Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 106: Einen Schritt von Jonouchi --------------------------------------- Gerade als mich Ryuji auf das Bett wirft klopft es an der Tür. Mein Freund lässt sein Kopf hängen, so dass seine langen, nassen Haare auf meiner Schulter fallen und mein Shirt feucht wird. Ich blicke zur Tür und warte einen Moment, dann wiederholt sich das Klopfen. Ryuji steigt von mir runter, zieht sich sein Shirt über und geht dann zur Tür, während ich meine Hose schließe. Vor der Tür steht Jou und blickt fragend in das Zimmer, bevor er auf seine ganz typische Art und Weise plötzlich grinst. Er entschuldigt sich für die Störung und fragt, ob er mich kurz alleine sprechen könnte. Ryuji blickt kurz zu mir und nickt dann, bevor er noch einmal schnell ins Badezimmer läuft und seinen Kajalstift holt. Ich seufzte, denn ich verstehe nicht, warum er sich nicht einfach so den anderen gegenüber präsentieren kann. Immerhin wissen sie doch auch von der Narbe. Also warum noch verstecken? Doch ehe ich was sagen kann verschwindet er bereits und schließt hinter sich die Tür. Ich grins Jou an und frag, was es gibt. Ob es ein Problem mit seinem 'Drachen' gibt. Sein Grinsen wird wieder breiter, als er mich diesen Kosenamen seines Freundes aussprechen hört. Schüttelt dann den Kopf und verliert plötzlich seine sorgenfreie Ausstrahlung, die er sonst um jeden Preis aufrecht erhalten will. Natürlich weiß ich, dass es nur eine Fassade ist. Ähnlich dieser abweisenden Art, die letztes Jahr noch seinem 'Drachen' zueigen war. Mir war nur nie klar, was er damit verbergen wollte. Unruhig geht der Blonde in meinem Zimmer hin und her und fährt sich dann durch das Haar. Ich geh zu ihm, pack ihn an den Schultern und schau ihm in die Augen. Dann zieh ich ihn zu der Sitzgarnitur, die es in diesem Schloss scheinbar in jedem Schlafzimmer gibt. Dort setzen wir uns hin und ich frag behutsam, worüber er mit mir reden will. Er holt tief Luft, während seine Hände aneinander herum nesteln. Endlich, nach Augenblicken des angespannten Schweigens, fängt er dann endlich an, was zu sagen. Jou meint, dass er mir etwas erzählen müsste, was er lange Zeit für sich behalten hätte. Von dem bis letztes Jahr nur seine Familie wusste. Und er es mir eigentlich schon längst hätte erzählen sollen, aber es hätte sich dafür nie wirklich die richtige Gelegenheit eröffnet und... überhaupt... er druckst nervös hin und her in Entschuldigungen und Erklärungen. Also greife ich nach seinen Händen und stoppe ihn, sowohl beim Nesteln, als auch beim Sprechen. Bitte ihn, mich anzuschauen. Er hebt sofort den Blick zu mir und beißt sich auf die Unterlippe. Hm... das hat irgendwie Ähnlichkeit mit Seto, als er vor einer Woche zum ersten Mal wieder einen klaren Kopf gehabt hatte und ihm bewusst wurde, was Jou mir über ihn alles erzählt hat. Und tatsächlich muss ich zugeben, dass der Blick meines besten Freundes wirklich genauso aussieht, wie der von Seto. Er schluckt noch einmal und dann platzt es aus ihm heraus. Mit nur einem Satz offenbart er mir, dass er als Kind missbraucht worden ist. Das zu hören fühlt sich an, als würde jemand mit einem Holzbrett und viel Schwung in mein Gesicht schlagen. Ich brauch einen Moment bis ich die Tragweite verstehe. Erkenne, dass er nicht von ungefähr den gleichen Ausdruck eben hatte, wie sein 'Drache', sondern dass dieser Ausdruck vom gleichen Erlebnis herrührt. Mein Griff um seine Hände wird fester. Tatsächlich aber halten seine eher meine. Mein... mein bester Freund... missbraucht? Er wartet eine Weile bis er fragt, ob bei mir alles okay ist. Nein! Nichts ist okay! Es ist, als hätte jemand gerade ein Bild schief gehängt, dass die ganze zeit gerade hing... oder hing es schief und wurde gerade gerückt? Meine Gedanken schwirren wild umher und ich fühl plötzlich eine große Traurigkeit in mir aufkommen. Traurigkeit darüber, dass mein bester Freund so etwas erleben musste. Aber auch Traurigkeit darüber, dass er mir erst jetzt davon erzählt. Also frag ich ihn, warum er es mir jetzt erzählt. Warum nicht schon früher? Warum überhaupt? Er antwortet, dass Seto ihm klar gemacht hat, dass er zwar von ihm erwartet, mit dessen Vergangenheit offen umzugehen, weil es nichts gibt, wofür er sich schämen müsste, aber gleichzeitig mit seiner eigenen Vergangenheit doch mehr als diskret umgeht und eigentlich das genau Gegenteil von dem tut, was er seinem 'Drachen' rät. Es wäre ihm wichtig, dass er es mir als erstes sagt, weil ich sein bester Freund bin. Ich frage nochmal, warum er mir das nicht schon früher erzählt hat. Er zuckt - scheinbar nichtwissend - mit den Schultern. Es habe sich nie eine Gelegenheit eröffnet, in der er es hätte aufgreifen können, meint er leise. Nur langsam beruhigen sich meine Gedanken und mein normales Denken setzt wieder ein. Sanft zieh ich ihn zu mir und nehm ihn in den Arm. Er erwidert diese Umarmung. Als wir uns nach einem langen Moment lösen, frag ich ihn, wann das alles geschehen war und wer das Schwein war. Da erzählt er mir von dem kleinen Katsuya, gerade in die Grundschule gekommen war, und dem alten Restaurantbesitzer. Wie dieser ihn immer wieder gehascht und missbraucht hatte. Das sein Vater den Alten schließlich auf frischer Tat erwischt, ihn umgeboxt und seinen Sohn ins nächste Krankenhaus gebracht hatte. Davon, wie sein Vater danach den Restaurantbesitzer erst kastriert und dann ermordet hat. Was für ein Input. Ich kann es kaum glauben, dass all das hinter dieser sonnigen Fassade meines Freundes verborgen lag. Ich bin einfach nur sprach- und fassungslos. Wieder entsteht eine Stille zwischen uns. Ich breche diese Stille und danke Jou, dass er sich mir anvertraut hat. Sein Lächeln ist von einer gewissen Bitternis durchzogen. Verständlich nach dem Thema. Da würde selbst er nicht einfach wieder auf seinen sonnigen Modus schalten können. Unglaublich. All die Jahre schleppt er das mit sich herum und sagt kein Wort. Leise frag ich ihn, ob er eine Therapie macht. Jetzt verschwindet die Bitternis aus seinem Lächeln. Die habe er schon hinter sich. Sein Vater hat sie ihm ermöglicht und sein Therapeut war einfach großartig. Hat ihm geholfen, dass alles gut zu verarbeiten und ihm ermöglicht, ein halbwegs normales Leben zu führen. Klar, sei die Erinnerung noch immer in ihm und manchmal reagiert er auch dadurch anders, als man es erwarten könnte, aber im großen und ganzen schränkt ihn die Erfahrung, die er machen musste, nicht sonderlich ein. Und wenn er doch einmal an eine Hürde stößt, dann kann er sich vertrauensvoll wieder an seinen Therapeuten wenden und dieser hilft ihm dann auch diese zu überwinden. Das beruhigt mich. Gut, dass er das alles schon psychologisch angegangen hat. Aber, kann man wirklich so eine Erfahrung so gut wegstecken, dass sie das Leben wirklich nur noch sporadisch berührt? Oder ist das eine Selbstillusion, der er da aufgesessen ist? Als ob er meine Gedanken lesen kann meint er schließlich, dass man sich davon einfach nicht beherrschen lassen darf. Man muss seine Vergangenheit - so unschön sie auch gewesen sein mag - als Teil von einem selbst akzeptieren und an den daraus resultierenden Ängsten und Phobien arbeiten. Dann hat man da eigentlich gute Chancen doch irgendwie ein 'normales' Leben führen zu können. Wir sitzen noch eine ganze Weile zusammen und reden darüber. Ich darf Fragen stellen, die er versucht mir zu beantworten. Es wird wohl noch lange dauern, bis ich das alles in Einklang mit dem bringen kann, was ich von dem Blonden gewohnt bin und von ihm kenne. Aber er hat mir - als erstes von allen - diesen ganz privaten Teil offenbart. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)