Nigredo von abgemeldet (Der Schatten des Lebens) ================================================================================ Kapitel 11: Endloser Alptraum ----------------------------- Endloser Alptraum Einsam blieb die Leiche von Kane in der Gasse zurück. Es bestand kein Zweifel daran, dass er tot war, der Kopf lag in einem unmöglichen Winkel zum Rest des Körpers. Niemand war Zeuge, als die reglose daliegende Gestalt in der dunklen Gasse plötzlich zu schwelen begann, um schließlich mit einer Stichflamme aufzulodern und sekundenschnell zu Staub zu verglühen, den der Wind und der Regen forttrugen... Kyo träumte. Er befand sich in einer Garderobe, die ihm vage bekannt vorkam. Draußen johlte die Menge und verlangte lautstark nach Dir en Grey. Der blonde Sänger stand vor dem Spiegel und begegnete seinem Blick im Spiegel. Er war bereits für die Bühne gestylt, sein Haar war merkwürdig blond und schwarz gescheckt. Es war exakt in lauter Quadrate abgeteilt und feinsäuberlich zu kleinen Pinselzöpfchen zusammengefasst, die wie elektrisiert von seinem Kopf abstanden. Das sah eigentlich ganz lustig aus, fand Kyo. Starkes Make-Up verwandelten seine Mandelaugen, gaben ihnen etwas katzenartig Raubtierhaftes. Sein schlanker Körper schimmerte hell durch ein dünnes, mit Leopardenmuster bedrucktes Hemd, dazu trug er schwarze Hotpants, darunter eine Spitzenstrumpfhose. Seine Füße steckten in Springerstiefeln., wie er bemerkte. Nur, er konnte sich nicht entsinnen, sie jemals angezogen zu haben. Tatsächlich lag er gerade noch in einer einsamen, kalten Gasse im Sterben, sein letzter Blick auf seinen Freund gerichtet, der gerade im Begriff war, einen Mann kaltblütig zu töten. Doch jetzt - Kyo fühlte in sich hinein, aber er fühlte sich frisch und gesund - war er hier, und nichts wies darauf hin, dass sich sein Körper immer noch in jener Gasse befand und vielleicht bereits auskühlte. Stocksteif blieb er wie angewurzelt stehen, bemüht, die Verwirrung zu verarbeiten. Seine Entscheidung wurde ihm jäh abgenommen, als Kaoru hereinplatzte. "Ja, Herrgott noch mal, machst du das wieder spannend heute! Bist du endlich soweit?" ungeduldig zeigte Kaoru auf sein Handgelenk, wo sich normalerweise eine Uhr befinden sollte. "Ich..." ohne ein weiteren Kommentar abzuwarten, schob Kaoru den widerstrebenden Sänger vor sich her in den Gang hinaus, wo die anderen bereits für das "Ritual" auf die zwei warteten. Sie legten alle ihre Hände übereinander und skandierten einen aggressiven Schlachtruf, bevor jeder hinter dem anderen die Bühne enterte. Als Kyo ins Scheinwerferlicht stolperte, explodierte der Saal zu einem tausendstimmigen Ausruf. Erstaunt und überwältigt verfolgten Kyos Augen das wogende Meer aus Leibern und aufgerissenen Mündern da Draußen jenseits der Bühne. Wie ein einziges riesenhaftes, formloses Wesen bewegte sich die anonyme Masse in der eigenen Brandung, die Luft war schweißgetränkt, er roch schwer nach Salz und Körpern im heißen Scheinwerferlicht. Die feuchte Hitze traf Kyo wie ein Hammerschlag in die Magengrube. Unzählige Münder kreischten, beteten, flüsterten, sangen seinen Namen, Hände griffen nach ihm, zerfetzten die Luft in ihrer Gier nach einer leisen Berührung oder einem Stück von ihm. Es ließ ihn zurücktaumeln, einen winzigen Moment verlor Kyo die Kontrolle, ihm war schwindelig von all diesen Sinneswahrnehmungen. Doch er hatte wenig Zeit, sich zu sammeln, denn schon erklangen die ersten Takte zu "Merciless Cult". Augenblicklich erbebte sein zierlicher Körper in der emotionalen Resonanz des Songs, Kyo warf sich gewohnt hemmungslos in die Musik und alle Gedanken an das eben Erlebte waren vergessen. Dies hier war so wirklich, dies war die Wirklichkeit, alles was zählte war das Jetzt und Hier. Es gab nichts anderes. Und alles, was zählte, war der Schmerz, die Wut, der alles verschlingende Hass in ihm. Trauer und Glück wechselten sich ab, die Gefühle kochten in Kyo hoch und schlugen wie Wellen über ihm zusammen. Er weinte und bettelte, nur um im nächsten Moment wieder in Raserei und Agonie zu verfallen. Ja, und es war Glück, diese Reinheit der Emotionen. Dies war keine Maske, hier musste Kyo nichts verstecken, auf der Bühne durfte er endlich alles rauslassen, endlich er selbst sein. Alles, was ihn bedrückte, was ihn antrieb oder zerstörte konnte er hier mit seinen Fans teilen. Und auch mit seiner Band, seinen Freunden. Seine Stimme füllte mühelos den Saal, schwebte unter der Decke und stürzte sich wie ein Raubvogel auf die Menge, die mitsang, anfeuerte, tanzte, tobte. Sie waren eins, sie alle. Einen kurzen Moment lang bildeten sie eine gewaltige Maschine und die Band war der Motor, eine einzige Einheit inmitten dieses Irrsinns, von dem der Rest der Welt jenseits der Türen ausgeschlossen blieb. Die, Toshiya und Kaoru bearbeiteten ihre Instrumente wie von Sinnen, ihr Drummer Shinya ließ die Sticks so schnell fliegen, dass sie vor den Augen verschwammen. Er war ein Tornado aus Haaren und fliegenden Fäusten hinter seinen Drums, ganz versunken in sein Spiel. Trotzdem funktionierten alle als ein Teil des Organismus, dessen Herz Kyo war. In seinem rauschartigen Zustand riss er sich das Hemd vom leib und fuhr sich mit den Nägeln über die bloße Brust, weil er den Schmerz brauchte. Nirgends fühlte Kyo sich lebendiger als auf der Bühne, er spürte seinen Körper intensiver, er konnte sein Blut fühlen, wie es durch die Adern schoss, wie es pulsierte, dieses flüssige Leben. Mit Macht drängte es an die Oberfläche, es wollte ans Licht, frei sein, das Blut. Kyo fühlte sich wie eine schwarze Regenwolke, er wollte sein Blut regnen lassen, sich selbst mit all diesen Menschen teilen. Seine Nägel hinterließen rote, blutige Kratzspuren auf seiner Haut. Es war gut, sogar die Qual war besser als alles, was sein Dasein sonst ausmachte. Auch wenn es nie genug sein konnte. Von der Musik berauscht und emotional aufgewühlt sprang Kyo vom Bühnenrand in den Graben, um den kreischenden Jungs und Mädchen in den ersten Reihen die Hände entgegen zu strecken. Schließlich flankte er über das Geländer und ließ sich von der Menge tragen. Wie auf einem großen Meer trieb er auf den Wellen aus Händen dahin, das verzückte Johlen der Fans war wie die Brandung bei einem Sturm. Oben auf der Bühne heulten die Gitarren in einem höllischen Dialog um die Wette, Shinyas Trommelwirbel glich einem Stakkato, er selbst sah aus, als sei er völlig in Ekstase. Plötzlich merkte Kyo eine Veränderung um ihn herum, er begann, unterzugehen. Wie in Zeitlupe sank er in dem Meer aus Leibern immer tiefer und die Hände rissen jetzt an seiner Kleidung, an seinen Haaren, seinen Armen und Beinen. Die Gesichter der Mädchen und Jungs um ihn herum verschwammen zu grässlichen, verzerrten Fratzen mit rotglühenden Augen, die Mäuler hatten spitze Zähne und waren voller Gier. Ihn überfiel bei diesem Anblick helle Panik, Kyo fing an, blindlings um sich zu schlagen und zu treten. Unversehens fand er sich am Boden wieder und um ihn herum waren lauter Hände und Körper, sie schlugen nach ihm, hielten ihn unten und rissen an seinem Hemd, dass die Knöpfe sprangen. Ihr Kreischen malträtierte seine Ohren, er selbst schrie sich heiser, ohne seine eigene Stimme hören zu können. Ein fast bis zur Unkenntlichkeit entstelltes Gesicht eines jungen Mädchen tauchte vor ihm auf. Sie gurrte ihm ins Ohr: "Mein schöner, mein kluger Prinz...hawst du wirklich geglaubt, wir würden dich entkommen lassen?" dann kam eine lange, gespaltene Zunge aus ihrem Schlangenmaul und leckte Kyo das Blut von den Kratzern auf seiner Brust. Er konnte fühlen, wie die Wunden bei dieser Berührung zu brennen begannen. Sein Blick wanderte hoch, durch die Lücken der Ungetüme zur Bühne hin, die er durch die Gitter der Absperrung gerade eben noch sehen konnte. Die anderen Bandmitglieder schienen sein Verschwinden gar nicht zu bemerken oder es war ihnen gleichgültig. Sie lachten einander zu und spuckten Wasser in die rasende Menge. Mit einem Mal fühlte k Kyo sich beim Kragen gepackt und von einem kräftigen Arm emporgezogen, zum Licht hin. Ein riesenhafter Security-Mann griff ihm unter die Achseln und hob Kyo auf seine Arme. Kyo war völlig erschöpft, er sah in den Armen des Security-Guards wie eine kleine Katze aus. Gerade wollte er seinem Retter ins Gesicht schauen und sagen, wie dankbar er dem Mann war, als dieser ihn mit einem Haifischgrinsen bedachte und knurrte: "Na, Kleiner, gefallen dir deine Fans etwa nicht?" Kyo prallte rückwärts und konnte sich aus dem Griff durch seine Drahtigkeit und Gelenkigkeit befreien. Er stürzte auf die Erde und kroch Hals über Kopf von dem Dämon weg. Sein Wimmern war mittlerweile zu einem zusammenhanglosen Gemurmel geworden, in seinen Augen kämpften Wahnsinn, Aufgabe und Panik miteinander. Dennoch drang ein Ruf zu seinem gemarterten Hirn durch, eine wohlbekannte Stimme, an die er sich mehr erinnerte als das er sie hörte. Sie rief seinen Namen, ganz sanft und voller Vertrauen. Kyo kniete auf dem glatten Boden hielt sich die Ohren zu, um sich auf diese Stimme zu konzentrieren. Sie war wie eine Perlenschnur, ein silberner Faden, der ihn wie ein Rückholseil aus dem Alptraum führte. Und Stück für Stück verblasste der Hexenkessel um ihn herum und er glitt zurück in die Wirklichkeit wie an einem Lichtstahl aus hides Stimme entlang. Kyo schlug die Augen auf. Die Umgebung war ihm fremd und er brauchte einige Augenblicke, um zu erkennen, dass er an die Decke eines Autodachs starrte. Es war ziemlich dunkel um ihn her, lediglich durch die geöffneten Türen drang ein warmer, goldener Schimmer. Ein ekelhafter, metallischer Geschmack lag ihm auf der Zunge und seine Kehle brannte trocken. Als Kyo sich nun aufsetzte, erkannte er, dass er auf der Rückbank einergroßen amerikanischen Wagens lag. Offensichtlich befand sich das Auto nicht unter freiem Himmel, es musste irgendwo drinnen abgestellt worden sein, vielleicht eine Garage oder Werkstatt. Kyo schob sich vorsichtig aus der offenstehenden Tür. Er staunte, als er die vielen Teelichter und Votivkerzen gewahr wurde, die in einem Halbkreis vor dem Wagen platziert waren. hide saß dort am Boden, er schien sich Kyos Anwesenheit nicht bewusst zu sein, denn er war vollkommen vertieft darin, eine Akustikgitarre zu betrachten, die er im Schoß hielt und auf der er vielleicht soeben noch gespielt hatte. Fast andächtig streichelte seine linke Hand über die Saiten des Instruments, ohne ihnen einen Laut zu entlocken. Kyo konnte hides Gesicht nicht sehen, da dieser den Kopf gesenkt hielt. Kyo schaute hide eine Weile auf den Scheitel, bevor er sich verlegen räusperte. "Wo sind wir?" hide schien ihn tatsächlich erst jetzt zu bemerken und hob langsam den Kopf. Seine Augen waren groß und dunkel und sie glänzten ein wenig zu stark. Doch seine Stimme war sanft und fest. "Ich bin zu Hause - und auch wieder nicht. Dies hier sind alles meine Sachen gewesen, aber jetzt sind sie hier zusammengetragen worden. Ich fühle mich gleichzeitig vertraut und femd dazwischen, als gehörten sie zu jemand anderem, der ich einst war. Ich hatte nicht geahnt, dass man mir ein Museum bauen würde...." Kyo war sich nicht sicher, ob hide diese Tatsache erfreute. Er war nie ein Freund allzu großer Verehrung seiner Person gewesen, er wollte niemand sein, der Menschen sagte, was sie tun sollten, wollte nie ein Vorbild oder gar eine Gottheit sein für seine Fans. Kyo sah sich um und erkannte jetzt im Halbdunkel einige Objekte der Ausstellung. Natürlich war er öfter hier gewesen, um hides Besitztümer zu betrachten, sich ihm ein wenig nah zu fühlen und in Erinnerungen zu versinken. Doch in diesem Augenblick war er peinlich berührt von hides offensichtlicher Verstörtheit darüber, dass man sein Privatleben derart nackt zur Schau stellte und seine Outfits und Gitarren wie Reliquien behandelte. "Das haben deine Eltern geschaffen, damit du niemals vergessen wirst." Hides Gesicht bekam einen gequälten Ausdruck bei der Erwähnung seiner Eltern. "Ich hatte gehofft, dass ich in den Herzen der Menschen, die mich kannten, weiterleben würde. Es sollte nicht notwendig sein, sie durch ein Museum an mich zu erinnern, dazu sollte meine Musik da sein. Sie ist die einzige nennenswerte Spur, die ich hinterlassen habe auf Erden." Kyo war zum Heulen zumute. Sein Herz wurde angesichts hides Kummer so schwer, er hätte am liebsten geweint. Er wollte sagen, was für eine Ehre dieses Museum war, wie gut sie es gemeint hatten und wie gern hides Fans hierher kamen und noch so vieles mehr, aber seine Kehle war wie zugeschnürt. Alles, was er sagen könnte würde sich schrecklich falsch anhören. Kyo war weit davon entfernt, begreifen zu können, was hide empfand, und doch konnte er ansatzweise nachfühlen wie seltsam es sein musste. Er versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, wenn er von den Toten zurückkehrte, um festzustellen, dass seine Habseligkeiten wie Reliquien in einem Schrein zur Schau gestellt würden. Seine DVD-Sammlung, seine Kleider, ja vielleicht sogar der abgelaufene Joghurt aus der hintersten Ecke seines Kühlschranks, alles wäre an einem fremden Ort zusammengetragen und würde von Tausend Augen ehrfürchtig bestaunt, nur weil er sie besessen hatte, getragen und berührt hatte. Dennoch konnte er es verstehen und es wusste, dass es wichtig war, dass es einen solchen Ort gab. Kyo war auch oft hier gewesen, um nur ein klein wenig von hides Anwesenheit in den Dingen zu spüren, wie ein flüchtiger Hauch, der den Sachen noch immer anhaftete, und sei es auch nur in der Vorstellung. Schließlich näherte er sich der am Boden mit verschränkten Beinen sitzenden Gestalt. Einen Augenblick lang überlegte Kyo, ob er es wagen konnte, hide den Arm um die Schultern zu legen, aber dann entschied er sich dagegen. Stattdessen ließ er sich neben ihm nieder und betrachtete eine kleine Weile hides scharfgeschnittenes Profil. hides Augen waren umschattet, aber von den schwarzen Tränenspuren war nichts übrig geblieben. hide sah lebendig und ganz und gar wirklich aus, es war schwer zu glauben, dass dieser Körper nur eine Illusion sein sollte. "Weißt du, die Menschen brauchen etwas Gegenständliches, dass sie erinnert, etwas, dass sie in der Hand halten können. Wie einen Beweis für die Existenz der vermissten Person, ein Stück Wirklichkeit. Es ist gut, wenn es einen Platz gibt, wo man hingehen und Zwiesprache halten kann. Und ein Ort wie dieser ist allemal persönlicher und besser als ein Stein auf einem Friedhof, findest du nicht?" Kyo hob jetzt doch die Hand und ließ sie ganz leicht auf hides Unterarm zum Liegen kommen. hides nachdenkliche Augen hefteten sich auf den Ring an Kyos Finger. Die blaue Iris blikcte unverwandt zurück. Kyo bemerkte hides Blick und meinte leichthin: "Ja, er bedeutet mir sehr viel. Es war lange Zeit alles, was ich von dir noch hatte." "Dein Glaube an mich ehrt mich, Kyo-San." Hide erwiderte den Blick von kyos sanften Augen. Dann fragte er unvermittelt: "Wie geht es deinem Hals?" die jähe Erinnerung an die dunkle Gasse ließ Entsetzen in Kyos Zügen aufflammen. Doch noch ehe seine Hand unwillkürlich zu seinem Hals zuckte kannte er bereits die Antwort. Kyos Finger berührten nur glatte, unversehrte Haut. Und im gleichen Moment wurde er auch gewahr, dass sein ganzer Körper vollkommen geheilt war, die Schmerzen waren verschwunden. Kyo atmete hörbar ein, aber hide kam jeder Frage zuvor. Wie aus dem Nichts tauchte seine Hand vor Kyos Gesicht mit einer orangefarbenen Frucht auf. Es war eine Sharon-Frucht, Kyo hatte schon mal eine gegessen. Sie waren süß und hatten ein saftiges Fruchtfleisch ohne Kern. Woher hatte hide diese nur aufgetrieben? "Hier, du siehst aus, als könntest du eine kleine Stärkung gebrauchen." Ein schiefes Lächeln huschte hide über die Lippen. "Danke, ich habe echt einen Geschmack im Mund als hätte ich einen Affenkäfig saubergeleckt." Als Kyo hineinbiss rann ihm sogleich der Saft über die Lippen und das Kinn. Achtlos wischte er sich mit dem Handrücken über den Mund. Aber als sein Blick auf seine Hand fiel war er ein wenig erschrocken über den Schmierfilm aus Fruchtsaft, Make-Up und getrocknetem Blut. Ihm fiel ein, dass er einen furchtbaren Anblick bieten musste in seinen verdreckten Kleidern und seinem blutverkrustetem Gesicht mit der verlaufenen Schminke. Diese Vorstellung gefiel ihm, und entlockte seinen Lippen ein Grinsen. Die frische der frucht spülten den widerlichen Geschmack und den Schorf aus seine Mund und Kyo vergaß für einen Moment alles andere. "Ich weiß nicht wie, aber du hast mich gerettet. Danke. Du scheinst immer im allerletzten Moment aufzutauchen, als hättest du einen 7. Sinn dafür." Kyo leckte sich den Saft von den klebrigen Fingern. Ganz unbewusst klopfte er seine feuchte Kleidung nach Zigaretten ab, aber da waren keine Taschen. hide warf ihm wortlos ein Päckchen seiner Lieblingsmarke zu. Gerade als Kyo sich eine anstecken wollte, kam ihm in den Sinn, dass er soeben im Begriff war, Ausstellungsstücke zu vernichten. Schuldbewusst hielt er inne, was hide zum ersten Mal herzlich laut auflachen ließ, seit er zurückgekehrt war. Früher hatte er viel und oft gelacht, gekichert und gewitzelt, aber diese Eigenschaft schien auf seltsame Weise nicht mit ihm zurückgekehrt zu sein, zu ernst war sein Gesicht, zu finster seine Augen. Dabei war es Kyo damals oft peinlich gewesen, dass hide großen Gefallen daran fand, seinen Mitmenschen durch Zoten die Schamesröte ins Gesicht zu treiben. Ihm, Kyo, lag das Schocken besser, er verstand sich mehr darauf, Menschen zu verstören. "Hey, solange ich hier bin gehören die Kippen ja wohl immer noch mir! Und ich kann sie schenken wem ich will. Ich habe keine Verwendung mehr dafür..." hide pustete eine pinkfarbene Haarsträhne fort. "Schon erstaunlich, die haben sogar mein Haarspray hier. Es ist alles noch da, wenn man nur lange genug sucht." Doch der blonde Mann schien ihm kaum zuzuhören. Jetzt, wo er über die jüngsten Geschehnisse nachdachte, fiel Kyo noch etwas auf. "Du hast mich schon mal vor dem Tod bewahrt! Gestern Nacht! Ich habe ein Kratzen an meinem Fenster gehört, bevor du mich riefst - das waren sie, nicht wahr? Ich meine, die Seelenfänger, sie waren wegen mir gekommen, habe ich recht?" Kyo wurde zunehmend aufgeregter, als ihn die Eindrücke förmlich überschwemmten. Seine Fragen rollten wie eine Flutwelle über hide hinweg. Er wollte jetzt endlich Antworten von dem früheren Gitarristen und Sänger, der auftauchte und verschwand wie es ihm passte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)