Kamui kehrt zurück von Nea-chan (...und Fragen werden beantwortet) ================================================================================ Kapitel 7: Das, was ich beschützen will --------------------------------------- Das, was ich beschützen will Alles verstummte. "Doktor! Sehen sie sich das an!" Alle starrten gebannt auf das Ekg und dann zu dem kleinen Schwarzhaarigen. Kamui's rechter Zeigefinger zuckte. "Er atmet! Doktor er atmet! Puls normal, Blutdruck stabil, Sauerstoffgehalt im Blut steigend!" Fuma, der Kamui schon aufgegeben hatte, traute seinen Sinnen nicht. Sofort stürzten alle Ärzte auf das medizinische Wunder zu und testeten seine Reflexe, Subaru stand wie versteinert am selben Fleck und schaute abwesend Löcher in die Luft. Nach ausgiebigen Tests wandte sich der Chefarzt freudestrahlend zu ihm um. "Er reagiert hervorragend auf unsere Tests! Sein Gehirn scheint unbeschadet davon gekommen zu sein. Wenn sein Zustand weiterhin so stabil bleibt wie jetzt, sehe ich keinen Grund dafür, dass er es nicht überlebt." Subaru realisierte alles nur sehr schleichend, noch immer entrannen seinen Augen Tränen. "Er... er lebt...", stammelte er. "Ja Subaru, Kamui lebt, er hat es geschafft, er wird nicht sterben.", sprach Fuma im erfreuten Tonfall. Er hatte seine Hände auf Subaru's Schultern gelegt und sah ihn mit seiner erleichterten Miene an, doch Subaru's Blick blieb leicht glasig und schien ihn gar nicht zu sehen. "Er hat mich nicht angelogen...", flüsterte er. "Hm?" Fuma sah ihn verdutzt an. Subaru schloss seine Augen und lächelte, halb freudig, halb traurig. "Er ist wirklich nicht verschwunden..." Mit diesem Satz sackte er unerwartet zusammen, Fuma konnte ihn noch gerade so halten. "Was ist passiert? Geht es ihm nicht gut?", fragte die Schwester besorgt. Fuma schwieg einen Moment lang. "Ich glaube, das war alles ein wenig viel für ihn, er ist völlig erschöpft." "Sind sie angehörige des Patienten?" "Na ja, wir sind seine Freunde." "Dann kann ich leider nicht viel für sie tun, nur direkte Verwandte dürfen ausnahmsweise bei den Patienten übernachten. Wir müssen sie eh noch informieren." Fuma machte einen bedrückten Eindruck auf die Schwester. "Wenn er noch Familie hätte wäre das möglich, er ist Vollwaise und hat auch sonst keine Verwandten mehr, bitte! Wir sind die Einzigen, die er noch hat.", bettelte Fuma. Sie seufzte. "Na gut, wenn das so ist, aber selbst in diesem Fall kann ich nur einen von ihnen die Erlaubnis erteilen." Fuma zögerte mit seiner Antwort nicht lange. "Lassen sie ihn bitte hier bleiben." Vögel zwitscherten fröhlich vor sich hin, ein frischer Luftzug umspielte sein Gesicht. Geneckt vom süßlichen Duft von in voller Blüte stehender Kirschbäume, öffnete er seine violetten Augen. Sterile, weiße Wände erkannte er, zum Geruch der Kirschblüten mischte sich der von Medizin und Sterilisationsmitteln. Mehrmals musste Subaru zwinkern um zu realisieren wo er war. "Geht's wieder?" Subaru stellte fest, dass er in einem Stuhl saß, über ihm beugte sich Fuma mit einem Glas Wasser zu ihm herunter. Ohne ihm zu antworten drehte er seinen Kopf nach links, von wo er ein regelmäßig piependes Gerät ausmachte. Auf einem kleinen Nachttischen stand in einer Vase ein in voll erblühter Kirschbaumzweig. Kamui lag dort in einem Krankenbett, angeschlossen an ein Ekg. Eine Infusion war in seiner rechten Armbeuge eingesetzt. Skeptisch begutachtete Subaru die Sauerstoffmaske in Kamui's Gesicht. Fuma beobachtete Subaru. "Hier nimm, da drin ist eine Kopfschmerztablette aufgelöst." Er drückte Subaru das Glas in die Hand und setzte sich in den Stuhl rechts neben ihm. "Mach dir keine Sorgen wegen der Sauerstoffmaske, Kamui atmet selbstständig. Die Ärzte meinten, dass es nach einem so langen Atemaussetzer schon mal passieren kann, dass der Patient unregelmäßig atmet, in diesem Fall würde diese Beatmungsmaschine einspringen." Subaru's Augen verfolgten den dünnen Schlauch, der von der Maske in einen kleinen Aperrat führte. "Du hast ganz schön die Fassung verloren...", sagte Fuma als Subaru das Wasserglas mit einem Zug leerte. "Wenigstens habe ich ihn nicht aufgegeben" Fuma hörte den vorwurfsvollen Unterton ganz genau heraus, war sich aber im Klaren, dass diese Aussage berechtigt war. "Ich stand neben mir, ich war nicht mehr zurechnungsfähig. Bis du mich auf den Boden zurückgeholt hast." Unbeeindruckt zuckte Subaru mit den Augenbrauen, sein Blick verharrte starr auf Kamui. "Was sagen die Ärzte?", fragte er monoton klingend. Fuma faltete seine Hände zusammen und stützte seinen Kopf darauf ab. "Sie sagen, dass er über den Berg ist. Sie können sich nicht erklären, wie sämtliche Verletzungen sich selbstständig in diesem minimalen Zeitraum regenerieren konnten. Brüche sowie innere Blutungen haben sich selbstständig geheilt." "Was hast du ihnen erzählt?", meinte Subaru schon etwas besorgter. "Das Kamui schon immer ein Selbstheilungstyp war und dass das an seinen Genen liegt." "Und wie reagieren sie darauf?" "Sie haben genickt, anderes können sie sich das auch nicht erklären." Beruhigt seufzte Subaru und saß gleich wesentlich entspannter in seinem Stuhl. Kamui als wissenschaftlich wertvolles Objekt zu sehen bereitete ihm Magenkrampfen. Niemals würde er zulassen, dass man Kamui als Versuchskaninchen missbrauchen würde. "Ich frage mich, warum es trotz seiner Regenerationskräfte am Anfang so kritisch um ihn stand..." Subaru grübelte still für sich. "Er ist wie jeder andere Mensch auch verletzlich, auch er kann sterben. Wenn seine Verletzungen zu stark sind kann er sich nicht selbst heilen, dafür braucht er sehr viel Kraft." Fuma musterte seinen Sitznachbarn. "Ich glaube, dass er aufgegeben hatte..." Entsetzt starrte ihn Subaru an, das erste Mal seit er zu sich gekommen war. "Ich habe mich mit Kamui unterhalten, irgendwann habe ich wohl seinen wunden Punkt getroffen, er wurde wütend." Gespannt lauschte Subaru dieser Erzählung. "Er war völlig aufgelöst und trat dabei immer weiter auf die Straße zurück. Irgendwann kam dann plötzlich dieser Lastwagen, Kamui sah ihn zwar noch, doch da war es schon zu spät..." "Wie kannst du behaupten, dass er aufgeben wollte?" Subaru versuchte sich zu beherrschen, seine Finger bohrten sich in die ledernen Stuhllehnen. "Kamui war nicht von Anfang an bewusstlos." Subaru stockte der Atem als Fuma ihn mit einem ernsten Blick konfrontierte. "Als ich wie in Trance vor seinem verwundeten, schwach atmenden Körper stand sah er mich lächelnd an. Ich konnte mich nicht rühren, nichts sagen. Er zwinkerte mir beruhigend zu, trotz des Regens glaubte ich ihn weinen zu sehen. Dann wurde er trauriger, nickte mit letzter Kraft und wurde ohnmächtig." "Was soll das? Wieso erzählst du das?", warf ihm Subaru vor. "Wie du siehst lebt er! Wenn er sterben wollte wäre er nicht hier!", fügte er hinzu. "Du verstehst nicht was ich sagen will!", fuhr ihn Fuma an. Beide schwiegen sich an, sahen zu Kamui herüber und senkten wieder ihre Tonlage. "Was ich sagen will ist, als ich im Krankenwagen seine Hand hielt, wenn ich seinen Namen sagte oder anderes, nie hat er reagiert, sein Zustand wurde mit der Zeit immer schlimmer, ich war machtlos. Dann hat sein Herz aufgehört zu schlagen." "Das weiß ich doch!", unterbrach ihn Subaru forsch. "Hör endlich auf damit mich zu unterbrechen und hör mir verdammt noch mal zu!" Wieder erfüllte nur das regelmäßige Piepen des Ekgs den Raum. "Subaru, was wäre, wenn Kamui's Herz nur deswegen wieder angefangen hat zu schlagen, weil du nach ihm gerufen hast?" Subaru war sprachlos, genau damit hatte Fuma gerechnet. Verzweifelt suchte Subaru nach einer Antwort die ihm logisch erschien, doch er fand keine. Fuma seufzte und lächelte ihn schließlich an, das verwirrte Subaru noch mehr. "Für Kamui gibt es nur noch einen triftigen Grund, für den es sich lohnt zu leben und der bin definitiv nicht ich." Subaru spürte, wie ihm wärmer wurde, sein Blut wurde immer schneller durch seine Venen gepumpt. "Ich, als sein bester Freund, bin es sicherlich einst einmal gewesen, doch wenn ich es noch wäre hätte er mein Flehen erhört. Nein, jetzt bist du ihm wichtiger." Wie Fuma das so alles einfach dahin sagen konnte blieb Subaru in Rätsel, er selbst verfluchte sich für das deutlich spürbare Rot auf seinen Wangen. Fuma legte gerade sämtliche Emotionen ihn ihm frei, so als wären sie nicht schwerer zu erkennen als die Zeilen in einem Buch. "Wie kommst du darauf?", versuchte er abzulenken. Fuma, der Subaru's Verlegenheit natürlich sofort wahrgenommen hatte, schmunzelte. "Das habe ich doch gerade die ganze Zeit über erläutert. Aber ich bin schon vorher darauf gekommen, noch bevor dieser schlimme Unfall passiert ist." Subaru wurde sichtlich nervöser, nachdenklich legte er seine linken Fingerknöchel an sein Kinn. War ihm das etwa nie aufgefallen? Hatte er Kamui's Verhalten immer irgendwie ignoriert und waren ihm dessen emotionalere Augenblicke nie ungewöhnlich vorgekommen? Hatte er da etwas verdrängt, was von unwahrscheinlicher Bedeutung war? Je mehr er darüber nachdachte, desto eindeutiger gingen die "Beweise" in eine bestimmte Richtung. "Worüber hast du mit Kamui gesprochen, dass er so aufgelöst war?" Fuma hatte anscheinend sehnsüchtig auf diese Frage gewartet, lehnte sich aber entspannt zurück und lächelte weiterhin fröhlich vor sich hin ohne dabei seinen Blick von seinem Gesprächspartner zu nehmen. "Nun?", hakte Subaru ungeduldig nach. "Tja, ich glaube, das solltest du Kamui selbst fragen sobald er wieder zu sich kommt." Entnervt ließ sich Subaru zurückfallen. "Und was ist mit dir?", fragte Fuma neugierig nach. Subaru's blindes Auge bewegte sich in Fuma's Richtung. "Was meinst du? Was soll mit mir sein?", gab er trotzig wider. "Würde ich lügen wenn ich behaupten würde, dass dir Kamui nicht ganz egal ist?" Mit großen Augen starrte Subaru Fuma an. "Was? Wieso? Du bist ein seltsamer Mensch, versuchst du immer in die Herzen anderer zu sehen?" "Nicht absichtlich, hab ich nun Recht oder nicht?" "Ich... Wie sollte ich... ich meine...", versuchte Subaru nach Ausflüchten zu suchen. Er selbst war sich seiner Sache, seinen Gefühlen noch gar nicht sicher um konkret antworten zu können. "Hör doch auf! Denk doch mal nach, im Grunde genommen ist es doch offensichtlich!", forderte Fuma mit einem Grinsen im Gesicht. Subaru fühlte sich überrannt, wie konnte ein mehr oder weniger wildfremder Mann so frei heraus eine solche Behauptung aufstellen? Wie konnte er seine Gefühle besser verstehen können als er selbst? "Ich war ja nun nicht die Ganze Zeit über mit euch zusammen, aber wenn ich mal ein wenig zurückdenke... Als du damals vor meinem Haus gestanden hast war dein Blick starr und kalt, nicht nur weil du mich nicht mochtest. Du hast mich schon öfter so angesehen. Wenn es um Kamui geht bist du gleich ganz anderes. Du wirkst offener, viel warmherziger und verletzlicher. Du wolltest ihn doch um jeden Preis vor mir beschützen, oder habe ich da was falsch verstanden?" Subaru war so perplex, dass er außerstande war geordnete Gedankengänge zu führen. "Wenn du doch schon alle deine Antworten hast, warum fragst du mich dann?" "Ich fühle mich immer sicherer, wenn man mich bestätigt." Subaru kam es so vor, als würde das Grinsen auf Fuma's Gesicht immer breiter werden. "Selbst wenn es so wäre, wahrscheinlich werde ich ewig darüber schweigen." Sofort wich aus Fuma's Gesicht jegliche Freude und Überlegenheit. "Das darfst du nicht!" "Seit wann nehme ich von dir Befehle entgegen? Ich habe deine Taten noch nicht vergessen, auch wenn du nicht Schuld an ihnen bist." "Mach mir Vorwürfe so viele du willst, ich kann es nicht ändern, aber wenigstens verstecke ich mich nicht davor und stehe dazu. Dieser Mut scheint dir ja anscheinend zu fehlen." "Ich merke schon, das heutige Wortgefecht gegen dich werde ich wohl haushoch verlieren.", bekundete Subaru zynisch. "Das war durchaus von mir beabsichtigt. Wie auch immer... Wenn du mit deinen Gefühlen hinter den Berg hältst werden sie dich irgendwann auffressen. Du kannst sie vielleicht verstecken, doch Kamui wird immer in deiner Nähe sein. Bist du sicher, dass du damit klarkommen kannst? Ihr könntet beide aneinander vorbeirennen." Subaru begann diese Konversation anzukotzen, noch nie war jemand so tief in sein Herz eingetaucht oder hatte ihn jemals aus der Reserve locken können. "Könnten wir vielleicht das Thema wechseln?", sagte er barsch. "Nein, können wir nicht! Hast du Angst, Kamui könnte dich abweisen und dann die Freundschaft mit dir brechen?" Subaru's Gesichtsausdruck reichte als Antwort vollkommen aus. "Du kennst ihn doch auch... Er würde sich vielleicht den Kopf zerbrechen, doch niemals würde er die Bande zu dir lösen zu können. Alles ist besser als das ganze Leben über mit einer selbst geschaffenen Lüge zu leben." Fuma stutzte als Subaru anfing zynisch in sich hineinzulachen. "Ich sag dir was, wenn Kamui wieder ganz bei uns ist und ich mir über meine Gefühle im Klaren bin, sprechen wir weiter, in Ordnung?" Fuma nickte einverstanden. Gerade stand er auf um auch für sich ein Glas Wasser zu holen. "Das Bett neben Kamui ist für dich freigemacht worden, ich konnte arrangieren, dass du bei ihm bleiben darfst. Für dich ist das sicher wichtiger als für mich." Als er die Türklinke herunterdrückte hielt ihn Subaru kurz zurück um dankend zu nicken. Fuma lächelte und wollte gehen. "Aber du hast Recht..." "Hm?" "Wenn ich auch nicht viel über meine eigenen Gefühle weiß, weiß ich doch ganz bestimmt, dass ich Kamui nie mehr allein lassen möchte. Nie wieder würde ich zulassen das ihm was passiert, dass er verschwindet. Ich will ihn nicht mehr verlieren, er ist das, was ich beschützen will." "Und du sagst, dass du nicht weißt, wie du fühlst?" Als Subaru aufsah war Fuma gerade aus der Tür getreten. >>Eine starke Persönlichkeit.<< In diesem monotonen Raum gab es nun nur noch Kamui, Subaru und die arbeitenden Aperrate. Er rückte mit seinem Stuhl an das Bett des Jüngeren und nahm dessen Hand in seine. Subaru seufzte, sie war warm wie seine. >>Ich verstehe nun, warum du mit ihm befreundet bist und auch, dass er es wert war für ihn zu sterben.<< Subaru führte Kamui's Hand an seine Lippen und küsste sie liebevoll. "Komm zurück zu mir Kamui, ich warte auf dich." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)