Die Tochter eines Diebes von elina (die Vergangenheit kann man nicht ändern) ================================================================================ Kapitel 14: Der Streit zu Hause ------------------------------- Ich war unglaublich wütend. Wie schon so oft in letzter Zeit. Noch vor kurzem war ich davon überzeugt gewesen, dass ich ein ausgeglichener Mensch war, der nur ab und mal die Beherrschung verlor, doch jetzt... Wut und Zorn schienen zu meinen ständigen Begleiter geworden zu sein. Höchstwahrscheinlich lag es daran, dass ich unter dem Stress stand und nicht genug Schlaf bekam, aber ich verstand sehr wohl, dass es keine ausreichende Ausrede war. Hatte Yami vielleicht Recht? Hatte ich wirklich meine innere Grenze erreicht, und es war an der Zeit Verbündete, ja Freunde zu suchen? Nein. Das konnte nicht wahr sein. Ich konnte immer gut alleine klarkommen. Die anderen hatten mir bis jetzt nur Enttäuschungen gebracht, und die, die es nicht getan hatten, waren stets in Gefahr. Durch mich. Und das schaffte mich mehr als alles andere. "Dani-chan.." murmelte ich und seufzte, "es tut mir so leid.." In meiner Brust krampfte es schmerzhaft zusammen. Der Kleine war mir ans Herz gewachsen, doch nun befand er sich in Gefahr. Ich wusste nicht, was Soroke ihm antun konnte, ehrlich gesagt, wollte ich es gar nicht wissen. Allein schon die Tatsache, dass sie mir mit seiner Sicherheit gedroht hatte, machte mich wahnsinnig! Und heute hatte ich es wieder nicht geschafft, das Waisenhaus zu besuchen! Ich seufzte erneut und schleppte mich weiter in Richtung Sorokes Villa. "Wo bleibt Yugi?" fragte Joey ungeduldig. Er wusste zwar, dass keiner von den Anwesender die Antwort kannte, konnte es aber nicht lassen. Tea und Tristan schauten ihn nur achselzuckend an und schüttelten die Köpfe. "Reg dich nicht auf, mein Freund," meinte der alte Herr Mutou. Er kam grad aus der Küche, wo er Tee für die Freunde seines Enkels bereitet hatte. "Er hat mir versprochen, sich heute Abend mit mir zu duellieren!" sagte Joey empört und ließ sich neben dem Tisch, wo das Knabberzeug stand, nieder. "Und wieso duellierst du dich nicht mit Tristan?" fragte Yugis Großvater und grinste schelmisch, "Oder mit mir?" "Was? Das ist doch nicht Ihr ernst!" rief er beleidigt aus und griff nach dem Zwieback, "ich duelliere mich nur mit den Besten! Außerdem, hat Yugi es mir verspro.." Plötzlich verstummte er und begann zu husten, als ein kleines Zwiebacksteil ihm im Hals stecken blieb. Seine Freunde brachen augenblicklich in lautem Gelächter aus, während er, rot im Gesicht, mit den Händen herumwedelte und nach dem Atem ragte. Es war schon dunkel, als ich endlich Sorokes Villa vor mir hatte. Das komplette Erdgeschoss war hell beleuchtet, Soroke war also schon zu Hause und Marie deckte den Tisch fürs Abendessen. Auch wenn ich hungrig war, verschwand mein Appetit sofort, als ich Sorokes schlanke Gestalt vor ihrem Arbeitszimmerfenster erblickte. Sie stand mit gekreuzten Armen und schaute zur Straße, in die Richtung, aus der ich von der Schule kommen musste. Offensichtlich wartete sie auf mich. Doch, da ich diesmal von der anderen Seite gekommen war, schien sie mich noch nicht bemerkt zu haben. Ich schlich mich leise dem Hintergang an. Mir war es momentan wirklich nicht danach, sie zu treffen. Natürlich, musste ich ihr früher oder später gegenüber stehen, besonders, da ich mich in ihrem Haus befand, doch mir war es lieber, dass es so spät geschah wie möglich. Mokuba und Yugi waren schon fast bei dem Eingangstor von Kaibas Villa, als sie von einer weißen Limousine überholt wurden. "Seto!" rief Mokuba erfreut aus und lief dem Auto winkend hinterher. Der Motor wurde leiser, und der Wagen kam langsam zum Stillstand. Dann öffnete sich die linke Hintertür, und Seto stieg aus. "Großer Bruder!" Mokuba umarmte ihn stürmisch, doch Seto schien keine Notiz von seinem kleinen Bruder zu nehmen. "Abend, Seto," begrüßte ihn dazugekommener Yugi. Kaiba brummte etwas unverständliches zur Antwort, verwuschelte Mokuba die Haare und ging zusammen mit ihm zum Eingang. Doch dann drehte er plötzlich seinen Kopf zu Yugi. "Danke," sagte Seto gleichmütig, "mein Chauffeur fährt dich nach Hause." Mir war es gelungen unbemerkt ins Innere des Hauses, genauer, direkt in mein Zimmer reinzuschleichen. Nicht umsonst war ich eine ausgebildete Diebin! Das Zimmer war zwar nicht abschließbar, dafür verfügte es über einen Balkon, wo ich mich versteckte. Der Abend war zwar ziemlich kalt, doch ich musste einen Ort finden, wo ich ungestört nachdenken konnte – über Bakura und seinen doppelten Verhalten, über Yami und die Freundschaft, über Seto und, am allerwichtigsten, über meine jetzige Lage. Die weiße Limousine hielt direkt vor dem Eingang des Kartenladens an. Bald erschien Herr Mutou, dessen Aufmerksamkeit der Motorlärm auf sich gezogen hatte, an der Türschwelle. Ihm folgten Tea und Tristan. "Hey, Joey!" rief Tea ins Innere des Ladens, nachdem die Tür des Autos sich öffnete und ein bekannter bunter Kopf zum Vorschein kam, "Yugi ist endlich da!" "Was du nicht sagst," entgegnete der Angesprochene mürrisch, trat aber trotzdem raus. "Hallo, Freunde! Hallo, Großvater!" begrüßte sie Yugi und stieg endgültig aus dem Auto. "Hallo," entgegnete sein Großvater, "wie ich sehe, war dein Tag gar nicht so übel!" Er zwinkerte ihm zu und lächelte verschwörerisch. "Danke," rief Yugi dem Chauffeur zu und warf die Tür ins Schloss. Der Motor begann lauter zu brummen, und der Wagen kam langsam in Bewegung. Bald war er um die Ecke verschwunden. "Wie kommt’s, dass du von Kaibas Limousine nach Hause gebracht wirst?" wollte Tristan wissen. "Ist da schon wieder etwas ungeplantes vorgefallen?" meinte Tea ironisch, mit Anspielung an heutigen Vorfall am Schulhof. Sie stand etwas abseits, die Arme vor der Brust gekreuzt und schaute Yugi scheinbar gelassen an. In der Wirklichkeit brannte sie vor Neugier und teilweise war sie auch Wütend. Wütend, dass Yugi ihr weniger Aufmerksamkeit schenkte, als dem Kartenspiel, vor allem aber, weil der verräterische Gedanke an Ringo sie aus irgendwelchen Gründen nicht verlassen wollte. "Nein," entgegnete Yugi lächelnd. Er hatte Teas Ironie entweder wirklich nicht bemerkt, oder er war ein verdammt guter Schauspieler. "Ich habe Mokuba nach Hause begleitet," erzählte er ungestört weiter, "und da hat mir Seto angeboten, dass sein Chauffeur mich nach Hause fährt." "Kaiba? Der Kaiba?" rief Joey verwundert aus, "Ich traue meinen Ohren nicht!" Yugi lächelte. Nur eine einzige Erwähnung von Kaiba ließ Joey alles um sich herum vergessen. Manchmal kam er ihm vor, dass sein Kumpel auf den jungen Firmenchef fixiert war. Doch er konnte nicht leugnen, dass Setos Verhältnis ihn heute irritiert hatte. So abwesend, ja seltsam war Kaiba nicht oft. Nach einer halben Stunde, in der ich versucht hatte mir irgendetwas einfallen zu lassen, was die entstandene Situation zu meinem Gunsten verändern konnte, gab ich schließclich auf und betrat mein Zimmer wieder. Alles, was ich in dieser Zeit erreicht hatte, war, dass ich heftig vor Kälte zitterte. Dafür, dass mein Vorhaben in Ruhe nachzudenken sich als total fruchtlos erwies, konnte ich froh sein, wenn ich in der näheren Zukunft keine Erkältung einfing. Ich zog meine Schuluniform aus und faltete sie für morgen zusammen, obwohl mir sehr danach war, die mit aller Wucht in die Ecke zu schmeißen. Doch, dass ich die ungern trug rechtfertigte nicht, wenn ich die als Stück Dreck behandelte. Morgen musste ich sie so oder so anziehen. Ich öffnete den Schrank und suchte mir etwas weitaus bequemeres aus – Jeans und ein blaues T-Shirt. So konnte ich mich besser bewegen und fühlte mich nicht mehr so erbärmlich. Dann begab ich mich nach unten, um Soroke beim Abendessen Gesellschaft zu leisten, mehr aber, um weiteren Ärger mit ihr zu vermeiden. Wenn Marie den Tisch im Esszimmer deckte, dann hatte sie auf jeden Fall etwas besonderes im Kopf. "Marie!" ertönte plötzlich Sorokes verärgerte Stimme aus dem Arbeitszimmer, "Wo bleibt dieses verdammte Mädchen!" Ich hielt inne, als ich Maries schnelle Schritte hörte, drückte mich instinktiv an die Wand, in einem Versuch mit dem Schatten im Flur zu verschmelzen, und schlich näher heran, um besser lauschen zu können. "Weißt denn keiner in diesem Haus, wo sich dieses undankbare Gör aufhält?" fuhr sie die Köchin an, als die das Zimmer betrat. Soroke saß an ihrem großen Arbeitstisch, ihre Augen funkelten die mollige Frau zornig an. Sie stützte sich mit den Ellbogen auf die Tischoberfläche und faltete die Finger. "Verzeihung," sagte Marie höflich, "ich habe sie heute Abend noch nicht gesehen." "Muss ich ihr etwa einen Chip einpflanzen lassen?!" "Aber Soroke!" sagte Marie mit erhobener Stimme, und machte die Tür hinter sich bei, "sie ist doch deine Tochter!" "Na und weiter? Was bringt es mir außer Ärger?" Sie sprang auf die Beine und schlug wütend mit der Handfläche auf den Tisch. "Manchmal bereue ich es, sie zur Welt gebracht zu haben." "Wieso bist du nur so verbittert?" fragte Marie traurig. "Du weißt ganz genau was ich von Kindern halte," antwortete Soroke zornig, Maries Bemerkung scheinbar ignorierend, "Sie haben mein Leben ruiniert." "Du allein bist für deine Misere verantwortlich," meinte Marie entschlossen, "Lass das Mädchen in Frieden, sie hat nichts mit deinen Machtkämpfe zu tun." "Da irrst du dich, meine Liebe," entgegnete Soroke höhnisch und stützte ihre rechte Hand in die Hüfte, "Korin hat sehr wohl damit zu tun! Sie ist meine direkte Siegesversicherung." "Du willst ihr einen weiteren Auftrag geben, nicht wahr?" Maries Stimme klang bestimmt und ruhig, sogar allwissend. "Ich sehe, was hier vor sich geht," setzte sie nach einiger Zeit fort, "Keine Angst, ich habe nicht vor Polizei zu rufen, das hätte keinem was gutes getan." dachte sie bei sich. "Ich habe keine Angst von dir, Marie!" Soroke war merklich wütend. "Auch wenn du zu Polizei gehst, kannst du mir nichts anhaben!" Dabei lachte sie verachtend. "Denkst du, ich weiß nichts von deinem kleinen Geheimnis?" "Mir ist, ehrlich gesagt, egal, was du weißt," entgegnete die Köchin erstaunlich ruhig, "aber ich halte dich nicht für dumm, wenn du das meinst." Sie war wohlauf in der Lage Soroke oder jeden anderen zur Weißglut zu bringen. "Worauf willst du hinaus?" fragte Soroke nach einer Weile. Ihre Stimme klang nicht mehr zornig, sondern abgewogen und leise. Jetzt war sie wirklich gefährlich. "Sei doch vernünftig, Soroke!" sagte Marie mit flehender Stimme, "Überanstrenge das Mädchen nicht so! Sie ist schon jetzt im Stress wegen der Schule. Sie ist doch schließlich noch ein Kind!" "Wer bist du, um mir Ratschläge zu erteilen?" lächelte sie spöttisch. "Wenn du mein kleines Geheimnis kennst, weißt du das," entgegnete Marie in einem ebenfalls verachtenden Ton. "Du solltest damals in London bleiben, Marie," meinte Soroke überraschend ernst, "das wäre das Beste für alle gewesen." "Ich konnte nicht anders, das weißt du genauso gut wie ich," antwortete sie, "Ich bin wegen Arituro gekommen." Plötzlich brach Soroke in lautem Lachen aus. "Arituro! Immer dieser Arituro!" "Was hast du nur gegen ihn?" rief Marie beleidigt aus, "Ihr wart doch.." "Ja, Arituro und ich waren mal gute Freunde gewesen," unterbrach sie Soroke, "Bis einmal dieses unverzeihliche Fehler passierte! Das hat ihm in den Kopf gestiegen, er wollte mehr – er wollte mich heiraten! Eine Familie gründen!" "Er hat dich geliebt, Soroke, ihr konntet eine gemeinsame Zukunft haben!" "Er hat mich geliebt! Aber was konnte er denn mir schon geben? Er, der arme Dieb?" "Du hast ihn zu einem Dieb gemacht!" Soroke lachte erneut auf. "Ich habe ihn zu einem Dieb gemacht?" rief sie aus, "Du weißt rein gar nichts, Marie! Es war seine eigene Entscheidung gewesen!" "Aber.." Doch Soroke ließ ihr keine Möglichkeit, sich auszureden. Sie winkte herrscherisch mit der Hand und setzte fort: "Er hatte seine Chance. Er wusste, dass ich ihn nicht liebte und nie lieben würde, doch er konnte mich bei sich haben, indem er meinen Auftrag erledigte. Doch er hat versagt!" "Meine Güte, Soroke!" rief Marie erschrocken aus, als sie ihr Vorhaben erraten hatte, "du willst doch nicht, dass Korin diesen Auftrag für dich erledigt!" "Warum nicht?" fragte sie gespielt naiv und lächelte zufrieden, "es spricht nichts dagegen." "Du bist ein Monster," meinte Marie leise. "Meinetwegen," entgegnete Soroke ruhig, "doch vergiss nicht, wofür ich dich bezahle." Mit diesen Worten gab sie Bescheid, dass das Gespräch nun endgültig zu Ende war, und verließ das Zimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)