtelmechtel mit Karen anfangen wollen. Seine Idealvorstellung vom Mann für sie war eine Mischung aus Cäsar, Hercules und Alexander dem Großen. Ohne die Affären, versteht sich. "Eher würde ich was mit deiner Mutter beginnen als mit deiner kleinen Schwester." "Oho, das werde ich ihr erzählen. Vielleicht stoßen deine Vorstellungen ja auf fruchtbaren Boden bei ihr, Fioran." Therom schnaubte amüsiert. Oh nein, in diese simple Falle würde er Angrid nicht gehen. "Ich bitte darum. Und übermittle ihr auch meinen Terminplan, damit wir unsere Stelldicheine planen können." Für einen Moment sah Angrid den Freund entgeistert an, dann schnaubte er und wanderte weiter durch die Suite. "Dann doch lieber Karen." Erneut spuckte Therom seinen Tee aus. "Trinken, Junge, trinken, nicht ausspucken", tadelte Angrid. "Kommen wir zum Thema zurück, bevor ich tatsächlich noch deine Schwester heiraten muss, Frauenheld", bemerkte Therom bissig. "Wir sind ein deutsch-japanisches Großunternehmen mit weltweiten Kontakten. Dennoch sollten wir es in Frankreich gerade etwas schwer haben. Immerhin hat Japan 1904 ihren russischen Verbündeten Saures gegeben, und im Moment stecken sie bis zum Hals in einem Krieg mit Deutschland." "Und genau deshalb sind wir auch nicht als Deutsche unterwegs, sondern als Perser", sagte Angrid mit einem energischen Nicken. "Perser?" "Das geht schon in Ordnung. Blonde Perser sind jetzt nicht so häufig, aber sie kommen vor." "Das ist nicht mein Problem.Aber ich frage mich, wie du uns mit gefälschten persischen Papieren durch Persien bringen willst." "Hast du kein Vertrauen mehr zu mir, kleiner Bruder? Wir können schlecht in den Orientexpress als Deutsche einsteigen und als Perser aussteigen. Lass mich das regeln und kümmere du dich um die Abwehr der Core-Agenten." "Was uns wieder zum Thema bringt. Die französische Loge, die mit uns den Core bekämpft, ist sehr nachlässig geworden. Wir verzeichnen eine Menge unbehinderter Aktivität der Torah-Anhänger in Frankreich. Vielleicht zu viel." Angrid runzelte die Stirn. "Verständlich. Sie haben einen Krieg am Hacken, der so ist wie kaum ein Krieg zuvor. Wie ernst die Lage ist kannst du daran sehen, dass Frankreich sogar mit seinem Erzfeind England auf dem gleichen Schlachtfeld steht. Ausgerechnet die beiden Nationen, die mit ihrem hundertjährigen Krieg in die Geschichte eingegangen sind, stehen nun Schulter an Schulter in den verschlammten Schützengräben von Holland bis zur Schweiz. Alle Männer von loyaler Gesinnung tun jetzt natürlich das, was sie für den größten Dienst für ihr Land halten." Der Arogad lächelte kalt. "Wir sollten einen Kampfcyborg erledigen und der Loge vorführen, um ihre Erinnerungen aufzufrischen. Zu Zeiten Richelieus hätte es eine solche Entwicklung nie gegeben. Vater sagt immer, das wäre ein Staatsmann mit Blick über den Weltenrand hinaus gewesen. Er hätte immer verstanden, wie kleinlich die europäischen Konflikte im Gegensatz zum Krieg mit dem Core waren." Angrid stutzte kurz. "Und noch immer sind." "Und du meinst, das nützt was?" "Nein, nicht wirklich. Deshalb werden wir uns, während wir versuchen mit dem Außenhandelsministerium ein paar lukrative Exklusivverträge mit ihrem Südostasienkolonien abzuschließen, auch nach neuen Rekruten umsehen, die uns beim Kampf gegen den Core helfen." "Und wie stellst du dir das vor? Nein, das ist keine Kritik. Das ist eine ernst zu nehmende Frage. Du weißt, dass die meisten Menschen zwar schon mal Jules Verne oder Hans Dominik gelesen haben, aber die Existenz von Außerirdischen nicht begreifen. Vor allem wenn sie weder grüne Haut noch blaue Haare haben." "Hm", machte Angrid. "Hm. Und wenn wir uns auf die Kinder ehemaliger Logenmitglieder konzentrieren? Sie sollten zumindest ansatzweise erfahren haben, was ihre Eltern tun. Und der Schutz der Erde ist ein erstrebenswertes Ziel." "Du verkennst die Lage. Die Yodamas, die Berger, die Huntingtons, die Duvalles, die Morgenrodts und wie sie alle heißen sind in der Regel nicht in der Kleinstaaterei verhaftet, begreifen die Erde und ihren Schutz als Ganzes. Alle anderen aber können sich eine Bedrohung für die ganze Welt gar nicht vorstellen. Sie sehen Konflikte noch immer auf Länderebene. Und wenn sie eine außerirdische Invasion wirklich für möglich ansehen, dann denken sie: Die fremden Länder in denen die Außerirdischen gelandet sind, sind weit weg und gehen mich nichts an." "Deshalb will ich ja die Kinder derjenigen aufsuchen, die mit uns gekämpft haben", beharrte Angrid. "Und die an unserer Seite gestorben sind? Interessanter Aspekt. Dann nimm lieber Geld als Anreiz." "Ich sehe, wir werden darüber noch diskutieren müssen. Und ich muss an meiner Idee noch etwas feilen." Angrid legte die Rechte an seinen Hinterkopf und lachte. "Ich vergesse zu schnell, wie eng der Horizont der meisten Menschen ist. Ihr Blick geht meistens nur bis zur Landesgrenze, und alles was drüben passiert, passiert beim Feind." "Ganz so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Immerhin wächst die Welt durch Telegraphie und Radio immer mehr zusammen. Aber anscheinend muss man der Welt einen gemeinsamen Feind geben, damit sie sich eine solche globale Bedrohung vorstellen können." "Das ist eine sehr gute Idee. Warum bauen wir nicht ein einzelnes Land als globale Bedrohung auf? Wir könnten einen Strohmann aufstellen, der sein Land in diesen Krieg peitscht und der ganzen Welt den Kampf ansagt. Dann haben wir einen Weltkrieg gegen einen gemeinsamen Feind." Angrid winkte ab, als er Theroms entgeistertes Gesicht sah. "War nur ein Witz. Ich habe keine Lust, ein paar Millionen Tote auf mein Gewissen zu laden." Er grinste frech, klaute sich einen Apfel aus der Obstschale und verließ die Suite. "Wenn du mich brauchst, ich arbeite auf dem Oberdeck." "Sprich, du flirtest mit irgendeinem harmlosen kleinen Ding, das auf dein strahlendes Lächeln und deine blonden Haare reinfällt." "Auch. Neidisch?" "Natürlich bin ich neidisch. Wir sehen uns beim Kapitänsdinner." "Bis dann. Vielleicht habe ich bis dahin ja Begleitungen für uns besorgt." Therom seufzte, als sich die Tür hinter Angrid schloss. So war der junge Arogad nun mal. Und wenn der Fioran ehrlich war, wollte er ihn auch gar nicht anders haben. *** Als Therom aus dem Bett hoch fuhr, aktivierte er sein KI. Es verstärkte seine Hände auf die Härte von gutem deutschen Stahl, ließ seine Aura aber nicht aufleuchten. Ein Gefühl hatte ihn geweckt, eine Präsenz. Die Kampfcyborgs der Gegner, meistens plumpe Maschinen mit begrenztem Aktionsradius, waren KI-technisch meistens tot. Ein KI-Meister konnte sie nicht spüren, aber auch nicht anhand der fehlenden Aura erkennen. Dazu hätte er ihnen sehr nahe kommen müssen. Das war es nicht gewesen, mehr sein Instinkt für Gefahren. War es ein Cyborg? Oder mehrere? Oder hatten seine empfindlichen Sinne auf etwas anderes angesprochen? Vom Moment des Aufwachens bis zu dem Moment, wo er den huschenden Schatten an der Tür registrierte, war nur eine gute Sekunde vergangen. Er schlug zu, mit beiden geballten Händen. Er traf etwas hartes, metallisches, was unter der Wucht seines Schlags zu knirschen begann. Also doch ein Cyborg. Als sein Schlag die Luft aus den Lungen des Konstrukt trieb, erklang ein leises keuchen. Therom wollte nach setzen, aber in diesem Moment endete das Keuchen in einem Seufzer, und der abgetrennte Kopf mit dem Rechengehirn rutschte von der Schulter und fiel zu Boden. Schmierflüssigkeit und Blut der organischen Komponente traten aus der Wunde hervor. Hinter dem besiegten Gegner stand Angrid, in der Hand ein japanisches Katana. Er hob die Hand und zeigte fünf Finger. Danach knickte er zwei Finger wieder ein. Aha, fünf hatte er erkannt, und drei von ihnen lebten noch. Therom huschte lautlos aus dem Bett und zog aus dem Nachtschrank seine Pistolen hervor. Sie waren wohl die einzigen Modelle der Welt mit Schalldämpfer. Sie gehörten allerdings auch zu den wenigen Waffen auf der Erde, die eine mit KI aufgeladene Kugel abfeuern konnten. Als er bereit war, nickte Angrid ihm zu und gab seine Wächterfunktion für den Freund auf. Therom erwiderte das Nicken und schlich hinter dem Arogad auf den Gang. die restlichen drei Cyborgs - plus einer eventuellen unbekannten weiteren Anzahl - wussten mittlerweile, dass die beiden Naguad von ihrer Anwesenheit wussten. Also befanden sie sich nach dem misslungenen Attentat auf Therom nun in der Defensive. Sie würden den Gegner nun finden oder mit der permanenten Gefahr eines weiteren Attentats leben müssen. Und darauf hatte Therom wirklich keine Lust. Sie trennten sich auf dem Gang. Therom ging Richtung Maschinenraum unter Deck, Angrid übernahm die Oberdecks und die Passagierkabinen. So weit es ging löschte der Fioran seine Präsenz aus. Das beinhaltete nicht nur seine KI-Aura, sondern auch seine Atmung, seine Schritte und die von ihm verdrängte Luft. Er selbst wurde zu einem verschwommenen Schatten, der selbst unter den sporadisch aufgehängten brennenden Lampen kaum zu erkennen war, eine Technik die er in Japan erlernt hatte, als er mit einer japanischen Spezialeinheit des Geheimdiensts trainiert hatte, den Nekokami, zu deutsch Katzengöttern. Er erreichte den Abstieg in den Kesselbereich, ohne etwas Verdächtiges zu entdecken. Der Decksteward schlief in seinem kleinen Büro, war weder betäubt noch getötet worden, wie Therom dank des KI-Fluss in dessen Körper feststellte. Faulheit und Pflichtvergessenheit konnte also auch Leben retten, dachte er amüsiert. Die ZA ZA MARU wurde mit Kohlen befeuert, um die mächtigen Maschinen anzutreiben, welche das Schiff dann mit fünfzehn Knoten durch das chinesische Meer beförderten. In das sie nach seiner Rechnung gegen Mitternacht eingefahren waren. Für die Begriffe der Menschen war das eine unglaublich schnelle Reise. Es wurde wirklich ernsthaft Zeit, mal wieder die eine oder andere Inventionswelle zu starten. Zum Beispiel auf dem Flugzeugmarkt fehlten neben den leichten, wendigen Kampfeinheiten aus Holz und Leinwand große Transportflugzeuge. Der Krieg in Europa hatte die Entwicklung vom Doppeldecker zum Eindecker gesehen. Er würde auch das erste Metallflugzeug sehen, und damit einen wahren Quantensprung im Flugverkehr. Danach war eventuell der Dieselmotor an der Reihe, weltweit promoted und auch für den Schiffsbau eingesetzt zu werden. Aber bis dahin war der Maschinenraum mit den mächtigen Heizkesseln ein ungemein staubiger Ort, um nicht zu sagen: erbärmlich verdreckt. Kohle, der fossile Brennstoff, der im Moment dem Erdöl noch vorgezogen wurde, staubte fürchterlich, vor allem in geschlossenen Räumen. Die armen Teufel, die den Drecksjob hatten, die Kohlen in den Heizkessel zu schaufeln, durften zudem nicht einmal bei Tag ans Oberdeck. Kein Wunder, denn die schwarz eingepuderten Gestalten wären der Schrecken sämtlicher Passagiere geworden. Ihre Arbeit hatte wirklich den Namen Drecksjob verdient. Es wurde wirklich Zeit, den Dieselmotor einzuführen, oder zumindest eine moderne Einschüttvorrichtung für die Kohlen zu erfinden. Selbst um diese Uhrzeit wurden die Kessel gefahren. Immerhin fuhr die ZA ZA MARU auch bei Nacht, um seinen zahlenden Passagieren eine schnellstmögliche Reise zu gewähren. Deshalb hörte Therom über den Lärm hinweg auch verschiedene menschliche Stimmen, die sich immer wieder etwas zuriefen. Er schlich in den Maschinenraum und erkletterte eine Balustrade, nur um sich Auge in Auge mit einem Cyborg zu sehen. Therom drückte ab, bevor er überhaupt richtig erfasste, was er da sah. Die KI-verstärkte Kugel durchschlug den Cyborg glatt und riss ihn wie eine Gliederpuppe von den Beinen. Mit einem hohen Klang schlug sie in die gegenüberliegende Stahlwand ein und blieb nach gut zwei Zentimetern stecken. Sein Gegner hatte das kopfgroße Loch, das einmal durch den Oberkörper ging, garantiert nicht überlebt. Okay, da waren es nur noch zwei. Und all jene, die Angrid nicht entdeckt hatte. Kommunizierten sie miteinander? Zweifelhaft. Wenn es ein Angriff auf die Naguad war - und davon ging Therom aus - dann mussten sie wissen, dass jedwelcher Funk auch von ihnen mitgehört werden konnte. Gingen sie dann einzeln vor, oder überwachten sie gegenseitig ihre Positionen? Therom für seinen Part blieb sicherheitshalber nicht am gleichen Fleck, sondern eilte weiter. Das helle singen von Metall auf Metall an der Stelle wo er sich kurz zuvor noch befunden hatte, sagte ihm wie gut er daran getan hatte. Er schätzte den Winkel, sah über die Brüstung und feuerte seinerseits einen Schuss in die Tiefe. Die Kugel war nicht KI-verstärkt, damit ein Fehlschuss oder Querschläger nicht die Kessel durchschlug und sie mitten in die Katastrophe führte, die er und Angrid zwar überleben konnten, nicht aber Passagiere und Mannschaft. Die Kugel ging auch prompt daneben, scheuchte aber einen weiteren Cyborg aus seinem Versteck. Laute aufgeregte Stimmen erklangen, als die Crew den Fremden entdeckte. Einer lief herbei und forderte den vermeintlichen Gast dazu auf, den Maschinenraum sofort zu verlassen. Der Cyborg wischte ihn mit einem einzelnen Hieb mehrere Meter durch die Luft. Zuerst war die Truppe erstaunt. Dann griffen die fünf Männer nach allem was ihnen wie eine Waffe erschien: Schaufeln, Besen, Hämmer, anderes Werkzeug. Der Kampfroboter des Cores war dadurch nicht zu beeindrucken, im Gegenteil. Er ließ den ersten Angriff mit stoischer Ruhe über sich ergehen, bevor er zwei der Männer mit heftigen Schlägen von sich fort trieb. Körperlich war er den Menschen klar überlegen, und beinahe schien es Therom, dass die Maschine mit den organischen Muskelkomponenten sich die Zeit nahm, um mit den Kohleschauflern zu spielen. Interessant. Normalerweise folgten die Cyborgs nur ihrem Programm, das kaum Raffinessen aufwies. Hatten sie es hier mit einem Einsatz zu tun, der von einem Koordinator betreut wurde? Jemand, der die Maschinen steuerte? Therom würde den Gedanken weiter verfolgen. Doch erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Er sprang über die Brüstung, landete fünf Meter tiefer genau auf der Schulter des Cyborgs und setzte beide Pistolen auf dessen Kopf. Auf die Entfernung brauchte es keine KI-verstärkten Kugeln. Er drückte ab und beendete das Pseudoleben seines Gegners. Dabei war es ein riesiger Vorteil gewesen, dass der Cyborg ihn nicht gesehen hatte. Wenn es einen Koordinator gab, konnte er nicht wissen, wer den Cyborg wie ausgeschaltet hatte. Als die Maschine nach vorne kippte, entdeckte er den dritten - und hoffentlich letzten - Cyborg. Er hatte einen der Verletzten an sich gerissen und bedrohte ihn mit seiner Waffe. Prompt dachte Therom an eine Lockvogelnummer, bei der dieser sich präsentierte, um ihn, den Naguad, ins Freie zu locken. Langsam kippte sein besiegter Gegner nach vorne. Therom verließ die Schultern kurz bevor er aufschlug. Lässig landete er auf beiden Füßen und knickte dabei nicht einmal ein wenig ein. "Alles in Ordnung?", fragte er den Nächststehenden. "Ja, Sir, soweit schon. Was sind das für Monster?" Therom lachte abgehackt. "Monster halt. Keine Sorge, ich kümmere mich darum." Er drückte dem Mann unauffällig seine zweite Pistole in die Hand, als er ihn passierte. Dann ging er auf den Cyborg zu, der sich als Geiselnehmer versuchte. "Bleib da stehen, Naguad!", klang die synthetisch perfekte Stimme des Cyborgs auf. "Dieser Mann wird sterben, wenn du dich bewegst!" "Und du mit ihm!", sagte Therom. Natürlich hatte ein Cyborg keine Angst vor dem Tod, er lebte ja nicht. Aber wenn er nicht mitspielte würde der Koordinator, den er hinter dieser Szene vermutete, gleich die ganze Crew im Maschinenraum töten, die Kessel vernichten und das ganze Schiff in Gefahr bringen. Angrid hätte es eine seiner fürchterlichen Cowboy-Nummern genannt. Und er hatte wohl Recht damit. "Ich jage den Kessel hoch, Naguad. Dann bist du auch mit dran!", zischte die Maschine und nickte in Richtung des Heizkessels, an dem eine Funkgesteuerte Haftladung klebte. Nun war sich Therom sicher, es mit einem Koordinator zu tun zu haben, womöglich einem Menschen. Ein Offizier des Cores wäre wortfauler gewesen. "Also gut. Was willst du?" "Deine Waffe. Wirf sie her." Langsam sicherte Therom seine Pistole, ließ sie am Schutzbügel vom Abzug herab baumeln und warf sie dann in Richtung des Cyborgs. Nun ging alles sehr schnell. Sein Gegner nahm die Waffe vom Kopf seiner Geisel, sah für eine Sekunde links an ihm vorbei. Zugleich streckte Therom die Hand nach hinten aus und spürte wie seine zweite Pistole darin landete. Er warf sich nach vorne, wirbelte nach links und sah einen vierten Cyborg zwischen den Maschinen. Therom schoss, traf und schleuderte den Gegner mit der KI-verstärkten Kugel gegen die nächste Wand, und rollte sich über die rechte Schulter ab. Heißes Metall sang glockenhell, als es in Form von abgefeuerten Kugeln hinter ihm her hetzte wie ein gieriger Jagdhund seiner Beute. Therom benutzte eine Rohrleitung als Podest, sprang in fast drei Metern Höhe und hatte freies Schussfeld. Er feuerte, und zugleich feuerte der Mann, der die Geisel gewesen war. Theroms Kugel schlug dem Cyborg in die Brust, die des Arbeiters zerschmetterte das Kinn des Riesen, obwohl sie nicht mit KI aufgeladen war. Der Cyborg fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Dann kam der schwierige Part, nämlich der Aufprall, da er, um sicher schießen zu können, nicht darauf geachtet hatte, sich rechtzeitig zu drehen. Also prallte er mit voller Wucht gegen die Wand des Kessels, und tropfte daran herunter wie ein Vogel, der gegen eine Glasscheibe geflogen war. Hastig rappelte sich Therom wieder auf und erwartete schon halb einen spöttischen Kommentar von Angrid zu hören, der seine peinliche Szene beobachtet haben musste. Aber er kam ohne Spott wieder hoch. Kurz musterte er die Umgebung, fand aber keine Spur eines sechsten Feindes. Dann ging er zu dem zerstörten Cyborg neben dem Kessel. Er nahm dem Arbeiter die Pistole aus der Hand und verstaute sie zusammen mit der anderen unter seiner Jacke. Dann zog er seine Brieftasche und zückte zwei Dinge. Eine Visitenkarte und ein Billet über einhundert Pfund Sterling. Beides reichte er dem Burschen, der geschossen hatte. "Du und dein Kumpel", er sah seinen Helfer, der ihm die zweite Pistole zugeworfen hatte, mit einem Nicken an, "meldete euch bei dieser Adresse, wenn ihr wieder in Japan seid. Ich erkenne Talent, wenn ich es sehe. Das Geld ist für euch alle." Die Arbeiter kamen nun näher. "Was zum Teufel war das, Sir?", fragte einer von ihnen. Therom trat auf den malträtierten Brustkorb, sodass das Metall knirschte. "Es sind Roboter. Maschinenmenschen. Sie wurden gebaut, nicht geboren." Er warf seinen Helfern einen ernsten Blick zu. "Die einhundert Pfund gehören euch, aber ich erwarte dafür eine Gegenleistung." "Jede, Sir." "Dieser hier, der da hinten, und oben auf das Balustrade. Schmeißt sie ins Meer. Wenn die Leute erfahren, das es Maschinenmenschen gibt, entsteht nur unnötige Panik." Mit großem Respekt und Ehrfurcht sahen die Männer ihn an. "Natürlich, Sir, sofort. Und danke, dass Sie uns gerettet haben." "Ich musste sie eh auslöschen. Aber das bleibt unser Geheimnis." Die Männer grinsten mit ihren von Kohlenstaub verdreckten Gesichtern. "Aber klar, Sir." "Dann ist ja alles gut. Ich muss weiter. Vielleicht sind noch mehr von diesen Dingern auf dem Schiff." "Sollen wir Ihnen helfen, Sir?", fragte der Bursche, der den Cyborg aus nächster Nähe abgeschossen hatte. "Oh, danke, aber ich bin nicht allein. Mein Partner ist da oben. Und er wird mir nichts übrig gelassen haben, fürchte ich. Gute Nacht, Männer." "Gute Nacht, Sir." Als Therom den Maschinenraum verlassen hatte, griff eine eiskalte Hand des Entsetzens nach ihm. Ein verdammt mieses Gefühl wühlte seinen Magen auf. Er hatte wahnsinnige Angst um Angrid. Schließlich fand er den Freund in den Trümmern zweier weitere Cyborgs, die Angrid im Nahkampf vernichtet hatte. Nur wandt er sich in Krämpfen am Boden. Doch das war nicht so spektakulär wie das tiefe blaue Glühen, das seinen ganzen Körper einhüllte. Therom hatte schon viel gesehen, auch und gerade im Zusammenhang mit KI, aber das war ihm neu. Angrid hatte sich erbrochen und schien ihn kaum zu sehen. Eine seiner zitternden Hände deutete auf die Trümmer. "Au... auf..." "Aufräumen, schon klar. Wie immer lässt du mir den lästigen Teil der Arbeit", seufzte Therom. Innerlich aber hatte er eine Scheiß Angst um seinen Freund. "Be... Be...", sagte Angrid stotternd. "Wie seine Hoheit befehlen. Ich stecke dich danach ins Bett." Fieberhaft überlegte er, wer ihm an Bord helfen konnte, wer Angrid helfen konnte. Dieses Phänomen war ihm vollkommen unbekannt. Und das machte ihm Angst, vor allem um Angrid. 2. "Und Doktor, wie sieht es aus?", fragte Therom bange. Es war doppeltes Glück, dass wenigstens ein asiatischer Arzt an Bord war, und er auch noch bereit gewesen war, weit nach Mitternacht nach seinem Patienten zu sehen. Herr Li, ein Han-Chinese aus Singapur, beendete gerade seine Untersuchung. Neben Therom war nur noch der Kapitän in der Suite anwesend, untröstlich über die Tatsache, ausgerechnet bei dieser Fahrt keinen Schiffsarzt mitgenommen zu haben. "Es liegen keine körperlichen Symptome vor", sagte der Arzt mit gerunzelter Stirn. "Sein KI-Fluss ist auch ungestört. Er ist ein Meister mit hoher Erfahrung in seinem Schmieden und dessen Anwendung. Ja, ich möchte sagen, er ist vollkommen gesund. Ich kann alle möglichen körperlichen Ursachen für das Leuchten ausschließen. Im Umkehrschluss komme ich dagegen zur Diagnose, dass das Leuchten für seine Lähmung verantwortlich ist. Deshalb folgere ich, dass das Leuchten körperfremd ist. Wir können nichts für ihn tun als ihn ruhen zu lassen. Oder wir suchen nach der Ursache, beseitigen das Leuchten und beseitigen den körperlichen Missstand." "Könnte Radium im Spiel sein?", fragte der Kapitän nachdenklich. "Ich tausche mich mit einem Freund an der Sorbonne regelmäßig aus. Er hat mir von einigen erstaunlichen Phänomenen im Zusammenhang mit den Entdeckungen von Madame Curie und ihrem Mann Pierre berichtet. Unter anderen sollen große Mengen in der Lage sein, selbstständig zu leuchten. Wenn man genügend davon hat, wenn man es in den Körper von Direktor Kruger einbringt, dann kann auch er daraus von selbst leuchten." Für eine Sekunde dachte Therom darüber nach, verwarf den Gedanken aber wieder. Wäre Angrid so stark radioaktiv verseucht, dass er bereits von sich aus leuchtete, wäre er wahrscheinlich schon tot. Auf jeden Fall hätten die Umstehenden längst über Übelkeit und Schwindel geklagt. "Nein, Radium schließe ich aus. Es ist noch giftiger als Blei, und eine solche Menge, um ihn so aussehen zu lassen hätte ihn längst getötet", murmelte Therom. "Dann müssen wir nach der Ursache suchen", sagte der Arzt entschlossen und legte beide Hände auf Angrids Leib. "Was macht er denn jetzt?", fragte der Kapitän überrascht. Auch Therom war ein wenig verwirrt, denn der chinesische Arzt setzte zu einem Verfahren an, das er bisher nur bei Naguad-Ärzten beobachtet hatte, und auch da nur bei Meistern ihres Fachs. Herr Li plante definitiv einen KI-Scan vorzunehmen. Therom ließ ihn gewähren. Schaden konnte es sicherlich nichts. Herr Li schloss die Augen. Therom beobachtete den Arzt dabei, wie er ein paar tausend Kalorien verbrauchte, um mehr KI in seinem Leib zu schmieden. Es war ein spezielles, leichtes KI, wie geschaffen um geformt und verwendet zu werden. Eleganter als das harte KI, das er mitunter als Waffe benutzte. Der Arzt sandte das KI in seine Hände, und von dort ließ er es zwischen beiden Händen wechseln und dabei Angrids Körper durchströmen. Dabei bekam er ein sehr gutes Bild über den KI-Haushalt seines Patienten und über den Zustand seiner Innereien. "Nichts gebrochen, wie ich bereits diagnostiziert habe", murmelte er selbstversunken. "Die Organe arbeiten hervorragend, das Herz ist etwas zu schnell. Die Chakren sind gut austrainiert, aber nicht überlastet. Herr Kruger ist es gewohnt, sehr schnell sehr viel KI zu schmieden. Ein wahrer Meister." Der Kapitän verzog die Miene skeptisch. "Davon verstehe ich nichts. Ich folge eher der westlichen Medizin." Therom seufzte innerlich. Egal wie besorgt der Skipper um seinen bedeutenden Passagier war, im Moment war er ein Fremdkörper unter Verschwörern. Oder Fachleuten. Er hatte als einziger keine Ahnung von KI und dessen Bedeutung für den Menschen, und deshalb störte er. Gerade hatte sich der Naguad eine Strategie zurecht gelegt, um den Skipper aus der Suite herauszukomplimentieren, als Doktor Li plötzlich aufschrie und beide Hände von Angrids Körper riss. Beide Handflächen waberten noch sekundenlang im gleichen blauen Glühen, bevor die Flammen nach und nach erloschen. Therom zweifelte nicht daran, dass der Arzt dies selbst getan hatte. Mit unglaublichem Können, großer Erfahrung und einem eisernen Willen. "Doktor? Geht es Ihnen gut?", fragte der Naguad. "Jetzt ja. Aber ich kann ein Nachtvesper gebrauchen. Kapitän, wenn Sie das für mich arrangieren könnten... Eine Untersuchung kostet viel Kraft." "Ja. Ja, natürlich. Ich leite alles in die Wege und lasse es auf Ihr Zimmer bringen." "Auf meine Rechnung, natürlich. Ebenso wie die Reise von Doktor Li", sagte Therom mechanisch. "Ich werde den Zahlmeister entsprechend instruieren. Entschuldigen Sie mich einen Moment." Nachdem der Kapitän die Suite verlassen hatte, ruckten die Köpfe des Chinesen und des Naguad wie auf einem geheimen Befehl zueinander. Sie begannen zugleich zu reden. "Was haben Sie...?" "Wie konnte das...?" Therom und der Arzt schwiegen verblüfft, dann lachte der Naguad und forderte Herrn Li auf, zuerst zu sprechen. "Herr Fridjof, wie konnte das geschehen? Es ist mir unbegreiflich, wie so etwas sein kann, aber es scheint mir, Herr Kruger trägt in seinem Innern eine Lebensform, die auf KI basiert. Ich kann es nicht genau beschreiben. Ich habe bereits Geister exorziert und unbeseeltes freies KI vernichtet, aber dieses Ding... Ich weiß nicht ob es ein Parasit oder ein Symbiont ist. Auf jeden Fall ist es für seine Lähmungen verantwortlich." Der Key. Therom erschrak, als seine schlimmste Vermutung bestätigt wurde. "Wie viel wollen Sie wissen, Doktor?", erwiderte er trocken. "Oder besser gefragt, wie viel können Sie ertragen?" Der Chinese runzelte die Stirn. "Ist es so schlimm?" "Noch viel gewaltiger." Die beiden Männer tauschten einen langen Blick aus, und weil Therom den Chinesen mochte, der mit seinen vierzig Jahren mitten im Leben stand, gestattete er ihm einen ausführlichen Blick auf seine gestählte KI-Aura. "Es tut mir Leid, Sie in etwas hinein gezogen zu haben, was vielleicht über das hinaus geht, was Sie zu akzeptieren bereit sind. Ich verspreche Ihnen, dass wir nicht wieder zusammentreffen werden, sobald wir dieses Schiff verlassen." "Nein, nein, Sie verstehen mich falsch. Ich war Zeit meines Lebens immer der Meinung, man könne nie genug wissen. Deshalb bin ich den Freimaurern beigetreten, deshalb bin ich Arzt geworden, und kein Kaufmann. Ich würde mich freuen, wenn ich für Sie nützlich sein könnte, egal in welcher Art." "Das ist... Ein sehr großes Angebot", stotterte Therom. Der Mann vor ihm war für einen vierzigjährigen Menschen einbeachtlich erfahrener KI-Meister. Einen von ihnen in ihren Reihen zu begrüßen war keine dumme Entscheidung. "Ich werde Sie auf meiner Rückreise aufsuchen. Vielleicht finden wir eine Möglichkeit, voneinander zu profitieren." "Es wäre... Schön. Sie sind ein aufrichtiger Mann, und die Sache, die Sie vertreten ist daher auch aufrichtig. Vielleicht denke ich zu naiv. Vielleicht verpasse ich aber andernfalls die größte Chance, die sich je in meinem Leben geboten hat." "Wir werden wieder aufeinander treffen", sagte Therom fest und bot dem Mann die Hand. OHne zu zögern ergriff der Chinese seine Rechte und drückte auf europäische Art fest zu. "Ich werde mich erst einmal dem Nachtmahl widmen, das mir der Skipper versprochen hat. Danach will ich noch einmal nach Herrn Kruger sehen. Ich kann zwar nichts für ihn tun, aber er ist nun mal mein Patient. Meine Prognose ist, dass der Parasit oder Symbiont sich beruhigen wird und das Glühen wieder erlischt. Ohne das wir etwas dafür oder dagegen tun müssen. Aber wir sollten ihn dennoch nicht alleine lassen." "Keine Sorge, Herr Li. Ich werde dieses Zimmer nicht verlassen, bevor es ihm besser geht." "Ich habe nichts anderes erwartet." Der Chinese verneigte sich zum Abschied und verließ die Suite. Therom aber schnappte sich einen Stuhl, setzte sich rittlings drauf und starrte auf den glühenden Angrid herab. "Junge, Junge. Was machst du immer nur für Sachen? Hättest du dich mal verstrahlen lassen, das hätten wir besser in den Griff gekriegt. So aber kann ich dir nicht helfen." Angrid sah ihn an, bevor er mit der rechten Hand eine obszöne Geste machte. Dazu grinste er dünn. "Ja, ja. Du hast deinen Spaß, selbst wenn du genügend leuchtest, um den ganzen Raum zu erhellen. Und wer hat wieder die Arbeit? Ich." "Da..." Angrid rang sichtlich nach der Kraft, etwas zu sagen. "Da..." Therom stutzte und musste lächeln. "Du brauchst dich nicht zu bedanken. Auf dich aufzupassen ist mein Hobby, das weißt du doch. Versuche etwas zu schlafen." Der Arogad nickte ansatzweise, dann schloss er die Augen. Einen Augenblick später öffnete er die Augen wieder und verzog die Miene. "Zu... hell.." Therom hätte beinahe gelacht. Das blaue Leuchten hinderte ihn nun auch noch daran, einzuschlafen. Es musste die Absurdität dieser Aussage sein, vielleicht die Sorge um den Freund und die Anstrengungen des Kampfes, Therom lachte nun wirklich. Es war ein lautes, befreiendes Lachen. Dann sah er wieder zu seinem Freund herüber - nur um sich einem Fuchs gegenüber zu sehen, der auf seinen Hinterläufen hockte und ihn neugierig musterte. Vor seinen Augen verwandelte sich der Fuchs in ein rothaariges Mädchen. "Ich nehme an, du wolltest meinen armen Angrid nicht auslachen, oder?", fragte das Mädchen mit drohendem Unterton. Entsetzt fuhr Therom von seinem Stuhl hoch, und bemerkte erst jetzt, dass er nicht mehr an Angrids Bett saß. "Na toll", seufzte er. Das passte zum Tag. Das passte wirklich zum Tag. *** Er musterte die junge Frau, die ihrerseits ihn musterte. Und er stutzte. "Erstens, wieso mein Angrid? Zweitens, wo bin ich hier? Und drittens, warum hast du nichts an?" "Na, na, wer wird denn gleich prüde werden, mein lieber Fioran? Hast du schon mal einen Fuchs gesehen, der einen Anzug trägt? Ich dachte eigentlich, du hättest dich von der christlichen Antinacktheitshysterie nicht anstecken lassen. Aber anscheinend habe ich mich da geirrt." "Es ist nicht die Hysterie. Es ist dein Anblick. Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn du so bleibst." "Oh, verstehe. Du stehst auf den Kleine Schwester-Typ, Hm? Da muss ich Angrid doch glatt mal ne Warnung mitgeben, dass er dich nicht mit seiner süßen Schwester alleine lässt." Therom legte eine Hand an die Stirn und schüttelte den Kopf. "Bitte", sagte er nur, und darin war alles enthalten, was ihn gerade störte. "Na gut, na gut. Immerhin hast du einen guten Grund genannt", murrte die Füchsin. Übergangslos trug sie einen japanischen Kimono. Allerdings war das Ding so kurz geraten und so offenherzig, dass nackt plötzlich eine plausible Alternative darstellte. Vor allem ihr Dekolleté kam sehr gut zur Geltung. "Besser so? Oder soll ich doch ein wenig weniger tragen?", fragte sie mit einem Augenzwinkern. Das war eine Sekunde, bevor eine große, kräftige Hand ihren Kragen ergriff und sie daran in die Höhe zog. "Okame!", rief sie entrüstet. "Das ist keine nette Behandlung für eine Dame!" "Für eine Dame sicherlich nicht", murmelte der grauhaarige Riese amüsiert, der die Füchsin am ausgestreckten Arm baumeln ließ, "aber für dich ist sie angemessen. Wer hat dir gesagt, dass du Therom Fioran triezen sollst?" "Ich trieze ihn ja gar nicht. Aber Angrid sagt immer, der arme Junge hat so ein Defizit an Frauen in seinem Leben... Da dachte ich... Da dachte ich, er würde sich freuen, mal ein wirklich schönes Exemplar von Weiblichkeit zu sehen." "Und dabei dachtest du ausgerechnet an dich?" Okame lachte prustend. "Was ist daran witzig, hä? Es gibt viele Männer, die eine schmale Taille und schmächtige Schultern zu schätzen wissen. Und die nicht so auf überwuchernde Fettberge stehen, die manche Frauen vor sich her schieben müssen, sondern lieber handlich und begreifbar eine Handvoll zu schätzen wissen." "Überwuchernde Fettberge?", klang eine laute und zweifelsohne schlecht gelaunte Frauenstimme auf. "Au Backe, der Boss", raunte die Füchsin. Hastig rief sie: "Damit habe ich selbstverständlich nicht deine Brüste gemeint, Kuzo-sama. Diese wunderbaren Attribute der Weiblichkeit mit ihrem eleganten Schnitt, ihrer Festigkeit und dem perfekten Profil sind der Inbegriff all dessen was eine Frauenbrust sein sollte!" Nun trat eine große, schwarzhaarige Frau hinzu. Ihr gehörten anscheinend diese Inbegriffe der Weiblichkeit. Und die Inbegriffe der Weiblichkeit waren wirklich groß und bildeten ein mehr als ausladendes, aber nicht unpassend wirkendes Dekolleté. "Gerade so noch gerettet, Kitsune-chan", schnurrte die große Frau und tätschelte dem Fuchsmädchen den Kopf. Komisch, nebeneinander gestellt versagte alleine ihre Nähe der Füchsin den Begriff Frau und degradierte sie zum Mädchen. "Dai-Kuzo-sama?", fragte Therom erstaunt. Die Frau mit den hüftlangen schwarzen Haaren sah ihn lächelnd an. "Das ist richtig, mein lieber Fioran. Ich bin die große Spinne, die Herrin der Dämonen. Angrid oder Michael haben dir von mir erzählt, nicht?" Sie lächelte noch immer, als sie auf die anderen beiden deutete. "Dai-Okame-sama, der Herr der Wölfe. Und Dai-Kitsune-sama, die Herrin der Fuchsdämonen. Ich neige dazu, diese Entwicklung ab und an zu bedauern, aber es hält sich in Grenzen." "Bedauern? Oooooch", murrte die Füchsin und blies ihre Wangen auf. Okame nickte Therom zu, dann setzte er die Füchsin ab und klopfte ihr leicht auf beide Wangen. Mit einem Plopp strömte die Luft wieder raus. "Keine Grimassen vor dem Boss." "Menno", murmelte sie brummig. Kuzo lächelte nun nur ganz leicht, im Ansatz. Dann deutete sie tiefer in den Wald. "Gehen wir ein wenig, Therom Fioran. Es gibt einige Dinge, die du wissen musst, und einiges was du wissen solltest." Der Fioran nickte und bot der Herrin der Dämonen seinen Arm an, so wie es vor dreißig Jahren für ein flanierendes Paar von Welt noch üblich gewesen war. Die Dämonin nahm das Angebot ohne einen Kommentar an, und legte ihren Unterarm auf seine Armbeuge. Dann gingen sie den Weg entlang. Fuchs und Wolf folgten ihnen mit einigen Metern Abstand, und das stete Betteln der Füchsin an Okame, sie auch am Arm zu führen, klang leise zu ihnen herüber. Kuzo lächelte. "Kitsune mag dich. Das ist ein gutes Zeichen. Sie hat die einmalige Gabe, auf den ersten Blick zu sehen, wer ihrer Hilfe wert ist und wer nicht. Du stehst bei ihr bereits hoch im Kurs." "Ach, tatsächlich? Sie hat mich nackt empfangen." Über Kuzos Züge zuckte ein Schmunzeln. "Das habe ich jetzt gerade nicht richtig verstanden. Ansonsten würde ich Kitsune nämlich bestrafen müssen. Sie ist... ein sehr eigenes Mädchen. Und sie ist für uns Dämonen unersetzlich. Auch wenn man es kaum glauben kann, wenn man sie so quirlig und aufgedreht erlebt, ohne sie würde mir vieles schwerer fallen." Kuzo sah nach hinten, aber die Füchsin schien sie nicht gehört zu haben. Noch immer bettelte sie den großen Wolf an, damit er sie genauso am Arm führte wie Therom es mit Kuzo tat. Wieder huschte ein Schmunzeln über die Züge der großen Spinne. "Aber du bist nicht hier um Triviales über uns Dämonen zu erfahren, Therom Fioran. Möchtest du Fragen stellen, oder soll ich einfach erzählen, was relevant ist?" "Ich denke, ich werde zuerst einige Fragen stellen. Warum lähmt der Key meinen Freund?" "Oh, das ist leicht erklärt. Ihr nehmt die Südroute um Japan herum nicht das erste Mal, nicht wahr? Aber durch die Cyborgs ist das Schiff weiter nach Süden gedriftet. Und jetzt befindet sich Angrid in der Reichweite des Götterschiffs, das der Key bewachen soll." "Schiff? Bewachen?" Kuzo seufzte. "Okay, wie viel hat man dir über den Key erzählt?" "Anscheinend nicht genug", murmelte Therom. "Okay, dann will ich es kurz umreißen. Vor zwanzigtausend Erdjahren etwa existierte eine Zivilisation, die aus euch Menschen und uns Dai bestand. Wir lebten friedlich im Einklang miteinander und breiteten uns über die Sterne aus. Dann aber stießen wir auf die Götter. Die Götter sind eine geheimnisvolle, uns unbekannte Spezies, deren Technologie uns überlegen war. Nur wir Dämonen konnten ihnen dank unserer KI-Beherrschung Paroli bieten. Aber der Krieg lief nicht sehr gut für uns, vor allem nachdem Dämonen mit dem Versprechen geködert wurden, dass ihre Welten verschont blieben, wenn sie auf Seiten der Götter kämpften. Wir rissen das Ruder dennoch einmal herum, indem wir den ultimativen Krieger erschufen. gewaltige Kämpfer, die bis zu ihrem Tod fochten. Leider waren sie so stark, dass sie noch einmal die gleichen Verwüstungen anrichteten, welche auch die Götter angerichtet hatten. Die Götter konzentrierten sich dann umso mehr auf die Vernichtung der Superkrieger, und schließlich trat tatsächlich Frieden ein. Der Frieden hatte einen Preis: Wir durften nie wieder einen Superkrieger erschaffen. Alle Dämonen, die noch existierten, hatten sich diesem Versprechen zu unterwerfen. Zuwiderhandlungen wurden mit Vernichtung bestraft. Etliche Dämonenwelten wurden vernichtet, weil dort weiterhin an Superkriegern geforscht und entwickelt wurde. Später vernichteten die Götter aus Prinzip jede Dämonenwelt, egal ob dort geforscht wurde oder nicht. Sie waren irgendwann zu dem Schluss gekommen, dass wir den Superkrieger jederzeit reproduzieren konnten, solange es uns Dämonen gab. Einzig die Erde bildete eine Ausnahme, denn wir Dämonen hier verfügen über eine Macht, die zum Preis unserer Vernichtung auch die Götter auslöschen kann. Deshalb traten die Götter mit einem besonderen Friedensvertrag an uns heran. Wir sollten zwanzigtausend Jahre Frieden halten. Und wenn es uns gelänge, in dieser Zeit keinen Reyan Maxus zuzulassen, wollten sie uns weitere zwanzigtausend Jahre Frieden geben. Um diesen Frieden zu überwachen, brachten sie ihr letztes Großkampfschiff auf die Erde, versteckten es und konservierten seine Besatzung für eine kleine Ewigkeit. Sollten wir jemals Anzeichen dafür erschaffen, einen Superkrieger zu erzeugen, dann sollte die Besatzung geweckt werden, um die Erde zu vernichten. Dies wäre dann gleichbedeutend mit der Vernichtung der Götter, denn wir besitzen unsere Machtmittel noch immer." Therom runzelte die Stirn. "Ihr glaubt doch nicht, dass die Götter sich wirklich an den Frieden halten? Ich meine, wenn sie jede Dämonenwelt vernichten die sie finden, wie könnt ihr da glauben, dass sie sich an den Waffenstillstand halten werden?" "Oh, sie können nicht anders als sich daran zu halten. Und wir können nicht anders als zwischen zwei Übeln zu wählen. Einen Reyan Maxus zu erschaffen bedeutet vielleicht das Ende für die Götter. Aber wir bringen damit auch ein Übel über alle bewohnte Welten. Es gab nur ein effektives Mittel, um die Superkrieger zu kontrollieren: Sie zu töten, wenn sie sich nicht mehr im Griff hatten. Es gab in der ganzen Geschichte des Krieges nur einen Superkrieger, der seine Fähigkeiten vollendet im Griff hatte." "Du willst sagen, du hast keine andere Wahl?" "Ja, ich, wir alle, haben keine andere Wahl. Die Dämonenwelt kann die Zerstörung der Erde überleben. Aber was wären wir ohne unsere Heimatwelt? Was wären alle Dämonen ohne unsere Heimatwelt?" Dai-Kuzo lächelte wehmütig. "Ich bin mächtig, und vielleicht bin ich eines Tages mächtig genug, um den Göttern endlich Einhalt zu gebieten. Aber dieser Tag ist noch fern, und ich sehe ihn nicht kommen. Noch nicht. Bis dahin aber braucht der Key einen menschlichen Träger, einen Symbionten, in dem er lebt, von dem er lebt. Die Vernichtung des Keys wäre ebenso gleichbedeutend mit der Vernichtung der Erde wie unser Versuch, einen Reyan Maxus zu erschaffen." "Und dieser Träger ist Angrid." "Ja. Angrid trägt den Key und damit die potentielle Vernichtung der Erde in sich, bis er eines Tages stirbt. Dann muss ein anderer unserer menschlichen Verbündeten bereit stehen, oder der Key wird sich irgend einen anderen Wirt suchen, über den wir dann keine Kontrolle mehr haben. Nur wenn wir wissen wo der Key ist, haben wir unsere eigene Vernichtung noch in der Hand." "Wer trug den Key vor Angrid? Das hat er mir nie gesagt." Kuzo sah nachdenklich in die Ferne. "Ihr Naguad seid nicht unsere ersten menschlichen Verbündeten. Schon lange vor eurer Ankunft hatten wir einen Pakt mit menschlichen Reisenden von jenseits der Sterne geschlossen. Sie waren langlebig wie ihr Naguad, und sie lebten uns zuliebe acht Generationen auf der Erde, bevor die Naguad sie ablösten und sie in ihre Heimat zurückkehrten, um sich auf den kommenden Krieg vorzubereiten." Dai-Kuzo lächelte breit. "Es ist nicht so als würden wir uns vollständig in diesen Waffenstillstand ergeben. Es ist nicht so als träfen wir nicht unsere Vorbereitungen." "Interessant. Warum habe ich von diesem Vorgängervolk nie erfahren? Warum haben wir nie Spuren von ihnen gefunden?" "Oh, ihre Spuren siehst du jeden Tag. Viele ihrer Nachfahren, die von ihrem glorreichen Volk nichts mehr wissen, die als normale Menschen auf der Erde leben, begegnen dir jeden Tag auf dieser Welt. Ihr Blut ist vollkommen in den Menschen aufgegangen, jenseits jeglicher Rasse und Religion. Nur jene die mit uns Dai... Mit uns Dämonen paktierten, durften dieses erstrebenswerte normale Leben nicht führen und gaben den Key von Träger zu Träger weiter." "Und jetzt bereiten sie sich in der Heimat auf den neuen Krieg gegen die Götter vor." "Wir alle bereiten uns darauf vor. Der Krieg auf der Erde, den ihr für uns gegen den Core und Juichiro Torah führt, ist nicht allein ein Konflikt um die Dämonenwelt. Er ist auch ein Konflikt, um uns alle auf den Krieg vorzubereiten, der kommen wird. Und er wird kommen, das wissen die Götter so gut wie wir." "Na, da steht uns ja noch was bevor", murmelte Therom. "Moment, Dai-Kuzo-sama, wenn der Key reagiert, weil er dem Schlachtschiff nahe kommt, dann..." Die große Spinne fächelte sich mit der Linken Luft zu. "Oh, mehr von dieser ausgsuchten Höflichkeit. Mehr von diesen guten Manieren. Du bist so ein Labsal für mich, mein lieber Therom. Ganz anders als dieser vorlaute, angeberische Haufen von Dämonen, mit denen ich mich sonst abgeben muss." "Hey!", rief Kitsune von hinten. "Was soll das denn heißen, Boss?" Dai.-Kuzo verdrehte die Augen in komischer Verzweiflung und nickte nach hinten. Therom verstand und versteckte sein Schmunzeln hinter der Rechten. "Das habe ich gesehen! Jawohl!", rief Kitsune ärgerlich. "Du willst wissen warum wir das Schiff nicht angreifen, obwohl wir wissen wo es versteckt ist, richtig?" "Ja, das hatte ich eigentlich vor." "Das ist einfach. Es liegt im Tiefseegraben östlich der Philippinen. Es ist der tiefste Punkt auf der Erde. Es ist nicht so als könnten wir nicht dahin gelangen. Aber das Kriegsschiff dort zu vernichten würde auch bedeuten, die Welt zu vernichten. Und deshalb lassen wir es. Wenn du allerdings eine schnelle und ungefährliche Methode kennst, um das Mistding in die Sonne zu werfen, fühle dich frei und sprich dich aus." Therom hüstelte verlegen. "Wir bauen einen riesigen Löffel, nehme Manila als Ankerpunkt und schmeißen Taiwan auf das längere Ende?" "Das ist so verrückt, dass es schon wieder plausibel klingt. Aber ich fürchte, die Taiwanesen könnten etwas dagegen haben", erwiderte sie seufzend. "Hast du noch weitere Fragen?" "Ja. Wie kriege ich den Key aus Angrid heraus?" "Nur der Key kann entscheiden, ob er seinen Wirt verlässt oder nicht. Er ist normalerweise inaktiv, bis auf seine permanenten Scans nach einem Kriegsbeginn unsererseits. Er geht normalerweise erst beim Tod seines Wirts auf einen neuen über. Wir haben eine geringe Kontrolle darüber, wer dies sein wird, weil wir den nachfolgenden Wirt in die Nähe des Sterbenden bringen. Auch der Key hat ein Interesse daran, einen möglichst langlebigen Wirt zu haben. Tatsächlich nutzt der Key einen Teil seiner Energie, um den Wirt gesund und aktiv zu halten." "Macht der Key auch schön?", platzte Therom heraus. "Was?" "Schon gut, schon gut", beschwichtigte der Fioran. "Eine Schnapsidee meinerseits." "Nein, soweit wir feststellen konnten, verändert der Key das Äußere seiner Wirte nicht. Weder zum Vorteil, noch zum Nachteil. Warum fragst du dich das, Therom Fioran?" "Ich bin zu oft in Angrids Nähe. Das zeigt mir die Unterschiede zwischen uns beiden nur zu deutlich auf", murrte Therom. "Aber das sind doch nur Äußerlichkeiten. Und die heißen Äußerlichkeiten, weil sie rein äußerlich sind. Über den Menschen sagen sie gar nichts aus. Und wer sich nach Äußerlichkeiten richtet, der findet auch nur Äußerlichkeiten. Abgesehen davon..." Kuzo musterte den Fioran gründlich. "Abgesehen davon kannst du dich ja wohl kaum beschweren, Therom Fioran. Ein schlanker, drahtiger Mann mit einen klassisch schönen Gesicht muss sich um sein Aussehen jedenfalls keine Gedanken machen." Suchend drehte Therom den Kopf. "Wo? Wo ist er? Ich sehe ihn nirgends." "Kann es sein, dass du da einen klitzekleinen Minderwertigkeitskomplex hast, Therom?" "Nennen wir es galoppierenden Realismus", brummte er. "Nenne es wie du willst. Ich erkenne einen Minderwertigkeitskomplex, wenn ich ihn sehe. Aber lass uns auf den Key zurückkommen. Du hast sicherlich schon herausgefunden wo du bist, und warum ich dich habe holen lassen." "Ich wurde mehr mit dem Key verstrickt als ich eigentlich durfte. Und nun bin ich in der Dämonenwelt." "Es muss "sollte" heißen, nicht "durfte", Therom. Der Key ist letztendlich eine Belastung für seinen Träger und seine Umgebung. Du hast dir aber durch deine Treue und Freundschaft das Recht erworben, den ganzen Hintergrund zu erfahren. Du weißt hoffentlich, dass außer dir und Angrid nur sieben weitere Naguad und neunzehn Menschen so viel oder sogar mehr über die Hintergründe wissen?" "Ich habe so etwas geahnt, Dai-Kuzo-sama." "Und du weißt sicherlich, dass es so bleiben soll. Uns liegt nichts daran, den Naguad nicht nur diesen Krieg aufzuhalsen, sondern ihnen auch schon den nächsten zu prophezeien. Lass sie alle Probleme nach und nach angehen." Therom nickte langsam. Ja, dieses Wissen konnte durchaus bei einigen wenigen bleiben, ohne allen wirklich zu schaden. Die Zeit würde zeigen, wann jeder alles wissen musste, wissen durfte. "Ich stimme zu, Dai-Kuzo-sama." "Ich bin erstaunt. Das ist keine Höflichkeit von dir, das ist dein Wesen, nicht wahr? Du bist so, Therom." "Höflichkeit? Du bist die große Spinne. Der Respekt, den ich dir erweise, steht dir auch zu." Ein Strahlen ging über Kuzos Gesicht. Ein Strahlen, das durchaus mit einem Sonnenaufgang mithalten konnte. "Habt ihr zwei das gehört? So geht man mit der Herrin der Daimon um, und nicht anders." "Ha, das hält er auch nur tausend Jahre durch", murrte Kitsune. "Oh, ich denke, er muss mir diesen Respekt schon bald nicht mehr zeigen", erwiderte Kuzo amüsiert. Sie war ein klein wenig größer als der Fioran und trug zudem hochhackige Stiefel. Also beugte sie sich leicht vor. Therom schluckte schwer, als dabei das ausladende und hübsche Dekolleté erst richtig in sein Blickfeld geriet. Doch dieser Anblick wurde schnell von Kuzos Gesicht verdeckt. Verwundert registrierte er die Tatsache, dass die große Spinne ihn küsste. Und mit noch mehr Verwunderung fühlte er, wie sein KI komplett auf den Kopf gestellt wurde. Es war kein unangenehmes Gefühl. Im Gegenteil, es war angenehm, schön, atemberaubend, herrlich, und ein halbes Dutzend Steigerungen mehr, die ihm gerade nicht einfallen wollten, oder die er erst erfinden musste. Als sich die große Spinne wieder von ihm löste, lächelte sie mehr als zufrieden, während der junge Fioran das Gleichgewicht verlor und sich auf seinem Hintern wiederfand. "Phantastisch", hauchte er. "Danke. Das hört ein Mädchen doch immer wieder gern", sagte die große Spinne in einem erfreuten, beinahe singenden Ton. "Das war ja wirklich mal ein Kuss. Unglaublich! So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich..." "Oh, es war nicht nur ein Kuss. Es hat auch was mit KI zu tun." Lächelnd kniete sich die große Spinne neben ihm hin und ergriff sein Kinn. "Außerdem war das erst der Anfang, mein lieber Therom Fioran." Erneut verschloss sie seine Lippen mit einem Kuss, und diesmal schien wohlig wärmendes, alles nieder walzendes Feuer durch seinen Leib zu rasen. "Und das ist erst der Anfang", hauchte sie verheißungsvoll. Zu diesem Zeitpunkt war der Fioran längst Wachs in ihren Händen. *** "Herr Fridjof?" Therom schreckte hoch. "Was? Ich muss eingeschlafen sein. Wer...?" Doktor Li lächelte ihn freundlich an. "Sie hatten etwa fünf Stunden Schlaf. Ihrem Freund geht es besser. Das Leuchten hörte zwei Stunden nach Mitternacht auf, und er konnte selbst ein wenig schlafen. Als er vorhin aufgestanden ist bat er mich, Sie zu wecken." Therom legte eine Hand an seine Schläfe. Hatte er das alles geträumt? Musste es nicht sogar ein Traum sein? Oder war es einfach zu gut gewesen, um ein Traum sein zu können? Er erinnerte sich an jede Sekunde, jede Bewegung, jede Berührung, an all das, was mit ihm geschehen war... Was mit ihnen geschehen war. Und dann hatte er hier geschlafen? Wie passte das zusammen? Jene Körperstellen, die Kuzos Hände berührt hatten, schienen noch immer unter ihrer Berührung zu glühen, jene die sie geküsst hatte, standen praktisch in Flammen. Er erinnerte sich sehr genau an alles, was sie ihm abgefordert hatte und was er nur zu gerne zu leisten bereit gewesen war. Auf den Punkt gebracht hatte er nicht einfach nur mit der Herrin der Dämonen geschlafen, er hatte ein absolutes Wunder erlebt. Ein Wunder, das wohl niemals getoppt werden konnte. Das beruhigte ihn und beunruhigte ihn im gleichen Maße. Er betrachtete seine Hände. "Ich... Legen Sie sich schlafen, Doktor. Sie haben es sich verdient." Der Chinese lächelte liebenswürdig. "Keine Sorge, junger Fioran. Ein Dämon kommt sehr lange ohne Schlaf aus. Und falls du dich fragst: Ja, all das ist wirklich im Dämonenland geschehen. Die große Spinne hat dich kleinen Naguad nach allen Regeln der Kunst vernascht." "Was?" Theroms Kopf ruckte hoch und stieß dabei mit dem des Chinesen zusammen. "Autsch!" "Oh, das tut mir Leid, Doktor Li. Ich wollte... Was haben Sie gerade gesagt?" "Ich habe gesagt, dass ich Ihren Vorschlag aufgreifen werde, Herr Fridjof. Ein ausgedehntes Frühstück und eine Mütze Schlaf werden mir gut tun. Immerhin habe ich als einziger keinen Schlaf bekommen. Nicht das ich mich darüber beschwere." "Nein. Natürlich nicht. Haben Sie vielen Dank, Doktor Li. Sowohl Herr Kruger als auch ich waren in den besten Händen." "Dann erlauben Sie mir, mich jetzt zurück zu ziehen. Wir werden sicherlich noch Gelegenheiten finden, um über dieses und jenes zu sprechen." Der Chinese verneigte sich lächelnd und verließ dann die Kabine. Irrte sich Therom, oder wuchs der schmächtige kleine Mann urplötzlich in die Höhe, bekam eine gewaltige graue Mähne und ähnelte von hinten verblüffend dem Herrn der Wölfe? Nein, das musste eine Sinnestäuschung gewesen sein. Und was war mit der anderen Sache? Je mehr er daran dachte, desto unwirklicher erschien es ihm, dass es etwas geben konnte, das sich so verdammt gut anfühlte. Andererseits war es viel zu intensiv gewesen, um nur ein Traum gewesen zu sein. Und... Hastig sprang er auf, öffnete seinen Kragen und starrte in den nächsten Spiegel. Tatsächlich! Auf seinem Hals hatte sich ein Hämatom gebildet! Er öffnete das Hemd und betrachtete sein linkes Schulterblatt. Vier lange rote Striemen zogen sich dort herab, genau an der Stelle, wo die langen scharfen Nägel der großen Spinne ihn geschnitten hatten. Tiefer nachzuschauen wagte er dann doch nicht. Es war also real gewesen. Und das musste er erst einmal verkraften. "Was denn, Adonis? Muss ich dir jetzt einen Spiegel zum Geburtstag schenken, in dem du dich bewundern kannst?", klang die spöttische Stimme Angrids vom Eingang her auf. Hastig zog Therom das Hemd wieder über die Schulter. "Wenn du wüsstest was ich erlebt habe..." "Sie küsst gut, nicht wahr?", brummte Angrid amüsiert und stellte ein Tablett mit einem europäischen Frühstück auf dem Esstisch ab. "Dai-Kuzo-sama, meine ich. Sie verbindet ihre Küsse immer mit KI-Scans, wie sie es nennt. Eine einmalige Erfahrung." Angrid zwinkerte dem Freund zu. "Komm, setze dich und erzähle mir wie es war." "Sie hat mich vernascht", platzte es aus dem Fioran heraus. Entsetzt starrte Angrid ihn an. "Was?" "Ich konnte nichts dagegen tun. Ich wollte ja auch nichts dagegen tun." Therom sah den Freund unsicher an. "Hat sie dich...?" "Nein, verdammt, und ich beneide dich um diese Erfahrung. Soweit ich es weiß bist du der einzige Naguad, mit dem sie je... Nun ja. War es so gut wie ich es mir vorstelle?" Therom räusperte sich verlegen. "Viel besser als gut. Schlicht und einfach unglaublich. Es war mit nichts zu vergleichen, was ich bisher erlebt habe." "Okay, ich bin hiermit hoch offiziell auf dich neidisch, sehr eifersüchtig und zutiefst betroffen. Warum macht sie so was mit dir, aber nicht mit mir?" "Keine Ahnung. Sie hat zuvor noch irgendwas von inneren Werten geredet, als wir über den Key sprachen. Und dann... Und dann ging alles viel zu schnell. Anfangs. Danach ging es sehr viel gemütlicher zu. Sie hat übrigens gesagt, dein Artefakt hat reagiert, weil wir dem Schiff der Götter zu nahe gekommen sind. Du warst nie auf den Philippinen, oder?" "Nein, ich hatte bisher nicht das Vergnügen. Und es erscheint mir besser, dass du alle unsere Geschäfte dort in Zukunft erledigst. Innere Werte? Ich bin noch keiner Frau begegnet, der so etwas wichtig war." "Du begegnest anscheinend den falschen Frauen." "Treffer und versenkt. Jetzt bin ich eifersüchtig, neidisch, betroffen und auch noch belehrt. Was für Stellungen hat sie denn bevorzugt?" "Was denn? Willst du nicht mehr über den Key erfahren?" "Das ist doch jetzt absolut unwichtig. Ich will halt nur wissen ob sie noch besser als Kitsune ist." "Du hast mit der Herrin der Fuchsdämonen geschlafen?" Angrid grinste breit. "Ich hatte ab und an die Ehre. Aber ich befürchte, die große Spinne ist noch um einiges besser." "Heißt das, ich führe immer noch?" "Was hat das denn mit führen zu tun?", murmelte Angrid ärgerlich. "Es klang so als hättest du etwas auszugleichen oder aufzuholen", erwiderte Therom trotzig. Die beiden Freunde sahen sich lange in die Augen. Dann deutete Angrid auf den Platz ihm gegenüber. "Friedensangebot. Du kriegst von meinen Brötchen und erzählst mir alles was du mit Kuzo getan hast. Im Gegenzug erzähle ich dir alles was ich mit Kitsune angestellt habe. Deal?" "Warum komme ich mir nur gerade vor wie ein Frühpubertierender, der gerade ein unanständiges Bild entdeckt hat?" Therom setzte sich und griff nach einem Messer. "Gib mir ein Brötchen, bitte." 3. Paris war an sich eine schöne Stadt. Sie war auch eine sehr lange Anreise wert. Ob sie aber genauso wie Venedig mit dem Motte "sehen und sterben" werben sollte war eher fraglich. Das war auch der Grund, warum Therom die Beine in die Hand genommen hatte, um vor einem Dutzend Flics durch die nächtlichen Straßen zu fliehen. Angrid hingegen schien die Sache Spaß zu machen. Er lief rückwärts neben ihm her und grinste breit. "Also, wir laufen über die Point Noeuf und halten danach auf den Eiffelturm zu, okay? Dahinter wechseln wir wieder auf die andere Seite der Seine und schlüpfen in unserem Hotel unter." "Bist du sicher, das nützt was? Immerhin hatten die Geheimdienstleute auf unsere Namen ausgestellte Haftbefehle." "Vor denen wir nichts zu befürchten gehabt hätten, wenn dieses verdammte Land nicht sogar eine harmlose Tänzerin zum Tode verurteilt hätte, nur um einen Erfolg in der Spionageabwehr vorweisen zu können", brummte Angrid und lief wieder normal neben Therom her. "Außerdem steckt hinter dieser Verhaftung definitiv Torah. Ich kann den Kerl förmlich riechen. Und da weißt du halt nicht, ob du überhaupt lebend im Gefängnis ankommst. Weißt du, ich habe keine Lust zu sterben. Ich habe noch so viel vor, so viel zu erleben. Zum Beispiel steht noch eine Liebesnacht mit Dai-Kuzo auf meinem Plan." "Träume weiter", erwiderte Therom grinsend, während sie über die Brücke hetzten. Er deutete nach oben, und die beiden Naguad sprangen auf das nächste Häuserdach. Unter ihnen liefen Flics aus drei verschiedenen Richtungen zusammen, sichtlich enttäuscht, ihre Beute nicht eingekesselt zu haben. Die beiden Naguad schlichen auf die andere Dachseite und setzten über den Dächern von Paris ihren Weg zum Eiffelturm fort. "Wir müssen aber zurück. Ich habe das Geld im Tresor gelassen", sagte Angrid. "Nach unserer schönen Reise im Orient-Express, unserem problemlosen Wechsel rein in die Schweiz und wieder raus hätte ich nicht gedacht, dass die Probleme dann in Paris auf uns lauern würden." "Lass das nicht deine Mutter hören", erwiderte Therom. "Vortein würde dir einen Knoten in die Beine machen und dir die Ohren so lang ziehen, dass du sie als Mütze benutzen kannst, wenn sie hört, dass du das Unerwartete nicht erwartet hast." "Touché", erwiderte Angrid grinsend. "Trotzdem Hotel?" "Was bleibt uns anderes übrig? Solange keine Cyborgs im Spiel sind kommen wir relativ leicht aus dieser Falle raus." Vor dem Eiffelturm endeten die Häuser. Therom konnte sich noch sehr gut an die Weltausstellung erinnern, als Monsieur Eiffel das hässliche Stahlgebilde in die Höhe geklotzt hatte. Es war damals als einmalige Aktion geplant gewesen, aber Paris, die Stadt der Liebe, hatte die hässliche Konstruktion sofort in ihr Herz geschlossen und das Stahlgebilde zu ihrem Wahrzeichen erklärt. Allerdings gab Therom dem Gerippe höchstens weitere zwanzig Jahre, bis Paris seiner überdrüssig wurde und es endlich abbauen ließ. Die beiden Naguad huschten von den Dächern herab und eilten auf den Eiffelturm zu. Der Platz unter dem Turm war frei von Flics und flanierenden Personen. Nun, es war schließlich auch schon weit nach Mitternacht. Und außer den Polizisten trieben sich nur noch Nachtschwärmer, Geheimagenten und die beiden Freunde in den Straßen herum. Sie, und die drei einsamen Gestalten unter dem Eiffelturm, die sie zu erwarten schienen. Die Naguad wollten schon ausweichen, aber da flammte ein Streichholz auf und entriss das Gesicht des Mittleren der Dunkelheit. "Guten Morgen, meine Herren Taral und Fioran", sagte Juichiro Torah, während er sich eine Zigarette anzündete. "Die Verhandlungen mit dem Wirtschaftsministerium endeten etwas abrupt, oder? Tja, seit die Franzosen diese kleine Tänzerin getötet haben, stehen sie international stark in der Kritik. Vor allem der Geheimdienst braucht einen richtigen Ermittlungserfolg, um sich zu rehabilitieren. Da kamt ihr zwei Idioten gerade recht." Mit der Linken wedelte er das Streichholz aus und grinste die Naguad an. "Ich habe mir schon gedacht, dass ihr zu schlau seid, euch von den Menschen gefangen nehmen zu lassen. Und ich habe gewusst, dass ihr dem Eiffelturm nicht widerstehen konntet. Aber Kinder sind nun mal leicht berechenbar." "Torah", zischte Angrid. Langsam drückte er sich an Therom vorbei. Doch der Freund hielt ihn zurück. "Warte, Hitzkopf! Seine Begleiter emissieren zu viel KI!" Angrid stutzte und bemerkte es selbst. "Was zum...?" Torah grinste wölfisch. Seine weißen Zähne schienen in der Dunkelheit aufzuleuchten. "Gut erkannt, Therom Fioran. Aber ich wusste gleich, dass du der Denker bist und der Bluthund für das Grobe zuständig ist. Das war auch schon bei deinem Vater und Michael Fioran so." Er machte eine ausladende Handbewegung. "Darf ich vorstellen? Meine Dämonen. Ihr habt die große Freude, die Prototypen zu testen. Ich bin gespannt wie ihr euch machen werdet." "Dämonen? Prototypen?", argwöhnte Angrid. "Ich denke, wir werden die Erklärung gleich bekommen. Und sie wird uns nicht im mindesten gefallen", murmelte Therom. "Nur wenn alles so läuft wie ich es plane, Therom Fioran." Torahs Grinsen erstarb. Er schnipste mit den Fingern. "Holt sie euch!" Die beiden Gestalten schienen vor den Augen der Naguad in sich zusammen zu sinken. Sie bildeten formlose kleine Pfützen. Und aus diesen Pfützen stieg etwas neues, widernatürliches auf. Links von Torah entstand ein Hybride, einem Zentauren nicht unähnlich. Das Wesen, fast drei Meter hoch, legte den Kopf in den Nacken und brüllte auf eine gespenstische Weise. Die andere Pfütze spie einen Menschen aus, eine groteske, verformte und karikierte Version eines französischen Polizisten. Sie war fünf Meter hoch und trug einen Knüppel in der Hand, der die Bezeichnung Baumstamm durchaus verdient hatte. Sein Schrei glich mehr einem düsteren, Unheil verkündenden Grollen. Dann sprangen die beiden Gestalten herbei, griffen die Freunde an. Angrid zögerte nicht lange und fing den nieder sausenden Schlagstock auf. "Was sind das für Figuren, verdammt? Für Projektionen sind sie zu real!" Therom, der gerade dem haschenden Griff des Zentauren durch einen Rückwärtssalto entkam, antwortete: "Es sind Menschen! Menschen, die mit fremden KI aufgeladen wurden! Geradezu übersättigt!" Therom wehrte den nächsten Hieb ab und ging in den Angriff über. Er rannte in den Zentauren hinein und trieb seine Faust tief in dessen Tierleib hinein. Die große Gestalt ächzte erschrocken auf. Doch das reichte dem Fioran noch nicht. Wie ein Blitz passierte er die Riesengestalt und machte einen gewaltigen Satz auf den Magier zu. Der grinste nur und breitete die Arme aus. "Komm, junger Mann. Versuche dein Glück gegen Torah, den Magus!" KI leuchtete eisig blau um seinen rechten Arm, als er auf die Erde nieder fuhr wie ein rächender Gott. Dann schlug er mit all seiner Kraft auf Juichiro Torah ein - und zerschmetterte die Bodenplatten mit seinem Hieb. Unter ihm war ein beachtlicher Krater entstanden. Torah schwebte über dem Krater in die Luft. Er grinste breit. "Ich nehme das mit dem denken zurück, Fioran. Nicht nur, dass du deinen Partner in Stich gelassen hast, du hast noch nicht einmal erkannt, dass ich gar nicht wirklich hier bin. Dies ist eine Projektion. Ein dreidimensionales Hologramm aus euren Werkstätten. Ich lasse mich hierher projizieren, während ich in Wirklichkeit am sichersten Platz von ganz Paris bin." "Interessant!", raunte Therom und wandte sich wieder Angrid zu. Wenn er Torah nicht direkt angreifen konnte, musste er dem Freund wieder helfen. Der hatte es in der Tat mit beiden Gegnern zu tun, obwohl Therom den Zentauren recht übel erwischt hatte. Mit rechts hielt Angrid den Polizisten von sich, mit links wehrte er gerade einen Hieb des Zentauren ab. Therom sprang schnell zurück, um dem Zentauren den entscheidenden Hieb zu versetzen, da begann der Riese zu zucken und zu wanken. Er brüllte auf eine unwirkliche, grausige Art, dann fiel er auf die Seite. Auch der Flic brüllte sein Entsetzen und seine Schmerzen hinaus, ließ den Schlagstock fallen und sackte zuerst in die Knie ein, danach versank er in sich selbst und bildete erneut eine große Pfütze. "Oh. Das habe ich nicht erwartet. Na ja, es waren halt Prototypen. Ich verabschiede mich dann bis zum nächsten Mal, meine Herren", sagte das Hologramm und erlosch. "Verdammt!", rief Angrid wütend. "Verdammt!" Therom schüttelte ärgerlich den Kopf. Das war ihre Chance gewesen. Eine wirklich gute Chance, wie sie die Naguad in den letzten drei Jahrhunderten vielleicht zwei- dreimal erhalten hatten. Und dann hatten sie so kläglich versagt. In den Pfützen zeichneten sich menschliche Konturen ab, während die Pfützen sich allmählich verflüchtigten. Zurück blieben zwei menschliche Körper, die wie mumifiziert wirkten, Entsetzen auf den Zügen und pure Angst in den Augen. "Na toll. Jetzt haben wir uns erst Recht Ärger eingehandelt. Zwei Tote", murmelte Therom ärgerlich. "Aber die gehen nicht auf unser Konto." "Erkläre du das mal der Polizei, die ohnehin gleich hier sein wird, so wie die beiden gebrüllt haben." Therom warf den Toten einen letzten Blick zu. "Verschwinden wir hier. Nächster Stopp ist Dresden. Michael wird uns zur Schnecke machen." Unschlüssig stand Angrid vor den beiden Toten, dann nickte er. Sie unterquerten den Eiffelturm und waren schnell im Häusergewirr verschwunden. Epilog: In der obersten Etage des Eiffelturms kletterte Juichiro Torah gerade aus dem holographischen Projektor, der sein Bild unter den Turm gesendet hatte. Ein französischer Beamter musterte ihn vorwurfsvoll. "Monsieur Torah, Ihre neue Waffe hat nicht gehalten was sie versprochen hat." "Sicher nicht. Sie war auch nur ein Prototyp. Aber wenn Sie bereit sind, mir weitere zum Tode verurteilte Verbrecher zur Verfügung zu stellen, arbeite ich an der Vervollkommnung. Stellen Sie sich eine Armee dieser Giganten vor. Unempfindlich gegen Gewehrfeuer, gegen Tanks, gegen Flugzeuge." Der Franzose lächelte dünn. "Und dann ist es wie mit den Tanks. Der Gegner entwickelt seine eigenen Monster und kontert uns aus. Dann zählen wieder nur noch Leistung, Taktik, Opferbereitschaft." "Mag sein, aber bis sie die Waffen kopieren können, gehört das Schlachtfeld den Originalen." "Zugegeben", sagte der Beamte. "Und bis dahin werten wir das Experiment als Erfolg. Die beiden Toten können Sie problemlos den Herren Fridjof und Kruger unterstellen. Nun haben Sie einen richtigen Grund, um sie zu verfolgen." "In der Tat. Das ist erfreulich. Vielleicht gelingt es so, die Geheimloge, die so lange ausländischen Einfluss auf unser geliebtes Vaterland ausgeübt hat, restlos auszulöschen." "Das wünsche ich mir", sagte der Magier lächelnd. Es würde ein nächstes Mal geben für ihn und die beiden Naguad. Er winkte einem seiner Leute zu. Der Inder verbeugte sich leicht zum Zeichen das er verstanden hatte. "Den Zeppelin für Meister Torah." Ein weiterer Gefolgsmann, ein Schwarzafrikaner, nickte und begab sich an ein Funkgerät. Ein nächstes Mal, aber nicht hier in Paris. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)