Der helfende Engel von abgemeldet (In Zusammenarbeit mit: Mariko999, domo arigato goizamasu, o-nee-san *Knuddel*) ================================================================================ Kapitel 34: Eine schicksalhafte Begegnung ----------------------------------------- Konnichi wa minna san! Endlich geht es weiter...und es kommt auch mal wieder ein alter Bekannter *zu ihm guckt* hehehe, also viel Spaß Eine schicksalhafte Begegnung Mit fest zusammengebissenen Zähnen, die leise aufknirschten und angehaltenem Atem wartete sie auf den endgültigen Schlag, der sie für immer auf grausame Art aus dieser Welt erlösen würde. Die endlosen Sekunden verstrichen, doch nichts dergleichen geschah. Kurz nachdem der dicke Ast kreischend vom Stamm getrennt worden war, hatte das Mädchen mit nichts anderem gerechnet, dass dies das Letzte in ihrem Leben war, das sie noch sehen würde. Aus schierer Todesangst schlug sie schnell die zitternden Hände vor das Gesicht, um nichts mehr von dem tödlichen Schlag wahrnehmen zu müssen. Doch auf einmal sah sie durch die geschlossenen Lider ein blendendhelles Licht. Erschrocken öffnete sie ohne eigenen Willen die Augen. Der Ast, der auf sie zusauste, wurde von einem feuerroten Schein in zwei säuberliche Teile getrennt. Die Silhouette eines hoch gewachsenen Mannes wurde sichtbar, der mit einer unglaublichen Geschwindigkeit die restlichen gefährlichen Holzsplitter aus der Schussbahn bugsierte, die dem vor Angst bibbernden Mädchen doch noch das Ende bereiten konnten. Zögerlich nahm die Blonde die schweißnassen, aber eisigkalten Hände von ihren erschreckt geweiteten Pupillen. Verdattert starrte sie den muskulösen Mann an, der elegant und geschmeidig wie ein lautloser Panther nach dem Zerteilen des Holzes vor ihren Füßen landete. Finster glitzerten die roten Augen, die Winry an einen See voller Blut erinnerten. Gefährlich funkelten seine Pupillen in den nervös zuckenden Blitzen auf, wie die Augen einer gefährlichen Bestie. Feindselig riss der tobende, raue Wind an seiner orangefarbenen Jacke und den auffälligen hellen Haaren. Verängstigt und furchtbar zitternd drückte sich das blonde Mädchen an die bröckelige Wand des fast eingefallenen Hauses. Sie musterte ihren mysteriösen Retter, der sie mit einer kühlen Arroganz anblickte, nervös und misstrauisch. >Wieso bin ich nicht bei Josh geblieben?<, schoss es ihr panisch durch den Kopf. >Als Mus bin ich Edo keine große Hilfe mehr.< Zutiefst erschrocken zuckte sie zusammen, als sich ihr eine braune Hand näherte, von dessen langen Fingern die Regentropfen wie funkelnde Tränen herunter rannen. Scar war ein wenig verblüfft gewesen, hier eine andere Person zu treffen. Alle anderen waren in ihren Häusern verschwunden, um sich wie die Ratten in ihren Höhlen vor der Gefahr zu verstecken. >Was tut die Kleine hier? Sie sollte nicht hier sein!< Ihre Haare schimmerten in den wütend aufblitzenden Zungen golden auf. Sie hatte blonde Haare, wie… kurz tauchte das Bild einer goldblonden, silberäugigen jungen Frau in seinen Gedanken auf, die ihn freundlich und ohne Scheu angesehen hatte, ein freches, aber schmerzerfülltes Grinsen auf den schön geschwungenen Lippen… „Bist du verletzt, Mädchen?“ grummelte Winry eine tiefe dunkle Stimme entgegen. Vor Erstaunen weiteten sich die ozeanblauen Augen der Blonden. >Er macht sich also Sorgen um mich. Ich dachte schon, er wäre ein Straßenräuber oder so etwas in der Art…< Aber andererseits hatte dieser braunhäutige Mann sie von dem sicheren Tod gerettet. >Sollte er die Absicht gehegt haben, mich auszurauben, hätte er ja auch warten können, bis ich von diesem riesigen Ast zu Geschnetzeltem verarbeitet werde.< Vollkommen in ihren Gedanken versunken, übersah sie komplett seine braune Hand mit den geschmeidigen Fingern, die sich ihr hilfreich entgegenstreckten. Ein wenig säuerlich zog er eine Augenbraue nach oben und seufzte genervt auf, als das Mädchen sich immer noch nicht rührte und gedankenverloren durch ihn hindurch sah. Der leise Seufzer des vor ihr stehenden Mannes brachte Winry ruckartig wieder in die Wirklichkeit zurück. „Oh,…äh nein, ich bin okay. Wirklich!“ Übertrieben lachend winkte sich schnell ab und versuchte krampfhaft gefasst zu wirken, das ihr aber absolut nicht gelang. Ihre Lache wirkte starr und aufgesetzt, der Ton schrill, wie der des ewig aufjaulenden Windes, der an den Ecken vorbei pfiff. Ihr hübsches Gesicht verzog sich zu einer grausigen blassen Maske, das den braunhäutigen Mann zu einem verständlichen Stirnrunzeln veranlasste. Seine flinken und blitzschnellen Finger griffen nach dem Handgelenk des Mädchens und zogen sie mit einem eleganten Schwung auf die Beine. Erschrocken schrie Winry hysterisch auf. >Was…was hat er denn mit mir vor?< Der Braunhäutige zuckte empört einige Schritte zurück und verzog zornig die Augenbrauen nach unten. >Meine Güte, das Gekreische hält man ja nicht aus!< seine Pupillen funkelten wütend auf und mit einer raschen Bewegung legte er die Hände auf seine empfindlichen Ohren, die nach dem schrillen Laut der Kleinen klingelten. „Tust du mir bitte den einen Gefallen und hörst auf zu kreischen? Ich will dir nichts Böses. Hätte ich es gewollt, wärst du schon dreimal tot und begraben“, fuhr der junge Mann das hübsche Mädchen zähneknirschend an. Vollkommen verdattert verstummte Winry, ihr Mund stand weit offen, es hatte fast den Anschein, als würde das Mädchen ein Scheunentor als Mundeingang besitzen und starrte verblüfft den finster dreinblickenden Ishvarite an. Die jetzige Situation kam der Blonden mehr als grotesk vor, wenn nicht schon sehr peinlich. Unangenehm berührt wich Winry dem böse stechenden Blick, der Silber schmelzen konnte, aus und spielte verlegen mit ihren golden glänzenden Haaren, die ihr nass in die Stirn fielen. Ihre Wangen röteten sich. Eine Augenbraue des Mannes glitt ein wenig ungeduldig in die Höhe. >Ich muss ihr wohl eine Erklärung hierfür geben…auch das noch.< Leise grummelnd blickte er zu der Blonden hinunter. „Mhhhm, na ja, weißt du, ich habe nur gedacht, wenn du da noch länger auf dem kalten nassen Boden rum sitzt, holt die Kälte nach, was der Ast gerade verpatzt hat“, rechtfertigend wandte sich sein Kopf mit den weißen Haaren ruckartig dem sauber zweigeteilten Ast zu. Aber als er sich dem jungen Mädchen wieder zudrehte und in ihr zutiefst geschocktes Antlitz sah, versuchte er schnell seine schlecht formulierte Rechtfertigung zu korrigieren. „Äh…also was ich damit meinte, war, dass...“, ärgerlich knirschten seine Zähne, wütend schüttelte er sein Haupt. Geschmeidig wandte er sich heftig um. „Ach, vergiss es. Ich verschwinde. Schließlich bin ich nicht aus meinem Loch gekrochen, um unzähligen hilfebedürftigen Mädchen die Haut zu retten.“ Bei diesen Worten flammte die rote Iris unheimlich auf, als gehörten sie einer Höllenkreatur. Grummelnd schritt der braunhäutige Mann schmiegsam in den Innenhof des fast eingefallenen Hauses, das ihm als Nachtlager diente. „Halt! Warten Sie!“ Die hohe Stimme des Mädchens ließ ihn sehr genervt die Augen verdrehen. Ein gereiztes Schnauben erklang. >Was will sie denn jetzt noch…< „Was ist denn noch?“ knurrte er die Blonde unwirsch an, drehte sein Gesicht halb zu Winry hinüber und erstarrte erstaunt, als er den traurigen Blick in ihren himmelblauen Augen sah. >Was ist denn nun los mit der Kleinen? Ist vielleicht was passiert, was sie dazu veranlasst hat, hier draußen bei dem wütenden Sturm zu sein?< „Ich…ich habe mich gefragt, ob Sie...na ja, wegen dem roten Licht...ob Sie... ein...ein…“, druckste sie stotternd herum, zutiefst verlegen brach sie ab und spielte erneut ziemlich nervös an ihren Haarsträhnen herum. „Was denn?“ erwiderte er forsch. >Wenn ich etwas hasse, dann sind das Frauen, die nicht sofort zur Sache kommen…< eine unterdrückte Wut glitzerte in den blutigen Augen. „Ob Sie ein Alchemist sind…“, sprudelte es wie eine Quelle aus dem hübschen, aber kratzigen Mund des Mädchens nach der groben Aufforderung des genervt dreinblickenden Mannes. Vorsichtig hob sie langsam den Kopf, neugierig auf seine Reaktion und erstarrte verblüfft. Ein dunkler Schatten huschte über das grimmige, männliche Gesicht, die Lippen waren noch mehr als üblich nach unten verzogen und die braunen Hände zu Fäusten geballt. Jeglicher Mut, der im Herzen des jungen Mädchens gewesen war, verpuffte wie eine Rauchwolke, die vom Wind davongetragen wurde. Verkrampft schluckte sie einen dicken Kloß den Hals hinunter. >Hab ich was Falsches gesagt?< nervös knetete sie ihre feingliedrigen Finger. Ein brennender Hass flammte im Herzen des Ishvariten auf. „Sie dürfen nicht weitermachen, hören Sie?!“ flüsterte eine weiche, warme Stimme eindringlich in seiner Seele, in der leichte Besorgnis mitschwang. Langsam ebbten die hässlichen Gefühle in ihm ab, lautlos atmete er aus und setzte zu einer Erklärung an. „Nein, ich bin kein Alchemist, da muss ich dich enttäuschen.“ Zu seiner großen Verwunderung bemerkte er, wie das blonde Mädchen nach seinen Worten enttäuscht die Schultern hängen ließ. Verblüfft zog er die Augenbrauen nach oben. Mit einem gemurmelten „Trotzdem vielen Dank“, wandte sich Winry zögerlich um. „Wieso fragst du mich so etwas? Suchst du Jemanden?“, leichte Neugierde flackerte als kleiner Schein in den rötlich glänzenden Augen auf, die aber sofort erlosch. Freudestrahlend leuchtete das regennasse und schmutzige Gesicht des jungen Mädchens auf. Dankbarkeit umspielte ihre sanften Lippen. Eifrig nickte sie, so dass ihre Haare leicht mitwippten. „Ja, ich bin auf der Suche nach einem State Alchemist.“ Das kurze gefährliche Aufblitzen seiner tiefroten Iris, die den Eindruck einer mordlüsternen Kreatur erweckten, blieb unbemerkt. Enthusiastisch plapperte sie weiter: „Er ist noch relativ jung, eigentlich der Jüngste unter ihnen. Um ganz genau zu sein, genauso alt wie ich. Edward Elric ist sein Name, beim Militär nennt man ihn den Full Metal Alchemist. Kennen Sie ihn vielleicht doch?“ Pure Hoffnung schimmerte in den meeresblauen Augen Winrys auf, erwartungsvoll wandte sich ihr Blick ihrem Gegenüber zu. Mit dem Geschick eines listigen Fuchses wich er den ozeanfarbenen Augen aus, es schien als würde der junge Ishvarite interessiert und vollkommen in sich versunken auf den Kirchturm, den der heftige Blitz getroffen hatte, hinaufstarren. „Nein, tut mir Leid, Mädchen. Habe noch nie etwas von ihm gehört.“ Zäh wie klebriger Bienenhonig glitten diese Worte über seine Lippen. >Wieso fällt mir das Lügen auf einmal so schwer?< Das tief betrübte Gesicht der Kleinen, die fast noch ein Kind war, hielt ihn erneut vom Gehen ab. Bevor er es selbst registrierte, öffnete sich sein Mund und die nächste Frage flutschte heraus. „Warum suchst du ihn?“ Ärgerlich grummelte er auf. >Was tue ich hier eigentlich? Sorgentante für ein mir völlig fremdes Mädchen spielen?< Langsam wunderte er sich wirklich über sich selbst. Aber warum ging er nicht ganz einfach weg? Etwas in seinem Innern hielt ihn davon ab…eine samtigweiche leichte Wärme stieg in ihm auf, die aber nicht bis zur Oberfläche drang. Diese Kleine ähnelte ein wenig der Silberäugigen. „Man hat mir erzählt, dass er nach einem Zwischenfall hier im Krankenhaus an seinen Verletzungen gestorben sei“, wisperte die Blonde in einem sonderbaren Tonfall, der todtraurig klang. Unverständlicherweise kroch eine beklemmende Kälte in Scars Sinne und ließ ihn unwillkürlich frösteln. Leise Schluchzer entrangen sich der rauen Kehle des Mädchens und einige Tränen kullerten die rot geweinten Wangen hinunter, als sie nach Fassung rang. „Aber ich kann das nicht glauben, deswegen habe ich mich auf die Suche nach ihm gemacht. Allerdings...kann ich mich nicht mehr daran erinnern, in welcher Richtung das Krankenhaus liegt“, gab sie ganz kleinlaut zu und sah den braunhäutigen Mann voller Erwartung an. Doch dieser machte sich gerade über ganz andere Dinge Gedanken. >Full Metal, du wirst es doch nicht gewagt haben, dich so klammheimlich von dieser Welt zu stehlen, oder?< leicht blitzten die grimmigen Augen des Mannes auf. Ohne dass er es selbst bemerkte, massierte er sich die plötzlich pochenden Schläfen. >Hoffentlich geht es der Kleinen gut, sie war doch mit dem Jungen zusammen unterwegs.< Wieder erschien das Bild des silberäugigen Mädchens. Das letzte Mal hatte er sie gesehen, als sie schwer verletzt in seinen Armen lag. >Sie wird am Boden zerstört sein, wenn er wirklich tot ist<, schoss es ihm blitzartig durch den Kopf. Er wusste zwar nicht warum, aber zwischen den beiden Brüdern und der jungen Frau bestand eine besondere Verbindung, ein Band, das tief miteinander verknüpft war. Aber warum? Das konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen. Und doch hatte er ihr das stumme Versprechen gegeben, den beiden Brüdern nichts zu tun, wenn sie wieder aufeinander treffen würden. >Wenn man es aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, kann ich mir überhaupt nicht mehr erklären, warum ich eigentlich den Jungen umbringen will…< Was hatte ein kleiner Junge, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt schon States Alchemist war, mit dem Ishbal-Krieg zu tun? Er war kaum den Kinderschuhen entwachsen und er, Scar, wollte ihn an einer Sache zu Rechenschaft ziehen, die schon lange zurücklag. Trotzdem war er mehr als beeindruckt von dem kleinen Jungen gewesen, keine Spur von Angst leuchtete in den goldbraunen Augen auf, als er, den alle Scar nannten, seine todesbringende Hand auf das Haupt des Blonden gelegt hatte. >Der Kleine hat mich sogar ermutigt, ihn umzubringen, als Revanche für den Tod meines o-nii-sans. Entweder ist der Junge total verrückt und lebensmüde oder außerordentlich mutig< Plötzlich wurde die bedrückende Dunkelheit von dem Licht eines Scheinwerfers gebrochen und blendete den braunhäutigen Mann. Kurz schloss er seine rötlichfarbenen Augen. Das Auto, dem die grellen Lichter gehörten, machte einige Meter weit eine laute Vollbremsung, so dass die Reifen jämmerlich aufquietschten. Scar beschloss schleunigst das Weite zu suchen, er wollte sich nun ungern mit den Männern des Militärs anlegen, denn er hatte mit einem kurzen Blick auf den bebrillten Fahrer dessen blaue Uniform gesehen. Flink wandte sich der Ishvarite zum Gehen um und sprang gelenkig auf das niedere Vordach des eingefallenen Hauses. Erstaunt weitete sich die wunderschöne blaue Iris des jungen Mädchens. >Warum hat er es denn plötzlich so eilig? Als ich vorhin von Ed gesprochen habe, veränderte sich sein grimmiger Gesichtsausdruck in einen sehr besorgten. Kennt er Edo doch und will es mir nur nicht verraten…?< Aber auch wenn es ihr sehr sonderbar vorkam, der junge Ishvarite hatte ihr das Leben gerettet. „Bitte…“, flüsterte Winry, „warten Sie noch einen Augenblick.“ Die Haltung des Mannes wurde steif, mit einem wütenden, säuerlichen und kaum wahrnehmbaren gehetzten Ausdruck in der rot glitzernden Iris stierte er das unten stehende Mädchen an. Schüchtern wandte sich das Gesicht der Blonden zunächst zur Seite, als sie von dem stechenden Blick, der ihr wie tausend Messer auf der Haut brannte, regelrecht aufgespießt wurde. „Ich...habe mich noch gar nicht dafür bedankt, was Sie für mich getan haben, also deswegen...vielen Dank.“ mit einer leicht angedeuteten Verbeugung verneigte sich Winry. Mit einem deutlichen Stirnrunzeln bedachte Scar die Blonde. Eigentlich verwunderte ihn nichts mehr, aber das… Das junge Mädchen sah zu dem Ishvariten auf, ihr schien es fast so, als würde dieser ewig grimmig dreinblickende Mensch eine Winzigkeit lächeln. Sofort erhellte sich Winrys trauriges Antlitz und glänzte unter der braunen Kruste freundlich auf. „Mädchen wie du, sollten in solch einem Sturm gar nicht auf der Straße sein“, war der einzige Kommentar des Mannes zum endgültigen Abschied, bevor er sich flink umwandte, lautlos und geschwind wie ein schlaues Wiesel in der alles zerfressenden Finsternis verschwand. Nachdenklich starrte sie in die Dunkelheit und knetete frierend ihre nasskalten Finger. „Ja...da haben Sie mehr als nur recht...“, wisperte sie gegen den laut aufheulenden Wind. „Aber ich habe es für Jemanden getan, der mir sehr viel bedeutet. Würden Sie dasselbe nicht auch für solch eine Person tun?“ Der wütend aufbrausende Orkan verschlang ihre seufzenden Worte, so dass sie das Geheimnis von Winry blieben. Plötzlich fühlte sie die wiederkehrende eisige Kälte in ihren Gliedern und fröstelnd schüttelte sie ihren Körper, der von den prasselnden Regentropfen noch mehr durchweicht wurde. Auch ihre schon nassen Haare hingen schlapp wie zerstörte Blumen in ihr hübsches, aber verschmutztes Antlitz. Schutzsuchend und bibbernd schlüpfte sie eilig in den nächsten Häusereingang. Vollkommen das Auto vergessend, dass vor einigen Momenten mit lautstarken Bremsen wenige Meter vor ihr gehalten hatte. Mit einem leisen Knacken schloss der Schwarzhaarige die Autotür, seine gelenkige Hand fuhr in die Tasche seiner Uniform und holte einen grauen Gegenstand aus ihr heraus. Der Gegenstand entpuppte sich als Taschenlampe. Die Umgebung sorgfältig musternd, ging er auf das frierende nasse Mädchen zu und schaltete die kleine Taschenlampe an. „Winry-chan? Bist du das, Kleine?“ erschreckt fuhr die Angesprochene zusammen und blickte mehr als erstaunt auf den schwarzhaarigen Mann, der sich ihr näherte. Die Stimme kam ihr sehr bekannt vor. >Kann das…?< Wild fuchtelte der Näherkommende mit dem leuchtenden Gegenstand herum und schien ihr ungewollt in die Augen. Leicht geblendet und mit einem zischelnden Geräusch kniff sie die Pupillen zusammen. „Gomen!“ murmelte der Uniformierte eine leise Entschuldigung und senkte gleichzeitig die Lampe. Indessen fielen von Winry alle Zweifel ab, die sie noch vor wenigen Sekunden hegte, denn sie wusste nun, wer vor ihr stand. „Hughes-san!“ Nie hatte sie sich so gefreut, ein bekanntes Gesicht zu sehen. >Endlich Jemand, der mir sagen kann, was mit Ed geschehen ist. Und ich habe wirklich eine Menge Fragen…< Lautlos wie eine Katze schlich ich den unbelebten Korridor entlang, immer im Schatten der Dunkelheit bleibend. Meine Augen waren die Finsternis, die von den hellen Blitzen über der Stadt unterbrochen wurde, schon gewöhnt. Zu meinem großen Glück waren alle Patienten in ihre Zimmer geschickt worden, denn angesichts des Stromausfalls funktionierten nur noch die lebenserhaltenden Geräte in diesem Gebäude und deswegen hatte man strikte Order erteilt, keinen der Patienten auf den unbeleuchteten Flur zu lassen. Ein leichtes Schmunzeln legte sich auf meine Lippen. >Na ja, außer mir halten sich natürlich alle an die Anordnung< ein leises Kichern rutschte mir aus dem Mund, bevor ich wohlwissend eine Hand vor diesen hielt. Mit den Fingern der anderen Hand tastete ich mich an der Wand entlang auf mein Ziel zu. Immer wieder blieb ich ruhig horchend stehen, mein Blick huschte aufmerksam über den leeren Korridor. Ich wollte sicher gehen, dass nicht Jemand von Krankenhauspersonal sich hierher verirrte, aber beruhigenderweise war ich noch niemandem begegnet. Mit unruhig schlagenden Herzen pirschte ich mich weiter, blieb hier und da kurz stehen, presste mich plötzlich vorsorglich in eine schmale Nische, als ich glaubte, vor mir leise Tritte wahrgenommen zu haben. >Ich muss unbedingt wissen, wie es Ed-chan geht…es sind schon Stunden vergangen und ich weiß immer noch nicht, wie sein Gesundheitszustand ist. Warum sagen sie mir nichts?< Diese Frage hatte mich die ganze Zeit gequält, bis ich es nicht mehr in meinem Zimmer aushielt. Ich wollte mich selber davon überzeugen, dass es meinem kleinen Cousin gut ging und ich mir keine Sorgen mehr machen bräuchte. >Aber wenn es notwendig wird, werde ich sogar…< Sehr erschrocken zuckte ich heftig zusammen. Ich bemerkte zu meiner Bestürzung, dass ich mir die Schritte nicht nur eingebildet hatte, sondern diese waren real. >Sie sind doch nicht meiner kindlichen Phantasie entsprungen…< mit überlaut klopfendem Herz drückte ich mich noch enger in die Nische. Nervös presste ich meine feuchte Hand auf mein wild puckerndes Herz. Es schien fast so, als würde mein Herzschlag im Umkreis von 5 Kilometer zu hören sein. Ich hoffte inständig, dass die alles verschluckende Finsternis auch meinen Körper in seinen Rachen aufnahm, damit niemand meine Anwesenheit bemerkte. Sehr darum bemüht, nicht laut und hektisch zu atmen, hörte ich, wie die samtenen, fast lautlosen Schritte näher kamen. Auf einmal, als ich schon dachte, die Person würde an meinem Versteck vorbeigehen, verebbte das leise Geräusch klackender Schuhe auf dem glänzenden und gewienerten Boden. Einige Momente der Stille kehrten ein, bis ich es nicht mehr aushielt und mich langsam und vorsichtig ein wenig aus dem Schatten vortastete. Zu meiner puren Überraschung erblickte ich die schemenhafte Silhouette eines hoch gewachsenen Mannes, der in der Dunkelheit scheinbar nach etwas suchte. Mit einem Male wurde seine Gestalt von einem hellen Schein umgeben. Sein Schatten waberte unheimlich auf dem Boden und ließ das Ganze wie eine Szene in einem Gruselschloss wirken. Eine leichte Gänsehaut kribbelte meinen Rücken hinab. Bei genauerer Betrachtung sah ich, dass das Licht seinen Ursprung in der Handfläche des Mannes zu haben schien. Als er sich ein wenig weiter zu mir umdrehte, erkannte ich, dass auf seiner Handinnenfläche eine kleine rote Flamme unruhig züngelte. Durch den leichten Luftzug flackerte sie nervös auf und ab. Sie spiegelte sich geheimnisvoll in seinen schwarzen Augen, die aufmerksam aufblitzten, als sie ihre Umgebung betrachteten. >Ist das nicht der Colonel? Aber was macht er hier noch? Das kann nichts Gutes bedeuten!< Durch die aufsteigende Hitze der Flamme bewegte sich sein Haar gespenstisch. Das verlieh Colonel Mustang ein fast gruseliges Aussehen. Mit einem unterdrückten Keuchen drückte ich mich schnell wieder in die Nische zurück. >Wenn der Colonel da ist, heißt das, dass First Lieutnant Hawkeye und Major Armstrong auch hier sein müssen…echt klasse…jetzt kann ich mein Vorhaben in Eds Zimmer zu schleichen endgültig knicken.< seufzte ich lautlos und resigniert auf. Enttäuscht wartete ich nun darauf, dass ich leise zurück in mein Zimmer gehen konnte, ohne dass der schwarzhaarige Mann etwas davon mitbekam. Nach einigen Minuten, in dem ich ihn leise rascheln hörte, schien er das, wonach er gesucht hatte, endlich gefunden zu haben, denn die fast lautlosen klickenden Tritte entfernten sich ein kleines Stück. Aber was der Flame Alchemist genau machte, blieb meinen äußerst empfindlichen Ohren leider verborgen, da ein laut grollender Donner alle anderen Geräusche übertönte. Erst als seine überaus markante Stimme über den leer gefegten Flur erschallte und ich nach wenigen Sekunden des Verblüffens erkannte, dass er keine Selbstgespräche führte, sondern telefonierte. Ich hielt mit angehaltenem Atem inne und lauschte überaus neugierig dem Gespräch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)