Der entführte Detektiv von Norileaf ================================================================================ Kapitel 1: Die Entführung ------------------------- Hi an alle! Vielleicht kennen einige von Euch die Fanfic schon, aber ich wollte sie halt noch andern zeigen *g* Zurzeit sitze ich bereits an der Fortsetzung zu dieser FF, also seid beruhigt! Diese F hier wird auf jeden Fall beendet. ;) Ich hoffe, sie gefällt Euch und wer Lust hat, kann mir gern seine Meinung sagen. Viel Spaß beim Lesen wünscht euch Sweet_Mystery Der entführte Detektiv - Die Entführung *Gedanken der Personen* Es war Dienstagabend und Kogoro, Ran und Conan saßen beim Abendessen. "Das Sushi schmeckt ganz toll!", sagte Conan mit vollem Mund zu Ran. Sie lächelte glücklich und tätschelte seinen Kopf. "Danke für das Kompliment. Daran könnten sich auch andere an diesem Tisch ein Beispiel nehmen." Kogoro hustete plötzlich los und hielt sich dabei die Kehle. Offenbar hatte er sich an einem Stück Tunfisch verschluckt. Als er sich schließlich wieder beruhigt hatte, sah er auf und meinte mit einem beschämten Lächeln: "Du kochst immer so gut, so oft kann ich dich doch gar nicht loben." Beleidigt stand sie auf und räumte ihren und seinen Teller ab, obwohl er noch nicht fertig mit Essen war. "Conan schafft das auch immer." Dann verschwand sie in die Küche. Wütend beugte sich Kogoro über den Tisch, so dass Conan vorsichtig ein Stück nach hinten rutschte. "Was fällt dir eigentlich ein, du kleiner Rotzbengel?" "Ich hab doch gar nichts gemacht", erwiderte er unschuldig. Kogoro langte über den Tisch und ergriff Conans rechtes Ohr, das er brutal herumdrehte. Der Junge sprang mit einem "Aua" auf, als Ran wieder das Zimmer betrat. "Paps, jetzt lass doch mal Conan in Ruhe! Dass du die Zähne nicht auseinander kriegst, ist ja wohl nicht seine Schuld!" Erhobenen Hauptes ging sie an ihrem Vater vorbei und kniete sich neben Conan. "Na, hast du noch Hunger?" "Nein, ich bin pappsatt!" Er grinste sie breit an und gab ihr seine leere Reisschale. Manchmal wunderte er sich selbst darüber, wie wenig er als Kind doch brauchte, um seinen Hunger zu stillen. Kogoro stand indes auf und ging in die Küche. Nach wenigen Sekunden kam ein entsetzter Ruf: "Ran, wir haben kein Bier mehr." Conan beobachtete wie eine Vene an ihrer Schläfe hervortrat und Zornesröte ihre Wangen umspielte. So hatte sie schon als Kind ausgesehen, wenn sie wütend war. "So ein alter Trunkenbold", knurrte sie, dann rief sie zurück: "Ich gehe jetzt keins mehr kaufen! Entweder du verzichtest heute mal oder du holst dir selbst welches!" Er kam in das Zimmer zurück und steckte sich gerade sein Portemonnaie ein. "Tja, dann bleibt es wohl an mir hängen. Ich bin in ungefähr einer halben Stunde zurück." "Hast du auch dein Handy dabei?", erkundigte sie sich. "Als ob in der halben Stunde ein Klient käme. Aber wenn es dich beruhigt..." Dabei nahm er sein Handy vom Schreibtisch und verstaute es in seiner Hosentasche. Danach verließ er das Büro. Rans Mund verzog sich zu einem schmalen Strich. "Immer dieses Getrinke. Kein Wunder, dass uns immer irgendwo Geld fehlt." Kogoro kam gerade mit einer vollen Plastiktüte Bierdosen um die Ecke, als ihm zwei Männer entgegenkamen, die keine Anstalten machten, ihm Platz zu machen. Zwar ärgerte er sich über dieses unhöfliche Verhalten, doch er wich ein Stück auf die Straße aus. Eine Konfrontation wollte er jetzt nicht. Einer der beiden Männer, die völlig in Schwarz gekleidet waren und Sonnenbrillen trugen, trat vor ihn und versperrte ihm so den Weg. "Sind Sie Kogoro Mori?" Kogoro, der das nun am wenigsten erwartet hatte, warf sich in die Brust und sah die beiden Fremden nicht wenig stolz an. "Ja, ich bin es! Der berühmte Privatdetektiv Kogoro Mori!" Das letzte, was er dann noch sah, bevor er bewusstlos wurde, war die Spritze in der Hand des zweiten Mannes, die sich in seinen Arm bohrte. Fast im selben Moment entglitt die Tüte seiner rechten Hand und fiel auf den Bürgersteig, wo sich die Dosen rollend überall verteilten. Eine Stunde später saß Conan auf dem Sofa und hielt ein Comicheft in den Händen, in dem wiederum ein schmales Taschenbuch versteckt war. Es war viel schwerer, ein Buch in einem Comic zu verstecken, als umgekehrt. Ran hatte sich in ein Kochbuch vertieft und sah gerade auf ihre Armbanduhr. Dabei erschrak sie ein wenig. "Paps ist jetzt schon seit über einer Stunde weg! Hoffentlich ist nichts passiert." Conan sah von seiner Lektüre auf. *Wahrscheinlich wird er gerade irgendwo in einer Bar versacken...* Ran stand auf und ging zum Fenster, aus dem sie hinausschaute. "Das macht er normalerweise nicht." Ermutigend sah Conan sie an. "Ach, Onkelchen wird es schon gut gehen." Ihr Lächeln war nur sehr schwach und zudem künstlich, wie er wusste. "Sicher hast du Recht." Er hatte Mitleid mit ihr und schlug deshalb vor: "Ruf ihn doch einfach mal auf dem Handy an, wo er bleibt!" "Das ist eine gute Idee." Als ob sie nicht schon selbst daran gedacht hätte... Sie ging zum Telefon, nahm den Hörer ab und wählte die Nummer von Kogoros Handy. Sie hörte circa eine Minute dem Tuten in der Leitung zu, bevor sie mit besorgtem Gesicht auflegte. Mutig lächelte sie Conan entgegen. "Vielleicht hat er ja den Ton abgestellt. Ich probiere es später noch einmal, falls er dann noch nicht zurück sein sollte. Und du gehst jetzt ins Bett, ja?" Conan nickte, legte das Comicheft weg, sprang vom Sofa und ging ins Bad. Ran lächelte schwach. Conan war zwar nur ein Kind, aber in seiner Nähe fühlte sie sich immer sicher und verstanden. Manchmal dachte sie, er war der Ersatz für das, was sie durch Shinichis Verschwinden verloren hatte. Eine Seele, die ihr zuhörte. Sie ging zum Sofa und hob das Comicheft auf, aus dem plötzlich ein Taschenbuch fiel. Überrascht nahm sie es in die Hände und las den Titel. "Sherlock Holmes. Conan wird Shinichi immer ähnlicher." In dem Moment kam Conan im Pyjama aus dem Bad und bekam einen ordentlichen Schreck, als er da Ran mit seinem Buch sah. Doch ihr Lächeln wurde nur breiter und sie gab ihm den Roman. "Aber lies nicht im Bett, ok? Du brauchst deinen Schlaf." "Ich versprech's", sagte er. "Gute Nacht, Ran." "Gute Nacht, Conan." Sie gab ihm ein Küsschen auf die Wange. Mit dem Buch in der Hand ging er in sein Zimmer. Kaum war die Tür hinter ihm zugefallen, befühlte er seine Wange, die noch vor Sekunden Bekanntschaft mit Rans Lippen gemacht hatte. Das hatte sie wirklich noch nie getan. Doch, einmal, als er noch Shinichi gewesen war und sich bei ihrem Geburtstagsgeschenk wirklich selbst übertroffen hatte. Dann schlug er die Titelseite seines Buches auf und seufzte erleichtert, dass sie nicht hinein gesehen hatte. Denn darin stand mit Kuli der Name Shinichi Kudo und eine schnelle Ausrede dafür wäre ihm nicht eingefallen. Er legte das Buch und seine Brille auf dem Schreibtisch ab und legte sich auf seinen Futon, wo er fast augenblicklich einschlief. Es war mitten in der Nacht, als er aufwachte. Regen peitschte gegen die Fenster und Blitze zuckten über den Himmel. Conan sah auf den Wecker und stellte fest, dass es zwei Uhr nachts war. Ein Glas Wasser konnte nicht schaden. Also stand er auf und schlich sich vorsichtig aus dem Zimmer. Auf dem Weg zur Küche bemerkte er, dass im Büro noch Licht brannte. Ob Ran vergessen hatte, es auszuschalten? Er schlich sich ins Büro und erblickte Ran, die dort auf dem Sofa saß. Das Licht, welches er gesehen hatte, kam von der kleinen Lampe auf dem Schreibtisch. Ran hatte noch die selben Sachen wie am Abend an und sah sehr erschöpft aus. Ganz offensichtlich war sie nicht im Bett gewesen. "Hey, Ran!", machte er auf sich aufmerksam. Als sie sich ihm zuwandte sah er, wie ihre Augen verdächtig glitzerten. Schnell wischte sie sie mit dem Handrücken trocken. "Conan, warum bist du denn wach?" "Ich hatte Durst." Er setzte sich neben sie und ließ die Beine baumeln. "Ist Onkel Kogoro noch nicht zurück?" "Nein", antwortete sie mit zitternder Stimme. "Soll ich dir einen Tee machen?" Conan bejahte und sie machte sich auf in die Küche. Nach fünfzehn Minuten kam sie mit zwei Tassen Tee zurück und ihre Augen waren rot und aufgequollen. Er wusste natürlich, dass sie geweint haben musste, und er verstand ihre Angst. Kogoro war vielleicht in einigen Situationen nicht der Zuverlässigste, aber dass er die Nacht über weg blieb, sah ihm keinesfalls ähnlich. Nachdem sie sich neben ihn gesetzt hatte, frage Conan: "Denkst du, ihm könnte was passiert sein?" "Ich mache mir furchtbare Sorgen", gestand sie. "Wenn ihm nun wirklich was schlimmes zugestoßen ist? Am liebsten würde ich sofort die Polizei einschalten." "Noch ist ja nichts raus", versuchte er sie zu beruhigen. "Und eine Vermisstenmeldung kann man sowieso erst nach vierundzwanzig Stunden aufgeben." Betrübt nickte sie. "Bestimmt ist er bis dahin zurück. Und nun trink deinen Tee und dann wieder ab ins Bett!" "Du, Ran." "Was ist denn?" "Gehst du ins Bett?" "Nein, ich werde noch warten, ob Paps kommt." Conan nahm seine Tasse Tee und nippte kurz daran. "Dann bleib ich auch wach." Zuerst wollte sie ihm widersprechen, doch sie sagte nichts. Ein bisschen Gesellschaft konnte ihr gut tun. Am nächsten Tag ging Conan am späteren Nachmittag nach Hause. Er hatte noch mit Ayumi, Genta und Mitsuhiko Fußball gespielt, aber bereits nach einer Stunde hatte er keine Lust mehr gehabt. Er hoffte, dass sich Kogoro inzwischen zu Hause eingefunden hatte, ansonsten konnte das einen riesigen Berg Arbeit bedeuten. Er kam um eine Ecke und blieb stehen, als er eine weiße Plastiktüte im Rinnstein bemerkte. Interessiert betrachtete er sie näher. *In den Falten hat sich das Regenwasser dieser Nacht gesammelt. Sieht so aus, als läge sie mindestens seit gestern Abend hier. Warum ist die Tüte eigentlich nicht fortgeflogen?* Conan hob die Tüte auf und spürte etwas schweres darin. Es war eine Bierdose von der Marke, die Kogoro stets trank. Oh nein! Bitte nicht! Er sah sich um und entdeckte zwei weitere lädierte Dosen auf dem Fußweg und der Straße. Schnell stand er auf und rannte in Richtung Büro, immer noch betend, dass Kogoro zu Hause war. Im Hausflur angekommen blieb er erschöpft stehen und stützte sich mit den Händen auf die Knie, um erst mal tief Luft zu holen. Nachdem er wieder einigermaßen normal atmen konnte, richtete er sich auf und erblickte einen Umschlag, der aus dem Briefkasten ragte. Conan zog ihn heraus und erkannte sofort, dass er weder frankiert noch adressiert war. Das ließ auf nichts gutes schließen. Er wollte das Kuvert gerade öffnen als... Ran saß auf dem Sofa und wartete ungeduldig, dass Conan kam und sie zusammen zur Polizei gehen konnten. Inzwischen wusste sie sicher, dass ihrem Vater etwas zugestoßen war. Das Telefon klingelte und ihr erster Gedanke war, dass es womöglich ihr Vater war. Sie riss den Hörer von der Gabel und hielt ihn an ihr Ohr. "Paps?" Doch es war nicht Kogoro, sondern eine raue Stimme: "Sonntag Abend, acht Uhr." Dann ein Klicken und das Freizeichen. Ran ließ den Hörer wie betäubt fallen und schrie aus vollem Halse los. Conan kam mit dem Umschlag in der Hand in das Büro gestürzt und blieb vor ihr stehen. "Ran, was ist denn los?" Sie sah ihn verängstigt an und umarmte ihn dann plötzlich. "Diese Stimme! Conan, es war so schrecklich!" Mit ernstem Gesichtsausdruck drückte er sie soweit von sich weg, dass er ihr in die Augen schauen konnte. "Welche Stimme? Was hat sie gesagt?" "Es war so eine raue, männliche Stimme und sie sagte: Sonntag Abend, acht Uhr. Was kann das nur bedeuten?" Ernst betrachtete er den Umschlag in seiner Rechten. "Ich schätze, das werden wir gleich erfahren." Ran ließ ihn los, blieb jedoch hocken, und sah überrascht auf den Umschlag, den sie zuvor nicht bemerkt hatte. Er machte ihr fast noch mehr Angst als der Telefonanruf. "Conan, woher hast du den?" "Er war im Briefkasten", antwortete er kurz angebunden. Leicht nervös riss er den weißen Briefumschlag auf und zog einen zusammengefalteten Papierbogen heraus, den er entfaltete. Dann las er vor: "Wenn du deinen Vater lebend wiedersehen willst, dann liefere uns Shinichi Kudo aus! Altes Bahnhofsgelände Osaka." Ran presste sich reflexartig eine Hand auf den Mund, stand auf und ging zum Fenster. Sie lehnte sich an die Scheibe und sah hinaus auf die Straße. Sorge ergriff von ihm Besitz. Das war nicht die Reaktion, die er von ihr erwartet hätte, wie zum Beispiel einen Tränenausbruch. "Ran?" Sie legte ihren Kopf seitlich gegen die Scheibe. "Sie haben Paps entführt." Eine Pause. "Dieser verdammte Trottel!" "Onkel Kogoro?" "Nein." Conan sah, wie sich ihre zitternde Hand zur Faust ballte. Offenbar war sie unglaublich wütend. "Dieser Shinichi!", schrie sie. "Was fällt ihm ein, einfach so abzuhauen, sich zu melden, wann es ihm gerade passt, und mir dann auch noch Ärger einzubrocken?" *Oh, je! Jetzt wird es brenzlig. Sie wird mich töten!* Er bog sich instinktiv ein Stück zurück. Fast ahnte er, was als nächstes kommen würde. Mit zusammengefalteten Händen und Hundeblick kam sie auf ihn zu und beugte sich auf seine Höhe. "Du telefonierst doch ab und zu mal mit Shinichi, oder? Wegen den Fällen und so. Kannst du mir nicht seine Telefonnummer geben?" Wenn er die Tränen sah, die sich in ihren Augen zu sammeln begannen, fiel es ihm verdammt schwer, sie anzulügen. Zudem geisterte ihm die Frage durch den Kopf, was diese Entführungsgeschichte zu bedeuten hatte. Warum wollte man, dass er sich stellte? War das etwa das Werk von... "Ran, ich muss ganz schnell zu Professor Agasa!" "Aber Conan..." Kurzentschlossen packte er ihre Hand und zog sie zum Büro hinaus. "Conan!", rief sie erschrocken und rannte ihm nach. Professor Agasa war gerade dabei, zwei Chemikalien zu vermischen, als es an der Tür klingelte. Das war gerade sehr ungünstig, denn wenn er nicht bald weitermachte, würde das Zeug noch explodieren. Er wollte gerade Natrium hinzugeben, als die Klingel erneut betätigt wurde und nicht mehr aufhörte. Fluchend flitzte er zur Tür und riss sie auf. "Shi... Äh, Conan! Und Ran! Was macht ihr denn hier?" "Ich muss dringend mit Ai sprechen!", sagte er schnell. Agasa deutete mit dem Daumen eine Etage höher. "Sie ist in ihrem Zimmer." "Danke." Conan rannte an ihm vorbei und die Treppe hinauf. Ran sah ihm vollends verwirrt hinterher. "Ai?" Aus dem Labor erklang plötzlich der Knall einer Explosion. Agasa schlug sich verzweifelt eine Hand gegen die Stirn und seufzte. Als Conan die Tür öffnete, sah er wie gewöhnlich Ai am Computer sitzen und an der Formel für das Gegengift tüfteln. Sie drehte sich kurz um, um zu schauen, wer da war, und wandte sich dann wieder dem Monitor zu. "Ai, ich brauch deine Hilfe", erklärte er ohne große Umschweife. "Aha..." "Kogoro ist entführt worden." "Und was hat das bitteschön mit mir zu tun?" Er ging auf sie zu und legte ihr den Briefbogen auf die Tastatur. Sie senkte den Blick. "Ich finde es schon ganz schön frech, dass der Brief mit dem Computer geschrieben ist", begann er, "Ich habe natürlich einen Verdacht, wer dahinter steckt, aber..." "Du liegst richtig", meinte sie kalt. "Scheint so, als wüssten sie, dass du noch lebst." "Aber woher denn?" Abschätzig blickte sie ihn an. "Ich erinnere nur an dieses Schulfest, wo du es nicht lassen konntest, dich in den Mittelpunkt zu stellen. Ein Mitschüler wird geplaudert haben." Er vergrub beide Hände im Haar und schüttelte den Kopf. "Verdammt! Was soll ich denn jetzt tun?" "Du bist doch das schlaue Köpfchen. Lass dir was einfallen! Ich werde wohl noch eine Nachtschicht einlegen müssen." "Schaffst du es bis Samstag Abend, ein Gegenmittel zu entwickeln?", fragte er. "Bis Samstag?", erwiderte sie unglücklich. "Ich bin doch nicht Harry Potter. Ich kann es versuchen, aber versprechen kann ich nichts. Überlege bitte, dass ich schon seit Monaten nach dem Gegengift suche." Ohne darüber nachzudenken umarmte er sie kurz, woraufhin Ai rot anlief. "Danke, Ai!" "Oh, ja! Du solltest mir dankbar sein", sagte sie und hob die Nase. "Eigentlich müsste ich dich deine Suppe allein auslöffeln lassen." Ihm kam etwas in den Sinn, das er von ihr wissen musste. "Ist meine Identität jetzt etwa aufgeflogen?" "Du Intelligenzbirne müsstest doch selbst am besten wissen, dass sie dich dann gleich aus der Schule gekidnappt hätten. Du tätest folglich besser daran, deine Identität weiter geheim zu halten." Sie drehte sich wieder zu dem Computer und damit war das Thema für sie erledigt. Conan wurde auf der Hälfte der Treppe von einem völlig hilflosen Professor erwartet. "Shinichi, du musst unbedingt zu Ran. Sie sitzt unten auf dem Sofa und ist völlig aufgelöst. Ich weiß einfach nicht, wie man sie beruhigen könnte. Mir sag ja keiner, was hier los ist." *Sie wird sich wahrscheinlich gerade über die Tragweite von Kogoros Entführung bewusst.* "Ok, ich kümmere mich um sie. Und Sie fangen schon mal an, Ihr Labor wieder aufzuräumen." Er grinste den Professor kurz breit an und flitzte dann die restlichen Stufen hinunter. Agasa warf ihm kurz einen beleidigten Blick hinterher. In dieser Beziehung hatte sich Shinichi seit seiner Kindheit nicht verändert. So vorlaut wie eh und je. Als Conan zu Ran ans Sofa kam, wurde ihm erst richtig bewusst, dass er sie nie so gesehen hatte. Natürlich blieb es in einer jahrelangen Freundschaft nicht aus, dass man vor dem anderen weinte, doch das hier übertraf alles. Woher auch immer er die Sicherheit bekommen hatte, wie er mit ihr umgehen musste - das war jetzt vorbei. Er hatte keine Ahnung, wie er sie trösten konnte, und er wusste, dass ein wahres Kind es besser gekonnt hätte als er. Er war nun einmal der siebzehnjährige Shinichi Kudo und sobald es darum ging, mit Gefühlen richtig umzugehen, war er das Trampeltier vor dem Herrn. Kriminalistisch genial und gefühlsbetont waren bei ihm zwei Dinge, die einander ausschlossen, und er war halt das Eine und nicht das Andere. Trotzdem nahm er neben ihr platz und nahm ihre Hand. "Ran, alles ok bei dir?" Sie wischte sich fahrig über die Augen, denn sie weinte vor ihm nicht gern. Trotzdem wollten die Tränen nicht versiegen und ihre Stimme war brüchig. "Conan, hilf mir!" Überrascht sah er sie an. "Was?" Ihre Hand verkrampfte sich in seiner. "Ist... ist es nicht so? Mein ganzes Leben lang habe ich darauf vertraut, dass andere mir helfen. Mit jedem kleinen Problemchen bin ich zu Shinichi gerannt und er hat mir immer geholfen, egal wie dumm er es manchmal fand. Aber jetzt ist er weg und ich stehe als blödes, kleines Mädchen hilflos da. Ich weiß, dass jetzt nicht der richtige Moment ist, um Selbstständigkeit aufzubauen. Und ich sehe doch, dass du mehr drauf hast, als du uns immer zeigst. Bitte hilf mir!" Ernst sah er sie an und drückte noch einmal ihre Hand, bevor er sie losließ. "Du weißt, dass ich dir helfen werde, aber du musst genau das tun, was ich sage, und bitte hinterfrage nichts, von dem, was ich tue! Das ist sehr wichtig, verstehst du?" Ihr Blick zeugte von Verwunderung, vielleicht ahnte sie ja etwas ihm Unterbewusstsein. Aber, wenn er ehrlich mit sich war, war ihm das momentan so ziemlich egal. Im Vordergrund standen für ihn immer die Opfer, egal nun, ob es Kogoro der Schluckspecht oder ein anderer war. Schließlich nickte sie. "Ok, was schlägst du also vor?" "Normalerweise würde ich ohne zu zögern die Polizei einschalten, aber in diesem Falle wäre das zu gefährlich", antwortete er, "So ungern ich das auch sage, aber wir müssen das wohl selbst regeln." "Aber wir wissen doch gar nichts über die Entführer!", widersprach sie. "Oh, doch! Wenn es die sind, die ich vermute, dann müssen mit allen Mitteln vorgehen, die wir haben. Bitte Professor Agasa darum, dir eine Waffe zu besorgen! Außerdem müssen wir zu deiner Mutter, damit sie versucht, was rauszukriegen. Das alles sollte noch heute geschehen, damit wir noch diese Nacht nach Osaka fahren können. Jede Minute, die wir brauchen, bringt deinen Vater mehr in Gefahr. Und jetzt gehe zu Professor Agasa und sage ihm, was ich dir gesagt habe!" Ran stand auf, zögerte einen Moment, und rannte dann zum Labor. Conan ging zum Telefon und holte sein kleines Notizbuch aus der Hosentasche. Er schlug es auf und gab die Nummer am Telefon ein, bevor er sich den Hörer ans Ohr hielt. Am anderen Ende wurde abgenommen. "Hattori." Tbc... Kapitel 2: Hilfe in Osaka ------------------------- Hi @ all So, da Lily_Vanilli (hoffentlich hab ich das jetzt richtig geschrieben ^_^') so lieb angefragt hat, geht's jetzt weiter. Viel Freude beim Lesen! Sweet_Mystery Der entführte Detektiv - Hilfe in Osaka Conan ging zum Telefon und holte sein kleines Notizbuch aus der Hosentasche. Er schlug es auf und gab die Nummer am Telefon ein, bevor er sich den Hörer ans Ohr hielt. Am anderen Ende wurde abgenommen. "Hattori." "Hallo, Heiji! Hier ist dein Cousin Konudo." "Wer?" *Sag mal, der will mich doch jetzt auf den Arm nehmen, oder?* "Kennst du etwa den kleinen Konudo nicht mehr?", antwortete er in amüsiertem Ton. Heiji schien es endlich begriffen zu haben. "Mensch, war doch nur ein Scherz. Weshalb rufst du an?" "Paps ist außer Haus." *Hoffentlich weiß er noch, dass Ran ihn immer so nennt.* "Und da dachten Mama und ich, wir kommen mal zu dir nach Osaka. Ein Hotel ist natürlich zu teuer und bei dir wollen wir uns auch nicht aufdrängen. Weißt du, am liebsten würden wir schon heute Abend aufbrechen. Kennst du vielleicht eine Unterkunft für uns?" "Hmm... Kommt ihr mit dem Zug?" "Auf jeden Fall." "Eine Unterkunft... Lass mich überlegen. Hast du Zettel und Stift zur Hand?" Conan nahm einen Kugelschreiber von Telefontischchen und drückte die Miene heraus. "Hab ich." "Also, die Nummer war...", er machte eine kurze Pause. "8... Nein, äh... 15... 12. Warte, ich komm sicher gleich drauf. Vielleicht war es auch die 5 oder die 21... Hm, 3? Mist, ich komme einfach nicht auf die erste Zahl! 8 würde ich jetzt am ehesten vermuten. 28 wäre aber auch denkbar, nur die 6 kann ich mit Gewissheit ausschließen. Aber ich glaube, die erste Ziffer war eine 1 oder 2. Oh, je! Jetzt bin ich völlig durcheinander. Ich befürchte, ich muss noch mal nachschauen und dich dann zurückrufen." "Ach, du musst dir die Mühe nicht machen. Sicher finden wir auch eine Unterkunft am Stadtrand. Es hätte ja sein können." "Tja, ok. Aber du kommst doch mal vorbei?" "Klaro! Ich muss jetzt Schluss machen. Tschüss." "Tschüss." Beide legten auf. Conan nahm das Notizbuch, in dem die ganzen Zahlen standen, die Heiji gesagt hatte, und entschlüsselte die Botschaft. Es war der simpelste Code der Welt. Man musste einfach nur jeder Zahl den Buchstaben auf der jeweiligen Position im Alphabet zuordnen. Als er fertig war, stand folgendes auf dem Blatt: 8 15 12 5 21 3 8 28 6 1 2 H O L E U C H BH F A B Hol euch vom Bahnhof ab. Er nickte zufrieden. Das wäre schon mal geklärt. Professor Agasa betrat den Raum, dicht gefolgt von Ran. "Junge, bist du wahnsinnig?" Conan drehte sich zu ihm um und sah ihn verwirrt an. "Hm?" Agasa fuchtelte mit einer Pistole herum und blickte strafend drein. "Die willst du doch nicht wirklich Ran geben?" "Professor, ich weiß, dass es Ihnen nicht gefällt, aber das ist der beste Schutz." "Vor wem denn, um Himmels Willen?" Bei diesem Thema wurde ihm unbehaglich zumute. Ran war auf der sichereren Seite, wenn sie nichts von den Männern in Schwarz wusste. Zumal diesbezüglich noch nichts eindeutig feststand. "Wir sollten das wirklich nicht vor Ran besprechen." Nun war es Ran, die gereizt reagierte. "Mein Vater ist entführt worden und ich verlange, dass man mich aufklärt!" Conan seufzte resigniert. Ran würde nicht aufgeben, bis sie es wusste. "Die Männer in Schwarz. Ich weiß selbst kaum etwas, aber sie sind extrem gefährlich." Ran wollte ihn eigentlich fragen, woher er diese Leute kannte, aber da drückte ihr Professor Agasa schon die Waffe in die Hand. "Aber, ich kann doch damit gar nicht umgehen." "Das ist ganz einfach", erklärte Conan. "Siehst du den kleinen Hebel an der Seite? Wenn du den nach vorn drückst, entsicherst du die Waffe. Und dann musst du zum Schießen nur noch den Abzug betätigen. Aber benutze die Pistole nur im äußersten Notfall und wenn, dann ziele immer auf die Beine des anderen!" "Verstehe, so mache ich ihn bewegungsunfähig." Dann verstaute sie die Waffe schnell in ihrer Jackentasche, da sie der Anblick dieses Dinges sich unwohl fühlen ließ. "Ich habe auch noch was für euch", sagte Professor Agasa und streckte jedem eine Hand entgegen, auf der je ein kleiner Ohrenstecker lag. "Mini-Funkohrenstecker. Falls ihr zwei euch mal aus den Augen verliert, könnt ihr damit Kontakt zueinander aufnehmen." Beide nahmen dankend die winzige Gerätschaft an sich. Conan nahm sein Notizbuch vom Telefontisch und steckte es wieder ein. "Leider müssen wir jetzt sofort los. Ich schicke Ai eine Mail, wo drin steht, wo wir uns aufhalten, falls sie etwas neues findet." "Ok, ich werde es ihr sagen. Dann macht euch mal besser auf die Socken!" Ran und Conan verabschiedeten sich und machten sich sofort auf den Weg zu Rans Mutter. Sie waren gerade in das Anwaltsbüro eingetreten, als sie auch schon Eri sahen, die am Telefon einem anderen Kollegen die Hölle heiß machte. "Sparen Sie sich doch Ihre Ausreden!... Wie bitte? So etwas inkompetentes wie Sie ist mir wirklich noch nie untergekommen! Wenn die Unterlagen nicht bis morgen Vormittag auf meinem Schreibtisch liegen, dann machen Sie sich auf was gefasst!" Dann legte sie auf und sah sie beide mit einem freundlichen Lächeln an, als hätte das Telefonat nie stattgefunden. "Hallo, ihr zwei!" Ran ging um den Schreibtisch herum und umarmte ihre Mutter. "Oh, Mama!" "Liebling, was ist denn?", fragte Eri und stand auf, wobei sie ihre Tochter weiterhin in den Armen hielt. Ran löste sich wieder von ihrer Mutter. "Mama, es ist was ganz furchtbares passiert!" "So sag es mir doch Ran!" "Paps ist entführt worden!" "Was?" Eri sah zuerst Ran geschockt an, dann Conan, als hoffe sie, er würde ihr das Gegenteil sagen. Doch der Junge nickte nur ernst. "Und ihr seid euch auch wirklich sicher, dass er nicht einfach irgendwo einen zu viel gehoben hat?" "Nein, das hat er sicher nicht", antwortete Conan und holte den verhängnisvollen Umschlag aus der Innentasche seines Jacketts, um ihn ihr zu geben. Sie holte den Papierbogen heraus und las ihn stumm und ohne jegliche Mimik bis zum Ende durch. Dann sah sie Conan an - eine Sekunde zu lang für seinen Geschmack - und legte den Erpresserbrief auf ihren Schreibtisch. "Da steht keine Uhrzeit und kein Tag." "Man hat es Ran per Telefon mitgeteilt. Samstag Abend um Acht." "Habt ihr schon die Polizei benachrichtigt?" Ran sah etwas schuldbewusst aus. "Nein. Conan meinte, dass er die Entführer wahrscheinlich kennt, und uns die Polizei mehr Schwierigkeiten machen als helfen würde." "Deswegen kommen wir zu Ihnen", fügte Conan hinzu. "Wir werden heute noch nach Osaka fahren und ich wollte Sie bitten, hier das Rad am Laufen zu halten." "Ja. Natürlich werde ich noch selbst Nachforschungen anstellen und euch auf dem Laufenden halten. Jedoch verlange ich, dass ihr mir jede Neuigkeit mitteilt und nichts Gefährliches unternehmt. In drei Tagen ist Samstag. Ich gebe euch also zwei Tage, um in Osaka Informationen zu sammeln, und dann werde ich tun, was ich als nötig erachte. Einen Polizeieinsatz kann ich allerdings nicht ausschließen." Eri wirkte sehr gefasst dafür, dass ihr Fast-Ex-Ehemann entführt worden war. Eben ganz wie eine Anwältin, die sich um die Belange eines Klienten kümmerte. Hätte Conan sie nicht so gut gekannt, hätte er sie als kaltschnäuzig bezeichnet. Eri lächelte nun schwach. "Ich denke, ihr solltet keine Zeit verlieren und jetzt gehen." Sie gab Ran einen Kuss auf die Wange. "Mach's gut, Liebes." "Werde ich", versprach die Jüngere und verließ das Büro. Conan wollte gerade hinter ihr durch die Tür schlüpfen, als er Eri seinen Namen sagen hörte. Er blieb stehen und drehte sich zu ihr um. "Ja?" "Vielleicht kam das die letzten Jahre nicht so gut rüber, aber ich halte viel von deinen Fähigkeiten. Keinem anderen würde ich meine Tochter anvertrauen, also pass gut auf sie auf!" Conan fiel aus allen Wolken. "Sie...?" "Mütter erinnern sich immer an die Freunde ihrer Tochter. Und nun geh." Geistesabwesend nickte er und verschwand durch die Tür. Eri richtete nun ihren Blick auf den Brief auf ihrem Tisch und entschied, einen anderen Privatdetektiv anzuheuern. Einen Schnüffler ohne Lizenz, der sich nicht davor scheute, im Dreck des Untergrundes herumzuwühlen. Sie griff nach ihrem Nummernbuch und versuchte mehrere Sekunden, die richtige Seite aufzuschlagen. Es war schwierig, denn ihre Hand zitterte unkontrolliert. Conan beobachtete Ran mit wachsender Sorge. Etwa eine Viertelstunde, nachdem sie mit dem Zug losgefahren waren, hatte sie begonnen, mit verhangenem Blick aus dem Fenster zu starren. Er indes hatte über die Entführung nachgedacht und darüber, dass Eri von Anfang an gewusst hatte, wer er war. Zweiteres störte ihn eigentlich weniger, immerhin hatte sie es bisher für sich behalten. Nur die Entführung bereitete ihm echtes Kopfzerbrechen. Selbst wenn Ai das Gegengift rechtzeitig fertig haben sollte, wusste er dennoch nicht, wie er als Shinichi Kudo eine ganze Organisation zerschlagen konnte. Doch dieses Problem war plötzlich wie aus seinem Verstand geblasen, als er sah, dass Ran immer noch so apathisch nach draußen starrte. Sie sah ungesund blass aus und hatte während der ganzen Fahrt nicht ein Wort gesagt. Sie waren schon fast da und die Lautsprecher im Abteil schalteten sich ein: "Bahnhof Osaka. Endstation. Bitte steigen Sie in Fahrtrichtung rechts aus." Ran stand auf und wollte nach der Reisetasche neben sich greifen, als Conan sie sich schnappte. Er grinste sie kindlich an und sagte: "Ich trag sie für dich." "Ist sie dir auch nicht zu schwer?" Ihre Stimme klang leise und schwach. Wahrscheinlich war Ran müde. "Ach, Quatsch! Das geht schon." Sie ging vor und er folgte ihr. Die Reisetasche war schwer. Für einen Kinderkörper kaum zu tragen. Ächzend und schnaubend kam er hinter ihr aus der Waggontür und stellte die Tasche zwei Meter neben den Gleisen ab. Ran blieb neben ihm stehen und wollte gerade fragen, wo sie jetzt hin sollten, als jemand hinter ihr: "Hallo, ihr beiden!" sagte. Überrascht drehte sie sich um. "Hei..." Weiter kam sie nicht, denn plötzlich erschlaffte ihr Körper und sie fiel nach vorn. Hätte Heiji sie nicht aufgefangen, hätte das einen schmerzhaften Aufprall geben können. "Was ist denn los?", fragte Conan entsetzt und beobachtete, wie Heiji sie nun auf die Arme nahm, um sie zu tragen. "Sieht so aus, als wäre sie in Ohnmacht gefallen. Anscheinend war ihr der ganze Stress der letzten Stunden zu viel. Wir gehen jetzt zu meinem Bruder und dort kann sie sich ja ausruhen." "Gute Idee", stimmte Conan zu. Er hob die Tasche an und musste die Zähne fest zusammenbeißen, um sie nicht gleich wieder fallen zu lassen. Heiji schien seinen Spaß an diesem Anblick zu haben. "Soll ich die Tasche tragen und du nimmst deine Freundin?" "Jaja, amüsier dich bloß auf meine Kosten...", erwiderte Conan und begann, die Tasche den Bahnsteig hinauf zu schleppen. Heiji ging neben ihm her und trug Ran. Gleich nach dem ersten Klingeln öffnete Heijis Bruder, ein Mann mit braunem Haar, die Tür, als habe er nur auf sie gewartet. "Heiji, da bist du ja endlich! Wen hast du denn da auf den Armen?" "Das ist Ran Mori", stellte Heiji sie vor und nickte dann in Richtung Conan. "Und das hier ist Conan Edogawa. Conan, das ist mein Bruder Kajoshi Hattori. Er ist Kriminalschriftsteller. Allerdings verkaufen sich seine Romane nur mit mäßigem Erfolg." Verlegen kratzte sich Kajoshi am Hinterkopf, dann kam seine Frau zur Tür geeilt. Sie hatte schwarzes, kurzes Haar und trug eine Schürze. Aus ihren hektischen Bewegungen schloss Conan, dass sie dabei war, Essen zu kochen, aber schon längst damit fertig sein wollte. "Das ist meine Frau Yokomi", erklärte Kajoshi und legte einen Arm um ihre Hüften. Sie jedoch sah Ran und löste sich gleich wieder von ihm. "Mein Gott! Das arme Mädchen! Heiji, bring sie hinter in das Gästezimmer und leg sie ins Bett, damit sie sich ausruhen kann." Der junge Mann schlüpfte aus seinen Sportschuhen in ein Paar Hausschuhe und trug Ran bis zum Ende des Flures und dort in ein kleines Zimmer. Conan wechselte ebenfalls sein Schuhwerk, betrat das kleine Haus und stellte die Reisetasche ab. Hinter ihm schloss Yokomi die Tür und sagte zu ihm und ihrem Mann: "Wir können ja schon mal in das Wohnzimmer gehen und dort mit dem Essen auf Heiji warten." Als sie sich im Wohnzimmer an den Tisch gehockt hatten, kam Heiji dazu und setzte sich direkt neben Conan. "Wir heben Ran was auf." "Ach, ich mache ihr dann was frisches zu Essen, wenn sie aufwacht", widersprach Yokomi und füllte Heiji eine Schale mit Reis. "Und jetzt esst was! Conan hat bestimmt heute noch nicht viel gegessen und besonders bei Kindern ist es wichtig, dass sie sich ordentlich ernähren." Heiji kniff belustigt die Augen zusammen und schob sich dann etwas Reis in den Mund, damit er nicht lachen musste. Conan tat so, als hätte er das nicht gesehen, aß weiter und ließ seinen Blick etwas durch den Raum schweifen. Ein Sofa, ein Fernseher und ein volles Bücherregal, wirklich nichts besonderes. Dennoch interessierte ihn, was Kajoshi so las, und er überflog die Titel auf den Buchrücken. Schnell fiel ihm die Gemeinsamkeit eines Großteils der Bücher auf. *Ojemine. Yusaku Kudo so weit das Auge reicht...* "Na, Kleiner, gefallen dir die Bücher?", fragte Kajoshi und sah stolz zum Regal. "Ich besitze alle Romane von Yusaku Kudo. Er kann wirklich eine Inspiration sein." "Ähä... Naja, ich kenne nicht so viele Bücher von ihm..." Heiji stopfte sich noch mehr Reis in den Mund und Conan dachte, dass er dennoch gleich lauthals loslachen müsse. Zum Glück blieb die Reis-Dusche aus. Kajoshi und Yokomi waren bereits zu Bett gegangen, als Conan und Heiji auf der Terrasse saßen und in den Himmel sahen, der schon die Morgendämmerung ankündigte. Es war eine lange und anstrengende Nacht gewesen. "Jetzt erzähl doch mal, was hier Phase ist, Kudo." Conan streckte sich kurz. Auch er war müde. "Kogoro ist vorgestern Abend entführt worden. Gestern kam der Erpresserbrief und ein Anruf." "Was wollen sie?", erkundigte sich Heiji. "Sie wollen Kogoro im Tausch gegen Shinichi Kudo freilassen." Pfeifend stieß Heiji Luft zwischen den Zähnen aus und sah ihn an. "Das ist ein harter Brocken. Diese Entführer... Sind das die Typen, die für deine Lage verantwortlich sind?" Conan nickte. Sein Blick wurde ungewohnt hart. "Du hast es erfasst. Irgendwie müssen sie rausbekommen haben, dass ich noch am Leben bin. Das macht mich einfach irre, dass jetzt noch Ran und ihr Vater da mit reingezogen werden." "Kann ich gut verstehen. Nach deiner Telefonaktion zu urteilen, bist du der Meinung, dass ich mich auch in Gefahr befinde, nicht?" "Ohne jeden Zweifel. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie dein Telefon abhören. Wenn sie mich umbringen wollen, solltest auch du auf der Hut sein." "Keine Sorge, das werde ich", versprach Heiji. "Wann soll die Übergabe stattfinden?" "Am Samstag Abend. Bis dahin müssen wir kräftig nachforschen, ansonsten sieht es nicht gut aus für Kogoro. Ich habe leider keine Ahnung, wie das zu schaffen ist. Ich könnte mir das nie verzeihen, wenn ihm was passiert." "Du weißt hoffentlich, dass ich dir mit aller Energie helfen werde, Kudo!" Die Härte wich aus Conans Zügen und er lächelte etwas. "Junge, das kann ich nie wieder gut machen!" "Wie wäre es, wenn du meinem Bruder ein Autogramm von deinem Vater besorgst?", meinte Heiji schmunzelnd. "Vielleicht ginge es dann endlich mal mit seinen Romanen voran." "Er sollte sich lieber ein anderes Vorbild suchen. Mal ehrlich, mein Vater ist eine schlechte Wahl." Conan legte sich hin und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Der Himmel war nun schon viel heller. Heiji sah ihn verwundert an und schob sein Basecape etwas nach oben. "Meinst du das ernst? Bist du denn nicht manchmal stolz darauf, so erfolgreiche und berühmte Eltern zu haben?" "Naja, man gewöhnt sich an so was. Aber hast du mal ein Buch von meinem Vater gelesen?" Heiji schien kurz zu überlegen, bevor er antwortete. "Hmm... Eines. "Der Rosenmord" hieß es, glaub ich." "Wann hast du gewusst, wer der Mörder war? Und keine falsche Bescheidenheit." "Pff... Etwa nach der Hälfte." Conan schloss kurz die Augen. "Dacht ich mir. Ich habe mein erstes und bisher einziges Buch von ihm gelesen, als ich neun war. Nach zwei Dritteln habe ich es weggelegt, weil ich den Mörder bereits kannte. Nichts für mich. Trivialliteratur." "Mann, du gehst mit deinem Vater ja ganz schön hart ins Gericht", stellte Heiji belustigt fest. "Weiß er, was du von seinen Büchern hältst?" "Na, hör mal! Dafür, dass er früher mal selbst aktiver Detektiv wie wir war, erscheinen mir seine Kriminalromane doch teilweise recht einfallslos. Und das weiß er. Aber ich war sowieso immer schon zu anspruchsvoll, was das Lösen von Fällen angeht." "Macht ja auch keinen Spaß, wenn man nichts zum Kniffeln hat", stimmte Heiji zu. "Ich schlage vor, wir legen uns jetzt eine Runde schlafen. Im Gästezimmer liegt ein Futon für dich. Natürlich nur, wenn du kein Problem damit hast, mit Ran in einem Zimmer zu schlafen." Conan stand auf und gähnte. "Je länger ich es mir überlege, umso mehr gelange ich zu der Überzeugung, dass man dir auch das Gift hätte geben müssen. Sonst würdest du dir nicht so einen Spaß aus meiner Situation machen." Beide sahen sich zwei Sekunden schweigend an, dann brachen sie zusammen in schallendes Gelächter aus. Zur gleichen Zeit erwachte am anderen Ende der Stadt Kogoro Mori aus seinem langen Schlaf. Er gähnte herzhaft und setzte sich noch halb benebelt auf. Nachdem er sich ausführlich umgesehen hatte, kam er zu dem Schluss, dass er hier noch nie gewesen war. Der Raum, in dem er sich befand, war völlig leer und die Wände waren lieblos grau verputzt. Wie aus einem dieser schlimmen Ami-Filme, wo Leute entführt werden. Hmm... Kogoro fielen diese seltsamen beiden Männer ein, die er gesehen hatte, bevor er in Ohnmacht gefallen war. Und diese Spritze. So wie es aussah, hatte man ihn doch entführt. Na, großartig. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr und stellte mit Erschrecken fest, dass es Donnerstag früh morgens war. Ihm fehlte mehr als ein ganzer Tag. Sein Magen knurrte und er hatte ein wenig Durst. Vor der Tür stand ein Tablett mit einem Glas Wasser und einer Schale Reis. Sollte er das etwa essen? "Nee, nee, Leute! Ich lebe doch nicht hinterm Mond!" Er stand auf und ging zu der stählernen Tür. Dann versuchte er, die Klinke herunterzudrücken. Erfolglos. "Versuch macht klug." Mit der Faust schlug er gegen die Wand. Massives, steinernes Bauwerk, wahrscheinlich auch noch schalldicht. Gab es hier Kameras? Er ließ den Blick über die Decke schweifen. Nein. Das alles kam ihm doch arg suspekt vor. Wer entführte Kogoro Mori und passte nicht mal auf, was er so anstellte? Entweder ein extrem dummer jemand oder einer, der sich seiner Sache vollkommen sicher war. Er hoffte, es handelte sich um die erste Variante. Kogoro griff in seine Jackentasche, aber sein Handy war fort. Auf so viel Glück hatte er nicht hoffen können. Und nun? Er seufzte. Wahrscheinlich würde ihn auch ein narkoleptischer Anfall so schnell nicht da raus holen können. tbc... Kapitel 3: Fragen und Geheimnisse --------------------------------- So, ^_^ Also, hier die nächste F. Vielleicht noch kleine Stellungnahme zu der Harry-Potter-Sache und das Problem Shinichi - Bücher seines Vaters. Das mit Harry Potter konnte ich mir nicht verkneifen. ^_^' Und dass Shinichi nix von den Büchern seines Vaters hält, war meine freie Interpretation des Zitates: "Ich hab es nicht gelesen, klar?" (Die Folge hieß "Besuch von den Eltern", glaub ich) Is natürlich alles Geschmackssache, ich kann ja keinen dazu zwingen, meine geistigen Auswüchse zu mögen. Nichts desto trotz: Wie immer viel Freude beim Lesen! Der entführte Detektiv - Fragen und Geheimnisse Es war etwas mehr als eine Stunde vor Mittag, als Conan aufwachte. Natürlich schaute er sich zuerst nach Ran um. Sie saß auf dem Bett, die Beine nahe an ihren Körper gezogen und ihre Arme um diese geschlungen. Ihre Augen waren glasig und sie starrte abwesend vor sich hin. Wenn er ganz ehrlich mit sich war - und das war wohl in Anbetracht des Ernstes der Lage angebracht - sah sie von Mal zu Mal schlimmer aus. Mit ihr ging es bergab und das schmerzte. Er stand auf, ging zu ihr hinüber und setzte sich auf die Bettkante. "Ran..." "Was ist passiert?", fragte sie, ohne ihn anzusehen. "Du bist am Bahnhof ihn Ohnmacht gefallen, aber Heiji hat dich zum Glück aufgefangen." "Heiji?" Offenbar erinnerte sie sich nicht mehr daran, wie er plötzlich vor ihnen gestanden hatte. "Ja", bestätigte Conan. "Er hat uns zu seinem Bruder Kajoshi und dessen Frau Yokomi gebracht. Wir wohnen hier die nächsten zwei Tage." "Oje, wie sollen wir uns denn dafür revanchieren?" Conan lächelte aufmunternd. "Lass das mal meine Sorge sein! Wie wäre es denn, wenn du dich im Bad etwas frisch machst und wir dann zusammen was essen?" "Ich habe keinen Hunger", flüsterte sie. *Na, das kann ja noch heiter werden...* "Ran, du musst etwas essen. Wir haben einen schweren Tag vor uns und wenn du nichts im Magen hast, wirst du einen Schwächeanfall kriegen." Sie wandte ihr Gesicht zu ihm und als er ihre Augen sah, hätte er sich am liebsten selbst die Kugel gegeben. Er war schuld daran, dass Ran so leiden musste und das war nicht fair. Nicht andere sollten für seine Fehler büßen müssen. "Ach, Conan." Ran strich mit ihrer Hand über seine Wange. "Du bist so ganz anders, als ich dich immer eingeschätzt habe. So mutig und entscheidungsstark. Wie mein Shinichi." Ihr Shinichi. Normalerweise wäre er jetzt in jugendliche Schwärmereien verfallen, aber das war weder der richtige Zeitpunkt, noch der richtige Ort. Wenn diese Sache hier überstanden war... Dann würde er aufhören mit dieser Lügnerei und ihr ein- für allemal die Wahrheit sagen. Spätestens seitdem Kogoro verschwunden war, war er es ihr schuldig. "Aber Shinichi ist nicht da", erwiderte er schweren Herzens. "Dafür haben wir Heiji auf unserer Seite und dieser Umstand ist ungemein wichtig für uns. Shinichi hat es nicht verdient, dass du ihm immer verzeihst, wenn er dir nicht einmal jetzt richtig beistehen kann." Hoppalla, da war wohl jemand richtig wütend auf sich selbst. Ran lächelte plötzlich unglaublich sanft. "Vielleicht hast du Recht, Conan. Aber ich kann diesem Trampeltier nicht böse sein. Weißt du, ich l..." "Sicher kommt er irgendwann wieder und dann kannst du dich ja an ihm rächen", unterbrach er sie. Er wollte es nicht so von ihr hören. Nicht in Gestalt des Kindes Conan Edogawa. Wenn sie es jetzt auf diese Weise zu ihm sagte, dann überging er sie und das war nicht fair. Er wollte nichts von ihr hören, was sie nicht auch zu Shinichi gesagt hätte. "Bestimmt", sagte sie und stand auf. Sie trug noch die selben Sachen wie in der vorangegangenen Nacht. "Ich gehe jetzt ins Bad und du machst dich auch fertig, ok? Deine Haare sind ganz durcheinander." Dann verließ sie das Zimmer. Conan schnappte sich seine Sachen und zog sich so schnell an, als würde ihm der Teufel mit dem Dreizack im Rücken sitzen. Es galt, noch schnell einen Computer im Hause ausfindig zu machen und Ai eine Mail zu schreiben. Das hätte er fast vergessen. Ran stopfte sich mit Mühe und Not etwas Reis mit Gemüse in den Mund und kaute den Happen für jeden Zahn zweimal, bevor sie ihn hinunterschluckte. Am liebsten hätte Conan sie intravenös ernährt, als er sich dieses Jammerbild anschaute. Er selbst war schon längst fertig mit Essen, doch er blieb weiter am Tisch hocken, obwohl es ihm schon in den Zehen kribbelte, sich endlich auf den Weg zu machen. Yokomi kam mit einer Lunchbox in das Zimmer und gab sie Conan. "Hier, mein Kleiner. Falls ihr unterwegs Hunger bekommt. Dann muss Ran sich auch jetzt nichts mehr hinter zwingen." "Gute Idee." Es war Heiji, der soeben im Hause angekommen war. Ran stand augenblicklich auf und ging zu ihm. "Hallo, Heiji. Ich wollte mich noch mal bei dir für alles bedanken." "Keine Ursache", winkte er ab. "So was tut man doch für seine Freunde. Geht es dir wieder gut?" "Ja, mir geht es gut", antwortete sie ohne Zögern. Heiji und Conan wussten natürlich sofort, dass sie gelogen hatte, damit er sich nicht um sie sorgte, aber sie beließen es dabei. "Wir sollten jetzt aufbrechen", erklärte Conan und packte die Lunchbox in den Rucksack, der bereits, fertig zum Aufbruch, neben ihm stand. Dann schnappte er sich das Gepäck und hängte sich den Rucksack über die linke Schulter. Eine alte Angewohnheit, die er nicht loswerden konnte. "Ok, ich denke, wir fahren am besten in die Innenstadt." Heiji griff in seine Jackentasche und holte eine Sonnenbrille und einen Haargummi hervor, die er Ran gab. "Setz die Brille auf und binde dir die Haare zusammen! Wahrscheinlich wissen diese Leute, wie du aussiehst." Ran tat, was er ihr gesagt hatte und eine Minute später sah sie aus wie eine dieser Karrierefrauen. Dann machten sie sich endlich auf den Weg. Als sie aus der U-Bahn ausgestiegen waren, wandte sich Conan an Heiji. "Sag mal, weiß dein Vater vielleicht etwas über diese Organisation?" Heiji schüttelte bedauernd den Kopf. "Ich habe ihn heute Morgen noch gefragt, aber er meinte, dass ihm nichts außergewöhnliches bekannt sei, was es in anderen Städten nicht auch gäbe." "Oje, dann fehlt uns ja jeglicher Anhaltspunkt." "Na, hattest du etwa gedacht, dass es so leicht werden würde?" "Hört auf!", schrie Ran hinter ihnen. "Könntet ihr bitte aufhören, von der Sache zu reden, als ob es nur irgendein Fall wäre?" Die beiden Jungs sahen sie beschämt an. Mit ihnen war wohl zu sehr der Detektiv durchgegangen. "Wie wäre es, wenn wir uns erst mal das alte Bahnhofsgelände ansehen?", meinte Heiji. "Es ist hier ganz in der Nähe." "Hervorragende Idee, oder Ran?" Sie nickte. "Ja, das ist sie." Heiji vergrub seine Hände in den Hosentaschen und ging los. "Folgt mir!" Nach zehn Minuten Fußmarsch kamen sie am alten Bahnhofsgelände an. Heiji suchte ein Loch in Machendrahtzahn, der das Gebiet umgab, und fand es. Dann packte er den losen Draht und zog ihn zur Seite, bis ein Loch entstanden war, durch das sie durchkriechen konnten. Conan schlüpfte zuerst hindurch, dann folgte Ran und zum Schluss Heiji selbst. Das Gelände sah so aus, als wäre dort schon seit zwei Jahrzehnten kein Zug mehr gefahren. Auf den Abstellgleisen rosteten die alten Waggons vor sich hin und Unkraut wucherte unkontrolliert aus dem Kies, der den Boden bedeckte. "Du sag mal, Heiji", begann Conan, "Spielen hier manchmal Kinder?" Bestimmt schüttelte der junge Mann den Kopf. "Nein, ganz bestimmt nicht. Unter den Kindern in der Stadt geht schon seit Ewigkeiten das Gerücht um, dass es hier spukt." "Hast du da auch mal dran geglaubt?", fragte Conan auf seine scheinheilige, kindliche Art. Heiji wurde rot und schob sein Basecape etwas zurück. "Ach, was! Ich habe noch nie an so was geglaubt." *Jaja, wer's glaubt...* Conan ging an ihm vorbei und sah sich noch etwas um. Der alte Bahnhof passte so ganz und gar nicht in das Stadtbild. "Hmm... Wieso hat man denn das Gelände nicht neu bebaut? Ist es denkmalsgeschützt oder so?" Heiji rieb sich nachdenklich das Kinn und überlegte, doch es fiel ihm keine Antwort ein. "Um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung. Dass es geschützt ist, erscheint mir jedoch unwahrscheinlich." Conan kam das seltsam vor, aber das trug wohl nicht zur Lösung des Falles bei. "Wir gucken uns jetzt am besten um." "Wonach suchen wir denn eigentlich?", wollte Ran wissen und ließ den Blick über das Gelände schweifen. "Nach allem, was nicht ins Bild passt", gab Heiji zur Antwort. Überfordert atmete Ran tief durch. Ihr Magen schlug Purzelbäume und außerdem wusste sie nicht, was interessant sein konnte. Sie war doch kein Detektiv! Heiji und Conan waren schon völlig in ihre Arbeit vertieft und liefen auf dem Gelände umher, als wäre alles unglaublich interessant. Wenn sie die beiden so sah, waren sie sich auffallend ähnlich. Aber der Gedanke störte sie nicht weiter. Wahrscheinlich eiferte der Kleine Heiji nur nach. Sie setzte sich in Bewegung und sah sich um. Wo sollte man denn auf so einem großen Gebiet etwas wichtiges finden? Wenn sie daran dachte, woraus Shinichi sich manchmal Spuren gebastelt hatte, wusste sie, dass sie hier nicht von Nutzen sein konnte. Welcher Mensch, der nicht mit Argusaugen vierundzwanzig Stunden am Tag durch die Gegend lief, konnte denn schon eine kleine Stecknadel oder so etwas finden? Seufzend suchte sie weiter. Ran sah erst wieder auf die Uhr, als ihre Beine begannen weh zu tun. Entsetzt sprang sie auf und rief nach Conan, der etwas fünfzig Meter entfernt war. Letztendlich bedurfte es einem Schreien seines Namens, damit er sich zu ihr umdrehte und dann angerannt kam. "Was ist denn los?", fragte Conan und sah sie ahnungslos an. "Conan, wir haben hier geschlagene vier Stunden gesucht. Hast du etwas gefunden?" Enttäuscht schüttelte der Junge den Kopf. "Nein, tut mir Leid." Heiji, der nicht ganz so weit entfernt gewesen war, kam zu ihnen. "Habt ihr was gefunden?" Als die beiden anderen betreten ihre Köpfe schüttelten, riss er sich das Basecape vom Kopf und warf es in den Dreck. "Verdammt noch mal! Wo sollen wir denn nur suchen? Osaka ist ein riesiger Heuhaufen und wir haben keine Ahnung, wo wir die Nadel finden könnten!" Conan konnte seinen Freund nur zu gut verstehen. Wäre Ran nicht dabei gewesen, hätte er sicher noch einen schlimmeren Wutanfall als Heiji gehabt. Es war einfach unerträglich, jemanden in Gefahr zu wissen und nicht helfen zu können. Auch das Detektivsein hatte seine Schattenseiten. Heiji atmete einmal tief durch und hob dann wieder seine Kopfbedeckung auf. "So viel steht fest: Hier brauchen wir nicht weiter suchen. Irgendwelche Vorschläge, was unser nächster Anlaufpunkt sein wird?" "Eine Telefonzelle." Dafür erntete Conan fragende Blicke. Als die Tür der Telefonzelle hinter ihm zuschlug, holte er sein Notizbuch hervor und schlug die Nummer von Eri Kisakis Büro auf. Dann wählte er sie und musste auch nicht lange warten, bis abgehoben wurde. "Hier Eri Mori." *Na, hallo! Seit wann denn wieder Mori?* "Hallo, hier ist Conan." "Ah, du bist es! Habt ihr schon etwas herausgefunden?" Nervös drehte Conan die Telefonschnur um den Finger. "Leider nicht. Uns fehlt jede Spur. Ich rufe an, weil ich hoffte, Sie hätten Neuigkeiten." Ihre Stimme klang gefasst, aber wahrscheinlich verstellte sich Eri. "Ich habe einen Schnüffler darauf angesetzt, aber bisher war es leider erfolglos." "Das ist hart." Beide schwiegen. Zuerst sagte Conan wieder etwas: "Es tut mir Leid, aber ich muss jetzt Schluss machen. Bleiben Sie weiter dran!" "Das werde ich. Ich wünsch euch noch viel Glück." "Danke sehr. Auf Wiederhören." "Tschüss." Nachdem er aufgelegt hatte, nahm er das Restgeld an sich und ging zu Ran und Heiji, die auf einer Bank saßen und warteten. "Nichts neues", beantwortete er ihre ungestellte Frage. Ran zuckte leicht zusammen und drehte dann den Oberkörper von ihnen weg. Ganz ohne Frage war sie den Tränen nahe. Heiji forderte Conan durch eine Kopfbewegung stumm auf, sich um sie zu kümmern. Das war nicht seine Aufgabe. Conan seufzte und näherte sich Ran nur zögerlich. Dann stellte er sich so hin, dass er ihr ins Gesicht blicken konnte. Sie hatte die Sonnenbrille abgenommen und, wie er vermutet hatte, waren ihre Augen ganz wässrig. "Ran, du bist ja total fertig! Du hast heute kaum etwas gegessen, also nimm jetzt wenigstens ein Reisbällchen zu dir, ok?" Bestimmt schüttelte sie den Kopf. "Ich habe wirklich keinen Hunger." "Ran, wenn du nichts isst, kannst du uns nicht helfen! Du kannst dich doch kaum noch ordentlich auf den Beinen halten!" Sie sah bestürzt aus, als er sie plötzlich so anherrschte. Diese extreme Ernsthaftigkeit hätte sie Conan nie zugetraut. Dann nahm der Junge seinen Rucksack ab und holte die Lunchbox heraus. Dann gab er Heiji und Ran mit freundlichem Gesicht je ein Reisbällchen und nahm sich selbst eines. Er biss hinein und auch Heiji nahm einen Happen. Schließlich überwand sich auch Ran und nach zehn Minuten hatten alle drei aufgegessen. Conan sah auf seine Armbanduhr. Um Fünf. "Solange wir keine Idee haben, können wir nichts tun. Es hat keinen Sinn, planlos durch die Stadt zu laufen. Am besten gehen wir nach Hause. Falls uns dort was einfällt, können wir im Notfall auch in der Nacht noch mal aufbrechen." Überraschenderweise stimmte Ran dem zu. Auch Heiji willigte ein und sie gingen zurück zur U-Bahn-Station, um einen Zug zurück zu nehmen. Zu Hause hatten sie noch einige Stunden diskutiert, waren jedoch zu keinem Ergebnis gekommen. Zuerst hatte Conan geglaubt, er und Heiji dächten zu kompliziert, aber auch Kajoshi war keine Lösung des Problems eingefallen. Inzwischen war es kurz nach Mitternacht und alle waren zu Bett gegangen. Nur Conan lag noch wach, die Arme unter dem Kopf verschränkt. Das alles ließ ihm einfach keine Ruhe. Er war sich so sicher gewesen, dass sie auf dem alten Bahnhofsgelände den entscheidenden Hinweis finden würde, der sie zu den Entführern führte. Kogoro lebte noch, daran bestand für ihn kein Zweifel. Natürlich wäre es ein leichtes für die Schwarze Organisation gewesen, ihn einfach vom Erdboden zu entfernen, doch sie waren sicher nicht so dumm zu glauben, dass sich Shinichi Kudo auslieferte, ohne sicher zu gehen, dass der Deal wie vereinbart abläuft. Trotzdem... Dieses Bahnhofsgelände. Irgendetwas war da doch nicht koscher. Diese Gespenstergeschichten der Kinder der Stadt waren das eine, viel mehr störte ihn die Tatsache, dass es das Gebiet in dieser Form noch gab. Das Grundstück hatte eine gute Lage, aber besonders teuer war es sicher nicht. Warum verkaufte man es dann also nicht, wenn es ohnehin nicht genutzt wurde? Das Ganze bereitete ihm echte Bauchschmerzen. Er warf sich herum und erhaschte einen kurzen Blick auf die schlafende Ran. Und wenn ihn sein Instinkt nun doch nicht täuschte? Er wusste, er durfte nichts unversucht lassen, was auch nur im Ansatz helfen konnte. Irgendetwas mussten sie übersehen haben. Ganz leise stand Conan auf und zog sich an. Er musste es wissen. Ran regte sich kurz und er erstarrte in der Bewegung. Zum Glück schlief sie weiter. Er streifte sich seine Jacke über und verließ lautlos das Zimmer. Kaum war er zur Tür hinaus, öffnete Ran ihre Augen und stand ebenfalls auf, um sich anzuziehen. Irgendwas hatte Conan vor und sie wollte es wissen. Conan lief die leere Straße hinunter und merkte nicht, dass Ran ihm in gebührender Entfernung folgte. Er war nur noch mit dem Fall beschäftigt und wollte so schnell wie möglich zum Bahnhofsgelände. Und von dort würde er nicht eher verschwinden, als dass er wusste, was zu tun war. Plötzlich kam ein Auto mit Vollgas auf der rechten Straßenseite, wo er lief, angefahren, machte eine Vollbremsung und eine Neunzig-Grad-Drehung, so dass es für quer mit quietschenden Reifen vor ihm zum Stehen kam. Einen Moment lang war er wie erstarrt stehen geblieben und hatte schon mit seinem Leben abgeschlossen. In achtzig Prozent der Fälle wäre diese Fahraktion weniger glimpflich ausgegangen. "Sagen Sie mal, spinnen Sie?", rief er. Die Tür der Fahrerseite wurde geöffnet und eine Person stieg aus. Kaum hätte er sie erkannt. "Oh, Mann..." Es war eine Frau mit kurzem, blondem Haar, die schwarze Jeans trug und dazu ein enges, rotes T-Shirt. Er hätte nie gedacht, dass sie so gut aussehen könnte. "Na, hattest du mich schon vermisst?", fragte sie und warf ihm einen Rucksack zu, den er geschickt auffing. "Ai?" "Na, was hast du denn gedacht? Ich denke, ich werde den Namen behalten. Er gefällt mir." Sie fuhr sich kurz durch das Haar. "Ich habe das Gegengift endlich entwickelt, wie du vielleicht siehst. Aber es war harte Arbeit, auch nur zwei Kapseln herzustellen. Daher gehe gut mit dem Gegengift um, noch eines stelle ich dir nicht her!" Er sah auf den Rucksack in seinen Händen. "Was ist da drin?" "Klamotten, die du nach deiner Rückverwandlung anziehen kannst und eine Flasche Wasser... Und natürlich das Gegengift. Aber ich rate dir, es erst einzunehmen, wenn das hier überstanden ist oder es sich als dringend nötig erweist!" Das klang logisch. Als Kind war er vielleicht nicht der Stärkste, aber es war leichter, unbemerkt zu bleiben, und als Conan war er doch recht flink. "Verstehe." "Aber denk ja nicht, dass ich hier bleibe! Ich werde diese Stadt so schnell wie möglich wieder verlassen", erklärte sie und klang einerseits erleichtert, andererseits aber auch bedrückt.. Irgendwie wusste er, was jetzt kam. Der Abschied. Das allerletzte Lebewohl. "Werden wir uns je wiedersehen?" Ai schloss die Augen und lächelte leicht. "Ich werde Japan verlassen, also lautet meine Antwort: Nein. Hier trennen sich unsere Wege und tu nicht so, als würde es dir etwas ausmachen... Ich wünsche dir alles Glück der Welt für deine Zukunft." Dann ging sie auf ihn zu und beugte sich zögernd zu ihm hinunter. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und richtete sich dann wieder weiterhin lächelnd auf. "Ran kann froh sein, dass sie dich hat. Leb wohl!" Sie ging zurück zum Auto, stieg ein, startete den Motor und fuhr mit vollem Tempo davon. Conans Augen hingen an den Scheinwerfern des Wagens, bis er außerhalb seiner Sichtweite war. Sein Herz sagte ihm, dass sie Recht gehabt hatte, als sie gesagt hatte, dass sie sich nie wiedersehen würden. Wenn er wieder Shinichi Kudo war, würde er so einiges aufgeben müssen. Nicht nur Ai, sondern auch Ayumi, Genta und Mitsuhiko. Sicher, manchmal waren sie kleine Nervensägen gewesen, aber trotzdem hatte er sie ins Herz geschlossen. Aber war das Leben nicht so? Leute kamen und gingen, manche vergaß man, andere blieben einem für immer im Gedächtnis. Eines war sicher: Sein Leben als Conan Edogawa würde er wohl nie vergessen. Ein sentimentales Lächeln schlich sich über sein Gesicht und er setzte den Rucksack auf. Danach machte er sich auf den Weg zur U-Bahn-Station. Er durfte keine Zeit verlieren. Ran trat hinter der Hausecke hervor, von der aus sie alles beobachtet hatte. Was ging hier eigentlich vor? Wer war diese Frau gewesen, warum hatte sie ihm einen Kuss auf die Wange gegeben und was befand sich in dem Rucksack? Sie wusste, sie würde darauf eine Antwort finden, wenn sie ihm weiterhin folgte. Endlich war Conan am alten Bahnhofsgelände angekommen. Für ihn war jede Minute, die er bis hierher gebraucht hatte, wie eine Stunde vorgekommen. Angespannt ging er im fahlen Licht der Straßenlaterne den Zaun entlang und suchte nach dem Loch im Draht. Als er die Stelle gefunden hatte, blieb er starr stehen. Jemand hatte es wieder so gut wie möglich verschlossen. War es ein Anwohner gewesen oder jemand, der nicht wollte, dass jemand das Gelände betrat? Er musste es um jeden Preis wissen. Unter Aufbringung all seiner Kraft zog er den Draht zurück, so wie es Heiji ein paar Stunden zuvor getan hatte. Dann kroch er durch das entstandene Loch und blieb auf dem Gelände stehen. Er vergrub die Hände in den Hosentaschen, wie er es immer tat, wenn er nachdachte. Jetzt war er wieder so schlau wie zuvor. Plötzlich nahm er einen Gegenstand wahr, der das Laternenlicht reflektierte und zwischen den Gleisen lag. Ganz sicher war das am Nachmittag noch nicht da gewesen. Conan rannte darauf zu und hob es auf. Es war eine schwarze Sonnenbrille. Er wusste nicht, ob er sich freuen oder zittern sollte. Es war also doch die Schwarze Organisation, die hinter all dem steckte. Allerdings störte ihn etwas an dieser Sonnenbrille. Wenn sie wirklich auf den groben Kies gefallen war, musste sie doch zumindest kleine Kratzer haben. Und wer, der im Dunkeln arbeitete, verlor mal eben so eine Sonnenbrille? Die Erkenntnis durchfuhr ihn wie ein Blitz und gerade wollte er aufstehen, als er eine Stimme hinter sich hörte: "Hey, Conan. Was machst du da?" Er drehte sich zu Ran um und schrie: "Ran, pass auf!" Doch da war es schon zu spät. Der Stock schlug gegen ihren Hinterkopf und sie fiel bewusstlos zur Seite. Conan wollte sich wehren, doch auch er wurde keine drei Sekunden später unerbittlich nieder geschlagen. Conans Kopf dröhnte wie ein Presslufthammer, als er zu Bewusstsein gelangte und sich vorsichtig aufsetzte. Wo war er hier? Es sah aus wie ein Kellerraum, in dem sich nichts befand, außer einer Lampe. Graue Wände, keine Fenster, eine Tür. Er erinnerte sich, was passiert war, bevor er in Ohnmacht gefallen war, und sah sich schnell nach Ran um. Auch sie befand sich im Raum, jedoch war sie noch ohnmächtig. Jemand hatte sie beide brutal mit einem Stock nieder geschlagen. Diese Sonnenbrille war kein Anhaltspunkt gewesen, sondern eine Falle für Shinichi Kudo. Nur der war nicht erschienen, sondern ein kleiner Junge und ein Mädchen, und deshalb waren er und Ran noch am Leben. Mit ihnen konnte man Shinichi gut erpressen. Wäre er jedoch als Shinichi dort aufgetaucht, würde er jetzt gerade die Fische im Meer durch eine Mülltüte hindurch bewundern. Noch nie war er Ai so dankbar für einen Ratschlag gewesen. Dennoch war die Lage denkbar ernst, immerhin hatte man sie gefangen genommen. Der Rucksack! Er griff hinter sich und spürte die Tasche auf seinem Rücken. Man hatte sie ihm nicht abgenommen, wie leichtsinnig. Conan streifte den Rucksack ab und ging dann zu Ran, die er bei den Schultern packte. "Hey, Ran!" Er rüttelte sie. "Ran, wach auf!" Langsam öffneten sich ihre Augen und sie sah ihn schwach an. "Conan, was ist..." Auf einmal entdeckte er ein dünnes Blutrinnsal, das ihren Hals hinablief. Offensichtlich hatte sie eine Wunde von dem Schlag abbekommen. Diese schien jedoch noch frisch zu sein, woraus er schloss, dass sie nicht lange im Land des traumlosen Schlafes gewesen waren. "Dreh mal deinen Kopf zur Seite!", bat er sie und sie tat es, obwohl sie nicht einmal wusste, was los war. Er schob ihr Haar beiseite und sah sich die Verletzung genauer an. "Ok, nur ein Kratzer. Es blutet nur etwas stärker, weil es eben eine Verletzung am Kopf ist." "Verletzung?", wiederholte sie ahnungslos. "Ja, wir wurden aus dem Hinterhalt angegriffen und bewusstlos geschlagen. Kannst du aufstehen?" "Ja, ich denke schon." Sie lehnte sich an die Wand und stand auf. "Wo sind wir hier?" "Ich habe keine Ahnung. Eins steht fest: Man hält uns hier gefangen." Conan ging zur Tür und versuchte, die Klinke herunterzudrücken. Natürlich funktionierte das nicht. "Wie ich es mir gedacht hatte." "Aber warum sollte das jemand tun?", fragte sie verzweifelt. "Aus dem gleichen Grund, aus dem auch dein Vater entführt wurde." Er analysierte den Raum und suchte nach einer geeigneten Fluchtmöglichkeit. Schließlich wurde er fündig. "Sie wollen Shinichi erpressen, nicht?" Ihre Stimme war etwas zittrig und ihre Augen voller Furcht. "Ich denke, das werden sie nicht schaffen", erwiderte er beiläufig und deutete dann auf ein Gitter in der Decke über Rans Kopf. Allein kam sie da nie im Leben ran. "Kannst du mich mal hoch heben? Vielleicht komme ich ja an das Gitter dort. Es ist bestimmt von einem Lüftungsschacht." Ran nickte und hockte sich hin, damit er auf ihre Schultern klettern konnte. Dann stellte sie sich direkt unter das Gitter. Conan stellte sich so gut wie möglich auf, dennoch war kein Herankommen. Ihm fehlten gute dreißig Zentimeter. "Du kannst mich wieder runterlassen." Sie tat es und er blickte ratlos zu ihrem Fluchtweg hinauf. Wenn sie dort hinauf kämen, wäre ihr Problem gelöst. "Das ist hundertprozentig ein Lüftungsschacht." "Aber wir kommen nicht ran", fügte sie hinzu. Sie hatte Recht. Es war hoffnungslos. Wieso musste man auch so hohe Decken bauen? Naja, wenigstens schien das Gitter nicht festgeschraubt zu sein, das war schon mal ein Plus. "Wir sind einfach zu klein", stellte Ran fest und da wusste er, was zu tun war. Eigentlich wolle er es nicht tun, es erschien ihm einfach noch zu früh. Aber das hier war eine Notsituation und er musste sich außerdem eingestehen, dass er zu feige war, es Ran zu beichten. Nur war jetzt nicht der Zeitpunkt für irgendwelche Feigheiten. Wenn er einmal beweisen musste, dass er erwachsen war, dann war dies der beste Moment. Manchmal zeichnete einen guten Detektiv aus, dass er die richtigen Entscheidungen traf, ohne an persönliche Vor- oder Nachteile zu denken. Wenn sie beide und Kogoro hier lebend wieder herauskamen, nahm er gern in Kauf, dass sie ihn auf immer verfluchte. "Nicht unbedingt", sagte er schließlich. Überrascht sah sie ihn an. "Hast du eine Idee, Conan?" "So könnte man es nennen." Lächelnd nahm er seine Brille ab und drückte diese in ihre Hand. Dem folgten die Armbanduhr und die rote Fliege. "Ran, mein Name ist nicht Conan Edogawa." Sein seltsames Lächeln ängstigte sie etwas. Er sah so selbstsicher und gleichzeitig so erleichtert aus. "Ach, Unsinn! Wie solltest du denn sonst heißen?" "Conan Edogawa ist nur ein Deckname, eine falsche Identität, die ich annahm, als es nötig war." Er vergrub wieder die Hände in den Hosentaschen und sah zu ihr auf. "Wie es dazu kam, ist eine ziemlich unglaubliche Geschichte, aber sie hängt mit dieser hier zusammen. Ich hatte nicht vor dich zu belügen, aber irgendwie bin ich in die ganze Sache einfach reingeschlittert." Ihr Blick zeugte von purer Ungläubigkeit. Was ging hier vor sich? War es wahr, was er ihr hier erzählte? War der kleine Conan etwa doch... ? Dann ließ er die Bombe mit einer unnachahmlichen Ruhe platzen. "In Wirklichkeit bin ich ein Siebzehnjähriger, der zu einem Kind geschrumpft wurde, und heiße Shinichi Kudo." Sie wollte etwas sagen, doch als sie den Mund öffnete, fehlten ihr die passenden Worte, um zu beschreiben, was sie in diesem Moment dachte. Wusste sie überhaupt, was sie dachte? So oft war sie schon fast hinter sein Geheimnis gekommen und jetzt, wo er es gestand, konnte sie es einfach nicht glauben. "Aber wie..." "Es passierte damals im Tropical Land. Ich beobachtete, wie zwei Anhänger der Schwarzen Organisation ein krummes Ding drehten. Und als sie mich bemerkten, schnappten sie mich und verabreichten mir ein Gift, das mich töten sollte. Jedoch hatte es die Wirkung, dass ich zum Kind wurde. Das muss leider vorerst als Erklärung reichen." In aller Ruhe zog er sich Jackett und Hemd aus. "Co... Shinichi, was tust du denn da?" *Was für eine kluge Frage, Ran! Du hast gerade erfahren, dass Conan in Wirklichkeit Shinichi ist, und was intelligenteres fällt dir nicht ein?* "Ich werde das Gegengift nehmen." Nur noch mit seiner Unterhose bekleidet ging er zum Rucksack und packte diesen aus. Ai hatte aus Shinichis Kleiderschrank ein paar Blue Jeans und einen schwarzen Pullover besorgt. Natürlich auch Unterwäsche und ein Paar Sportschuhe. Letzteres besah er sich näher und stellte dabei fest, dass es Power-Kick-Boots waren, die Professor Agasa angefertigt haben musste. Des weiteren packte Shinichi eine Flasche Wasser aus. Wo war nur das Gegengift? Er konnte es einfach nicht finden. Hatte Ai ihn etwa reingelegt? Nein, nach ihrer Verabschiedung glaubte er das nicht. Sicher hatte sie es versteckt, damit keiner der Organisation es fand. Er sah sich die Innenseite der Tasche genau an und entdeckte dann das passende Indiz. Ein loses Fadenende. Sogleich fand er auch die dazugehörige Naht, die nicht so sauber vernäht war wie die anderen. Er packte den Faden und zog daran. Allmählich löste sich die Naht und die Rückseite des Rucksacks teilte sich in zwei Stoffteile. Und zwischen ihnen lag... Er nahm die Kapsel und hielt sie wie eine Trophäe in die Höhe. "Ai, du bist die Größte!" "Halt mal", riss ihn Ran plötzlich aus seinem Freudentaumel. "Du hattest die ganze Zeit das Gegengift?" Überrascht wandte er sich zu ihr. Hmm... Zornesröte auf den Wangen und diese verräterische Vene, die pumpte wie ein Vulkan vor dem Ausbruch. Oje, lieber schnell und gut antworten. "Nein, Ai hat ewig dran gearbeitet und es mir vorhin gegeben." Die Zornesröte wich einer anderen Art von Gesichtsröte. "Ai. Die Frau in dem Auto war doch nicht etwa Ai?" "Doch." Er schraubte die Wasserflasche auf. "Ich würde dir wirklich gerne alles erzählen, aber wir haben jetzt keine Zeit." Dann stellte er die Flasche beiseite und legte die Kapsel daneben. Shinichi nahm die Sachen und zog sie sich an. Das war ein schwieriges Unterfangen, da ihm die Sachen noch viel zu groß waren. Als er damit fertig war, nahm er einen Schluck Wasser und schluckte gleich darauf die Kapsel, bei der er noch einmal nachspülte, damit sie ganz hinunter rutschte. Jetzt würde es gleich losgehen. Bald war er wieder Shinichi Kudo und sie würden von hier fliehen. Er wartete auf die Wirkung und auch Ran hatte gespannt die Luft angehalten, aber nach einer Minute war immer noch nichts passiert. Verwirrt sah Shinichi auf seine Kinderhände. "Warum passiert nichts? Ai, wenn das ein Placebo war, dann mach ich dich sogar in Europa ausfindig und sag dir gehörig die Mei..." Ein scharfer Schmerz zog sich durch seine Brust und er musste in die Knie gehen. Warum musste die Prozedur immer nur so schmerzhaft sein? Es wurde von Sekunde zu Sekunde schlimmer. Seine Knochen fühlten sich an, als würden sie unter Feuer stehen, und ihm wurde unerträglich heiß. Er stützte sich mit beiden Händen auf dem Fußboden ab und atmete schwer. Eine unsichtbare Hand schien seine Lunge zusammen zu drücken. Wenn das nicht bald aufhörte, würde er noch ersticken. Ran kam schnell zu ihm und hockte sich neben ihn. "Shinichi, was ist denn mit dir los?" Doch er nahm sie nicht mehr wahr. Die unglaubliche Pein beanspruchte ihn völlig. Plötzlich zuckte es wie ein Blitz unsäglicher Qualen durch seinen Körper und er schrie laut auf... Kapitel 4: Freiheit gegen Gefangenschaft? ----------------------------------------- Hi, Eine schnelle F... lobt mich! *g* (Was für ein Kunststück, wenn man die FF schon fertig geschrieben hat, aber an der F zur FF arbeite ich fieberhaft) Wie immer wünsche ich euch viel Spaß! Der entführte Detektiv - Freiheit gegen Gefangenschaft? "Shinichi!... Hey, Shinichi!... Komm schon!" Diese Worte klangen für ihn so, als würden sie aus weiter Entfernung kommen. Wessen Stimme wiederholte da ständig seinen Namen? "Shinichi, so wach doch auf!" Allmählich wurde sein Kopf wieder klarer und damit auch die Stimme deutlicher. Es war Ran. Er erinnerte sich wieder daran, was geschehen war. Er hatte das Gegengift genommen, sie wusste jetzt, wer er war... Seine Augen zu öffnen, war für Shinichi dann im ersten Moment doch schwerer als vermutet. Die Augenlider schienen schwer wie Blei zu sein und zuerst brachte er mit ihnen nur ein Zucken zu Stande, bevor er sie schließlich ganz öffnen konnte. Das erste, was er sah, war Rans Gesicht, das sehr besorgt aussah. An seiner Position erkannte er, dass er liegen musste und sein Kopf auf ihrem Schoß gebettet war. Ein Gedanke, der ihm nicht missfiel. Ran lächelte, als sie sah, dass er endlich wieder zu sich gekommen war. "Endlich bist du wach! Ich befürchtete schon..." "Hat... Hat es geklappt?", fragte er. Glücklich nickte sie. "Du bist wieder ganz der Alte. Also..." Plötzlich wurde ihr Blick trüb. "Also warst du die ganze Zeit über der kleine Conan?" Shinichi lächelte nun auch. Sie wusste gar nicht, wie sehr er es genoss, wieder da zu sein. Nicht als Conan Edogawa, sondern als Shinichi Kudo. "Glaub mir, das findest nicht nur du seltsam." Die Röte stieg ihr so schnell ins Gesicht, dass es offensichtlich war, was sie in diesem Augenblick dachte. "Ah... Also... Was ich Conan so erzählt habe, das solltest du wirklich nicht alles ganz so ernst nehmen." Sie sprach hastig und wedelte dabei nervös mit der Hand, als wolle sie abwinken. "Weißt du, ich habe teilweise wirklich merkwürdige Dinge von mir gegeben..." Ruckartig setzte er sich auf und lehnte sich so vor, dass er leise in ihr Ohr sprechen konnte: "Zum Beispiel, dass du mich liebst?" Ran hielt die Luft an und zuckte leicht zusammen. "Shinichi, das..." Er brachte sie zum Schweigen, indem er ihr den rechten Zeigefinger auf ihre Lippen legte. Dann setzte er sich aufrecht hin, damit er ihr wieder in die Augen blicken konnte. "Wir sollten darüber reden. Sobald wir deinen Vater geholt haben und hier raus sind." Shinichi stand auf und sie tat es ihm nach. "Was machen wir jetzt?", fragte sie ihn. Selbstsicher grinste er sie an und zog seine Schuhe an. Danach nahm er die Armbanduhr vom Boden und band sie sich um das linke Handgelenk. Den Stimmentransposer steckte er in die Hosentasche. "Wir hauen durch den Lüftungsschacht ab, was sonst?" Er stellte sich unter das Gitter und faltete die Hände ineinander, damit sie darauf steigen und sie Räuberleiter machen konnten. "So weit käm's noch!", fauchte sie ihn an. "Richte mal dein detektivisches Auge auf meine Kleidung! Ich mache doch nicht Räuberleiter, wenn ich einen Rock anhabe!" Sein Grinsen wurde breiter und er änderte nicht seine Pose. "So Leid es mir auch tut, aber du wirst mich wohl kaum hoch heben können. Ich guck auch nicht hin, ok?" "Versprichst du es mir?" "Ja doch! Komm jetzt, uns läuft die Zeit davon!" Sir hob noch schnell die Brille auf, die Shinichi auf dem Boden liegen gelassen hatte, steckte sie in ihre Jackentasche und stellte dann ihren linken Fuß auf seine Handflächen, damit er sie hochstemmen konnte. Als das geschafft war, packte sie das Gitter und drückte es nach oben. Schließlich hatte sie es beiseite getan und stieg in den Luftschacht. Nachdem sie oben war, beugte sie sich etwas vor und streckte ihm ihre Hand entgegen. Shinichi ergriff sie und ließ sich von ihr hoch ziehen, was sie einiges an Kraft kostete. Er setzte das Gitter von innen wieder ein. "So. Und jetzt sag mir, ob links oder rechts!" "Was?" Sie verstand nicht ganz, was er damit bezweckte. "Ich habe keine Ahnung, in welche Richtung wir jetzt müssen, um zu der Luftschachtöffnung des Raumes zu gelangen, wo sich Kogoro befindet", gestand er. "Also sag einfach eine Richtung und in die bewegen wir uns zuerst fort." Sie atmete tief durch und sagte: "Links." "Ok, folge mir!" Er krabbelte auf allen Vieren voran und sie hinterher. "Ich hab wirklich keine Ahnung, wo sie sein könnten", sagte Yokomi und sah verstört zu ihrem Mann auf, der einen Arm um ihre Schultern gelegt hatte. Heiji öffnete die Tür zum Gästezimmer und schaltete das Licht ein. Es war morgens um Fünf und daher noch dunkel draußen. Sein Bruder hatte ihn vor einer halben Stunde angerufen und gesagt, dass Conan und Ran verschwunden waren, woraufhin er sofort gekommen war. Nun stand er in einem menschenleeren Zimmer und sah sich um. "Und wie habt ihr bemerkt, dass sie weg sind?" "Ich bin wach geworden und wollte mir ein Glas Wasser holen", erklärte Yokomi, "Und weil ich mir Sorgen gemacht habe, habe ich einen kurzen Blick in das Zimmer werfen wollen, aber niemand war da." "Hmmm...", machte Heiji nachdenklich und rieb sich das Kinn. "Ich denke, ich weiß, was passiert ist. Conan hatte eine Idee und wollte dieser so schnell wie möglich nachgehen. Deshalb hat er sich angezogen und das Haus verlassen. Darauf deutet so einiges hin, zum Beispiel die Tatsache, dass er seine Decke ordentlich gemacht hat und seine Hausschuhe an der Haustür säuberlich stehen. Rans Bett hingegen ist zerwühlt und die Decke zurückgeschlagen. Ihre Hausschuhe hat sie achtlos ausgezogen, was ihr so gar nicht ähnlich sieht. Offensichtlich ist sie ihm heimlich gefolgt, sonst hätte sie nicht so hektisch agiert." "Aber wieso sollte der Junge sich einfach auf die Socken machen, ohne vorher jemandem etwas zu sagen?", fragte Kajoshi verwirrt. "Er weiß doch sicher, dass das gefährlich ist." "Wahrscheinlich wollte er niemanden aufwecken, da es sicher nur eine Vermutung war, der er nachgehen wollte." "Und was sollen wir jetzt tun?" Yokomi sah besorgt aus und das konnte Heiji gut nachvollziehen. Wenn er nur gewusst hätte, wie lange sie schon weg waren! *Aber die Matratzentemperatur kann ich ja wohl kaum messen...* "Ich weiß es wirklich nicht. Ich schlage vor, ihr haltet hier die Stellung, falls sie zurückkommen, und ich gehe noch mal zu dem Ort, wo wir heute Nachmittag waren." Er verließ das Zimmer und zog sich an der Haustür seine Sportschuhe an. Dann verließ er das Haus. "Ich raste hier noch aus!", grummelte Kogoro und lief unentwegt im Raum umher. "Was wollen die eigentlich von mir? Mich umbringen? Wohl kaum, da könnten die sich auch diese jämmerliche Verpflegung sparen. Wahrscheinlich wollen die ein fettes Lösegeld für mich kassieren. Armes Mausebein." Er machte vor der Tür Halt und schlug einmal kräftig dagegen. Nicht zum ersten Mal. "Halloooo! Würde mir endlich mal jemand sagen, was hier los ist?" Und wie immer bekam er keine Antwort. Er vermutete, dass man sich entweder einen feuchten Kehricht um ihn scherte oder einfach keiner vor der Tür stand. Was ihn umso mehr ärgerte. Man hielt ihn hier gefangen wie die Maus im Käfig und das auch noch mit geringstem Aufwand. Eine abgeschlossene Tür und ein Gitter vom Lüftungsschacht, das ihm zu hoch war, und schon war der berühmte Meisterdetektiv Kogoro Mori ein einfacher Gefangener. Noch schlimmer: Eine Geisel. Er hörte ein Geräusch und sah sich nach allen Richtungen um. "Wer ist da? Komm raus, du feiges Schwein!" Über ihm klapperte das Gitter vom Lüftungsschacht und erschrocken machte er einen Satz zurück. Dann wurde das Gitter beiseite geschoben und ein Junge sprang leichtfüßig herunter. "Ach je", murmelte Kogoro wenig angetan, "Von allen Menschen Japans holt mich ausgerechnet dieser Möchtegerndetektiv hier raus." Shinichi grinste breit und winkte ansatzweise. "Hallo, Herr Mori!" "Aha, der vorlaute Kudo... Lässt dich Monate nicht blicken und tauchst hier auf wie der große Held der Stunde. Wie typisch." Shinichi verging das Grinsen nicht und er sah nach oben. "Ran, wollen wir deinen Vater nicht doch hier lassen? Wenn er so scharf drauf ist, sich selbst hier raus zu boxen." Rans Kopf tauchte in der Öffnung auf. "Shinichi! Ich habe das jetzt mal ganz gekonnt überhört, ja?" "Mausebeinchen!", rief Kogoro überrascht. "Was suchst du denn hier?" "Ähm..." Schnell legte sie sich die Antwort so zurecht, dass sie den Fakt von Conans wahrer Identität umgehen konnte. "Nachdem wir den Erpresserbrief bekommen hatten, tauchte Shinichi auf und ist mit mir zusammen nach Osaka gefahren, um dich hier rauszuholen. Allerdings hat man uns auch geschnappt und wir wollen jetzt hier raus." Kogoros Blick wurde misstrauisch, doch dann wandte er sich wieder an Shinichi. "Und dir, Bürschchen, zieh ich die Ohren so lang, dass du sie dir danach um den Kopf wickeln kannst! Was fällt dir eigentlich ein, Ran in so eine gefährliche Sache rein zu ziehen?!" Ran wollte Shinichi verteidigen, doch der senkte beschämt den Blick zu Boden und sagte: "Sie haben Recht. Es war eine ungeheure Dummheit von mir, Ran mitzunehmen." Ran erstarrte. Wie meinte er das jetzt? War sie ihm etwa eine Last? Oder sorgte er sich so sehr um sie, dass er sogar seinen Stolz vergaß? Selbst Kogoro war dermaßen verwundert, über diese Antwort, dass er nichts erwiderte. Shinichi hob den Kopf und sah nun wieder so selbstbewusst aus wie zuvor. "Ich schlage vor, wir sollten jetzt so schnell wie möglich hier abhauen. Ich helfe Ihnen hoch." Die beiden machten Räuberleiter, wie Shinichi und Ran es zuvor getan hatten, und dann zogen Kogoro und Ran ihn hoch. "Der nächste viel versprechende Ausgang ist unserer", erklärte Shinichi. Als es an der Tür klingelte, sah Yokomi unsicher zu ihrem Gatten, der neben ihr auf dem Sofa saß. Der nickte nur und die beiden standen auf, um an die Tür zu gehen. Kajoshi öffnete und sah eine gut gekleidete Frau vor der Tür stehen, die sehr selbstsicher wirkte. "Guten Morgen, mein Name ist Eri Mori", stellte sie sich vor. "Es tut mir Leid, dass ich so früh am Tage störe, aber ich sah Licht im Haus brennen. Sofern mich meine Informationen nicht täuschen, ist meine Tochter bei Ihnen untergebracht." Das Ehepaar warf sich kurz einen besorgten Blick zu, dann bat Kajoshi Eri ins Haus. Die bedankte sich freundlich und trat ein. "Es ist wirklich schrecklich, Ihnen das jetzt sagen zu müssen...", begann Yokomi vorsichtig, "aber wir können leider nicht sagen, wo sich Ihre Tochter im Moment befindet. Sie und der Junge sind irgendwann in der Nacht einfach verschwunden." Eri schreckte kurz zusammen. Sie war schon Freitag gekommen, da man den Schnüffler, den sie auf diese ominöse Organisation angesetzt hatte, umgebracht hatte. Jedoch nicht, bevor er ihr noch etwas mitteilen konnte. "Und Sie haben keine Ahnung, wo die Beiden stecken könnten?" Bedrückt schüttelte Yokomi den Kopf. "Nein, leider nicht. Heiji ist schon los, um sie zu suchen." "Heiji Hattori, der Schülerdetektiv?" Kajoshi nickte. "Ja, er ist mein Bruder." *Wenn dieser Heiji nur halb so gut ist, wie alle sagen, dann verbessern sich unsere Chancen erheblich, wenn auch nicht ausschlaggebend.* "Wissen Sie zufällig, wo er hin wollte?" "So genau hat er sich da nicht ausgedrückt", antwortete Kajoshi. "Ich glaube..." Es klingelte wieder an der Tür. Yokomi eilte schnell hin und öffnete. Nun war es Yukiko Kudo, die auf der Matte stand. "Guten Morgen, ich bin Yukiko. Ein Freund hat mir gesagt, dass ich hier meinen Sohn finde." Eri ging zur Tür und wurde dadurch von Yukiko bemerkt. "Eri!" "Hallo, Yukiko. Sieht so aus, als hättest du auch schon davon gehört." Eri verschränkte die Arme vor der Brust und sah ziemlich ernst aus. Shinichis Mutter nickte. "Professor Agasa hat mir alles erzählt, gleich nachdem ich aus den Staaten zurück war. Ich habe natürlich sofort den nächsten Flug nach Osaka genommen, weil ich mir Sorgen um die Kinder gemacht habe. Einfach furchtbar die Geschichte." "Wo hast du eigentlich deine bessere Hälfte gelassen?" Yukiko gab ein abschätziges Schnauben von sich und schloss die Augen. "Ach, hör mir bloß mit dem auf! Hat Stress gemacht, weil er eine neue Idee brauchte und ihm die Verleger mal wieder im Nacken saßen. Ist wie ein Geistesgestörter auf der Suche nach neuen Ideen durch Paris gerannt und hat mit seinen peinlichen Französischkenntnissen alle Leute belästigt. Das wurde mir dann zu viel und ich hab mich nach Kalifornien abgesetzt. Wo sind eigentlich Ran und mein Junge?" Peinlich berührt trat Yokomi vor. "Ran und Conan sind in der Nacht spurlos verschwunden. Heiji sucht sie gerade." "Oje, so wie ich meinen Shinichi kenne, wird er sich mal wieder auf die Socken gemacht haben, ohne jemandem etwas zu sagen. Sieht ihm ähnlich, ganz der Vater." "Shinichi?", fragte Kajoshi verwirrt. "Äh... Ja, das ist sein zweiter Vorname", redete sich Yukiko raus. "Herrje, ich mache mir solche Sorgen!" "Shinichi kann schon auf sich und Ran aufpassen. Was mir eher Sorgen bereitet ist, dass sich Kogoro vielleicht wieder wie ein Kind aufführt und sich so unnötig in Gefahr begibt." "Ob mein Shinichi losgezogen ist, um Kogoro da rauszuholen?", fragte Yukiko leise. "Aber er würde doch Ran nie zu so einer gefährlichen Aktion mitnehmen." Kajoshi räusperte sich und sagte: "Heiji hat gesagt, dass es danach aussieht, als sei der Junge losgegangen und Ran ist ihm heimlich gefolgt." "Sicher hat sie bemerkt, wie er sich aus dem Haus schleichen wollte, und ist ihm deshalb gefolgt." Eri nahm ihre Brille ab und rieb sich die Stirn. "Oh, Ran..." "Dieser Heiji, ist das Heiji Hattori, der Schülerdetektiv?", erkundigte sich Yukiko bei Yokomi. Diese nickte. "Ich erfahre natürlich mal wieder zuletzt, dass er mit Heiji befreundet ist. Mir erzählt Shinichi ja nie was." "Möchten Sie vielleicht einen Tee, während wir auf einen der Drei warten?", bot Kajoshi an. Die beiden Frauen nickten und wurden von Yokomi gebeten, schon mal ins Wohnzimmer zu gehen. Dann ging Yokomi zu ihrem Mann. "Findest du das nicht auch alles ein bisschen seltsam? Diese Frau Edogawa kommt mir so bekannt vor. Und dass sie Conan immer Shinichi nennen. Wenn man zwei Vornamen hat, legt man sich da nicht auf einen fest, mit dem einen dann alle ansprechen?" "Du hast Recht, mir kommt das auch ein bisschen komisch vor", stimmte er zu, "Frau Edogawa meine ich auch zu kennen, nur leider kann ich sie nicht zuordnen. Eine bekannte Persönlichkeit mit dem Namen Yukiko Edogawa fällt mir zumindest nicht ein. Nur der Kriminalschriftsteller Ranpo Edogawa. Aber Heiji wird schon wissen, was er tut, und mit welchen Leuten er sich einlässt. Auch habe ich das Gefühl, als würde sich bald alles aufklären. Wir sollten jetzt den Tee machen und dann zusammen mit Frau Edogawa und Frau Mori auf Heiji, Ran und den Jungen warten." Shinichi drehte den Kopf zu Ran und Kogoro um und legte einen Finger an die Lippen, um ihnen zu deuten, dass sie sich ganz still verhalten sollten. Sie waren an einem Lüftungsschachtausgang angekommen und nun hob er so leise wie möglich das Gitter heraus und legte es neben sich. Dann klappte er das Fadenkreuz seines Narkosechronometers auf und zielte auf einen der beiden Männer, die sich im Raum unter ihnen befanden. Er schoss einen kleinen Narkosepfeil ab und der erste Mann wurde betäubt. Der Zweite hatte nicht genug Zeit, um zu reagieren, bevor auch er getroffen wurde. Shinichi sprang durch die Öffnung nach unten und wartete, bis ihm Kogoro und Ran gefolgt waren. Kogoro sah sich die beiden bewusstlosen Männer an und kratzte sich am Kopf. Irgendwas an dem, was der Junge mit ihnen gemacht hatte, kam ihm bekannt vor. Ein Deja vú vielleicht? Shinichi durchsuchte einen der weißen Kittel, die die Männer trugen, und fand eine Chipkarte. Er nahm sie genau unter die Lupe und bat dann Ran, im Kittel des anderen nach einer weiteren zu suchen. Sie tat, was er ihr gesagt hatte, fand aber nichts. "Das habe ich mir schon gedacht", murmelte Shinichi und ging an einen der Computer, die im Raum standen. Wahrscheinlich waren sie in der Forschungsabteilung gelandet. Er bearbeitete den Computer mit all seinen Kenntnissen, während Ran und ihr Vater ihm interessiert über die Schulter guckten. Kaum eine Minute später erschien auf dem Monitor ein Plan der Etage. Shinichi sah ihn sich an und schaltete dann den Monitor aus. "Ich weiß, wie wir hier herauskommen. Verhaltet euch still und folgt mir einfach, es ist nur ein kurzer Weg zum Ausgang." Er stand auf, ohne ihre Zustimmung abzuwarten, und öffnete die Tür. Leise betraten sie den Flur, der völlig weiß gestrichen war und von langen Neonröhren beleuchtet wurde. Ran dankte allen möglichen Göttern, dass sie niemandem begegneten, bis sie am Ende des Flures angekommen waren. Nun standen sie vor stählernen Aufzugtüren, an denen sich ein Chipkartenlesegerät befand. Shinichi holte die Chipkarte des Mannes aus seiner Hosentasche und zog sie durch das Gerät. Eine kleine Lampe daran leuchtete grün auf und die Aufzugtüren öffneten sich lautlos. "Steigt ein!", forderte er sie auf und Kogoro und Ran betraten den Aufzug. Als Ran jedoch bemerkte, dass Shinichi ihnen nicht folgte, wurde ihr extrem mulmig zumute. "Shinichi, warum steigst du nicht ein?" Er lächelte und senkte den Kopf. "Weil dieser Aufzug nur für zwei Personen ist." Entsetzt sah sie ihn an. "Was?!" "Auf der Chipkarte stehen zwei Identifikationsnummern, die jeweils einem der Männer gehören. Mit diesem Aufzug können nicht mehr und nicht weniger als zwei Personen fahren. So funktioniert hier das Sicherheitssystem." Er gab die Karte Kogoro. "Du willst doch nicht etwas hier bleiben?", rief sie leise. "So sieht es meine Taktik vor", antwortete er und sah sie an. Sein Gesicht hatte wieder diesen Ausdruck purer Selbstsicherheit. "Fahrt ihr mit dem Aufzug nach oben, denn aller Wahrscheinlichkeit nach befinden wir uns hier unter der Erde. Ich werde einen anderen Ausweg suchen." "Du bist doch wahnsinnig!", erwiderte Kogoro. "Diese Typen, wer auch immer die sind, können dich locker mit einer Waffe umbringen. Unverwundbar bist du nämlich nicht, falls du das noch nicht geschnallt hast!" "Er hat Recht!", appellierte Ran an ihn. Ihre Augen begannen sich mit Tränen zu füllen. "Sei doch nicht so ein Sturkopf!" "Aber Ran..." Sanft legte Shinichi eine Hand an ihre Wange. "Es gibt keine andere Möglichkeit. Ich komme garantiert hier raus, also weine nicht wegen mir!" Er beugte sich zu ihr vor und legte seine Lippen auf ihre. Es war ein ganz seichter Kuss, kaum mehr als ein Windhauch, eher eine leichte Berührung. Aber in ihr brannte alles. Nachdem er sich wieder von ihr gelöst hatte, sagte sie: "Aber, Shinichi..." "Wir sehen uns." Dann drückte er einen Knopf neben dem Aufzug und die Türen schlossen sich. Ran schlug gegen die Türen, als könne sie so die Trennung zwischen sich und Shinichi einreißen. "Shinichi!" Sanft ergriff Kogoro ihre Schulter und drückte auf den Schalter für die oberste Etage. "Mausebein, du kannst jetzt nichts mehr tun. Er wird schon einen Ausweg finden, er ist doch so klug." Ran lehnte sich gegen ihren Vater und begann bitterlich zu weinen, während sie mit dem Fahrstuhl in Richtung Freiheit fuhren. Sie hatte schreckliche Angst. tbc... Kapitel 5: Das Spiel hat begonnen --------------------------------- Hi @ meine Leser und Kommischreiber ^_^ Neuer Teil, neue Gemeinheiten und Heiji kommt endlich wieder richtig mit ins Spiel *träum* Wie immer viel Freude beim Lesen. Eure Sweet_Mystery Der entführte Detektiv - Das Spiel hat begonnen Shinichi wandte sich von den Fahrstuhltüren ab und ging nun den Flur entlang. Je schneller er einen Ausgang fand, umso besser. Plötzlich rief jemand hinter ihm: "He, bleib sofort stehen!" Er drehte sich um und sein Herz blieb beinahe stehen, als er zwei schwarz gekleidete Männer hinter sich sah. Als sie sich ihm immer schneller näherten, nahm er die Beine in die Hand und rannte los. Diese Typen durften ihn auf keinen Fall kriegen, sonst war er schon so gut wie tot. Mit seinem ausgeprägten Gehör nahm er wahr, dass einer der beiden Männer zurückfiel, während der andere eisern an ihm klebte. Shinichi bog um eine Ecke, sah seine Chance gekommen und blieb stehen. Der Mann kam nun ebenfalls um die Ecke und stoppte, als er Shinichi sah. "Na, ergibst du dich endlich?" Shinichi klappte seine Armbanduhr auf und zielte. "Sag "Cheese", hier kommt das Vögelchen!" Der Mann wurde getroffen und rutschte bewusstlos die Wand hinunter. Shinichi, der die näher kommenden Schritte des Anderen hörte, holte den Stimmentransposer aus seiner Hosentasche und stellte ihn so ein, dass er mühelos die Stimme des Bewusstlosen imitieren konnte. "Du kannst stehen bleiben!", rief er dem Mann hinter der Ecke versteckt zu. "Wir müssen ihn woanders suchen, der Bengel hat sich aus dem Staub gemacht." "Bist du dir sicher?", rief der Andere atemlos zurück. "Ich kann ihn hier nirgends entdecken. Er muss irgendeinen anderen Gang genommen haben. Renn du zurück und schneide ihm den Weg ab, wenn möglich! Ich werde mich hier hinten noch umschauen." "Ok, Whiskey!" Dann schnelle Schritte, die sich entfernten. Shinichi konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Das ging ja leichter, als ich dachte!" "Ganz mein Gedanke!" Shinichi drehte sich erschrocken um und ihm fiel die Kinnlade herunter. Vor ihm standen Gin und Wodka. Gin lächelte bösartig und presste ein Tuch vor Shinichis Mund und Nase. *Chloroform*, war sein letzter Gedanke, bevor er das Bewusstsein verlor. Shinichi wachte auf, als man ihn achtlos auf kalte Fließen fallen ließ. Jeder einzelne seiner Knochen schmerzte und es fiel ihm schwer, sich aufzusetzen. Der Raum war dunkel, nur ein schwaches Licht fiel auf ihn. Um ihn herum lag alles in völliger Schwärze. Auf einmal wurde vor ihm eine Schreibtischlampe eingeschaltet und beleuchtete das Möbelstück aus Eiche etwas. Er erkannte, dass jemand am Tisch saß, doch dessen Gesicht lag in der Finsternis verborgen. Shinichi stand auf und vernahm ein Rascheln hinter sich, was ihm zeigte, dass sie nicht zu zweit in diesem Raum waren. "Was soll das hier?" Der Mann am Schreibtisch begann zu sprechen: "Ah, Herr Kudo. Wie schön, Sie endlich hier zu haben." "Wer sind Sie?", fragte Shinichi, dem bereits Schweißperlen auf der Stirn standen. Ihm war die Gefahr, in der er sich befand, nur allzu bewusst. Ein Lachen ertönte vom Schreibtisch. Es klang amüsiert und sehr selbstbewusst. "Verzeihen Sie mir diese Unhöflichkeit. Natürlich werde ich mich dem "Erlöser der japanischen Polizei" vorstellen. Mein Name ist Martini und ich bin das Oberhaupt dieser Organisation." "Wissen Sie, ich würde ja gerne sagen, dass ich mich freue, Sie zu sehen, aber das wäre eine Lüge", entgegnete Shinichi mit bemühter Lässigkeit. "Ich hätte ja wirklich liebend gern mit Ihnen einen Kaffee getrunken, aber ich muss noch zu einer Verabredung mit einer jungen Dame." "Gewiss." Mit geschmeidiger Leichtigkeit griffen die Hände des Mannes nach einem Hefter auf seinem Tisch und warfen diesen zu Shinichi. "Deshalb will ich mich auch kurz fassen." Shinichi öffnete den Hefter und sah hinein. Eine eisige Welle fuhr über ihn hinweg. "Das..." "Sie sehen richtig. Ich biete Ihnen eine hohe Position in unserer Organisation an. Nun ja, 'anbieten' wäre vielleicht etwas untertrieben. Ich lasse Ihnen vielmehr die Wahl zwischen einer großen Zukunft bei uns oder einem Leben, das Sie nicht Ihrem schlimmsten Feind wünschen würden. Ich vergaß, der bin ja ich." Shinichi nahm den Vertrag in die Hände und riss ihn auseinander. "Niemals werde ich Mitglied eurer Organisation!" Martini brach in lautes Gelächter aus, in dem beinahe Hysterie mitschwang. "Kudo, Sie sind so voraussehbar! Denken Sie, dass Sie hier sind, ist ein Geschenk Fortunas an mich? Ich habe jeden Ihrer Schritte vorausgesehen! Dass Sie nach Osaka zu diesem Hattori gehen würden, zusammen mit Fräulein Mori, bis hin zu dem Punkt, als Sie die beiden den Fahrstuhl hinauffahren ließen. Wobei ich zugeben muss, dass ich erst wusste, dass Sie der kleine Junge waren, als Sie die Sonnenbrille aufhoben. Jede Fährte war von mir genauestens geplant und der zerrissene Vertrag war das Glied, das die Kette komplettierte. Sie müssen wissen, ich liebe es zu spielen. Zu sehen, wie Menschen ähnlich Laborratten genau das tun, was man von ihnen erwartet. Und ich weiß auch, dass Sie bald meinem Angebot zustimmen werden. Aber jetzt..." Shinichis Körper schmerzte plötzlich fürchterlich. In seinem Unterleib jagte ein Blitz der Pein den nächsten und sein Kopf schien unter Hochdruck zu stehen. "Was...?" "Ein Gift", antwortete Martini. "Nicht tödlich, aber extrem schmerzhaft. Eigentlich spielt es für meinen Plan keine bedeutende Rolle, aber wir wollen Sie ja eine Weile beschäftigen. Ich hoffe, Sie haben nichts gegessen, denn man sagte mir, dass einem von den Schmerzen zum Erbrechen schlecht wird." Wieder lachte er. "Und zu dem, was ich vorhabe, lassen Sie sich diesen Tipp geben: Das Herz eines Mannes ist eine Mördergrube. Mit Ihrem kombinatorischen Geschick sollten Sie aufgrund dieses Tipps herausfinden, wie ich Sie umstimmen werde. Vorausgesetzt, die Schmerzen haben nicht schon Ihre grauen Zellen lahm gelegt." Ein heißer Schmerz wie ein glühendes Schwert schob sich durch Shinichis Brust und er sank schwitzend auf den Boden. Er hatte kaum noch alle Sinne beieinander. Gin und Wodka traten aus dem Dunkel und packten ihn an den Armen, woraufhin sie den völlig wehrlosen Schülerdetektiv aus dem Raum schleppten. "Möge das Spiel beginnen." Alle im Wohnzimmer sahen hoffnungsvoll in Richtung Flur, als sie hörten, wie die Haustür geöffnet und kurz darauf wieder geschlossen wurde. Doch es war nur Heiji, der in das Zimmer kam. Er hielt sein Basecape in den Händen und knautschte es, während er die Zähne zusammenbiss. "Ich habe sie nicht gefunden. Aber..." Er griff in seine Jackentasche und holte ein Taschentuch hervor, an dem Haare und Blutreste klebten. "Das habe ich von den Gleisen abgewischt." "Oh, mein Gott!", flüsterte Yukiko entsetzt und schlug sich eine Hand vor den Mund. Eri nahm sie in den Arm. "Wer sind Sie?", fragte Heiji. "Das sind Frau Mori und Frau Edogawa", klärte Kajoshi ihn auf. "Sie sind beide vor einer halben Stunde eingetroffen." "Verflucht!", brach es plötzlich aus Heiji hervor und er schlug mit beiden Fäusten gegen den Türrahmen. "Den Beiden könnte sonst was passiert sein und ich habe keine Ahnung wo sie sind!" Jemand legte ihm beschwichtigend eine Hand von hinten auf die Schulter. Es war Yukiko, die schwach lächelte. "Mach dir keine Vorwürfe! Mein Shinichi hat vielleicht unvorsichtig gehandelt, aber er kann auf sich und Ran aufpassen." In diesem Moment ertönte ein hektisches Klopfen von der Tür her. "Ich gehe", sagte Eri und ging zur Tür, um sie zu öffnen. Eine völlig aufgelöste Ran stürzte ihr entgegen und warf sich in ihre Arme. "Mama!" Eri fuhr ihr sanft durch das Haar. "Ran, was ist denn mit dir? Du bist ja ganz verweint!" "Es ist wegen Shinichi", antwortete Kogoro, der betrübt aussah und die Hände in den Hosentaschen vergraben hatte. "Aufgrund des Sicherheitssystems konnten Ran und ich zwar fliehen, aber er bestand darauf, sich einen anderen Ausweg zu suchen. Mit dem Fahrstuhl konnten nämlich nur zwei fahren." Eris Blick wurde traurig und sie drückte Ran noch fester an sich. "Wo kommt ihr her?" "Aus dem Quartier irgendeiner Organisation, die sich den Jungen krallen will, soweit ich das aus Rans Gestammel verstehen konnte. Keine Ahnung, wie die Kinder da rein kamen, aber sie haben mich da rausgeholt. Der Gedanke, dass jetzt der Junge statt mir dort festsitzt, macht mich irre!" "Shinichi ist noch bei denen, die ihn umbringen wollten?", fragte Yukiko entsetzt. Ran löste sich von ihrer Mutter. "Frau Kudo!" Sie wischte sich die Tränen ab, griff in ihre Jackentasche und gab ihr Conans Brille. "Shinichi hat es mir erzählt. Er..." Ihre Stimme versagte. "Wie sind Sie da raus gekommen?", wandte sich Heiji schnell an Kogoro. Der Privatdetektiv griff in die Innentasche seines Jacketts und gab ihm die Karte. "Mit der hier." Heiji steckte die Chipkarte ein und zog sich seine Straßenschuhe an. "Heiji, was tust du da?", fragte Kajoshi, obwohl er es natürlich schon ahnte. "Ich hole Kudo da raus. Der glaubt doch selbst nicht, dass es da noch einen anderen Ausgang gibt! Ich werde hier nicht untätig rumsitzen und warten, bis die ihn umbringen!" Ran rannte auf einmal in das Gästezimmer und kam kurz darauf mit der Pistole in der Hand wieder hinausgestürmt. "Ich werde dich begleiten, Heiji!" Sie steckte die Waffe in ihre Jacke. "Ran, bist du irre?!", schrie Kogoro. "Ich bin dein Vater und werde auf keinen Fall zulassen, dass du da noch einmal hingehst! Da gehe ich lieber mit!" Seine Tochter sah ihn schuldbewusst an. "Paps, es tut mir Leid. Aber ich lasse Shinichi nicht im Stich, ich kann nicht hier bleiben." Kogoro wollte zu seiner Tochter und sie festhalten, doch Eri packte seinen linken Arm und zog ihn schweren Herzens zurück. "Kogoro, du kannst sie nicht aufhalten. Sie wird ihrem Herzen folgen." Heiji schnappte sich ein Schlüsselbund vom Schlüsselbrett und sah seinen Bruder an. "Kajoshi, ich leih mir dein Motorrad aus." Kajoshi wollte etwas entgegnen, verkniff es sich dann aber. "Passt auf euch auf..." Heiji nickte und verschwand durch die Haustür nach draußen, dicht gefolgt von Ran. Eri lehnte sich gegen die Wand und rutschte dann nach unten auf den Boden. Ihre Beine fühlten sich so weich wie Pudding an und sie spürte, dass sie nun nicht länger im Stande war, die Situation zu ertragen. Man hatte ihn in eine kleine Kammer befördert, wo er sich in aller Ungestörtheit die Seele aus dem Leib schreien konnte. Langsam ließ die Wirkung des Giftes nach, aber trotzdem erlitt er weiterhin unsägliche Qualen. Diese Organisation hatte es wirklich drauf, unberechenbare Gifte zu mixen. Inzwischen hatte Shinichi es geschafft, sich an die Wand gelehnt aufzusetzen. Er hielt sich den schmerzenden Bauch und atmete tief durch, während ihm der Schweiß in kleinen Bächen von der Stirn troff. Dieser Martini war ein mieses Schwein, das wusste Shinichi. Er hatte angekündigt, ihn mit Ran zu erpressen, und das würde durchaus Wirkung haben. Wenn er Ran nur irgendwie... Shinichi fiel etwas ein und er griff in seine Hosentasche. Als er das kleine Gerät zwischen seinen Fingern spürte, konnte er sein Glück kaum fassen. Heiji fuhr in die Tiefgarage des Firmengebäudes und kam dort zum Stehen. Er nahm seinen Helm ab und sah dann hinter sich zu Ran, die genau das Gleiche tat. "Und du bist dir sicher, dass hier der Fahrstuhl ist?" Sie nickte. "Ja, hier sind Paps und ich vorhin rausgekommen. Dort drüben sind die Fahrstuhltüren." Heiji stieg ab und legte seinen und ihrem Helm auf das Motorrad. "Ich sehe sie. Mit Kartenleser, du hast also Recht. Ich frage mich, ob die Leute, die in dem Gebäude arbeiten nicht manchmal darüber nachdenken, was wohl passiert, wenn man die passende Karte durchzieht. Was unter dem Keller liegt." Sie gingen gemeinsam zu den Aufzügen und Heiji zog die Karte durch den Leser. Die Türen öffneten sich und sie betraten die stählerne Kammer. Unter ihnen lagen drei Geschosse, doch er entschied sich für das obere dieser und drückte den dazugehörigen Knopf. Kaum hatte sich der Aufzug in Bewegung gesetzt, nahm Ran ein leises Geräusch wahr. "Heiji, hörst du das auch?" Er spitzte angestrengt die Ohren. "Ja, ich höre was. Klingt etwas leiser als ein Funkgerät." Da fiel es ihr plötzlich ein: Professor Agasas Miniohrenstecker! Hastig kramte sie in ihrer Jackentasche herum, bis sie ihren gefunden hatte, und steckte ihn sich ins Ohr. "Ran! Ran, hörst du mich!? So melde dich doch!" "Shinichi?", rief sie, aber wer konnte auch sonst anderes dran sein? Heiji neben ihr blickte sie erschrocken an. "Ran! Ich befürchtete schon, du hättest den Ohrenstecker nicht dabei. Wo bist du?" "Ich bin zusammen mit Heiji im Aufzug, der zur Organisation fährt." "Was? Verschwindet sofort, alle beide! Das..." Er brach ab und sie hörte, wie er zu röcheln begann und einen Schmerzensschrei unterdrückte. "Das... Ist eine F-Falle. Wenn s-sie euch krie-iegen, dann ist die Kacke gewaltig a-am Dampfen." "Shinichi, ich höre doch, wie schlecht es dir geht! Sie haben dich gekriegt, stimmts?" Erst sagte er nichts, dann antwortete er: "Hör mir zu, Ran! Ihr solltet sofort verschwinden! Ich habe meine Chance verspielt und es liegt auf der Hand, dass ich das hier nicht überleben werde." "Du spinnst ja wohl!", brüllte sie. "Von wegen 'nicht überleben'! Heiji und ich holen dich da raus! Warte, bis ich mich wieder bei dir melde!" "Ran!" Doch sie nahm kommentarlos den Stecker aus ihrem Ohr und steckte ihn wieder ein. "Was hat er gesagt?", fragte Heiji sie. "Nichts, auf das du oder ich hören würden." Der Fahrstuhl blieb stehen. "Bevor wir aussteigen, möchte ich noch eines von dir wissen: Hast du von Anfang an gewusst, dass Conan Shinichi war?" "Nein, habe ich nicht. Erst bei unserem zweiten Treffen, als er mich benutzte, um einen Fall zu lösen, konnte ich ihn entlarven. Glaub mir, Ran, er hätte es dir liebend gern erzählt." "Ich weiß", erwiderte sie leise. "Ich hole ihn hier um jeden Preis heraus." "Und ich werde dir helfen", versprach er und öffnete die Fahrstuhltür. Sie traten in den Flur und blieben sofort stehen, als sie den Tonbandrekorder vor sich auf dem Boden liegen sahen. Klickend schaltete er sich ein und eine männliche Stimme ertönte: "Willkommen, willkommen! Wie erwartet, haben Sie sich die Mühe gemacht, hier zu erscheinen, um Herrn Kudo zu befreien. In der gesamten Zentrale unserer Organisation sind Tonbänder, die Hinweise auf den Aufenthaltsort Herrn Kudos enthalten. Machen Sie alles richtig und aktivieren Sie die richtigen Tonbänder, können Sie Ihren Freund bald in die Arme schließen. Sobald sie jedoch ein falsches Tonband einschalten oder Ihren Freund befreit haben, sind Sie vogelfrei. Bereit zum Abschuss für jedes Mitglied der Organisation. Ich habe eine fürstliche Belohnung auf Sie ausgesetzt. Hier mein erster Tipp: Für Sie wird dies eine wahre Sisyphusarbeit. Und weniger ist manchmal mehr. Das Spiel hat nun begonnen." Das Tonband schaltete sich aus. "Was war das denn für ein verworrener Tipp?", fragte Ran. "Ich verstehe nur Bahnhof." Heiji rieb sich das Kinn und sah sie dann an. "Kennst du Sisyphus aus der griechischen Mythologie?" Sie schüttelte nur ahnungslos den Kopf. "Sisyphus wurde dazu verdammt, im Totenreich auf ewig einen Stein den Berg hinaufzurollen und wenn er oben ist, rollt der Stein auf der anderen Seite wieder hinunter. Und dann muss er ihn wieder hinaufrollen, aber letztendlich landet der Stein doch immer wieder unten." "Also müssen wir mit dem Fahrstuhl tiefer fahren, so wie der Stein gerollt ist?" "Ja", gab er zur Antwort. "Und der zweite Tipp..." "Weniger ist manchmal mehr?" "Genau der. Wahrscheinlich soll das heißen, dass er sich nur eine Etage unter uns befindet und nicht ganz unten." Heiji hob das Tonbandgerät auf und nahm es genau unter die Lupe. "Ich seh schon, ein Bewegungsmelder. Wenn sich jemand nähert, springt das Ding von allein an. Ran, sei vorsichtig, nicht dass du aus Versehen eines aktivierst!" Sie nickte. "Keine Sorge, das kriege ich hin. Lass uns jetzt dem Hinweis folgen!" tbc... Kapitel 6: Versöhnung? ---------------------- Hi @ alle, So, das vorletzte Kapi. Hätte das hier zwar länger machen und das letzte zum Epilog machen können, aber das wäre dann arg kurz geworden und so habe ich alles schön aufgeteilt. ^_- Dankeschön für Eure Kommis, hab mich mal wieder gefreut wie der Hase im Karottenfeld. Der entführte Detektiv - Versöhnung? Eri öffnete die Augen und sah sie alle im Wohnzimmer um den Tisch sitzen. War sie etwa eingenickt? Irgendwie wirkte alles etwas unscharf und als sich das nach mehreren Sekunden immer noch nicht geändert hatte, hob sie ihren Kopf und sah auf den Tisch. Dort lag ihre Brille und sie setzte sie sich auf. Hmm, hatte sie sich nicht irgendwo angelehnt während des Schlafens? Aber neben ihr saß doch... "Mann, ich würde auch gern ne Runde schlafen", sagte Kogoro und griff zu der Packung Zigaretten vor ihm. Doch dann legte er sie wieder zurück und seufzte. "Ich schätze, das könnten wir alle gebrauchen." "Möchten Sie vielleicht einen Sake?", fragte Kajoshi. Kogoro winkte ab. "Nein, danke. Ich sollte mir diese elende Trinkerei sowieso abgewöhnen." "Woher der Sinneswandel?", fragte Eri misstrauisch. "Ach, bilde dir bloß nichts drauf ein! Das mache ich ganz allein wegen Ran. Sie mag es nicht, wenn ich..." Er verstummte und sah nun recht betreten aus. Schließlich stand er auf, sagte: "Ich muss mal eben frische Luft schnappen." und verließ dann den Raum. "Oje, ich kann verstehen, was er sich für Sorgen macht", sagte Yukiko und sah ihm traurig hinterher. Eri neben ihr schwieg und lehnte sich seufzend zurück. Plötzlich kam Kogoro zurück in das Zimmer und sah zu Yukiko. "Yukiko, rat mal, wer vor der Tür stand!" "Shinichi?", fragte sie hoffnungsvoll. Der Kopf von Yusaku Kudo erschien neben Kogoro. "Nicht ganz, meine Liebe." Trotzig verschränkte sie die Arme vor der Brust. "Schau an, der große Französisch-Sprecher! Wie kommst du denn hierher?" Yusaku lachte nur. "Ach, bist du mir immer noch böse wegen der Sache in Frankreich? Das ist doch schon drei Wochen her." Da seine Frau sich jedoch nur zickig wegdrehte, wandte er sich nun an die Gastgeber und reichte beiden die Hand. "Einen wunderschönen guten Morgen. Die Umstände, die Sie haben, tun mir Leid." "Wie hast du davon erfahren?", erkundigte sich Eri interessiert. Yusaku war ihrer Meinung nach der erste erwachsene Detektiv in der Runde. "Professor Agasa hat mir davon erzählt, nachdem ich wieder zurück nach Tokio gekommen war", antwortete er. "Er sagte auch, ich würde Yukiko hier vorfinden." "Aha, und jetzt willst du Shinichi helfen", meinte Yukiko leicht abschätzig. Ihr Gatte lächelte jedoch nur charmant. "Eigentlich bin ich in erster Linie wegen dir hier." "Bist du wahnsinnig?!", schrie sie los und stand schnell auf, um auf ihn loszugehen. "Unser Sohn und Ran befinden sich in höchster Gefahr und du tust so, als wäre das ein Pappenstiel! Shinichi ist vielleicht gut in dem, was er macht, aber das muss ja nicht heißen, dass er nicht auch mal die Unterstützung seines Vaters braucht!" Beschwichtigend wedelte er mit beiden Händen. "Hey, Liebling! Immer mit der Ruhe! Du vergisst, ich bin nicht auf dem neuesten Stand. Es scheint sich ja inzwischen einiges getan zu haben." "Oh, ja, das hat es! Unser Junge befindet sich jetzt in der Gewalt so einer krummen Organisation und Ran und Heiji haben sich aufgemacht, um ihn da rauszuholen!" "Ja, aber dann liegen die Dinge doch gut. Wenn du von Heiji Hattori redest, dann sollten wir uns wirklich keine Sorgen machen", widersprach er sanft. Nun ging Yukiko endgültig in die Luft. "Du Spinner! Dein Sohn ist genauso stur und selbst von sich überzeugt wie du! Wenn Shinichi irgendwas passiert, dann gnade dir Gott!" Mit diesen lauten Worten zischte sie an ihm vorbei und direkt zur Haustür hinaus. Eri stand auf und ging ihrer Freundin hinterher. "Oje...", murmelte Kogoro und wandte sich dann an Yokomi. "Verzeihen Sie, wäre es wohl möglich, noch einen Tee zu bekommen?" Sie nickte. "Sicher. Wollen Sie mit in die Küche kommen?" Kogoro nickte und die beiden verschwanden ebenfalls aus dem Zimmer. Yusaku ließ sich auf dem Sofa nieder und fuhr sich geschafft durch das Haar. "Meine Frau ist schlimmer als jeder Jet Lag, wenn sie einmal richtig in Fahrt ist. Verzeihen Sie." "Nun ja..." Kajoshi sah sein Gegenüber unbehaglich an. "Ich kann sie aber sehr gut verstehen. Ich mache mir auch wegen Heiji furchtbare Sorgen. Er hat einen Hang dazu, sehr impulsiv zu sein. Sie müssten ihn mal sehen, wenn er bei einem Fall warm läuft." "Ja, das ist den meisten Detektiven so eigen. Ich bin in meiner Jugend auch sehr ehrgeizig gewesen und Shinichi ist in dieser Beziehung fast noch schlimmer als ich." Kajoshi beugte sich vor und schloss vertraulich die Augen. "Jetzt mal Hand auf's Herz: Sind der Oberschülerdetektiv Shinichi Kudo und der kleine Conan Edogawa ein und dieselbe Person?" Nun sah sich Yusaku in einer echt brenzligen Situation. "Ah, also wissen Sie..." "Keine Ausreden! Ich habe jeden Ihrer Romane mehrere Male gelesen und jeden Artikel über Sie verschlungen. Ich weiß, dass Sie Yusaku Kudo sind, obwohl Sie sich nicht namentlich vorgestellt haben und auch nur Ihre Frau ihren Vornamen nannte. Und wenn Sie jetzt von einem Sohn namens Shinichi reden, dann kann das ja nur Shinichi Kudo sein, nach dem jetzt Ran und mein Bruder suchen. Ist es nicht so?" Yusaku rutschte bedrängt zurück und lächelte nur nervös. "Es ist wirklich nicht so..." Doch Kajoshi lächelte nur aufmunternd. "Ach, ich verrate es schon keinem. Scheint ja topsecret zu sein, sonst hätte Heiji es mir erzählt. Viel wichtiger ist jedoch..." Glücklich packte er Yusakus rechte Hand. "...dass der berühme Kriminalautor Yusaku Kudo in unserem Haus ist! Mann, das glaubt mir keiner!" Als Eri nach draußen trat, sah sie Yukiko auf dem Fußweg stehen und in den Himmel hinaufschauen, der den frühen Tag in sich wiegte. Bald würde die Sonne aufgehen und die ersten goldenen Strahlen würden die Häuser Osakas in hellem Orange aufleuchten lassen. Ihre Augen drückten stumme Besorgnis aus und sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt. "Yukiko?", fragte Eri vorsichtig und ihre Freundin seit Kindertagen sah sie an. "Meine Liebe, so beruhige dich doch etwas! Du bist völlig aufgewühlt, das macht dich doch völlig fertig." "Eine schön blöde Kuh bin ich, nicht wahr?" Yukiko lächelte. "Mein Sohn befindet sich in Lebensgefahr und ich fange einen künstlichen Streit mit meinem Mann an. Als ob das Shinichi helfen würde..." Eri ging zu ihr und legte ihr eine Hand auf die Schulter. "Yusaku hat das doch nicht mit Absicht gemacht. Es ist nun mal seine Art, seinem Sohn alles zuzutrauen, so wie er es auch bei sich macht. Die Beiden sind sich nun mal sehr ähnlich." "Nun, ja, nicht ganz. Yusaku war zwar auch ein bekannter Oberschülerdetektiv, aber irgendwann zog er sich davon zurück und begann, Krimis zu schreiben. Shinichi wird das Detektivsein nie aufgeben. Sein ganzes Leben wird er Fälle lösen und sich in große Gefahren begeben. Natürlich nur, wenn er das hier überlebt." Yukiko wischte sich eine Träne von der Wange. Ihr Lächeln wurde etwas ironisch. "Immer hat er sich für die Gerechtigkeit eingesetzt, da kann das doch jetzt nicht die Art sein, wie sein junges Leben endet." "Er wird nicht sterben", beruhigte Eri sie sanft. "Keines der Kinder wird das. Sie passen doch auf einander auf." Sie nahm ihre Brille ab und rieb sich mit drei Fingern über die Augen. Sie war nie die Frau gewesen, die weinte. Selbst im Kindergarten war sie immer das dominante Mädchen gewesen, vor dem sich die Jungen in Acht nahmen. Nur Kogoro hatte sie immer wieder geärgert und sogar zur Weißglut getrieben. Aber damals waren das Spielereien unter Kindern gewesen und keiner hatte ahnen können, dass sie einmal an diesem Punkt in ihrem Leben stehen würden. Nein, sie hatte fast nie geweint. Nicht einmal, als sie bei ihrem Mann und ihrer Tochter ausgezogen war. Doch jetzt wollte sie weinen. Um alles, was sie im Leben verloren hatte und vermisste, um all ihre Fehler, die sie gemacht hatte. Aber sie tat es nicht. Ihre Kehle schnürte sich zusammen und ihre Augen brannten, doch sie konnte nicht weinen. Irgendwo in ihrer verwüsteten Gefühlswelt war etwas, das es ihr verbot. Denn sie, die erfolgreiche Anwältin Eri Kisaki, die vor dem Gesetz noch immer Eri Mori hieß, hatte noch nie in der Gegenwart anderer geheult. "Ich traue den Dreien wirklich alles zu", stimmte Yukiko zu, der natürlich nicht entgangen war, was in ihrer Freundin vorging. Sie hatten sich viele Jahre nicht mehr gesehen, aber in dem anderen zu lesen, verlernte man in einer engen Freundschaft nicht. "Weißt du, ich... Ich werde jetzt reingehen und in Ruhe mit Yusaku reden. Kommst du mit rein?" Eri schüttelte den Kopf. "Nein, geh schon mal allein. Ich bleib hier noch eine Minute stehen." Und insgeheim hoffte sie, endlich die Tränen loszuwerden, die sich in ihr anstauten. Yukiko ging in das Haus hinein und Eri blieb, mit dem Rücken zu diesem gedreht, stehen. Sie schaute wieder in den Himmel und wünschte sich, endlich alles rauslassen zu können. Doch es kam nichts, ihre Augen blieben völlig trocken. "Bin ich wirklich so ein gefühlskaltes Scheusal? Ist das meine Strafe, dass ich keine Tränen mehr besitze, die ich für meine Tochter vergießen könnte?" "Du bist nun mal der starke Typ, den nichts so schnell aus der Bahn wirft. Immer seriös und eine Kratzbürste, wenn du dich angegriffen fühlst", sagte jemand hinter ihr. Sie zuckte leicht zusammen. Wie lange stand er schon hinter ihr? Warum hatte sie nicht bemerkt, wie er nach draußen gekommen war? Langsam drehte sie sich um und wollte schon wieder ihre Brille aufsetzen, als plötzlich alles auf sie einstürzte. *Welch Ironie des Schicksals! Die ganze Zeit bin ich unfähig alles raus zulassen und ausgerechnet dann, wenn Kogoro vor mir steht, breche ich in Tränen aus. Das muss ja ein wahres Bonbon für ihn sein.* Doch entgegen ihrer Gedanken, ging er zu ihr und nahm sie vorsichtig in den Arm. "Ich dachte schon, du würdest es in dir aufstauen, bis du endgültig zusammenbrichst", sagte er. "Lass es einfach raus! Du musst dich nicht schämen..." Und sie tat es. Weinte wie noch nie in ihrem Leben zuvor. Ran und Heiji liefen einen schmalen Gang entlang. Wie lange sie nun schon unterwegs waren, vermochte keiner der Beiden zu sagen. Heiji hatte bisher jeden Tipp zu lösen gewusst, doch es schien, als jage man sie quer durch alle Etagen. Wahrscheinlich war das auch so, denn Ran hatte schon völlig die Orientierung verloren. Hoffentlich wusste Heiji noch, wo sie waren, ansonsten konnte das eine wahre Irrfahrt werden. Ihre Füße schmerzten schon und sie war krank vor Sorge um Shinichi. Vor einer Minute hatte sie schon einmal versucht, ihn über den Ohrenstecker zu erreichen, doch er hatte nicht darauf reagiert. Sie blieb stehen und Heiji drehte sich verwundert zu ihr um. Doch als er sah, dass sie den Ohrenstecker aus ihrer Jacke holte, kam er zu ihr zurück und stellte sich neben sie. "Shinichi?", fragte sie so laut wie möglich. Zuerst kam wieder keine Antwort, doch nach einigen Sekunden meldete er sich: "Ran?" Erleichtert atmete sie auf. Er lebte noch. "Shinichi, geht es dir gut?" "Naja, ich könnte mir angenehmeres vorstellen, als hier eingesperrt zu sein." "Du weißt, wie ich das meinte!" "Ja, Ran", antwortete er ruhig. "Es ist alles in Ordnung. Gib mir doch bitte mal Heiji!" Zögerlich nahm sie den Stecker aus ihrem Ohr und reichte ihn Heiji, der ihn nur verdutzt an sich nahm. "Was ist, Kudo?" "Wisst ihr, wo ihr euch befindet?" "Sag mal, was ist denn mit deiner Stimme passiert? Du klingst ja gar nicht mehr wie ein Kind." Ran zuckte zusammen, als ihr einfiel, dass sie Heiji nicht erzählt hatte, dass Shinichi wieder groß war. "Oje, das habe ich dir ja gar nicht gesagt!" "Sei's drum", meinte Shinichi, der das gehört hatte. "Ich habe das Gegengift genommen und habe wieder meinen alten Körper. Und jetzt beantworte meine Frage, Heiji!" "Wir sind in der mittleren Etage", antwortete er ohne großes Überlegen. "Allerdings finden wir keine Tonbänder mit Hinweisen mehr." "Könnte bedeuten, dass ihr ganz in der Nähe von dem Raum seid, in dem ich gefangen bin. Pass auf, ich sehe die Tür und trete dagegen. Mit dem Trittverstärker habe ich es schon probiert, aber ich habe sie nicht aufgekriegt. Vielleicht hört ihr aber einen Knall oder so, der euch meinen Standort verrät." "Ok, Kudo, dann leg mal los!" "Was ist denn?", fragte Ran, doch Heiji hielt ihr plötzlich die Hand vor den Mund und lauschte angestrengt. Dann hörte er tatsächlich einen dumpfen Schlag. "Ich habe es gehört", verkündete er Shinichi. "Wir kommen jetzt und du wiederhole das, so oft du kannst!" "Kein Problem!" Heiji packte Ran schnell an der Hand und rannte mit ihr in die Richtung, aus der der erste Knall gekommen war. Kogoro kam wieder in das Wohnzimmer, indem sich bereits wieder alle eingefunden hatten, bis auf Eri, die im Bad war und versuchte, die Spuren ihres Tränenausbruchs zu verdecken. Yukiko hatte sich an ihren Ehemann gelehnt und Kajoshi und Yokomi starrten abwesend auf die Tischplatte. Im gesamten Zimmer herrschte Totenstille. Da bemerkte Kogoro plötzlich etwas auf dem Tisch, das ihn stutzen ließ. "Sagt mal, ist das nicht Conans Brille?" Alle sahen ihn verwirrt an, da keiner wusste, was er mit dieser Frage bezweckte. "Ja, Ran hat sie mir gegeben", gab Yukiko zur Antwort. "Aber, das versteh ich nicht. Ich dachte, der Frechdachs ist in Tokio." Yusaku zog überrascht beide Augenbrauen hoch. "Du weißt doch, dass er hier ist. Ran und Heiji sind doch auf, um ihn zu retten, vergessen?" "Sag mal, tickst du noch ganz richtig?", rief Kogoro entsetzt. "Sie wollen Shinichi da rausholen und nicht Conan!" Ahnungslose Blicke wurden ausgetauscht. "Shinichi und Conan sind dieselbe Person, wusstest du das nicht?", sagte Eri, die gerade das Zimmer betrat. "Willst du mir etwa erklären, dass dieser Sechsjährige und Shinichi ein und dieselbe Person sind? Wie soll das denn bitteschön funktionieren?" Kogoro wusste nicht mehr, wo oben und unten war. Schließlich versuchte man ihm gerade zu erklären, dass der kleine Rotzlöffel Conan in Wirklichkeit Shinichi Kudo war. Zwar würde das einiges erklären, aber das machte die Sache noch undurchsichtiger. "Du hast ihn doch gesehen", meinte Eri verwundert. "Ich habe Shinichi gesehen, ja", stimmte er zu. "Aber Conan ist doch viel jünger und kleiner!" "Sieht so aus, als hätte er endlich das Gegengift bekommen", überlegte Yusaku und betrachtete nachdenklich Conans Brille. "Gegengift?" Auf einmal wurde das Gespräch vom schrillen Klingeln des Telefons unterbrochen. Kajoshi ging schnell hin und nahm ab. "Hattori?" Erst hörte er angestrengt, dann weiteten sich seine Augen. "Oh!" tbc... Kapitel 7: Das finale Gefecht ----------------------------- Hi @ meine Leser und Kommischreiber ^^ Hier der letzte Teil der FF, aber ich schreibe schon fleißig an ner Art Fortsetzung, die wahrscheinlich "About Love, Thieves and Friendship" heißen wird. Vielleicht schaut ihr dann da auch mal rein? *liebguck* Werde es innerhalb der nächsten 2 Wochen beginnen, ok? Aber jetzt wünsch ich euch erst mal wieder viel Spaß beim letzten Kapitel von "Der entführte Detektiv". ;) Der entführte Detektiv - Das finale Gefecht Endlich waren Heiji und Ran vor der Stahltür angekommen, hinter der sich ihr Freund befand. Heiji schlug mit der flachen Hand dagegen. "Kudo, bist du da drin?" "Brüll doch nicht so!", kam es aus dem Ohrenstecker. Heiji hüpfte kurz erschrocken auf und ihm fiel ein, dass er ja nicht nur die Tür angeschrieen, sondern auch gleichzeitig in das Gerät gebrüllt hatte. "Sorry, kommt nicht noch mal vor." "Schau mal, Heiji", machte Ran auf sich aufmerksam und gab ihm einen Zettel. "Den hier habe ich neben der Tür gefunden. Sicher verrät er uns den Code für die Tür." Heiji sah auf und schaute, wo man einen Code eingeben konnte. Sie hatte Recht, an der Wand befand sich ein Gerät mit Zahlentasten. Dann sah er sich wieder den Zettel an. "Das ungleiche Paar, einst auf verschiedenen Kontinenten geehrt, doch nun vergessen. Getrennt in ihrer Gesinnung, streift sie um ihn herum. Zieht ihren Kreis, die große Gäa. Erreicht Ra dabei nie. Der Hund kann nicht bellen, frisst kein Fleisch, denn er ist klein, gar liebreizend. Plagt jedoch auch den kleinsten Kontinent." Ran schaute ahnungslos auf den Zettel. "Ich verstehe kein Wort." "Im ersten Abschnitt des Textes handelt es sich um Gottheiten, glaube ich." Angestrengt sah Heiji den Zettel an. "Ra wurde im alten Ägypten als Sonnengott verehrt. Aber wer ist Gäa?" " 'Einst auf verschiedenen Kontinenten geehrt' ", meldete sich Shinichi zu Wort. "Gäa ist eine Göttin aus dem antiken Rom und die Erdgöttin. Dieser Typ steht wohl auf Mythologie und das antike Rom." "Stimmt, daher auch diese ganzen Fragen. Die haben sich doch fast alle nur damit beschäftigt." Ran nickte zustimmend. "Also ist Gäa die Erde und Ra die Sonne. '...streift um ihn herum. Zieht ihren Kreis...' Ich hab's! Damit ist bestimmt das Jahr gemeint, wenn die Erde einmal die Sonne umrundet." "Ja, das ist logisch", stimmte Heiji zu. "Demnach ist wahrscheinlich eine bestimmte Jahreszahl gesucht." "Was war das mit dem Hund?", fragte Shinichi. "Der Hund kann nicht bellen, frisst kein Fleisch, denn er ist klein, gar liebreizend. Plagt jedoch auch den kleinsten Kontinent", las sein Freund noch einmal vor. "Ein Hund, der nicht bellen kann?" Shinichi meldete sich wieder zu Wort: "Fangen wir doch ganz einfach an. Hund, was könnte das bedeuten? Vielleicht der lateinische Name für Hund." "Canus?", wollte Heiji wissen und erhielt Zustimmung. "Aber was soll das mit dem klein und liebreizend?" "Vielleicht eine Verniedlichung", schlug Ran vor. "Hündchen?" "Wohl eher Canchen", fügte Heiji planlos hinzu. "Kaninchen", kam es von Shinichi. "Kaninchen? Bist du dir sicher, Kudo?" "Ja, ich bin mir sicher. Denk an den letzten Satz! Der kleinste Kontinent ist Australien und dort gibt es Kaninchenplagen. Deswegen auch 'kann nicht bellen, frisst kein Fleisch'." Heiji nickte, auch wenn Shinichi das nicht sehen konnte. "Jahr und Kaninchen. Das Jahr des Kaninchens!" Doch Shinichi setzte seiner Freude einen Dämpfer, indem er zugab: "Keine Ahnung, welches Jahr das zuletzt war." "Oje, das weiß ich auch nicht", musste Heiji einräumen und seufzte. Jetzt hatten sie zwar das Rätsel gelöst, doch nun scheiterte es an so einer kleinen Sache. "1987?", fragte Ran kleinlaut. "Könnte es das sein? Mein Cousin ist da geboren." Heiji sah unbehaglich drein. "Es ist gefährlich, wenn wir es nicht genau wissen. Ich könnte mir vorstellen, dass wir ganz schön in der Klemme stecken, wenn das falsch ist." "Tu es!", sagte Shinichi plötzlich. "Ich vertraue Ran und sie ist auch nicht auf den Kopf gefallen." Der andere Detektiv musste lächeln. Wahrscheinlich hätte er das selbe getan, wäre er an seiner Stelle gewesen. Ohne Widerworte ging er zum Codeschloss und gab 1-9-8-7 ein. Ein Klicken ertönte und er drückte die Klinge der Stahltür runter. Sie ging auf. Ran stürzte sofort in den Raum hinein und auf Shinichi zu, der wieder an der Wand saß. Er sah sehr erschöpft aus, dennoch lächelte er sie an. "Alles ok bei dir, Ran?" "Das fragt genau der Richtige!" Erleichtert umarmte sie ihn, was er erwiderte. Heiji ließ ihnen eine Sekunde und kam dann zu ihnen, um Shinichi auf die Beine zu helfen. "Du siehst ganz schön fertig aus, Kudo." "Geht schon", meinte er und stützte sich an der Wand ab. "Nur tut mir mein Bein etwas weh und..." Er stoppte. "Was und?", wollte Ran sofort wissen. Shinichi wollte ihr nun wirklich nicht sagen, dass er durch dieses verdammte Gift der Organisation reichlich geschwächt war. Das hätte nur Fragen und letztendlich womöglich noch Tränen mit sich gebracht. "Lasst uns lieber schnell verschwinden!" Sie traten gerade aus dem Raum heraus, als sie schnelle Schritte von zwei Personen vernahmen. Sie rannten in die andere Richtung, doch Shinichi fiel immer mehr von seinen Freunden zurück. Auf einmal spürte er, wie ihn zwei Hände packten und zu Boden stießen. Dann sah er gerade noch, wie ein schwarzer Stiefel auf sein Handgelenk niedersauste und seine Uhr zertrümmerte. "Die hätten wir schon mal unschädlich gemacht", sagte jemand über ihm. Shinichi sah hinauf zum Besitzer des Stiefels und riss entsetzt den Mund auf. "Gin!" Der grinste nur überlegen. "Du kennst mich noch, ja?" Er verstärkte den Druck auf seinen Fuß und genoss den Schrei des Jungen, als er dessen Handgelenk brach. "Nimm sofort deinen Fuß da weg!", befahl Ran und Shinichi sah überrascht, wie sie dort mit der Pistole stand und auf den schwarz gekleideten Mann zielte. Hoffentlich bemerkte Gin nicht, dass sie vergessen hatte, zu entsichern. Gin lachte leise, nahm jedoch sein Bein wirklich weg. Schnell stand Shinichi auf und ging zu Heiji und Ran. Dann blickte er wieder zu Gin, der nun seinerseits eine Waffe zog. Hinter ihm stand Wodka und man konnte auch schon die Schritte weiterer Gegner hören. Wie in Zeitlupe sah er, wie Gin den Abzug seiner Pistole betätigte, während er sie auf Ran richtete. *Nein, nicht Ran!* Rans Augen wurden groß und sie wäre voll von der Kugel getroffen worden, hätte Shinichi sie nicht gepackt und umgerissen. Er knallte mit dem Kopf gegen die Wand und im wurde schwarz vor Augen. Doch diese Dunkelheit verschwand sofort, als er Rans Aufschrei hörte. Blitzschnell rappelte er sich auf und sah seine Freundin an, die sich den linken Oberschenkel hielt, während der wie verrückt blutete. Vermutlich hatte Gin sie an der Oberschenkelarterie getroffen. "Bleib liegen, beweg dich nicht!", befahl er ihr scharf. Etwas Warmes lief seine Stirn hinab, aber das war im Moment seine geringste Sorge. Er griff schnell nach der Waffe, die Ran fallen gelassen hatte, und richtete sie gegen Gin. Demonstrativ entsicherte er sie, auch wenn das mit nur einer Hand schwer war. "Nur eine falsche Bewegung und ich drücke ab!" Gin kannte die Menschen, hatte gelernt, die unterschiedlichsten Gefühle aus den Augen seiner Gegner und Klienten herauszulesen. Angst, Verzweiflung, einfach alles erkannte er durch einen Blick. Und was er in Shinichis Augen sah, war unverkennbar pure Entschlossenheit. Dieser Detektiv würde abdrücken, wenn es darauf ankam. Aber was machte das schon für einen Unterschied? Sie waren keine ebenbürtigen Gegner. Für ihn war klar, wer den Kampf zwischen verletztem Schülerdetektiv und angesehenem Organisationsmitglied gewinnen würde. Dieser Kudo würde nur eine weitere zermatschte Fliege auf seiner Windschutzscheibe sein. Langsam bog sich Gins Zeigefinger um den Abzug seiner Pistole. Ein Schuss schallte durch den Gang und die beiden Kontrahenten sahen sich eine Sekunde lang fest in die Augen, bis einer zu Boden ging. Ran hatte dem Schauspiel entsetzt zugesehen und auch Heiji und Wodka starrten sie an. "Du verfluchter Schnüffler!", zischte Gin, der auf dem Boden hockte und sich sein blutendes Knie hielt. Der Schuss hatte direkt seine Kniescheibe getroffen. "Ich hätte dich damals mit einem gezielten Schuss in die Stirn töten sollen!" Schnell hob er seine Waffe, die er noch immer in der linken Hand hielt, doch plötzlich ertönte ein weiterer Schuss und die Pistole flog ihm aus der Hand. Wieso konnte der Junge so gut schießen? Shinichi sicherte die Waffe und senkte sie. "Ich töte niemanden und ich werde es auch nicht. Es würde alles verraten, was ich bin. Ich bin der Oberschülerdetektiv Shinichi Kudo und du hast verloren, Gin." Rans Sicht verschwamm einen Augenblick, dennoch sah sie ihn weiterhin an. "Shinichi..." Er wandte sich zu ihr, steckte die Pistole ein und schob vorsichtig seine Arme unter ihren Körper, um sie hoch zu heben. Den Schmerz in seiner linken Hand ignorierte er dabei. "Lasst uns gehen, ja?" "Einen Moment noch, Shinichi", hielt Heiji ihn auf. "Noch eins." Mit einer blitzschnellen und geschickten Bewegung packte er Wodka, der nicht weit von ihm entfernt gestanden hatte, und nahm ihn in den Schwitzkasten. Zwar kostete ihn diese Aktion einiges an Mühe, da Wodka alles andere als zierlich war, doch er schaffte es, dem Organisationsmitglied die Waffe zu entreißen, als der sie aus lauter Not ziehen wollte. "Ok, Nummer Eins." Shinichi wusste nicht, was er dazu hätte sagen können. Das war doch völlig irreal. Immerhin sah er gerade eine Rangelei zwischen Heiji und Wodka. Worauf wollte sein Freund nur hinaus? Heiji warf gerade die Waffe vor Shinichis Füße, der sie geistesgegenwärtig mit dem Schuhabsatz stoppte, als es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. "So, und jetzt", sagte Heiji, "Sagst du mir, wer von euch beiden die Chipkarte für den Aufzug hat!" "Nie im Leben!", knurrte Wodka und versuchte erneut, sich von Heijis Umklammerung zu befreien. "Wir haben Loyalität geschworen!" "Ach, was denkst du, wie lange es eure Organisation noch geben wird? Ich werde euch alle hinter schwedische Gardinen bringen und nur weil Shinichi sagt, dass er keine Menschen tötet, muss das noch lange nicht auf mich zutreffen! Drei ehrliche Leben sind mir lieber als ein verlogenes!" Er verstärkte den Griff, woraufhin Wodka japsend nach Luft schnappte. "Gi... Gin", röchelte er. "Du Idiot!", schrie Gin. "Du bist schon so gut wie tot!" Um die Ecke kamen nun fast zwei Dutzend schwarz gekleidete Männer gestürzt und Heiji beeilte sich zu Gin zu kommen, der sich verzweifelt wehrte. Allerdings hatte das keinen Zweck, da Heiji noch Herr über alle seine Gliedmaßen war. Der Junge griff frech in die Innentasche von Gins Mantel, aus der er die Chipkarte zog. "Danke, die Herren!" Die anderen Kontrahenten waren nun bei ihnen und Heiji zog etwas aus seiner Jackentasche. Als Shinichi erkannte, was es war, rannte er mit Ran in die andere Richtung, die frei war. "Hey, Jungs!", rief Heiji, woraufhin alle stehen blieben und ihn ansahen. "Fangt!" Dann zog er den Ring von der Dose ab und warf sie vor ihre Füße, bevor er sich Wodkas Pistole von der Stelle schnappte, an der noch eben Shinichi mit Ran gestanden hatte, und einen Schuss in die Decke abfeuerte. Der gesamte Flur war nun voller Rauch und man konnte die unterschiedlichsten Geräusche wahrnehmen, da jeder außer Heiji selbst die Orientierung verloren hatte. Noch einmal gab er einen Schuss ins Leere ab und dann rannte er in die Richtung davon, in der schon Shinichi und Ran verschwunden waren. Durch die Schüsse hatte er hoffentlich genug Verunsicherung gestiftet, damit sich diese Typen gegenseitig bekämpften. Als er in den nächsten Flur einbog, erblickte er schon Ran und Shinichi, die vor den Aufzugtüren warteten. Shinichi hatte seine inzwischen bewusstlose Freundin auf den Boden gelegt und sah angespannt zu Heiji. "Wir müssen ihr das Bein abbinden, sonst verblutet sie!" "Kein Problem." Heiji zog seine Jacke aus und machte sich daran, sie so fest wie möglich um Rans Oberschenkel zu binden. "Woher hattest du die Rauchbombe?", fragte Shinichi, während er seinen Freund beobachtete. "Mein Vater hat sie mir mitgegeben, da er schon ahnte, dass sie nützlich sein könnte." Shinichi senkte seinen Blick und sah auf seine blutverschmierten Hände. Rans Blut. "Hoffentlich überlebt sie das. Ich weiß nicht, was ich ohne sie... Sag es ihr!" Überrascht sah Heiji Shinichi an. "Wem soll ich was sagen?" Shinichi lächelte und neigte das Gesicht noch weiter gen Boden, damit Heiji nicht die Tränen sehen konnte, die sich in seinen Augen sammelten. "Kazuha. Sag ihr, was du fühlst, sobald es geht! Ein Leben ist zu kurz, um ewig zu zögern." Heiji schwieg kurz, doch dann nickte er. "So, ich bin fertig. Allerdings weiß ich noch immer nicht, wie wir zu dritt mit dem Fahrstuhl hier herauskommen." Wie auf's Stichwort kam ein schwarz verhüllter Mann aus dem vernebelten Flur gestürzt und rannte an ihnen vorbei. Shinichi erfasste die Lage innerhalb von einem Sekundenbruchteil, zog die Waffe, warf sie vor sich und stellte seine Super-Trittkraftverstärker auf Stufe Drei. Er trat mit aller Gewalt gegen die Pistole, die nun zum Trittgeschoss umfunktioniert worden war, und traf den Mann mit absoluter Präzision am Hinterkopf. Der stürzte und Heiji packte die Gelegenheit am Schopfe, um zu dem halb Bewusstlosen zu gehen und ihn mit dem Fuß auf dem Boden festzunageln. Dann kramte er in seiner Jackentasche herum und holte schließlich ein Paar glänzender Handschellen hervor. Die legte er dem seltsamen Typen an und zog ihn rücksichtslos auf die Beine. "Du suchst doch bestimmt noch eine Mitfahrgelegenheit, Kumpel!" Er zog ihn zu der Stelle, an der Shinichi und Ran waren. "Hier, jetzt können wir." "Hast du die Handschellen auch von deinem Vater bekommen?", erkundigte sich Shinichi, als er Ran wieder hoch hob. Heiji grinste nur. "Ich habe sie eher für einen guten Zweck entwendet." "Ich fahre mit Ran zuerst rauf, ok?" "Ohne Frage." Heiji zog eine der beiden Chipkarten durch den Leser und gab sie dann seinem Freund. "Pass gut auf sie auf!" Die Fahrstuhltüren öffneten sich und Shinichi stieg ein. "Ich weiß, dass du nicht die Karte gemeint hast. Ich verspreche, das werde ich!" Er betätigte die oberste Taste und gerade als sich die Fahrstuhltüren wieder schlossen, hörte er, wie die vermummte Gestalt nur ein Wort sagte: "Kudo." Shinichi horchte auf und dieser eine Gedanke ließ ihn nicht los, bis sie oben waren: Diese Stimme gehörte doch... Oben angekommen hörte er das erlösende Geräusch von sich öffnenden Aufzugtüren. Erleichtert aufatmend verließ er den Fahrstuhl und blieb auf einmal erstarrt stehen, als er sah, was in der Tiefgarage los war. Das würde Heiji freuen und Ran konnte so schnell wie möglich geholfen werden. "Verflucht, dieser elende...!", knurrte Gin, der von Wodka abgestützt wurde. Irgendwie hatten die zwei es tatsächlich geschafft, noch aus dem Gewühl zu verschwinden, und nun waren sie auf dem Weg zum Ausgang. Der Fahrstuhl war nicht die einzige Möglichkeit, die Zentrale zu verlassen. Betreten ja, aber nicht verlassen. Sie befanden sich in einem engen Gang und waren gerade an einer stählernen Tür angekommen. Innen hatte sie eine Klinke, aber außen war sie völlig blank. Der perfekte geheime Ausgang. Wodka öffnete die Tür und stützte Gin ab, als sie ins Freie traten. Die Tür schlug hinter ihnen zu. "Und jetzt schön brav stehen bleiben." Überrascht sahen die Beiden auf. Das hier war altes Baugelände, nie verirrte sich einer hierher. Doch jetzt schon. Es war Ai, die eine Pistole auf die Beiden gerichtet hielt. "Ich habe euch schon erwartet." "Sherry!", knurrte Gin. Sie lächelte überlegen. "Wie auch immer ich heißen soll, Liebster." Scheinwerfer gingen an und tauchten das ganze Gebiet in helles Licht. Jetzt sahen die zwei Männer in Schwarz, dass überall Polizeiwagen und Polizisten standen und ihre Gewehre und Handfeuerwaffen auf sie gerichtet hatten. Ja, so eine Tür, die nur von einer Seite geöffnet werden kann, ist schon ein toller Fluchtweg. Jedoch nicht, wenn man in ein Gebäude hinein flüchten will. Der Regen drosch in Strömen auf Osaka nieder und der Himmel war eine einzige Masse aus den unterschiedlichsten Grautönen. *Hört es denn nie auf zu regnen?* Shinichi sah aus dem Fenster und fühlte sich absolut machtlos. Er und Ran waren sofort vom Notarztwagen ins Krankenhaus gefahren worden und nun stand er hier und wartete. Nur worauf, das wusste er nicht genau. Darauf, dass die OP von Ran endlich vorbei sein würde? Darauf, dass ihm jemand sagte, ob sie es geschafft hatte? Oder wartete er einfach auf jemanden, der ihn in den Arm nehmen konnte? "Hey, Shinichi." Jemand legte ihm eine Hand von hinten auf die Schulter. Der Stimme nach zu urteilen, war es Heiji. "Weißt du schon was?" Shinichi seufzte und starrte weiter aus dem Fenster. "Kläre mich doch bitte über die Sachlage auf." "Mein Vater sagt, sie haben jeden in dieser Zentrale festnehmen können. Dieser Typ, den wir festgenommen haben, war..." "Der Kopf der Organisation", beendete Shinichi den Satz. "Ich weiß. Woher wusste die Polizei eigentlich, wo sie zuschlagen musste?" "Eine gewisse Shiho Miyano ist zur Polizeistation gekommen und hat alles erzählt. Sie hat der Polizei richtig Feuer unterm Hintern gemacht und gewusst, wo alle Ein- und Ausgänge waren." *Ai. Du hast also doch nicht sofort die Stadt verlassen.* "Aber jetzt ist sie spurlos verschwunden. Übrigens wird gerade noch ein Nest der Organisation in Tokio ausgehoben." Wie gebannt starrte Shinichi auf den Regen draußen. "War das auch Shihos Tipp?" "Das war meiner." Shinichi fuhr herum und sah dort seine Eltern, Kogoro, Eri und Kajoshi, die hinter Heiji standen. Eri lächelte aufmunternd. "Ich hatte da so meine Quellen." Kogoro sah sie misstrauisch an. "Garantiert ein Privatdetektiv..." "Ach, komm! Du warst ohnehin gerade nicht zu erreichen." Yusaku Kudo ging gerade auf seinen Sohn zu, um ihm sein Lob auszusprechen, als der behandelte Arzt zu ihnen kam. "Wie geht es Ran?", fragte Shinichi ihn sofort. Der Arzt lächelte. "Dank Ihrer Blutspende hat Ihre Freundin den Eingriff gut überstanden." Alles um sie herum war weiß, als Ran die Augen öffnete. Zuerst dachte sie an postmortale Erlebnisse, doch dann erkannte sie, dass es sich weniger um den Himmel als viel mehr um ein Krankenhauszimmer handelte. "Schön, dass du wach bist", sagte jemand neben ihr und sie drehte den Kopf nach links. Langsam setzte sie sich auf. "Mama. Sind wir noch in Osaka?" Eri beugte sich zu ihr hinunter und strich ihr liebevoll durch das Haar. "Ja, wir sind in Osaka. Erinnerst du dich, was passiert ist?" "Ich..." Sie dachte kurz angestrengt nach. "Irgendwie weiß ich nur noch, dass Schüsse fielen und Shinichi mich zur Seite gerissen hat. Aber ich wurde am Bein erwischt." Ihre Mutter lächelte glücklich. "Sieht so aus, als hätte er dir heute schon zweimal das Leben gerettet." In Rans Blick lag pure Verwunderung. "Zweimal?" "Du wurdest an der Oberschenkelarterie getroffen und hast reichlich Blut verloren. Die Schwester sagte, er hat sich nicht eher versorgen lassen, als dass sie ihm das Blut für deine Operation abgenommen hatten." "Wie geht es Shinichi?", fragte Ran besorgt. Eri erhob sich und sah zur der Stelle ihres Bettes, wo ihre Beine lagen. Shinichi saß da und hatte den Kopf auf seinen rechten Arm gebettet, der auf ihrem Bett lag. Er schlief. "Wieso fragst du ihn das nicht selbst? Aber wecke ihn nicht noch nicht auf, er ist sehr erschöpft." Ran musste lächeln, als sie ihn sah. Zwar sah er mit seinem bandagierten linken Handgelenk und dem schmalen Verband um den Kopf auch reichlich lädiert aus, aber sie war ihm so unendlich dankbar. Auch, wenn er es später herunterspielen würde, sie wusste, was er für sie auf sich genommen haben musste. Ihr Blick fiel auf den Nachttisch. "Von wem sind die roten Rosen?" Doch Eri lächelte nur dazu. "Weißt du, auch ich irre mich manchmal. Und vielleicht solltest du meinen Rat vergessen, dass man sich von jungen Detektiven und Kindheitsfreunden fernhalten sollte. Ruh dich noch etwas aus! Dein Vater wird sich sicher freuen, zu hören, dass du wohlauf bist." Sie drehte sich um und verließ das Zimmer. Ran sah wieder den schlafenden Schülerdetektiv an. *Shinichi...* "Wie geht es ihr?", erkundigte sich Kogoro sofort, als Eri aus dem Zimmer kam. "Ihr geht es anscheinend gut. Wo sind die Anderen?" "Heiji ist los, um Kazuha zu holen. Kajoshi und Yusaku sitzen, glaub ich, unten in der Cafeteria und unterhalten sich über Kriminalromane oder so. Und Yukiko ist gerade los, um die Formalitäten zu klären. Ich für meinen Teil würde ja gern zu meiner Tochter." Eri lehnte sich an die gegenüberliegende Wand. "Lass den Beiden etwas Zeit für sich! Ich denke, sie haben sich noch vieles zu sagen." Kogoro knurrte nur leise. "Ich habe mit diesem Jungen auch noch ein Hühnchen zu rupfen. Führt mich monatelang an der Nase rum, so eine Frechheit!" Eri lachte leise. "Und ich dachte schon, du wärest in Punkto Schlussfolgerungen besser geworden. Dabei hat er deine Fälle gelöst." Kogoro sah sie sauer an. "War ja klar, dass du deine Freude dran haben würdest, dass er mich immer mit seiner komischen Uhr betäubt hat, um dann mit meiner Stimme die Fälle zu lösen. Da hast du wieder was zum Lästern." "Ach, Kogoro, dafür kannst du ja nun wirklich nichts", meinte sie jedoch nur trocken. "Kommen wir doch lieber zum Wichtigen." "Und was ist deiner Meinung nach das 'Wichtige'?" Irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl. Vielleicht warf sie ihm ja gleich ihren Ehering vor die Füße und knallte ihm einen Umschlag mit Scheidungspapieren vor die Nase. Er wusste nicht, was er dann tun sollte. "Du hörst mit der Trinkerei auf und zügelst deine Raucherei!", sagte sie bestimmt. "Ansonsten packe ich gleich wieder die Koffer." Er konnte nicht glauben, was sie da gerade gesagt hatte. Man musste kein detektivisches Genie sein, um zu verstehen, was das bedeutete. "Du... Du kommst wieder zurück?" Sie wurde rot, versuchte aber weiterhin ernst zu bleiben. "Wie gesagt, ich habe Bedingungen und wenn du dich an die nicht hältst, habe ich so schnell gepackt, dass du nicht mal 'piep' sagen kannst." Einen Moment lang schwieg er und sein Blick verriet leichtes Misstrauen. Doch dann lächelte er und schloss die Augen. "Und ich dachte schon, du würdest Ran und mich ewig alleine lassen. Ich bin wirklich froh." Ein riesiger Stein fiel ihr vom Herzen. "Was die Kinder angeht: Ich denke, du solltest dich schon mal an den Gedanken gewöhnen, dass unsere Enkel mit Nachnamen Kudo heißen werden." "Eri, bist du irre? Ran ist noch nicht mal achtzehn und du malst hier schon den Hochzeitsteufel an die Wand!", rief er entrüstet. Dass Shinichi vielleicht einmal Teil der Familie sein könnte, war für ihn keine Vorstellung, mit der er sich anfreunden wollte. "Gib's zu, du hast Conan doch ins Herz geschlossen", sagte sie. Beleidigt verschränkte er die Arme vor der Brust. "Red keinen Unsinn! Der Junge hat einfach nur genervt." Aber natürlich wusste er, dass Eri ihn besser kannte. Beim besten Willen schaffte es Ran nicht, sich wieder hinzulegen. Die ganze Zeit starrte sie nur Shinichi an und wartete darauf, dass er aufwachte. Sie wollte ihm doch danken und mit ihm über so vieles reden. Aber sie weckte ihn nicht, denn diesmal wusste sie, dass er nicht einfach wieder verschwinden würde. Nein, sie würde bald ein für allemal erfahren, was er für sie empfand. Ob sie weiterhin nur Freunde waren oder doch viel mehr als das. Sie streckte ihre Hand aus und fuhr ihm sanft durch das wirre Haar. Er regte sich und sie zog ihre Hand sofort zurück. Shinichi war aufgewacht, hob nun verschlafen den Kopf und gähnte. "Hm? Wie spät ist es?" Ran sah auf den Wecker auf dem Nachtschrank. "Um Vier." "Da hab ich ja schön lange geschlafen", murmelte er und rieb sich mit der rechten Hand die Augen. "Bist du schon lange wach?" "Nein, erst seit zehn Minuten oder so. Geht es dir gut?" "Ach, nur ne kleine Platzwunde am Kopf und die linke Hand ist ja eh nicht so wichtig." Er grinste. "Hab ja noch die rechte." Ran war in diesem Augenblick so glücklich, dass sie ihm am liebsten um den Hals gesprungen wäre. "Du hast mir das Leben gerettet." Er errötete leicht. "Komm schon, das ist doch nichts Großes. Was Blutspenden angeht, stand ich bei dir eh noch in der Kreide." "Sind die Rosen von dir?", fragte sie lächelnd. Shinichi wurde noch röter und sah sie leicht peinlich berührt an. "Ja, die... Die sind von mir." Sein Benehmen verwunderte sie etwas. Shinichi war keineswegs der Typ, der verlegen um irgendwelche Antworten war und zu stammeln begann. "Das ist wirklich süß von dir." Er atmete tief durch und sah ihr direkt in die Augen. "Ran, ich muss dir so vieles sagen. Die ganze Wahrheit, ich habe Geheimnisse so satt." Kurz trat Stille ein, dann fuhr er fort und wurde von Wort zu Wort sicherer. "Der Typ, der dir ins Bein geschossen und mir das Handgelenk gebrochen hat, war derjenige, der mir einst das Gift einflößte, durch das ich schrumpfte. Ich habe als Conan Edogawa bei euch gewohnt, weil ich hoffte, so an Informationen über die Organisation zu gelangen. Meine wahre Identität hielt ich geheim, da ich nicht riskieren konnte, dass sie erfahren, dass ich noch lebe. Das hätte alle nur in Gefahr gebracht, so wie es die letzten Tage auch geschehen ist. Ich wollte es dir oft sagen, Ran, immer wenn du wegen mir geweint hast oder traurig warst. Aber es ging nicht und deshalb musste ich so oft deine Verdachte zerstreuen." Sein Blick drückte größtes Bedauern aus. "Ich hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen deswegen. Und die Mordfälle, die dein Vater angeblich gelöst hat... Das war ich. Ich betäubte ihn immer und amte seine Stimme mit der Hilfe einer Erfindung von Professor Agasa nach. Ai ist die Erfinderin des Giftes, doch sie ist aus der Organisation geflüchtet und bei Professor Agasa untergetaucht. Auch sie hatte das Gift genommen und ist jetzt wieder groß. Wahr ist allerdings auch, dass ich ein Feigling bin." Ran wahr sprachlos. Endlich klärte er sie über alles auf, ließ nichts aus. Andererseits machte es sie auch traurig, ihn so niedergeschlagen zu sehen. Er hatte ihr gegenüber fast nie Schwäche gezeigt. "Wieso solltest du ein Feigling sein, Shinichi?" Er lächelte nun schwach. "Ich wusste, was du für mich empfindest, seit dem Tag, an dem ich zu euch kam. Immer, wenn ich kurzzeitig wieder meine alte Gestalt hatte, wollte ich mit dir darüber reden. Aber ich habe nur herumgedruckst, bis es dann zu spät war und ich mich wieder in ein Kind zurück verwandelt habe. Toller Detektiv, der die Zähne nicht auseinander kriegt, was?" Ran war inzwischen rot geworden. Was würde er jetzt sagen? Würde er sie verhöhnen oder doch das sagen, was sie bisher nur in ihren Träumen zu hoffen gewagt hatte? "Ich will dir nun endlich meine Antwort auf deine Gefühle geben, alles andere wäre unfair dir gegenüber." Shinichi senkte den Blick. "Ich liebe dich, Ran. Das habe ich schon immer getan." Tränen traten ihr in die Augen. "Du Trottel!" Überrascht sah er sie an. Mit diesen Worten hatte er ja nun nicht gerechnet. Plötzlich beugte sie sich vor und umarmte ihn. "Ich hab dich so vermisst!" Er legte nur wortlos den rechten Arm um sie und legte sein Kinn auf ihre Schulter. Noch nie in seinem Leben war er so glücklich gewesen. Sie bog sich ein Stück zurück, was auch er tat, so dass ihre Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Jeder der beiden wusste, dass sie sich küssen würden. Sie blickten sich gerade tief in die Augen, als sie eine vertraute Stimme hörten und zusammenzuckten. "Ahhh, ihr Beide seid ja zu süß!", rief Kazuha und grinste breit. "Findest du nicht auch, Heiji?" Heiji neben ihr war nur knallrot, da es ihm im Gegensatz zu Kazuha peinlich war, in so einem intimen Moment hereingeplatzt zu sein. Er hätte ja geklopft, aber seine Freundin war schneller an der Tür gewesen. "Äh..." Ran lächelte. "Kazuha und Heiji! Das ist aber schön, dass ihr kommt." "Ah, schau an", begann Shinichi seinen Freund zu necken. "Der große Held, dessen Kriegsverletzung ein blauer Fleck ist!" Heiji lachte. "Werd' nicht frech, Kudo! Ohne mich würdest du jetzt in irgendeiner Kammer unter der Erde verrotten." "Geht es euch gut?", erkundigte sich Kazuha. Ran und Shinichi bejahten. "Shinichi, willst du nicht mit Heiji und mir ins Café mitkommen?", bot sie an. "Er hat mich eingeladen und ich könnte dich mal kennen lernen." Shinichi schüttelte den Kopf. "Nee, ich bin ziemlich geschafft. Ein anderes Mal, ok?" Kazuha sah enttäuscht aus, stimmte aber zu. Shinichi stand auf und ging zu Heiji. "Wir gehen jetzt mal raus und lassen euch zwei Mädels alleine." Kazuha ging zu Ran ans Bett und Heiji und Shinichi verließen den Raum. Draußen vor der Tür sah Shinichi seinen Freund spitzbübisch an. "Ein Date im Café, ja? Ahne ich da was?" Verlegen kratzte sich Heiji am Hinterkopf. "Ich folge nur deinem Rat. Und nun zu dir und Ran..." 1 Monat später: Ran und Shinichi kamen gerade aus der Schule und liefen nebeneinander her. Sie waren inzwischen fest zusammen, doch an einigen Dingen hatte sich nichts geändert... "Noch einmal das Wort 'Holmes' und ich tue deinem Roman, den du bei mir liegen lassen hast, Gewalt an!", knurrte Ran genervt. "Krimispinner." Shinichi lachte und legte einen Arm um ihre Hüfte, um sie näher an sich heranzuziehen. "Ok, ich hör ja schon auf. Worüber möchtest du denn reden?" "Hausaufgaben." "Bitte?" "Hausaufgaben in Mathe. Die müssen wir bis morgen fertig haben. Du kannst so was doch alles, warum machst du sie dann nicht gleich? In Mathe zum Beispiel fehlt mir der Durchblick." Sie seufzte. "Ich erklär's dir, kein Problem", versprach er. "Als Detektiv muss man schließlich auch so was können." "Du alter Angeber", grinste sie. "Kazuha sagt, Heiji hätte keinen Plan von Mathe. Und trotzdem löst er seine Fälle. Was ist eigentlich aus dem von gestern geworden?" "Den habe ich natürlich aufgeklärt. Wollen wir morgen Nachmittag was unternehmen? Vielleicht ins Tropical Land gehen?" "Aber ich fahre nicht wieder mit dieser Achterbahn von damals", sagte sie kleinlaut. "Die Sache mit der Perlenkette war ja wirklich jenseits von Gut und Böse." Er lachte. "Was immer du willst." Sie waren inzwischen vor Rans Haus angekommen und blieben stehen. Aus dem Büro drangen zwei Stimmen. Dann wurde das Fenster geöffnet und eine Zigarettenschachtel hinausgeworfen. Sie landete direkt vor Shinichis Füßen und er hob sie auf. "Hä?" Ran neben ihm wirkte hingegen quietschvergnügt. "Mama versucht gerade, Paps das Rauchen ganz abzugewöhnen." *Oje, was ist denn dann auf der Straße gelandet, als die Trinkerei aufhören musste?* Plötzlich packte Ran seine Hand und zog ihn die Treppen hinauf. Sie öffnete die Tür und Shinichi wusste nicht, was er sagen sollte, als er das Bild sah, was sich ihnen da bot. Eri stand streng mit verschränkten Armen da, während Kogoro verzweifelt vor ihr kniete und bettelte: "Komm, wenigstens eine!" "So sieht also ein Meisterdetektiv auf Entzug aus", schmunzelte Shinichi. Ran sah ihn nur wütend an und holte dann zum Gegenschlag aus: "Wenigstens hat er nicht Kokain genommen, wie ein gewisser Meisterdetektiv, erschaffen von Sir Arthur Conan Doyle." Getroffen sah er sie an. "Woher weißt du das denn?" "Sagen wir mal so: Ich habe mir ein bisschen Wissen angelesen..." Ende... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)