Smaragdener Fluch von Nightingale (Schwarze Nemesis I) ================================================================================ Kapitel 9: ----------- Kapitel IX Als er wieder zu sich kam, wurde er gerade von zwei groben Händen unsanft auf den Rücken gefesselt. Mit dünnem biegsamen Draht, wie Kaitô stöhnend bemerkte, als seine Fesseln ihm in die Handgelenke schnitten. "Na, schon wach?" bemerkte eine sehr kalte Stimme hämisch. "Du wirst alt, Wodka!" "Kümmer dich um deinen eigenen Scheiss, Gin!" knurrte eine wesentlich tiefere Stimme zurück. Gin? Wodka? Waren das die Kerle, von denen Shinichi erzählt hatte?! Na, phantastisch, Kaitô Kuroba! Du bist gerade den Killern in die Hände gefallen, die beinahe Kudô auf dem Gewissen hatten! War nicht gerade 'ne Meisterleistung heute, meinst du nicht?! Langsam öffnete er die Augen. Er war immer noch im geheimnisvollen Raum hinter der Panzertür, doch helles Licht blendete ihn. Sie hatten die starken Deckenfluter angemacht, wie er feststellte, als endlich die tanzenden Punkte von seiner Netzhaut verschwanden! Er hatte zwar seine Taschen mit den hilfreichen kleinen Werkzeugen nicht mehr, die lagen mittlerweile weit ausserhalb seiner Reichweite in einer Ecke, und er war mittlerweile auch fertig verschnürt, aber der dunkle Rollkragen verdeckte noch immer sein Gesicht, also durfte in der Tat noch nicht viel Zeit vergangen sein! Als sich sein Blick endlich auf die zwei Kerle vor ihm fokussierten, sahen ihm der gleiche blonde Mann entgegen, der möglicherweise noch hämischer grinste als eben, wenn das überhaupt möglich war, und ein stämmigerer Schlägertyp, ebenfalls vom Schuhwerk bis zum Hut komplett in schwarz gehüllt, entgegen. Der Lange muß Gin sein, und der andere Wodka, vermutete der Dieb anhand der Stimmen. "Respekt, mein Lieber! Wir haben dich ohne Probleme eindringen lassen, um zu sehen, wie weit du kommst, und du hast uns alle erstaunt! Bist'n kleiner Profi, nich' wahr?" höhnte der Blonde. Der Dicke hielt sich mit Worten eher zurück, bemerkte Kaitô. Nicht das ihm diese Information noch viel nützte... "Unser Chef kommt auch gleich, dann wirst du singen, kleines Vögelchen, das versprech' ich dir!" Der Große blickte von ihm auf, und grinste nun einen Punkt hinter ihm an. "Ah, Chef, da sind Sie ja schon! Wir haben das Geschenk noch nicht aufgemacht, wir wollten auf Sie warten!" "Sehr gut!" ließ sich eine dritte Person hinter KID vernehmen. Tief und autoritär, offensichtlich Gehorsam gewohnt! "Ich bin gespannt, wer uns den Kleinen herschickt und was er gesucht hat!" Schon wurde Kaitô von seiner liegenden Position hochgerissen und in eine knieende gebracht, doch in dieser Millisekunde hatte sich schon eine Idee in seinem Kopf gebildet... Seine Mütze und sein Rollkragen wurden nahezu simultan heruntergerissen, und die drei Organisationsmitglieder blickten in ein schmales, leicht ockerfarbenes Gesicht mit tiefschwarzen Mandelaugen! "Bitte nicht, tut mir nichts, ich werde euch alles sagen!" stotterte der Einbrecher mit einem deutlich hörbaren ausländischen Akzent! "Ein Chinese?" wunderte sich der "Chef", ein dicker Geschäftsmann mit sadistischen Zügen, dessen schwarzer Designeranzug sich über den prallen Bauch spannte. "Man hat uns ein schlitzäugiges Balg aus China geschickt?!" "Wer hat dir den Auftrag gegeben, los, wird's bald?" Eine geballte Faust - mit Schlagring, wie er entsetzt feststellte - drohte ihm, nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. "Jaja, bitte nicht hauen, ich sag's ja schon!" Panik verzerrte die Züge des jungen Chinesen, "Es war Terada-san von Yamaguchi Enterprises, der mir den Auftrag gegeben hat ! Bitte verschont mich!" flehte er zitternd. "Terada? Der Aufsichtsratsvorsitzende von Yamaguchi Enterprises? Na das passt doch prima zusammen! Yamaguchi ist doch die Deckfirma des Morigawa-Clans der Yakuza, oder? Die haben wir schon länger auf dem Kieker, das ist doch die Gelegenheit, denen mal zu zeigen, wer in Japan das Sagen hat!!!" Gin konnte seine Vorfreude kaum verbergen, seine Augen glitzerten voller Mordlust! "Ja, du hast Recht! Das wäre eine sehr...günstige Gelegenheit, doch sagt der Kleine die Wahrheit? Was hat der überhaupt hier gesucht?" zögerte der Mafiaboss zweifelnd. Wodka hob wieder seine schwere Faust, doch Kaitô kam ihm zuvor. "Ich sollte eine wertvolle Chemikalie klauen, die hier versteckt sein sollte! Aber mein Chef wusste auch nicht genau, was das für Zeug sein sollte, er wusste nur, dass sie für Sie wertvoll wäre!" winselte der Kleinere wimmernd. "Bitte lasst mich am Leben!" "Schau'n Sie doch mal, Chef, was für 'ne Todesangst der hat! Der kleine Schisser macht sich doch gleich in die Hose! Glauben Sie, dass der in dem Zustand noch lügt? Der macht doch alles, um sein Leben zu retten!" sprach's und zog den Dieb ruckartig an den Haaren hoch, um seinem Vorgesetzten ein angstverzerrtes Gesicht zu präsentieren. Kaitô schrie bei dem plötzlichen Schmerz kurz auf, biß sich aber gleich wieder auf die Lippen. Seine Show hatte er gespielt, er hatte die Situation sogar ausgenutzt, die Tat den mächtigsten Feinden der Organisation unterzujubeln - wer weiß, vielleicht zerfleischten die sich ja sogar noch gegenseitig? - doch für ihn half jetzt nur noch beten. Dass er auch so kläglich versagen musste, so kurz vorm Ziel?! Wie ein blutiger Anfänger... "Ja, du hast wohl recht!" wiederholte der Dicke noch etwas zweifelnd, "Macht ihn kalt!" Die Augen des Diebes weiteten sich vor Entsetzen, als nun auch Wodka vor ihm endgültig sein Pokerface ablegte und mit einem mordlusternen Grinsen seine metallunterstützte Faust zum Schlag ausholte. "Doch nicht hier, Idiot!" fuhr ihn der Geschäftsmann kaltschnäutzig an. "Ich will hier in diesem Gebäude weder Blut, noch eine Leiche sehen! Schafft gefälligst das Balg in den Wald oder auf die Mülldeponie oder sonstwo hier weg!" Diesmal sah Kaitô noch Sterne tanzen und fühlte den metalligen Geschmack von seinem Blut im Mund, als ihn zum zweiten Mal an diesem Tag die Faust traf! Dann umfing ihn wieder Dunkelheit... Als er diesmal wieder blinzelnd die Augen öffnete, sah er nur Schwärze! Panik überkam ihn kurz, bis er langsam seine Umgebung genauer wahrnahm: er befand sich im Kofferraum eines fahrenden Autos! Sein gesamter Körper schmerzte, der Schädel schien nahezu zu explodieren, seine Arme und Beine waren taub von den engen Fesseln und sein Mund blutete noch immer ein bisschen, doch ihm blieb nichts anderes übrig, als alles zu schlucken - man hatte ihn mit starkem Klebeband geknebelt! Er wartete einen Moment, bis er endlich wieder einigermaßen klar denken konnte und zwang sich, die Situation zu analysieren. Die Straße war relativ eben, vielleicht eine Autobahn, doch dafür war die Geschwindigkeit zu gering, außerdem gab es viele Kurven, also doch eher eine Landstraße, vermutlich durch die Berge, wenn man den unregelmäßigen Neigungswinkel beachtete. Verdammt! Anzahl der Möglichkeiten für einen Meisterzauberer und Entfesselungskünstler hier herauszukommen: Momentan keine!!! Wäre dies Teil einer Show gewesen, hätte er lässig seine Ketten abgestreift und wäre vielleicht mit einem fröhlichen "Tadaa!" aus dem Kofferraum herausgesprungen, doch in der Wirklichkeit sah die Sache ganz anders aus. Er hatte weder Ketten oder Handschellen, die man mit einer Nadel öffnen konnte, oder Seilfesseln, wo es reichte, sie zu lockern und einen Finger drunter zu schieben, nein, er hatte festen biegsamen Draht um die Hände, die ihm das Blut abschnürten, die Haut aufrissen und sie vor lauter Taubheit keinen Millimeter rühren ließ! Kaitô seufzte resigniert. Die Lage sah gar nicht gut aus für ihn! Und er hatte Shinichi kein bisschen damit helfen können, er hatte ein völlig sinnloses Opfer gebracht! Der Gedanke brachte ihn beinahe zum Verzweifeln: Er würde Shinichi nie wieder sehen können... Etwas an der Fahrweise hatte sich geändert! Sie fuhren deutlich langsamer und der Weg war holpriger geworden - ein Waldweg? Der Dieb horchte alarmiert in die Dunkelheit hinein. Waren sie am Ende der Reise angelangt? Er hatte völlig sein Zeitgefühl verloren... In der Tat hielten sie nach einer kleinen Weile an. Wenig später wurde der Kofferraumdeckel aufgerissen. Kaitô blinzelte geblendet. Zwar hatte es nur angefangen zu dämmern, doch nach mehreren Stunden der Dunkelheit mussten sich seine Augen wieder an Licht gewöhnen. "Na, gut geschlafen, Prinzesschen?" Gin musterte ihn von oben mit einem eiskalten Lächeln im Gesicht, der dem Dieb eine Gänsehaut bescherte. "Wenn nicht, mach dir keine Sorgen, du hast gleich die Ewigkeit für deinen Schönheitsschlaf!" Sein Lachen schnitt durch die Luft wie Rasierklingen, als Kaitô unsanft aus dem Wagen gerissen und auf den lehmigen Boden geworfen wurde! Er befand sich also tatsächlich in den Wäldern, weit weg von Tôkyô und jeder möglichen Hilfe! "So Schätzchen!" Gin brachte sein Gesicht ganz nah an seines heran, sein gesamtes Blickfeld wurde von mörderisch blitzenden Augen und einem sadistischen Grinsen ausgefüllt, umgeben von silberblondem Haar. "Ich war eigentlich dafür, an dir Chinesenfresse ein Exempel zu statuieren und dich deinem Boss in Scheibchen vorzuwerfen, aber Martini meinte, es wäre sicherer dich in der Wildnis auszusetzen, wo die Tiere deine Gedärme auffressen! Von wegen keine Beweise und der Kram, verstehst du?" Martini? So hieß also der Chef? Wenn die Situation nicht so verzweifelt gewesen wäre, hätte KID am liebsten aufgelacht! Was für blöde Namen die doch alle hatten! Gins Grinsen wurde noch eine Spur breiter, er fuhr fort "Er hat allerdings nicht gesagt, dass wir mit dir nicht unseren Spass haben dürfen! Und wir werden Spass haben, das verspreche ich dir!" Die Vorfreude des Blonden wurde plötzlich durch ein lautes Handybimmeln unterbrochen, sein Lächeln erstarb. "Ja?" brüllte er unfreundlich ins Telefon. Sein Gesichtsausdruck nahm einen erschrockenen Zug an. "Oh, Chef! Tut mir leid, wir waren nur grad dabei, uns 'nen schönen Tod für den Kleinen auszudenken..." Die Antwort war selbst in drei Metern Radius noch zu vernehmen, als Gin der plötzlichen Lautstärke wegen den Hörer von seinem Ohr weghielt: "Macht hin und kommt sofort zurück, hier ist die Kacke am dampfen! Wir haben 'nen Tip gekriegt, die Bullen wollen das Gebäude stürmen, wir müssen sofort alle Beweise wegschaffen, also bewegt eure Ärsche her, sofort!!!" "Aber der Kleine..." protestierte er, verstummte aber sofort wieder. "Ja! Keine Spuren, keine Beweise! Verstanden!" murmelte er nickend in das Gerät hinein. "Und was jetzt?" fragte ihn Wodka, als Gin das Handy wieder in seiner Jackentasche verschwinden ließ. "Was wohl! Wir geben unserem Einbrecher das, wofür er uns freundlicherweise einen Besuch abgestattet hat, und hauen ab!" Das Grinsen des Killers schwoll wieder boshaft an, als Wodka ihm mit einem Ruck das Klebeband von den Lippen riss. Kaitô schrie auf! Die Haut brannte entsetzlich, wo der Knebel geklebt hatte, doch schon wurde ihm eine kleine grüne Kapsel in den Mund geschoben, die gleich darauf mit Wasser aus einem schmalen Gefäß heruntergespült wurde. DAS GIFT!!! Er erhaschte einen Blick auf eine silberne Schatulle, die im Mantel verschwand, dann wurden seine Fesseln gelöst. "Keine Beweise!" erklärte ihm Gin und zuckte lächelnd mit den Schultern. "Mal sehen, ob du sterbend noch etwas mit deiner Freiheit erreichen kannst!" lachte er boshaft und wandte sich dem Gehen zu. Kaitô rieb sich die Gelenke, erst jetzt drang zu ihm die Information durch, dass er gerade Gift geschluckt hatte, dem Tode geweiht war, und das in der tiefsten Wildnis Japans! Ob er noch etwas mit seiner Freiheit anfangen konnte? Na warte, eines konnte er noch machen... Der junge Chinese stürzte sich mit einem Schrei der Verzweiflung auf den blonden Mörder und krallte sich mit aller Kraft an ihm fest, hieb ihm mit den Fäusten auf die Brust, bis er von dessem schwarz gekleideten Kollegen zurückgezerrt und brutal auf den Boden geschmissen wurde. Der Langhaarige lachte wieder wie irre auf, bevor er mit beissendem Spott zu dem Todgeweihten sprach: "Angst vorm Sterben, Kleiner? Genieß die Einsamkeit, denn du wirst ganz alleine sterben!" Und damit stiegen beide in die schwarze Limousine und fuhren mit quietschenden Reifen los. Nun war er tatsächlich alleine... Sein Körper schmerzte noch immer von der brutalen Behandlung, doch jetzt kam ein neues Gefühl dazu, sein Herz fing an zu rasen und er spürte eine unbeschreibliche Hitze in sich aufkommen, schien ihn von innen heraus zu verbrennen, seine Knochen zu sieden... Das letzte, was er hörte, bevor die Dunkelheit ihn erneut umfing, war ein schrecklicher Schrei, der allen Schmerz dieser Welt herauszubrüllen schien, und er kam aus seiner eigenen Kehle! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)