Harry Potter und die Zweite Prophezeiung von Starlight (Das Sechste Jahr) ================================================================================ Kapitel 12: Belagerungszustand ------------------------------ Ciao!!! Ich glaube, ich habe es geschafft, oder? Bin mir des Datums momentan nicht ganz sicher... Zum Glück besitze ich wieder einen Laptop- darum dieses Kapitel hier (hoffentlich) am 28. September. Teilweise ist es nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte, aber wozu gibt es rewrites? Also, enjoy (hopefully)!!! Kapitel 12: Belagerungszustand Harry erwachte am nächsten Morgen im Krankenflügel. Mit einem leisen Stöhnen setzte er sich auf und griff nach der Brille, die er neben seinem Bett auf einem Nachttisch zu erkennen glaubte. Mit geübten Bewegungen setzte er sie auf die Nase und sah sich ein wenig desorientiert um. Warum war er noch einmal hier? Wie eine Flutwelle brachen die Erinnerungen über ihn herein. Hogsmeade an Halloween, die Dementoren, Ron, Hermine und Ginny, die sich gegen die Seelenräuber verteidigten, Neville und Luna an der Barrikade, Zabini und Moon und ein junger Mann- und Voldemort. Dädalus Diggel war so gut wie tot, und bevor er gestern ohnmächtig geworden war hatte er Madam Pomfrey sagen hören, dass sie sich um 'Mr. Weasley' kümmern musste. War Ron etwa-? Hastig warf er die dünne Decke beiseite und stand auf wackligen Beinen. Er musste wissen, was mit seinen Freunden geschehen war. Ron, Ginny, Hermine... Der Krankenflügel war so voll wie Harry ihn noch nie gesehen hatte. Rechts und links neben ihm lagen zwei Siebtklässler in traumlosem Schlaf, einer von ihnen mit einem bandagierten Kopf, der andere mit einem Verband um die linke Hand. Harry schwankte ein wenig- er hatte noch kaum genug Energie, um aufrecht zu stehen geschweige denn zu gehen- aber er riss sich zusammen und stolperte mit einer Hand an den Fußleisten der Betten auf der Suche nach seinen Freunden weiter. Erst drei Betten weiter wurde er fündig- Luna sah ihn aus großen, wachen Augen an und nickte zum Bett neben sich. Dort schlief Neville, wimmerte unruhig im Schlaf. Sein Traumlos-Schlummer-Trank musste seine Wirkung verloren haben. "Guten Morgen, Harry," sagte Luna. Harry blinzelte hinter seinen Brillengläsern hervor, nickte jedoch nicht wie sonst zum Gruße. Er wusste, wenn er das täte würden die Schmerzen, die hinter seinen Schläfen lauerten, mit voller Kraft in seinem Kopf explodieren und er wollte das nicht riskieren. Zumindest nicht, bis er nicht seine restlichen Freunde gefunden hatte. "Guten Morgen, Luna," sagte er darum nur mit heiserer Stimme. "Neville liegt mir gegenüber," meinte Luna mit einer kleinen, ziellosen Handbewegung auf der weißen Decke über ihrem Schoß, "er ist nicht wirklich verletzt gewesen, nur erschöpft und der Kratzer auf der Stirn. Mir geht es auch gut." Harry fragte nicht, woher sie wusste, dass er das hatte fragen wollen. Luna war manchmal zu aufmerksam. Wahrscheinlich sah sie deswegen Dinge, die niemand sonst sehen konnte. "Danke, Luna," sagte er. "Und dir geht es auch gut?" Luna nickte. "Neville und die Sylphen haben mich beschützt. Einer der Todesser von gestern hat den Todesfluch auf mich abbgefeuert, aber die Luftgeister haben mich umgestoßen und er hat nur die Barrikade getroffen." Harrys Schuldgefühle wuchsen. "Luna, es tut mir Leid. Wenn du nicht..." Das Ravenclaw-Mädchen schnitt ihm das Wort ab. "Ich wollte der DA beitreten. Wenn ich es nicht getan hätte wäre mir niemand zu Hilfe gekommen und die Barrikaden hätten nicht standgehalten." Sie schloß ihre Augen. "Und wenn ich es nicht getan hätte dann wären meine Träume sehr viel furchterregender." Harry konnte sich zwar nicht vorstellen, wie das sein konnte- auch Luna musste schließlich Erinnerungen an das Ministerium und an die Schlacht gestern haben, aber er akzeptierte ihre Erklärung. "Weißt du wo Ron, Hermine und Ginny sind?" fragte er. Luna schüttelte den Kopf. "Ich habe sie nicht hier im großen Zimmer gesehen. Aber Madam Pomfrey hat die schwerer Verletzten in die Einzelzimmer hinten im Krankenflügel gelegt. Sie brauchen Ruhe." Furcht, beinahe Panik, machte es sich in Harrys bleischwerem Magen bequem. "Die... schwerer Verletzten?" fragte er. Aber Luna antwortete nicht mehr. Ihre Hand zog abwesende Kreise auf ihrer Bettdecke, folgte dem Muster des Lichtes, das durch die Fenster heinfiel während sie ein leises, melancholisch und fremdartig anmutendes Lied summte. Stolpernd und tastend fand Harry seinen Weg durch den Krankenflügel. Fast in jedem Bett lag ein schlummernder Schüler, von winzig und unschuldig aussehenden Drittklässlern bis zu den besorgt-schmerzverzerrten Gesichtern der Siebtklässler. Mehr Mitglieder der DA als es Harry lieb war befanden sich unter den Opfern- Dean Thomas' Bein war in einen weißen Schlauch gehüllt der wie ein beweglicher Gips wirkte. Zacharias Smith hatte orangefarbene Verbrennungssalbe über der ganzen rechten Hälfte seines Gesichtes und auf dem rechten Arm. Terry Boot lag bleich und schwach im Bett neben Eloise Midgen, deren Haare nur schlecht den Verband um ihren Kopf verdeckten. So viele, die er nicht hatte beschützen können, die seinetwegen jetzt leiden mussten. Und Voldemort war wieder entkommen und hatte mitgenommen, was er wollte. Dieser junge, dunkelhaarige Mann musste ein wichtiges Geheimnis hüten wenn der mächtige Schwarzmagier ihn unter Dumbledores Nase entführte und dafür sogar eine Chance, Harry zu töten verstreichen ließ. Denn genau das hatte er getan, als er seinen Todessern befohlen hatte, den Portschlüssel zu nehmen. Alleine gegen vier hätte Harry nie eine Chance gehabbt, und selbst wenn Zabini und Moon ihm geholfen hätten- die beiden waren noch nicht sehr lange in der DA und hatten keine Erfahrungen im Duell mit Todessern. >Ihre Eltern sind auch keine, wie sollten sie also Erfahrungen sammeln?< fragte Harry sich selbst. >Sie sind nicht alle auf der Abschussliste eines Verrückten,< meldete sich dann seine sarkastische innere Stimme zu Wort und er ließ ein kurzes, humorloses Lachen ertönen. Wie sollten sie? Ganz einfach, indem sie sich Harry Potter anschlossen. Schon wenige Wochen später fanden sie sich gegenüber Lord Voldemort selbst. Er war wirklich ein Unglücksmagnet! Die Türen zu den Einzelzimmern waren geschlossen, aber nicht verschlossen. Vorsichtig öffnete Harry diejenige, die sich am nächsten zur rechten Wand hin gelegen fand. Nichts. Das Zimmer war leer, ein frisch gemachtes Bett wartete auf einen Patienten. Er atmete erleichtert auf. Nicht so viele Schwerverletzte- das war gut! Eine Hand an der Wand um sich aufrecht zu halten tapste Harry zur nächsten Tür. Leise knarrend schwang sie auf. Rons rotes Haar bildete einen scharfen Kontrast zu den sterilen Decken, die seinen Körper bedeckten. Harrys Kehle schnürte sich zu, er lag so reglos da- aber eine leise Bewegung der Decke über der Brust seines besten Freundes sandte eine solche Welle der Erleichterung durch ihn, dass seine Knie nachgaben. Ron war am Leben. Er war verletzt, aber er lebte. "Hallo, Kumpel," wisperte Harry, der noch immer in der Tür kniete und sich nur langsam wieder auf die Beine zog. "Ich habe dich wieder einmal in ein Schlamassel hineingeritten!" Ron antwortete nicht- natürlich nicht, Madam Pomfrey hielt ihn wahrscheinlich mit dem Traumlos-Schlummer-Trunk in einem Koma, aber Harry fühlte sich schon besser. "Es tut mir leid, Ron," sagte er. Rons Hand zuckte leicht zusammen, als wollte er Harry sagen, dass dieser nicht schuld war an dem, was mit ihm geschehen war. "Ich suche noch Hermine und Ginny, und dann frage ich Dumbledore, was mit euch passiert ist. Komm du nur wieder zurück, Kumpel!" Rons Finger bewegten sich wieder. Mit einem leisen Seufzer schloss Harry seine Tür und suchte weiter nach den beiden Mädchen. Hermines buschiger brauner Haarschopf zitterte im Rhythmus ihres tiefen, gleichmäßigen Atems. Sie war genauso bleich wie Ron, hatte aber einen Verband um die Augen und wirkte noch angespannter als sein bester Freund. Selbst der Traumlos-Schlummer-Trank konnte die Sorgenfalten nicht von ihrer Stirn wischen. Sie zitterte als läge die Temperatur im Krankenflügel weit unter dem für Menschen angenehmen Maß- eine Nebenwirkung eines langen und engen Kontaktes mit Dementoren, wie Harry nur zu gut aus eigener Erfahrung wusste. "Ron... nicht," murmelte sie fast unhörbar leise. "Nicht rausgehen, da sind noch mehr von ihnen. Warte auf... warte..." Harry ergriff ihre linke Hand, die vom Bett gefallen war und schlaff an ihrer Seite herunterhind. Sanft legte er sie zurück auf ihre Brust. "Nicht gehen, Harry... wir kommen... und..." Hermine warf den Kopf hin und her, gefangen in einer Mischung aus schrecklichen Erinnerungen, die keine Siebzehnjährige gesehen haben sollte und Alpträumen, denen sie nicht entkommen konnte. "Ich bin da, Hermine. Alles ist gut. Ihr seid in Sicherheit, ihr alle. Es tut mir leid, dass ich nicht für euch da war, glaub mir, es tut mir leid. Ich hätte euch nicht alleine lassen dürfen. Ihr..." Harry brach ab. Der Klang seiner Stimme beruhigte Hermine wieder, sie entspannte sich ein wenig, ihre Stirn über dem Verband glättete sich. "Harry ist da, Ron. Kannst du mir sagen, was du siehst?" Harry strich ihr über die Hände. "Ist nicht wichtig, 'Mine. Der Kampf ist vorbei, jetzt ruh dich aus, in Ordnung?" Sie antwortete nicht, aber ihre Atemzüge vertieften sich und ihre Unruhe verschwand. "Ich meine es Ernst, 'Mine- es tut mir leid, dass ich nicht bei euch geblieben bin. Ich habe nichts ausrichten können, gar nichts. Voldemort hat was er wollte und ihr... es ist alles meine Schuld." Harry fühlte, wie wieder einmal etwas in ihm zerbrach, etwas, das eigentlich schon nach dem Kampf im Ministerium in Trümmern gelegen haben sollte und sich nur langsam im Lauf der Wochen und Monate halbwegs zusammengefügt hatte. Jetzt war es unwiderruflich dahin. Er wusste nicht, was es war oder wie er es nennen sollte, aber er fühlte, dass er etwas verloren hatte von dem er nicht gewusst hatte, dass er es besaß- Unschuld. Unschuldige Illusionen. "Ich sehe noch nach Ginny," sagte er und kämpfte gegen das Schwindelgefühl an, das ihn zu übermannen drohte. Er fühlte sich schwach und leer, als fehlte ihm ein Teil seiner Selbst. Ginnys Zimmer war lebendiger als Rons und Hermines, aber das machte es nur noch furchteinflößender. Kleine magische Geräte, nicht unähnlich manchen der spinnenbeinigen Apparate in Dumbledores Büro umkreisten Ginnys Bett. Die einzige Weasley-Tochter war nur mit einer leichten Decke zugedeckt. Ihr Gesicht war makellos, nicht ein Bluterguß zierte ihre blasse Haut. Aber ihre Arme lagen unnatürlich steif an ihrer Seite und ihr Atem ging so flach dass Harry klar wurde dass sie nicht selbst atmete sondern von einer dieser Maschinen dabei unterstützt wurde. "Hi, Ginny." Seine Kehle war zugeschnürt. Das war... das war das fröhliche, lebendige Mädchen das die Konkurrenz im Quidditch ausgestochen hatte? Das war die schlaue Planerin, die Slytherin in eine Kolonie menschlicher Spinnen verwandelt hatte? "Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Egal was ich sage oder tue, es sind immer die anderen, die den Preis für meine Handlungen zahlen. Ich weiß auch nicht, warum, aber meine Freunde sind immer die, die verletzt werden nur damit ich noch einen Tag leben kann. Ich... ich schätze, ich muss mich entschuldigen weil ich gegangen bin. Und... und ich hoffe, dass du wieder gesund wirst. Ron und 'Mine natürlich auch. Und..." "Mr. Potter! Was machen Sie denn hier? Sie sollten doch noch schlafen und auf keinen Fall aufstehen! Wissen Sie denn nicht, wie nahe Sie der vollkommenen magischen Erschöpfung waren? Ihren Freunden helfen Sie nicht, indem Sie hier im Krankenflügel herumspazieren, also Marsch zurück ins Bett! Der Schulleiter möchte heute noch mit Ihnen sprechen, aber wenn Sie weiter so machen dann muss ich das verbieten! Sie sollten es wirklich besser wissen, so oft wie Sie hier sind!" Poppy Pomfrey schubste Harry sanft aber mit Nachdruck aus Ginnys Zimmer hinaus und auf sein eigenes Bett. Luna blickte ihm mit einem unergründlichen Lächeln auf dem Gesicht entgegen, aber er konnte nur hilflos die Schultern zucken während die energische Krankenschwester ihn wieder unter die Decken stopfte. "Wann kann ich hier heraus?" fragte Harry. Luna nickte zustimmend, seine Frage auch in ihren Augen. "Würde ich auch gerne wissen," meinte sie. "Ich verliere noch meinen Verstand mit euch Kindern!" Madam Pomfrey warf entnervt die Hände in die Luft. "Wenn ich über ihn stolpere gebe ich ihn Ihnen zurück," sagte Luna. "Sie, Miss Lovegood, können morgen früh gehen wenn sich Ihre Magie zufriedenstellend erholt hat. Ihre Verletzungen heilen schnell, nur Ihre magische Erschöpfung hält Sie noch hier. Sie, Mr. Potter, bleiben noch mindestens bis übermorgen. Sie waren zu dicht an der Grenze zur vollkommenen magischen Erschöpfung, es wird dauern, bis sich Ihre Reserven erholen. Professor Snape war zum Glück vorausschauend genug, mir dieses Jahr einen besonders großen Vorrat an energiespendenden Zaubertränken zur Verfügung zu stellen, ansonsten müsste ich Sie für ein paar Wochen hier behalten." Madam Pomfreys dunkle Augen enthielten ein besorgniserregendes Glitzern in ihren Tiefen. "Oh, und Miss Lovegood- Sie können mir helfen, meine Unterlagen auf den neuesten Stand zu bringen. Ein wenig Büroarbeit könnte Ihrem überaktiven Gehirn ganz gut tun!" "Also gut," sagte Luna. Sie wirkte kaum berührt von der Strafarbeit, die ihr die Schulkrankenschwester soeben auferlegt hatte. Mit Gelassenheit folgte sie Madam Pomfrey mit ihren Blicken bis diese in Hermines Zimmer verschwunden war. "Hey, Luna- was meinte Madam Pomfrey denn mit 'überaktivem Gehirn'?" fragte Harry. Er konnte sie zwar nicht sehen, aber solange er halblaut in ihre Richtung zischte konnten sie sich unterhalten. "Oh, es ist nur eine Gabe der Lovegoods, die in mir zum Leben erwacht ist. Wir nutzen Teile unseres Gehirns, die Zauberer sonst nicht in Anspruch nehmen. Manchmal..." Sie brach ab. "Manchmal überwältigt es dich und du weißt nicht mehr, was wirklich und was Phantasie ist?" Harry war sich zwar nicht sicher, aber er glaubte, dass Luna etwas in dieser Richtung hatte sagen wollen. Er selbst kannte dieses Gefühl- wenn er, als er noch klein war, nach Tagen wieder aus seinem Schrank unter der Treppe hatte herauskriechen dürfen konnte er sich manchmal nicht mehr daran erinnern, ob seine Vorstellungen von den Menschen, mit denen er in seiner Phantasie gesprochen hatte, nicht doch real gewesen waren. Manchmal hatte er Wochen später etwas aus einem seiner Träume erwähnt als sei es wirklich gewesen und hatte damit seine Lehrer und Mitschüler überrumpelt. Natürlich hatte er dadurch nicht gerade Freunde gewonnen. "So ähnlich," sagte Luna. Sie wollte nicht weiter über ihre Seltsamkeit sprechen. Harry respektierte dies. Schließlich hatte auch er keine Lust, über die Dursleys und ihre Vorurteile gegen Zauberer zu sprechen, die in ihm die Vorstellung geweckt hatten, sein Name sei entweder 'Junge' oder 'Freak'- er hatte an seinem ersten Schultag im Muggel-Kindergarten nicht einmal geantwortet, als die Erzieherin seinen Namen aufgerufen hatte. Es war das erste Mal gewesen, dass er seinen Vor- und Nachnamen gehört hatte. "Luna, was ich noch fragen wollte- was ist eigentlich geschehen, hinten bei Zonkos? Wie habt ihr so schnell die Barrikade bauen können? Und was war, nachdem ich... hinter Voldemort her bin?" Harry lehnte sich auf einem seiner Ellenbogen so weit wie möglich zur Seite, konnte aber dennoch keinen Blick auf die Fünftklässlerin erhaschen. "Neville und ich waren im Eulenpostamt und haben vom Anfang des Kampfes gar nicht so viel mitbekommen. Erst als dann die ersten Crucios geflogen sind wussten wir, dass etwas nicht stimmt. Bis dahin hatten die Leute aus Hogsmeade schon einen kleinen Schutz aus Trümmerteilen und alten Möbeln gebaut, hinter dem wir uns verstecken konnten. Die Todesser haben uns zuerst in Ruhe gelassen und sich darauf konzentriert, das Postamt und Zonkos, wohin die meisten Leute sich geflüchtet haben, zu zerstören. Wir haben die Trümmer alle gemeinsam in eine Barrikade levitiert, damit sie nicht noch weiter in die Stadt hineinkommen können. Neville wurde ein paar Mal getroffen- ich habe ihn wiederbelebt, nachdem ihn ein Stupor erwischt hatte- und dann war es einfach nur wir gegen die. "Du-weißt-schon-wer ist erst später aufgetaucht. Er hatte einen komischen grauen Schildzauber um sich herum und ist einfach durch seine Truppen und unser Feuer durchgegangen. Als drei von den Leuten aus Hogsmeade versucht haben, ihn aufzuhalten hat er sie alle mit Avada Kedavra belegt und ist weitergegangen... einfach so weitergegangen..." Lunas Stimme brach. Auch bei ihr saß der Schock tief. Dass Hogsmeade nicht völlig zerstört war war dem Einsatz der Schüler zu verdanken, aber es hatte den Jugendlichen einen großen Teil dessen genommen, was ihre Jugend ausmachte: ihre Unbekümmerheit, die Sicherheit, dass sie unverwundbar waren. Und einen Teil ihrer Unschuld, den sie noch nicht vermissen konnten, der aber fehlte. "Ich weiß," meinte Harry. "Als du dann fort warst- wir haben die Todesser mit dem Gruppenschildzauber verwirrt. Sie wussten nicht, wie sie damit umgehen sollten- wo hast du ihn eigentlich gefunden? Keiner der Erwachsenen kannte ihn!- und haben deswegen... haben deswegen eine Art Bombe gezündet. Es muss ein dunkles Artefakt gewesen sein, das sie bei sich gehabt haben und das dann durch ihre Zauber aktiviert wurde. Jedenfalls ist es in Schwarzer Magie explodiert, hat die Hälfte von uns ausgeknockt und die andere Hälfte gegen die Häuser geschleudert. Unsere Barrikade war Staub, und wir mussten so gegen die Todesser kämpfen. Die Duelle waren... interessant." Ihre Stimme nahm wieder diesen abwesend-schwebenden Ton an, mit dem sie sich vor den Schrecken dessen, was sie gesehen und getan hatte schützte. "Neville und ich haben Rücken an Rücken gestanden, ich weiß nicht wie lange. Aber wir haben keine Nachtschattenkäuze gesehen, obwohl alle Eulen zurückgekommen sind nachdem Dumbledore und sein Orden aufgetaucht sind." Harry nickte. "Danke." Er wusste, wie schwer es für Luna gewesen sein musste, noch einmal die Attacke auf Hogsmeade zu durchleben. "Du hast ihn wieder getroffen, oder?" fragte sie leise. "Ich meine Du-weißt... V...Vol...Voldemort." "Ja," sagte Harry. Seine Narbe stach. Voldemort schien zu wissen, wann jemand in Harrys Gegenwart seinen Namen aussprach. "Und er..." Luna verlor sich. "Er hat auch keine Nachtschattenkäuze gesehen, oder?" "Nein. Aber er hat gefunden, was er gesucht hat. Einen jungen Mann namens Santorin Custo," sagte Harry und spürte wieder den bitteren Geschmack des Versagens auf der Zunge. "Custo, Wächter des Reichs unter den Hügeln, Beschützer der Wunder des Grünen Hügels, Hüter der Feenquelle... komm, lad mich in dein Reich, heiß mich willkommen im Reich unter den Hügeln, lass mich tanzen zu deiner Musik und gib mir in hundert Jahren die Freiheit zurück," sang Luna. Harry stutzte. "Was ist das für ein Lied?" fragte er. Luna lachte leise. "Es gibt ein altes Zauberer-Kinderlied, das von den Feiern im Reich unter den Hügeln handelt. Das war ein Teil davon. Die Muggel glauben tatsächlich, dass in einer Nacht dort hundert Jahre vergehen, nur weil ein Enkel eines Custo seinem Großvater wie ein Zwilling geglichen hat. Die Custos sind eine der ältesten und angesehensten Familien der Zauberwelt. Ihr Haus und ihre Feiern sind Legende- darum auch das Lied. Komm lass mich tanzen zu deiner Musik und gib mir in hundert Jahren die Freiheit zurück, sing mit den Feen das alte Lied, zeig mir wie ich werd zu meines Glückes Schmied, sag mir wo ich deine Quelle finde, dass ich die Stärke auf ewig binde, lad mich zu dir in dein grünes Reich, schick mir nur Wort und ich folge sogleich..." Lunas sanfte Stimme verklang mit der letzten Silbe des Liedes. Harry starrte zur Decke hinauf. Er erinnerte sich an den Traum, den er vor kurzem gehabt hatte, in dem Voldemort nach der Quelle der Stärke im Reich unter den Hügeln gesucht hatte. Wenn dieses Reich nun wirklich existierte und die Custos die Hüter der Quelle waren... dann hatte Voldemort mit seiner Attacke mehr Macht gewonnen, als Harry ursprünglich angenommen hatte. >Wenn Voldemort Santorin Custo hat... und Rhodosius Custo der Mann aus meiner Vision ist... dann ist Santorin wahrscheinlich Rhodosius' Sohn und Voldemort benutzt ihn, um das Reich unter den Hügeln zu finden. Wenn Rhodosius seinen Sohn nicht verlieren will muss er Voldemort Eintritt gewähren... und wenn er das tut, und Voldemort die Quelle benutzt dann... dann ist das, was er jetzt ist nur ein Schatten gegen das, was er sein wird. Und ich... ich habe keine Chance mehr, ihm ebenbürtig zu sein.< Harrys Fäuste krallten sich fest in das rauhe Leinengewebe der Decken seines Bettes. >Und dann sind alle, die ich gerne habe so gut wie tot.< Seine Augen brannten, und er presste die Lider fest zu damit keine Flüssigkeit aus ihren Winkeln entkommen konnte. Dies war die grausame Wirklichkeit des Krieges. Dies war die Hilflosigkeit, die Mrs. Weasley spürte, wenn sie sich vor Augen führte, dass vier ihrer Kinder an Dumbledores Seite im Orden des Phoenix kämpften. Dies war die Endgültigkeit einer falschen Entscheidung. Und dies war die Alptraumwelt, in der sie alle versinken würden. Hoffnungslos, düster, gezeichnet von Terror und Gewalt. Dies war Voldemorts Traum, Dumbledores größte Furcht. Harry schluckte. Der alte Zauberer hatte schon so viele Kriege in seinem Leben gesehen, doch selbst er sprach mit größerer Furcht von Voldemorts erstem Aufstieg zur Macht als von seinem eigenen Kampf gegen Grindelwald. Vielleicht, weil er hilflos gewesen war, weil er keine Chance gehabt hatte, seinen ehemaligen Schüler aufzuhalten. Vielleicht aber auch, weil er nicht selbst an vorderster Front stehen konnte sondern Menschen, die er liebte in die Schlacht schicken musste. Wenn er daran dachte, dass er als Anführer der DA vielleicht eines Tages deren Mitglieder darum bitten musste, sehenden Auges in einen Kampf wie den heutigen zu ziehen, aus dem sie nicht alle wieder zurückkehren konnten füllte sich sein Mund mit bitterer Galle. Harrys Hände ließen die Bettdecke los. Unschuldig, mit abgebrochenen Nägeln und gezeichnet mit Schmutz und blauen Flecken lagen sie da. Die Hände eines Menschen. Die Hände eines Zauberers. Von ihrem Anblick alleine konnte man keine Rückschlüsse darauf ziehen, welche Macht sie zu beherrschen imstande waren. Die Zaubersprüche, die die Schüler in Hogwarts lernten würden ihnen ermöglichen, Blitze zu rufen, Regen zu machen, zu fliegen... ja sogar den alten Traum des Verwandelns von Blei in Gold hatte die Zauberwelt erfüllt; auch wenn der Stein der Weisen nun zerstört war konnte niemand leugnen, dass er existiert hatte. Wurde diese Macht zum bösen gebraucht konnte sie die Welt zerstören. Es war ein erschreckendes Gefühl, das Bewusstsein, dass er die Erde in eine leere Wüste der Grausamkeit verwandeln konnte wenn er diesen Weg wählte. Wenn er wurde, was Voldemort geworden war. Dumbledore befürchtete, in ihm einen zweiten Tom Riddle in den Händen zu haben. Die Gemeinsamkeiten zwischen ihnen waren nicht zu übersehen. Aber der Schrecken, die Urangst, die er angesichts des Pfades der Dunkelheit empfand gaben Harry die Sicherheit, dass der alte Mann diesen einen fundamentalen Unterschied zwischen ihnen nicht gesehen hatte: er, Harry, hatte etwas mehr als ein Jahr lang die Liebe einer Mutter und eines Vaters genossen. Tom Riddle war dieses Privileg nie gegeben worden. Diese Liebe war mächtig genug, dass sie auch noch anderthalb Jahrzehnte später nachwirkte und ihrem Empfänger ein Trost und eine Wärme war. Was auch geschah, Harry konnte sie nicht verlieren. Und diese Sicherheit machte es ihm leichter, seine Bürde zu tragen. Er konnte sich noch immer nicht damit abfinden, dass andere seintwegen verletzt wurden, aber er konnte sich sicher sein, dass diese Liebe seine Entscheidungen mittragen würde. Neue Zuversicht überflutete Harrys erschöpftes Denken. Ron, Hermine und Ginny waren am Leben, Madam Pomfrey war eine exzellente Heilerin und sicher würde bald alles so sein wie früher, nur mit dem einen Unterschied, dass der Krieg nun wirklich begonnen hatte. Der Schlag gegen Hogsmeade war ein Schlag ins Herz der Zauberwelt selbst. Voldemort hatte allen klar gemacht, dass man nirgends mehr vor ihm sicher sein konnte. Wenn er so dicht unter den Türmen von Hogwarts, unter den Augen des einzigen Zauberers, den er je gefürchtet hatte, zuschlug dann gab es wohl keinen Ort auf Erden mehr, den er nicht in seinem Griff halten konnte. Nun, zumindest keinen außer der Schule selbst. "Das ist es, was er uns alle glauben machen will, Harry," sagte Dumbledores Stimme von der Tür zum Krankenflügel aus. Harrys Angewohnheit, laut zu denken hatte sich wieder einmal bemerkbar gemacht, sonst hätte der Schulleiter ihm wohl kaum die Antwort auf eine nur in seinen Gedanken implizierte Frage geben können. "Wir können nur versuchen zu beweisen, dass dem nicht so ist." "Wo sind wir denn noch sicher, Professor? Er hat den Sohn des Wächters der Quelle und wird bald mächtiger sein als je zuvor! Aber... vergessen Sie das erst einmal. Wie geht es Ginny? Und Ron und Hermine? Und was ist im Tropfenden Kessel geschehen, dass sie so schwer verletzt wurden?" Über Dumbledores Gesicht huschte ein dunkler Schatten, der die tiefen Furchen um Augen und Mund noch verstärkte. "Als das Ministerium endlich auf unsere Rufe reagiert hat war schon fast alles vorbei. Ich habe vom Orden geschickt, wer erreichbar war, aber die meisten Mitglieder hatten schon eine Mission und waren nicht schnell genug in Hogsmeade. Langstrecken-Apparation ist keine Fähigkeit, die jeder Zauberer hat, Portschlüssel hätten wir illegal herstellen müssen und so, wie sich das Ministerium noch gegen direkte Aktionen wehrt konnte... nun, wir kamen einfach in zu geringer Zahl und zu spät. "Deine Freunde haben es geschafft, die Dementoren mit Hilfe einiger erwachsener, voll ausgebildeter Zauberer und einer Schürze voll Schokolade, die eine Verkäuferin vom Honigtopf glücklicherweise umgebunden gehabt hatte bevor sie in die Drei Besen geflohen ist so lange aufzuhalten, bis Tom sie zurückgerufen hat. Mr. Ron Weasley kam einem von ihnen zu nahe und ist nur knapp mit seiner Seele davongekommen. Zumindest hat die Schulsprecherin Cho Chang, die auf deine Anweisung, Harry, hin bei den Leuten im Gasthaus geblieben ist, berichtet. "Miss Weasley und Miss Granger haben nicht bis zum Eintreffen der Auroren und der Phoenixagenten gewartet sondern haben den jungen Mr. Weasley in die Obhut der Schulsprecherin gegeben und sind in Begleitung einiger Erwachsener aus den Drei Besen hinter den Dementoren her durch die Stadt gejagt. Sie wurden angeblich- ich habe leider noch keinen Zeugen, der noch bei Bewusstsein war als sie gefunden wurden- von einer Gruppe Todesser unter Führung von Rabastan Lestrange in ein Scharmützel verwickelt. Miss Granger wurde von einem Blendfluch getroffen, der zu den Dunkelsten Künsten zählt, war zu lange in unmittelbarer Nähe der Dementoren und hat daher hohes Fieber und andere Abstoßungsreaktionen gegen deren Dunkelheit, und sie leidet wie fast alle Schüler hier unter magischer Erschöpfung. Sie wird von deinen Freunden wohl am Schnellsten wieder auf den Beinen sein." Dumbledore hielt inne und blickte nachdenklich über den Rand seiner Brille hinweg auf seinen Schützling- er musste es zugeben, Harry war inzwischen mehr als nur sein Schüler- der sich schwer atmend und mit so herzzerreißender Schuld auf dem Gesicht an seine Decken klammerte. "Was ist mit Ginny?" fragte er heiser. Der Schulleiter senkte die Augen. "Miss Weasley wurde das Opfer einer außerordentlichen Kombination von Flüchen. Selbst Madam Pomfrey weiß noch nicht, welche genau es waren. Sie... Harry, du darfst dir keine Vorwürfe machen. Ich werde nicht weiter berichten wenn du..." "Professor, ich muss es wissen," fuhr Harry dazwischen, der Schmerz in seinen Augen nur noch von seiner Entschlossenheit überstrahlt. "Ich weiß inzwischen, dass ich nicht verhindern kann, dass meine Freunde in diesen Krieg hineingezogen und dabei verletzt werden. Ich kann nicht anders, als das einzusehen, denn sie würden niemals zulassen, dass ich sie zurücklasse. Sie sind meine... meine Freunde, und ich muss ihnen vertrauen. Aber... ich kann wenigstens die Erinnerung an das bewahren, was geschehen ist. Etwas anderes bleibt nicht, oder, Professor?" Sein Blick, zu alt für seine Jahre und zu müde für seine sonst so entschlossene Art stachen Dumbledore tief ins Herz. "Du hast Recht, Harry. Etwas anderes bleibt uns nicht. Ich erinnere mich... Nun denn, Miss Weasley. Sie wird sich wohl auch wieder erholen, aber ihre Inneren Organe wurden schwer von den Flüchen beschädigt, und es muss wohl auch ein Blutfieber-Fluch unter ihnen gewesen sein, denn als sie gefunden wurde war die Temperatur ihres Blutes schon stark angestiegen. Zusammen mit dem Effekt der Dementoren, magischer Erschöpfung und einem starken Blutverlust aus einer Wunde in der Seite ergab das keine guten Überlebenschancen. Allerdings haben die drei alleine wohl fünf Todesser betäubt und gefesselt, die jetzt in einer Zelle von den Auroren bewacht und verhört werden." Harry nickte. "Ron, Hermine und Ginny sind sehr gute Duellanten," sagte er, aber seine Stimme klang hohl. "Professor- ich... Voldemort hat dieses Mal bekommen, was er wollte. Santorin Custo." "Ja. Den Sohn des Quellenwächters, wie du schon gesagt hattest." "Dann... dann dauert es bestimmt nur noch ein paar Tage, bis ihn niemand mehr aufhalten kann, oder, Professor? Es gibt niemanden, der die übermenschliche Kraft der Quelle der Stärke besitzen kann ohne in ihr gebadet zu haben, und der Wächter wird seinen Sohn nicht einfach so aufgeben." Harry versuchte, sachlich zu bleiben, aber die alte Verzweiflung stahl seinem Mut das Feuer, das doch eben erst wieder entfacht worden war. "Unterschätze Rhodosius Custo nicht, Harry. Er war ein Slytherin, und er wird verhandeln. Wir haben also mindestens noch ein paar Wochen. Dazu denke ich, dass die Quelle der Stärke nicht alles ist, was Voldemort sucht- habe ich Recht?" Dummbledores scharfer Blick fing sich an seiner Nasenspitze. Harry nickte. "Da ist noch der Talisman des... ich habe es vergessen, Professor. Aber er weiß nicht, wo er ist. Niemand weiß, wo er ist, weil ihn die Muggel haben." "Ah, das ist mir neu," sagte Dumbledore, "hattest du wieder eine Vision?" Harry nickte schuldbewusst. "Am Tag, als die Kobolde hier waren. Ich hatte sie vergessen." "Du hast dich noch erinnert, das reicht aus," meinte Dumbledore freundlich. "Tom strebt also nach einem Talisman und der Quelle..." er murmelte etwas in seinen Bart und stand auf, wobei er sich schwer auf den Rahmen von Harrys Bett stützen musste. "Ruh dich aus, Harry. Wir können später weiter sprechen. Jetzt muss auch ich erst einmal ruhen, heute wird Voldemort erst einmal die Früchte seines Sieges auskosten. Wir haben nichts von ihm zu befürchten." Doch sein Blick fiel auf die blitzförmige Narbe, von der Harry wusste, dass sie zu pochen und zu stechen beginnen würde sobald der Dunkle Lord seinen Gefühlen freien Lauf ließ. "Danke, Professor," sagte Harry, "danke, dass sie mir nicht verschwiegen haben, was mit meinen Freunden geschehen ist." "Keine Ursache, Harry- du hättest es ohnehin herausgefunden. Nun ruh dich noch aus. Poppy bringt dir einen Schlaftrank." Harry nickte. Er fühlte sich schon wieder erschöpft, wahrscheinlich eine Nebenerscheinung der magischen Erschöpfung. Madam Pomfrey kam mit einem Gesicht wie ein kaum gezähmter Hausdrache aus ihrem Büro und hielt Harry wortlos ein übelriechendes Gebräu unter die Nase, das nur der Zaubertränkemeister von Hogwarts selbst gebraut haben konnte. Niemand sonst schaffte es, einen simplen Schlaftrunk in ein toxisch riechendes und schmeckendes Gebräu von unübertroffener Wirksamkeit zu verändern. "Trinken, Pott-... Harry," sagte die Schulkrankenschwester in einem sanften Ton, der die Sturmwolken über ihren Brauen Lügen strafte. "Es ist kein Traumlos-Schlummer-Trank, da du dein Quantum für diesen Monat schon erschöpft hast und ich genug zu tun habe ohne dass ich einen Trankabhängigen in meiner Krankenstation pflegen muss, aber Professor Snape hat eine stärkere Version des einfachen Schlaftrankes gebraut." Sie schien sich fast dafür entschuldigen zu wollen, dass sie Harry die Alpträume nicht ersparen konnte, die Hogsmeade in ihm hervorrufen würde. "Danke, Madam Pomfrey," sagte er und stürzte den dampfenden Inhalt des Bechers in einem Zug hinunter. Keine zwei Minuten später stattete er Morpheus' Reich einen Besuch ab. Madam Pomfreys Zaubertränke und -sprüche brachten Harry scheinbar im Nu wieder auf die Beine. Kaum zwei Tage nach den verheerenden Angriffen auf das kleine Zaubererdorf unterhalb der Schule wurde er aus dem Krankenflügel entlassen. Hermine hatte das Bewusstsein schon am Tag zuvor wiedererlangt und war nun auf dem Weg der Besserung, genau wie Ron. Neville und Luna hatten sich noch vor Harry wieder vollkommen erholt und waren die Ersten, die der Schule vom Geschehen in Hogsmeade Bericht erstatteten. Das Halloween-Fest war spärlich besucht gewesen, und diejenigen, die sich hatten blicken lassen waren bleich und krank vor Sorge gewesen, da weder Dumbledore noch irgendeiner der Lehrer die Gerüchte und Erzählungen über die Zerstörung Hogsmeades dementiert oder bestätigt hatten. Somit wurde das Auftauchen der verletzten Schüler so kurz nach Wochenbeginn als ein positives Zeichen gewertet und Neville und Luna waren von der gesamten Schule überfallen und belagert worden bis sie wenigstens teilweise erklärt hatten, was geschehen war. Damit wurde Harry entlastet, und die sich erholenden Schüler im Krankenflügel ebenfalls. Alle Verteidiger und DA-Mitglieder waren somit wieder vereint oder auf dem Weg der Besserung. Einzig Ginny war noch immer bewusstlos, doch auch bei ihr hatte Madam Pomfrey große Hoffnungen, dass sie noch innerhalb der nächsten beiden Tage wieder bei Bewusstsein sein würde. Da Harry einen ganzen Tag in der Schule verpasst hatte kam er ein wenig zu spät zum Frühstück. Er hatte sich von Seamus und Dean, die beide unverletzt geblieben waren obwohl auch sie von den Todessern angegriffen worden waren, Aufgaben und Notizen des letzten Tages geborgt und war bis wenige Minuten vor Ende der Mahlzeit damit beschäftigt gewesen, sie abzuschreiben. In Gedanken überprüfte er noch einmal, ob er alles für den Tag eingepackt hatte- er hatte schließlich Unterricht bei Stevenson- und tastete sich mit der Hand, die nicht in seiner Tasche wühlte, an der Wand entlang, bis er fast mechanisch am Gryffindor-Tisch platznahm. Erst dann bemerkte er, dass die Halle von einem Rauschen und Klappern erfüllt war, das nicht zu den normalen Geräuschen eines Internats beim Frühstück gehörte. Verwirrt hob er den Blick aus seiner Schultasche. Die gesamte Große Halle, einschließlich der meisten Slytherins und Professor Snapes war aufgestanden und applaudierte. Grimmige Gesichter, die von einem anerkennenden Lächeln oder Nicken aufgehellt wurden, begegneten seinem ungläubigen Blick. Es dauerte fast eine Minute, bis sich der Lärm legte. "Was... was ist hier los?" fragte Harry, der vergeblich gegen die aufsteigende Hitze in seinem Gesicht ankämpfte. In der plötzlich eingetretenen Stille klang seine Stimme durch die ganze Halle. "Ich glaube, Mr. Potter, dass dies der Glückwunsch und die Dankbarkeit Ihrer Schulkameraden war," antwortete Dumbledore. "Wofür?" fragte Harry, dem die ganze Sache langsam immer peinlicher wurde. "Dafür, dass du in der Hogsmeade-Sache mindestens der Hälfte von uns den Kopf gerettet hast," rief Colin Creevey, die aufsteigenden Rufe der anderen Schüler übertönend. "Aber... ich habe doch gar nicht... das waren Ron und Hermine und Ginny und alle anderen. Ich... ich bin wie ein Idiot hinter Voldemort hergelaufen. Und..." "Kumpel, sie verleihen einen Orden des Merlin nicht für Nichts!" warf Dean Thomas mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht ein. "Natürlich haben Ron und Hermine, Ginny, Neville und Luna auch einen verdient- ihr sechs wart die vorderste Front in Hogsmeade. Aber du bekommst einen zweiter Klasse. Der jüngste Empfänger dieser Auszeichnung seit sie ins Leben gerufen wurde!" "Orden... des Merlin?" Harry versuchte krampfhaft, sich daran zu erinnern, was das zu bedeuten hatte. Snape hatte im dritten Schuljahr so einen bekommen sollen weil er Sirius dingfest gemacht hatte. Dumbledore hatte einen, Erster Klasse, weil er Grindelwald bezwungen hatte. Und jetzt...? "Sie schreiben es in der Zeitung, Harry. Da, siehst du?" Tatsächlich titelte der Tagesprophet groß und deutlich: Angriff auf Hogsmeade- Schüler unter Führung des Jungen- der-Lebt retten Zauberer-Dorf. "Aber..." sagte Harry. Die Gryffindors, allen voran Neville und Dean Thomas, brachten ihn mit einem ärgerlichen Blick zum Schweigen. "Nichts Aber, Harry. Wenn ich schon auch zu dieser Verleihung gehen muss dann kommst du auch," schnappte Neville und drückte Lunas Hand. Die Ravenclaw-Fünftklässlerin saß neben ihm am Gryffindor-Tisch als gehörte sie einfach dorthin. "Du bist unsere Begleitung, Harry Potter," sagte Luna. "Aber..." machte Harry, und dieses Mal kam erstaunlicherweise kein sofortiger Einwand gegen seinen Protest. "Aber was bedeutet dieser Orden des Merlin eigentlich, und warum gibt das Ministerium bekannt, dass er verliehen wird wenn wir ihn doch jetzt noch gar nicht bekommen?" "Der Orden des Merlin ist die höchste Auszeichnung, die man in der Zauberwelt verliehen bekommen kann- stell dir vor, du wirst zum Ritter geschlagen und bekommst gleichzeitig noch einen Hosenbandorden, das ergibt in etwa einen Orden des Merlin. Natürlich wird eine solche Zeremonie angekündigt- das Ministerium kann den Orden nur an zwei Tagen im Jahr verleihen. Am Tag der Sommersonnwende und jetzt, im Dezember, zur Wintersonnwende." Neville wirkte nervös und so peinlich berührt wie Harry selbst. Er stand ebenfalls auf der Liste der Ordensempfänger. "Sie schrieben übrigens noch etwas von 'unschätzbar wertvollen Diensten für das Ministerium'," ergänzte Dean, "Was hat denn das zu bedeuten?" Harry, Neville und Luna schüttelten den Kopf. "Dachte ich mir schon, das ist wieder einmal Tagespropheten- Geunke!" meinte Dean, der ihr Kopfschütteln mißverstand. Eigentlich hatten nämlich alle drei eher das Gefühl, daß sie mit Professor Dumbledore darüber sprechen sollten, wieviel von den Ereignissen vom Juli an die Öffentlichkeit dringen durften. Der jähe Einbruch des Krieges in ihre Welt hatte sie kalt überrascht- und sie Vorsicht gelehrt. "Gibt es etwas, was ich nicht weiß?" fragte Dean. Die Blicke, die die DA-Mitglieder tauschten, sprachen für sich. "Und warum?" setzte der dunkelhäutige Sechstklässler nach. "Ich..." stotterte Neville, fasste sich jedoch ein Herz und zeigte sein neugewonnenes Selbstvertrauen. "Wir können noch nichts sagen, weil wir einfach nicht wissen, was wir sagen dürfen und was nicht. Müssen erst mit Dumbledore sprechen." Der Stich des Neides in Deans Augen war erwartet, machte die Hogsmeade-Verteidiger jedoch nicht weniger nervös. Er wirkte enttäuscht und verletzt, doch seine klare Position gegen Harry zu Beginn des letzten Schuljahres und sein spätes Eintreten in die DA hatten jede Chance, daß er zum Kern der Verteidigung gegen Voldemort gehören könnte zunichte gemacht. "Ist schon okay," meinte Dean ein wenig spitz, "aber wenigstens will ich vor dem Tagespropheten wissen, was los war. Ich meine, Seamus und ich sind schließlich eure... Freunde." Er hielt kurz inne, bevor er das Wort aussprach. "Das geht klar," sagte Neville und drückte Lunas Hand, die, unbeeindruckt, einfach weiter ihre Eier mit Speck in den Mund schaufelte. Harry hielt den Blick während des Frühstücks gesenkt und versuchte, sich möglichst unsichtbar zu machen während er von Klassenzimmer zu Klassenzimmer ging. Das änderte natürlich nichts an den Blicken und dem Flüstern, das ihm wie ein Schatten folgte, aber es erlaubte ihm zumindest, den Händen, die seine schütteln oder ihm auf den Rücken klopfen wollten zu entgehen. Ganz Hogwarts ähnelte einem Bienenstock, das beständige Summen und Wispern, die kalten Luftzüge vorbeihuschender Schüler, die Eiertänze der Lehrer, die eine systematische Desinformationskampagne veranstalteten ("Nein, Mr. Creevey, was auch immer das Ministerium für Zauberei über Harry Potter gesagt hat hat keinen Platz in meinem Klassenzimmer für Verwandlung! Sie sollten Ihre ZAGs wirklich ernster nehmen!")- all das wurde bald zu einem solchen Ärgernis, daß Harry bereit war, aus der Haut zu fahren. Zumindest war er in großer Versuchung, unter seinem Unsichtbarkeitsumhang zurück nach Hogsmeade zu schleichen um zu erfahren, was im Zaubererdorf vor sich ging, da alle Bilder und Berichte von dort vom Ministerium zensiert wurden. Leider mußte er feststellen, daß es kein Entkommen aus dem Schloß gab. Nachdem Voldemort so dicht an der Schule zugeschlagen hatte waren Schwärme von wütenden Briefen und Heulern bei Dumbledore eingegangen, doch sie alleine waren nicht der Grund, warum der Schulleiter einen alten Verteidigungsmechanismus des Schlosses aktiviert hatte. Todesser hielten sich laut Severus Snape auch weiterhin nahe Hogwarts auf, Voldemort kochte vor Wut über Harrys erneutes Entkommen und es gab keine Neuigkeiten von Santorin oder Rhodosius Custo. Alles in allem- es gab mehr als genug Gründe, die Belagerungs-Schutzzauber in Kraft zu setzen. Diese Zauber blockierten alle Ein- und Ausgänge im Schloß und auf den Ländereien. Kurz hinter Hagrids Hütte, noch vor dem Verbotenen Wald, erhob sich eine undurchdringliche Mauer aus golden schimmernder Magie. Das Gebäude konnte nur noch in Begleitung einer Lehrkraft im Besitz des Paßwortes verlassen werden, das Gelände gar nicht mehr. Harry hatte sich zunächst keine Sorgen darum gemacht, daß er trotz dieser Maßnahmen vom Schloß ins Dorf gelangen konnte, aber mit Entsetzen stellte er fest, daß die Statue der buckligen Hexe seinem Befehl nicht mehr gehorchte. Wie oft er auch mit seinem Zauberstab oder, aus Verzweiflung, der flachen Hand gegen ihren Buckel schlug und "Dissendium!" zischte- die Statue blieb regungslos, als sei ihre Magie verflogen. Der Geheimgang unter der Peitschenden Weide stand außer Frage- um aus dem Schloß zu kommen hätte Harry einen Lehrer fragen müssen. Der Gang hinter dem Spiegel war wirklich eingestürzt, wie er herausfand. Und einfach so aus dem Tor mit den geflügelten Schweinen herauszuspazieren fiel ihm gar nicht erst ein, nachdem er von Neville gehört hatte, daß ein neugieriger Slytherin einen empfindlichen Elektroschock von der goldenen Barriere abbekommen hatte und darüberhinaus auch noch einen ganzen Tag mit einer peinlichen Mickeymaus-Stimme hatte sprechen müssen. Kurzum: es herrschte Belagerungszustand in Hogwarts. Selbst die Hauselfen wirkten nervöser... Harry bemerkte, wie sie zusammenzuckten, wenn er sie spät abends beim Abstauben im Gemeinschaftsraum sah. Die Dunkelheit der Zeit, in der Harry und seine Altersgenossen aufwuchsen war nicht mehr zu übersehen. Ganz ohne Lichtblicke waren jedoch auch diese dunklen Tage nicht. Ron und Hermine erwachten kurz nacheinander etwa eine Woche nachdem Harry die Krankenstation verlassen hatte. Ihre Gesichter waren ernster, ihre Augen härter und beide schweigsamer geworden, aber ihre Freundschaft war so stark wie eh und je. Obwohl sie noch recht schwach und wacklig auf den Beinen waren entließ Madam Pomfrey sie beide als Hermine drohte, ihre gesamten UTZ-Projekte im Krankenflügel in Angriff zu nehmen. Harry holte sie ab und begleitete seine beiden besten Freunde hinauf zum Turm, wo sie sich noch ein wenig ausruhen sollte. Keiner der drei sagte auch nur ein Wort, aber als Ron schon mit einem Fuß auf der Treppe zum Schlafsaal stand drehte er sich zu Harry, der unten im Gemeinschaftsraum stehengeblieben war, um und nickte. "Danke, Kumpel. Daß du uns vertraut hast... danke." Harry hielt Rons ernsthaftem Blick stand, wie, das konnte er selbst nicht sagen. Die Schuldgefühle, die ihn übermannten, waren stark genug, um ihm den Atem zu geben, aber daß Ron ihm auch noch dafür dankte, daß er ihn, seine kleine Schwester und Hermine in Gefahr gebracht hatte... Harry nickte nur. Sprechen war nicht möglich. Dennoch fühlte er sich seltsam erleichtert, als hätte Ron mit seinen Worten einen Teil der Last von seinen Schultern genommen. "Ron hat recht, Harry. Es war unsere eigene Entscheidung. Wenn du versuchst, dafür die Verantwortung zu übernehmen, verletzt du ihn und mich damit. Überlege dir gut, was du sagst, wenn er wieder herunter kommt," riet Hermine bevor auch sie die Stufen zu ihrem Schlafsaal heraufhinkte. Harry blieb allein und nachdenklich zurück. [Obwohl weder Ron noch er nach diesem Abend den Angriff auch nur mit einem Wort erwähnten, wenn nur die drei Freunde beisammen waren hatten sie doch ein stilles Verständnis füreinander gewonnen. Harry hatte nach Professor Dumbledores Worten, seinem sanften Rat schon geahnt, wohin sein Weg ihn und seine Freunde führen würde. Ron und Hermine machten weniger mit Worten als vielmehr mit Taten klar, daß sie ihn auf Schritt und Tritt begleiten würden. Und obwohl die beiden im Gegensatz zu Harry der Verleihung des Ordens des Merlin mit freudiger Erwartung entgegensahen- Hermine war besonders angetan von der Aussicht, in die Geschichte einzugehen- sorgte selbst die kleine Meinungsverschiedenheit, die über die Auszeichnung ausbrach, nicht für einen Bruch zwischen ihnen, wie es in der Vergangenheit wahrscheinlich gewesen wäre. Ginnys Entlassung aus der Krankenstation wenige Tage später wurde dann schon mit der ersten kleinen Party seit Ausrufung des Belagerungszustandes gefeiert, einer Party, auf der Neville und Luna bekannt gaben, daß sie zusammen waren. Wie und wann es geschehen war wußte niemand, aber die scheue Ravenclaw und der selbstbewußt gewordene Gryffindor paßten in den Augen der meisten Gäste so gut zusammen, daß die Nachricht einen lauten Applaus wert war. Schließlich gab es auch noch die Quidditch-Schulmeisterschaft, deren erstes Spiel (dank des Angriffes nach hinten verschoben) in einer Woche stattfinden sollte. Da die neuen (eigentlich waren sie antik, aber da noch niemand außer Professor Dumbledore sie jemals in Aktion erlebt hatte wurden sie von allen nur 'neu' genannt) Schutzzauber auch die Ländereien mit einschlossen sah selbst Professor McGonagall keinen Grund, den sportlichen Wettkampf nicht fortzusetzen. Die einzige, die Einwendungen gegen Quidditch hatte war Madam Pomfrey, was nach der Menge an Arbeit, die sie in diesem Jahr nun schon gehabt hatte, auch verständlich war. Harry jedenfalls genoß die Momente der Freiheit, die ihm das Fliegen schenkte. Für ihn gab es keine wundervollere Zeit als die, die er hoch über dem Rest der Mannschaft auf der Suche nach dem Schnatz allein mit sich und der Luft verbrachte. Ron, der Kapitän, gab ihm nur selten vor, was er zu tun hatte- er und Ginny trainierten die neue Jägergruppe der Gryffindors die, leider, absolut keine Einheit bilden wollte. Natalie McDonald war zu schüchtern, Katie zu routiniert und Ginny zu ungestüm. Da sich diese Situation auch nach mehreren intensiven Trainingseinheiten unter der Woche nicht verbessern wollte übernahm Harry als bewegliches Ziel das Training der Treiber (und kehrte jedesmal mit den blauen Flecken, die seine Rolle bewiesen, in den Gemeinschaftsraum zurück) während die beiden Weasleys den verzweifelten Kampf gegen die Unordnung übernahmen. ](1) Dem unglücklichen Quidditch-Kapitän Ron Weasley wurde beim letzten Samstagstraining (und dem ersten seit drei Wochen, in der ersten Woche nach seiner Verletzung hatte Madam Pomfrey ihm noch verboten, einen Besen auch nur anzusehen) ein weiterer Schlag in den Nacken versetzt als die Konkurrenz in Gestalt des seit dem letzten Jahr in seiner Zusammensetzung unverändert gebliebenen Teams von Slytherin unter Kapitän Draco Malfoy auf den Plan trat. Anscheinend hatten sie nicht nur wieder einmal den Konkurrenzkampf zwischen Snape und McGonagall und McGonagalls strikte Befolgung der Regeln ausgenutzt, um sich eine extra Übungsstunde zur Trainingszeit der Gryffindors zu sichern, nein, sie waren gekommen, um ihre neuesten Erwerbungen vorzuführen. Anscheinend hatte Malfoy Seniors Aufenthalt im Gefängnis von Askaban der Konsumfreudigkeit seiner Frau und seines Sohnes keinen Abbruch getan. Seine Mannschaftsmitglieder hielten- wieder einmal- brandneue Nimbus-Besen in der Hand. Malfoy selbst gab sich natürlich nicht mit einem Nimbus zufrieden. "Ein... Merkurion!" keuchte Ron angesichts des Fluginstruments in den Händen seines ärgsten Konkurrenten. "Erstaunt mich, daß du ihn überhaupt erkennst, Weasley. Ich dachte nicht, daß du dir Quidditch-Magazine leisten kannst... und in Qualität für Quidditch ist er noch nicht ausgestellt." Malfoy hatte ein überhebliches Grinsen auf die bleichen Lippen gepinselt. "Ist nicht besser als der Feuerblitz," sagte Ginny mit blitzenden braunen Augen. "Soll zwar etwas mehr Beschleunigung haben, aber dafür ist er weniger maneuvrierfähig." "Halt dich raus, Wieselin. Woher willst du überhaupt wissen, was ein Feuerblitz kann- von einem Merkurion ganz zu schweigen! Ah, ich verstehe. Potter hat dich auf einen der begehrten Ritte auf seinem Besenstiel mitgenommen!" Malfoy schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. "Selbst für ein Wiesel wie dich- wie kann man nur so tief sinken?" Ginny war keines Wortes mehr fähig. Ihr Gesicht war schon nicht mehr rot, es war purpurn, und nur weil Colin Creevey und beide Treiber sie festhielten konnte sie sich nicht auf Malfoy stürzen. Das war aber auch gar nicht nötig... "Ich dachte nicht, daß du deswegen neidisch bist, Malfoy. Hättest du das doch gleich gesagt! Ich hätte dich bestimmt..." Weiter kam Harry nicht, da nun Malfoy an der Reihe war, sich mit rotem Gesicht auf den Sucher der Gryffindors stürzen zu wollen. "Nu-uh," machte Ron und schnalzte mit der Zunge. Auch er hatte sich erst auf den gegnerischen Kapitän stürzen wollen, war jedoch von Harrys schlagfertiger Antwort übervorteilt worden. "Du könntest deine Bewährungsauflagen verletzen, Malfoy- ach, ich vergaß, das war ja dein Vater, der im Gefängnis war. Ist eben nicht einfach, einen Kriminellen vom anderen zu unterscheiden..." "Wartet nur ab- ihr werdet schon noch euer Fett wegbekommen," zischte Malfoy eisig, zu peinlich berührt um die Röte von Hals und Gesicht fernhalten zu können. "Mein Vater wird einen Weg finden, um nach Hogwarts zu kommen und dann..." "Dann landet er wieder in Askaban, wo er hingehört!" meinte Ginny, die ihre Stimme wiedergefunden hatte. Das Gryffindor-Team lachte geschlossen und klopfte sich gegenseitig auf die Schultern. "Also gib's auf, Malfoy!" Sie zogen ab bevor die Slytherins sich darauf besinnen konnten, daß sie Zauberer waren. "Dieses Kunstwerk nenne ich 'Geplättetes Frettchen auf dem Quidditchfeld'!" Rons Augen waren geschlossen und er hatte denselben Gesichtsausdruck wie im vierten Schuljahr, als der falsche Mad-Eye Moody Malfoy in ein weißes hüpfendes Frettchen verwandelt hatte. "Wir sollten das öfter machen," meinte Euan Abercrombie, einer der Ersatzjäger, scheu. "Warum ist er eigentlich immer so gemein?" fragte Natalie McDonald, die dritte Jägerin im Start-Team. "Weil er nicht anders kann," meinte Ginny, deren Fäuste noch immer um ihren Besen geballt waren. "Und weil er nunmal ein Frettchen ist," sagte Ron. "Und weil sein Vater ein verdammter Todesser in Askaban ist," sagte Katie Bell. "Oder habt ihr den Tagespropheten im Sommer etwa nicht gelesen? Weiß doch jeder, daß Lucius Malfoy mit Du-weißt-schon-wem unter einer Decke steckt. Fudge hat einen tränenreichen Kommentar dazu gegeben..." "Idiot," murmelte Harry. "Welcher der beiden?" grinste Ginny, und wurde zur Belohnung von den ihr am nächsten gehenden Teammitgliedern gestupst. Die gemeinsame Erheiterung über hilflose Frettchen wurde jäh unterbrochen, als sich ein braun-schwarzer Wirbelwind in Richtung Harry bewegte und sich aufbrausend vor ih aufbaute. "Harry James Potter!" Harry zuckte zusammen. "Uh... was ist los, Hermine?" fragte er und versuchte, möglichst nicht schuldbewußt auszusehen. Mit dem grünen Schleim, der anstelle von Wasser aus den Duschen im Mädchenbereich der Gryffindors kam hatte er nichts zu tun. Wirklich nichts. Das war ganz alleine Ginnys Idee gewesen, die sich damit an Lavender und Parvati gerächt hatten, die ihr bei ihrer freitäglichen Wahrsagen-Sitzung eine düstere Zukunft prophezeit hatten... nun, um genauer zu sein hatten sie ihr prophezeit, sie würde als alte Jungfer enden und ihre Tage damit zubringen, Zaubertränke aus grünem Schleim zu brauen. Wenn man es genau betrachtete war das die erste Prophezeiung der beiden, die zugetroffen hatte. Ginny hatte den grünen Schleim gebraut. Mit Harrys Hilfe, denn dieser war durch Zufall (und einen mißglückten Schlaftrunk) über das Rezept für einen Zaubertrank gestolpert, der einfaches, klares Wasser bei Kontakt in Schleim verwandelte. Man reibe mit diesem Trank die Duschköpfe aller Duschen bis auf einer ein... et voilà, ein Ergebnis, das der Herumtreiber würdig gewesen wäre. Lavender und Parvati hatten fast drei Stunden gebraucht, bis sie nicht mehr einem Geschöpf aus einem veralgten See geähnelt hatten, wenn man Ginnys Berichten Glauben schenken konnte. "Harry James Potter, was ist heute für ein Tag?" fragte Hermine. Harry zuckte die Schultern. Was hatte das mit ihrem Ärger zu tun? "Samstag, warum?" fragte er. "Samstag, richtig. Und wo wolltest du Samstag mittags sein, Harry?" Ihre Hände waren noch immer in die Hüften gestemmt. Diese Haltung verhieß nichts Gutes... Harry dachte fieberhaft nach. Was hatte er vergessen? Die DA? Nein, die traf sich erst am Abend. Quidditch? Das konnte es nicht sein, sonst wäre Hermine nicht ärgerlich. Hausaufgaben? Eigentlich hatte er sie schon alle fertig. Training mit Remus oder Tonks? Keiner der beiden konnte in dieser Woche nach Hogwarts kommen, er sollte alleine seine Metamorphmagus-Verwandlungen üben. Wenn es das alles nicht war, was war es dann? "In der Bibliothek?" wagte er zu raten. "Genau. Und warum?" "Uh..." machte Harry. Hermine ließ entnervt die Hände sinken und schüttelte den Kopf. "Es geht nur um mein UTZ-Geschichtsprojekt für das sechste Jahr! Du hast mir versprochen, daß du mir hilfst Harry!" UTZ-Geschichtsprojekt? Er hatte versprochen...? Wie Schuppen fiel es Harry von den Augen. "Ach so, dieses Beziehungsding! Muß ich wirklich als Quelle...?" "Du hast es versprochen!" "Also gut... ich dusche nur schnell noch," beruhigte er eine sichtlich aufgeregte Hermine, die schon über Zeit zur Reinschrift und Probleme mit dem Nachschlagen von Quellenangaben zu murmeln begann und sich dabei in einen haarsträubenden (im wahrsten Sinne des Wortes) Staat brachte. Das gesamte Quidditchteam war hin- und hergerissen zwischen dem Drang, sich vor Lachen auf dem Boden zu rollen und einem gewiss gesünderen Fluchtinstinkt. Wenn die Gryffindors eines gelernt hatten, dann daß man nicht zwischen Hermine Granger und eine Quelle des Wissens kam. "In einer viertel Stunde bin ich da, Mine," versprach Harry unter dem Gekicher seiner Teamkameraden. Hermine gab ein entschieden unmädchenhaftes Grunzen von sich bevor sie auf dem Absatz drehte und in Richtung Haupteingang der Schule davonstürmte. "Hm, ich beeile mich wohl besser," meinte Harry während das Quidditchteam endlich ungehindert in heulendes Gelächter ausbrechen konnte. "Oh Mann, Harry- sie hat dich wirklich unter ihrem Pantoffel!" keuchte Kirke, der seinen Treiberknüppel vor sich auf den Boden geworfen hatte damit er sich den Bauch halten konnte. Solomon Kurz, der massive Drittklässler, klopfte Natalie McDonald- Nate, bitte, oder Lia, aber nicht Nattie!- auf den Rücken, damit sie sich wieder von ihrem Erstickungsanfall in Folge zu lange zurückgehaltenen Lachens erholte. "Naa, das war nur 'Mine in Höchstform," meinte Ron, der eher aussah als fühle er sich nicht ganz wohl. "Hat sich eher angehört wie eine Freundin, die ihren Freund zur Ordnung ruft," meinte Katie Bell mit wissendem Blick. Ron scharrte nun schon mit dem Fuß auf der Erde herum. "Nee, Harry und 'Mine- nie im Leben, oder, Harry?" Harry blickte von einem Teammitglied zum anderen, bevor sich endlich Verstehen auf seinem Gesicht abzeichnete. "Nein, nein- Hermine ist meine beste Freundin, aber nicht mehr. Das waren alles Lügen im Tagespropheten vor zwei Jahren. Sie ist immer so, wenn sie ganz unbedingt etwas herausfinden will- ihr hättet sie im dritten Schuljahr erleben müssen als sie... so viele Fächer hatte." In letzter Sekunde erinnerte er sich daran, daß der Zeitumkehrer nicht allgemein bekannt werden durfte und rettete sich in eine Halbwahrheit. Es waren nicht die Fächer gewesen, die Hermine in den Wahnsinn getrieben hatten sondern ihr Zeitmanagement- aber ohne diese Fächerwahl hätte sie das kleine magische Stundenglas auch nicht gebraucht... "Seht ihr, alles normal," sagte Ron mit einer solchen Erleichterung in der Stimme daß Harry beinahe selbst in Gelächter ausgebrochen wäre. So tauschte er nur einen Blick mit der Siebtklässlerin Katie Bell- und mit Ginny, die direkt neben der ältesten der drei Jägerinnen stand. "Alles in Ordnung," wiederholte Ginny, und im Davongehen fragte sich Harry, ob es ein winziges bißchen Erleichterung in ihrer Stimme gewesen war, das er gehört hatte. *~* Hermine wartete in der Bibliothek, an ihrem üblichen Tisch in der hintersten Ecke, nahe dem (hier Dat. oder Gen.? Betas???) vergitterten Eingang zur Verbotenen Abteilung. Schon seit ihrer gemeinsamen Recherche zu Nicholas Flamel war dies ihr Stammplatz, und momentan war er wieder einmal von dicken Wälzern und einzelnen Pergamentbogen, beschrieben in Hermines sauberer, runder Schrift, bedeckt. "Hallo, 'Mine," sagte Harry und setztesich mit dem Rücken zum Fenster. Hermine sah von ihrem Pergament auf (das schon fast zur Hälfte mit Notizen voll war) und nickte, bevor sie weiter eifrig kritzelte. Harry fühlte sich nicht beleidigt oder ignoriert, Hermine recherchierte, und das bedeutete einfach, daß sie nur zur Hälfte in der augenblicklichen Realität lebte. Manche Dinge änderten sich nie, gleich was in der Welt vorging, und er war dankbar, daß Hermine ihn daran erinnerte. "Oh, Harry," sagte sie wenige Sekunden später. "Hallo, 'Mine," sagte er zum zweiten Mal. Hermine grinste verschämt- sie war sich ihrer Macken ziemlich gut bewußt. Ron und Harry sorgten dafür. "Also..." begann sie, unsicher. Eine Hand strich leicht zitternd eine Strähne ihres Haares hinter das Ohr, die andere umfaßte ihre Feder fester. Dann riß sie sich zusammen und kramte eine endlos lange Liste aus ihrer Tasche hervor. "Also, Harry- du kennst ja mein Thema, nicht?" Harry nickte. Er wollte es lieber nicht noch einmal ausgesprochen hören, daß er eine Beziehung mit Tom Vorlost Riddle aka Lord Voldemort hatte. "Meine erste Frage ist also: wie hat alles begonnen?" Hermine sah ihn erwartungsvoll an. Harry schluckte. Das Ganze war doch ein wenig persönlicher als er es sich vorgestellt hatte. Gleich die erste Frage erinnerte ihn an Dementoren. "Du hast schon alles über Halloween 1981 geschrieben, oder?" versuchte er, Zeit zu schinden. Hermine war leider zu klug, um auf ein solches Maneuver hereinzufallen. "Hör auf, Zeit zu schinden, Harry," ermahnte sie ihn, ohne von ihrem Papier aufzusehen, über dem ihre tintenschwarze Federspitze angespannt schwebte. "'Mine... du weißt, daß ich meine Eltern sterben höre, wenn ich einem Dementor begegne, richtig?" Hermine antwortete nicht, aber ihr bleiches Gesicht wurde noch weißer. Harry schluckte, drängte all seine Gefühle zurück- >Ich habe versprochen, daß ich ihr helfe!< - und fuhr ausdruckslos fort. "Voldemort kam nach Godric's Hollow um mich zu töten," sagte Harry. Hermine nickte, das wußte sie schon. Dennoch kritzelte sie sorgfältig einen kurzen Satz auf ihr Pergament. "Mein Vater hat ihn bemerkt, bevor er ins Haus eindringen konnte und hat versucht, meiner Mutter und mir genug Zeit zu verschaffen, um zu fliehen, aber Voldemort hat ihn zu schnell getötet. Meine Mutter wurde in meinem Kinderzimmer von Avada Kedavra getroffen nachdem sie sich geweigert hatte, zur Seite zu treten und mich auszuliefern. Danach kann ich mich nur noch an einen grünen Blitz erinnern." Hermine sah beinahe so gequält aus, wie Harry sich fühlte. "Und das siehst du? Harry... ich..." "Schon gut, ich habe gesagt, daß ich dir helfe." Dennoch vergrub sich Harry tiefer in seinen warmen Winterroben- die Kälte des frühen Novembers schien plötzlich durch die Fenster der Bibliothek hereinzukriechen. "Harry- warum ist Voldemort zu deinem Haus gekommen? Hat das etwas mit dieser Prophezeiung zu tun, die es angeblich über dich gibt? Oh, ich weiß noch nicht einmal, ob das Ganze echt ist, man findet es nämlich nur in Aufstieg und Fall der Dunklen Künste in einer Fußnote, aber angeblich gibt es eine Vorhersage, daß ein Kind mit der Macht, das Dunkel zu besiegen am Ende des Juli geboren wird- ich habe das erst gestern herausgefunden, deswegen glaube ich dir gerne, daß du davon noch nie etwas gehört hast, aber wenn doch, glaubst du, daß Voldemort auch davon wußte und deswegen deine Eltern und dich als Ziel ausgewählt hat? Ich meine, du bist der einzige von uns, der Ende Juli Geburtstag hat, soviel ich weiß, und..." "Hermine, nicht so schnell und nicht so viel auf einmal. Diese... Prophezeiung, sie steht wirklich in einem Buch?" Harry konnte nicht fassen, daß wieder einmal der Rest der Welt mehr über ihn wußte als er selbst. "Ja, angeblich wurde sie im Jahr vor deiner Geburt gemacht." "Und sie besagt, daß ein Ende Juli geborenes Kind Voldemort besiegen kann?" Er mußte wissen, wieviel die Bücher wußten. "Ja, so in der Art. Wer auch immer dem Verlag als Quelle gedient hat hatte ein schlechtes Gedächtnis, oder er hat das Ganze aus dritter Hand gehört. Es gibt da noch einen komischen Zusatz über 'dreimal die Stirn bieten', aber die anonyme Quelle war sich nicht ganz sicher, auf wen sich das beziehen sollte." "Und mehr war es nicht?" fragte Harry vorsichtig. Hermine atmete zischend ein und bedachte ihn mit einem scharfen Blick. "Weißt du etwa mehr?" fragte sie. Harry schluckte und okkludierte seine Gedanken. "Nein," sagte er, "aber von dieser Prophezeiung habe ich letztes Jahr erfahren, nachdem Sirius... gestorben ist." Wieder einmal brachte er den Satz nur mit Mühe zu Ende. "Und darum... darum bist du so komisch zu uns gewesen, nicht? Du hast gedacht, wir werden auch umgebracht, weil wir deine Freunde sind, oder?" Hermine hatte ihren Aufsatz augenscheinlich vergessen. Ihre Blicke bohrten sich mit beinahe snape'scher Intensität in Harrys Gehirn, nur um an seinen Schilden abzuprallen. "Oh, aber das ist doch nicht wahr... jedenfalls nicht wirklich. Ich meine, ich bin muggelgeboren, also schon ganz oben auf der Abschußliste. Ginny und Ron sind Weasleys, die stehen schon immer gegen Voldemort... ihre Familie hat im letzten Krieg schon einige Mitglieder verloren. Und für Luna und Neville gilt das Gleiche. Harry, alles, was du getan hast war, eine Zeit des Friedens für die Zauberwelt zu bringen, da sind sich alle Bücher einig. Du hast mehr Opfer verhindert! Und..." "Hermine, es ist gut," sagte Harry leise. "Dumbledore hat mir schon dasselbe gesagt. Ich würde lieber zum Ende mit deinem Aufsatz kommen." "Oh." Hermine wirkte, als hätte man ihr auf den Schlips getreten. In einer gewissen Weise hatte Harry das auch getan indem er sie wieder ausgeschlossen hatte und seine eigenen Gedanken und Gefühle verbarg. Und nicht nur diese, er hatte auch überlebenswichtige Informationen, die er seinen Freunden vorenthielt. Wie man apparierte. Und den Rest der Prophezeiung. Und daß er mittlerweile dank seiner Kontrolle über seine Visionen der beste Spion für den Orden war. "Also ist diese Prophezeiung der Beginn?" fragte Hermine, ihre Fragenliste wieder aufnehmend. Harry nickte. "Sie ist der Grund, warum Voldemort mich töten wollte." >Mich, und Neville. Aber ich sage lieber nichts von Neville, nicht, daß Hermines Aufsatz von den falschen Augen gelesen wird und er...< "Weiter geht es erst zehn Jahre später, nicht, Harry? Ich meine, Ron und ich sind auf der Suche nach dem Stein der Weisen dabei gewesen, aber..." "Das Ende habt ihr nicht miterlebt. 'Mine, sei nicht böse, aber ich glaube, es ist besser, wenn das weiterhin nicht ganz genau bekannt bleibt. Dumbledore hatte ein sehr gutes Versteck für den Stein gefunden, das vielleicht noch einmal für etwas benutzt werden muß. Und Voldemort weiß noch immer nicht, wie ich den Stein aus diesem Versteck herausgeholt habe und dabei soll es bleiben. Er hat herausgefunden, daß ich seinen Preis habe, dann wollte er, daß Quirrel ihn mir abnimmt, und der Schutz meiner Mutter hat Voldemorts Wirt die Hände und schließlich den ganzen Körper verbrannt. Voldemorts Geist-Schatten, oder wie du es auch nennen willst, hat ihn verlassen, Quirrel ist gestorben. Er war der erste Mensch, den ich mit meinen eigenen Händen umgebracht habe... im zweiten Schuljahr..." Harry brach ab. Hermine kritzelte, so schnell ihre Feder es zuließ. "Der Schutz deiner Mutter?" fragte sie. "Ja, meine Mutter hat mit ihrem Tod laut Dumbledore einen alten Blutzauber über mich gelegt, der mich vor Voldemort geschützt hat und mit dazu geführt hat, daß ich nicht als Baby gestorben bin. Ummm... er wirkt allerdings nicht mehr, weil Voldemort mein Blut zu seiner Wiederauferstehung im vierten Jahr benutzt hat." "Keine Sorge, Harry- darüber mußt du mir nichts mehr sagen, das habe ich alles aus deinem Interview im letzten Jahr. Die Geschichte von Tom Riddles Tagebuch habe ich von Ginny... und über das, was im Ministerium war, darf ich nichts schreiben, wir sind doch von Professor Dumbledore zum Stillschweigen verpflichtet worden. Ich habe also eigentlich nur noch eine Frage: Du hast deine Visionen, seit Voldemort mit deinem Blut wiederbelebt wurde, oder? Ist deine Verbindung zu ihm stärker oder schwächer geworden?" "Stärker. Seit dem Sommer, sehr viel stärker. Allerdings vermutet Dumbledore, daß er eine weitere Fähigkeit auf mich übertragen hat und diese geweckt wurde, und in einem Experiment wurde das bestätigt. Ich bin nun auch ein Legilimens, 'Mine, wenn auch kein guter, und deswegen..." "Deswegen kannst du sehen, was Voldemort vorhat. Keine Sorge, den Teil schreibe ich nicht in meinen Aufsatz, nur, daß deine Verbindung stärker geworden ist, genau wie deine Abwehr. In Ordnung?" Harry nickte, erleichtert. "Brauchst du noch etwas, Hermine?" fragte er, müde. Die Gefühle, die die Auflistung seiner Abenteuer mit sich gebracht hatte, waren schwer unter Verschluß zu halten. Dies zu tun erforderte viel Energie und Konzentration, die Harry nach einem so anstrengenden Quidditchtraining wie dem an diesem Morgen einfach nicht hatte. "Nein, ich kann jetzt anfangen, zu schreiben. Danke, Harry- und entschuldige." Harry nickte, drückte ihre Schulter zum Abschied und ging langsam aus der Bibliothek. Im Raum der Erfordernis konnte er bestimmt ein wenig Ruhe finden- im Gemeinschaftsraum hingegen wartete wahrscheinlich Ron mit tausenden neuer Quidditch-Strategien. "Potter?" Madam Pince rief ihn zu sich hinüber, bevor er zur Tür hinaus war. "Ja, Madam Pince?" antwortete Harry höflich und zog seinen Umhang enger um sich. Das Frösteln wollte und wollte nicht aufhören, seit Hermine ihm die erste Frage gestellt hatte fühlte er sich, als seien die Dementoren irgendwo in der Nähe. "Professor Dumbledore hat mir eine Nachricht geschickt. Du möchtest ihn diesen Nachmittag, in etwa um vier Uhr, in seinem Büro aufsuchen." Die Bibliothekarin hatte ihn zu einem ihrer Lieblinge erkoren seit er am Anfang des Schuljahres einen solchen Leseeifer entwickelt hatte und war nun sehr viel freundlicher. "Danke, Madam Pince, ich werde da sein," murmelte Harry. "Am Montag wird übrigens eines der Bücher eintreffen, die der Schulleiter gewünscht hat. Ich habe es aus der Bibliothek des Ministeriums ausleihen können. Professor Dumbledore wünscht ausdrücklich, daß auch Sie dieses Buch lesen." "Das werde ich, Madam Pince. Wenn Sie mich am Montag daran erinnern könnten?" Harry wollte im Moment nicht daran denken, was Dumbledore sich diesesmal wieder für ihn ausgedacht hatte. Wahrscheinlich sollte das Treffen heute Nachmittag ihn darauf vorbereiten oder so etwas in der Art... "Gut. Einen schönen Nachmittag, Potter." "Einen schönen Nachmittag, Madam Pince." Der Raum der Erfordernis wartete mit einem gemütlichen, kleinen Zimmer in Dunkelblau, mit einem prasselnden Feuer und einer heißen Schokolade auf. Harry ließ sich mit einem erleichterten Seufzer in den weichen, körperkonformen Armsessel fallen, der augenblicklich auch noch Fußstützen ausfuhr. Wenn es ein Paradies gab dann hoffte Harry, daß es so ähnlich war. "Mei... Harry?" Und natürlich konnte es so etwas wie das Paradies auf Erden nicht geben. Diesesmal kam die Unterbrechung in Fom von Tinsy, die mit einem Plopp! vor ihm auftauchte. "Me... Harry, ich habe Kontaktlinsen!" quiekte Tinsy begeistert. Harry konnte sich irgendwie nicht so recht freuen angesichts dieser Enthüllung. Er sehnte sich viel zu sehr nach der absoluten Ruhe von kurz zuvor zurück. "Meister? Tinsy hat Kontaktlinsen!" wiederholte die Elfe eindringlicher. Sie hatte seit Wochen nach dieser Muggel-Erfindung gesucht, sich sogar in die gefährliche und verwirrende Muggelwelt gewagt, um sie zu finden. "Danke, Tinsy," sagte Harry irritiert. In den Augen der Elfe bildeten sich große, dicke Tränen. "Meister hat noch etwas anderes für Tinsy zu suchen? Sonst geht Tinsy in die Küche," sagte sie leise. Harry hielt die kleine Schachtel mit den Linsen in der Hand und starrte schuldbewußt auf die niedergeschlagene Elfe in ihrer Potter-Uniform. Mit fahrigen Bewegungen stand er auf und kniete vor ihr nieder, legte seiner kleinen Hauselfe die Hände auf die Schultern. "Danke, Tinsy- ich hätte nicht gedacht, daß du so schnell Kontaktlinsen für mich finden kannst. Du bist wirklich klasse," sagte er mit so viel Nachdruck wie er aufbringen konnte. Tinsy schauderte erfreut, was Harrys Schuldbewußtsein beruhigte. Um ehrlich zu sein war ihm ein bißchen schwindlig, und er fühlte sich nicht besonders gut. Voldemort war zwar nicht aktiv, aber die kleinen Nadelstiche in seiner Narbe deuteten darauf hin, daß er wegen irgend etwas verärgert war. "Harry ist krank!" quietschte Tinsy in diesem Moment. "Harry ist bleich, und er zittert, und Tinsy war nicht da, um für Harry zu sorgen! Tinsy ist eine schlechte Elfe, hätte schneller sein sollen!" "Nein, Tinsy, du bist keine schlechte Elfe... du warst sehr schnell... und ich bin auch nicht krank, nur müde... Tinsy?" Seine Elfe hatte ihn schon mit einer passenderweise auftauchenden Decke umwickelt und in den Stuhl zurückgeschubst. "Harry bleibt sitzen und Tinsy holt Harry warme Getränke und Essen. Harry muß essen!" Harry hielt sie zurück. "Tinsy, ich habe schon heiße Schokolade hier, und ich muß ohnehin gleich weiter, Professor Dumbledore möchte, daß ich um Vier in sein Büro komme. Bitte, mach dir nicht solche Umstände, geh dich lieber ausruhen! Es war bestimmt anstrengend für dich in der Muggelwelt," sagte er. "Oh, Muggel sind sehr komisch, Harry. Und Tinsy durfte keine Magie benutzen, das war schwer... aber Meister braucht Tinsys Hilfe jetzt!" "Nein," sagte Harry, "ich brauche keine Hilfe, mir geht's gut, ruh' dich aus." Tinsy sah halb gekränkt und halb zerfließend vor Dankbarkeit aus. "Meis... Harry ist zu gut zu Tinsy! Läßt Tinsy ausruhen wenn er sich nicht gut fühlt! Oh, Tinsy ist so glücklich, daß sie Harry gefunden hat!" "Ich bin auch froh, daß du meine Elfe bist," sagte Harry und schloß die Augen, nicht ohne den Raum um einen Wecker zu bitten. "Gute Nacht, Harry," quiekste Tinsy, bevor sie wieder mit demselben Geräusch verschwand, mit dem sie gekommen war. Harry seufzte erleichtert auf und griff nach seiner heißen Schokolade. Endlich wieder Ruhe und Frieden! Harry raffte seine Schulsachen, seinen Umhang und seine neuen Kontaktlinsen beim ersten Klingeln seines Weckers zusammen. Der Raum der Erfordernis löschte hinter ihm das Licht, so als wüsste er, was der Junge in diesem Moment fühlte (nämlich eine absolute Lustlosigkeit, die Gemütlichkeit der Einsamkeit hinter sich zu lassen). Leider half ihm alle Lustlosigkeit nicht, Dumbledore erwartete ihn in seinem Büro. Harry hoffte ja, daß der Schulleiter aus seinen Fehlern vom letzten Jahr gelernt hatte und ihm nun Informationen zur Verfügung stellen würde. Andererseits hatte sich Voldemort kaum gerührt, nachdem er in Hogsmeade einen Teilsieg errungen hatte... Der Wasserspeier stand zum ersten Mal, seit Harry nach Hogwarts gekommen war, bereits offen, obwohl er noch kein Paßwort gegeben hatte. Von oben, aus Dumbledores Büro tönten verärgerte, laute Stimmen hervor, die nur selten von den beruhigenden, sanften Worten Dumbledores unterbrochen wurden. Der Schulleiter war nicht alleine, und Harry fragte sich, ob er dann überhaupt hinaufgehen sollte als Dumbledore laut und deutlich über den Lärm hinüber seinen Namen rief. "Harry! Komm herauf, wir haben schon auf dich gewartet." Zögernd ließ sich Harry von der wartenden Treppe nach oben tragen. Sein Zauberstab war warm in seiner Hand, seine Muskeln waren gespannt. Innerlich fühlte er sich zwar wie eine Kopie von Mad-Eye Moody, aber vielleicht hatten sich ja schon wieder Todesser in einer Vielsafttrank-Verkleidung in Hogwarts eingeschlichen... trotz der antiken Schutzzauber und ihrer absoluten Abschirmwirkung. Seine Anspannung verstärkte sich sogar noch um ein Vielfaches, als er die Besucher bei Dumbledore erkannte. Eigentlich hätte er wissen müssen, daß nur ein so aufgeblasener Wichtigtuer wie der Minister für Zauberei und sein Assistent sich für 'besonders' genug halten würden, zu riskieren, daß ihretwegen die alten Schutzzauber versagten, weil das Büro des Schulleiters ans Flohnetzwerk angeschlossen wurde. Harry verzog das Gesicht zu einer eisigen Maske der Ablehnung. Dieser... Trottel war schuld daran, daß der Krieg für die Seite des Lichts nicht besonders gut zu laufen drohte. Er hatte im letzten Jahr alle Warnungen und Anzeichen ignoriert, sich stattdessen nur auf den Erhalt seiner Position konzentriert. Wenn es jemanden gab, der für Harry auf einer Stufe mit Severus Snape stand dann Minister Cornelius Fudge. Und was Percy Weasley gerade von sich gab, stellte ihn auf dieselbe Stufe. "... können keine kämpfenden Agenten außerhalb der Kontrolle des Ministeriums gebrauchen, Minister! Denken Sie daran, was letztes Mal geschehen ist!" "Der Orden wird in keiner Weise die Arbeit des Ministeriums behindern, solange das Ministerium gegen Voldemort kämpft," entgegnete Dumbledore ruhig. Er saß hinter seinem Schreibtisch, während Minister Fudge in einem Chintz-Armstuhl schräg davor Platz genommen hatte und Percy direkt hinter dem Minister stand, eine Aktentasche in der Hand. Mit Harrys Eintreten erhob sich der Minister. "Ah, Harry Potter. Genau der Junge, den ich sehen wollte..." begann Fudge in gespielt jovialem Ton. "Minister Fudge," entgegnete Harry kalt, nickte dann dessen Assistenten, Percy Weasley, ebenso höflich zu, "Percy." "Mr. Weasley, bitte," sagte Percy. Harry ballte die Fäuste. Seinem Ton nach zu urteilen hatte der verlorene Weasley-Sohn seine Fehler noch immer nicht eingesehen. "Professor Dumbledore, warum sind der Minister und sein Assistent hier? Ich dachte, die Schutzzauber seien undurchdringlich," fragte er dann den amüsiert hinter seinem Schreibtisch hervorzwinkernden Schulleiter von Hogwarts, der die angespannte Stimmung zwischen dem Minister, dem jungen Helden der Zauberwelt und dem freiwillig ausgestoßenen Mitglied einer der prominentesten Familien im Orden mit einem geduldigen Lächeln auf den Lippen beobachtete. "Harry, die beiden Herren-" begann Dumbledore. "Harry... ich darf doch noch Harry sagen? Schließlich bist du in den letzten Monaten ja richtig erwachsen geworden! Harry... das Ministerium anerkennt, daß wir im letzten Jahr einen Fehler gemacht haben. Die Gesellschaft hat uns in dieser Hinsicht deutlich ihre Meinung kundgetan, und wer sind wir, uns denen, die wir vertreten, zu widersetzen?" Minister Fudge legte väterlich die Hände auf Harrys Schultern- oder er versuchte es zumindest, aber der junge Zauberer sprang mit verengten Augen und reflexartig ausgestrecktem Zauberstab einen Schritt zurück. Obwohl er in Gesellschaft seiner Freunde und Mentoren seine Schreckhaftigkeit vom Sommer überwunden hatte rief Minister Fudges Anwesenheit alleine in ihm ein so tiefes Mißtrauen hervor, daß er instinktiv wieder in seine Schutzreaktionen verfiel. Fudge indessen ließ sich nich beirren und trat wieder auf ihn zu, diesesmal allerdings ohne ihn zu berühren. "Harry, ich will dir keinen Schaden zufügen. Wie ich bereits sagte, das Ministerium wird seinen Fehler nicht verbergen, und auch, wenn er nicht wiedergutzumachen ist möchten wir uns doch offiziell bei dir entschuldigen. Harry, dieser Brief hier ist von mir und den Leitern der verschiedenen Ministeriumsabteilungen unterzeichnet, und ist unsere offizielle Entschuldigung an dich für die Unannehmlichkeiten, die du im letzten Jahr erfahren hast." "Unannehmlichkeiten?" Harry blinzelte, zu überrumpelt, um sich in Diplomatie zu üben. "Sie meinen die systematische Verleumdung, die in der Presse verbreitet wurde? Oder die Lehrerin in Verteidigung gegen die Dunklen Künste, die mich am liebsten mit einem Unverzeihlichen Fluch belegt hätte? Oder die Hetzkampagne, die von ihr unter den Schülern gestartet wurden? Ist es das, was Sie mit Unannehmlichkeiten meinen, Minister?" Harrys Gesicht blieb ausdruckslos, doch gegen Ende seiner Tirade wurde seine Stimme immer lauter. Die Wut, die in ihm hochkochte konnte er nur mit Mühe unterdrücken, und nur, weil Remus ihn mit seinen Übungen mehr Kontrolle über seine Magie gelehrt hatte ging im Büro nichts zu Bruch. "Jetzt sieh mal, Harry..." begann Percy, der nichts von dem heraufziehenden Sturm gemerkt hatte, doch Harry schnitt ihm das Wort ab. "Das ist Mr. Potter für Sie, Mr. Weasley!" Percy plusterte sich auf wie ein beleidigter Pfau, was das hitzige Temperament des Jungen-der-lebt wenigstens ein bißchen beruhigte. Wenn Percy beleidigt war hatte er mit seinen Worten wohl einen Nerv getroffen. Und getroffene Nerven beim Gegner entlasteten die eigenen... "Das Ministerium und der Minister wollen sich bei dir entschuldigen, Harry! Eine derart großzügige Geste solltest du zu schätzen wissen und dich dementsprechend dankbar zeigen!" Percys Gesicht verfärbte sich in das berühmte Weasley-Rot. "Percy, ich bin in etwa so dankbar wie es dem Ministerium leid tut. Ich glaube, ihr wollt wieder einmal ein publikumswirksames Aushängeschild, und das ist das," entgegnete Harry scharf. Im Gegensatz zu den beiden Ministeriumsvertretern war er bleich, der Zorn entfärbte seine Wangen und verlieh seinen Augen den unheimlichen Schimmer des Todesfluchs. Dumbledore gab ein tiefes, besänftigendes Kichern von sich, bevor Fudge seinem überrumpelten Assistenten zu Hilfe kommen und Harry damit über die Schwelle treiben konnte. "Nun, Percival, ich denke, daß Harry die Entschuldigung gewiß nicht abschlagen wird. Minister, wenn Sie nun den Brief...?" "Oh, ja, der Brief." Fudge war deutlich aus dem Konzept gebracht. Er hatte wohl erwartet, daß Harry außer sich vor Freude und Dankbarkeit dem Ministerium gegenüber sein würde. Mit dem gefaßt-wütenden jungen Erwachsenen, der vor ihm stand, konnte er nicht wirklich umgehen, was sich in seinen Floskeln und fahrigen, unsicheren Bewegungen widerspiegelte. Er hielt Harry ein schweres, kostbares Pergament mit einem riesigen, roten Ministeriumssiegel darauf entgegen. "Danke, Minister," sagte Harry widerwillig unter Dumbledores scharfem Blick. "Gut, dann hätten wir das ja!" Dumbledore klatschte in die Hände. "Darf ich einem von Ihnen einen Zitronendrop anbieten?" Beide lehnten höflich ab, während Harry nur den Kopf schüttelte und das zusammengerollte Pergament in den Händen drehte. "Also gut, dann... wir sehen uns wahrscheinlich leider erst bei der Zeremonie zur Verleihung des Merlin-Ordens wieder, nicht wahr, Harry? Dumbledore, wir bleiben in Kontakt... und könnten Sie die Verbindung zum Floh-Netzwerk wiederherstellen?" verabschiedete sich Fudge. "Aber gerne," erwiderte Dumbledore und schwang seinen Zauberstab in einer komplizierten Figur, woraufhin grünes Feuer in dem kleinen Kamin an der Rückwand des Büros aufleuchtete. "Auf Wiedersehen, Percival Weasley." "Dumbledore, Harry," sagte Percy mit all der Freundlichkeit, die er aufbringen konnte (was nicht gerade viel war). "Auf Wiedersehen, Minister." Dumbledore wartete, bis Fudge im Feuer verschwunden war, bevor er es löschte und rasch einen weiteren Armsessel herbeizauberte, der ihm wenige Momente später gute Dienste leistete. "Das war... überraschend," sagte Harry, der sich auf ein Zeichen seines Schulleiters jenen Sessel genommen hatte, in dem Fudge zuvor gesessen hatte. "Ich hatte nicht erwartet, daß die Stimmung in der Bevölkerung schon so sehr gegen das Ministerium gerichtet ist, daß sie eine offizielle Entschuldigung an dich schicken. Minister Fudge ließ sich leider nicht abhalten, nach Hogwarts zu kommen..." Er ließ den Rest ungesagt. Harry nickte, und stimmte in das freundschaftliche Schweigen mit dem Schulleiter ein. Bald jedoch hielt er es nicht mehr aus, stellte eine Frage, die ihn beschäftigte, seit er Percy so vehement gegen den Phoenixorden hatte argumentieren hören. "Professor, warum ist Percy Weasley so gegen den Orden? Fast seine ganze Familie ist doch darin!" Dumbledore seufzte. "Nun, es scheint als wäre der junge Percival nie über den Tod seiner Lieblingstante hinweggekommen. Marlene McKinnon war Mitglied während des ersten Aufstiegs Voldemorts, aber sie wurde verletzt bei einer Aktion des Ordens zurückgelassen. Sie hat auf Percival aufgepaßt, wenn seine Eltern nicht da waren, und er hat ihren Tod aus einem Versteck mit ansehen müssen... " "Percy... hat seine Tante sterben sehen?" fragte Harry. Dumbledore nickte traurig. "Im Alter von vier Jahre, ja." Harry verstand, wie dies einen Menschen gegen etwas richten konnte. Der Rest der Weasleys hatte den Verlust eines Familienmitgliedes für sich zum Anlaß genommen, gegen den Terror zu kämpfen, aber für den, der zu jung war, um den Grund des Kampfes zu begreifen und der dennoch dessen Auswirkungen sehen mußte ergab das wohl einen Anlaß, sich aus dem Geschehen komplett zurückzuziehen, sich vom Kampf, der erschreckenden, unverständlichen Gewalt gegen geliebte Menschen loszusagen. Die Vorstellung war zwar nicht besonders ermutigendend, aber durchaus nachvollziehbar. "Aber das ist nicht, warum ich dich zu mir gebeten habe, Harry," sagte Dumbledore, nachdem Harry einige Minuten schweigend verharrt war. "Was ist es dann, Professor?" fragte der Sechzehnjährige vorsichtig. Der wohlwollend-traurige Ausdruck in Dumbledores Augen verhieß nichts Gutes. "Es... es ist doch nicht schon wieder... Voldemort hat doch nicht... Remus oder Tonks?" stammelte er. Dumbledore schüttelte den Kopf, ein kleines Lächeln der Erleichterung auf den Lippen. "Nein, deinen Lehrern und den Weasleys geht es gut- Voldemort hat sich seit Halloween nicht mehr geregt. Aber dennoch habe ich wenig gute Neuigkeiten für dich, Harry... du mußt über Weihnachten in den Ligusterweg zurückkehren." Harry glaubte, er habe gehört, daß er Weihnachten bei den Dursleys verbringen mußte. Aber das konnte nicht sein. "Ich... zu den Dursleys?" fragte er. "Leider ja," nickte Dumbledore. "Als du aus dem Haus deiner Tante geflohen bist und in Folge von den Todessern nach Askaban gebracht wurdest hattest du noch nicht genug Zeit bei deiner Familie verbracht, um die Blutzauber voll wieder aufzuladen. Wenn du den Schutz nicht verlieren willst mußt du in diesem Jahr noch einmal zurückkehren- also über die Weihnachtsferien." "Aber..." begann Harry niedergeschlagen. So seltsam halb-freundlich sich die Dursleys im Sommer auch gegeben hatten, er konnte sich nach fünf Jahren einfach nicht mehr vorstellen, wie es war, das Weihnachtsfest in einer lieblosen Umgebung fernab seiner Freunde zu verbringen. "Harry... es tut mir leid," sagte Dumbledore. Er klang ehrlich bedauernd, aber das war dem geschockten jungen Zauberer ihm gegenüber egal. "Ich... es gibt keinen anderen Weg?" fragte Harry, sich an diese letzte Hoffnung klammernd. Dumbledore schüttelte den Kopf. "Leider nein, Harry. Aber es ist nur etwas mehr als eine Woche. Zum neuen Jahr bist du zurück in Hogwarts," versuchte er, Harry aufzumuntern. "Ja, Professor," sagte Harry tonlos. "Ich... ich gehe dann... Hausaufgaben." "Harry- verstehe bitte, es gibt keinen anderen Weg," meinte Dumbledore mitfühlend. "Ich... verstehe," sagte Harry, schon halb zur Tür hinaus. "Oh, und Harry- nächste Woche nach dem Quidditch-Spiel ist ein Treffen des Ordens hier in Hogwarts. Ich wollte dich noch bitten, daran teilzunehmen. Es geht um das, was du von der Quelle der Stärke gehört hast." "Ich werde da sein," versprach Harry. In seinem Kopf aber drehte sich nur ein einziger Gedanke in einem ewigen Kreis: >Ich muß an Weihnachten zu den Dursleys zurück!< Er erinnerte sich noch zu gut an die Weihnachtsfeste seiner Kindheit, wie er nachts, nachdem sein Onkel, seine Tante und Dudley schon schlafen gegangen waren aus seinem Schrank gekrochen war und mit großen Augen auf den auch im fahlen Licht der Straßenlaternen wunderschönen großen Tannenbaum und die Geschenke darunter gestarrt hatte. Er wußte es besser, als daß er dachte, eines der Geschenke sei für ihn- der Weihnachtsmann besuchte schließlich nur brave Kinder, keine Freaks- aber er wünschte sich jedes Jahr aus Neue, daß der Weihnachtsmann ihm eine Familie bringen sollte. Einen Menschen, der für ihn da war wie Petunia für Dudley. Und dann kroch er wieder zurück in seinen Schrank, bevor Dudley mit dem Sonnenaufgang die Treppe heruntergedonnert kam und unter dem Beifall seiner Eltern das Papier von seinen Geschenken riß. Vom Weihnachtsessen bekam Harry immer nur kalte Reste, aber wenn er ganz leise war konnte er aus dem Schrank heraus sehen, wie die Familie am Weihnachtstag bei Kerzenschein und Weihnachtsliedern zusammensaß. Und dies sollte sich nun wiederholen... Harry konnte es nicht wirklich glauben. Nachdem er in Hogwarts magische Weihnachten gesehen hatte, Weihnachtslieder gesungen hatte, Geschenke auspacken durfte und beim Weihnachtsessen mit all den anderen im Schloß gebliebenen Knallbonbons gezündet hatte, nachdem er im Grimmauldplatz mit Sirius, seinen Freunden, den Weasleys, dem Orden gemeinsam das Fest der Liebe gefeiert hatte würde er in diesem Jahr wieder in die Einsamkeit und Kälte zurückkehren. >Es war sowieso alles viel zu schön, um lange gut zu gehen,< sagte er sich, aber sein altes Mantra aus der Zeit vor Hogwarts versagte ihm den Dienst und machte ihn nur noch niedergeschlagener. Unbemerkt war er unterdessen wieder am Raum der Erfordernis angekommen. >Was soll's- ein paar Dummies kann ich immer noch zertrümmern.< ... to be continued ... ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Information: (1) Dies ist die Passage, die mir beim Schreiben die meisten Probleme gemacht hat. Ich bin immer noch nicht mit ihr zufrieden, denn irgendwie paßt sie nicht in den Fluß der Geschichte, und damit für jeden Vorschlag, wie ich sie umschreiben kann dankbar. Ich habe es mehr als zwanzig Mal versucht, besser zu machen, aber... na ja. (2) Merkurion - Benannt nach dem Götterboten Hermes, lat. Merkur, und dem Englischen für Quecksilber- Mercury Mit diesem Kapitel haben wir nach ungefährer Zählung die 150 000-Wörter-Grenze überschritten. Und das nach noch nicht einmal der Hälfte der Kapitel! Ich hoffe nur, dass ein paar der späteren doch kürzer werden... Oh, und denkt noch jemand außer mir dass 'Albus Dumbledore und der Orden des Phoenix' einen prima Bandnamen abgibt? ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Soundtrack: D. Elfman: Spider-man 2- Original Motion Picture Score (oy, nothing's ever as inspiring as a struggling hero!) J. Williams: Harry Potter and the Prisoner of Azkaban soundtrack (*grins* meine größte Inspiration. Ein Geniestreich on par mit Star Wars!) Elvis Costello mit Anne-Sophie von Otter: There is no wonder Ditter von Dittersdorf: Harfenkonzerte F. Liszt: Widmung/ Klaviersonate in b-moll (beides gespielt von Yundi Li... zusammen mit Lang Lang einer meiner neuen Lieblingspianisten. Widmung hab ich übrigens auch selbst wieder drauf °grins°) ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Nächstes Kapitel: Nachdem er geschafft hat, dass Hogwarts von der Außenwelt abgeschnitten ist hat Voldemort seine Anstrengungen, die Quelle der Stärke und den Talisman des Ourouboros zu finden verdoppelt. Und nicht nur das, er zieht auch noch Anhänger an wie Honig die Fliegen. Die Zeiten werden dunkler, aber es gibt auch Lichtblicke. Freut euch auf Das neue Gefolge des Dunklen Lords, coming soon to a computer screen near you! Manchmal fragte er sich, ob der erste Kapitän der Gryffindor-Mannschaft vielleicht zu einem Geist geworden war, der jeden, der nach ihm kam in Besitz nahm. Wie sonst konnte man den Wandel Angelina Johnsohns und jetzt Rons zu einem zweiten Oliver Wood erklären? Harry schüttelte den Kopf und grinste in sich hinein während sein bester Freund die Fäuste zum Abschluß seiner Anfeuerungsrede in die Luft pumpte. Dann fasste er seinen Besen fester und verließ hinter dem Rest des Teams die Umkleideräume... ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Hmm... ich bin nicht sicher über das Ende dieses Kapitels... einmal weil ich nicht korrigieren konnte, aber auch, weil es irgendwie nicht in meinen sonstigen Stil paßt. Well... what's done's done. Dieses Kapitel war ziemlich kurz (für meine Verhältnisse bei DZP)... aber das nächste ist wieder länger. Wenn ihr eine humorvolle Story mit SEHR kurzen Kapiteln (ca. 3000 Wörter) lesen möchtet schaut mal bei A Look Through My Eyes vorbei... ich lade dort demnächst auch das zweite Kapitel hoch. Bis dahin freue ich mich auf eure lieben Kommentare! Cya!!! Neli Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)