Kurzgeschichten feat. MiKu von MSK (Archiv für Ficlets/Drabbles/Shortstorys) ================================================================================ Schlagzeu-G-E-R (Refuge - für Das_Anni -------------------------------------- DANK an: […] Bela, sowieso und für Drumpodest, Sticks und Propaganda. (Farin Urlaub, Booklet Endlich Urlaub!) Schlagzeu-G-E-R (Refuge) Irgendwann im äußerst kalten Dezember 2001 hievte Bela B. unter heftigem Schnaufen eine Kiste den kurzen Treppenaufgang zu Farin Urlaubs Haustür hinauf. Er hatte das Gewicht seines Mitbringsels deutlich unterschätzt und gemeint, seinem besten Freund einen kurzen Gang auf die von schwerem, grauweißem Schnee bedeckte Straße ersparen zu können. Da er das allerdings mittlerweile sehr bereute wollte er selbst wenigstens willkommen geheißen werden, anstatt erst noch seinen Schlüsselbund auf den Haustürschlüssel des anderen zu durchsuchen. So beugte er sich möglichst weit über die flache, viel zu harmlos wirkende Kiste, langte mit ausgestrecktem Arm nach dem Klingelknopf und drückte ihn eine halbe Minute lang kontinuierlich, bis er Schwung nahm und sich zurück drückte, ohne die rutschigen Stufen hinunter zu stolpern, was nicht unbedingt untypisch für ihn gewesen wäre. Im Studio des besagten Hauses bastelte Farin Urlaub an seinem extra für die Aufnahmen der nächsten Monate neu beschafften und durch Rod und Bela abgesegneten Schlagzeug herum. Dabei schallte eines seiner Demos durch den Raum, welches er kurz vor Sonnenaufgang aufgenommen hatte und nun seit Stunden immer wieder hörte, um wie Aschenputtel auch alle Zuckererbsen vom Kehricht zu trennen, denn schließlich sollte ja das beste Soloalbum der Welt (oder so) daraus werden. Mittlerweile waren zur ersten und natürlich noch zu sparsamen Gitarrenspur schon die zweite zuzüglich einer Strophe Text hinzu gekommen und zufrieden grinsend hatte er festgestellt, wie sich die Melodie in seinen Ohren eingenistet, ja bereits häuslich eingerichtet hatte. Ein Volltreffer. In seine Musik vertieft bemerkte er erst einige Augenblicke später, dass jemand vor seiner Haustür zu warten schien. Das mittlerweile andauernde Sturmklingeln lies nur einen einzigen Schluss zu... Verwirrt sah der Blonde auf die Uhr. Eigentlich konnte er das noch gar nicht sein. Trotzdem stoppte er das Demoband auf der bis zum Anschlag aufgedrehten Anlage (er wollte es überall in seinem Haus hören können und nur bei voller Lautstärke konnte er sogar während der oft philosophisch anmutenden Sitzungen auf dem Klo darüber nachdenken, was noch in seine bis hierhin unvergleichlich gute Komposition passte), begab sich in den sauberen, für die meisten Besucher geradezu steril wirkenden Hausflur und öffnete seine Tür, ohne nachzusehen, wer davor stand. „Nanu? Du schon hier?“ Bela rümpfte kurz die Nase und verschränkte leicht grinsend die Arme. „Na wat´ne Begrüßung, möchte man dich ja gleich knutschen. Dit heißt > Guten Tag verehrter Herr Graf, welch Ehre, euer Besuch!<, hab ick dir dit nich jenuch einjetrichtert?.“ Farin musterte ihn einen Moment einfach lächelnd. Die großen grün-blauen Augen glitzerten. Seine schwarz gefärbten Haare reichten ihm nun schon bis in den Nacken, der feinrasierte Bart zierte sein leicht gebräuntes Gesicht noch immer. Er war ein weiteres Mal in die USA geflogen, dieses Mal ohne ein Mädchen. In sich hinein grinsend stellte Farin fest, dass er wohl deshalb so viel erholter wirkte. Überhaupt sah der Drummer unheimlich gut aus, trotzdem die Ränder seiner Ohren und seine Nasenspitze kältegerötet waren. Er hatte wohl vergeblich versucht, sich mit dem hochgestellten Kragen seines dicken Mantels vor dem Winterwind, der hier auf dem Dorf eisig um die Häuser pfiff, zu schützen. Da er nicht reagierte, schaute er dem Anderen einfach nur zu, wie dieser einen auffallend großen Schritt machte, die Arme um ihn schob und ihn so sanft umarmte, wie es keiner seiner Freunde sonst tat. Dabei stellte Bela sich auf die Zehenspitzen, sein Lächeln berührte kurz Farins Hals. Er schmunzelte, strich ihm dabei zärtlich über die Seite. „Jut siehste aus... Aber wolltest du nich heut Abend erst vorbei kommen?“ Bela löste die Umarmung und nickte zuerst, erklärte dann: „Eigentlich schon... aber die haben richtige Orkanböen angesagt. Und für nen Purzelbaum auf Glatteis wär mir das gute Ding hier echt zu schade gewesen.“ Dabei hob er den ihnen zu Füßen liegenden Pappkarton an und begann furchtbar liebenswürdig zu seinem Gegenüber hinauf zu lächeln. „Frohe Weihnachten, Jan!“ Verwirrt blinzelnd sah der Beschenkte auf die geheimnisvolle Kiste hinunter. „Wie jetzte... Wat isn dit???“ Bela verdrehte die Augen und schob sein Geschenk mit einem solchen Ruck in Farins Hausflur, dass dieser völlig perplex zur Seite springen musste. „Jetz lass mich doch erst mal rein, langsam wird’s kalt.“ Sich verwirrt durch das dunkelblond-verwaschene Haar streichend schob Farin die Tür zu und schleifte dann die Kiste unter der zweifelnden Beobachtung Belas in sein Studio. „Hier hinten is mehr Platz!“, hörte er ihn von dort rufen. „Na denn... könn wa´t ja gleich aufbauen.“ ... Nun schien die Neugier Farins geweckt zu sein, denn er kehrte nicht noch mal in den Türrahmen zurück. Grinsend schälte Bela sich aus seinem Mantel, Schal, Handschuhen und den Lederstiefel und bediente sich in der Garderobe des Blonden selbst. Wie ein kleiner Junge hockte sein Freund vor der gut verklebten Pappe, hatte bereits ein Cuttermesser gezückt und Bela war sich fast sicher, dass er die Zungenspitze erwartungsvoll zwischen seine Zähne geklemmt hatte. Er ließ sich neben dem Jüngeren nieder, der kaum reagierte, bis er das Paketklebeband bezwungen hatte und nun endlich sah, was darunter lag. Kurz blickte er fragend zu Bela, schien sich unsicher zu sein, ob er mit seiner Vermutung richtig lag. Der griff zielsicher nach einem beiliegenden Prospekt und legte lächelnd den Kopf schief. „Ich dachte, das kannst du ganz gut gebrauchen, wenn du mich schon nich mehr an die Trommeln lässt.“ Farin las kurz die Rückseite der Garantiebescheinigung und seine Augen leuchteten derart kindlich erfreut auf, dass Bela seinen Freund am liebsten adoptiert und ihm alles gekauft hätte, was er haben wollte, nur, damit er immer so strahlte. Sekunden später saß er ziemlich überrascht und weit nach hinten gebeugt da, während Farin ihn mit beiden Armen umschlungen hielt. „Danke, Felse... voll geil das Ding!“ Zufrieden erwiderte Bela die Umarmung noch kurz, krempelte dann die Ärmel seines Pullovers etwas nach oben und grinste fragend: „Na? Probieren wir´s gleich aus?“ ~ Gut zwei Stunden später stand Farins „Prachtstück von einem Schlagzeug“ perfekt inszeniert vor dem Elvis-Poster, dass Bela ihm einmal überlassen hatte und auf dessen großzügigem Weihnachtsgeschenk: Einem frei schwingenden Schlagzeugpodest, dass nach Aussage des hauptberuflichen Drummers „total geilen Sound“ erzeugen sollte. Farin selbst fühlte sich fast zurück versetzt in die Zeit, als ihm die Mitbewohner seiner Mutter ein eigenes Schaukelpferd geschenkt hatten, auf dem er sich vorstelle, Huckleberry Finn persönlich zu sein. Jetzt war er eben eher Dave Grohl, Ringo Star oder Charlie Brown. Schlagzeug zu spielen, das war für ihn noch immer irgendwie seltsam. Ganz besonders, wenn er geradeaus schaute, und vor dem Instrument Bela kniete, um die letzten Schrauben festzudrehen. Gerade ließ er sich – plumps – auf den Hintern fallen und seufzte: „Meine Fresse, wir sind echt Anti-Heimwerker!“ Beide grinsten sich an. „Na dann probier mal…“ BABAM. Ungelenk ließ der Kleinere sich auf den Rücken fallen und lachte. „Boah du Arsch, das waren meine Trommelfelle!“ „Deine was???“ rief Farin nur zurück und bog sich auf seinem Hocker vor Gelächter. Grinsend richtete Bela sich wieder auf und ging um das Instrument herum zu seinem Freund, der das erst noch kichernd, dann eher mit fragendem Blick verfolgte. Er stellte sich dicht hinter den sitzenden blonden, legte seine großen Hände auf die breiten Schultern und massierte sie leicht, was jenem ein leichtes Stöhnen entlockte. „Du sitzt außerdem viel zu verspannt da. Stell dir vor du sitzt… öhm…auf dem Klo.“ „Bitte was?“, Farin lachte wieder. Bela verzog das Gesicht. „Na ok, besser nicht… Aber entspann dich.“ Er glitt mit den Fingern in die hellen Haare, wissend, dass das zweifelsfrei eine von Farins Schwachstellen da. Innerhalb kürzester Zeit lehnte er mit offenem Mund an Belas Bauch und seufzte: „Ich dachte keine Zärtlichkeiten, wenn wir arbeiten?“ Er spürte, wie der andere sich hinab beugte, spürte die zärtlichen Lippen nahe an seinem Ohr, wie sie ihn sanft küssten und erschrak fast zu Tode, als die starken Arme sich um seine Brust schlangen, ihn packten und auf den glatt geschliffenen Parkettboden ablegten. „Ich arbeite doch gar nicht!“ Verspielt grinsend sah Bela ihm ins Gesicht, sobald er seinen Kopf in dessen Schoß ablegte und strich mit den Händen die Brust auf und ab. Dann beugte er sich hinab und küsste ihn, wobei seine Nase Farins Kinn berührte. Er schmiegte sie an die von Stoppeln übersäte Haut. „Das ist doch der einzige Grund, warum ich dich dieses Soloding machen lasse…“ Noch ein Kuss. „Damit wir endlich…“ Noch ein Kuss. „Eine Zuflucht haben. Für uns allein.“ „Nein.“ Bela öffnete die Augen, sah verwirrt zu, wie sein Freund sich wieder aufsetzte, dann eine Hand in seinen Nacken legte und ihn mit sanfter Gewalt zu sich zog. Diesmal küssten sie sich richtig herum. Farin erklärte seinem Liebsten gegen dessen geöffneten Mund: „Ein Versteck für uns beide .“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)