Tenshi et Akuma von AimaiLeafy (Liebe kann tödlich sein) ================================================================================ Kapitel 1: Purity ----------------- "Hikari-sama!" Aufgeregt rannte die Wächterin Itzumi durch die schier endlosen Gänge des Tempels. An den Wänden standen reihenweise hohe weiße Säulen, hier und da waren große Fenster, die zu einem Blick auf die Gärten einluden, die Säulen und Wände waren mit Schriftzeichen in einer antiken Sprache verziert; die Fliesen zu Füßen von Itzumi waren so sauber, dass man sein Spiegelbild erkennen konnte und von reinem Weiß. Doch was sich hinter der antiken Fassade versteckte, war ein hoch entwickeltes High-Tech-System. Itzumi verlangsamte ihre Schritte und blieb bei einer Tür stehen. Sie keuchte; sie war zu schnell gerannt. Sie atmete noch mal tief ein und klopfte an der Tür. "Hikari-sama! Es ist wi-" Doch ihre Worte wurden durch einen Schlag auf den Kopf unterbrochen. "Verdammt noch mal! Wie oft soll ich das denn noch sagen?! Ich will dieses bescheuerte "Hikari-sama" NICHT hören!" Itzumi rieb sich -in Gedanken fluchend- den Kopf und sah hoch. Vor ihr stand Kurai Yogosu Hikari Green, die Licht-Erbin. "Es tut mir leid, Green-sama." Und wieder folgte ein Schlag auf den Kopf. "Lass das "-sama"! Wann wirst du es endlich lernen?! Ich heiße Green, GREEN, nicht mit irgendwelchen Anhängseln!" Sie seufzte verärgert, wandte sich um und ging in ihr Zimmer. Itzumi folgte ihr und die Tür schloss sich hinter ihnen. Itzumi konnte sich wieder über Greens Aussehen aufregen, tat dies jedoch lieber in Gedanken. Gehörte es sich etwa für eine Lichtwächterin, ein schwarzes Kleid zu tragen? Sie hatte noch nie eine Wächterin des Lichts in schwarz gesehen, doch das kümmerte diese Lichtwächterin nicht im Geringsten. Nicht nur ihr Kleiderstil machte sie zu einer besonderen Lichtwächterin, auch ihre dunkelblauen Augen und ihre langen nussbraunen Haare. Eigentlich hatten alle ihre Vorfahren weiße Haare und ebenso weiße Augen. Aber am schlimmsten war Greens Einstellung und ihre Aussprache... Es gehörte sich nicht so zu sprechen, schon gar nicht als Lichtwächterin. Und seitdem sie vor zwei Monaten die Menschen besucht hatte, war sie noch merkwürdiger geworden. Green setzte sich auf ihr Bett und begann ihre Haare zu kämmen. "Was gibt's denn?", fragte sie mit fehlendem Interesse. Itzumi seufzte, sie wusste genau warum sie diese Lichtwächterin nicht respektierte. "Ihr Bruder verlangt nach Ihnen, Green-s,", sie räusperte sich, "Green." Die Angesprochene schaute sie kurz an und nickte. "War's das?" "Jawohl." Während Green sich wieder ihren Haaren zuwandte, wandte Itzumi sich zum Gehen. Doch sie hielt inne und sagte: "Sie sollten sich vielleicht lieber umziehen, ihr Bruder-" "Nein. Heute ist ein ganz besonderer Tag. Ich werde "ihn" wieder sehen..." Itzumi drehte sich skeptisch um. Greens Wangen waren leicht gerötet, sie schaute lächelnd in die Ferne. Was seit diesem Tag vor zwei Monaten oft passiert war. "Wen meinen Sie?" "...hm?" Lächelnd drehte sie sich um und fuhr fort. "Hab ich was gesagt?" Daraufhin drehte Itzumi sich wieder um und ging zur Tür. "Achja..." "Haben Sie noch einen Wunsch?", fragte Izumi skeptisch. "Du brauchst nicht so tun, als ob du mich magst." Die Angesprochene schaute Green kurz an und verließ ohne ein weiteres Wort das Zimmer. Green grinste. Sie wusste, dass Itzumi sie mehr als alles andere hasste, aber es störte sie nicht im Geringsten. Vor zwei Monaten hatte Green, obwohl es ihr schwer fiel, noch versucht sich anzupassen, doch seitdem sie ihn kennen gelernt hatte, war ihr egal, was die anderen von ihr dachten. Auch ihr Schicksal als Erbin war ihr egal. Sie würde alles aufgeben, nur um bei ihm zu sein... Sie wunderte sich über sich selbst. Immerhin hatte sie seit dem Treffen in Tokio nur einmal mit ihm gesprochen und das über Gedankenübertragung. Außerdem stritten sie sich eh nur. Trotzdem fühlte sie so und niemand würde es ihr ausreden können... Green klopfte hart an die Tür ihres Bruders. Sofort wurde sie auch hereingelassen. "Ah Green!" Ihr großer Bruder Kaze Atatakasa Hikari Ikikaeraseru Shinsetsu Grey, kurz Grey, stand lächelnd vor ihr. Er hatte kurze schwarze Haare mit zwei schulterlangen Strähnen und ein blau leuchtendes Augenpaar. Er wurde von jedem respektiert und geachtet; er war der Älteste -zugleich auch Anführer- der Wächter, obwohl Green bald diesen Posten übernehmen sollte. Er wollte seine kleine Schwester gerade umarmen, als er entsetzt innehielt. "GREEN! Wa-Was hast du denn da an?!" "Wieso was denn?" Natürlich wusste Green, was Grey nicht passte, aber sie sah ihn mit großen Augen an und stellte sich blöd. Grey nahm seine Schwester an der Hand und führte sie in sein Zimmer. "Du trägst SCHON WIEDER schwarz... Green, es gehört sich nicht für eine Lichtwächterin, diese Farbe zu tragen und seitdem du in Tokio warst, trägst du sie nur noch. Warum trägst du nicht die Kleider, die ich dir geschenkt habe?", fragte er während er ihr etwas zu trinken gab. "Weil alle deine Kleider weiß sind! Ich kann diese Farbe nicht ab!" Grey schüttelte daraufhin hoffnungslos den Kopf und sagte ernst: "Green, diese Farbe steht für Unschuld, Reinheit und Heiligkeit. All das, was ein Lichtwächter, wie du es bist, verkörpern soll. Schwarz hingegen für Tod und Bosheit. Die Farbe der Dämonen, unserer Erzfeinde." "Aber Grey, wir führen doch keinen Krieg, somit haben wir auch keine Feinde; der Krieg, in dem unsere Eltern ihr Leben gelassen haben, ist doch vorbei..." "Offiziell, ja. Es mag sein, dass im Moment Frieden zwischen uns und den Dämonen herrscht, doch der Krieg ist nicht vorbei, ich nenne so was ,Waffenstillstand'. Der Krieg wird ewig weitergehen, der Kampf zwischen Gut und Böse-" "Grey, sind wir wirklich die "Guten" ?" Grey hielt inne und sah seine Schwester überrascht an. "Schwesterherz, was redest du denn da? Natürlich sind wir es! Die Dämonen wollen nur verletzen, andere leiden sehen, sie wollen töten. Zu allem Überfluss haben sie noch Spaß daran. Es ist unsere Pflicht, das zu verhindern." Green mied seinen Blick und sah trübselig in ihre Tasse. "Nicht alle sind so...", sagte sie ohne aufzublicken. "Natürlich sind sie das! Es gibt keine Ausnahmen, Dämonen sind schlecht, ausnahmslos.", Green schwieg. Grey sah seine kleine Schwester besorgt an und setzte sich vor sie. "Ich wollte mit dir reden, Green." Die Angesprochene schaute jetzt hoch, lächelte ihn an, als ob nichts gewesen wäre. "Ja, was gibst denn?" Ihr Bruder atmete tief durch und faltete die Hände. "Seit deinem Besuch in Tokio bist du so abwesend, fragst merkwürdige Sachen... stellst dein Wächtersein in Frage... ist etwas nicht in Ordnung, Schwesterchen?" ... Greens Lächeln wurde leicht steif. Sie hätte nicht gedacht, dass er es so schnell bemerken würde. Seit dem Treffen mit Blue war sie wirklich verändert. Seitdem sie seine dunkel grünen Augen gesehen hatte... Die sie nie wieder vergessen würde... Green schüttelte sich aus ihren Gedanken hoch, bevor sie ganz darin versank. "Nein, mit mir ist alles in Ordnung!" ... "Wenn du meinst. Green, du kannst immer zu mir kommen, wenn du Kummer hast, das weißt du hoffentlich." Sie nickte. "Ja, das weiß ich. Danke, Aniki!" "...und bitte zieh dir was anderes an." Es war spät am Abend. Green saß an ihrem Schreibtisch vor einer Art Laptop, einziger Unterschied war, dass die Tastatur und auch der Bildschirm leicht durchsichtig waren und keine feste Substanz hatten. Ihr schwarzes Kleid trug sie immer noch. Sie tippte eifrig auf der Tastatur und auf dem Bildschirm erschien ein Bild. Green stütze sich auf ihre Hände und beugte sich vor, um das Bild aus nächster Nähe zu sehen. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und wieder errötete sie. Das Bild zeigte einen Jungen in ihrem Alter, mit abstehenden dunkelbraunen Haaren, einem etwas genervten Gesichtsausdruck, mit dunkelgrünen Augen. Blue, der Halbdämon, an den sie ihr Herz verloren hatte. "Was machst du denn da?" Jemand stützte sich mit den Händen auf Greens Stuhl; ihr Herz setzte einen Schlag aus, nicht weil sie sich erschreckt hatte, sondern weil sie sich über ihren Besucher freute. Mit einer Handbewegung schaltete sie den Laptop aus. "Wenn ich dich schon so selten sehen darf, will ich doch wenigstens das Bild von dir sehen!" Sie drehte sich um und zwinkerte ihren Besucher an. Blue nahm seine Hände vom Stuhl und verschränkte seine Arme. "Ihr habt Steckbriefe von uns?" Green stand auf. "Natürlich haben wir über jeden hochrangigen Dämonen Daten. Ihr habt doch sicherlich auch Daten über uns?" Darauf antwortete er nicht. Green nahm ihn sanft an der Hand. Bevor er protestieren konnte, führte sie ihn auf den Balkon. Draußen herrschte tiefe Nacht. Der Hauptsitz der Wächter war eine schwebende Insel im Himmel. Von daher waren die Nächte besonders schön. Er hatte noch keinen Blick an den Sternenhimmel verschwendet, sein Blick ruhte auf Greens Hand, die seine so zärtlich umschloss. Ohne dass er es bemerkt hatte, hatte Green seinen linken Arm berührt und ein heftiger Schmerz durchzuckte ihn. "Blue! Du bist ja verletzt!" Sie sah ihn besorgt an und fragte, woher er das habe. "Vom Training. Mach dir keine Gedanken, es tut nicht weh." Green machte keinen besonders überzeugten Eindruck und zog den verletzen Arm vorsichtig zu sich und streifte seinen schwarzen Umhang beiseite. "Was hast du vor?", fragte Blue leicht verunsichert. "Ich hab doch gesagt, dass es nicht wichtig ist!", fuhr er fort. "Ich will nicht, dass du leiden musst!", sagte Green und ihre Hand leuchtete hell auf. Doch bevor sie seine Haut berühren konnte, zog er seinen Arm zurück. "DU SPINNST WOHL!", keifte er sie an. Die Wächterin erschrak kurz, aber sie war keine, die sich einfach anschreien ließ. "ICH WOLLTE DOCH NUR HEILMAGIE ANWENDEN! ICH WOLLTE DIR HELFEN!" "HELFEN?! DAMIT MACHST DU ES NOCH SCHLIMMER! WAS LERNT IHR EIGENTLICH?! LICHTMAGIE VERTRÄGT SICH NICHT MIT DÄMONENBLUT, DAS WEIß DOCH JEDER! DU HÄTTEST MICH DAMIT UMBRINGEN KÖNNEN!" Green schwieg und wandte ihren Blick ab. "Tut mir leid... das wusste ich nicht... ich wollte dir doch nur helfen..." "Danke, ich verzichte." Dann erschrak er: An Greens Wangen liefen Tränen herunter; er hatte sie zum Weinen gebracht. Blue wollte gerade etwas sagen, als die Tür zu Greens Zimmer aufging. "Green?" Es war Grey. Green drehte sich zu Blue, doch er hatte sich schon versteckt. Sie seufzte erleichtert und ging auf Grey zu. "Was gibst denn?", fragte sie, ohne ihn anzuschauen. "Ich dachte du-Green?! Weinst du etwa?" Green schüttelte den Kopf und lächelte ihn an. "Ich hab' nur "Romeo und Julia" gelesen, das bringt mich immer wieder zum Weinen." Ihr Bruder atmete erleichtert auf. Dann wurde er wieder ernst. "Wenn dich das Buch zum Weinen bringt, warum liest du es dann?" Die Angesprochene zuckte daraufhin nur mit den Achseln und sagte: "Was wolltest du denn nun?" "Ich dachte, ich hätte Stimmen gehört..." "Ich war alleine, ich hab nur ab und zu was aus dem Buch laut vorgelesen." Grey sah nicht besonders überzeugt aus, stellte sich mit der Antwort aber zufrieden. "Du solltest ins Bett gehen, es ist schon spät. Du hast morgen früh Training, vergessen?" "Wie könnte ich das nur vergessen!" Sie grinste ihn an und geleitete ihn zur Tür. "Schlaf gut, Aniki." "Du auch, Green. Und morgen ziehst du was anderes an. Weiß." Dann schloss er die Tür und Green atmete erleichtert auf. Das ging gerade noch mal gut... Sie drehte sich um, ging wieder zum Balkongeländer und lehnte sich daran. "...Blue?" "...Ja?" Er tauchte aus der Dunkelheit hinter ihr auf. Green senkte den Kopf, lehnte sich kurz an ihn und sagte: "Du solltest lieber gehen..." Das Training begann frühmorgens. In den Gängen war es ruhig, so ruhig, dass Greens Schritte darin widerhallten. Ihr Bruder erwartete sie schon draußen. Die Sonne war gerade erst aufgegangen, ein atemberaubender Anblick aus dieser Höhe. Sie hielt die Hand vor ihre Augen, um nicht vom grellen Sonnenlicht geblendet zu werden und ging hinüber zu Grey. "Guten Morgen, Aniki!" Er wünschte seiner Schwester ebenfalls einen ,Guten Morgen' und nahm sie kurz in die Arme. "Schön zu sehen, dass es dir besser geht!" Green antwortete nicht. Denn in Wirklichkeit ging es ihr noch schlechter als gestern. "Und es ist auch schön zu sehen, dads du endlich weiß trägst! Ah, und dann auch das! Mutter wäre so stolz auf dich! Diese Farbe steht dir viel besser als schwarz!" Er musterte Green von oben bis unten, seine Augen leuchteten vor Freude. Green trug ein knielanges weißes Kleid, das mit langen dünnen Bändern verziert war und langen durchsichtigen Ärmeln. Ganz besonders gut zur Geltung kam dabei ihre Kette, die sie immer um den Hals trug und auch immer tragen musste. An der Kette hing ein goldenes Glöckchen mit kleinen schwarzen Flügeln. Es war nicht als Dekoration gedacht, nein, in diesem kleinen Ding schlummerten Kräfte, die schon viele das Leben gekostet hatte, es war eine tödliche Waffe im Kampf gegen die Dämonen. "Nun gut. Lass uns mit dem Training beginnen." Green nickte ihrem Bruder zu. Umso schneller sie anfingen, umso schneller waren sie fertig. Sie schloss die Augen, sagte etwas in einer fremd klingenden Sprache und löste das Glöckchen von der Kette. Als sie die Augen wieder öffnete, war das Dunkelblau ihrer Augen verschwunden und zurück blieben weiße, ausdruckslose Augen. Das Glöckchen veränderte seine Form zu einem Stab, der cirka einen Meter lang war. Dieser Stab war verziert mit den gleichen Schriftzeichen wie auch die Säulen: die Sprache der Wächter. Doch damit nicht genug: In der Mitte des Stabs schlängelten sich zwei Leisten bis zu einem Ying und Yang Zeichen. Diese Leisten waren die Energiequelle, die sie für Angriffe benötigte. Greens besondere Fähigkeit bestand darin, schwarze Energie aufzunehmen und sie in weiße umzuwandeln. An der Spitze des Stabs war in einem Kreis das Glöckchen befestigt, die Flügel waren länger und auch größer geworden. Green schwang ihren Stab. Weiße Funken umgaben, umkreisten sie wie lauter kleine Sterne, strahlten warmes Licht aus. Die Wächterin führte Bewegungen durch, die sie von Grey gelernt hatte und die auch schon ihre Vorfahren gebraucht hatten. Für Fremde mochten ihre federartigen Bewegungen aussehen wie Tanzschritte, doch wer erfahren genug war, konnte erkennen, dass es Angriffsübungen waren. Als hätte sie Flügel, berührten ihre Füße kaum den Boden. Ihr Kleid und auch ihre Haare wehten sanft im Wind. Wenn sie so im Sonnenlicht ihre weichen Bewegungen durchführte, sah sie wirklich aus wie ein Engel... Plötzlich schlug Green ihre Augen auf - sie hatte die ganze Zeit mit geschlossen Augen die Bewegungen durchgeführt, und schaute sich um. Sie hatte etwas gespürt... Jemanden gespürt. "Was ist denn los, Green?" Greens Augen nahmen wieder die normale Farbe an, ihre Konzentration war dahin. Sie sah ihren Bruder fragend an. "Hast du nichts gespürt?" Er schüttelte daraufhin den Kopf. Seine Schwester schaute sich um. Sie war sich so sicher gewesen, dass sie Blue gespürt hatte... "Lass uns mit den Regeln fortfahren." "Och ne! Bitte Grey, verschon mich! Diese idiotischen Regeln kenn ich in- und auswendig!" Sie sah ihren Bruder flehend an. "Regel 25c?" "Grey bitte..." "Falsch. "Benutze deine Kräfte nur um Gutes zu tun."" "Verdammt noch mal, das weiß ich!" "Und warum hast du es nicht gesagt? Und hör auf zu fluchen." Green antwortete nicht, sie drehte sich grummelnd weg. "Auf dem Weg zum Frühstück wirst du mir die Regeln aus "C" erläutern." "WAS?! Grey, das sind 150!" Er lachte daraufhin nur und meinte: "Dann fang schon mal an!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)