Joey Bells von Idris (oder "Kaiba vs. Christmas") ================================================================================ Kapitel 1: Joey ga matteiru no koto ----------------------------------- Fandom: Yu-Gi-Oh Pairing: Seto Kaiba x Joey Wheeler Warnungen: Kitsch ... Kitsch ... Kitsch ... OOCness ... und Kaibas absolut Weihnachtsfeindliche Äußerungen. ^^** Feedback: Immer her damit ^^ Widmung: Für meine innigst geliebte Crew! *___* Maddle, Loul, Tsutsumi und Selia! ^__^ Tut mir leid, dass ich euch das antue ... und dass es auch noch soo lang wird. *drop* Aber es ist nun ja ... mit Liebe gebacken. Besonderen Dank an Nyx-chan fürs Probelesen, kritisieren und konstruktive Meinung abgeben. ^__^ Und an Tsutsumi, die mich so lieb motiviert hat zu schreiben und mir die japanischen Kapiteltitel übersetzt hat! *___* "Joey ga matteiru no koto" - bedeutet übersetzt soviel wie "Joeys Warten" oder "Worauf Joey wartet" *** Weihnachten begann dieses Jahr unerwartet. Gewöhnlich versuchte er den Beginn dieser unerträglichen Zeit so weit wie möglich nach hinten zu verschieben. Vielleicht nach Sylvester oder besser gleich ins nächste Jahr. Er war inzwischen weitgehend resistent geworden gegenüber den aufdringlichen Kaufhausketten, die ihr Weihnachtssortiment schon im September überall hinquetschten und einen mit unerträglich kitschiger Weihnachtsdekoration erschlugen. Genauso wie gegenüber Mokubas ausdauernden Versuchen ihr Haus schon Mitte November in blinkende Lichterketten zu hüllen oder die vergeblichen Mühen der Lehrer sie mit pathetischen Gedichten und selbst gebackenen Keksen in die richtige Stimmung zu bringen. Das alles trug nicht dazu bei ihm dieses unsägliche Fest in irgendeiner Weise sympathisch zu machen. Aber dieses Jahr war der Augenblick in dem für Seto Kaiba die Weihnachtszeit begann ein vollkommen unerwarteter. Es begann Anfang Dezember mit einer Auseinandersetzung. Einer Auseinandersetzung mit Joey Wheeler. Seit einer Viertelstunde stand Wheeler am offenen Fenster und starrte mit einem lächerlich sehnsüchtigen Gesichtsausdruck zum Himmel. Seine Hände waren auf die Fensterbank gestützt und sein Kopf so weit in den Nacken gelegt, dass die blonden Haare über den achtlos offen gelassenen Kragen seiner Schuluniform fielen. Er hielt ganz still und nur sein Kopf zuckte aufgeregt hin und her und seine Augen suchten unablässig den Himmel ab. Er sah aus wie ein törichter kleiner Hund, dessen Herrchen nicht nachhause gekommen war und das nicht aufhören konnte zu warten. Mindestens genauso lange wie er da stand, betrachtete Seto ihn mit skeptisch hochgezogenen Augenbrauen und versuchte herauszufinden, was er da eigentlich tat. Er stand nicht einmal wie sonst in jeder Pause üblich bei den anderen Versagern, die er als seine Freunde bezeichnete, sondern einige Meter abseits von ihnen. Aus unerfindlichen Gründen pisste es ihn an. Es war in gewisser Weise entnervend, dass Wheeler so still war - und Seto Kaiba war gewohnt, alles was in irgendeine Weise in seinem perfekt organisierten Leben für Irritationen sorgte so schnell und effizient wie möglich zu beseitigen. "Wheeler." Keine Reaktion. Falls der weggetretene, inständige Blick des Blonden allerdings Schlüsse auf seinen aktuellen geistigen Zustand zuließ, war es kein Wunder, dass er nichts um sich herum mitbekam. Dennoch - dass er es wagte einen frech zu ignorieren, war in jeder Weise inakzeptabel. "Falls du darauf wartest, dass deine Mathehausaufgaben fünf Minuten vor Stundenbeginn wie durch ein Wunder vom Himmel fallen, dann wirst du eine Enttäuschung erleben", bemerkte Seto herablassend. "Aber vielleicht hast du Glück und der Weihnachtsmann liefert dieses Jahr endlich deinen vergessenen IQ nach." Das wiederum erzielte die gewünschte Aufmerksamkeit. Der blonde Schopf flog zu ihm herum und einen Moment lang wurde man perplex aus großen braunen Augen angestarrt. "Wir hatten doch gar nichts auf in Mathe!" Seto grinste maliziös und verschränkte die Arme im Nacken. "Sicher?" "Ja!! Nein ... Moment ...verdammt ..." Es war beinah amüsant dabei zu zusehen wie Joeys Gesichtsausdruck in rasanter Reihenfolge von felsenfester Überzeugung über Verwirrung zu handfester Panik wechselte. "Ernsthaft?!" Weit aufgerissene braune Augen starrten einen entsetzt an. "Oh nein ... nein ... fuck ...!" Er stürzte auf seinen Rucksack und begann aufgeregt in ihm herumzuwühlen. Innerhalb von Millisekunden flog der komplette Inhalt rechts und links von ihm herum, verteilte sich quer über sein Pult und großzügigerweise auch noch gleich über das seiner direkten Nachbarn. Empörte Aufschreie begleiteten diesen Ausbruch. Interessant. Seto hob einen Arm vors Gesicht und blickte auf die Uhr. Zehn ... neun ... acht ... sieben ... sechs ... fünf ... vier ... "Hey Moment!!" Vor ihm wurde inne gehalten und Joey blickte voller Empörung auf. "Heute haben wir Vertretungsunterricht ... wir hatten gar nichts auf in Mathe!" "Was du nicht sagst." Er ließ den Arm nach unten sinken. Empört schnappte der Blonde nach seinem Rucksack und begann murrend sein quer über den Klassenraum verstreutes Zeug wieder hinein zu stopfen. Ein finsterer Blick wurde in Setos Richtung geworfen, aber zu dessen absolutem Erstaunen blieb die sonst übliche Tirade an Schimpfwörtern aus. Stattdessen wurde die Schultasche stumm und unzeremoniell unter den Sitz gepfeffert und Joey ließ sich rücklings und mit verschränkten Armen erneut gegen die Fensterbank sinken. Der Kopf wurde gegen die gefrorene Scheibe gelehnt und sein Blick wanderte mit sehnsüchtiger Zielstrebigkeit wieder nach draußen, hoch zu dem eintönig grauen Dezemberhimmel. Langsam wurde nun doch begonnen sich Gedanken machen. Der Köter zeigte eine deutliche erniedrigte Reaktionszeit im Vergleich zu sonst und ein vermindertes Wutpotential ... das war definitiv besorgniserregend. "Wheeler ...es wird nicht schneien", sagte Seto aus einem plötzlichen Impuls heraus. Joeys sehnsüchtiger Blick blieb hartnäckig nach draußen gerichtet, aber es war klar, dass er die Worte gehört hatte, denn er verzog unwillig das Gesicht. "Wird es doch!" Das war es also. Deshalb die langen Blicke und der deprimierte Gesichtsausdruck. Dieser Idiot. "Deshalb stehst du hier und glotzt den Himmel an? Wegen so etwas unwichtigem wie Schnee?" Das musste präzisiert werden. "Das ist nicht unwichtig!" "Hast du die Wettervorhersage nicht gehört? Alles was du kriegen wirst, ist Schneeregen." "Es ist kalt genug! Es müsste jeden Moment ..." "Wieso liegt dir überhaupt so viel daran?" Einen Augenblick war er still. "Ich mag Schnee ..." "Ja klar." Verächtlich wurden die Augen verdreht. "Geht es hier etwa um so einen sentimentalen Schwachsinn wie weiße Weihnachten?" "Nein ..." er klang nicht überzeugt. "Das kannst du vergessen, Wheeler." "Es wird schneien!" Seto zuckte abwertend mit den Schultern. "Glaub was du willst, du Kindskopf." "Es WIRD schneien!" Plötzlich war Joey direkt vor ihm, die Arme auf sein Pult gestützt und die funkelnden Augen direkt auf sein Gesicht gerichtet. "Ich sage dir, es wird schneien! Es schneit, du wirst sehen und ich werde an Heiligabend vorbeikommen und dir höchstpersönlich ein "FUCK YOU, Kaiba!" in den Schnee pinkeln!" Seto starrte ihn an, mitten in sein entschlossenes, leidenschaftliches und unerwartet nahes Gesicht. Der temperamentvolle Blonde starrte zurück, scheinbar von sich selbst überrascht und ein bisschen verlegen wegen dem plötzlichen Gefühlsausbruch. "Glaub mir, Wheeler ..." wurde langsam erwidert. "Ich kann es gar nicht abwarten DAS zu sehen." Sein Gesicht war so nah, dass Seto sehen konnte wie seine Pupillen sich überrascht weiteten. Einen Moment lang war er ganz still. Aber als er dann endlich etwas erwiderte, entsprach seine Reaktion nicht ganz dem was Seto erwartet hatte. Joey lachte. Ganz plötzlich und unerwartet breitete sich ein freches Grinsen auf seinem Gesicht aus und er begann zu lachen. Langsam und weit weniger angespannt als zuvor löste er sich von Setos Pult, richtete sich auf und schob sich energisch das blonde, nach Schulvorschrift eigentlich viel zu lange Pony aus der Stirn. "Verlass dich drauf - es wird meine einzige Weihnachtsfreude sein das zu tun." Seto spürte ein vertrautes Kribbeln im Nacken und wandte den Kopf. Direkt hinter ihm stand Yugi mit einem durch und durch seltsamen Gesichtsausdruck und starrte ihn an. Ihn und den Köter. Dem Anderen einen finsteren Blick zuwerfend, drehte Seto sich zurück und beschloss ihn zu ignorieren. Weihnachten, was? Er hatte Weihnachten noch nie viel abgewinnen können. Es bedeutete ihm nichts und Seto konnte nach wie vor nicht nachvollziehen was die meisten Menschen für einen Zirkus deswegen veranstalteten. Aber allein die Vorstellung dabei zuzusehen wie Joey Wheeler an Heiligabend versuchte sein hochtechnisiertes Sicherheitssystem zu umgehen ... nur um einmal auf seinem Grundstück in den Schnee zu pinkeln ... Das war der Augenblick an dem Weihnachten für Seto Kaiba begann. Und allein dieser Beginn hätte ihm alles darüber verraten können, wie absurd es dieses Jahr weitergehen würde. ^to be continued^ Kapitel 2: Anata ni tsuite wo shiru koto ---------------------------------------- Tja, eigentlich sollte das nur ein kurzer weihnachtlicher One-Shot werden. *drop* Jetzt entwickelt es sich zu einer längeren Angelegenheit. Hier ist also Teil 2 von vermutlich 4. (Teil 3 und 4 sind schon in Arbeit! ^_~) Warnungen: Kaibas Perspektive (die für mich ziemlich ungewohnt ist ^^), sein unerträglicher blasierter Sarkasmus, eventuell OOCness und wie üblich ... Kitsch as Kitsch can be ^^ Viel Spaß beim lesen! "Anata ni tsuite wo shiru koto" - bedeutet soviel wie "Die Dinge, die ich über dich weiß" (Danke an Tsumi fürs Übersetzen! *__*) *** Dieses Jahr stand Weihnachten im Zeichen des Köters. Und das war definitiv kein gutes Zeichen. Es begann schon in dem Augenblick als ich die Turnhalle betrat und mir wünschte, ich hätte es nicht getan. Es war laut, es war voll und aus zehn verschiedenen Lautsprechern schallte mir etwas entgegen, das ich mit einiger Mühe als "Jingle Bells" identifizieren konnte. Meine minderbegabten Mitschüler rannten unorganisiert durch die Halle, die so genannten Lehrkräfte versuchten so auszusehen, als hätten sie alles im Griff (und scheiterten dabei erbärmlich) und dutzende von Menschen, die definitiv noch nichts hier bei den Vorbereitungen zu suchen hatten, liefen mit Enthusiasmus quer durch das Chaos und machten es nicht besser. Wunderbar. "Mokuba ..." mein Blick wanderte langsam und drohend hinunter auf meinen kleinen Bruder. "Bitte, sag mir noch einmal, wieso ich mir das antun soll." "Mein Auftritt!!" er sah bettelnd zu mir hoch und hielt vorsichtshalber einen Zipfel meines langen Mantels fest, als hätte er Angst, ich würde versuchen zu entkommen. "Das ist wichtig! Du hast versprochen, dass du zusiehst." Leider hatte ich das. In einem Anfall geistiger Umnachtung hatte ich das wohl wirklich. Dabei war es mir völlig unbegreiflich wie ausgerechnet Mokuba, der sonst der vernünftigste, am meisten erwachsene Zwölfjährige der Welt war Spaß an so etwas Idiotischem wie Weihnachten haben konnte. Oder daran mit seiner Klasse etwas aufzuführen. Oder ... "Bitte!" Riesengroße dunkle Augen sahen zu mir hoch. "Bitte! Weil Weihnachten ist ...?" Ich hielt inne. "Nein." Deswegen mit Sicherheit nicht. Wenn ich etwas tat, dann mit Sicherheit nicht wegen irgendwelchen äußeren Umständen und schon gar nicht wegen etwas dermaßen Lächerlichem wie Weihnachten. "Weil du es bist." "Danke, Seto." Er strahlte mich vertrauensvoll von unten her an und für Sekunden musste ich den lebhaften Impuls unterdrücken ihm liebevoll durch die Haare zu wuscheln. Aber dass ich ihn über alles liebte, war ganz und gar meine Privatangelegenheit und ging niemanden etwas an. "Da drüben ist meine Lehrerin!" Sein Kopf flog herum und er ließ meinen Mantel los. "Wartest du hier auf mich? Ich muss sie schnell was fragen. Ich bin sofort zurück!" Ich nickte und sah ihm nach, als er zu einer jungen Frau hinüber lief, die hektisch mit den Armen fuchtelte und aussah als bekäme sie jeden Moment einen Anfall. Erbärmlich - dieser Mangel an Organisation. Ich hatte den Eindruck, das Chaos um mich herum schien grade auf einen lebhaften Höhepunkt zuzusteuern. Allerdings fehlte da noch irgendetwas um den Tumult perfekt zu machen ... besser gesagt irgendjemand. Denn das personifizierte Chaos hatte auch immer einen Namen ... und ein ganz bestimmtes Gesicht. "Vorsicht!!" Der Aufschrei wurde von einem lauten Krachen begleitet und dann sauste ein überdimensionales, bunt beleuchtetes nicht näher identifizierbares Objekt lediglich Millimeter entfernt an meinem Kopf vorbei und landete scheppernd auf dem Boden. Ich hob eine Augenbraue. Irgendwie war ich nicht überrascht. "Falls das ein niveauloser Versuch gewesen sein sollte mich umzubringen, dann muss ich dir leider sagen, dass er schief gegangen ist", informierte ich ihn und hob langsam den Kopf. Ich hätte mir nicht einmal die Mühe machen müssen hinzusehen um zu wissen, wer das gewesen war. Es gab definitiv nur eine Person auf der ganzen Welt, die so viel Unfähigkeit und Talentlosigkeit an einem Ort versammelte. Joseph Jay Wheeler, bei seinen Freunden auch bekannt als Joey. Sich mit einer Hand festhaltend, balancierte er ganz oben an der Sprossenwand und blickte verlegen zu mir hinunter. "Tut mir leid! Alles in Ordnung?" "Keine Sorge - wenn nicht, würdest du es spätestens morgen von meinen Anwälten erfahren." "Ich bin schwer beruhigt, dass zu hören!" rief er und wandte sich eilig wieder in Richtung der Wand. Er schloss kurz die Augen und sein Griff um die Stangen verstärkte sich. "Wo du schon da bist - du hast wohl nicht zufällig Lust mir das Ding wieder nach oben zu bringen?" Er lachte verlegen. "Mach dich nicht lächerlich, Wheeler." Sah ich so aus, als hätte ich die Absicht diese absurde Veranstaltung auch nur in geringster Weise zu unterstützen? "Schon gut ... wieso frage ich überhaupt?" Er verdrehte die Augen und begann hinunter zu klettern. Seine langen, schlanken Beine angelten nach der nächsten Stufe und sein kleiner Hintern hat etwas in jeder Hinsicht Aufreizendes an sich, wie er da während dem Klettern hin und herwackelte. Ich betrachtete ihn argwöhnisch. Bei ihm war ich mir niemals sicher, was von seinem unbegreiflichen Verhalten Zufall war und was er mit Absicht machte, nur um mich zu irritieren. Er ließ sich einen Moment lang in der Luft baumeln, bevor er schließlich neben mir landete. "Du bist so ziemlich der letzte Mensch, von dem ich erwartet hatte, dass er heute herkommt. Ich bin geplättet." Er grinste und man hätte ihm beinah abkaufen können, dass er sich freute mich zu sehen. Er angelte nach der überdimensionalen beleuchteten Monstrosität, die sich als viel zu bunt geschmücktem Elchkopf entpuppte und betrachtete sie. "Ist noch ganz", stellte er erfreut fest. "Erwarte keine Begeisterungsausbrüche von meiner Seite." Ich verschränkte die Arme. "Ich habe lediglich vor, das so schnell wie möglich hinter mich zu bringen." "Oh, komm schon - es ist Heiligabend! Falls du vorhattest, auch nur einmal in deinem Leben nett zu mir zu sein ... dann ist heute der ideale Tag dafür!" Der ideale Tag ... ganz sicher. Er hatte vermutlich keine Vorstellung wie unglaublich egal mir dieses Fest war. "Bepinkel dich nicht vor Freude, Köter." Er verzog das Gesicht. "Hey! Was für ein Problem hast du, dass du es nicht einmal für fünf Minuten schaffst halbwegs zivilisiert zu sein?!" knurrte er. "Und spar dir die Hundewitze - das wird langsam echt alt!" Schnaubend griff er mit der einen Hand nach der Sprossenwand, während er mit der anderen immer noch den künstlichen und aberwitzig geschmacklosen Elchkopf festhielt. Alles in allem sah es nach einer gefährlich wackeligen Angelegenheit aus. Ich fragte mich ernsthaft ob die Schule bei solchen Unfällen versichert war. Aber scheinbar hatte er es ja schon einmal geschafft mit dem Ding heil nach oben zu kommen. "Wheeler ..." "Was?!" Er war offenbar wirklich sauer. Idiot. "Es ist ziemlich dämlich für jemanden mit Höhenangst, eine solche Aufgabe zu übernehmen", sagte ich ruhig. Er hielt mitten in der Bewegung inne und wandte sich auf halber Höhe zu mir um. "Kann sein." Misstrauisch sah er mich an, als wüsste er nicht genau wie er diese Bemerkung einordnen sollte. "Woher weißt du, dass ich ...?" "Unwichtig. Versuch lieber dich dieses Mal nicht ganz so dumm anzustellen", schnitt ich ihm das Wort ab. "Sonst bist du das nächste was hier unten landet." Er sah mich an, unsicher und ein wenig überrascht, aber er sagte nichts mehr. Schließlich nickte er und wandte sich ab, und begann vorsichtig weiter nach oben zu klettern. Natürlich wusste ich, dass er Höhenangst hatte. Spätestens als er sich dreimal hintereinander auf meinem Luftschiff übergeben hatte, wäre das jedem Idiot klar gewesen. Tatsache war, dass ich einiges über Wheeler wusste, auch wenn er das niemals geglaubt hätte ... Ich wusste, dass seine Eltern geschieden waren und dass sein Vater ein ernsthaftes Alkoholproblem hatte. Ich wusste auch, dass die blauen Flecken und kleineren Verletzungen, die er immer wieder hatte nicht von irgendwelchen Raufereien auf dem Schulhof stammten. Ich wusste, dass er sechsmal die Woche morgens Zeitungen austrug und dafür lächerliche 47 Yen in der Stunde verdiente. Ich wusste, dass seine Schulakte genau 382 Seiten umfasste und dass erstaunlich wenig neue Einträge hinzukommen waren, seitdem er mit Yugi Mutou befreundet war. Ich wusste, dass sein Notendurchschnitt im letzten Jahr nicht einmal schlecht gewesen war, und dass das einzige Fach wo er von seiner 5 niemals herunterkam Mathematik war. Ich wusste, dass der Telefonanschluss in seiner Wohnung schon seit Jahren abgeschaltet war, weil sein Vater ihn nicht bezahlte und dass er alle paar Tage von einer Telefonzelle aus seine kleine Schwester anrief, die bei ihrer Mutter lebte. Ich wusste, dass er Kaugummis mit der Geschmacksrichtung Cherry-Mint bevorzugte und ich wusste sogar dermaßen unwichtige Details, wie dass er seinen linken Schuh immer zuerst zuband. Das einzige, was ich nicht wusste war, wieso ich mir jemals die Mühe gemacht hatte, das alles herauszufinden. "Hey Joey! Alles okay da oben?" Eine bekannte Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ich drehte mich um. "Hallo Kaiba." Yugi warf mir ein freundliches Lächeln zu. "Schön, dass du hier bist." Darüber ließe sich streiten. Ich nickte unfreundlich und schwieg, was Yugi aber nicht im Geringsten zu irritieren schien. "Wie läuft es bei euch? Kriegt Joey das hin?" Er warf einen besorgten Blick nach oben. Hatte er sie noch alle? "Es gibt kein euch!" stieß ich mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Da war Wheeler, hier war ich - da existierte nicht der geringste Zusammenhang. "Wenn du das sagst." Er strahlte mich an, lieb und unschuldig wie ein kleines Kind, bevor er seinen Blick wieder nach oben wandte. Ich hätte ihn erwürgen können. "Joey? Alles in Ordnung?" "Alles bestens, Yug!" ertönte es von oben, wo Wheeler es allem Anschein nach tatsächlich geschafft hatte das räudige Ding endlich zu befestigen. Welche überragende Leistung von dem Penner. "Ich bin gleich unten!" Geschickter als ich ihm zugetraut hätte, begann sich wieder herunter zu hangeln. "Fall nicht runter, ja?" rief Yugi. "Hab ich nicht vor!" "Das ist gut", erwiderte Yugi und warf mir ein hinreißendes Lächeln zu. "Sonst müsste Kaiba dich auffangen!" "Was?!" "WAS?!" Mir lag es auf der Zunge ihm zu versichern, dass er sich definitiv nicht darauf verlassen sollte, dass ich das tun würde ... als genau das eintrat. Ich hörte ihn schockiert nach Luft schnappen und sah wie er vergeblich versuchte sein Gleichgewicht zu behalten ... und dann verlor Wheeler den Halt. Er war schon auf einer der letzten Sprossen gewesen, als es passierte und ich schiebe es ganz und gar auf Yugis völlig deplazierte Bemerkung, dass er genau in diesem Augenblick die Stufe verfehlte und nach hinten wegrutschte. Es ging so schnell. Er fiel mir praktisch entgegen, mit dem Rücken voran und es war wie ein Reflex ... reiner Selbstschutz, dass ich ihn auffing. Von seinem Schwung mitgerissen, stolperte ich nach hinten und fing mich grade noch ab, und meine Arme schlangen sich beinah wie von selbst um seine Taille und hielten ihn fest. Sein Pullover rutschte bei dem abrupten Zusammenstoß nach oben. Er war ganz warm und das Stück flacher, harter Bauch, das meine Hände streiften, war jungenhaft und glatt. Für Sekunden war ich überrascht. Er war so ... dünn. "Joey! Alles in Ordnung?!" Yugis besorgte Stimme holte mich zurück. Ich ließ ihn los als hätte ich mich verbrannt, in gewisser Weise froh dass ich sein Gesicht nicht sehen musste. Es war seltsam ... denn er wirkte doch immer so robust und sportlich ... vielleicht weil das erste, was man mit Joey Wheeler in Verbindung brachte seine große Klappe und sein freches Benehmen war. Mir war nie wirklich bewusst gewesen, wie schmal das Hündchen in Wirklichkeit war. Aus unerfindlichen Gründen irritierte mich dieser Gedanke mehr als alles andere. Hastig wandte ich mich ab, im gleichen Maße verwirrt und angepisst. "Was für ein Glück, dass Kaiba da war. Du hättest dich verletzen können." "Mach kein Drama draus, Yugi", fertigte ich ihn eisig ab. Das fehlte noch zu meinem Glück, dass er in der Schule herumrannte und jedem erzählte, dass ich dem Köter das Leben gerettet hätte. Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass ich es früher bereuen würde hier herzukommen, als ich angenommen hatte. "Kaiba ..." Wheeler klang außer Atem, als wäre er gerannt. Schisser. Man könnte meine, er hätte Angst gehabt. Ich wusste, er würde irgendetwas Rührseliges sagen, immerhin waren er und seine Freunde der rührseligste Verein, den ich kannte - und ich wollte es nicht einmal hören. Ich hatte das nicht getan, weil Weihnachten war und schon gar nicht, weil ich einen plötzlichen Moment von Einsicht und Nächstenliebe gehabt hatte und es pisste mich an, dass er das vielleicht dachte. "Ich ..." Es rauschte über uns. Er verstummte mitten im Satz und wir hoben praktisch synchron die Köpfe. Mit einem ohrenbetäubenden Scheppern sauste der der Elchkopf an uns vorbei und landete in unserer Mitte. Rechts und links flogen die Papierfetzen. Seine roten Leuchtaugen blinkten mich unverfroren an und ich musste den unwiderstehlichen Drang unterdrücken nach ihm zu treten. "Ich krieg die Krise! Das darf nicht wahr sein!" Wheeler wedelte aufgebracht mit den Armen. "Da riskiert man Kopf und Kragen und das blöde Ding bleibt einfach nicht oben!" "Immerhin hat es niemanden von uns getroffen", stellte Yugi fest. "Was für ein Glück." Dieser unerträgliche, gut gelaunte ...Optimist! "Yug, du verstehst nicht - jetzt muss ich noch mal da hoch! Und ich bin noch nicht einmal umgezogen für nachher!" "Denk dran, dass wir gleich zu den Ständen müssen ...", gab Yugi zu bedenken und warf einen kurzen Blick zu der Eingangstür. "Langsam kommen die ersten Besucher." "Aber ..." Langsam reichte es mir. Ich war umgeben von Idioten. Falls Wheeler vorhatte, sich heute noch umzubringen, konnte er das auch unproblematischer haben - vielleicht in dem er mich weiter reizte. "Lass das verdammte Ding gefälligst unten - wen interessiert schon ob es da hängt oder nicht!" fuhr ich ihn an. "Erwarte nur nicht, dass ich dir noch mal deinen kleinen Arsch rette, wenn du runterfällst!" Ich wandte mich ab und machte Anstalten zu gehen. Weihnachten und Nächstenliebe. Es war zum kotzen. Das war alles so verlogen. Ich hatte es nicht getan, weil Weihnachten war! Ich hatte nicht vor, heute irgendetwas zu tun, nur weil Weihnachten war. "Kaiba! Warte ..." Ich blieb stehen, aber drehte mich nicht um. Wenn ich mich noch länger mit dieser Unfähigkeit herumplagen musste, dann würde ich definitiv die Geduld verlieren. "Ähm ... hör mal ... wegen eben ... ich ..." stotterte er rum und unterbrach sich sofort. "Ich wollte nur sagen ... falls du dich langweilen solltest ...also, falls du sowieso nichts zu tun hast ..." "Wheeler - was versuchst du mir zu sagen?" Nur eine Rührseligkeit, nur ein Spruch über Weihnachten und ich würde ihm an den Kragen gehen. Er holte tief Luft. "Nur, dass ... falls du mich einmal absolut gedemütigt und in einem Rentierkostüm sehen möchtest und dich für den Rest des Abends über mich lustig machen, dann ... dann ist heute der ideale Tag dafür." Er lächelte. Ich wusste es, auch wenn ich ihn nicht sehen konnte. War das etwa ein Dankeschön? War das Wheelers seltsame, verplante Art mir etwas Nettes zu sagen? Weihnachten. Der ideale Tag ... nicht wahr? Wieso ... wieso hing es in diesem Jahr nur jedes Mal mit Joey Wheeler zusammen ... wenn ich den verschwommen Eindruck hatte, irgendein Stück dieses lächerlichen Gefühls zu erwischen ... um das alle so viel Aufhebens machten ... ^to be continued^ Feedback? Immer her damit! Kapitel 3: Kurisumasu no mitsu no jijitsu ----------------------------------------- Und ohne große Vorrede hier ist Teil III. ^__^ Wir nähern uns dem Ende - aber irgendwie werden die Kapitel immer länger und länger ... o.O "Kurisumasu no mitsu no jijitsu" bedeutet so viel wie "Drei Tatsachen über Weihnachten" Ganz vielen Dank an Tsutsumi fürs Übersetzen! ^_^ Nyx-chan fürs Probelesen und Maddle dafür, dass sie es mag! *_* Und vielen Dank an alle die bisher kommentiert haben und gesagt haben, dass es ihnen gefällt! ^--^ Warnungen für dieses Kapitel: Kitsch, eventuell OOCness, Joey in einem Rentierkostüm und Kaibas weihnachtsfeindliche Äußerungen. ^^ Viel Spaß damit? *hoff* *** Drei Tatsachen über Weihnachten: Erstens - es ist mit Sicherheit das verlogendste, gefühlsduseligste Fest von allen. Zweitens - meine Firma verdient sich jedes Jahr aufs Neue dumm und dämlich an den Scharenweisen Panikkäufen von besorgten Eltern, denen mal wieder nichts Originelles für ihre verwöhnten Gören eingefallen ist. Drittens - es gibt nichts, aber auch wirklich gar nichts was lächerlicher ist als Joey Wheeler in einem Rentierkostüm. "Du machst es dir wieder schön leicht, nicht wahr?" knurrte er und versuchte vergeblich sein blondes, viel zu langes Pony aus dem Gesicht zu bekommen. Ein Haarreif mit dem lächerlichen Geweih darauf hätte sie bändigen sollen, aber bewirkt unerklärlicherweise genau das Gegenteil. "Natürlich." "Das ist eine dermaßen billige Ausrede, Alter ... nur weil du so ein Weihnachtsparanoiker bist dich aus der ganzen Arbeit herauszuhalten!" "Wenn ich etwas nicht tun will, brauche ich dafür in der Regel keine Ausrede", stellte ich sachlich fest. Außerdem war ich kein Weihnachtsparanoiker. Dieses Fest regte mich zwar auf ... aber es war mir definitiv viel zu unwichtig um es zu hassen. "Seto Kaiba steht mal wieder über allem, was?" Ich blickte auf ihn hinab. "Darauf kannst du wetten, Hirschi." Was erwartete er eigentlich? Ich hatte definitiv nicht die Absicht hier in einem lächerlichen Kostüm herumzurennen wie der Rest unserer Klasse und mich zum Narren zu machen bei diesem Kitsch. Ich wäre nicht einmal hier, wenn Mokuba nicht gewesen wäre. Auch wenn mir irgendwie entglitten war wieso ich ausgerechnet hier bei Joey Wheeler hängen geblieben war und mit ihm über Sinn und Unsinn dieser Veranstaltung diskutierte. Es war seine Schuld. Definitiv. "Das ist wieder so typisch - ich arbeite hier unter beträchtlicher Lebensgefahr und demütige mich bis auf die Knochen ... und dich tangiert das alles nicht im Geringsten." Er fuchtelte aufgebracht mit den Armen. "Wheeler - für jemanden, der ein Rentiergeweih auf dem Kopf hat, riskierst du grade eine ziemliche große Klappe." Ich versuchte nicht zu grinsen. "Ich bin viel eher beeindruckt von der Tatsache, dass du das Wort tangieren fehlerfrei benutzen kannst." "Hältst du mich für blöde?" "Willst du dass ich darauf antworte?" "Natürlich weiß ich was tangieren heißt. 'Berühren' - zufrieden?" Er streckte mir die Zunge heraus und fügte grummelnd hinzu: "Nur, weil ich dir gesagt habe, dass heute der ideale Tag ist mich zu demütigen, musst du dich nicht permanent daran halten ... Ich trage das ja nicht freiwillig." "Ein Köter mit Geweih ist ja wohl auch absolut lachhaft." "Zum letzten Mal, Kaiba - ich BIN KEIN Hund!" "Joey, du bist ein Elch!" piepste es plötzlich neben mir und ich wandte den Kopf. Mein kleiner Bruder starrte fasziniert zu Wheeler hoch. "Er ist ein Hirsch", kommentierte ich boshaft. "Hallo? Seid ihr blind?! Ich bin ein Rentier! Ein RENTIER! Vom Weihnachtsmann, klar?" Er hob in einer Geste absoluter Frustration die Arme und deutet nachdrücklich auf sein Geweih. Mokuba und ich tauschten einen identischen Blick aus und sahen ihn mit erhobenen Augenbrauen an. "Ja, Wheeler, alles wird gut. Die Männer in den weißen Anzügen sind auch vom Weihnachtsmann. Und dann könnt ihr zusammen den Osterhasen besuchen gehen." "Pffft." Er warf mir einen beleidigten Blick zu. "Du siehst toll aus!" bemerkte Mokuba mit aufrichtiger Bewunderung in den Augen und für Sekunden suchte mich die Schreckensvorstellung heim wie der kleine Diktator uns heute Abend alle dazu zwingen würde in Rentierkostümen herumzulaufen. Er musste definitiv weg von hier, bevor Wheeler ihm irgendwelche Flausen in den Kopf setzen konnte. "Hast du nicht gleich deinen Auftritt?" fragte ich. Immerhin dauerte diese Veranstaltung jetzt schon länger als gut für meinen Blutdruck war. Auch wenn es mich irgendwie überraschte, dass ich schon über zwei Stunden hinter mir hatte - es hatte sich nicht so lang angefühlt. "Nein, wir sind erst die letzten die drankommen." Er schüttelte betrübt den Kopf. "Dann wird kaum noch jemand da sein. Aber du bleibst doch so lange, nicht wahr?" Und wieder wurden riesige, dunkle Augen flehend auf mich gerichtet. "Mokuba - habe ich jemals meine Versprechen dir gegenüber nicht eingehalten?" "Nein, nie." Er schüttelte heftig den Kopf. "Dann frag nicht mehr nach." Meine Hand wanderte kurz zu seinem Kopf, Millisekunden nur und fuhr sanft über seine dunklen, widerspenstigen Haare, die meinen eigenen so ganz und gar unähnlich waren. Ich warf Wheeler einen kurzen, scharfen Blick zu, als ich die Hand wieder wegnahm. Ein Wort nur, Köter, eine falsche Bemerkung und ... "Was für eine Rolle hast du denn?" fragte er interessiert. "Ich bin das Schaf!" erklärte Mokuba voller Stolz. "Ich bin das Schaf in der Krippe, das nach der zweiten Strophe "Bääh" macht!" Sag jetzt bloß nichts Falsches, Wheeler. "Cool!" Das Lächeln auf seinem Gesicht war breit und nicht einmal gespielt. "Ich freu mich schon auf deinen Auftritt, Kleiner!" Ausnahmsweise ließ Mokuba sogar das "Kleiner" kommentarlos passieren, obwohl er es sonst mit der gesamten Härte des Gesetzes verfolgen ließ. "Du darfst mir zuwinken, wenn ich dran bin", beschied er liebenswürdigerweise. "Dann weiß ich, dass du zusiehst." Er strahlte ihn an. "Das werde ich. Ganz bestimmt." Seine kleinen Finger legten sich erneut um ein Stück meines langen Mantels und er blickte zu mir hoch. "Ich muss wieder weg, Seto - wir machen vorher noch eine Generalprobe." Ich nickte. Sah so aus, als müsste ich mich noch ein wenig mit dem Köter herumplagen. Aber was würde ich nicht alles dafür tun um Mokuba fünf Sekunden lang vorne an der Bühne stehen und "Bääh" machen zu sehen. Ich sah ihm nach, als er verschwand, bemüht das Lächeln nicht zu offenkundig werden zu lassen, dass hervorkommen wollte. Das kleine Schaf. "Ehrlich, Kaiba - ich kann nicht verstehen, wie du Weihnachten hassen kannst." Wheeler folgte versonnen meinem Blick. "Werd nicht gleich rührselig." Ich ließ mich mit verschränkten Armen an die Wand sinken. "Ich bin nicht rührselig!" protestierte er. "Um auf deine Frage zurückzukommen ..." ignorierte ich seinen überflüssigen Einwand und verlagerte mein Gewicht von einem Bein auf das andere. "Natürlich mag ich Weihnachten. Wie kommst du auf die Idee, dass es nicht so wäre? Ich mag die erhöhten Verkaufszahlen, die es mir jedes Jahr einbringt - und ich mag, dass ich die Kosten für Werbung herunterfahren kann, weil die Leute sobald es auf den 24. zugeht sowieso jeden Scheiß kaufen. Wie du siehst, habe ich praktisch nur Gründe es zu mögen - immerhin verdiene ich Unsummen daran." "Oh Gott!" Er rollte mit den Augen. "Diese Sichtweise, das ist so typisch ... DU! Zynisch und raffgierig bis zum bitteren Ende!" "Sieh es endlich ein - Weihnachten ist doch nur ein Geschäft", sagte ich nur um ihn zu ärgern. Wheeler war garantiert einer dieser leichtgläubigen, gefühlsduseligen Idealisten, die das anders sahen. Ich runzelte die Stirn. "Und unseren Schulchor die ganze Zeit ertragen zu müssen, grenzt an Körperverletzung." Notiz an Selbst: Schule verklagen, wenn es sich ergibt. "Sei nicht gemein - so kann man das nicht sagen!" er neigte den Kopf ein wenig zur Seite und lauschte ein paar Takte lang. "Immerhin sind sie ... sie sind ...so ..." ich wartete nur darauf, dass er irgendwas wie "Begeistert" oder "Aber sie geben sich Mühe" sagte - aber stattdessen verzog er das Gesicht zu einer unerwarteten Grimasse und begann schallend zu lachen. "Sie sind richtig schlecht!" Er hatte ein unbeschwertes, helles Lachen, offen und auf seltsame Art entwaffnend. Ich bemerkte wie einige Leute in unserer Umgebung stehen blieben und zu ihm herübersahen - und unwillkürlich das Gesicht ebenfalls zu einem Lächeln verzogen. Er war ansteckend. "Sei lieber froh, dass ich nicht da oben stehe und mitsinge", grinste er mich an. "Ich meine, DAS wäre schlimm!" "Ich weiß gar nicht wohin vor lauter Dankbarkeit. Andererseits wäre diese lächerliche Angelegenheit dann vermutlich sehr schnell vorbei." Eine schöne Vorstellung wie Wheeler da oben stand und völlig talentfrei Lieder schmetterte - und es schaffte die gesamte Halle innerhalb weniger Sekunden komplett zu leeren. Dann konnte nicht einmal Mokuba mich dazu überreden noch länger zu bleiben. "Hättest du wohl gerne." Er ließ einen langen, sehnsüchtigen Blick durch die Halle gleiten und das Lachen verstummte so plötzlich wie es gekommen war. Ich runzelte die Stirn, nicht sicher was ihm plötzlich über die Leber gelaufen war. "Dass das endlich ein Ende nimmt und ich nachhause gehen kann? Was glaubst du?" "Ich nicht ..." seine dichtes, blondes Pony fiel ihm tief ins Gesicht, so dass ich seine Augen nicht mehr sehen konnte. Er klang seltsam. "Entwickelst du grade einen neuen Fetisch, Wheeler?" Zu seinem eigenen Besten wollte ich nicht hoffen, dass er Spaß daran hatte in dieser absurden Verkleidung herumzulaufen. Er kam nicht zum antworten, denn ein paar Gören von der Grundschule standen plötzlich vor dem Stand und sahen erwartungsvoll zu ihm hoch. Er füllte ein paar Gläser mit alkoholfreiem Kinderpunsch und reichte sie mit einem breiten Grinsen an sie weiter. Aber im Unterschied zu eben, war dieses Grinsen nicht mehr echt. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es an mir lag. Mich würde interessieren was ich grade gesagt hatte, dass es ihm so unter die Haut gegangen war. Blöder Köter ... Ich hatte nie verstanden wieso er das tat. Lächeln auch wenn ihm nicht danach war. Er machte das dauernd - und keiner seiner unterbelichteten Freunde schien es mitzubekommen. Idioten allesamt. Erst als eins der kleinen Mädchen ihn bat sich vor ihr niederzuknien, damit sie sein Geweih anfassen konnte, fing er an zu lachen und diesmal war es wieder echt. "Bist du ein Rentier vom Weihnachtsmann?" fragte sie ernsthaft und sah ihn aus großen Kulleraugen an. Ich gab ein verächtliches Schnauben von mir und verschränkte die Arme. Lächerlich. Joey Wheeler war nichts weiter als ein Straßenköter, da half auch keine Verkleidung mehr. Er bellte, er knurrte, er haarte - und pinkelte vermutlich regelmäßig auf seinen Teppich. "Hey Kaiba ...?" fragte er und richtete sich auf, als die Kleine dabei war zu gehen. Versonnen und ein wenig nachdenklich sah er ihr hinter her. Er drehte den Kopf und sah mich interessiert an. "Wie alt warst du, als aufgehört hast an den Weihnachtsmann zu glauben?" "Muss vor meiner Geburt gewesen sein." "Nein, ernsthaft!" Seine goldblonden Haarsträhnen glitzerten wie Lametta als er sie aus dem Gesicht pustete. "Das ist mein Ernst." Ich hatte definitiv nie an so etwas Lächerliches geglaubt. Und wenn hatte ich es verdrängt. "Denk dran, Alter - ich kann Mokuba fragen, wenn du nicht damit herausrückst!" Verdammt. "Wheeler, das geht dich nichts an. Lass meinen kleinen Bruder zufrieden!" Ich war neun. Ich war neun und hatte daran geglaubt - dass er irgendwann kommen würde, jedes Jahr aufs Neue. Ich konnte nicht fassen, dass er diese räudige Erinnerung in mir wachgerufen hatte, die ich am liebsten vergessen wollte. Ich wollte im Boden versinken vor Scham und Wut, wenn ich daran dachte, wie viele Stunden ich am Fenster gestanden hatte und nach draußen gesehen ... wie ein dummer kleiner Junge ... und auf ihn gewartet hatte. Wie viele demütigende Briefe ich an ihn geschrieben hatte, von denen ich nur hoffen kann, dass sie inzwischen allesamt ausgelöscht und vernichtet waren. Und er hätte mir nicht mal ein einziges lausiges Geschenk bringen müssen - nur Mokuba und mich endlich da rausholen ... aus diesem Gottverdammten, trostlosen Waisenhaus. Selbstverständlich hatte er das nicht. Er existierte nicht. Er würde nicht kommen um uns zu helfen und auch sonst niemand. Und erst als mir das klar geworden war, wusste ich, dass ich es allein tun musste. Dass uns niemand helfen würde, außer ich würde es selbst tun. Weihnachten war eine Lüge. Es war eine einzige, schöne Lüge, weil es einem vormachte, dass man nicht alleine war ... dass es irgendwo unsichtbare Kräfte gab, die alles wieder gut machen konnten, was schief gelaufen war - und dass alles was man dafür tun musste, war einen dämlichen Brief zu schreiben, der mit den Worten "Bitte, lieber Weihnachtsmann ..." begann. Und man konnte so viele Kerzen anzünden wie man mochte und so viele ekelhafte kitschige Weihnachtslieder singen - es würde nichts daran ändern, dass es nicht gut wurde und dass man letztendlich doch ganz alleine und auf sich gestellt war. "Kaiba ...?" Vielleicht hatte Wheeler Recht. Ich glaube, ich hasste Weihnachten doch. "Was?" fragte ich gereizt. Er stand direkt vor mir und sah aus großen rehbraunen Augen zu mir hoch. Aus unerfindlichen Gründen machten sie mich nur noch mehr wütend, dass es diesem dummen kleinen Hund gelungen war mir mit einem dermaßen lausigen Thema in irgendeiner Weise nahe zu kommen. "Tut mir leid, ich wollte nur ..." "Halt die Backen, Wheeler. Ich will deine dämlichen Vorträge nicht hören." Ich ließ mich zurück an die Wand sinken und schloss die Augen. Er war ganz still. Vermutlich hatte ich ihn verletzt. Es musste schon eine Weile her sein, dass ich ihn das letzte Mal so angefahren hatte. Ich war viel zu nett zu ihm gewesen in letzter Zeit, und da sah man mal was ich davon hatte. Es zahlte sich nicht aus nett zu sein. "Hey ...", hörte ich ihn plötzlich murmeln. "Wenn du willst ... kann ich doch noch auf die Bühne gehen und was singen ... Ich meine, wenn dir soviel daran liegt schnell nachhause zu kommen ..." Das war es was dabei herauskam, wenn Joey versuchte etwas Aufbauendes zu sagen, aber es irgendwie nicht schaffte sein Gehirn rechtzeitig in Gang zu setzen. Er sagte immer solche dummen Sachen und irgendwie schafft er es damit, dass man ihm nicht mehr an die Gurgel gehen wollte. In gewisser Weise war es rührend. Dämlich ... aber rührend. Ich öffnete die Augen und sah ihn an. "Danke für das großzügige Angebot dich vor der gesamten Schule zum Idioten zu machen. Auch wenn du das vermutlich völlig ohne jede Anstrengung geschafft hättest." "Hey! Ich wollte nur nett sein!" "Ist mir nicht entgangen." Er warf mir einen langen, schrägen Seitenblick unter seinem fransigen Pony zu. Seine Haare waren faszinierend. Chaotisch und viel zu lang und fielen grundsätzlich nie an die passende Stelle. Sie hätten mich aufregen sollen, weil sie praktisch eine Verkörperung von allem waren, was mich an Joey Wheeler aufregte. Planlos, chaotisch, auffallend und rebellisch und taten rein gar nichts um meinen Ansprüchen an Ordnung und Disziplin zu genügen. Sie waren wie ein Sinnbild für alle Dinge, die ich nicht kontrollieren konnte in meinem Leben. Sie waren wie ein Sinnbild für Joey Wheeler. Ich seufzte. "Wheeler ... jetzt hör mir mal gut zu. Ich werde das nämlich nur einmal sagen." Er blinzelte verwirrt, aber dann nickte er folgsam und blieb still. "Gib es auf, ja? Versuch nicht die ganze Zeit mir dieses dämliche, alberne Fest in irgendeine Weise sympathisch zu machen - denn das wird nicht funktionieren. Weihnachten ist für mich im schlimmsten Fall verlogen und heuchlerisch - und im besten Fall ist es nur lächerlich und kitschig wie die abartig bunte Dekoration, in der Mokuba unser Haus ertränken wird, sobald ich nicht aufpasse. Es bedeutet mir nichts." Langsam ließ er sich an die Wand sinken, so dass er plötzlich direkt neben mir lehnte. Sein Geweih war ihm im Weg und er wandte den Kopf ein wenig, so dass er mich ansehen konnte. Sein Blick war nachdenklich. "Na ja ...", sagte er plötzlich. "Vielleicht liegt das daran, dass du Weihnachten mit den falschen Dingen verbindest ..." "Ach ja?" Misstrauisch betrachtete ich ihn, seine plötzliche Nähe war mir nicht geheuer. "Und was sind deiner meiner Meinung nach die 'richtigen' Dinge?" "Nicht die Lieder ... und die Plätzchen - obwohl die echt lecker sind! - oder die Elchköpfe... Es geht um die Dinge, die einem wichtig sind." Er kaute einen Moment lang nachdenklich auf seiner Unterlippe herum und ich sah ihm schweigend dabei zu. Es war ein durch und durch seltsames Gefühl diese Art "ernsthaftes" Gespräch ausgerechnet mit Joey Wheeler zu führen. Absurd ... aber irgendwie nicht einmal unangenehm. Ich verweichlichte hier noch, so viel war sicher. "Was macht ihr eigentlich an Weihnachten?" fragte er plötzlich interessiert. Wenn es nach mir ginge, müssten wir es überhaupt nicht feiern. Ich konnte an Heiligabend genauso gut arbeiten wie an jedem anderen Tag auch. Aber das war eine der wenigen Sachen, wo Mokuba hartnäckig blieb und sich nicht davon abbringen ließ eine große Sache daraus zu machen. "Es fängt damit an, dass Mokuba das ganze Haus wahnsinnig macht, indem er die Lichterketten sucht", sagte ich, "und sie leider auch jedes Mal findet." Nächstes Jahr brauchte ich definitiv ein besseres Versteck als den Dachboden. "Danach verwandelt er mein Haus in einen Alptraum." Unwillkürlich musste ich an die überdimensionalen Statuen meines geheiligten weißen Drachen denken, die im Garten standen ... und die jedes Jahr aufs Neue entwürdigt und gedemütigt wurden, indem Mokuba ihnen ... rote Weihnachtsmützen aufsetzte!! Die Schmach ... die Schande ... "Alptraum? Okay, das interessiert mich jetzt - ich will sämtliche schmutzigen Details!", forderte Wheeler grinsend. "Denk an blinkende Rentiere und rotierende Weihnachtsmänner die "Ho ho ho" machen und du hast nur die halbe Wahrheit." Ich massierte mir die Schläfen. Allein der Gedanke an das Szenario, welches mich erwartete sobald ich nachhause kam, bereitete mir Kopfschmerzen. "Und dann?" Seltsamerweise lachte er nicht, sondern sah mich nur begierig und auf beinah kindliche Art und Weise fasziniert an. Das war wieder typisch Wheeler. In jeder passenden und unpassenden Situation fand er etwas zum lachen und bei einer Gelegenheit wo ich hätte wetten können, dass er sich vor Lachen auf dem Boden wälzte, war er ganz still. Konnte er sich nicht langsam angewöhnen, endlich so zu reagieren wie ich das erwartete? Wieso interessierte ihn überhaupt wie ich Weihnachten feierte? "Mokuba zwingt Roland dazu sich als Weihnachtsmann zu verkleiden", fuhr ich sachlich fort. "Und mit ihm den Baum zu schmücken. Ich rechne jedes Jahr aufs Neue damit, dass uns die Angestellten bei der Gewerkschaft anzeigen, so wie er sie behandelt ... Er behauptet allerdings, es macht ihnen Spaß." Ich schnaubte. Wer weiß, vielleicht tat es das wirklich ... so unbegreiflich es mir auch vorkam. Aber Mokuba kannte sich mit anderen Menschen besser aus als ich. "Und weiter?" "Nein." "Bitte! Erzähl weiter!" bettelte er mit großen leuchtenden Augen und legte den Kopf schief. Sein lächerliches Geweih rutschte dabei zur Seite. "Sag mal, geht's noch? Sehe ich aus wie dein Märchenonkel, Wheeler?" "Oh, komm schon - bitte!" Das dumme Geweih verrutschte weiter und zerzauste seine Haare noch ein bisschen mehr. "Hallo? Kommst du mir blöde? Wieso interessiert dich das?" fragte ich mehr als nur ein bisschen irritiert. "Weil das toll ist, man!" sagte er begeistert und wedelte enthusiastisch mit den Armen. "Wie im Fernsehen!" Langsam schüttelte ich den Kopf und verdrehte die Augen. "Ich weiß nicht, ob ich das als Kompliment auffassen soll oder als Beleidigung." Er setzte zu einer Antwort an und ich unterbrach ihn kurzerhand. "Das war selbstverständlich eine reine rhetorische Frage." Sein Geweih saß immer noch schief und in Kombination mit der Schnute, die er grade zog, sah er geradezu lächerlich jung und niedlich aus. Wie ein Hundebaby. Rentierbaby. Idiot. Plötzlich entnervt von seiner völlig unsystematischen Aufmachung griff ich nach dem schmalen, braunen Haarreif auf seinem Kopf um ihn grade zu rücken. Absolut erschrocken zuckte er zurück, seine Reaktion instinktiv und überraschend heftig. Ich stoppte mitten in der Bewegung und hielt inne. Und für einen Moment musste ich unwillkürlich wieder an die Liste denken. Die Liste mit Dingen, die ich über Joey Wheeler wusste ... Punkt zwei: "Sein Vater hat ein ernsthaftes Alkoholproblem." Punkt drei: "Blaue Flecken jeden zweiten bis dritten Tag." "Halt still", befahl ich. Meine Stimme klang nicht unbedingt freundlich, aber ausnahmsweise war es nicht gegen ihn gerichtet. Ich konnte es nicht fassen. Joey Wheeler hatte niemals Angst vor mir ... er war einer der wenigen Menschen, die es wagten mir Widerworte zu geben. Allein der Gedanke, dass es irgendjemand geschafft hatte ihn soweit zu bringen, dass er zurückzuckte ... pisste mich in einem Maß an, welches ich selbst nicht begreifen konnte. Folgsam blieb er stehen, so dass ich ein paar verschlungene blonde Strähnen aus dem Haarreif entfernen konnte. Die Haare, die durch meine Finger glitten waren weich und seidig, obwohl sie so wild und widerspenstig aussahen und meine Hände gingen ungewohnt behutsam mit ihnen um. Ich wusste selbst nicht wieso alles, was weich und zart war an diesem frechen Bengel mich jedes Mal so überraschte und aus der Fassung brachte. Es war so unerwartet. Es war so ... ganz und gar un-joey. Ich schob das alberne Geweih wieder zurück in seine Position, so dass es sogar meinen ganz persönlichen Sinn für Ordnung und Methodik befriedigte und trat einen Schritt von ihm zurück. Er tastete seinen Kopf entlang nach oben und berührte den Haarreif. "Öh ... danke ...", murmelte er verlegen. "Schon okay. Vergiss es." Ich sah ihn nicht an. Nicht weil Weihnachten war - klar? Nicht wegen der verlogenen Nächstenliebe. Nur weil ich ungeordnete Dinge nicht leiden konnte ... Als ob uns beiden im selben Augenblick bewusst wurde wie still es plötzlich um uns geworden war, hoben wir praktisch gleichzeitig die Köpfe. Er lauschte einen Augenblick. "Kann es sein, dass der Chor aufgehört hat uns zu quälen?" Ich nickte. "Das bedeutet vermutlich, dass Mokuba gleich dran ist." Und dass ich endlich gehen konnte. Weg von dieser ganzen räudigen Angelegenheit, weg von dem unerträglichen Gesang des Schulchors, weg von Wheeler mit seinen ewigen, bohrenden Fragen ... weg von dem Chaos, dass er rechts und links um sich verbreitete, weg von seinem lächerlichen Geweih und weg von seinen großen, braunen Hundeaugen, die nicht aufhören wollten mich anzusehen ... Nicht einmal jetzt. "Es ist wirklich blöde erst jetzt dran zu sein ... so kurz vor Ende", sagte er und blickte sich um. "Es ist kaum noch jemand da." "Erbärmliche Organisation", stellte ich fest. "Ich muss auf jeden Fall nach vorne an die Bühne." "Ich ...ich werde ihn dann von hier hinten anfeuern. Ich kann hier noch nicht weg." Eine seltsame Pause entstand, in der keiner von uns beiden etwas sagte. Es war nie geplant gewesen, dass ich hier gelandet war. Es war niemals geplant gewesen nett zu ihm zu sein. Es war nie geplant gewesen Heiligabend so zu verbringen. Reiner Zufall ... und weil ich sowieso nichts Besseres zu tun hatte. Ich wandte mich um, bereit zu gehen, als er mich noch ein letztes Mal aufhielt. "Hey ... Kaiba ...?" Er lächelte ein wenig bitter. "Falls wir uns nicht mehr sehen sollten ... ... Frohe Weihnachten ..." In gewisser Weise war es nicht das was ich hören wollte. Aber ich hätte ums verrecken nicht sagen können was es war, das er sagen sollte ... ^to be continued^ Feedback? Immer her damit! ^^ Kapitel 4: Anata to boku Yuki de -------------------------------- Und hier der vierte und letzte Teil. ^^ Dafür ist er allerdings auch doppelt so lang wie die letzten beiden. Auch wenn es mir anfangs sehr schwer fiel und es sehr ungewohnt war, hatte ich gegen Ende unglaublichen Spaß daran Kaiba zu schreiben. *__* Ich liebe diesen Charakter wirklich ohne Ende und kann nur hoffen, dass es mir wenigstens annähernd gut gelungen ist seine Perspektive zu schreiben. Warnungen: Kitsch, OOCness (?), Drama, Kaibas fiese Ader, Joeys unglaubliche Niedlichkeit (ist das eine Warnung?) Vielen Dank an: Tsutsumi für das Übersetzen der Kapiteltitel ^^ und Nyx-chan fürs Probelesen Gewidmet: Maddle, dafür dass sie am Telefon sprachlos war beim Vorlesen dieses Kapitels und weil mir ihre Meinung so unglaublich viel bedeutet. *___* Anata to boku Yuki de bedeutet so viel wie "Du und ich - im Schnee" *** "War ich gut? Fandest du wirklich, ich war gut?" "Natürlich." "Ich dachte, das "Bääh" kam ein bisschen zu schnell", bemerkte Mokuba selbstkritisch. "Nicht genug im Takt der Musik." Er summte einen Augenblick und runzelte nachdenklich die Stirn. "Oder hätte ich vielleicht lieber "Määh" sagen sollen?" Jemand drängelte sich unfreundlich hinter ihm vorbei und schubste ihn aus dem Weg. Mokuba, noch vertieft in Gedanken an seinen Auftritt bemerkte es kaum, aber ich musste ihn festhalten, damit er nicht stolperte. Meine Augen wurden schmal. "Passen. Sie. Gefälligst. Auf!" Ich ignorierte die hastig vor sich hingemurmelte Entschuldigung und schob Mokuba ein Stück weg von den herausdrängenden Idioten in eine ruhigere Ecke. Er hatte immer noch das wollige, weiße Schafskostüm an und zwängte seinen Pullover kurzerhand darüber. "Andererseits hätte "Määh" rhythmisch nicht so gut gepasst", hörte ich ihn vor sich hinmurmeln. "Vergiss deinen Mantel nicht." Wir standen schon beinah im Eingang, ein wenig abseits von den anderen Kindern und ich sah ihm zu wie er sich fertig anzog. Mein Blick wanderte unbewusst durch die Halle. Als ob ich wartete ... auf irgendetwas. Die ganzen anderen Versager hatten nichts anderes zu tun, als sich so schnell wie möglich aus dem Staub zu machen und das selbst verursachte Chaos zurückzulassen. Die Lichter in der Halle waren noch an, aber die billige, selbst gebastelte Papierdekoration an den Wänden war schon dabei abzublättern und sich an vereinzelten Stellen von der Wand zu lösen. Überall herrschte Aufbruchsstimmung, als ob es auf einmal keiner mehr abwarten konnten nachhause zu kommen, zu ihrem billigen Weihnachtsbaum, den völlig überflüssigen Geschenken und unerträglichen Verwandten. Idioten. Und kein planlos herumirrendes Rentiergeweih weit und breit in Sicht. "Wo ist Joey?" Mokuba fummelte angestrengt mit seinem Schal herum. "Ich wollte mich doch verabschieden." "Was weiß ich." Irgendwie ertappt wandte ich mich ab. "Bist du fertig?" Er nickte und versuchte die langen Enden seines Schals irgendwie unter die Jacke zu stopfen, ohne sich dabei zu ersticken. "Ja. Soll ich Roland benachrichtigen, damit er uns abholt?" Bestimmt war der Köter auch schon zuhause unter seinem eigenen geschmacklosen Weihnachtsbaum ... umgeben von geschmackloser Weihnachtsdekoration und sinnlosen Geschenken. Das passte zu ihm. "Seto?" Fragend sah Mokuba mich an. "Sag ihm Bescheid." Ich verschränkte die Arme und verließ die Halle um draußen zu warten. Kalte Luft schlug mir entgegen als ich vor die Tür trat und ich atmete tief durch. Irgendetwas nagte an mir. Ganz tief am Rand meines Bewusstseins ... machte mich zu meinem Ärger unruhig und angespannt. Es war als ob ich etwas übersehen hatte. Irgendetwas, das nicht in Ordnung war. Und ich hasste Unordnung. "Kaiba!" Abrupt wandte ich den Kopf. Sekundenlang erwartete ich das Rentiergeweih und honigbraune Augen darunter. Hah! War er also doch noch ... Aber es war nur Yugi. Er stand direkt neben dem Eingang, ein Bein hinten an die Wand gestützt, so als hätte er auf mich gewartet. "Frohe Weihnachten", sagte er. Seine Wangen waren gerötet von der Kälte, aber sein Lächeln war ungehindert breit. "Was willst du?" fragte ich unwillig. "Nichts." Er spielte mit seiner Schultasche, deren Riemen ungehindert zwischen seinen Fingern auf und abglitt. "Ich warte auf meine Mutter und meinen Großvater." "Schön für dich." Ich machte Anstalten mich abzuwenden. Meine Geduld für Smalltalk war im Augenblick sehr begrenzt. "Warte! Hast du Joey gesehen?" Ich blieb stehen. "... sollte ich?" "Er ist noch drinnen", stellte Yugi fest und deutete auf die Halle. "Wenn du es weißt, wieso fragst du dann?" blaffte ich ihn gereizt an. Er war also noch da. Vermutlich am umziehen aus seinem lächerlichen Kostüm. Was interessierte es mich. "Ich ... eigentlich war ich zum aufräumen eingeteilt", fuhr Yugi fort, sein Blick weiterhin auf mein Gesicht gerichtet. Gereizt wandte ich mich erneut zu ihm um. Ob er auch nur die geringste Vorstellung hatte wie unglaublich egal mir das war? "Wir waren alle zum aufräumen eingeteilt", seine Hände spielten weiterhin mit dem Lederriemen seiner Tasche. "Tea, Tristan, Bakura ... ich ..." Langsam aber sicher verlor ich die Geduld mit diesem Schwachkopf und blickte ungeduldig zum Ausgang der Turnhalle. Wo zum Teufel blieb Mokuba? "Die Anderen sind schon weg. Joey hat gesagt, es ist okay, wenn wir gehen", fügte er etwas lauter hinzu. "Und wenn er es alleine macht." Meine Augen wurden schmal und zum ersten Mal erwiderte ich seinen Blick. Was hatte der dumme Köter jetzt damit zu tun? "Sollte diese Geschichte irgendeine Pointe haben, die mir bisher entgangen ist?" "Er meint, wir kommen dann schneller nachhause und können eher anfangen zu feiern ... Jeder will doch schnell nachhause an Weihnachten." "Bla bla", erwiderte ich gereizt. "Hör auf meine Zeit zu vergeuden, Yugi." Ich wandte mich nachsichtslos ab, bereit ihn einfach da stehen zu lassen - aber er lief plötzlich neben mir her, mich weiterhin anstrahlend. "Tut mir leid." Er gab sich Mühe zerknirscht auszusehen, aber es gelang ihm nicht. "Ich dachte wirklich, du hättest Zeit. Aber du fährst jetzt auch nachhause, nicht wahr?" Er strahlte mich an. "Mit Mokuba ... und ihr feiert sicher noch." Meine Augenbrauen zuckten gefährlich. Was zum Teufel sollte das? Sogar für Yugi mit seinen verwirrenden Ansichten, war dieses Gespräch im höchsten Maße seltsam. "Ich meine, es ist klar, dass ihr jetzt nachhause fahrt ... wer will schon hier bleiben an Heiligabend." Er beschleunigte seine Schritte und blieb hartnäckig an meiner Seite. "Das wäre auch eine ziemlich einsame Angelegenheit." Es würde bald zu einer gefährlichen Angelegenheit werden - und zwar gefährlich für ihn, wenn er nicht bald die Klappe hielt. Ich stand so kurz davor ihn zu packen und zu schütteln und eine Antwort zu verlangen was verdammt noch mal er überhaupt von mir wollte ... als plötzlich aus einiger Entfernung sein Name gerufen wurde. Er blieb stehen. Ich zu meinem Ärger auch. "Meine Mutter ...", stellte er zögernd fest, sein Blick zwischen ihr und mir hin und her gerissen. Schön, sie hatte ihrem Sohn grade das Leben gerettet. Er stand in ernster Gefahr von mir erwürgt zu werden. "Ich ... ich wünsche dir wirklich frohe Weihnachten ..." sagte er leise und hastig. Sein Blick war eindringlich auf mich gerichtet. "Und ... pass auf, dass du nichts Wichtiges vergisst ..." War er blöde? Sah ich so senil aus? Ich vergaß nie etwas. Schweigend sah ich ihm hinter her, als er über die Strasse lief. Dieses Gespräch war in jeder Hinsicht vollkommen absurd und überflüssig gewesen. "Seto." Auch ohne hinzusehen, wusste ich, dass es Mokuba war, der plötzlich neben mir stand. "Ich habe Roland gesagt, wir warten vorne an der Kreuzung auf ihn. Er müsste jeden Moment hier sein. War das grade Yugi?" Er winkte dem davonfahrenden Kleinwagen vorsichtshalber hinter her. "Was wollte er?" Ja ... was hatte Yugi gewollt? Mir frohe Weihnachten wünschen? Lächerlich. Ich wurde das dumme Gefühl nicht los, dass er etwas gewollt hatte ... Ich wusste nur nicht was - und vor allem nicht wieso ausgerechnet von mir. "Lass uns gehen", sagte ich abrupt. Bis zu der Kreuzung waren es noch ein paar Meter. Ich musste nachdenken. "Ich darf nächstes Jahr vielleicht einen der Hirten spielen", erzählte Mokuba eifrig und ungeachtet der Tatsache, dass er beinah rennen musste, um mit meinen langen Schritten mitzuhalten. "Und dann darf ich ganz alleine eine Strophe singen. Ich denke nicht, dass ich besonders gut singen kann, ehrlich gesagt. Aber sie meinte, es würde der Qualität unserer Aufführung keinen Abbruch tun, wenn ..." Ich verlangsamte meine Schritte ein wenig, um mich seinem Tempo anzupassen. Vollkommen untypisch für mich waren meinen Gedanken ungeordnet. Sie schwirrten in äußerst enervierender Weise in meinem Kopf herum und ließen sich in keinster Weise in irgendeine Ordnung bringen. Es musste daran liegen, dass ich soviel Zeit mit dem Köter verbracht hatte ... vermutlich färbte sein Chaos ab. "... mussten ein Gedicht lernen ... aber ich denke nicht, dass du es nachher hören willst ..." Etwas Kaltes landete plötzlich auf meinem Gesicht. Als ich die Hand hob um es wegzuwischen, segelt eine Schneeflocke auf meine Fingerspitzen. Ich wurde langsamer und starrte auf meine Hand. Der kleine weiße Kristall schmolz auf meiner Haut, hinterließ nichts als einen Wassertropfen. Weitere Schneeflocken folgten und landeten auf meinen Haaren und meinem Mantel. Erst vereinzelt und zaghaft und dann immer mehr und mehr. "Hey Seto - ich glaube, es schneit!" Mokuba klang begeistert. Schnee ... "Ich sage dir, es wird schneien...!" < echote es plötzlich in meinen Gedanken. Ich blieb stehen. Es war wie ein Klingeln in meinem Kopf. Laut und viel zu unangenehm um es zu ignorieren. "Vielleicht hilft Roland mir einen Schneedrachen zu bauen - so wie letztes Jahr! Und dann können wir ..." "Es schneit, du wirst sehen und ich werde an Heiligabend vorbeikommen und dir höchstpersönlich ein "FUCK YOU, Kaiba!" in den Schnee pinkeln!" < hallte es in meinem Kopf als ich weitergehen wollte. Ich hätte mich beinah nach ihm umgedreht, rechnete praktisch damit ihn jeden Moment lachend hinter irgendeiner Hausecke hervorzutreten und einen Schneeball nach mir zu werfen ... so lebhaft konnte ich seine Stimme hören. Wieso musste ich ausgerechnet jetzt an Joey Wheeler denken? Hatte ich heute nicht schon genug unter seiner Gegenwart gelitten? "Bist du sicher, dass du nachher keine Marshmallows mit mir rösten willst? Roland mag die auch nicht ..." Mokuba seufzte tragisch. Ich versuchte ihm zu zuhören, aber Wheelers lachendes Gesicht tauchte hartnäckig und wie in einer 3D-Simulation vor meinem inneren Auge auf. "Verlass dich drauf - es wird meine einzige Weihnachtsfreude sein das zu tun." < Meine einzige Weihnachtsfreude ...? Ich blieb stehen und atmete tief durch. Also gut, verdammter Hund, was zum Teufel versuchst du mir zu sagen? "Weil das toll ist ... Wie im Fernsehen ...!" < Ich sah vor mir wie er mich anlächelte. Mit diesem sehnsüchtigen, verlangenden Blick. "Hey Kaiba ...? Wie alt warst du, als aufgehört hast an den Weihnachtsmann zu glauben ...?" < "Bitte! Erzähl weiter ...!" < "Eigentlich war ich zum aufräumen eingeteilt ..." < mischte sich Yugis Stimme ein. > "Wir waren alle zum aufräumen eingeteilt ..." < "Entwickelst du grade einen neuen Fetisch, Wheeler?" < "Ich meine, es ist klar, dass ihr jetzt nachhause fahrt ... wer will schon hier bleiben an Heiligabend ..." < "Falls du vorhattest, auch nur einmal in deinem Leben nett zu mir zu sein ... dann ist heute der ideale Tag dafür ..." < "... wird meine einzige Weihnachtsfreude sein ..." < "Wie alt warst du ...?" < "Wie im Fernsehen ..." < "... als du aufgehört hast ..." < "Das wäre auch eine ziemlich einsame Angelegenheit ..." < "... an den Weihnachtsmann zu glauben ...?" < "Seto ...? Alles in Ordnung ?" Mokuba zupfte an meinem Ärmel und blickte mich fragend an. Langsam drehte ich mich um. Die Halle lag bereits ein ganzes Stück hinter uns, am Ende der Strasse. Leer und vollkommen dunkel. Natürlich. Wer sollte jetzt auch noch da sein. Ich war paranoid. "Seto ...?" Ich starrte hinunter auf Mokuba. Schneeflocken schmolzen auf seiner Mütze und landeten auf seinem Gesicht. "Sir?" Wann zum Teufel war Roland angekommen? "Kaiba ...? < beharrte Yugis aufdringliche Stimme in meinem Kopf. > "... pass auf, dass du nichts Wichtiges vergisst ..." < Ich war paranoid, ganz sicher. Es musste doch möglich sein dieses absolut irrationale, beschissene Gefühl loszuwerden. Verdammter Yugi ...! "Sollen wir fahren, Sir?" "Ja." Ich sah erneut zur Turnhalle am Ende der Strasse. "Nein." Die Strasse war schon weiß, bedeckt mit einer dünnen Schicht aus Schnee. Es würde kalt werden heute Nacht. Wenn ich nicht nachsah ... nur aufgrund diesen lächerlichen, irrationalen Gefühls ... Andererseits - wie viele scheinbar gute Geschäfte hatte ich in meinem Leben schon nicht abgeschlossen - nur aufgrund eines unguten Gefühls. Und wie selten hatte mich dieser Instinkt im Stich gelassen. "Steig schon mal in den Wagen, Mokuba", befahl ich. "Ich komme gleich zurück." Er nickte folgsam und sein Griff löste sich von meinem Ärmel. Meine Finger fuhren behutsam über seine Wange und entfernten ein paar Schneeflocken, die sich darauf niedergelassen hatten, was mir ein vertrauensvolles Lächeln einbrachte. "Sir ...", unterbrach mich Roland verwirrt "Aber ich dachte ..." "Machen sie die Heizung im Wagen an", unterbrach ich ihn ungerührt. "Sie haften persönlich für seine Sicherheit. Falls ihm etwas passiert ... hole ich mir ihren Kopf." "Jawohl, Sir!" "Machen sie sich keine Gedanken, Roland", hörte ich Mokuba flöten, während ich mich zum gehen wandte. "Das meint er zwar so - aber ich werde schon auf sie aufpassen." "Ich bin ihnen sehr verbunden, Sir." Meine langen, zielstrebigen Schritte zerstörten jegliche schneeweiße Idylle, die drohte sich aufzubauen, als ich die verlassene Strasse entlang schritt. Rechts und links stob Schnee hoch und ließ sich auf meinem Mantel nieder. Völlig unbegreiflich was Wheeler daran so toll fand. Ich konnte meinen Atem sehen, der kleine Wölkchen in der Kälte hinterließ. Es hatte jetzt schon Minusgrade. War er wirklich so blöd? Konnte er wirklich so ein unglaublicher Idiot sein ...? Meine Schritte wurden schneller. Was fragte ich überhaupt? Ja, er war so ein Idiot. Er war nichts weiter ein dummer, planloser, gefühlsduseliger, kleiner Hund ... aber zum Teufel, er war MEIN dummer, planloser, gefühlsduseliger, kleiner Hund! Und er sollte es ja nicht wagen seinen Herren und Meister nur wegen einer lächerlichen Angelegenheit wie Weihnachten dermaßen in Rage zu bringen. Idiot. Idiot. Idiot. Meine Schritte wurden immer schneller, und mit jedem Schritt, den ich auf sie zu machte, wurde ich sicherer, dass ich Recht hatte mit meiner Intuition. Je näher ich der Turnhalle kam, desto verlassener und leerer sah sie aus. Alles war dunkel und keine Menschenseele weit und breit mehr zu sehen. Die ganzen Versager hatten sich alle aus dem Staub gemacht ... Ich griff nach der Eingangstür - nicht wirklich überrascht, dass sie noch nicht abgeschlossen war - und zog sie auf. Es war ganz still und nur die muffige und inzwischen rasant abkühlende Luft schlug mir entgegen. Im Eingangsbereich war alles dunkel und nur das Mondlicht von draußen ließ mich vage Umrisse erkennen. Langsam begann ich mich idiotisch zu fühlen. Sollte ich mich doch geirrt haben...? Nein. Niemals. Ich durchquerte die Eingangshalle. Wheeler ... wenn du wirklich so dumm bist ... Auch in der Halle war alles war dunkel - alle kitschigen, bunten Lichter aus. Nur die Beleuchtung des grässlichen Baumes brannte noch und warf für wenige Meter warmes, freundliches Licht in die Dunkelheit. Natürlich ... natürlich war er noch da. Ich konnte seine schmale Gestalt auf dem Boden sitzen sehen, direkt vor dem Baum, die Beine angezogen und den Rücken zu mir gewandt. Dieser Idiot. Ich wusste sofort, dass er es war. Es konnte nur er sein. Erstens wäre niemand anderes je so lächerlich und erbärmlich gewesen und zweitens trug er immer noch das lachhafte, unverkennbare Geweih ... auch wenn er sonst wieder seine normale Kleidung anhatte. Und so wie er auf den erleuchteten Baum starrte, hätte ich wetten können, dass er wieder diesen dämlich sehnsüchtigen Ausdruck im Gesicht hatte, der mich langsam aber sicher vollkommen wahnsinnig machte. Der dämliche Elchkopf stand neben ihm auf dem Boden und seine roten Leuchtaugen sahen ihm zu ... die einzige Gesellschaft, die er hatte. Seine Lippen bewegten sich langsam und als ich näher kam, hörte ich, dass es ausgerechnet "Jingle Bells" war, was er leise vor sich hin murmelte. Ich wusste selbst nicht wieso es in diesem Augenblick beinah wehtat ihn zu sehen. "Wheeler ..." hörte ich mich selbst sagen, als ich endlich neben ihm stand und auf ihn hinab sehen konnte. Meine Stimme klang seltsam belegt. "Du ... kannst wirklich kein bisschen singen ..." An mir war definitiv kein heimlicher Romantiker verloren gegangen. Sein Kopf flog nach oben. "Was machst du hier ...?" Seine Stimme war ungewohnt zaghaft und leise. Ja, das war eine gute Frage. Ich fragte mich das auch die ganze Zeit. Was machte ich überhaupt hier? "Das könnte ich dich fragen ...", knurrte ich, plötzlich und unerwartet wütend auf ihn. "Was verdammt noch mal, machst du hier? Was soll das werden?" Er wandte mir sein Profil zu, als er wieder zu dem hell erleuchteten Baum blickte. Sein langes, widerspenstiges Pony fiel ihm tief ins Gesicht, so dass ich seine Augen nicht sehen konnte. Er sah verlegen aus und ein wenig gedemütigt, vielleicht weil ich ihn hier erwischt hatte. "Ich ... ich feiere Weihnachten." "Weihnachten?" Ich war so angepisst in diesem Augenblick, ... ich hätte ihn schlagen können, wenn ich nicht so verdammt viel Selbstbeherrschung gehabt hätte. Vielleicht lag es daran, dass ich bis zum letzten Moment nicht wirklich sicher gewesen war, ob ich recht gehabt hatte. Ich konnte das einfach nicht glauben. "Was hast du vor, verdammter Köter? Dich hier zu Tode frieren? Wenn du so erpicht darauf bist dich heute noch umzubringen, kannst du das auch einfacher haben!" Hatte er eine Ahnung wie kalt es hier drin werden würde? Dieser blöde, gehirnamputierte ... dumme Idiot! Was sollte diese rührselige, jämmerliche Show hier zu bleiben und einen auf Trauerkloß zu machen?! "Wo ist der Rest?" fuhr ich ihn mit zusammengebissenen Zähnen an. "Wo ist Herr Fujikawa?" Hatte er nicht den Schlüssel für die dämliche Halle? Hatte er keine Aufsichtspflicht?! Hatte er nicht die gottverdammte Verantwortung für seine Schüler?! Wo war diese unfähige, zu nichts zu gebrauchende, so genannte Lehrkraft?! Ein trauriges Lächeln spielte um seine Lippen. "Zuhause, denke ich. Bei seiner Familie." "Er hat dich hier alleine gelassen ...?" Er hob in einer Geste absoluter Hoffnungslosigkeit und Resignation die Schultern. "Ich habe ihm gesagt, ich würde abschließen und mich um alles kümmern ...", sein Lächeln war das unechteste, was ich je an ihm gesehen hatte. "Es war nicht wirklich schwer ihn zu überreden schon zu gehen. Er war ziemlich erleichtert. An Heiligabend will doch jeder schnell nachhause ... nicht wahr ...?" Ich würde ihn feuern lassen. Nein. Ich würde ihn vorher umbringen und dann feuern lassen. Ja, das war besser. "Was ist mit Yugi? Hat er das gewusst?" Ich musste an den Ausdruck in seinem Gesicht denken. An dieses komplett absurde Gespräch voll mit Andeutungen, dass wir vor weniger als einen halben Stunde noch geführt hatten. "Yugi ...?" Er schüttelte hastig den Kopf. "Nein ... nein, hat er nicht. Er ... ich glaube, er denkt sich seinen Teil. Aber nicht so ..." Ich glaubte es auch nicht wirklich. Yugi war ein dermaßen sentimentaler Mensch und auch wenn ich sonst nicht viel von ihm hielt - seine Zuneigung zu seinen Freunden, und ganz besonders zu Wheeler hätte nicht einmal ein Blinder übersehen können. "Er denkt nur, ich drücke mich davor nachhause zu gehen ... dass ich ein bisschen länger hier bin, als nötig." Er lächelte. "Er weiß nichts von ... nichts davon, wie es wirklich ist." 'Wie es wirklich ist' ... meinte er seinen Alkoholikervater damit? Konnte es wirklich sein, dass seine ganzen dämlichen Freunde nichts davon wussten? "Wieso ..." ich atmete tief durch, aber es trug nicht das Geringste dazu bei mich zu beruhigen. "Wieso erzählst du mir den ganzen Abend so eine verfluchte, rührselige Scheiße über Weihnachten ...?!" Ich konnte es nicht fassen. " ...wenn das hier Weihnachten für dich ist?! Wieso laberst du mich mit diesem verdammten Müll zu über die Dinge, die 'wichtig' sind?! Wieso ziehst du diese verdammte Show ab, dass alles gut ist und wer weiß wie toll?! Und wieso bist du nicht zuhause, wie jeder normale Mensch?!" Ich wusste es doch ... verdammt ... ich wusste es doch schon längst ... aber irgendwie konnte ich es einfach nicht glauben, so lange ich es nicht aus seinem eigenen Mund hörte. Sein Kopf fuhr zu mir herum und in seinen Augen glitzerte es verdächtig. "Bei mir zuhause ist kein Weihnachten", fauchte er bitter. "Zufrieden? Was willst du hören ...? Es gibt keinen Baum ... und keine Lichter ... keine Kerzen ... keine Plätzchen ... und ganz sicher keine rotierenden Weihnachtsmänner, die "ho ho ho" machen ...", er stockte und fuhr sich hastig über die Augen. "Ich weiß nicht, ob er die Stromrechnung für diesen Monat bezahlt hat. Ich bin nicht einmal sicher, ob mein Vater überhaupt weiß was für ein Datum heute ist." Seine Stimme klang wackelig, genauso wie sein Lächeln. Ich war neun. Ich war neun Jahre alt gewesen, als ich es aufgegeben hatte sehnsüchtig am Fenster zu stehen und auf den Weihnachtsmann zu warten. Als ich aufgehört hatte auf irgendetwas zu warten, dass Weihnachten für mich sein würde. Aber Joey wartete immer noch ... wie ein dummer, kleiner Hund wartete er ... auf irgendetwas, das passieren würde ... irgendetwas, das Weihnachten bedeutete. Und es würde einfach ... nicht passieren ... Nicht, wenn ich es nicht passieren ließ. Ich dachte an die rotierenden Weihnachtsmänner und die blinkenden Rentiere ... und die roten Mützen auf meine geheiligten Statuen. Ich dachte an Mokuba, der unbedingt Marshmallows über unserem offenen Kamin rösten wollte ... und Roland der wieder absolut lachhaft aussehen würde, als Weihnachtsmann ... und dass mein kleiner Bruder mit Sicherheit wieder 37 einzeln verpackte, selbst gebastelte Geschenke für sämtliche unserer direkten Angestellten hatte und erwartete, dass sie jeder einzelne vor uns auspackte und sich darüber freute. Und ich fragte mich wie es sein würde ... dabei die ganze Zeit zu wissen, dass Joey Wheeler mit nichts als einem Elchkopf neben sich, einsam in einer dunklen Turnhalle saß, die langsam immer kälter wurde ... und kälter. Ich wollte ihm sagen, dass er ein Idiot war. Dass in seinem Kopf nur Käsetoast sein konnte und definitiv kein klar denkendes Gehirn. Dass er sich wegen etwas lächerlichen, bedeutungslosen wie nur einem weiteren unter hundert überflüssigen Feiertagen nicht unbedingt seinen kleinen Arsch abfrieren musste. Ich seufzte, meine ganze Wut auf ihn so plötzlich verflogen wie sie gekommen war. "Dir ist schon klar, dass du nicht die ganze Nacht hier verbringen kannst", sagte ich stattdessen. "Besser hier, als zuhause." Er verzog das Gesicht. "Das meinte ich nicht." Ich verschränkte die Arme. "Soweit ich mich erinnere, hatten wir eine Wette laufen ... falls man das so bezeichnen kann." Vollkommen perplex sah er auf. "Was ...?" "Es schneit", stellte ich fest. "Wolltest du nicht an Heiligabend zu mir kommen und ... 'Fuck you, Kaiba' oder etwas ähnlich Niveauloses in den Schnee pinkeln?" "Es schneit ...?" "Denn da du das nun einmal leider zugesagt hast, erwarte ich anbetracht der Tatsache, dass heute Heiligabend ist natürlich, dass du das auch umsetzt." Er blinkte. "Du willst, dass ich zu dir komme und vor deinem Haus in den Schnee pinkele? Jetzt? Sofort?" "Ja." "Versuchst du grade mir irgendetwas zu sagen und ich peil es nur nicht?" Ja verdammt! Das versuchte ich! Blöder Köter ... "Steh schon auf und sitz da nicht so erbärmlich herum!" befahl ich kurzerhand. Wieso diskutierte ich überhaupt mit ihm hier rum? Er hatte gefälligst mit zu kommen und keine Widerworte zu geben. "Was? Wieso?!" "Weil ich nicht die Absicht habe, dich bis zu unserer Limousine zu tragen, falls es das ist was du erwartest." Nicht, dass ich das nicht könnte. Aber das war nicht der Punkt. Er sprang auf und starrte mich an. Sein Kehlkopf bewegte sich heftig auf und ab als er schluckte. "Ähm ... Kaiba ...ist ... ist das so was wie eine Einladung mit euch Weihnachten zu feiern ...?" "Wenn du das so auffassen willst." "A-aber ... wieso?" Er fuchtelte nachdrücklich mit den Armen und endlich sah er nicht mehr so resigniert und müde aus wie eben, sondern mehr wie ... er eben sein sollte. Lebendig. Chaotisch. "Ich meine, du kannst mich nicht einmal leiden! Ich gehe dir in einer Tour auf den Keks. Und ich mache immer alles falsch!" "Nicht zu vergessen, dass du ein Hirschgeweih auf dem Kopf hast", fügte ich hilfreich hinzu. "Rentier, man!" knurrte er. "Vom Weihnachtsmann!" "Alles klar, Wheeler." "Aber du weißt doch ... was ich meine?" Hielt er mich für blöde? Natürlich wusste ich worauf er hinaus wollte. Alles in allem war mir ja selbst nicht ganz klar, wieso ich das tat. Natürlich musste ich ihm das nicht unbedingt auf die Nase binden. Nicht, dass sich das noch herumsprechen würde. Seto Kaiba wusste verdammt noch mal immer was er tat! "Was willst du hören?" fragte ich halbwegs kooperativ, bereit wenigstens irgendetwas zu sagen. So lange ich nicht gefühlsduselig werden musste, war alles bestens. "Ich darf mit euch Weihnachten feiern ...?" er fuhr sich hastig über die Augen und seine Stimme klang verdächtig wackelig. "Wieso ...?" Oh Gott. Er erwartete wirklich, dass ich gefühlsduselig wurde. Das war toll, ganz toll. Wieso erwartete er nicht gleich, dass ich mich als Weihnachtsengel verkleidete und ein Ständchen sang?! Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, er hätte irgendwas Nettes verdient. Nur ausnahmsweise. Nicht weil Weihnachten war, klar? Weil er ... so ein kleines dummes Rentier war. Vielleicht ... weil er Joey Wheeler war. "Weihnachten ist eine der dümmsten Erfindungen, die die Menschheit je gemacht hat", sagte ich schließlich. "Egal was du sagst oder was Mokuba deswegen alles auf die Beine stellt. Weihnachten ist einfach nur kitschig, nervig und aufdringlich und ich werde nie verstehen was alle für einen Aufstand deswegen machen. Aber ...", ich fuhr mir durch die Haare und atmete tief durch. Nett klingen. Aber nicht zu nett. "... zugegeben ... es hat einen gewissen Unterhaltungswert, wenn ... du dabei bist. Auch wenn ich dabei permanent in Gefahr laufe von herunterfallenden Elchköpfen erschlagen zu werden. Auch wenn du vollkommen lächerlich mit diesem Geweih aussiehst. Und auch wenn du wirklich kein bisschen singen kannst und auch sonst keinerlei Qualitäten besitzt, die ..." Er grinste. Völlig überraschend und unerwartet grinste er plötzlich und ich stoppte abrupt, und kam mir plötzlich in jeder Hinsicht ertappt und durchschaut vor. Verdammt - konnte er sich nicht endlich angewöhnen nur dann zu lachen, wenn ich das für angemessen hielt?! "War das etwa ein Versuch mir etwas Nettes zu sagen?" Argwöhnisch blickte ich ihn an. "Könnte man so auffassen, wenn man es drauf anlegt." "Und ich darf ... wirklich mitkommen?" "Wenn du noch länger solche Fragen stellst, überlege ich es mir noch mal." Was er dann als nächstes tat, entbehrte wirklich jeder logischen, rationalen Grundlage und war allein deshalb, - und weil es so durch und durch unvermittelt und unüberlegt war - in gewisser Weise Einhundertprozent Joey Wheeler. Ich war noch mitten dabei ihn finster und Furcht einflößend anzusehen ... als das Strahlen auf seinem Gesicht Beunruhigenderweise immer breiter und breiter wurde. Und dann hatte ich ihn plötzlich am Hals, so heftig und unerwartet, dass ich zurückstolperte. Beide Hände voll mit blondem Köter rang ich um mein Gleichgewicht, seine Arme waren um meinen Nacken geschlungen und ... seine Lippen plötzlich und hartnäckig auf meinen Mund gepresst. Er ... er ... Joey Wheeler küsste mich. Ohne jeden vernünftigen Grund! Zumindest hätte die Definition eines Kusses, wenn ich im Duden nachgeschlagen hätte, sich vermutlich so ähnlich angehört. Intime Lippenberührung zwischen zwei vorzugsweise menschlichen Subjekten. Ob ich einen Duden finden würde, in dem stand WIESO zum Teufel er das tat? Auf die Gefahr hin ihn zu zitieren - er konnte mich ja nicht einmal leiden! Dachte ich zumindest. Andererseits hatte ich auch nicht gedacht, dass er in irgendeiner Weise angenehm zu küssen sein würde. Aber das war er ... Sehr ... sehr ... angenehm zu küssen. Er war sehr sanft ... ein wenig ungeschickt, aber durch und durch enthusiastisch und in gewisser Weise beinah liebevoll. Er schmeckte nach Sonnenstrahlen und Honig, süß und warm, und hatte gleichzeitig etwas an sich, das herb und ungestüm und voller pubertierenden Hormonen war. Und er irritierte mich in einem Maße, in dem mich noch nie ein anderer Mensch zuvor irritiert hatte. Ich war zu perplex um etwas dagegen zu unternehmen und definitiv viel zu perplex um diesen Kuss zu erwidern. Es war Heiligabend, ich stand in einer Turnhalle, die blinkenden Leuchtaugen eines Elchkopfs starrten mich an und Joey Wheeler stand auf Zehenspitzen vor mir und küsste mich. Das war definitiv nicht geplant gewesen. Sein Gesicht war verschwommen und er lächelte, als er sich im Zeitlupentempo von mir löste. "Hmmm ...", murmelte er verträumt und sein Atem streifte mein Gesicht. "Das war sehr, sehr ... nett ..." "Wheeler ...!" stieß ich zu meinem ultimativen Ärger ein wenig atemlos und mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Er blinkte unschuldig und hob seinen Blick nach oben an die Decke. "Mistelzweig." Mit dieser simplen Erklärung ließ er die Arme sinken und trat einen Schritt zurück. Mit einem breiten Lächeln fuhr er sich durch die widerspenstigen goldblonden Haare und hatte sekundenlang einen absolut ärgerlichen, männlich selbstgefälligen Gesichtsausdruck. Er angelt nach dem Elchkopf, der uns immer noch anblinkte und hielt ihn besitzergreifend an seine Brust. "Kann ich ihn mitnehmen? Er ist schon beinah wie ein Kumpel und irgendwie gewöhne ich mich grade so an ihn ..." Er staubt ihn liebevoll ab und machte sich auf den Weg zur Tür, sein plappernder Mund dabei unentwegt in Bewegung. "Wheeler!" donnerte ich. Er hielt inne und blinkte mich über seine Schulter hinweg an, ein Bild absoluter Unschuld. "Ja?" Mir fehlten die Worte. "Das ist vollkommen ... inakzeptabel!" "Was?" Das war mein erster Kuss, verdammt! Und ich hätte sonst etwas darauf verwetten können, dass es auch Wheelers erster Kuss gewesen war. Wie konnte er es wagen ...?! Wie konnte er es wagen mich zu küssen? Wenn hier überhaupt irgendjemand küsste, war ich das! Aber ich wurde doch nicht geküsst, verdammt! "Ich will meinen Kuss zurück", verlangte ich ungehalten. Er sah mich an. Und er lachte. Schon wieder lachte er in einem durch und durch ernsten Augenblick, in dem es absolut nichts zu lachen gab! Wieso tat er auch nie was ich von ihm erwartete - und wieso hatte er nicht den nötigen Respekt und die Ehrfurcht vor mir, wie alle anderen auch? "Komm schon ..." sein Lächeln war warm und es war echt. "Wenn du heute noch erleben willst wie ich "Fuck you, Kaiba" vor eurem Haus in den Schnee pinkele, dann darfst du nicht so herumtrödeln." "Was?!" Er streckte die Hand nach mir aus. "Nun, komm schon ...!" Ich weiß nicht wieso, aber ich kam. Warte nur, Joey Wheeler ... diesen Kuss hole ich mir zurück und wenn es das letzte ist, was ich tue! Seine Schritte knirschten in dem inzwischen zentimeterdicken, puderzuckerweißen Schnee, als er vor mir herlief wie ein enthusiastischer, kleiner Hund, sich immer wieder zu mir umdrehend und mich anlächelnd, und glitzernde Schneekristalle landeten in seinen Haaren und auf dem absurden Geweih. Ich konnte nicht anders. Ich musste lächeln. Mokuba sprang aus dem Wagen, als wir nur noch wenige Schritte von ihnen entfernt waren, und lief uns entgegen. "Ein Elch", rief er begeistert. Und ich sah wie Joey mit den Armen fuchtelte und erwiderte "Rentier, man! Ein Rentier!" Vom Weihnachtsmann, nicht wahr? "Heißt das, er feiert mit uns?" Mokuba sprang begeistert vor mir auf und ab wie ein kleiner Gummiball. "Und röstet mit uns Marshmallows? Und baut mit mir einen Schneedrachen?" "Hn", erwiderte ich. "Werde ich alles, kleiner Kumpel!" Joey strahlte und wuschelte ihm liebevoll durch die Haare. "Aber vorher ..." er warf mir einen unergründlichen, vielsagenden Blick zu. "... muss ich noch etwas wichtiges bei euch erledigen." "Was denn...?" Mokuba blickte neugierig zwischen uns beiden hin und her. Ich wollte den Mund öffnen um etwas zu erwidern, aber Joey kam mir zuvor. "Tut mir leid, aber das ist nur etwas zwischen deinem Bruder und mir", sagte er ohne den Blick von mir abzuwenden. "Nicht wahr ... Seto?" Du und ich ... im Schnee ... Weihnachten ... Weihnachten ist ... wenn Joey Wheeler mit einem Rentiergeweih auf dem Kopf und dem breitesten Lächeln im Gesicht, das ich je erlebt hatte, für mich in den Schnee pinkelte ... Das mag nicht die allertraditionellste Ansicht über Weihnachten sein, und mit Sicherheit ist es nicht die allergefühlsvollste. Aber es war das erste Mal in meinem Leben ... dass der neunjährige Junge in mir, der noch immer mit großen Augen am Fenster stand und wartete ... so unglaublich lange schon sehnsüchtig wartete auf irgendetwas das passieren würde ... endlich das Gefühl hatte, dass es Weihnachen sei. Danke ... Joey ... ^Fin^ Feedback? Wie immer sehr erwünscht. Ich weiß, das ist ein ziemlich offenes Ende ... sorry! Aber ihr Happy End kriegen sie bei mir ja doch immer. ;) Nachtrag: Ja, ich weiß ... der Kuss kam ziemlich ... äh unerwartet. *drop* Aber ich wollte diese Szene wirklich unglaublich gerne drin haben und hoffe einfach mal, dass es das ganze nicht zu OOC gemacht hat. ^^* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)