Geht niemals im Streit auseinander... von sayomi (...wer weiß, ob ihr euch jemals wieder seht...) ================================================================================ Kapitel 2: Versteckte Erinnerungen ---------------------------------- Kapitel 2 - Versteckte Erinnerungen Kai hatte sein rechtes Bein noch komplett in Gips, ebenso waren seine linke Schulter und das linke Handgelenk noch nicht vollständig verheilt. Er konnte sich nur mit Hilfe von Rei durch die Wohnung bewegen und musste bei so ziemlich allem dessen Hilfe in Anspruch nehmen. Da der Chinese zu Hause arbeitete und bloß zu Besprechungen in die Redaktion musste, gab es in der Hinsicht keine Probleme. Nach weiteren drei Wochen hatte er Kai so ziemlich alles erzählt was sie in den vergangenen vier Jahren zusammen erlebt und durchgemacht hatten. Doch der Russe konnte nach wie vor mit all dem nichts anfangen. Sehr selten geschah es dass er etwas vervollständigte dass Rei zu erzählen begonnen hatte, doch Kai tat dies dann jedes Mal als Zufall ab. Der Chinese hatte anfangs noch Hoffnung gehabt, dass sich etwas ändern würde wenn sie Tag und Nacht zusammen wären, doch Kai wollte noch nicht einmal dass sie im selben Bett schliefen. Wieder einmal lag Rei auf der Couch im Wohnzimmer und dachte nach. Es tat so weh dass Kai ihn anscheinend nicht mehr kannte und er wollte seinen Freund wieder haben. Leise begann er zu weinen und er vergrub sein Gesicht noch tiefer in dem weichen Kissen. Am nächsten Tag fuhren sie zum Krankenhaus, Kai würde endlich den Gips an Arm und Bein abbekommen, seine Schulter musste zur Kontrolle geröntgt werden. Rei saß im Wartezimmer als plötzlich der Arzt auf ihn zukam, der Kai während seines Krankenhausaufenthaltes behandelt hatte. "Guten Tag Herr Kon." "Guten Tag." "Wie geht es Ihrem Freund?" "Naja, seine Verletzungen sind mittlerweile fast komplett verheilt aber...", Rei seufzte tief, "...er weiß noch immer nicht wer ich bin..." Der grauhaarige Mann legte ihm eine Hand auf die Schulter und lächelte ihn sanft an. "Geben Sie nicht auf. Es mag Ihnen vielleicht manchmal aussichtslos erscheinen, aber tief in seinem Kopf sind alle Daten über Sie gespeichert. Er muss bloß die Barriere durchbrechen die ihn davon abhält sie auch aufzurufen. Er hat Sie nicht vergessen sondern verloren, helfen Sie ihm Sie wieder zu finden." Rei nickte und der Arzt verabschiedete sich wieder von ihm. Ein bisschen gab Rei dies ja wieder Hoffnung, er wusste jedoch nicht wie lange diese anhalten würde. Nach einer halben Stunde kam Kai wieder zu ihm, ohne Gips und ohne Verband. Der Russe war sichtlich erfreut darüber und auch Rei lächelte erleichtert als er dies sah. Langsam, aber dennoch ohne Hilfe ging Kai zum Wagen und setzte sich hinein. Es war seltsam für ihn dass er sein Bein nun wieder abbiegen konnte, denn immerhin hatte er es wochenlang ständig ausgestreckt gehabt. Auch die plötzliche Bewegungsfreiheit seines kompletten linken Armes war für ihn sehr neu und er hielt ihn ständig so, als wären Verband und Gips noch oben. Zu Hause angekommen wolle Rei noch einmal versuchen Kais Erinnerungen zu wecken, also setzten sie sich gemeinsam auf die Couch und der Chinese begann zu erzählen. "Vor zwei Jahren ist ja Voltaire gestorben, wir sind wegen dem Begräbnis nach Russland geflogen und..." ~+~ Flashback ~+~ Kai atmete die kühle Luft Moskaus ein und streckte sich; obwohl seine Kindheit nicht unbedingt die beste gewesen war, zu Hause sein war immer noch etwas Schönes. Wieder russisch sprechen zu können, endlich wieder kyrillisch lesen zu können... ja, da fühlte man sich gleich wieder wohl. Rei hingegen verwirrte das alles nur denn er konnte kein Wort russisch. Sie riefen sich ein Taxi und fuhren zu einer Adresse die Rei nicht kannte. "Das ist das Haus in dem ich aufgewachsen bin...", erzählte Kai mir glänzenden Augen und begann genauer davon zu berichten. Nach etwa zehn Minuten hielt der Wagen wieder, Kai reichte dem Mann die gewünschte Anzahl an Rubel während Rei die Koffer auf den Gehsteig stellte. Der Chinese fror ein wenig, immerhin war es Januar und in Moskau eisig kalt. Kai war dies immer noch gewohnt, Rei hingegen hatte solch eine schneidende Kälte in seinem gesamten Leben noch nicht erlebt. "Los, es ist nicht mehr weit...", meinte Kai lächelnd und legte einen Arm um den kleineren. Sie trugen ihre Koffer zu einem großen Haus, dessen Tor sich automatisch öffnete, nachdem Kai gesagt hatte wer er war. Sie wurden sofort von einer Schar Bediensteten empfangen und das einzige was Rei bei all dem Gesprochenen verstand war "Hiwatari". "Lass das Gepäck hier und komm, ich zeig dir unser Zimmer." Rei tat wie ihm geheißen und folgte dem Russen durch viele Gänge. Vor einer großen hölzernen Doppeltür machten sie halt du Kai öffnete sie aufgeregt. Es war ein großer Raum mit einem Himmelbett, dessen Bezüge komplett aus schwarzem Satin bestanden; die Wände waren nachtblau gestrichen und die Fensterrahmen und Möbel waren aus dunkelrotem Teakholz. Der Chinese staunte noch während Kai schon dabei war die Kästen zu durchforsten. "Es ist noch alles da... alles wie ich es gelassen habe...", stellte der blau-grauhaarige erfreut fest. Nachmittags hatten sie den Termin beim Notar, wo Kai all der Besitz Voltaires zugesprochen wurde. Rei verstand kein Wort da alles in Russisch abgehalten wurde und so saß er nutzlos aber sehr dekorativ neben seinem Freund und wartete einfach ab. Der Mann in Anzug stellte Kai eine Frage und dieser lächelte selbstgefällig. "Da", antwortete er. (=Ja) Der Mann nickte und reichte Kai eine Karte, dann verabschiedete er die Jungen und diese verließen das Gebäude. "Was ist das?", fragte Rei als sein Freund sich die Karte durchlas. "Das ist die Visitenkarte von einem Anwalt..." "Wozu brauchst du denn das?", fragte Rei verwundert. "Er soll sich darum kümmern dass die Auslandsbesitze im Grundbuch auf meinen Namen eingetragen werden. Wir müssen dann noch zur Bank." "Auslandsbesitze...? Wo hast du denn nun noch überall Häuser?" "Hier in Russland sind drei Anwesen, in Japan zwei und dann noch je eines in Frankreich, in den USA, in Großbritannien und in der Karibik." Rei blieb stehen und starrte den Russen ungläubig an. Er hatte zwar gewusst das Voltaire reich gewesen war... aber so reich? Er war wirklich baff. Auf dem Weg zur Bank erzählte Kai über die verschiedenen Häuser und versprach Rei ihm jedes einmal zu zeigen. In dem großen Gebäude ging Kai zielstrebig auf einen Schalter zu hinter dem eine junge Frau saß und nannte seinen Namen so wie sein Anliegen. Die Dame sah in ihre Unterlagen, besprach etwas mit Kai und reichte ihm dann ein paar Zettel die er ausfüllen und unterschreiben musste. Dann gab sie ihm noch einen weitern Zettel auf dem alle Konten sowie das Guthaben jener verzeichnet waren und verabschiedete ihn dann wieder. Der Russe selbst staunte nicht schlecht über die Summe, behielt es aber für sich und Rei fragte nicht nach. Vier Tage brachten sie noch in Kais Kindheitshaus zu, dann machten sie sich wieder auf den Weg zurück nach Japan. ~+~Flashback Ende ~+~ "...und dann sind wir wieder zurück geflogen.", schloss Rei ab. Kai sah ihn einen Moment unverwandt an doch dann nickte er. "Ich kann mich an die Reise erinnern...", Rei's Mine hellte sich auf, "...aber ich weiß nicht mehr dass du da auch dabei warst..." Der Chinese verlor wieder all seinen Mut und blickte den anderen traurig an. "Wirklich nicht...?" "Nein, tut mir Leid..." Rei seufzte. "Schon okay. Ich... ich werde ein wenig arbeiten gehen..." Ohne ein weiteres Wort von Kai abzuwarten stand er auf, ging zu seinem Arbeitszimmer und schloss sich ein. Er wollte jetzt einfach nur für sich sein und über die ganze Sache nachdenken. Wie hatte das alles nur passieren können...? Er nahm vor seinem Computer platz und begann wild drauf los zu schreiben, ein Artikel nach dem anderen wurde fertig und er sandte sie direkt per Mail in den Verlag. Ohne Pause schrieb er viele Stunden und erst der Durst konnte ihn dazu bringen, in die Küche zu gehen. Kai saß dort gerade beim Tisch und aß etwas, doch Rei würdigte ihn keines Blickes. Er konnte es einfach nicht ertragen den Menschen den er liebte zu sehen und gleichzeitig zu wissen, dass dieser ihn noch nicht einmal mehr kannte. Viele Tage zog sich das so hin und Rei verkroch sich immer mehr in seiner kleinen Welt. Er ging nicht mehr weg, sprach nicht mehr und kam wirklich nur noch aus dem Raum wenn es sein musste. Was Kai in dieser Zeit tat wusste er nicht. Der junge Chinese wurde Depressiv, verlor seinen Lebensmut und spielte immer öfter mit dem Gedanken sich etwas anzutun. Eines Abends saß Rei wieder einmal in dem kleinen Raum und starrte unglücklich vor sich hin, als ihm ein Klappmesser ins Auge fiel. Sehr langsam und zögernd stand er auf, streckte die Hand vorsichtig aus und berührte den kalten Stahl mit den Fingern. Wieder wuchs in ihm der Drang Schmerzen hervorzurufen und diesmal gab er nach. Er nahm das Messer in die Hand, machte es auf und betrachtete die Klinge im Licht; der Mond reflektierte sich daran und dem Chinesen lief ein Schauer über den Rücken. Er legte es an seine Haut, fühlte die Kälte und er schloss die Augen. Mit einer schnellen Bewegung ließ er das scharfe Stück Metall über seinen Unterarm gleiten und keine Sekunde später spürte er eine warme Flüssigkeit die über seine Haut rann. Zögernd blickte er hinab und erschrak für einen Moment. Er hatte es tatsächlich getan... Sein Blick blieb an der roten Spur hängen, die sich schnell über seinen gesamten Unterarm zog und dann nahm er wahr wie das Blut auf den Boden tropfte. In gleichmäßigen Abständen drang das dumpfe Geräusch an sein Ohr das hervorgerufen wurde, wenn die Flüssigkeit auf dem Parkettboden aufprallte. Es beruhigte ihn ungemein, der Schmerz seines Herzens schien vergessen zu sein, die Farbe des Blutes ließ ihn Lächeln. Er würde es wieder tun, immer wieder, solange bis seine Seele nicht mehr litt... Wieder vergingen ein paar Tage in denen Rei nicht viel tat außer in seinem kleinen Büro zu sitzen, Trübsal zu blasen und sich immer wieder zu ritzen. Er trug von da an ständig langärmelige Kleidung um die Schnitte zu verdecken. Seltsam, dachte Rei eines Tages, dass man sich etwas zufügt das jeder sehen kann, nur um es dann zu verstecken. Es war Samstagnachmittag als Rei nach ewig langem hin und her schließlich beschlossen hatte, doch noch einmal zu versuchen seinen Kai zurückzuholen. Er schloss die Tür seines Zimmers auf, trat hinaus und rief nach dem Russen, doch er bekam keine Antwort. Langsam ging er von einem Raum in den anderen und in der Küche entdeckte er einen Zettel der mittels eines Magnetes an die Kühlschranktür geheftet war. Er nahm ihn herunter und las ihn durch. ~Bin in der Stadt - Kai~ Der schwarzhaarige Junge seufzte, beschloss dann aber wieder einmal aus dem Haus zu gehen. Vielleicht würde er Kai ja finden können, ihm war es unheimlich wichtig seinen Freund wiederzubekommen. Also zog er sich Schuhe an und lief aus dem Haus, ständig darauf bedacht dass die Ärmel seines Hemdes nicht einen Zentimeter nach oben rutschten. Ziellos lief er durch die Straßen und hatte keine Ahnung wo ihn seine Beine hintrugen, doch plötzlich hörte er Kais Stimme. Er folgte ihrem Klang und als er um eine Ecke gebogen war sah er den Russen mit einem blonden Mädchen in einem Café verschwinden. Zögernd ging er den beiden nach, blieb jedoch unschlüssig in der Tür stehen. Kai und das Mädchen setzten sich an einen kleinen Tisch und während der Russe sprach lächelte die blonde verlegen vor sich hin und kicherte immer wieder. Kai hingegen ließ seinen ganzen Charme spielen und flirtete die Kleine bis zum geht nicht mehr an. Wie erwartet ging sie darauf ein, schenkte ihm einen gekonnten Augenaufschlag und öffnete beiläufig noch einen Knopf ihrer Bluse. Alles in allem wirkte sie auf Rei sehr billig und ihm wurde beinahe schlecht als er die beiden so heftig turteln sah. Schnellen Schrittes stürmte er aus dem Caféhaus und wieder in ihre Wohnung. Es war zuviel gewesen seinen Freund so zu sehen, er verkraftete das keine Sekunde länger. Wieso nur wollte Kai etwas von so einem billigen Mädchen wenn er doch ihn, Rei, haben konnte. Er verstand es nicht. Nachdem er die Tür seines Arbeitszimmers abgeschlossen hatte lehnte er sich gegen eben diese und atmete einmal tief durch. Sein Herz schmerzte ungemein und er hatte das Gefühl nie wieder glücklich sein zu können. Tränen bahnten sich ihren Weg über seine Wangen, er nahm es jedoch gar nicht wahr. Wie in Trance ging er zu seinem Schreibtisch, zog die unterste Lade heraus und fasste nach dem Klappmesser. Wie schon so oft betrachtete er die mittlerweile blutverschmierte Klinge doch dieses Mal war eine Sache anders, denn er verspürte ehrlich den Wunsch seinem Leben ein Ende zu setzen. Entschlossen zog er den linken Ärmel seines Hemdes bis über den Ellenbogen, betrachtete einen Augenblick seine noch unberührte blasse Haut des Handgelenkes und setzte dann das Messer an. Er drückte fest zu, sodass es bereits wehtat und zog die Klinge dann ganz schnell über sein Gelenk. Er spürte förmlich wie das Blut unter der Schneide hervorquoll und zu beiden Seiten hinabtropfte. Er schloss die Augen, presste sie fest zusammen und ließ das Messer auf den Boden fallen. Er schwankte leicht, die Tränen schienen nicht mehr zu versiegen, seine Gedanken kreisten unentwegt um Kai. Er liebte ihn, ja, mehr als alles andere und er würde es immer tun. Noch bevor sein Körper auf dem kalten und mit Blut verschmutzen Parkett aufschlug hatte er das Bewusstsein verloren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)