Das Zentrum des Heckenlabyrinths von abgemeldet (Neu: Chapter 13) ================================================================================ Kapitel 9: Chapter 9 -------------------- Chapter 9 Nacht 35 Damon schlief die Nacht seltsamerweise recht gut und erwachte zu seinem eigenen erstaunen mit einem Lächeln auf den Lippen. Ob das wohl an dem Kuss lag? Er schüttelte den Kopf. Am besten machte er sich keine Hoffnungen, Alan hatte doch auch seinen Kuss auf der Straße erwidert und es hatte nicht besonders viel bedeutet, zumindest glaubte er das. Er erhob sich und öffnete Tür und Fensterläden, zündete ein paar Kerzen an. Ein wenig blöde war die Situation schon. Er hatte diese Nacht Janis noch bescheid geben wollen, also musste Alan sich wohl beeilen. Aber er konnte doch auch nicht einfach so gehen, wenn Alan nicht rechtzeitig kam, das würde alles zerstören. Andererseits wusste er auch nicht, wie er Alan dann im Gespräch sagen sollte, das er weg musste. Seufzend griff er nach einem der Bücher und setzte sich in seinen Sessel. Alan erwachte mit dem Sonnenuntergang. Instinktiv rechnete er damit, dass Damon zu ihm kommen und eine Erklärung verlangen würde. Doch nachdem er sich eine Stunde lang angezogen und gewartet hatte, glaubte er das nicht mehr so recht. Also musste er wohl den Bußgang nach Canossa antreten. Vorsorglich verließ er seine Räume, bevor er großartig darüber nachdenken konnte, denn dann würde er es wie gestern Abend nicht mehr können. Dass er nur die unteren vier Knöpfe seines Hemdes geschlossen hatte, interessierte ihn nicht mehr. Leise klopfte er an Damons Tür, falls der andere noch schlief, wollte er ihn nicht wecken. Dann trat er ein. Damon hatte hin und wieder auf die Uhr geschaut und sich gefragt, ob Alan es überhaupt schaffen würde, zu ihm zu kommen, oder ob er zum Vampir musste. Als er das Klopfen hörte, ließ er ein leises "Herein" verlauten und sah von dem Buch auf, das er bis dahin gelesen hatte. Als er Alan bemerkte, huschte ihm bei dessen Anblick unwillkürlich ein Lächeln über die Lippen, das jedoch genauso schnell verschwand, wie es gekommen war. er legte das Buch beiseite und blickte Alan abwartend an. So wie Damon ihn ansah, schien er eine ganze Weile auf Alans Verfehlung gestern herumreiten zu wollen. Er sah nicht streitsüchtig aus, nur so, als würde er sich nicht nach drei Sätzen geschlagen oder zufrieden geben wollen. Aber immerhin hatte er kurz gelächelt, das beruhigte Alan ein wenig. Manchmal kam er sich vor, als wäre er ein kleines Kind, dass sich bei seinem Papa für eine zerbrochene Vase entschuldigen sollte. Sollte es nicht andersherum laufen? Das war so eine Sache, weswegen er ihn gestern einfach ärgern wollte. Weil er Alan als den unschuldigen Achtzehnjährigen betrachtete, der er einmal gewesen war und auch noch in ihm erhalten war, aber er war nicht mehr nur das. Er war 138 Jahre gealtert, seit dieses Bild auf seinem Körper erstarrt war. Er wusste zwar vieles nicht und wollte auch genauso viel weder wissen noch lernen, doch er hatte auch eine ganze Menge mehr Erfahrungen gemacht als Damon und deswegen stand es dem 20-Jährigen nicht zu, ihn so väterlich und von oben herab zu behandeln. "Guten Abend." Meinte er leise und schloss die Tür hinter sich. Er setzte sich nicht, sondern lehnte sich an die Wand neben der Tür, verband so nötiges und nützliches, indem er Damon einen kleinen Crashkurs in höflichem Benehmen gab, zu welchem gehörte, dass man seinem Gast einen Platz anbot. Damon seufzte leise und steckte ein Lesezeichen in das Buch, legte es ordentlich auf den kleinen Tisch, der neben ihn stand, denn offensichtlich konnte das länger dauern. Was hatte er denn auch anderes erwartet, das letzte Mal, als Alan sich entschuldigt hatte, war nachdem er ihn fast getötet hatte. "Willst du dich setzen?" fragte er mit gerunzelter Stirn, da er nicht wusste, ob Alan extra stehen geblieben war, und deutete auf den Stuhl der, ihm schräg gegenüber lag. Eigentlich war er gar nicht mehr beleidigt oder sauer. Aber Alan musste seiner Meinung nach begreifen, dass ihm sein höherer Stand noch lange nicht das Recht gab, ihm den Mund zu verbieten und ihn so von oben herab zu behandeln. "Wieso bist du gestern einfach gegangen? Du hättest mir ruhig ein Zeichen geben können..." Das war keine Anklage, vielmehr nach Alan die beste Möglichkeit, um das Gespräch irgendwie zu beginnen und gleich auf das Thema zu lenken. Gleichzeitig ließ er sich auf dem angebotenen Sitzplatz nieder. Da er sich die Antwort ungefähr denken konnte, fuhr er leise fort. "Mein Verhalten tut mir Leid. Ich wollte dich ein wenig provozieren und dann hatte ich mich so in die Skizze vertieft..." Man konnte es Alans geübter Stimme nicht unbedingt anhören, doch er wand sich innerlich, blickte einen Punkt neben Damon an. Er war überhaupt nicht gut darin, sich zu entschuldigen, und er wollte es auch nicht so nötig lernen. Damon hörte dem anderen aufmerksam zu. "Euch ein Zeichen geben? Kaum, dass ihr irgendeine Idee hattet, kam auch schon die nächste und das nächste Thema wurde behandelt. Ihr habt mich überhaupt nicht zu Wort kommen zu lassen. Ich bin noch nicht mal sauer gewesen, weil du den Mantel bezahlen wolltest. Ich war sauer, weil ich mir vorkam wie eine Kleiderpuppe, an der du gerade Gefallen gefunden hast und der du deinen Geschmack aufzwingst und nach Lust und Laune neue Kleidung anziehst. Mir hätte ein einfacher Wintermantel gereicht, ohne diesen ganzen Schnickschnack." antwortete Damon und blieb zu seinem eigenen Erstaunen ziemlich ruhig. Er machte hin und wieder Pausen, denn er dachte über das, was er sagen wollte, nach. Er sah, wie schwer Alan es fiel, sich zu entschuldigen, und er wollte den anderen nicht vertreiben, indem er ihn jetzt verärgerte. Alan schmunzelte. Damon hatte es immer noch nicht bemerkt. "Es ging bei dieser Frage doch bloß in zweiter Linie um das Geld. Leander schneidert sowieso bloß für Leute, von denen er schon weiß, dass sie ihn hinterher auch bezahlen können und werden. Wer bezahlt, darf entscheiden, darum ging es. Er wollte einfach wissen, mit wem er sich besprechen muss. Und außerdem geht es mir überhaupt nicht darum, dir meinen Geschmack aufzuzwingen. Ich habe lediglich meine Meinung zu einer Skizze beigesteuert. Ob Leander dir den Mantel so schneidert oder nicht, ist sowieso deine Sache." Vielleicht war es ein wenig unfair, weil es so klang, als ob Alan nachträglich versuchen würde, sich aus den Anschuldigungen herauszuwinden, aber eigentlich tat er das gar nicht. Er legte nur die Praxis seines Lieblingsschneiders offen, schließlich wusste er ja nicht, bei welchen Schneidern Damon bis jetzt seine Sachen hatte nähen lassen. Vielleicht gab es bei denen nicht einmal einen Probeschnitt. "Ihr hättet ja zumindest fragen können, ob das so in Ordnung ist... aber davon, dass ihr das vorhattet, hat man nicht mal ansatzweise etwas gemerkt." meinte Damon nun wieder etwas beleidigt und starrte die Wand an. Warum liefen Alans Entschuldigungen immer darauf hinaus, dass er sich anhören durfte, was er denn alles hätte anders und besser machen können und dass er überhaupt alles falsch machte und falsch verstand. Dennoch wollte er jetzt keinen Streit vom Zaun brechen, denn er rechnete es dem Vampir hoch an, dass er wenigstens versucht hatte sich zu entschuldigen und es auch irgendwie getan hatte. Zumindest waren die vier Worte "es tut mir leid" gefallen, wodurch man durchaus sagen konnte, dass Alan sich entschuldigt hatte. "Tut mir leid, aber ich muss noch was in der Stadt erledigen und ich wollte vor Sonnenaufgang zurück sein." meinte er dann freundlich lächelnd und erhob sich aus seinem Stuhl, griff schon mal nach seinem Mantel. Er wollte Alan nicht unbedingt rauswerfen, aber so langsam wurde es Zeit. Alan zuckte zusammen, als Damon das Gespräch so abrupt beendete, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. Dabei war er gerade so weit gewesen, diesen Entschuldigungs-Schlüssel-Satz auszusprechen. Aber wenn Damon ihn damit ganz klassisch hinauswarf, dann würde er sich auch nicht dafür zusammenreißen und einen Mantelrücken um Entschuldigung bitten. Von diesem freundlichen Lächeln fühlte sich Alan zusätzlich verhöhnt. "Falls du in der Nähe bist, kannst du ja Leander einen Besuch abstatten. Den Probeschnitt hat er sicher fertig. Beim Anprobieren kannst du jede Menge ändern lassen." Fügte er kühl seiner Erklärung bei und erhob sich ebenfalls. Auf die Warnung, dass Damon ihn in einer depressiven Phase erwischen könnte, verzichtete er. Damon wusste doch sowieso alles besser. Damon bemerkte durch Alans Verhalten, dass dieser das Ganze wohl doch ein wenig falsch verstanden hatte. "Tut mir wirklich leid, ich will dich nicht rauswerfen, auch wenn es sich so angehört hat. Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du dich entschuldigt hast, es ist nur so, dass ich wirklich noch etwas erledigen muss und ich konnte doch nicht vorher wissen, dass wir uns streiten würden." Er blickte Alan entschuldigend an und hoffte, dass dieser nicht wieder vollkommen sauer war. Mittlerweile hatte er bemerkt, dass er wohl ein Talent dazu entwickelt hatte, solche Situationen dahin zu leiten, dass Alan wütend auf ihn war. Alan runzelte leicht verwirrt die Stirn. "Wir haben uns doch noch gar nicht gestritten und eigentlich dachte ich auch gerade, wir hätten es geklärt." Er hätte durchaus nichts dagegen gehabt, trotzdem noch ein oder zwei Sätze darüber mit Damon zu reden, weil er die Streitfrage noch nicht ganz durchschaute. Überhaupt hätte er nichts dagegen gehabt, mit Damon noch etwas anzustellen, so dass er sich um dieses Bankett hätte drücken können, auf dem er theoretisch über dieses Schundbuch mit anderen philosophieren sollte. Aber so blieb ihm wohl nur die Wahl zwischen gähnender Langeweile allein oder Langweile unter Adligen. Na ja, vielleicht tauchte ja Lucael dort auf. Den hatte er seit mehr als einer Woche nicht mehr gesehen. "Du hast kurz so gewirkt, als wärst du wieder stocksauer." rechtfertigte Damon seine Entschuldigung, während er sich die Stiefel anzog. Offensichtlich hatte er damit diesmal falsch gelegen, was ja nicht unbedingt schlecht war. Er schloss die Fensterläden schon mal, da er nicht wusste, wie lange er in der Stadt bleiben würde, vielleicht würde er wirklich noch mal bei Leander vorbei schauen. "Also bis heute morgen oder morgen Abend." meinte er dann und hob die Hand, machte sich dann auf dem Weg in die Stadt. Er ging dabei die Abkürzung, die Alan ihm gestern gezeigt hatte, um ein wenig Zeit zu sparen. "Weil du mich rauswerfen wolltest." Stellte Alan richtig. So ganz falsch war das nicht, aber es war ja wohl logisch, dass es ihm nicht gefiel, dass man ihn so hinauskehrte. Unschlüssig, aber wortlos hob er die Hand zum Gruß. Als Damon das Zimmer verließ, ging auch Alan wieder nach oben, zog sich halbwegs vorzeigbar an und machte sich auf den Weg in die Stadt. Dass er nicht mehr Leute als nötig um sich und keinen breiten Weg durch den Wald haben wollte, erwies sich jeden Winter als unpraktisch, weil er sich so von keiner Kutsche in die Stadt fahren lassen konnte, was wohl wesentlich bequemer gewesen wäre. Damon beschloss, auf jeden Fall den Schneider diese Nacht noch einmal aufzusuchen. Er merkte bei jedem Schritt, dass es langsam zu kalt wurde, um in dem etwas dünneren Mantel hinauszugehen. Er verschränkte fröstelnd die Arme vor der Brust und blickte zum Himmel. Wann es wohl zum ersten Mal schneite? Er fragte sich, ob der Schnee hier so hoch liegen würde, dass man nicht mehr zur Stadt kam. Er fand den Gedanken an eine so verschneite Landschaft recht schön, obwohl er dann nicht mehr in die Stadt konnte. In der Stadt angekommen, machte er sich auf die Suche nach Janis, ging zuerst zum Marktplatz. Janis hatte sich am Eingang einer Kneipe unter ein Vordach gestellt. Wenn sich gelegentlich die Tür öffnete, drang ein Schwall Wärme zu ihm heraus. Er wäre ja auch hineingegangen, doch dann würde er den rothaarigen Fremden vielleicht verpassen. So fern der überhaupt noch einmal auftauchte. Aber umso kälter es wurde, umso mehr hoffte er, dass Damons Angebot ernst gemeint gewesen war, denn zum Spielen wurde es langsam ernsthaft zu kalt. Heute hatte er nur wenige Stunden mit vielen Pausen spielen können, weil seine Finger sich in der anhaltenden Kälte immer schlechter bewegen ließen. Gedankenverloren fuhren seine Finger über die kalten Metallverschlüsse des abgewetzten Instrumentenkoffers. Damon musste ein wenig suchen, bevor er Janis entdeckte. Er seufzte erleichtert, denn noch länger hätte er es kaum hier draußen ausgehalten. Er lächelte, während er auf den Cellospieler zuging. "Guten Abend." meinte er. Er betrachtete sein Gegenüber und es hatte den Anschein, als wäre dem anderen ebenso kalt wie ihm selbst. "Sollen wir rein gehen und dort alles zuende besprechen?" fragte er nach und deutete auf die Kneipe. Janis atmete auf, als er den Rothaarigen einige Meter vor sich entdeckte, und versuchte sich so ruhig wie möglich zu verhalten. Er musste aus diesem Auftrag so viel wie möglich herausholen und wenn sein potenzieller Schüler mitbekam, wie dringend er jede einzelne Münze gebrauchen konnte, würde er das vielleicht ausnutzen, um ihn für ein geringes Honorar in die Lehrstellung zu zwingen. Er nickte nur und hielt Damon die Tür auf, bevor er den Instrumentenkoffer hineinschob. Sein Schatz würde ihm die radikale Luftveränderung sicher übel nehmen und die Saiten würden sich wieder verziehen, das Cello hasste Klimaveränderungen wie die Pest und protestierte mit Misstönen, sobald man es ansprach. Ein Konzertcello war eben nicht dafür gemacht, unter anderen Bedingungen als einem gleichtemperierten und nicht zu feuchten Raum seinen optimalen Klang zu entfalten. Damon blickte sich in dem gut besuchten Wirtshaus um und entschied sich für einen Platz, der nicht ganz im Mittelpunkt des Geschehens, in einer Ecke lag. Er fand, dass man dort den Instrumentenkoffer am besten verstauen konnte, ohne dass jemand darüber fiel. außerdem war das Licht dort etwas dämmriger, sodass seine etwas blassere Haut nicht so sehr auffallen würde. Zwar hatte er zuvor noch etwas getrunken, aber sicher war sicher. Er führte Janis zu dem Tisch und half ihm den Koffer zu verstauen, setzte sich dann. "Willst du was essen?" fragte er. Beinahe hätte er ein "auch" in die Frage gesetzt, er wusste nicht wieso, wahrscheinlich aus Gewohnheit. Erst jetzt wurde ihm so richtig klar, dass er überhaupt nicht mehr essen können würde und irgendwie war dieser Gedanke höchst seltsam. Wenn er mit Alan zusammen war, fielen ihm alle seine Vampireigenschaften nie so auf, da Alan sich genauso verhielt wie er, ebenfalls ein Vampir war. Aber in Gesellschaft dieses Menschen wurde ihm auf einmal klar, was es hieß, ein Vampir zu sein. Janis ließ sich dabei helfen, sein Instrument zwischen Tisch und Wand zu verstauen. Die Frage verneinte er mit einem Kopfschütteln. Zum einen konnte er sich ein Essen im Wirtshaus nach den mageren Einnahmen heute nicht mehr leisten, er wusste ja auch nicht, ob sein potentieller Geldgeber ihn gerade einlud, und zum anderen wollte er nicht der einzige von ihnen beiden sein, der während dieser Verhandlungen über die ganzen Arbeitskonditionen aß. Er gab dem Kellner ein Zeichen und bestellte sich einen sanften, irischen Whiskey. Darauf hatte er wirklich wahnsinnigen Appetit und es würde ihn wieder ein wenig aufwärmen, obwohl auch der warme Wirtshausdunst der Schankstube seine Finger so langsam wieder auftauen ließ. Der Cellist mit dem seidigen, braunen Haar kannte niemanden unter den Straßenmusikern, dessen Hände annähernd so empfindlich dafür waren wie seine. Damon hätte den Cellisten natürlich eingeladen, sonst hätte er die Frage nicht gestellt. Soviel Höflichkeit besaß er dann doch. Er betrachtete den jungen Mann noch einen Moment, bevor er zum Sprechen ansetzte. "Also zum Unterricht," begann er, obwohl er wusste, dass das ein ziemlich blöder Anfang für ein Gespräch war, "Ich habe mir ein Zimmer in einem der Gasthäuser genommen, das heißt, du musst nicht immer zum Anwesen kommen. Es ist für uns beide praktischer, da ich ohnehin oft in der Stadt bin." fing er an und strich sich ein paar der roten Haarsträhnen nach hinten, "Wann würdest du mir Unterricht geben können? Und wie viel hattest du dir als Honorar vorgestellt?" kamen dann die Fragen. Er konnte nicht so recht einschätzen, wie viel man einem 'Musiklehrer' bezahlen sollte und er glaubte nicht, dass Janis es wagen würde, irgendeinen hochgegriffenen Preis zu nennen. Auch Janis hatte sich auf das Treffen vorbereitet. Er war bei einem Geigenbauer gewesen und hatte sich eine Kostenvoreinschätzung geben lassen, wie viel ihn die Reparatur seines Schatzes kosten würde. Eine Summe, die er im Durchschnitt in zwei Monaten als Straßenmusiker verdiente. Außerdem hatte sich der Geigenbauer anderthalb Wochen Zeit ausgebeten, die würden Janis zum Musizieren und Geld verdienen auch nicht mehr zur Verfügung stehen. Tatsächlich brauchte er eine beträchtliche Summe, die ihm Damon im Voraus erstatten musste, sonst würde er ihn nicht unterrichten können. Im Gegenzug hatte sich der Instrumentenbauer einverstanden erklärt, ihm ein paar Tage lang zwei Instrumente zu leihen, so dass sie eher mit dem Unterricht beginnen konnten. "Ich würde vorschlagen, Ihnen zweimal in der Woche zweieinhalb bis drei Stunden Unterricht zu geben." Begann er. Er hatte ausreichend Zeit gehabt und sich Gedanken darüber gemacht, da sein Arbeitgeber offensichtlich keine Vorstellung hatte. Nach seiner Rechnung brauchte mit diesen Konditionen mindestens zehn Gulden pro Tag, wenn er mit zwei Monaten die Reparatur bezahlen wollte. Ein Cello reparieren zu lassen war schweineteuer. "Wegen des Honorars.. ich müsste Sie bitten, mir das Geld für zwei Monate im Voraus zu bezahlen. Als Stundenlohn würde ich vier Gulden verlangen." Damon hörte sich den Vorschlag des anderen an. Offenbar brauchte er das Geld wirklich dringend und vier Gulden pro Stunde erschienen ihm nicht besonders hoch. Er rechnete nach, um zu schauen, ob er die Summe von zwei Monaten so schnell auftreiben konnte. Er schüttelte nachdenklich mit dem Kopf. So viel Geld brauchte man doch höchstens, wenn man irgendetwas reparieren oder schneidern ließ, vielleicht... "Das wären 192 Gulden." teilte er ihm nachdenklich mit und rechnete ein wenig herum. "Ich könnte dir heute höchstens die Hälfte geben und die andere bei unserem nächsten Treffen. Ich weiß zwar nicht, wofür du das Geld so dringend brauchst, aber reicht es nicht, wenn du jetzt die Hälfte als Sicherheit bezahlst und die andere Hälfte dann..." Damon grübelte, "in zwei Tagen?" Wie hoch die Summe war, wusste Janis selbst, er hatte sie sich schließlich auserbeten. 180 Gulden für die Reparatur und zwölf Gulden für die Zeit, in der er ohne Instrument auskommen musste. Es ging Damon auch gar nichts an, wofür er das Geld brauchte, dachte Janis widerspenstig. "Ich kann es versuchen." Ob der Geigenbauer das akzeptieren würde, wusste er nicht, doch wenn nicht, dann würde sich die Reparatur nur um zwei Tage verzögern. Er zog einen Zettel aus der dunkelbraunen Cordjacke. "Die erste Woche lang würde ich Sie gern hier unterrichten, danach kann ich Ihnen die Stunden gerne in Ihren Wirtshauszimmer erteilen." Janis erschauderte innerlich, das hörte sich an, als wäre er eine billige Hure. Aber dass er den Rothaarigen zuerst bei dem Instrumentenbauer unterrichten würde, war auch dahingehend praktisch, da er sich so endgültig versichern konnte, ob der Fremde tatsächlich Cello spielen wollte. Damon wusste zwar nicht warum der andere ihn die ersten Woche bei einem Instrumentenbauer unterrichten wollte, aber er wusste nicht was dagegen sprechen würde. So nickte er. "Einverstanden und an welchen Wochentagen?" Ihm war das ja soweit egal, er hatte ja keine großen Termine mehr. Auch besuchte er ja nicht, wie Alan, Veranstaltungen und war somit in seinem Handeln völlig frei. "Wie Sie wollen.." zuckte Janis mit den Schultern. Er hatte wenig bindende Verpflichtungen, zumal er immer das Gefühl hatte, dass er sich Möglichkeiten verbauen könnte, wenn er eine klare Antwort gab. Außerdem war es ihm tatsächlich egal. Zur gleichen Zeit hängte Leander einen fertigen Probemantel über die nach Damons Maßen eingestellte Kleiderpuppe und musterte ihn kritisch, während er an einer Locke herumspielte. Eigentlich konnte er es sich sehr gut an dem Rothaarigen vorstellen, den Alan mitgebracht hatte. Er konnte nicht umhin, ein paar Überlegungen über die Beziehung der beiden anzustellen, denn er kannte Alan zwar schon eine ganze Weile, doch er hatte ihn noch nie mit jemandem zusammen gesehen. "Dienstags und Samstags?" schlug Damon dem Cellisten vor. So lagen immer genügend Tage dazwischen, um sich zu erholen oder zu üben. Er warf einen kurzen Blick nach draußen und befand, dass es eigentlich doch noch genug Zeit war, um bei dem Kleidermacher vorbeizuschauen. Da Janis sich mit seinem Vorschlag einverstanden erklärte, erhob er sich. "Also dann, bis übermorgen also." meinte er zum Abschied, trat aus der Gaststube. Dann ging er zu seinem Gasthaus, um von dort aus den Weg zum Schneider zu finden. Es klappte auch ganz gut, nur einmal musste er nachfragen. Er sah an dem Licht, das in den Räumen noch leuchtete, dass der Schneider wohl noch auf war. Er klopfte vorsichtig an und öffnete dann die Tür. "Guten Abend." "Guten Abend." Antwortete Leander verblüfft, denn es kam selten um diese Uhrzeit noch Kundschaft vorbei. Er hätte allenfalls mit Alan gerechnet, der kam nie vor Sonnenuntergang in den Laden. Umso erstaunter war er, als er nur Alans Begleiter von gestern in der Tür erblickte. "Kommt Alan nicht mit?" Er stellte seine Fragen unabsichtlich meistens so, dass sie keine Anreden enthielten, weil er sich damit so oft verhedderte, trotz der vielen hochrangigeren Kundschaft, die hierher kam. Aber war es nicht wieder witzig, dass man die Leute manchmal durch Gedanken anzulocken schien. Kaum dachte er über den Rothaarigen nach, stand er auch schon hier. Schade, dass Alan gestern so vehement gegen alles protestiert hatte, was Leander über das Schneidern hinaus in Gedanken mit Damon angestellt hatte. Alan schien nicht gewillt, zu teilen. "Nein, er hat zu tun." antwortete Damon abweisend und blickte sich um, lächelte dann wieder. Er schloss die Ladentür hinter sich, damit nicht noch mehr von der kalten Wintersluft in den Raum wandern konnte. Er war sich unsicher, ob er sich für sein Verhalten von gestern entschuldigen sollte, andererseits glaubte er nicht, dass man das tat. Er blickte zu der Schneiderpuppe und ihm fiel endlich auf, was ihn schon die ganze Zeit störte, denn der Schnitt hatte ihm eigentlich mehr als gut gefallen. "Ich bin wegen des Mantels gekommen. Mir gefällt der Stoff nicht... ich hätte lieber ein einfaches Braun, wäre das möglich?" fragte er nach und wollte nicht unhöflich erscheinen. Er mochte Nadelstreifen einfach nicht, außerdem waren sie ihm zu auffällig. Leander nickte und registrierte die ungewöhnliche Direktheit, die Damon an den Tag legte. Vielleicht... zumindest der Art seiner Sprache nach zu urteilen, kam der Rothaarige aus etwas ländlicheren Gebieten. "Natürlich ist das möglich. Was hast du denn gegen den Stoff?" fragte er, während er in einem an den Laden angrenzenden Raum verschwand und kurz darauf drei Stoffballen hereinbalancierte. Auch ein Stück des Nadelstreifenstoffs war dabei, um vergleichen zu können. Der Lockenkopf schlug die Stoffbahnen mit einer geübten Handbewegung zurück und ließ Damon einen Moment Zeit, um sie zu betrachten. "Ich mag Nadelstreifen nicht." antwortete Damon schlicht und einfach und musterte die neuen Stoffen. Er strich probeweise darüber und musste zugeben, dass sie sich wirklich gut anfühlten. Er betrachtete die zwei, die keine Nadelstreifen hatten und entschied sich schließlich für einen leicht rötlichen Braunton, der eine leichte Haselnussfärbung hatte. "Den hier, der gefällt mir wesentlich besser." meinte er dann und tippte auf den ausgewählten Stoff. Der Lockenkopf zog einen Moment lang einen Schmollmund und bewegte den Kopf in den Nacken. Die Nadelstreifen hätten sicher edel ausgesehen. "Wie du willst. Die Nadelstreifen hätten den Mantel nicht ganz so einfach aussehen lassen, aber wenn du sie nicht leiden kannst..." Weil ihm gerade etwas auffiel, zupfte an dem Probeschnitt herum streckte es mit einigen Stecknadeln fest. "Kannst du dich da hinstellen und vorsichtig den hier anziehen?" Er schob Damon zu dem Podest und half ihm in den Mantel. "Vorsichtig bewegen, es sind jede Menge Nadeln drin." "Aber ich möchte doch gerade nur einen einfachen Mantel." antwortete Damon und fragte sich, warum eigentlich alle glaubten, dass man gleich irgendetwas besonders auffallendes brauchte, wenn es um Kleidung ging. Er stellte sich gehorsam auf das Podest und zog seinen alten Mantel aus, ließ sich von dem Schneider in den Probemantel helfen. Das Pieksen der Nadeln störte ein wenig, aber insgesamt fand er den Schnitt dann doch sehr schön. Er schaute in den Spiegel, den Leander gebracht hatte und drehte sich ein wenig "Aber der Schnitt ist wirklich klasse." lobte er den Schneider, um nicht die ganze Zeit nur Kritik zu äußern. "Aber ist es denn nicht langweilig, nur einfache Sachen zu tragen?" fragte Leander mit dem Mund voller Nadeln. Wenn Damon keine Nadelstreifen oder sonst etwas wollte, dann bitte, aber das Argument verstand er nicht. "Was hast du dir eigentlich beim Futter vorgestellt? Soll es auch so einfach sein?" Wenn Damon schon keine Finessen außen wollte, konnte man vielleicht durch ein schönes Futter doch noch etwas Raffinesse in den Wintermantel einbringen. Er zeichnete mit Schneiderkreide den Schlitz etwas höher, da er Damon sonst am Laufen hintern würde, mit einem engen Mantel konnte er sicher nicht umgehen. Insgesamt bedurfte es nur weniger Korrekturen, dann nahm ihm der braunhaarige Lockenkopf den nadelgespickten Stoff wieder ab. "Das Futter kann meinetwegen ein wenig ausgefallener sein." antwortete Damon und ließ sich aus dem Mantel helfen. Er rieb sich über die Arme, da sie von den Nadeln ein wenig juckten. Er wusste selbst nicht ganz genau, warum er so auf diese Einfachheit bestand, aber so konnte er sich wenigstens ein wenig von Alan abgrenzen. Er war schon Vampir geworden, genau wie Alan, da wollte er nicht auch noch die selben, auffallend adeligen Stoffe tragen. Leanders Augen funkelten vergnügt, er fühlte sich unterfordert, wenn jemand seine Kleidung so simpel wie möglich halten wollte. "Schön, und weiter? Möchtest du ein Leinenfutter oder aus Seide, oder eins mit zwei verschiedenen Stoffen, damit es etwas wärmer ist?" versuchte er der Vorstellungskraft des Rothaarigen auf die Sprünge zu helfen, damit er ihm eine präzisere Auskunft gab. Fachmännisch hüllte er die Schneiderpuppe wieder in den Mantelschnitt ein. Um Damon noch ein paar Anreize zu geben, schleifte er ihn in das Stofflager und zeigte ihm ein Regal, dessen Stoffballen für ein Mantelfutter in Frage kommen würden. "Er sollte schon so warm wie möglich sein, deswegen lasse ich ihn mir machen. Ich komme von woanders her, wo es nicht so kalt wird." er musterte die Stoffe und fuhr mit den Fingern vorsichtig darüber. "Hat Alan eigentlich irgendetwas von einem Preislimit gesagt?" fragte er dann auf einmal. Ihm war eingefallen, dass es nicht so gut um die Haushaltskasse des Vampirs stand und vielleicht sollte er da ein wenig auf den Preis achten. Andererseits glaubte er auch Riesenärger von Alan zu bekommen, da er Leander gerade indirekt die finanzielle Lage von Alan eröffnet hatte... und das tat man bei Adeligen nicht, oder? Er runzelte die Stirn, denn da kannte er sich nun wirklich nicht aus. "Ich dachte, er sollte gar nicht für dich bezahlen?" fragte Leander ehrlich verwirrt zurück. Alan hatte schließlich gestern zugegeben, dass er Damon damit nur übervorteilen wollte. "Doppellagig." Murmelte der Lockenschopf vor sich hin und musterte seine Futterstoffe, drei verschieden dicke Vliese aus Schafwolle. Wenn er tatsächlich den dicksten nahm, würde Damon aussehen wie ein Rollmops und der dicke Unterstoff würde den Schnitt total versauen. Vielleicht... ja, das konnte funktionieren. "Sollte er ja auch eigentlich nicht, aber er tut es..." antwortete Damon, nun seinerseits verwirrt. Hatte Alan, ohne ihm etwas zu sagen, etwas an der Bezahlung geändert? Er dachte nach und konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass Alan etwas in der Richtung gesagt hatte. Und er glaubte schon, das der Vampir soviel Anstand hatte und ihm vorher bescheid sagte, wenn er nicht mehr für die Kosten aufkam. Er lehnte sich vorsichtig an eines der Regale und sah dem Schneider interessiert bei der Arbeit zu. "Könnt ihr euch mal einigen?" maulte der Lockenkopf, zog Stoffballen hervor, verglich und verschob und schleppte schließlich drei davon in die Schneiderwerkstatt, bei der sich gerade wieder die Tür öffnete. Ein zierliches Mädchen spazierte hinein und schloss die Tür hinter sich. Wie so oft verharrte Leander einen Moment in seiner Bewegung und beobachtete, wie sie den Schnee von ihrer Kapuze schüttelte. Bevor es ernsthaft peinlich werden konnte, setzte er den Stoff ab. "Ich hab das Kleid fertig." Meldete sich das Mädchen zu Wort und öffnete das Ölpapierpaket, das sie unter dem Arm getragen hatte. Leander nickte und stellte die Kleiderpuppe mit dem Mantel beiseite. Auf eine andere zog er das Ballkleid, das Amelie genäht hatte, und versuchte mal wieder den Balanceakt, ein fachkundiges Urteil abzugeben, obwohl ihm sowieso alles, das Amelie brachte, ausnahmslos und von vornherein gefiel. Damon drehte sich überrascht um und musterte das Mädchen. Eigentlich hatte er fragen wollen, ob er störte, aber wo er ihr Päckchen erblickte, blieb er doch ruhig stehen, er war einfach zu neugierig. Beeindruckt betrachtete er das Kleid. Es sah wirklich schön aus und er konnte es sich gut an dem Körper einer schönen, reichen Frau vorstellen. "Soll ich morgen noch mal wiederkommen, wegen dem Mantel?" fragte er dann doch vorsichtig. Es konnte ja sein, dass der Schneider jetzt erst mal anderes als den Mantel im Kopf hatte. Das hatte er sowieso, aber Amelie war für den Braunhaarigen so unerreichbar wie der Mond, schon immer. Er war ihr Lehrer, Arbeitgeber, zwar auch Freund, aber Amelie wollte absolut nichts von ihm. Darum war ihr Verhältnis zwar verhalten freundschaftlich, aber mit dem deutlichen Hinweis, dass dort nicht mehr zu erwarten war. Auch ihre Eltern schalteten auf stur und nachdem Leander ungezählte Male auf Granit gebissen hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als von der anderen Seite der gläsernen Distanzgrenze Amelies zuzusehen. "Hm?" machte Leander und wandte sich wieder seinem Kunden zu. "Ähm, falls dir nicht noch eine Änderung einfällt, würde ich den Mantel so nähen, wie wir es bis jetzt besprochen haben. Das dauert sicher ein paar Tage." Damon nickte. "Dann komme ich in einer Woche noch mal vorbei." erwiderte er freundlich. Er nickte dem Mädchen freundlich zu und trat dann aus dem Laden hinaus in die eisige Nachtluft. Er zitterte kurz und machte sich dann durch den Schnee auf den Rückweg in die Villa. Es wurde wirklich Zeit, dass er endlich einen neuen Wintermantel bekam, sonst würde er im tiefen Winter womöglich noch einfrieren, wenn es jetzt schon so kalt war. In seinem Zimmer angekommen, machte er sich erst mal daran, den Kamin anzuheizen. Kurz bedauerte er es, dass ihm die Möglichkeit nun verwehrt war, sich an einer warmen Suppe aufzuwärmen. So blieb ihm nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass das Feuer richtig brannte und es im Raum warm wurde. Alan hatte sich mit viel Geschick und Diplomatie, sowie allen unlauteren Mitteln aus der Sache mit diesem Schundroman herausgewunden und hatte es letztendlich doch nicht geschafft, den Abend unbeschadet zu überstehen. Auch im Rückblick konnte er den Grund für die Eskalation nicht ausmachen. Das Duell hatte in einer Fechthalle stattgefunden und da die versammelte Gesellschaft am Abend wenig besseres zu tun hatte, wohnten ihm auch alle bei. Alans Gegner war groß und breitschultrig und hatte entweder eine hervorragende Ausbildung genossen oder trainierte immer noch regelmäßig mit dem Rapier, wohingegen Alan schon lange keine Waffe mehr in der Hand gehalten hatte. Nach kurzen Aufwärmübungen und einer noch kürzeren Phase, in der sie sich gegenseitig studierten, griff Alans Gegner mit einer schnellen Hiebserie an. Alans geschultes Auge entdeckte trotz der Schnelligkeit seines Gegners den Tempowechsel rechtzeitig, um alle Schläge zu parieren. Die Menge murrte ungeduldig. Die Gedanken seines Gegners zu studieren war keine gute Idee im Gefecht, da sie von den kleinen Zeichen und Schwächen des Gegners ablenkten. Alan setzte einen Konter an, wurde jedoch ohne weiteres gestellt. Das Gefecht zog sich hin, beide Widersacher probierten verschiedene Taktiken, maßen sich, ohne dass einer von ihnen lange genug im Vorteil war, um ein Ergebnis herbeizuführen. Doch im Verlaufe wurde allmählich deutlich, dass Alan früher oder später unterliegen würde. Er war seinem Gegner nicht nur an Kraft unterlegen, sondern auch in der Technik. Alans Technik war sauber und präzise, seine Bewegungen geschmeidig und kontrolliert, doch seine Art zu fechten war nicht länger zeitgemäß. Die Technik, die der Vampir gelernt hatte, war überarbeitet und verändert worden und dieser veränderten Technik, die sein Gegner so erfolgreich meisterte, hielten seine Angriffe und Paraden nicht immer stand. Zwar gelang es dem Weißhaarigen, seinen Widersacher durch diese Differenz mit unbekannten Attacken zu überraschen, doch die funktionalen Bewegungen der neuen Schule machten auch Abwehr in letzter Sekunde möglich. So traf ihn die Finte seines Gegners, die seine Deckung so geschickt unterwanderte, dass er es erst bemerkte, als es zu spät war, völlig überraschend. Er zog das Rapier, das seine Schulter durchstoßen hatte, ohne einen Laut heraus und reichte es, mit demütig gesenktem Kopf den Griff darbietend, dem Sieger des Duells. Einer nach dem anderen trat heran, um dem Sieger zu gratulieren, sorgsam jeden Blick auf Alan vermeidend, wie es der Benehmenscodex vorschrieb. Einzig ein Arzt führte Alan, dem mittlerweile unglaublich schlecht war, aus der Halle, bevor noch mehr Blut auf den Boden tropfte. Im dafür vorgesehenen Hinterzimmer wurde Alan verbunden. Die Wunde war für einen Vampir nicht schlimm und würde im Verlauf des nächsten Tages abheilen, doch sie schmerzte ziemlich. Doch Alan verkniff sich die Peinlichkeit, auch noch ohnmächtig zu werden, und trottete gemächlich nach Hause, den ausgeschalteten, rechten Arm in einer Stoffschlinge schonend. Im schon für das Tageslicht abgedunkelten Zimmer saß er auf dem Bett, starrte die glimmenden Kohlen im Kamin an und rekapitulierte das Gefecht. Es hatte wirklich Freude gemacht, wieder zu fechten, auch als er spüren musste, dass er unterlegen war. Doch umso überraschender war der Treffer gewesen. Damon hatte kurz nachschauen wollen ob Alan da war, dann aber war ihm eingefallen, dass dieser etwas von einem Ball oder etwas ähnlichem erzählt hatte und blieb so in seinem Zimmer. Außerdem wollte er Alan nicht schon wieder auf die Nerven fallen. Er hatte sein Zimmer abgedunkelt, sodass er sich darüber keine Sorgen mehr machen musste und beobachtete das Feuer im Kamin, nahm sich nach einer Weile ein Buch und las. Erst als ihn eine bleierne Müdigkeit überkam, merkte er, dass die Sonne wohl am Aufgehen war. Ein wenig unbeholfen legte er das Buch beiseite und beeilte sich zum Kamin zu kommen und das Feuer zu löschen. Er schaffte es gerade noch, sich auf das Bett zu legen, dann war er auch schon eingeschlafen. Alan schlief nicht. Der bohrende Schmerz in seiner Schulter hielt ihn den ganzen Tag lang wach. Sein Gegner schien ihn ziemlich ungünstig getroffen zu haben, sonst wäre das Gefühl der heilenden Muskeln und Sehnen nicht so abartig unangenehm. Außerdem musste er wohl mehr als nötig erwischt haben, vielleicht das Schultergelenk, denn die Heilung ging schleppend voran und Alan konnte den Arm auch am nächsten Abend noch nicht wieder benutzen. Dumpfer Schmerz erinnerte ihn an den Grund. Nacht 36 Damon wachte auf und es ging ihm wunderbar, wenn man von der Tatsache absah das er am liebsten sofort nach dem kleineren Vampir gesehen hätte. Sauer auf sich selbst, da er anscheinend schon dermaßen 'süchtig' nach der Nähe des anderen war stand er auf und zog sich um. Nach einer weile merkte er jedoch das es keinen Sinne hatte. Seine Gedanken wanderten immer wieder zu Alan und er fragte sich was dieser wohl machte. Riskierend das er Alan nerven würde ging er nach oben und klopfte vorsichtig an die Tür. Er hatte ja inzwischen gelernt das Alan es nicht mochte wenn er so einfach hinein platzte. Alan schreckte hoch, wahrscheinlich war er doch etwas weggedämmert, was im Sitzen allerdings nicht wirklich viel Spaß machte. "Herein...?" ließ er fragend verlauten und kniff die Augen einen Moment zusammen, massierte seine Nasenwurzel. Er hatte verdammte Kopfschmerzen, wie immer, wenn er zu wenig geschlafen hatte. Außerdem hatte er irgendwie Hunger, wohl, weil er in letzter Zeit viel öfter getrunken und sich daran gewöhnt hatte. Damon war ein wenig verwundert darüber, dem Vampir im Bett vorzufinden. Er hatte bisher immer gedacht, dass Alan ein Frühaufsteher war. "Habe ich dich geweckt?" fragte er entschuldigend und trat ein, schloss die Tür hinter sich. Er fragte sich, warum Alan noch im Bett lag oder immerhin saß und dem Gesicht nach zu urteilen, dass der Vampir gerade zog, wurde er auch von Kopfschmerzen geplagt. Er ging ein paar Schritte in den Raum hinein und zog sich einen Stuhl heran. "Du siehst fruchtbar aus." stellte er fest, und hoffte eine Antwort zu bekommen, was genau der Grund dafür war. Alans Mundwinkel zuckten belustigt. "Danke für das Kompliment." Entgegnete er ironisch und beglückwünschte sich im Stillen, dass er sich wenigstens die Mühe gemacht hatte, die blutverschmierten Sachen auszuziehen. Damon musste ja nicht sofort wissen, dass er ein Duell verloren hatte. So eine Niederlage war nichts, was er an die große Glocke hängen wollte. Aber... irgendwie... war es gut, das Damon hier auftauchte. Er hatte in den vergangenen Stunden oft an ihn denken müssen, auch daran, wie Damon ihn auf der Straße geküsst hatte. Damon setzte sich verkehrt herum auf den Stuhl und stützte seine Arme auf der Lehne ab. Es ärgerte ihn schon ein wenig, dass Alan nicht sagte, was passiert war, so sah es wieder so aus, als würde er in dem Leben des Vampirs herumstochern. "Was ist denn passiert?" fragte er nach. Er betrachtete Alan eingehend und runzelte kurz die Stirn, er meinte einen Verband an Alans Schulter zu entdecken, aber er war sich nicht sicher. Vor allem konnte er sich nicht vorstellen, wie Alan an eine Verletzung gekommen sein sollte, die so schwer war, dass er einen Verband brauchte. "Ein... Missverständnis." Gab Alan mit rauer Stimme Auskunft und rieb sich mit der linken Hand, rechts konnte er inzwischen immerhin die Finger wieder bewegen, die Schläfen. Es war ein Reflex, der nur selten etwas brachte. "Ein diplomatisches, denke ich. Auch wenn ich nicht weiß, woran es gelegen hat." Müde ruhten die blaugrünen Augen auf dem Rothaarigen. Wieso interessierte er sich denn so dafür? Damon runzelte die Stirn ein wenig. Er glaubte Alan nicht so recht, aber er wollte es dabei belassen, denn er wusste, dass er bei Alan durch weiteres Nachfragen eher das Gegenteil erreicht hätte. Warum er sich so dafür interessierte, wusste er selbst nicht so recht. Es interessierte ihn einfach und er machte sich ehrlichgesagt ein klein wenig Sorgen um den Vampir. Alan erkannte an Damons so typischen Stirnrunzeln, das mit einer Nachfrage beinahe gleichbedeutend, wenn auch taktisch wesentlich klüger war, dass er ihm das nicht wirklich abkaufte. "Ehrlich." Beharrte er deshalb, denn es war ja die Wahrheit gewesen, zwar sehr grob umschrieben, aber eben keine Lüge, "Du weißt doch, wie die unausräumbaren Missverständnisse ausgehen?" Oder zumindest setzte er das jetzt einfach mal voraus. Musste er es denn unbedingt aussprechen? Das war so demütigend. "Na ja, schon, aber ich dachte, du warst gestern auf einem Ball." antwortete Damon ein wenig verwirrt. Ihm war schon klar, dass die meisten Adeligen und Nichtadeligen ihre Problem meistens mit einem Zweikampf lösten, aber da, wo er herkam, wurde das zu zweit und zu später Stunde ausgefochten, unter Ausschluss der Öffentlichkeit praktisch. "Da kam das Missverständnis, oder was auch immer, ja auch her." Entgegnete Alan, nun seinerseits verwirrt. Wo war denn da die Unklarheit? Irgendwie kam er bei Damons Gedankengängen nie so richtig hinterher, der Kerl war irgendwie zu verkorkst für ihn. Damon nickte leicht und ihm wurde erst jetzt klar, dass das doch zusammenpassen konnte. Immerhin konnte es sein, dass Alan dort mit jemandem aneinandergeraten war und hinterher... Allerdings wunderte es ihn, dass Alan sich auf ein Duell eingelassen hatte, er hätte eher gedacht, dass Alan darauf gar nicht eingegangen wäre. "Tut es sehr weh?" fragte er mit einem Blick auf Alans Schulter, um auf ein Thema zu lenken, das weniger verwirrend war. "Traust du mir das nicht zu oder was?" hakte er nach, da Damons Gesichtsausdruck ungefähr das ausdrückte. Wieso denn nicht? Weil er so klein und zerbrechlich aussah? Alan hinderte seine Mimik daran, das Gesicht zu verziehen, wehleidig wollte er nicht auch noch sein. "Wie Kies in der Schulter..." meinte er. "Und nicht so abartig wie Kopfschmerzen. Bis morgen früh müsste es eigentlich wieder geheilt sein, falls es überhaupt noch so lange dauert." "Doch doch, ehrlich gesagt traue ich es gerade dir zu." Seiner Meinung nach waren Leute wie Alan im Fechten im Vorteil, der Vampir war geschmeidig und wusste bestimmt gut, wie man sich bewegen musste. Außerdem ging er davon aus, dass Alan es als Kind bestimmt beigebracht bekommen hatte, Fechten schien etwas zu sein, das jeder Junge lernen musste, der einen etwas höheren Stand hatte oder etwas auf sich hielt. "Dann bist du ja praktisch ans Bett gefesselt, mit einem Arm kann man schließlich nicht viel tun." Wider Willen musste Alan über diesen Satz grinsen. "Findest du das toll oder wie hast du das jetzt wieder gemeint?" Immerhin lenkte Damon ihn mit dem Geplänkel sehr erfolgreich von seinen Kopfschmerzen ab und sie unterhielten sich schon mehr als drei Sätze lang, ohne dass sie angefangen hatten, sich wieder zu streiten. Damon musste leicht grinsen. "Ich muss zugeben, die Vorstellung, dich ans Bett gefesselt zu sehen, gefällt mir sehr, aber in diesem Fall" er schüttelte leicht den Kopf "in diesem Fall finde ich es eher hm... schade. Oder glaubst du wirklich, ich freue mich darüber, dass es dir schlecht geht?" antwortete er ein wenig pikiert. Auch er war sehr froh darüber, dass sie sich wieder ungezwungener miteinander unterhielten. "Nein. Deswegen wollte ich ja wissen, wie du es meinst." Das war wirklich ein netter Zug, dass Damon sich... Sorgen machte? Tat er das? Dann fiel ihm auf, dass er ja jetzt eine Auszeit von den ganzen gesellschaftlichen Veranstaltungen und Pflichten hatte, schließlich dauerte die Heilung bei Menschen ja um einiges länger, da konnte er sich ja schlecht schon so schnell wieder genesen zeigen. Damon machte sich wirklich Sorgen um den anderen, schließlich tat so eine Verletzung ganz schön weh und die ganze Zeit im Bett zu verbringen war auch nichts erfreuliches, wenn man dazu gezwungen war. Er lehnte das Kinn ebenfalls auf die Stuhllehne. "soll ich das Feuer anmachen?" fragte er nach einer weile, in der er stumm Alan betrachtet hatte, nach. Schließlich waren die Nächte kalt und es begann ihn langsam zu frösteln. "Frierst du etwa?" Alan lächelte. Weil er im Bett saß, spürte er die Kälte nicht so. "Mach ruhig." Meinte er darum. Schon damit der Größere nicht vor lauter Frost flüchtete, im Moment schätzte er seine Gesellschaft sehr. Er mochte es, wenn er in seiner Nähe war. "Natürlich frier ich, draußen sind Minusgrade." erwiderte Damon und allein bei dem Gedanken an die Kälte draußen fröstelte er. Er war wirklich froh darüber, dass Alan anscheinend nicht im Geringsten daran dachte, ihn loszuwerden, denn er merkte erst jetzt, wie sehr ihm die Nähe des anderen gefehlt hatte. Über sich selbst den Kopf schüttelnd zündete er das Feuer im Kamin an. Dabei hatten sie sich nur einen Tag nicht gesehen und er tat so als hätte er eine Woche ohne Alan auskommen müssen. Alan sah ihm dabei zu. Jetzt da Damon ihn darauf aufmerksam gemacht hatte, bemerkte er erst, dass es wirklich ziemlich kalt hier drin war. Das flackernde Licht des Feuers, das ganz allein den Raum erhellte, verlieh Damons Haaren wieder diesen Rotstich, den Alan schon die ganze Zeit sehr interessant fand. Damon betrachtete kurz das Feuer und entschied dann, dass es jetzt ohne Aufsicht weiter brennen konnte, da die Flammen groß genug waren. Da Alans Schlafzimmer aber recht groß war und es somit eine Weile dauern würde, bis der Raum wirklich erwärmt war blickte er sich suchend nach einer Tagesdecke um. Er fand allerdings keine und so musste er sich wohl mit Warten begnügen. Er hockte sich wieder auf den Stuhl, als ihm die Sache mit dem Mantel wieder einfiel. "Sag mal... mit dem Wintermantel... bezahlst du den noch?" Es wäre ja nur verständlich gewesen, wenn Alan das nicht mehr wollte, nachdem er so einen Aufstand deswegen gemacht hatte. Auch darüber hatte Alan sich tagsüber Gedanken gemacht. Er war zu dem Ergebnis gekommen, dass er konsequent bleiben musste, sonst würde er vor Damon ja endgültig das Gesicht verlieren. Dann musste er selbst in den nächsten Monaten etwas kürzer treten, immerhin hatte er ja genug Sachen. "Ja... sieh es als ein Geschenk an. Ein Geburtstagsgeschenk, so für zwei oder drei vergangene Geburtstage." Er dachte einen Moment über Damons suchende Blicke nach, glaubte dann den Grund zu erraten und meinte: "Von mir aus kannst du die Bettdecke nehmen..." Damon blickte ein wenig erstaunt und dann verlegen drein. "Danke." murmelte er leise. Es war lange her, dass ihm jemand etwas zum Geburtstag geschenkt hatte, und Alan wäre der Letzte gewesen, von dem er ein Geschenk erwartet hätte. Er blickte zu der Decke und musste zugeben, dass sie wirklich verlockend warm aussah, trotzdem schüttelte er den Kopf. "Dann frierst du doch." stellte er fest. Alan schüttelte den Kopf. "Ich hab sie doch bis jetzt auch nicht benutzt." Er saß ja schon die ganze Zeit bloß auf der Bettdecke, den Rücken gegen das Kopfende des Bettes gelehnt. Im Sitzen reichte ihm auch sein Kissen, wie er Damon jetzt demonstrierte. "Wenn ich sie selber brauche, würde ich sie dir nicht anbieten." Er brauchte sich ja keine Mühe geben, Damon wusste doch, wie egoistisch er manchmal sein konnte. "Na gut." antwortete er, da Alan wirklich nichts dagegen zu haben schien und wartete bis dieser aufgestanden war und nahm die Decke dann entgegen. Er wickelte sie sich um und seufzte zufrieden auf, das war so schon viel besser. Er machte es sich auf dem Stuhl gemütlich, so gut es eben ging und wusste dann nicht recht ob er noch etwas sagen sollte oder ob er auch einfach schweigen konnte. Alan kicherte über diesen seltenen Anblick, aber leider fiel ihm dazu nicht auch noch ein Kommentar ein. Kopfschmerzen hatte er fast gar keine mehr und als er es probierte, stellte er fest, dass er schon wieder die ganze rechte Hand bewegen konnte. Sein Körper arbeitete wohl nur noch am Feinschliff, wahrscheinlich konnte er den rechten Arm schon im Morgengrauen wieder uneingeschränkt benutzen. Vielleicht... es wäre schön, wenn Damon bis dahin hier bliebe und ihm die Zeit vertreiben würde, das konnte er nämlich ganz gut. Damon bemerkte das Alan seinen Arm wieder bewegte. "Du scheinst Glück zu haben, anscheinend bist du doch nicht die ganze Nacht ans Bett gefesselt." meinte er lächelnd und freute sich, dass es Alan anscheinend wieder besser ging. Zumindest hatte sich seine Miene wieder aufgehellt, was bestimmt daran lag, dass die Kopfschmerzen wieder weg waren. "Das tut mir jetzt leid für dich." Witzelte er, "Aber das bin ich so doch auch nicht, ich sitze bloß hier, weil es bequem ist und ich ursprünglich vorhatte, zu schlafen." Erklärte Alan lakonisch. Natürlich hätte er herumlaufen können, aber bis jetzt hatte er keine Lust gehabt, weil ihm Kopf und Schulter wehtaten. "Macht es dir eigentlich Spaß, jeden meiner Sätze so haarklein auseinander zu nehmen?" fragte Damon leicht beleidigt. Er fand diese Eigenschaft zwar generell nicht nervend, aber auf die Dauer war es anstrengend, denn so musste er immer genau darüber nachdenken, was genau er sagte. "Eigentlich schon, ja." Antwortete Alan grinsend, aber ehrlich. "Wenn es dich so sehr nervt, kann mir ja Mühe geben, damit aufzuhören..." bot er bereitwillig als Kompromiss an, damit ihm Damons Gesellschaft erhalten blieb. "Es nervt bloß, weil ich die ganze Zeit genau auf das achten muss, was ich sage." gab Damon ehrlich zurück und wunderte sich schon ein wenig. Wenn es nicht ziemlich gemein gewesen wäre, dann hätte er jetzt gefragt, ob das wirklich Alan war, der da vor ihm saß. Er war es gar nicht gewohnt, dass der Vampir so nett und zuvorkommend war. Ob irgendetwas dahinter steckte? "Musst du doch gar nicht. Außerdem geht mir sonst der Gesprächsstoff aus." Verteidigte sich Alan schmollend, weil Damon so skeptisch guckte. Er nervte ihn also? Wozu gab er sich dann hier eigentlich Mühe? Wenn er so genervt war, dann musste er halt gehen! Alan verzog leicht das Gesicht, seine negativen Gedanken schienen die Kopfschmerzen wieder anzulocken. Damon seufzte leise auf. Irgendwie schien er es immer wieder zu schaffen, dass Alan sauer wurde, oder zumindest finster drein schaute. "Es ist halt ziemlich anstrengend, sich immer genau zu überlegen, was man sagt, andererseits vermeidet man so leichtfertig mit Wörtern oder Begriffen umzugehen. Und das hat ja sein Gutes." lenkte er ein, da er vermutete, dass sein letzter Satz zu Alans verdunkeltem Gesichtsausdruck beigetragen hatte. Ok, Damon versuchte immerhin einzulenken, das gelang ihm in den Augen des Weißhaarigen zwar nicht besonders gut, aber vielleicht sollte er zumindest den Versuch honorieren. Außerdem zeigte das ja wohl, dass Damon eigentlich gar nicht gehen wollte und das war ihm mehr als recht. "Wie gesagt, ich hab nie verlangt, dass du jeden Satz ausdeutest, bevor du ihn aussprichst. Sonst bleibt irgendwann nichts mehr übrig, auf das man antworten könnte." Damon musste dann doch zugeben, dass Alan recht hatte. Obwohl ihm das nicht recht gefiel, da er so immer das Gefühl hatte, dass Alan einfach ein wenig gebildeter war als er, einfach klüger. Aber mit 150 Jahren war er das wahrscheinlich auch. Er seufzte leise und lehnte sich wieder an die Stuhllehne. Er konnte immerhin froh sein, dass Alan inzwischen Gefallen an seiner Gesellschaft gefunden zu haben schien, immerhin hatte er bisher noch keine Zeichen entdeckt, die darauf hinwiesen, dass Alan ihn lieber los wäre. Und das wollte er sich nicht kaputt machen, indem er aus Versehen etwas falsches sagte. Alan beruhigte indessen seine Gedanken und so wurden auch die Kopfschmerzen wieder etwas besser. Sein Blick ruhte noch immer unverwandt auf dem Rothaarigen. "Was denkst du gerade?" fragte er schließlich, weil dessen Gesicht gerade überhaupt keinen Einblick gewährte. Irgendwie hörte sich diese Frage für Alan, der es gewohnt war, die Gedanken seiner Gesprächspartner um sich zu haben, ziemlich komisch an. Damon antwortete einen Moment lang nicht, da er sich nicht sicher war, ob er das Alan wirklich erzählen wollte und sollte. Andererseits wusste Alan eh, wie er für ihn empfand und so konnte er es ihm doch eigentlich mitteilen. "Ich habe darüber nachgedacht, wie schön es ist, dass du mich anscheinend gar nicht mehr loswerden willst und meine Gesellschaft anscheinend als...hm...angenehm empfindest." erklärte er dem Vampir dann mit einem zaghaften Lächeln auf den Lippen. Damons scheues Lächeln sah so niedlich aus, dass Alan es unbemerkt erwiderte. "Eigentlich wundere ich mich auch darüber." Gab er zu, "Aber irgendwie... mag ich es wirklich, wenn du..." Er suchte stirnrunzelnd nach einem geeigneten Wort, "...in meiner Nähe bist." Vollendete er den Satz schließlich, obwohl er mit dem Wort noch nicht ganz zufrieden war. "Schön, dass du nicht mehr gehen willst..." meinte er leise, den Blick aus dem Fenster gerichtet. "Im Moment habe ich auch gar keinen Grund gehen zu wollen... und ich denke, daran wird sich nicht viel ändern." antwortete Damon leise und ließ die Bettdecke ein wenig los, da das Feuer den Raum inzwischen ein wenig zu wärmen anfing. Es war schön zu hören, dass er mit seinen Vermutungen recht hatte und Alan seine Nähe wirklich mochte. Es war unglaublich erleichternd, da er so wirklich Gewissheit hatte und nicht rätseln musste. "Wenn ich ehrlich bin, waren die drei Wochen ohne dich die Hölle." flüsterte er leise, da er selbst nicht sicher war, ob er Alan das wirklich wissen lassen wollte. Alan staunte darüber, dass Damon ebenso wie er unter der Trennung gelitten hatte. Außerdem hieß das doch, dass er es ihm nicht übel nahm, dass er ihn so lange beobachtet hatte und das hatte er die ganze Zeit lang nicht genau gewusst. "Du hättest einfach wiederkommen können..." meinte er erstaunt. "Am Anfang konnte ich dich überhaupt nicht leiden.." schmunzelte der Weißhaarige, "und als du dann weg warst, hab ich dich unheimlich vermisst." Und noch etwas wunderte ihn; wieso war er heute so verdammt aufrichtig und ehrlich zu Damon? "Dass du mich nicht leiden konntest, habe ich bemerkt." erwiderte Damon und lächelte leicht. Das war ja auch schwer zu übersehen gewesen, nachdem Alan versucht hatte, ihn umzubringen. Auch Damon war erstaunt, wenn auch erfreut über die Ehrlichkeit, die Alan im Moment an den Tag legte. Normalerweise versteckte sich der Kleinere immer hinter seiner kalten Fassade. "Aber ich bin froh, dass sich das inzwischen geändert hat. Es ist nicht gerade angenehm, jemanden zu lieben und davon ausgehen zu müssen, dass derjenige einen nicht leiden kann und am liebsten loswerden würde." "Das verstehe ich sowieso am allerwenigsten." Murmelte Alan leise und widmete sich erstaunlich akribisch seiner Verletzung, versuchte herauszufinden, wie viel schon ausgeheilt war. Er konnte Damon gerade nicht in die Augen sehen, nicht, wenn er davon redete, weil er hintergründig immer das Gefühl hatte, schon seit er es ihm gesagt hatte, dass er ihn verletzte. Und irgendwie hasste Alan dieses Gefühl. "Was verstehst du nicht? Warum ich dich liebe? Ich weiß es selbst nicht so recht, aber irgendwie hast du mich schon von Anfang an fasziniert." gab er leise zu und betrachtete Alan. Das Benehmen des anderen fand er recht niedlich, es war nur zu offensichtlich, dass es ihm unangenehm war, darüber zu reden. Aber wenn Alan nicht darüber reden wollte, dann würde Damon auch nicht nachbohren. Alan nickte nur, denn Damon lag mit seiner Nachfrage ja genau richtig. Wieso nur fand Damon ihn faszinierend? Dabei war er doch fast permanent gemein zu ihm, ob es nun absichtlich oder unabsichtlich war. Schließlich hob Alan wieder den Kopf. "Kann ich... kann ich einen Schluck von dir trinken?" Noch immer fiel es ihm sehr schwer, darum zu bitten und das merkte man heute auch. Und in Gegenwart des immer noch im Raum herumschwebenden Wortes "Liebe" fiel es ihm noch viel schwerer, weil er zu ahnen glaubte, dass Damon sich mehr Nähe wünschte und er ihm das nicht gab, sondern die Nähe bloß ein Mittel zum Zweck war. Er hatte das Gefühl, ihn auszunutzen, doch er war so süchtig nach seinem Blut. Damon blickte wieder auf und schien einen Moment lang zu zögern. "Wenn ich dafür einen Kuss von dir bekomme." kam dann die Antwort von ihm. Er wusste, dass es nicht die feine Art war, Alans Begierde nach seinen Blut so auszunutzen und noch mehr wusste er, dass es falsch war, sich irgendwelchen Hoffnungen hinzugeben und einen Kuss zu erbitten bzw. zu erzwingen. Aber seltsamer Weise konnte er nicht anders. Obwohl er wusste, dass er sich damit keinen Gefallen tat. Alan blinzelte erstaunt über Damons geforderte Gegenleistung, obwohl er damit gerechnet hatte, dass er das irgendwann sagen würde. Eigentlich hatte er geglaubt, dass er das schon viel eher tun würde, schon seit er in der Bibliothek gesagt hatte, dass er eine ganze Woche lang von ihm trinken würde, falls Damon ihn noch einmal küsste. "Ok." Stimmte er zu, nachdem er anstandshalber noch etwas gezögert hatte. So ein schlechter Tausch war das eigentlich gar nicht; Damons herrliches Blut durfte er trinken und die Küsse, die Damon ihm bis jetzt gegeben hatte, hatten ihm sehr gefallen. Außerdem wusste er sicher selbst, wann er sich mit seinem Handeln verletzte und wann nicht. Kurz erinnerte sich Alan daran, wie er Damon im Bad erlaubt hatte, ihn zu küssen. Hoffentlich artete es nicht wieder so aus, er wollte ihn doch durch sein Handeln nicht noch mehr verletzen. Damon war erstaunt darüber, dass der Vampir zustimmte. Nach der Drohung in der Bibliothek hatte er halb damit gerechnet, dass Alan sauer werden würde oder zumindest nicht darauf eingehen würde. Er lächelte zaghaft und hoffte, dass er sich zusammenreißen können würde. Er rätselte immer noch, warum Alan das im Bad zugelassen hatte, aber so direkt, dass er Alan danach fragen würde, war er dann doch nicht. Er erhob sich von dem Stuhl und ließ die Decke ganz auf den Boden sinken, da es inzwischen warm genug in dem Raum war. "Also gut." er setzte sich zu Alan und strich sich die Haare zu einer Seite hinüber, neigte Alan die freie Seite entgegen. Alan rückte näher an den Rothaarigen heran, probierte kurz, wie weit er sich mit dem rechten Arm abstützen konnte. Da er sein Gewicht gut auszuhalten schien, strich der Kleinere nicht mehr vorhandene Haare von Damons Schulter, legte die linke auf die andere Schulter und beugte sich vor. Wenn er genau hinhörte, konnte er jetzt hören, wie das Blut durch seine Lieblingsstelle rauschte. Er verharrte einen Moment mit den Lippen auf seiner auserwählten Stelle, erspürte die Ader und biss dann sanft zu. Der Geschmack erblühte blumengleich in seinem Mund und ließ Alan ganz leise seufzen. Langsam und bedächtig schluckte er die rote Flüssigkeit, kostete sie ganz aus, bevor er den nächsten Schluck zu Tage förderte. Bei diesem wunderbaren Geschmack konnte man gar nicht anders als süchtig zu werden. Jedoch wäre Alan ziemlich eifersüchtig, wenn er mitbekommen würde, dass das auch anderen ähnlich ging. Damon seufzte leise, als sich Alans Lippen auf seinen Hals legten und er ihn biss. Es klang für ihn selbst äußerst seltsam, aber irgendwie hatte er das vermisst. Von Alan gebissen zu werden war das einzig Regelmäßige in ihrem chaotischen Verhältnis gewesen. Und irgendwie hatte er auch immer das Gefühl, dass sie sich näher waren als sonst, als ob in diesem Moment die eiskalte Mauer verschwand, die Alan sonst immer um sich aufbaute. Da Alan langsam trank und sich für jeden Schluck die Zeit nahm, um ihn richtig zu genießen, brauchte er nicht allzu viel trinken. Damon könnte allenfalls etwas schwindlig sein, nicht wie sonst, wenn er zu unbeherrscht getrunken hatte und Damon dann fast umkippte. Damons Blut war sowieso nichts, womit Alan seinen Hunger zu stillen versuchte, das wäre die pure Verschwendung gewesen, es war nur zum Genießen da. Bedächtig setzte er schließlich ab, leckte nach seiner Gewohnheit über die kleine Wunde und richtete sich dann langsam wieder auf. Damon schloss die Augen, während Alan trank, um sich ganz auf dieses Gefühl zu konzentrieren, an dem er immer mehr Gefallen fand. Als Alan absetzte und er die Augen öffnete, bemerkte er, wie seine Hände kaum merklich zitterten und sich ein flaues Gefühl der Aufregung und Nervosität breit machte. Er fragte sich warum, denn er hatte Alan schließlich schon öfter geküsst. Vielleicht war es, weil es diesmal so.. er überlegte einen Moment... so geplant war. Er drehte sich ein wenig herum, so dass er Alan fast gegenüber saß. Vorsichtig hob er die Hand und legte sie auf Alans Wange, fast so als könnte er Angst haben den Vampir zu zerbrechen. Andächtig strich er dem Vampir mit dem Daumen über die weiche Unterlippe und betrachtete für einen kurzen Moment verträumt die schöngeschwungen Lippen, die durch das Blut leicht rosa waren. Dann beugte er sich vor und küsste den Vampir zärtlich. Auch Alan verspürte ein unbekanntes Kribbeln und ein leicht flaues Gefühl im Magen und weil er das Gefühl hatte, dass Damon ihm das ansehen würde, hatte er sich so langsam bewegt. Ein wenig Unsicherheit lag darum in seinem Blick, als Damons angenehm warme Hand zart seine Wange berührte. Dass Damon immer warm war, fand Alan irgendwie schon seltsam. Andere Vampire waren auch bloß warm, wenn sie etwas getrunken hatten. Die zärtliche Berührung brachte ihn dazu, die Augen zu schließen und Damon die Führung zu überlassen, die er sowieso innehatte. Gedanklich musste er darüber lächeln, dass er sich mit Banalitäten befasste, um seine weichen Knie zu übertünchen. Wie zum Beispiel, wieso Damon mit seinen gut 20 Jahren schon so ein guter Liebhaber war. Die Fingerkuppe, die sanft seine Lippen streichelte, lenkte ihn dann wieder auf das Wesentliche. Der erste Kontakt mit Damons Lippen kribbelte, war beinahe elektrisierend und für Alan eins der Kriterien, die einen wirklich schönen Kuss ausmachten. Er erwiderte den Kuss offen und ohne Vorbehalte, jedoch nicht weniger zartfühlend als Damon. Damon verspürte das selbe elektrisierende Kribbeln wie Alan, als sich ihre Lippen berührten. Wie hatte er es eigentlich so lange ohne diese zarten, weichen Lippen ausgehalten? Seine Hand wanderte von Alans Wange zu dessen Nacken und hielt ihn so sanft bei sich. Er ließ den Kuss zärtlicher werden, strich nach einer Weile sanft mit der Zunge die Konturen von Alans Lippen nach und bat dann um Einlass. Er schloss seine Augen wieder um sich ganz auf das warme Gefühl zu konzentrieren, das sich von Alans Lippen ausgehend in seinem ganzen Körper breit machte. Alan ließ ihn ohne zu zögern gewähren, er hätte auch gar nicht zögern wollen, selbst wenn er noch die volle Kontrolle über sein Handeln gehabt hätte. Wie hatte er vergessen können, wie schwach ihn Damons Küsse eigentlich machten, er wurde einfach butterweich, wenn diese Lippen seine liebkosten. Im Prinzip hätte er ihm unterstellen können, dass das unfair war, aber er hatte ja selbst zugestimmt. Damons Zärtlichkeiten machten den Kontrollverlust mehr als wett und so folgte er Damons Hand und lehnte sich näher an ihn, während ihre Zungen zärtlichen Kontakt miteinander aufnahmen. Damon musste sich mehr als zusammenreißen, um der Versuchung zu widerstehen und es wirklich bei diesem Kuss bleiben zu lassen. Neugierig strich er mit der Zunge über die Zahnreihen von Alan, erkundete sanft dessen Mundhöhle und kostete den Geschmack des Vampirs voll aus. Dann wandte er sich der Zunge des Weißhaarigen zu. Er liebkoste sie erst zärtlich, strich sanft darüber und erschauderte unter der hitzeartigen Wärme, die sich in ihm breit machte. Dann begann er den Kuss tiefer werden zu lassen, forderte Alans Zunge zu einem Leidenschaftlichen Spiel auf. Alan ließ Damon unbehelligt seinen Mund erkunden und genoss die prickelnden Berührungen. Seine Knie waren nicht mehr ganz so weich, aber das Kribbeln in seinem Bauch war noch da und war seltsamerweise auch nicht unangenehm. Auch er vertiefte den Kuss von seiner Seite aus, intensivierte den Kontakt ihrer Zungen und ging auf die leidenschaftliche Herausforderung ein. Er versuchte auch nicht, die Vorherrschaft über sein eigenes Reich wiederzuerlangen, sondern ließ sich für den Verlust mit intensiven Zärtlichkeiten von Damon entschädigen. Damon wurde langsam ruhiger und merkte wie dieses nervös-flaue Gefühl aus seinem Magen verschwand und nur noch diese wunderschöne Wärme zurückließ. Er merkte, dass sein Körper geradezu nach mehr verlangte und er wusste nicht, ob er sich wirklich zurückhalten können würde. Etwas in ihm schien ihm geradezu ins Ohr zu flüstern, einfach so über Alan 'herzufallen' wie damals im Bad. Aber der Teil seiner Persönlichkeit, der stärker war, sträubte sich dagegen. Er wollte die Nähe, die inzwischen zwischen ihnen entstanden war, nicht wieder zerstören. Er wollte nicht, dass Alan sich wieder hinter seiner Eiswand zurückzog und so begann er langsam den Kuss zu lösen, obwohl es ihm nicht leicht fiel. Er küsste Alan nochmals zärtlich, dann trennte er die Verbindung ihrer Lippen endgültig. Damons Berührungen ließen gerade so etwas von dem Kampf erahnen, den er mit sich ausfocht, doch es war nicht so vordergründig, dass der Charakter des Kusses verloren ging. Alan genoss ihn in vollen Zügen bis zur letzten Sekunde und machte sich ganz langsam mit dem Gedanken vertraut, wieder aufzuhören. Es erstaunte ihn doch, dass er tatsächlich einen Teil von sich fand, der sich dagegen sträuben wollte, doch dieser Teil hatte nicht viel Gewicht. Es war besser, jetzt aufzuhören, anstatt alles noch komplizierter zu machen als es ohnehin schon war. Alan hing dem Kuss noch einen Augenblick nach, bevor er die Augen wieder öffnete. Das Kribbeln war fast weg, einen leisen Nachklang erzeugte nur noch Damons Hand, die noch immer in seinem Nacken ruhte. "Danke." flüsterte Damon leise und küsste den Vampir sanft auf die Wange, bevor er ihn völlig frei gab. Erst jetzt merkte er, dass es vielleicht doch nicht so eine gute Idee gewesen war, einen Kuss zu verlangen, denn die Nähe, die er eben noch mit Alan geteilt hatte, wich einem erdrückendes Gefühl der Leere und Hoffnungslosigkeit. Und auch ein kleines bisschen Angst schwang in diesen Gefühlen mit. Angst, dass er Alan sein ewiges Leben lang hinterherlaufen würde und dieser immer unerreichbar für ihn bleiben würde oder es zumindest die ganze Zeit so weitergehen würde wie jetzt. Natürlich würde er dann auch einfach gehen können, aber er wusste schon jetzt, dass das mit Alan nicht bloß eine von diesen Lieben war, die schnell verfloss, sondern dass er ihn nicht verlassen würde, dass er bei ihm sein wollte, wenn er ihn schon nicht als Geliebten haben konnte. Er richtete sich auf und blickte kurz stumm aus dem Fenster hinaus. "Ich werde dann mal wieder gehen, ich hab Hunger." meinte er dann zu Alan gewandt und lächelte schief. Er hob noch die Decke auf und legte sie auf das Bett, dann ging er hinaus. Alan sah deutlich, wie sich Damons Emotionen veränderten und es tat ihm leid. Er wollte nicht, dass Damon litt.... Wie bitte? Er wollte nicht, dass es Damon schlecht ging oder dass er traurig war, wollte ihn nicht verletzen? Wann hatte er damit angefangen, das zu wollen, und warum? Er hatte doch gewusst, dass das passieren würde, wenn er von Damon trank, weil er von seiner Zuneigung gequält wurde, die Alan nicht erwiderte, und die Nähe des Älteren suchte. Wieso hatte er nur diesen verdammten Durst nach Damons Blut nachgegeben, wenn er ihn nicht unglücklich machen wollte? Was war er bloß für ein Heuchler. Was hieß denn, er wollte Damon nicht verletzen, wenn er es bewusst in Kauf nahm, um seinen Blutdurst zu befriedigen?! Es war offensichtlich, dass Damon flüchtete. Im Moment konnte keiner von beiden dem anderen in die Augen sehen. Alan schämte sich, weil er seiner Gier nachgegeben hatte und nun... Schmerz in Damons Augen lesen konnte. Eben hatte sich alles noch so gut angefühlt, wie er überrascht bemerkt hatte. Es war anders gewesen, vielleicht weil die Situation nicht von einer Kurzschlusshandlung herrührte, sondern weil sich Alan bewusst dafür entschieden hatte, Damon in seine Nähe zu lassen. Vielleicht auch, weil sie vorher geredet hatten, weil Alan einen Teil dessen ausgesprochen hatte, was ihn quälte. Im Aufstehen griff er nach einem frischen Hemd und zog sich um, während er Stiefel und den neuen Mantel schnappte und aus der Tür stolperte. Sein Arm machte kaum Probleme, er konnte ihn mittlerweile wieder fast vollständig gebrauchen. "Warte mal, Damon..." Er wollte jetzt auf keinen Fall allein sein und sich von seinen Gedanken auffressen lassen, außerdem hatte er auch Hunger. Damon hatte sich gerade seinen Mantel und die Stiefel angezogen und wollte zur Tür hinaus, als er Alans Stimme vernahm. Ein wenig verblüfft drehte er sich um und fragte sich, warum Alan sich ebenfalls angezogen hatte. "Was ist denn?" fragte er nach. Eigentlich hatte er alleine sein wollen und eigentlich war das mit dem Hunger eine Lüge gewesen. Er hatte bloß einen plausibel klingenden Grund gebraucht, um aus dem Zimmer zu kommen. Als er jedoch auf der Treppe angekommen war, hatte er gemerkt, dass er doch Hunger hatte. Immerhin hatte er die letzten drei Tage nichts gegessen. Obwohl er sich darüber ärgerte, dass Alan ihn nicht in seinem Kummer alleine ließ, war er andererseits froh, dass Alan gekommen war. Was auch immer er wollte. Es hinderte ihn daran, seinen melancholischen Gedanken nachzugeben und irgendeine Dummheit zu begehen, die er nachher vielleicht bereuen würde. "Macht es dir was aus, wenn ich mitkomme? Ich hab auch ziemlichen Hunger..." gab er kleinlaut zurück und zog dabei den Mantel an. Wenn Damon lieber allein sein wollte, konnte er das aber auch verstehen. Erst nachdem er es probiert hatte, fiel Alan auf, wie bescheuert die Idee doch war, sich auf der Treppe Stiefel anziehen zu wollen. Den Beweis lieferte das Getöse, dass er beim Trepperunterfallen verursachte. Unverletzt, aber wüst fluchend fand er sich auf dem Treppenabsatz wieder und schüttelte sich erst mal. Da er ja jetzt sowieso saß, zog er sich in aller Ruhe die Stiefel an. Gott, in was für einer miserablen Form war er eigentlich? Erst verlor er das Duell und jetzt fiel er auch noch die Treppe runter. Das war ja fast schon peinlich. Das einzig Gute war, dass es Alan für den Moment von allen tristen Gedanken abhielt, die ihn, seit sie den Kuss beendet hatten, wieder heimsuchten. Stattdessen brachte ihn das auf die Notwendigkeit, mal irgendwas gegen seine Formschwäche zu unternehmen. "Nein, ist in Ordnung." antwortete Damon und keuchte erschrocken auf, als Alan die Treppe hinunterfiel. Sofort eilte er zu dem Kleineren und hockte sich neben ihn, wollte ihn schon fragen, ob alles in Ordnung war. Doch als der Vampir so seelenruhig seine Stiefel anzog, war er überzeugt, dass dem so war. Er richtete sich wieder auf und lächelte dann leicht. "Aber glaub bloß nicht, dass ich dabei zusehen lasse, wenn ich töte." Irgendwie bekam er bessere Laune, als er in Damons erschrockenes Gesicht blickte. Alan lächelte zu ihm hoch, zum Zeichen, dass alles in Ordnung war. Damon machte sich also tatsächlich Sorgen um ihn. "Hab schon verstanden..." maulte Alan leise, zu dem Größeren aufsehend. Die Niederlage, die er diesbezüglich hatte einstecken müssen, passte ihm zwar nicht, aber jetzt war wahrscheinlich nicht der geeignete Zeitpunkt, um etwas daran zu ändern. Dann richtete er sich wieder auf und ordnete nochmals seine Kleidung, bevor er Damon zur Tür folgte. Ein paar blaue Flecken hatte er schon, aber die hielten bei einem Vampir höchstens fünf Minuten, wenn überhaupt so lange. Damon zog den Mantel fester um sich, als ihnen ein kalter Wind entgegenwehte. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, rauszugehen? Andererseits würde sich das Wetter bis morgen wohl kaum schlagartig verändern... leider. "Wenn es weiter so kalt bleibt, könnte es bald Schnee geben, oder?" meinte er zu Alan gewandt und blickte dann lächelnd in den Himmel hinaus, während sie in Richtung Stadt marschierten. "Warum bist du so versessen auf Schnee? Wenn es uns einschneit, wird es echt unpraktisch." Im letzten Jahr lag der Schnee so hoch, dass Alan sich schließlich in einem Gasthaus eingemietet hatte, weil er von seinem Anwesen aus nicht mehr jagen gehen konnte. Außerdem mochte Alan Schnee nur dann, wenn sich ein Fenster dazwischen befand, und er hasste nasse Füße, die er im Schnee ständig bekam. "Vielleicht. Vielleicht dauert es aber auch noch ein oder zwei Wochen." "Da wo ich herkomme, gab es immer nur ganz selten Schnee, für mich ist das etwas besonderes, vielleicht bin ich deswegen so versessen darauf." äußerte Damon seine Vermutung und blickte wieder nach vorne. Alan mochte schon recht haben damit, dass viel Schnee für sie unpraktisch sein würde, aber irgendwie mochte er es, wenn die Landschaft unter dieser weißen Decke lag. Es sah dann immer alles gleich so friedlich und still aus. "Wo kommst du denn eigentlich her?" fragte er neugierig. Das hatte er ihn schon lange fragen wollen, aber bis jetzt hatte er es jedes Mal wieder vergessen, wenn sie miteinander redeten. Das einzige, was im Schnee ausgesprochen gut funktionierte, war die Leichen verschwinden zu lassen. "Na ja...wo genau das von hier liegt, weiß ich auch nicht, ich bin ohne Karte gewandert." erklärte er Alan, "aber wenn es hier so viel kälter ist, muss es wohl mehr im Süden liegen. Die Gegend ist recht flach und es wird hauptsächlich Landwirtschaft betrieben. Berge gab es nur im westlichen Teil meines Landes und auch das würde ich eher als Hügel als Berge nennen. Es gab Sommer, die waren unerträglich heiß, aber meistens herrschten dort Temperaturen, die eigentlich sehr angenehm waren." erzählte er Alan, obwohl er nicht wusste, ob dieser es so genau wissen wollte. "Klingt irgendwie gut. Klingt allerdings auch so, als gäbe es Mücken dort." Schmunzelte Alan. Die Vorstellung einer warmen Sommernacht war die willkommene Ablenkung von der Kälte, die sie umgab, während sie durch den Vorort liefen. "Bist du weggegangen, nachdem..." Er zögerte es auszusprechen, schon weil er nicht wusste, wie er es schmerzlos formulieren sollte. Damon nickte langsam. "Ja. Es war wie ein Fluch für mich. Jede Kornblume hat mich an ihre kornblumenblauen Augen erinnert, jedes Weizenfeld an ihre seidigen Haare, die so golden waren wie der Weizen im späten August... ich hab das einfach nicht mehr ertragen, ich musste weg." erzählte er dann mit belegter Stimme und seufzte betrübt. "Es ist mir nicht leicht gefallen alles aufzugeben, aber es war besser als jeden Tag an sie erinnert zu werden, da ich eh kaum an etwas anderes denken konnte." "Und trotzdem hast du dich..." murmelte Alan leise, verwundert und mehr zu sich selbst. Das Wort "verliebt" sprach er nicht aus, es wollte ihm einfach nicht über die Lippen kommen, es sträubte sich dagegen, von Alan, der stets das Gefühl hatte, die Gefühle des Rothaarigen mit Füßen zu treten, ausgesprochen zu werden. Auch er hatte damals lange gebraucht, um über seinen Tod hinwegzukommen, den er wahrscheinlich letztendlich herbeigeführt hatte, er konnte Damon gut verstehen. Mittlerweile schmerzte ihn der Gedanke an seinen Geliebten nicht mehr, er spürte nur oft in Damons Gegenwart, wie sehr in dieser Verlust verändert hatte. Aber Damon veränderte ihn ebenso, vielleicht konnte er ihm irgendwann helfen... "Nun das Leben geht nun mal irgendwie weiter, ob man will oder nicht und gegen manche Dinge ist man einfach machtlos. Wenn mir jemand bei unserer ersten Begegnung gesagt hätte, dass ich mich in dich... dass ich Gefühle für dich entwickeln würde, dann hätte ich ihm wahrscheinlich geraten, erst mal seinen Rausch auszuschlafen." erwiderte Damon leise. Er wusste nicht, wieso er Alan all das erzählte, vor allem nicht warum er ihm eben ein wenig von damals erzählt hatte, von seinem damaligen Schmerz. Aber er stellte fest, dass es gut tat, endlich jemanden zu haben, dem er davon erzählen konnte. Alan kicherte und nickte bekräftigend. Auch er hätte nie geglaubt, dass Damon ihn so verändern würde, dass er sich nach dessen Gegenwart sehnte. "Wie lange bist du denn herumgelaufen, bevor ich dich aufgehalten hab?" erkundigte er sich weiter, legte aber gleichzeitig in seinen Tonfall, dass Damon jederzeit das Thema wechseln konnte, falls es ihm zu persönlich wurde. Nachdem sie den Vorort hinter sich gelassen hatten, schlug Alan die Richtung zum Vergnügungsviertel der Stadt ein. Stricher und Prostituierte gab es leider immer genug und diese Leute hatten ein so beschissenes Leben, dass Alan hinterher keine Gewissensbisse hatte, wenn er es ihnen nahm. "Ein Vierteljahr, oder ein, zwei Monate mehr. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht genau. Für mich hat das keine Rolle mehr gespielt, also habe ich die Tage nicht gezählt." antwortete er Alan, da er irgendwie das Bedürfnis hatte, darüber zu sprechen. Er sah sich kurz um und erkannte das Stadtviertel wieder. Er war oft hier gewesen, denn genau wie Alan war er der Meinung, dass er diesen Menschen einen Gefallen tat, wenn er sie biss. "Erzähl ruhig weiter..." meinte er sanft. Es war gut, etwas aus Damons Vergangenheit zu wissen, und Damon schien sich nicht unwohl zu fühlen, während er ihm antwortete. Nebenbei horchte er auf die Gedanken der Prostituierten, suchte nach jemandem, der sich den Tod wünschte. Oft entdeckte er in einer der Straßen so einen Todessehnsüchtigen und erfüllte ihm seinen Wunsch. "Na ja...viel zu erzählen gibt es nicht. Das einzig Spannende am Wandern ist eigentlich nur, dass man immer verschiedene Landschaften sieht, aber Abendteuer erlebt man kaum." Er lachte leicht, da er als Kind immer ganz fasziniert von den Geschichten der Wanderer gewesen war und auch solche Abenteuer hatte erleben wollen. "Egal, wo ich hinkam, egal wie weit ich weg war, es hat nichts gebracht, ich konnte immer nur an sie denken, daran dass ich mitschuldig an ihrem Tod bin, auf eine seltsame Art und Weise. Aber jetzt... jetzt ist es besser. Wenn ich jetzt an sie denke, dann denke ich bloß nur noch an die schönen Zeiten mit ihr." Auch er blickte sich hin und wieder um, ob er jemanden entdeckte, den er austrinken konnte. "Wieso sollst du daran schuld sein?" Alan verzog skeptisch das Gesicht. Soweit er es bis jetzt wusste, war Damons Frau bei der Geburt ihres Kindes gestorben, wie konnte sich Damon dafür denn verantwortlich machen? In einer Ecke sah der Weißhaarige einen jungen Mann sitzen. Seine Augen irrten unruhig über die Vorübergehenden und er wusste, dass er jemanden ansprechen musste, um wieder Geld zu verdienen, andererseits ertrug er es einfach nicht. Seine Gedanken schwankten zwischen Vergewaltigung oder einer Tracht Prügel, falls er kein Geld einbrachte. Alan verdeutlichte dem Rothaarigen mit einer Geste, dass er sich ein Opfer ausgewählt hatte und ging ein paar Schritte auf den Sitzenden zu, streckte bittend die Hand nach ihm aus. Der junge Mann warf ihm einen hoffnungslosen Blick zu, ließ sich aber von Alan in eine Seitengasse führen. Damon beschloss, die Unterhaltung später fortzusetzen. Er war inzwischen soweit über den Tod seiner Frau hinweg, dass er sich nicht mehr die Schuld gab, aber in den ersten Monaten hatte er das getan. Er blickte Alan einen kurzen Moment lang hinterher, dann machte auch er sich auf die Suche nach einem Opfer. Es dauerte ein wenig, bis er ein Mädchen fand, dessen Augen so ausdruckslos waren, dass er sich sicher war, dass der Tod für sie bloß eine Erlösung war. Er sprach sie an und verschwand dann mit ihr in einer der vielen Seitengassen. Alan lehnte mit seinem Opfer in einer Nische zwischen zwei Häusern. Der junge Mann bemühte sich nun um ihn, wahrscheinlich weil er glaubte, mit Alan vergleichsweise erträgliche Kundschaft erwischt zu haben. Alan ließ sich in die Arme des etwas Größeren ziehen und begann seinen Hals zu küssen. Als er sich sicher war, dass der Todessehnsüchtige sich nicht wehren würde, biss er zu und trank ihn aus. Der junge Mann gab einen erleichterten Seufzer von sich, bevor er starb. Alan ließ die Leiche vorsichtig aus seinen Armen in eine Schneewehe gleiten, wischte sich den Mund ab und kehrte zu der Straße zurück, auf der er sich von Damon getrennt hatte, um dort auf ihn zu warten. Damon verfuhr ähnlich wie Alan und wich leicht von seinen sonstigen Gewohnheiten ab, da es einfach zu kalt war, um für den Akt der Tötung länger als nötig zu brauchen. Sanft zog er das Mädchen in seine Arme, das gar keinen Widerstand leistete, da es wohl hoffte, so glimpflicher davon zu kommen. Sanft begann Damon den dürren Hals zu liebkosen, bevor er sich hier Blut nahm. Als sie schlaff in seinen Armen hing und er sich sicher war, dass sie nicht mehr lebte, ließ er sie auf die Bank gleiten und verschloss die Wunde, indem er darüber leckte. Niemand würde sich wundern, bei den Temperaturen einen toten Körper vorzufinden. Bei der dünnen Kleidung, die das Mädchen trug, würde man wahrscheinlich vermuten, dass sie erfroren war. Er wischte sich über den Mund und ging dann wieder zurück zu der Straße, wo er sich von Alan getrennt hatte. Alan musste nur wenige Minuten warten, dann kam Damon um die Ecke. Geduldig wartete er, bis der Jüngere zu ihm aufgeschlossen hatte. "Gehen wir?" fragte er lächelnd, "Außerdem wolltest du doch vorhin noch was sagen, oder?" Zumindest hatte es für ihn so ausgesehen, als er ihn wegen seines Opfers unterbrochen hatte. "Ja...Man sollte nicht länger als nötig in dieser Kälte zubringen." erwiderte Damon und ging neben Alan zurück zum Anwesen. "Na ja nicht direkt...ich habe mich am Anfang der Zeit nur schuldig für ihren Tod gefühlt, da es ja auch meine 'Schuld' war, dass sie schwanger war." erklärte er Alan, da dieser ihn ja gefragt hatte, warum er sich schuldig fühlte. Alan gab keine Antwort, schnaubte nur leise. Wie konnte man sich dafür verantwortlich machen? Das konnte der Weißhaarige absolut nicht nachvollziehen. Um dem zu entsprechen, hätte er sich ebenso schuldig am Tod seiner Eltern damals fühlen müssen, doch obwohl er um sie getrauert hatte, hatte er nie geglaubt, dass es seine Schuld gewesen war. Er konnte sich ja schlecht dafür schuldig fühlen, dass er existierte. Damon hörte das Schnauben und Schüttelte nur leicht den Kopf. Offenbar verstand Alan nicht so recht, wie man sich dadurch schuldig fühlen konnte, aber er musste zugeben, dass er es nach der vergangenen Zeit auch nicht mehr verstehen konnte. Er seufzte leise und ging neben Alan her zurück zu der Villa. Alan gab sich ja Mühe, es war nicht so, dass er es nicht versucht hatte, er schaffte es bloß nicht, sich wegen etwas, für das man absolut gar nichts konnte, schuldig zu fühlen. Ungefähr eine Stunde vor der Morgendämmerung kamen sie wieder zu Hause an. Und jetzt? Was konnten sie denn mit der restlichen Stunde anfangen? Damon seufzte leise, als er merkte, wie lange sie für die Strecke gebracht hatten. Er mochte es, mit Alan spazieren zu gehen, aber er war sich nicht sicher, ob Alan das genau so empfand und als Fledermaus war der kleine Vampir schneller. Außerdem fragte er sich, was sie die letzte Stunde noch machen sollten, oder ob Alan wieder alleine sein wollte. Alan war überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen, sich zu verwandeln, komischerweise schon eine ganze Weile nicht mehr. Seit Damon zurückgekehrt und "offiziell" in die Villa eingezogen war. Damit nutzte er praktisch einen Teil seiner Vampireigenschaften gar nicht, lief wie normale Menschen auch. Vielleicht sorgte die Anwesenheit des Rothaarigen allmählich wirklich dafür, dass er sich wieder etwas menschlicher verhielt. Aber war es denn zwangsläufig menschlich, dass Damons Gegenwart ihm einerseits gefiel und ihn andererseits durcheinander brachte, schon dadurch dass er sie so mochte? Damon überlegte, wie er Alan fragen sollte, was er für die letzte verbliebene Stunde noch geplant hatte, oder ob er ihm Gesellschaft leisten konnte. Aber er kam zu keinem Ergebnis, das nicht aufdringlich geklungen hätte, und so fragte er lieber erst gar nicht. Er wusste ja inzwischen, wie wenig Alan diese aufdringliche, zuweilen viel zu neugierige Art von ihm mochte. Er blieb stehen, als sie an der Biegung ankamen, die in den Teil des Hauses führte, in dem er sein Zimmer hatte. "Bis dann..." meinte er lächelnd und blieb ganz kurz stehen, um Alan Zeit zum erwidern zu geben, falls dieser doch noch den restlichen Abend mit ihm verbringen wollte. Alan wartete noch, weil es so aussah, als wollte Damon noch etwas sagen, studierte darum fragend sein Gesicht. "Bis dann..." antwortete er leise. Irgendwie war er ja leicht enttäuscht, Damon hatte nicht so ausgesehen, als hatte er nur "bis dann..." sagen wollen. Aber da es ja nur noch eine Stunde bis zur Dämmerung war.... dann würde er eben heute eher schlafen. Langsam zog er sich in den Gang zurück und schlug den Weg zu seinem Zimmer ein. Damon blickte Alan noch kurz hinterher und war doch etwas enttäuscht, dass der Vampir ihn nicht gefragt hatte, ob er nicht doch noch mitkommen wollte. Andererseits würde bald die Dämmerung einsetzen, vielleicht war es da ganz gut, wenn sie in getrennten Räumen waren und jeder so rechtzeitig in seinem Bett lag. Seufzend drehte er sich um und stiefelte in sein Zimmer. Dort angekommen verdunkelte er die Fenster und schloss schon mal die Türen ab. Dann zog er die Stiefel aus und legte sich auf das Bett, wartete auf die bleierne Müdigkeit des Tagesanbruches. Alan ließ langsam und genüsslich seine Kleidung auf den Boden gleiten und kuschelte sich dann in das leider kühle Federbett. Zu seiner eigenen Überraschung ertappte er sich bei dem Gedanken, wie es wohl wäre, sich jetzt an einen warmen Körper, in eine warme, zärtlich Umarmung kuscheln zu können. An Damon. Alan biss sich auf die Lippe und versuchte halbherzig, das Bild wieder loszuwerden. Es gelang ihm eher schlecht als recht, bis er schließlich eingeschlafen war. Seltsamerweise plagten Damon die selben Gedanken, bevor er einschlief. Nicht genau die selben, aber zumindest stellte er sich vor, wie es wohl wäre, mit Alan an seiner Seite einzuschlafen. Anders als Alan versuchte er erst gar nicht, den Gedanken beiseite zu schieben, da er wusste, dass das sowieso nicht gelingen würde. Nach einer kurzen Zeit merkte er, wie ihm die Augen wie von selbst zufielen und er in einer angenehmen Dunkelheit versank. Er wachte am nächsten Abend relativ zeitig auf, was ihn selbst verwunderte, da er sonst immer recht spät erwachte. Vielleicht gerade deswegen stand er nicht auf, sondern kuschelte sich wieder richtig in die Kissen hinein, seufzte leise. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)