Schicksalssterne von _Delacroix_ ================================================================================ Kapitel 4: Cancer ----------------- Heißes Wasser rann an ihm hinab und entspannte seinen schmerzenden Körper. Dampfwolken hingen in der Luft, doch wenn Jedite den Kopf drehte, konnte er dennoch einen guten Blick auf Neflite werfen. Dessen langes Haar hing ungewohnt dunkel und glatt an ihm hinunter und ließ ihn ein bisschen wie einen begossenen Pudel wirken. Einen Pudel, der genau diesen Moment nutzte, um sich seinerseits zu ihm umzudrehen. Einen Augenblick lang sahen sie einander an. „Wenn du das Wasser noch weiter aufdrehst, endest du wie ein Krebs in der Suppe“, stellte Neflite fest. Jedite zuckte mit den Schultern. „Ich mag meine Duschen eben heiß“, entgegnete er. „Ein Wunder, dass sich dir nicht die Haut abschält“, gab Neflite zurück, „Ernsthaft, ich spüre die Hitze bis hierher.“ „Wer weiß, ob die wirklich vom Wasser kommt“, schnappte Jedite zurück und musste zu seiner Überraschung feststellen, dass Neflite sich eilig von ihm abwandte. Mit neuem Interesse verteilte er Duschgel auf seinen Oberarmen. Einen Moment lang sah Jedite ihm dabei zu. Lange Finger, die zuerst seinen Unter- und dann seinen Oberarm hinauf glitten und süßlich duftendes Duschgel auf Muskeln verteilten, die er in der Form definitiv nicht hatte. Der Geruch breitete sich im Raum aus, hüllte ihn für ein paar Atemzüge völlig ein und einen kurzen Augenblick lang fiel es ihm leicht, sich vorzustellen, Neflite hätte das Zeug gerade auf ihm verteilt. Energisch drehte er das Wasser noch ein bisschen höher. Inzwischen brannte die Hitze auf seiner Haut, doch sie war nicht so stark wie die Hitze in seinem Inneren. „Jedite“, versuchte Neflite es noch einmal, doch er beschloss ihn zu ignorieren. Langsam hob er den Kopf, ließ das heiße Wasser durch seine Haare laufen und genoss es für einen Moment voll und ganz im Dampf zu verschwinden. Die Hitze brannte auf seiner Kopfhaut, auf seinen Schultern und auch auf seiner Brust. Eine willkommene Ablenkung von allem, woran er lieber nicht denken wollte. „Jedite!“, erklang es noch einmal und plötzlich schlug die Temperatur komplett ins Gegenteil um. Eiskaltes Wasser spritzte auf ihn hinab. Jedite stieß einen entsetzten Schrei aus und machte einen Satz zurück, nur um mit dem Rücken gegen einen warmen Körper zu prallen. Überrascht blickte er über die Schulter nach hinten, sah aber nur braune Locken. Eine Hand legte sich an seine Hüfte. „Entschuldige“, murmelte Neflite in sein Ohr „Aber das war jetzt eindeutig zu heiß.“ Jedite blinzelte ihn verständnislos an. „Das Wasser“, präzisierte Neflite und hielt ihm prompt seine freie Hand unter die Nase. „Ich hab nur einmal kurz hinein gefasst und sie ist puterrot. Ich weiß wirklich nicht, wie du das ausgehalten hast.“ Jedite blinzelte mehrfach. „Ich weiß nicht, wieso dich das interessiert“, antwortete er schließlich. Die Hand an seiner Hüfte löste sich, Neflite machte einen knappen Schritt zurück. „Es interessiert mich aus dem gleichen Grund, aus dem du mit mir Tennis spielen gehst“, erklärte er ihm. „Wir kennen uns schon lange. Ich merke es, wenn du nicht richtig bei der Sache bist. So wie du es merkst, wenn mich eine alte Erinnerung quält.“ „Eine Erinnerung?“, wiederholte Jedite langsam, „Dann hat das alles also gar nichts mit irgendwelchen Sternen zu tun?“ Neflite schenkte ihm ein Lächeln. „Es hat immer alles mit irgendwelchen Sternen zu tun“, entgegnete er. „Auf dem Tennisplatz zum Beispiel hattest du eindeutig Jupiter auf deiner Seite.“ „Oder ich spiele einfach gutes Tennis,“ gab Jedite zurück. Neflites Blick wurde milder. Sie wussten beide, dass diese Aussage nicht stimmte. Er war kein guter Tennisspieler. Er hatte sich einfach nur reingehangen und eine Menge Glück gehabt. Und vielleicht auch … Jedite schüttelte den Kopf. An den Einfluss von Sternen glaubte er nicht. Oder vielleicht doch? „Was ist mit Venus?“, entfuhr es ihm, „Hätte die mich nicht auch beeinflussen sollen?“ Das Lächeln auf Neflites Lippen vertiefte sich weiter. „Hat sie das nicht?“, fragte er ihn und der samtige Klang seiner Stimme trieb Jedite die Röte ins Gesicht. Ja. Nein. „Vielleicht“, gab er schließlich zu und beobachtete, wie Neflites Lächeln zu einem handfesten Grinsen wurde. „Siehst du“, erklärte er, „Und da bist du nicht allein. Dieses Mädchen vorhin war eindeutig auch von Venus getrieben.“ „Hast du ihre Avancen deshalb abgewiesen?“ Neflite schüttelte den Kopf. „Ich habe ihre Avancen abgewiesen, weil sie mich an meine Ex-Freundin erinnert hat. Außerdem …“ „Außerdem?“, hakte Jedite nach. „Außerdem war sie nicht besonders nett zu dir.“ Jedite öffnete überrascht den Mund, klappte ihn aber gleich wieder zu. Neflite hatte den seltsamen Abgang hingelegt, weil dieses Mädchen nicht nett zu ihm gewesen war? Ausgerechnet zu ihm?! „Warum? Hätte sie mich auch einladen sollen?“, fragte er schließlich. Neflite zuckte mit den Schultern. „Vielleicht. Ja. Ich weiß es nicht“, gab er zu, „Aber ich weiß, es wäre nicht richtig gewesen, mit ihr in ein Eiscafé zu gehen.“ „Wegen der Sache mit deiner Ex-Freundin und dem Schokoladeneisbecher?“ „Nein, weil ich lieber mit dir Kuchen essen gehen will.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)