Nigredo von abgemeldet (Der Schatten des Lebens) ================================================================================ Kapitel 14: Das neue Fleisch ---------------------------- So, wieder ein Kapi fertig. Und hier kommt endlich auch die langersehnte Wende für Kazuki - vorerst. Als ich das geschrieben habe, hat mich die Musik von Buck-Tick (Muma the Nightmare, Long Distance Call) und The Last Dance begleitet. Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem.^^ Das neue Fleisch Für einen winzigen Augenblick lang ließ die neue Hoffnung in Kazukis Gesicht die Sonne aufgehen, doch nur, um erneut von den Schatten aus seinen Augen verschlungen zu werden. Schüchtern streckte er den Arm nach hides feingemeißeltem Antlitz aus und berührte zaghaft die perfekte unsterbliche Haut. hide sah so überirdisch in seinem riesigen Samtpulli aus, wie es die Situation erlaubte. "Du musst wirklich von den Engel geschickt worden sein, du bist so schön wie ich sie mir immer vorgestellt habe. Aber ich glaube, dass alle Heerscharen des Himmels mich nicht retten könnten, selbst wenn ich es verdiente." Er lächelte traurig und brachte seine toten Auegn noch ein Stück näher an hides Gesicht heran. hide wollte eben widersprechen, nein, du kannst nichts dafür und verdienst alle Hilfe dieser Welt, doch Kazukis Finger legte sich kalt und klamm auf seine Lippen, also schwieg er. "Ich bin so gut wie vernichtet. Sie werden mich schon sehr bald finden, ich bin jetzt vogelfrei. Aber ihr müsst euch retten!" sein Blick verhedderte sich in den von Kyo, bis dieser wegschauen musste. "Es gibt da einen Dämon, der ist gefährlicher als die meisten, denn er hungert nach der Macht unseres Meisters Carrion, dem Torwächter. Er ist bereits hier und im Besitz eines jungen Mannes, aber dieser besessene Körper zerfällt. Er wird sich den Mann mit den Zwielicht-Augen holen - um ihn für etwas einzutauschen, was er sich am meisten wünscht: einen unzerstörbaren menschlichen Körper!" während er sprach glitten Kazukis abermals zu Kyo und dann zurück zu hide. Beide sollten unbedingt die Tragweite dessen erfassen, was er gerade erzählt hatte. hide strich sich nachdenklich mit dem Finger über das Kinn. "Wo finden wir diese besessene Person?" fragte er. Kazukis fingerte einen zerknüllten Flyer aus der Jackentasche. Dabei fiel ein kleines Kästchen mit heraus und kollerte Kyo vor die Füße. Er griff danach und öffnete den Deckel. Eine dünne, traurige Melodie schwebte zwischen ihnen, doch sogleich schnappte sich Kazuki mit einem Aufschrei das Kästchen aus Kyos Hand. "Das gehört mir!" seine Stimme schnappte über, da war er wieder, der Wahnsinn, ganz dicht unter der Oberfläche. Aber wie sollte man auch nicht den Verstand verlieren, bei allem was er erlebt hatte und noch durchmachen musste? Kazuki hatte sich schon als viel stärker erwiesen als die meisten Menschen es würden. Kazuki bekam sich wieder einigermaßen unter Kontrolle und fuhr entschuldigend fort. "Es ist meins, versteht ihr? Es ist alles, was mir von meinem Leben geblieben ist." Seine Stimme schwankte brüchig, drohte, zu versagen. Versunken in Erinnerungen blickte er zwischen ihnen beiden hindurch auf einen fernen Punkt. "Ich bin froh, wenn sie mich endlich finden und dieses entsetzliche Gefängnis zerstören, " er zeigte dabei auf seinen eigenen Leib, "ich rutsche ganz bestimmt sofort bis in den neunten Kreis der Hölle durch, wie es sich für einen anständigen Mörder gehört. Es kann nicht schlimmer sein als das hier." Er zwinkerte über seinen Galgenhumor und grinste säuerlich. Seine Finger formten eine Klaue, mir der er sich vier lange, farblose Furchen im Unterarm zufügte. hide hielt seine Hand auf und flüsterte Kazuki sehr eindringlich zu. "Ich werde das nicht zulassen!" Kyo derweil hatte den Zettel studiert und klinkte sich wieder ins Gespräch ein. "Hier steht, dass heute Abend einige Indie-Bands im Jigoku-Club auftreten werden. Der Headliner ist eine Band namens Calmando Qual - eh, die treten ja erst gegen Mitternacht auf - ...ist der Typ etwa dabei?" Kazuki nickte heftig und schüttelte gleichzeitig den Kopf. "Ja - er nennt sich Hibiki. Aber ihr dürft euch da nicht blicken lassen, es ist eine Falle!" hide verzog das Gesicht "Was ist das denn für ein doofer Name? Kein Mensch heißt Hibiki!" Kyo enthielt sich da jeglichen Kommentars, denn es soll ja Leute geben, die es exotisch finden, wenn sich jemand nach einem Ort benennt... "Ich will, nein, ich muss mir den Kerl mal ansehen. Ich glaube, dass er eine zentrale Rolle in meinem Auftrag spielt...ich werde inkognito da reingehen, die Lage scannen und wie ein Geist wieder rausflitzen, keine Angst!" hide grimassierte aufmunternd, was bei Kazuki nur schieres Unverständnis hervorrief. Ihm sank der Unterkiefer herab. "Hast du mir nicht zugeh- was für ein Auftrag?" Kyo wurde aus seinem Halbschlaf gerissen. "Er meint natürlich, wir," hier warf er hide einen scharfen Blick zu, "gehen inkognito dahin und das mit dem Auftrag ist eine lange Geschichte!" Ehe dieser noch heftig protestieren konnte schellte es an der Tür. "Mist, verdammt, wer kann das sein?" Kyo schreckte hoch, in Panik suchten seine Augen nach einem Versteckt und bugsierte die beiden in sein winziges Gästezimmer. Auf dem Teppich blieb eine dunkle Pfütze zurück, wo Kazuki gekauert hatte. "Halt ihn ruhig und keinen Mucks!" mahnte Kyo. "Mit wem sprichst du jetzt?" das letzte Wort von hide erklang dumpf hinter der vor seiner Nase zuschlagenden Tür. Koy erspähte rotes Haar durch den Türspion. Bevor er sich überlegen konnte, nicht da zu sein, ertönte eine vertraute Stimme von jenseits der Tür. "Mach auf, verflucht, ich weiß, dass du zu Hause bist!" Daisuke, schoss es Kyo durch den Kopf. Wie kommt der Penner dazu, mir Kontrollbesuche aufzudrücken!? Betont genervt zog er die Tür auf. Noch während der Begrüßung war Die schon in der Diele. "Mahlzeit, Alter! Hier, deine Zeitung lag vor deiner Tür." kaum drinnen, schlug Die seinen Handrücken unter die Nase. "Großer Gott! Das ist ja ekelhaft, was stinkt hier so nach Aas?" er musterte Kyos abgespanntes Gesicht streng. "Hast du wieder eine tote Katze unterm Bett versteckt?" Kyo war so müde, dass seine Gedanken kaum an dem Ausdruck "wieder" hängen blieben. Sein Gehirn war wie eingefroren, er war so übermüdet, dass er nicht mehr schlagfertig denken konnte. "Hör zu, meine Synapsen feuern heute langsam. Willst du was Bestimmtes?" misstrauisch äugte Die auf die Lache Erbrochenes und auf den dunklen Fleck daneben. "Ich wollte mal nach dem werten Befinden unseres Sänger-Sama sehen - auf Anweisung von Shinya übrigens. Und seine weibliche Intuition hat ihn nicht getrogen, wenn ich mir das hier so ansehe." Sein Blick taxierte Kyo in seinen zerlumpten, verdreckten Kleidern und dieser fühlte sich plötzlich ganz verlegen, zumal Die ihn turmhoch überragte. Die Plateauschuhe standen im Flur, also konnte Die ganz bequem auf Kyo herabschauen. "Du siehst aus, als wärst du gerade eben erst aus der Gosse gekrochen. Hier ist was oberfaul und damit meine ich nicht das Etwas, dass sich offenbar hierher geschleppt hat. Um in deiner Wohnung zu verenden." Die schaute sich um und Kyo hatte Mühe, nicht zu offensichtlich zu seiner Schlafzimmertür hinzuschauen. Die hatte keine Ahnung, wie dicht er an die Wahrheit heran kam. Fieberhaft suchte Kyo nach einer Ausrede. "Ich fühle mich krank, hab was Falsches gegessen. Können wir nicht morgen darüber reden?" meinte er lahm. Geräuschvoll zog er dabei die Nase hoch, seine Augen flitzten durch den Raum, aber sie mieden Dies Blick offenkundig. Dieser baute sich vor dem Sänger auf. "Du lügst! Du schwindelst mich an, ich weiß es genau. Immer wenn du schniefst heißt das, dass du dich unwohl fühlst, weil du die Unwahrheit sagst!" triumphierend stieß er Kyo den Finger vor die Brust. Verflucht, bin ich so schlecht beim Lügen? Müde rieb er sich über die Augen und kniff sich mit Daume und Zeigefinger in die Nasenwurzel. "Ehrlich, du siehst scheiße aus," hakte Die weiter, "ich frage mich, was du hier so treibst. Bist du auf Drogen oder in irgendeine Sekte geraten?" Die riss ein Fenster auf und atmete tief durch. "Wir können doch über alles reden... verdammt, hier stinkt es aber wirklich!" in diesem Moment entdeckte Die, dass er soeben in eine schleimige dunkle Pfütze im Teppich getreten war. Penetranter Fäulnisgestank ließ ihn grünlich anlaufen. "Hör zu, ich habe im Augenblick Probleme mit der Putzfrau, das ist alles. Ich wäre dir überaus dankbar, wenn du dich jetzt verpi- äh, verziehen würdest. Ich, ähm, habe Besuch...*hust*" Kyo probierte jetzt die Verlegenheits-Taktik an Die. Er hatte allerdings wenig Aussicht auf Erfolg - Die war nichts peinlich, nie. Ein anzügliches Grinsen breitete sich auf dessen Zügen aus und er knuffte Kyo verschwörerisch in die Seite. "Du alter Schwerenöter! Sag doch gleich, das du n Mädchen hast! Das ändert natürlich alles - jetzt wird mir auch klar, warum du in letzter Zeit immer so geschafft aussiehst - kriegst wohl kaum noch Schlaf, wie?" er lachte meckernd. Oh Mann, da liegst du verdammt richtig, dachte Kyo. Aber er sah endlich einen Ausweg. "Genau, Mann! Aber das bleibt unter uns, verstanden? Und jetzt schaffendlich deine Dattel aus der Sonne, du weißt ja, wie frischverliebte sind." In seinen eigenen Ohren klang Kyo wenig überzeugend, zumal es gar nicht seine Art war, aber Die schien nichts zu bemerken. Er wollte es vermutlich nur zu gern glauben und entspannte sich augenblicklich. "Also, wenn das sooo ist..." Kyo hatte einen Arm um Die gelegt und schob den Widerstrebenden bereits zur Haustür, als er plötzlich abgelenkt wurde. Etwas Eigenartiges geschah um ihn herum. Etwas in der Luft schien sich zu bewegen und Kyo fühlte eine Vibration in den Knochen. Zuerst dachte er, der Boden würde zu schwanken beginnen und ihm wurde schwindelig. Es war, als wäre eine starke Energie freigesetzt worden, doch er begriff sofort, dass Die nichts davon wahrnahm. Dieser redete noch weiter, doch Kyo schenkte Dies Erzählungen keinerlei Aufmerksamkeit mehr. Das Zimmer hatte sich kein bisschen verändert, aber Kyo konnte die unsichtbare Veränderung so stark fühlen, dass er sie beinahe hörte. Er riss sich zusammen und murmelte noch einige Abschiedsgrüße, ehe er die Tür hinter dem großen, rothaarigen Gitarristen ins Schloss fallen ließ. Gerade wollte Kyo ins Gästezimmer stürmen, als er in hide hineinprallte, der soeben die Tür hinter sich zuzog und sich dann dagegen fallen ließ. Kyo musste kein Hellseher sein, um die Veränderung zu bemerken, die mit hide geschehen war. Er war genauso leichenblass wie in der nacht, als er oben auf dem dach gestanden hatte. Die Strangulationsmale an seinem Hals traten wieder deutlich hervor und seine schmalen Lippen waren ein zusammengekniffener violetter Strich. Er sah sehr leblos aus, wie eine Marmorstatue. Und er war völlig erschöpft, nicht nur körperlich, sondern auch mental, das konnte Kyo sehen. "Oh hide! Was hast du getan?" Kyo griff besorgt nach hides Hand, die eiskalt war. Er hob sie an seine Wange, um sie zu wärmen, drückte den schmalen Handrücken gegen seine warmen Lippen. Enttäuschung schnürte ihm die Kehle zu, er hatte das Gefühl, jemand hätte ihm soeben etwas genommen, was ihm lieb und teuer war. Seine Hoffnung, hide könnte Stück für Stück von diesem finsteren Ort zurückkehren in diesen Körper, war geringer als je zuvor. hide stand praktisch wieder am Anfang. Kyos Augen füllten sich mit Tränen, die er keinem zeigen wollte. hide war gerührt davon, wie sein Freund versuchte, ihm beizustehen. Und es machte ihn traurig, weil er überzeugt war, dass es nur enttäuschend für Kyo sein würde, egal wie erfolgreich sich wären. Seine Finger streichelten leicht über Kyos Wange, dann fasste er den kleineren Mann bei der Schulter und sah ihm fest in die Augen. "Ich habe versprochen, ich würde Kazuki helfen, wenn ich es kann. Und es war mir gestattet, meine Lebensenergie, wenn man es so bezeichnen will, mit ihm zu teilen. Sein Körper ist jetzt wieder wie er zu Lebzeiten war, doch er ist ebenso wenig lebendig wie ich. Ich meine, nicht in dem Sinne, dass er auf Erden bleiben könnte. Aber er darf es sich verdienen, in den Himmel aufgenommen zu werden." hide lächelte und legte den Kopf schief. "Was rede ich da bloß für einen schwülstigen Mist, du musst mich für bekloppt halten, dass ich dir vom Himmel erzähle..." aus seinen Zügen sprach tiefe Erschöpfung, aber er war dabei fast heiter. Kyo schüttelte nur den Kopf als Antwort, sein Blick richtete sich auf die Tür. Kyos Augen verengten sich in plötzlichem Hass, sie hätten Löcher in das Türblatt brennen können, hinter dem er Kazuki vermutete. Einen Moment lang war er außer sich vor Zorn, alles war Kazukis Schuld. Wäre dieser nicht hier hereingeplatzt, wäre hide nicht wieder so weit zurückgeworfen worden. Und er würde noch ganz allein ihm gehören. Kyo neidete Kazuki, was ihn mit hide jetzt so sehr verband und ihn außen vor ließ. Natürlich hätte er es sich nicht einmal selbst eingestanden. Aber ihm hatte der Gedanke, dass hide nur noch zu ihm als einzigen Menschen auf der Welt Kontakt hatte, unglaublich viel bedeutet. Er hatte ihn mit großem Stolz erfüllt und rührte an der verdrängten Sehnsucht in seiner Seele, wirklich gebraucht zu werden, etwas ganz Besonderes zu sein. Nun fühlte es sich an, als sei er betrogen worden, obwohl er genau wusste, dass das ungerecht von ihm gedacht war. Der blonde Sänger fühlte sich mit einem mal bleischwer und ließ es zu, dass hide ihn zu seinem Bett führte. Kyo ließ sich darauf fallen und hide legte sich neben ihn, nachdem er die Rollläden herunter gelassen hatte, um die Sonne auszusperren. So lag er da und beobachtete seinen Schützling, den Kopf auf die Hand gestützt, die andere Hand ruhte auf seinem Oberschenkel. Er war sehr schön. Kyo hätte in diesem Augenblick darüber weinen können, weil er es kaum ertrug. "Du wirst doch nicht einfach verschwinden, wenn ich einschlafe, oder?" fragte Kyo ihn. hide seufzte, rollte sich auf den Rücken, lehnte sich an das Kopfende des Bettes und machte eine einladende Geste, woraufhin Kyo seinen Kopf auf hides Brust legte. Seine Arme schlang er zur Sicherheit um die schmale Taille, bis sich seine Finger hinter hides Rücken fanden und ineinander verschränkten. Er fühlte sich wieder wie ein Junge, aber er wusste, er durfte es und genoss das Gefühl. Hides Hand begann, beruhigend seine Haare zu kraulen, er sagte nichts, auch dann nicht, als Kyos letzte Tränen in den Stoff seines Shirts sickerten. "Weißt du, ich habe Die nicht gerne angelogen, wir sind eng befreundet und mir fällt es wirklich schwer, der Band nichts erzählen zu können," begann Kyo in den Pulloverstoff zu nuscheln. "Ich weiß." Hide hatte die Augen geschlossen. "Und du hättest mich ruhig irgendwie unterstützen können!" warf Kyo ihm vor. "Und wie, wenn ich fragen darf?" leise Neugier in der sanften Stimme. "Ich weiß es nicht, aber du warst so hilfreich wie ein Glasauge am Schlüsselloch." Kyo hätte zu gern mit eigenen Augen gesehen, wie hide jemanden heilen konnte. Er selbst war nicht bei Bewusstsein gewesen, als der Wiederkehrer all seine Wunden geheilt hatte. Die Müdigkeit drückte ihn nieder wie ein schweres Tier, dass sich auf ihm wälzte, doch kyo fand einfach keine Ruhe. Er rumorte eine ganze Weile, bis seine Finger schließlich nach der zeitung tasteten, die Die nebenbei auf das Bett gepfeffert hatte. Sie lag mit aufgeschlagenem Lokalteil da und eine kleine Meldung erregte seine Aufmerksamkeit. Sie handelte von einem jungen Mädchen, welches sich offenbar aus ihrer Balkonwohnung in den Tod gestürzt hatte. "Oh nein! Sie hat es nicht geschafft..." Kyo kannte die junge Frau überhaupt nicht, dennoch fühlte er sich persönlich betroffen. Das bittere Gefühl, versagt zu haben, erklomm sein Herz. Seine Augen suchte hides Blick, doch dieser hielt die Augen geschlossen, doch er schlief nicht wirklich. "Niemand entkommt den Seelenfängern, Tooru." murmelte er leise. "Doch", widersprach Kyo nachdrücklich, "du bist ihnen in der Nacht entkommen. Und ich auch!" hide öffnete die Augen einen schmalen Spalt weit. "Nein, du irrst dich. Ich bin ihnen nicht entkommen, weil sie mich schon vor Jahren geholt hatten; siehst du, ich habe ihnen nicht widerstehen können." Der blonde Sänger wusste, worauf hide anspielte und es erschütterte ihn. "Und du bist ihnen nur entkommen, weil du nicht allein gewesen bist. Für dieses Mal." Er strich träge einige Haarsträhnen aus Kyos Stirn, sein Daumen wischte leicht über die Feuchtigkeit unter Kyos linkem Auge. "Bitte versuch, etwas zu schlafen. Heute Abend - das wird ein Riesen-Zirkus, das verspreche ich dir. Du wirst deine ganze Kraft brauchen." Damit drückte er Kyos Kopf sanft auf seine Brust zurück und schloss die Augen. Der blonde Mann versuchte, still zu liegen, als er bemerkte, dass sich hides Brustkorb ganz leicht in regelmäßigen Atemzügen hob und senkte und wenn er ganz konzentriert lauschte, so konnte er einen Herzschlag wie eine unendlich langsam geschlagenen Trommel hören. Also gab es noch Hoffnung! Kyo genoss dieses geheime, kleine Glück über diese Entdeckung, er glitt rasch in einen tiefen Schlaf. "Wake up - it's me!" die zaghafte Stimme war direkt neben seinem Ohr erklungen und Kyo fuhr zusammen. Er riss die Augen auf und blickte in ein Gesicht, ganz nah vor seinem. Er brauchte einige Momente, um zu erkennen, um wen es sich handelte. Ein Lichtstrahl aus der geöffneten Tür zum Gästezimmer fiel herein. "Kazuki..." flüsterte er. Unwillkürlich brachte er seine Hand zwischen ihrer beiden Gesichter, strich über Kazukis Wangen, befühlte seine Haut. Kazuki war wieder schön. So wie er war, als er noch lebte. Die Haut so hell wie hides, die Augen blickten riesengroß und glitzernd schwarz wie Pechstein unter den filzigen Haaren hervor. Seine Kleider rochen noch immer übel, aber sein Körper war auf wundersame Weise regeneriert, alle Anzeichen des Verfalls waren verschwunden. Und Kyo konnte nicht verhehlen, dass er sich für den Jungen freute. Kazuki strahlte, doch hinter seinen Zügen zuckte es gefährlich. Wer mochte wissen, wie es um seinen Verstand bestellt war? Kyos Augen wanderten zur Digitalanzeige seines Weckers. Es war bereits halb sechs, Abendessenszeit. Er fragte sich, ob es sich lohnte, etwas zu bestellen, wenn man so undankbare Esser zu Besuch hatte wie Kazuki und hide. "Er braucht neue Kleidung und du musst ihn waschen." Hörte er hides Stimme im Halbdunkel hinter ihm, als wäre Kazuki gar nicht anwesend. "Wie bitte? Wie komme ich denn dazu? Kazuki ist wohl alt genug, allein zu duschen..." erregte sich Kyo. Manchmal verstand er hides merkwürdige Anwandlungen einfach nicht. Ich glaube aber, die Aufmerksamkeit täte seiner Seele sehr gut. Er war sehr lange ein Monster. Zu entdecken, dass du dich nicht mehr ekelst, ihn anzufassen, bedeutet sicher eine Menge für Kazuki. Erscholl hides Stimme in Kyos Kopf. Ich fürchte, sein Verstand hat ebenso gelitten wie sein Körper, aber ich kann für seinen Geist leider nicht dasselbe tun. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)