Smaragdener Fluch von Nightingale (Schwarze Nemesis I) ================================================================================ Kapitel 15: ------------ Kapitel XV Eine Woche verstrich, quälend langsam, als hätte jemand alle Uhren der Welt mit Sirup bestrichen. Ai hatte sich auf der Stelle energisch in die Arbeit gestürzt, als Shinichi ihr die tödlichen Kapseln übergeben hatte, vom Professor unterstützt suchte sie nach der Formel für das Gegengift. Eine ganze Woche blieb Shinichi, um sich von seinem Leben als Conan Edogawa zu verabschieden... Jeden Tag seines geschrumpften Lebens hatte er sich seine alte Gestalt zurückgewünscht, sich über seine Hilflosigkeit geärgert, doch auf einmal überkam ihn ein Gefühl der Ohnmacht, dass er als Conan selten so empfunden hatte. Zum Beispiel, als er den Detective Boys erklären musste, dass er in ein paar Tagen von der Schule gehen würde... Mitsuhiko und Genta reagierten wie erwartet enttäuscht und versuchten ihn verzweifelt wider alle Logik zu überreden doch noch zu bleiben, dass ihm ansonsten eine glänzende Karriere als Detektiv entgehen würde, doch das ließ Shinichi nur schmunzeln. Nein, das war wirklich nicht das Problem, sondern vielmehr ein kleines Mädchen, dass tapfer versuchte ihre Tränen zurückzuhalten. Ayumi so zu sehen, wie sie ihn stumm und flehend anblickte, wie sich das Wasser in ihren Augen sammelte und sie sich auf die Unterlippe biss, um ja keinen Laut von sich zu geben, doch dann siegten ihre Gefühle, und sie warf sich an Conans Hals, krallte sich an ihn fest und ließ ihren Tränen freien Lauf. Völlig überrumpelt wusste Shinichi nicht, was er tun sollte, er hätte in diesem Augenblick tausendmal lieber gefährliche Kriminelle verfolgt, als sich dieser Aufgabe zu stellen, der er sich ganz und gar nicht gewachsen fühlte: Ein siebenjähriges Mädchen zu trösten, dass in ihn verliebt war. Mitsuhikos und Gentas Miene wurden ein bisschen eisiger, als sie ihre Freundin sich an Conans Schulter ausheulen sahen, doch diesmal sagten sie nichts. Es Ran und Kogoro mitzuteilen, erwies sich als genauso belastend, wenn auch auf vollkommen andere Art und Weise als mit den Kindern. Als Shinichi von Agasas Telefon aus in der Detektei Môri anrief, erwischte er zuerst den berühmten "Meisterdetektiven" höchstpersönlich. Mit verstellter Stimme - er hatte den Kami sei Dank die ebenfalls verstellte Stimme Conans Mutter alias Edogawa Fumiyo abgespeichert - erklärte er dem Mann, dass sich Conans Eltern endlich dazu entschlossen hatten ihren Sohn nach Übersee mitzunehmen. Selbstverständlich würden sich die Edogawas für die entstandenen Mühen und Unkosten erkenntlich zeigen, betonte der Junge, und sogleich trat die erwartete Wirkung ein, wie er amüsiert feststellte: Conans lieber "Onkel" überschlug sich plötzlich mit Freundlichkeit, lobte den "lieben Kleinen" ins Unermeßliche, wie brav er doch gewesen sei und wie gern sie sich doch hatten, wie sie ihn doch vermissen würden und dass es überhaupt keine Mühen gemacht habe, naja, vielleicht doch ein bisschen, aber wenn die gute Frau ja darauf bestehe... Typisch! Wenn's ums Geld ging, war der Detektiv doch sehr berechenbar! Ran kam zu Shinichis Erleichterung nicht ans Telefon, das machte die Sache etwas einfacher, aber früher oder später müsste er ihr schon gegenüberstehen, in seiner wahren Gestalt als Shinichi Kudô, und diesen Moment fürchtete er wie keinen anderen! Als Ran am Abend ihrem Schützling die "Nachricht" mitteilte, dass er den Haushalt der Môris bald verlassen werde, wirkte sie seltsam gefasst. Seit Shinichis verhängnisvollem Anruf war sie tagelang unbeteiligt und sehr reizbar gewesen, doch erstaunlicherweise lud sie den Frust hauptsächlich auf ihren Vater ab. Jedes Mal wenn er eine Bierdose öffnete stand sie bereit ihm eine Standpauke zu halten, bis er schließlich entnervt auswärts essen ging und erst spät - natürlich sturzbesoffenen - nach Hause zurückkam! Sie machte ihm viele Vorwürfe, und nahezu jedes Mal ging es darum, dass er sich nicht wundern brauche, warum er seine Frau aus dem Haus vergrault habe. Conan dagegen ließ sie meistens in Ruhe, was ihn sehr erstaunte, auch wenn sie ihn größtenteils ignorierte. Was der junge Detektiv nicht bemerkte, waren die traurigen und sehnsüchtigen Blicke, mit denen sie ihn bedachte sobald er nicht aufpasste! An diesem Abend teilte sie ihm mit, dass seine Mutter angerufen habe und ihn mit ins Ausland nehmen wolle. Als sie sich zu ihm herunterbückte, um ihm das zu sagen, nahm ihre Stimme einen kindlichen Ton an, wie viele Erwachsene es tun, wenn sie einem Kind etwas erklären. Dabei beobachtete sie ihn allerdings aufmerksam, wie sie es sonst selten tat! "Echt? Wann?" Conan hob in gespielter Überraschung die Augenbrauen. "Heute Nachmittag! Du warst nicht da, Paps hat mit ihr gesprochen. Du sollst morgen früh zu Professor Agasa gehen, dort holen dich deine Eltern dann im Laufe des Tages dann ab!" Hinter ihnen hörte der Junge einen schlecht gelaunten Detektiven beim fernsehen etwas von "unhöfliche Kuh" brummeln. Sorry, aber mir ist nichts Besseres eingefallen, dachte er entschuldigend, er hatte seine richtigen Eltern schließlich noch nicht angerufen und hatte nicht die leiseste Lust, dass sie ausgerechnet jetzt aus Kalifornien kamen, jetzt wo... "Conan? Ich habe dich gefragt, ob du dich schon freust, deine Familie endlich wiederzusehen?" Rans Frage riss ihn aus seinen Gedanken, mit gerötetem Kopf antwortet er schnell: "Äh, sicher! Warum auch nicht?" Das war Ran eine Spur ZU schnell und ZU fröhlich! Mit gerunzelter Stirn blickte sie ihn an, sagte aber nichts, wandte sich schließlich ab, um den Esstisch abzuräumen. Glück gehabt! Am nächsten Tag begleitete Ran Conan zum Professor, der gleich neben dem Anwesen der Kudôs wohnte. Kogoro hatte den Jungen an dem Morgen damit überrascht, dass er extra für seinen nun ehemaligen Mündel früher aufgestanden war, um ihn zu verabschieden. Wobei Shinichi bei den "rührenden" Abschiedsworten sich mit größter Mühe das Lachen verkneifen musste! Sein "Onkelchen" gab ihm allen Ernstes den Ratschlag, sich mal an ihn zu wenden, wenn er den mal "groß" wäre und noch immer Detektiv werden wolle, er könne ja beim berühmten Meisterdetektiven Môri in die Lehre gehen! An der Tür des Hauses Agasas drehte sich Conan noch einmal zögernd um. Er hasste rührende Abschiedsszenen, doch vor allem wusste er nicht, wie er sich nun verhalten sollte! Es war schließlich nicht das letzte Mal, dass er seine Jugendfreundin sehen würde, doch wie würde sie Shinichi Kudô gegenüberstehen, wenn sie schon zu Conan Edogawa so kühl war! Hatte er etwa ungewollt das fröhliche, so sonnige Gemüt zerstört, dass er an ihr so bewundert und, ja, auch geliebt hatte? Die Schuldgefühle, die ihn innerlich zerfraßen, mussten deutlich auf seinem Gesicht zu sehen sein, doch Ran reagierte nicht darauf. Den ganzen Weg lang hatte sie starr geradeaus gesehen, entschlossen, wortlos! Als wäre sie froh, endlich den Jungen loszuwerden, der sie so an ihren abtrünnigen Freund erinnerte, dachte Conan traurig. Auch jetzt blickte sie ihn nur emotionslos an, als er mit leicht gesenktem Kopf ein paar verlegene Abschiedsworte murmelte. Doch als er sich schließlich wieder umdrehen und nach seinem Koffer greifen wollte, ließ sie sich plötzlich auf seine Höhe sinken und umarmte ihn fest, drückte ihn so nah wie möglich an sie, so dass er ihre Brüste an sich gepresst fühlte, wie er in seinem Anflug von Panik bemerkte. Nach einem Moment, der so lang wie die Ewigkeit zu sein schien, flüsterte sie ihm schließlich mit bebender Stimme Worte ins Ohr: "Nun verliere ich also auch dich! Lebewohl..." Sie richtete sich auf, bedachtete den sprachlosen Jungen mit einem letzten traurigen Lächeln, eine Träne hatte sich aus jeweils beiden Augenwinkeln gelöst, und drehte sich um. Mit schnellen Schritten lief sie die Straße hinunter, ohne sich ein einziges Mal umzudrehen, bis sie hinter der nächsten Häuserecke verschwand. Zurück blieb nur ein einsamer kleiner Junge, der sich fragte, ob er seine Freundin nun für immer verloren hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)