Vulnerable von Stoechbiene (ZorroXRobin) ================================================================================ Kapitel 42: Aufbruch -------------------- 42. Robin Aufbruch Das Klima ist rauh und kalt, so wie das beißende Gefühl in unseren Herzen. Unangerührt steht der Topf mit der Suppe vor uns auf dem Tisch, die Teller und das Besteck sauber, keiner hat Appetit. "Du mußt doch was essen, Diego. Ein Kind in deinem Alter braucht Energie zum groß werden." Aber unser Leichtmatrose schüttelt nur trotzig den Kopf, egal was Kaya sagt. "So geht das nicht weiter. Ich meine, er muß -" "Laß gut sein, Schatz. Ich übernehme das." Lysop steht von seinem Platz auf, gefolgt von unseren Blicken, die ihn überrascht mustern. Aber entgegen seiner sonstigen Gewohnheiten scheint ihn das diesmal nicht zu stören, läuft einfach seinen Weg um den gedeckten Tisch herum, kniet sich vor Diego und meint: "Dein Papa ist der Vize unserer Bande, stimmt's?" Ein Nicken. "Aber er kann jetzt nicht hier bei uns sein, also, wer ist dann der Vize?" "Captain Lysop." lautet die leise Antwort. "Genau. Aber damit der große Captain Lysop deinen Papa retten kann, braucht er viel Kraft, Mut und Freunde, die ihm helfen. Willst du mir helfen?" Wieder ein Nicken. "Gut. Aber vorher sollten wir uns so richtig den Bauch vollschlagen, sonst lachen unsere Gegner über uns." Diesmal ist das Nicken heftiger und man kann an Diego's Augen erkennen, daß Lysop ihn bei der Ehre gepackt hat. Unser Schütze nimmt den Kleinen auf den Arm, setzt sich mit ihm auf den Stuhl und wie auf Kommando sehen sie zu Sanji und rufen: "Fleisch!" Für einen Moment herrscht Stille in Kaya's Eßzimmer, zu groß ist das Erstaunen über den Gemütswandel. "Schön Männer, wie ihr wollt." Sanji grinst beinahe amüsiert, steck die Hände in die Taschen und verschwindet in der angrenzenden Küche. Was sagt man dazu? Nur unser Captain tauchte nicht auf, trotz dem unverkennbaren Geruch von gebratenem Fleisch, der in der Luft lag. Uns allen geht diese vertrackte Situation an die Nieren, aber daß gerade er sich derart zurückzieht, damit hat wohl keiner gerechnet. Er ist auf der Lamb, da bin ich mir sicher, zerbricht sich allein den Kopf darüber, was geschehen ist. Wenn ich das nur selbst wüßte. Ein Zischen, der Schmerz in meiner Schulter, die Angst, daß Diego etwas passieren könnte, daß ich zu Boden ging, den Kleinen schützend unter mir versteckte, Schwärze. Der Schnee knirscht unter meinen Schritten, sonst ist es still. Kein süßes Knurren, keine rauhe Stimme, die mir zuflüstert, nur Einsamkeit. Heiße Tränen bahnen sich erneut ihren Weg über meine Wangen, kann sie nicht zurückhalten. Den Weg bis zu unserem Schiff habe ich fast zurückgelegt, kann es bereits sehen und wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich die Eiszapfen am Lammkopf als erstarrte Tränen deuten. An Bord ist es gespenstig ruhig, aber das hatte ich erwartet. Wo könnte Ruffy nur sein? Langsam begebe ich mich von Raum zu Raum, starre in die leeren Zimmer, unterdrücke Erinnerungen an Zorro, die ich mit diesen Orten verbinde. Unter Deck werde ich schließlich fündig. Ruffy sitzt in der dunklen Ecke auf dem Boden, ganz hinten im Männerschlafzimmer. Unentwegt starrt er die Holzwand an, traurig und irgendwie ratlos. Am Arm trägt er Zorro's Bandana, so wie dieser es immer getan hat, wenn er es nicht im Kampf benötigte. Erneut rollen Tränen über mein Gesicht, wo auch immer die herkommen, schließlich habe ich schon so viel geweint, daß sie längst erschöpft sein müßten. "Komm her." Ich sehe meinen Captain an, der doch so viel jünger ist als ich, aber selten so erwachsen wirkte wie jetzt. Langsam gehe ich auf ihn zu, setzte mich neben ihn in die Ecke, weiß ich doch sonst nicht, wohin ich gehen soll. "Wir werden ihn zurückholen, das verspreche ich dir. Niemand darf einem meiner Freunde weh tun, ehemalige Navigatorin hin oder her. Diego ist völlig verstört, du nur noch am weinen, Chopper ebenso, aber heimlich, Sanji raucht wie ein Schornstein, weil er nicht schlafen kann, Lysop ist komplett überfordert und ich...ich habe nicht einmal Hunger. Scheiße!" Wütend tritt er gegen den Schrank, aber er hat sich genug unter Kontrolle, daß das Möbelstück nicht entzwei bricht. Aber selbst wenn er das Teil hier vor meinen Augen in seine Einzelteile zerlegt hätte, würde es mich auch nicht interessieren. "Wie finden wir dieses Weib aber nur? Sie könnte überall sein. Wir würden es vermutlich nicht einmal merken, wenn sie sich direkt vor unserer Nase verstecken würde. Aber genauso gut wäre es denkbar, daß sie nach Kokos gesegelt ist!" "Das denke ich nicht," entgegne ich Ruffy, während ich mir die Tränen aus dem Gesicht wische. "Sie hat ihren Traum noch nicht ganz erfüllt, ihr fehlen noch die Daten einiger Inseln. Ich glaube kaum, daß sie ihren Traum für Zorro aufgibt, außerdem fühlt sie sich uns gegenüber im Vorteil. Wir sollten folglich so schnell wie möglich wieder auf unseren alten Kurs kommen, um ihr auf den Fersen zu bleiben." Das erste mal seitdem ich den Raum betreten habe sieht Ruffy mich direkt an, scheint für einen Moment noch zu überlegen, dann nickt er. "Du hast recht. Nami ist sehr ehrgeizig und sie will jedem beweisen, wie gut sie Seekarten zeichnen kann. Wir brechen sofort auf!" Hastig springt er auf die Beine, rennt zur Tür und ruft dabei: "Hol den Eternal Port von Moon Beach!" Ich nicke, auch wenn niemand mehr da ist, der meine Antwort sehen kann. Es hat keine Stunde gedauert, bis die Jungs das Schiff beladen hatten. Auch Kaya mußte sich mit einem flüchtigen Abschiedskuß von Lysop begnügen, aber sie hatte vollstes Verständnis dafür. Mir drückte sie kurz vor der Abfahrt noch ein kleines Päckchen mit den Worten in die Hand: "Erst wenn er wieder bei dir ist, darfst du es öffnen." Ich habe genickt und es in Zorro's Zimmer gebracht. Jetzt steht es auf seinem Tisch wie ein Gedenkstein, der mich an unsere bevorstehende Auseinandersetzung mit Nami erinnert. Jeden Abend bevor ich einschlafe, jeden Morgen, wenn ich erwache. Stets ohne ihn. Aber ich behalte das Ziel vor Augen ihn zu finden, aus Nami's Klauen zu befreien. Moon Beach ist nicht mehr weit, nur noch wenige Tage, wenn das Wetter so bleibt. Aber das kann man auf der Grand Line leider nicht vorhersagen, somit ist der Wetterbericht in der Zeitung sinnlos. Mein Blick gleitet über das Deck, sucht eine Beschäftigung, die mich davon abhält, zu sehr meinen Gedanken nachzuhängen, bevor ich wieder anfange zu weinen. Ich entdecke Diego, wie er auf dem Dach der Kombüse sitzt, zum Heck der Lamb sieht und dabei abschätzend den Kopf hin und her bewegt. Was ihn wohl beschäftigt? Er streckt seine kleine Hand in die Höhe, wedelt mit dem Zeigefinger, sieht aber dabei unentwegt geradeaus. Auch der monotone Rhythmus meiner Schritte, als ich mich ihm nähere, scheint ihn nicht zu stören. Ich begebe mich neben ihm in die Hocke, mustere kurz sein Profil, ehe ich ihn anspreche: "Was machst du da?" Doch er antwortet mir nicht. Statt dessen neigt er den Kopf zur Seite, als wolle er eine Situation bewerten. "Hey, Diego." "Pst, sonst geht er weg." "Wer?" flüstere ich. Sein Blick wandert zu mir, sieht mich an, als hätte ich eben behauptet, ich sei die Märchenfee. "Der Wind!" Seine Hand zeigt aufs offene Meer, aber ich kann nichts erkennen. "Der Wind?" "Ja, er kommt!" antwortet er leise, aber mit Nachdruck. Für einen Moment ist mein Kopf wie leergefegt, dann springe ich auf, begreife endlich, was zu tun ist. Schnellen Schrittes laufe ich zu Lysop und Ruffy, die vorne am Bug den Horizont mit Ferngläsern absuchen. "Jungs, an die Segel, Wind zieht auf." "Woher willst du das wissen?" entgegnet mein Captain, doch ich winke nur ab und meine: "Später. Beeilt euch bitte, ja? Ich bin am Steuer, falls ihr mich braucht." Bitte kleiner Diego, behalte Recht, sonst schaffen wir es nie, deinen Vater zu finden! Nervös blicke ich auf den Eternal Port, die kleine Nadel, die unseren Kurs bestimmt. Ob Nami wirklich auf Moon Beach ist? Was, wenn sie viel weiter ist oder sogar hinter uns? Aber letzteres schließe ich eigentlich aus, denn alle Inseln bis einschließlich Trading Point müßte sie bereits kennen. Diese Mistgöre, ich zerreiße sie in Stücke, sollte sie Zorro auch nur ein Haar gekrümmt haben! Ich zieh ihr das Fell über die Ohren, schneid ihr die Nase ab und stopfe ihre große Klappe mit ihren Geldsäcken, bis sie daran erstickt! "Äh, Robin?" "Wie? Oh Sanji!" "Würdest du bitte das Steuer loslassen oder hast du vor dem Lamm die Hörner abzureißen?" "Entschuldige, ich war wohl wieder in Gedanken." "Hat man gesehen. Dabei solltest du dich freuen, der Wind ist stärker geworden, wir machen gute Fahrt." Erfreut falle ich unserem Smutje um den Hals, der mich daraufhin nur etwas sparsam ansehen kann. "Was ist denn mit dir?" "Diego hatte recht!" "Womit?" "Na mit dem Wind! Er sagte zu mir, daß ich leise sein soll, sonst käme der Wind nicht." Ungläubig blinzelt er mich an, aber dann nickt er. "Es hat sich ja abgezeichnet, daß der Kleine diese Fähigkeit geerbt hat. Ich wünschte nur, Zorro könnte das sehen." "Ja..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)