Schicksalssterne von _Delacroix_ ================================================================================ Kapitel 2: Libra ---------------- Hätte er geahnt, dass Neflites kosmischer Widerstand diese Form annehmen würde, er hätte ihn über seiner Reisschale versauern lassen. Stattdessen verstärkte er den Griff um seinen Tennisschläger. „Wenn du jetzt lachst, wird es dir leidtun“, knurrte er ihm entgegen. Neflite ließ die Drohung an sich abperlen, wie er es sonst mit Zoisites Sticheleien zu tun pflegte. „Ich weiß nicht, warum ich lachen sollte“, entgegnete er offensichtlich amüsiert. Langsam ließ er den Blick über Jedites Verkleidung gleiten. „Du siehst doch eigentlich ganz fesch aus.“ „Ich trage Tennis-Shorts.“ „Das tut man nun mal bei diesem Sport. Und jetzt geh da rüber, damit ich meinen Aufschlag üben kann.“ Jedite presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, gehorchte aber. Wenn es etwas gab, was noch peinlicher war, als mit weißen Tennis-Shorts herumzulaufen, dann war es mit Sicherheit mit weißen Tennis-Shorts herumzulaufen, ohne einen guten Grund dafür zu haben. Mit langsamem Schritt marschierte er an den Rand des Platzes, drängt sich an dem tief hängenden Netz vorbei und steuerte dann brav die linke Spielfeldhälfte an.   An den Rändern des Platzes tuschelte es verdächtig. Scheinbar hatte Neflite bereits einen kleinen Fanklub zusammen. Jedite erlaubte es sich, die Mädchen aus den Augenwinkeln zu mustern. Die meisten von ihnen waren jung, in Schuluniform und sahen aus, als würden sie sich noch weniger für Tennis interessieren als er. Was wirklich schwer möglich war. Dennoch schien ihre Anwesenheit Neflites Laune zu heben. Er lächelte sogar, als er seinen Schläger hob, um Jedite den kommenden Aufschlag anzuzeigen. Gerne hätte Jedite weiter darüber nachgedacht, ob es der Sport oder die Mädchen waren, die diese Reaktion bei seinem Freund hervorriefen, doch der warf routiniert den Ball in die Luft, schwang seinen Schläger und nahm ihm damit jedwede Gelegenheit. Das runde Geschoss zischte über das Netz hinweg, knallte unweit von ihm auf den Boden und plötzlich musste Jedite sich beeilen, um das verdammte Ding noch zu erwischen. Sein Ball flog deutlich ungenauer zurück, aber immerhin hatte er ihn überhaupt getroffen. Ein Raunen ging durch das Publikum. An anderen Tagen hätte Jedite sich gefragt, warum, doch heute hatte er keine Zeit dafür. Neflite war schnell. Mit einer Eleganz, die Jedite nur zu gut kannte, sprintete er über das Feld. Das typische „Plopp“ erklang, dann flog der Ball erneut in seine Spielfeldhälfte. Er kam der Seitenlinie verdächtig nahe, doch Jedite kannte seinen Gegenüber gut genug, um zu wissen, dass er nicht ins Aus spielen würde. Neflite hatte die perfekte Kontrolle über den Ball und er würde sie sicher nicht nutzen, um ihm einen Punkt zu schenken. Als sein Schläger auf den Ball traf, fuhr ihm die Berührung durch den ganzen Arm. Nein, Neflite wollte auf keinen Fall ein einfaches Spiel spielen. Leider nützte ihm diese Erkenntnis herzlich wenig. Zwar schaffte er es irgendwie, den Ball wieder in die Mitte zu lenken, doch letztlich tat er damit seinem Gegenüber einen Gefallen. Neflite ließ ihn rennen. Trieb ihn von einer Ecke des Spielfelds in die andere, während er selbst von Jedites kläglichen Versuchen, den Ball vor dem Aus zu bewahren, profitierte. Wer glaubte, dieses Spiel hielte sich die Waage, nur weil bisher noch kein Punkt gefallen war, irrte sich gewaltig.   Frustriert schlug Jedite ein weiteres Mal gegen den Ball. Sein Atem raste, ihm war heiß und würde er nicht dieses dämliche Schweißband tragen, ihm würden vermutlich längst die Haare im Gesicht kleben. Neflite dagegen sah aus wie frisch aus dem Ei gepellt. Seine braunen Haare flatterten im Wind, wann immer er es für nötig hielt, ein paar schnellere Schritte zu machen und Jedite erwischte sich bei dem Gedanken, dass er schon verstehen konnte, warum sie so viele Zuschauerinnen hatten. Wenn Neflite den Schläger schwang, sah dieser Sport so einfach aus. Jede Bewegung hatte ein Ziel. Manchmal war sie unscheinbar, kaum mehr als ein besonders langer Schritt oder eine leicht eingedrehte Hand und dann wieder war sie groß und ausladend und es fiel schwer, ihn dabei nicht einfach anzustarren. Es war auch schon immer so gewesen. Jedite erinnerte sich an ihre endlos langen Übungsstunden mit dem Schwert. Die, bei denen Kunzite effizient, Zoisite gemein und Neflite eindrucksvoll gewesen war. Der einzige Unterschied zu damals war, dass bei diesem Sport ein Netz zwischen ihnen hing. Ein weiteres Ploppen brachte Jedites Gedanken in die Gegenwart zurück. Gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie der Ball knapp über das Netz hinweg flog. „Scheiße“, ging es ihm durch den Kopf. Dann sprintete er vorwärts. Der Ball prallte kurz hinter dem Netz auf, machte einen kleinen Hüpfer und Jedite warf sich in seine Richtung. Er schlitterte ein Stück über den Boden, doch das übliche Gefühl in seinem Arm blieb aus. Er hatte nicht getroffen. Langsam hob er den Kopf, um zu sehen, wie der Ball seitwärts von dannen rollte. „Verdammt!“ Vertraute Schritte kamen auf ihn zu. „Das war knapp“, urteilte Neflite und lehnte sich über das Netz. „Hast du dir wehgetan?“, fragte er. Einen Moment lang war Jedite versucht einfach „Ja“ zu antworten, und es wäre nicht einmal gelogen gewesen. Seine Haut brannte an den Stellen, an denen sie über den Boden geschrammt war. Sein Arm tat vom Annehmen der Bälle weh, doch gerade noch rechtzeitig erinnerte er sich wieder, warum er den Mist überhaupt machte und schüttelte stur den Kopf. „Geht schon“, murrte er, während er sich langsam wieder aufrappelte. „Aber Jupiter und Venus haben wir es damit hoffentlich gezeigt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)