Another Side von Flordelis (Another World, another Wesker 1.5) ================================================================================ Kapitel 3: Ich bin heute beschäftigt ------------------------------------ [LEFT]Albert hasste es, in Innenräumen eine Sonnenbrille zu tragen, aber als er am nächsten Morgen durch das RPD lief, blieb ihm nichts anderes übrig. Selbst die getönten Gläser halfen nicht viel gegen das Licht, das in seinen Augen brannte und seinen Kopf explodieren lassen wollte. Ganz schlimm wurde es in Verbindung mit Geräuschen, von denen er mehr als genug hatte, als er bei der Buchhalterin saß und ihr zu erklären versuchte, dass die Krankenversicherung nicht für Jill einspringen müsste; sie war privat im RPD gewesen und er hatte sich selbst um die Rechnung gekümmert. Die Buchhalterin schien sich einen Spaß daraus zu machen, ihn besonders lang bei sich zu behalten und immer wieder Dinge zu fragen, die er schon mehrmals erklärt hatte.[/LEFT] [LEFT]Schließlich ließ sie ihn aber endlich gehen. Sein Kopf dröhnte inzwischen wie ein Presslufthammer, aber in seinem Büro hatte er Kopfschmerztabletten, deswegen beeilte er sich, dorthin zu kommen, obwohl ihm dabei schwindelig wurde. Er konnte verstehen, wie Jill sich fühlte – aber kaum dachte er das, ärgerte er sich bereits über sich selbst. Gerade an sie wollte er heute eigentlich nicht denken, nicht nach gestern. Dafür schmerzte der Verrat einfach noch zu sehr.[/LEFT] [LEFT]Deswegen war Alberts erste Reaktion, als er ins Büro kam, nur ein leises Fluchen. Agent Morgan saß wieder auf Jills Platz und begrüßte ihn freundlich. Entweder hatte er den Fluch nicht gehört, bezog ihn nicht auf sich oder es war ihm schlichtweg egal. »Mr. Wesker, guten Morgen.«[/LEFT] [LEFT]»Ja«, sagte Albert darauf nur. »Gehen wir einfach in mein Büro.«[/LEFT] [LEFT]Er lief mit großen Schritten voraus, um endlich an die ersehnte Kopfschmerztablette zu kommen. Morgan folgte ihm und musterte mit undurchdringlicher Miene, wie Albert eine Flasche Wasser und eine Tablette aus der Schreibtischschublade zog und letztere direkt einwarf.[/LEFT] [LEFT]»Sie sollten nicht zu viele davon nehmen«, sagte Morgan unbekümmert. »Das ist nicht gesund für den Magen, wissen Sie? Ich hatte mal einen Fall, da-«[/LEFT] [LEFT]»Können Sie nicht einfach zum Punkt kommen?«, unterbrach Albert ihn. »Was wollen Sie?«[/LEFT] [LEFT]Es dauerte mindestens eine Stunde, bis die Tablette wirkte, so lange wollte er Morgan aber nicht in seiner Nähe haben, also kürzte er es lieber ab.[/LEFT] [LEFT]»Ach ja, genau. Sie haben gestern so abrupt aufgelegt, deswegen dachte ich, ich komme heute noch einmal vorbei und frage nach, ob Ms. Valentine Ihnen erzählt hat, was Ms. Redfield von ihr wollte.«[/LEFT] [LEFT]Gott, das hätte er auch gerne gewusst. Wäre er nicht direkt so wütend geworden, hätte sie es ihm vielleicht erzählt. Nein, er stoppte sich selbst in seinen Gedanken. Als er ging, war es ihr problemlos möglich gewesen, ihn aufzuhalten, aber sie hatte es nicht getan. Ihr lag nicht daran, ihn einzuweihen. Für ihn blieb nur der Schluss, dass Jill und Chris unter einer Decke steckten und sie nun auch Claire mit hineinziehen wollten. Und das Richtige wäre, Morgan von seinem Verdacht zu erzählen.[/LEFT] [LEFT]»Claire war nur bei Jill, weil sie mit jemandem reden wollte, der Chris kannte. All die Ereignisse haben auch Claire verwirrt und verunsichert. Sie hat immerhin auch nicht damit gerechnet, dass er plötzlich als Bio-Terrorist gesucht wird.«[/LEFT] [LEFT]Er konnte es einfach nicht. Solange keiner von ihnen es ihm selbst bestätigte, mochten die Beweise noch so erdrückend sein, seine Zweifel noch so groß, er konnte keinen Verdacht aussprechen, der seine Freunde als die Bösen darstellte.[/LEFT] [LEFT]Morgan ließ sich die Worte durch den Kopf gehen. Dabei tippte er nachdenklich mit dem Zeigefinger auf das Revers seines Anzugs. »Interessant. Wir haben gar nicht darüber nachgedacht, dass sie vielleicht nur emotionale Unterstützung braucht.«[/LEFT] [LEFT]Natürlich nicht. Sie waren FBI-Agenten, darauf trainiert, rational und logisch an ihre Fälle heranzugehen. Außerdem glaubte Albert, dass Morgan und Cooper – der vermutlich gerade Claire überwachte – allgemein Probleme damit hatten, Emotionen nachzuvollziehen. Sie wirkten ein wenig wie die Verbrecher, die sie fangen sollten. Waren sie deswegen Agenten geworden oder hatten all die Fälle, in denen sie in Abgründe gestarrt hatten, sie selbst in Monster verwandelt?[/LEFT] [LEFT]Er fragte lieber nicht.[/LEFT] [LEFT]Schließlich nickte Morgan. »Okay, das klingt plausibel. Danke für Ihre Mithilfe, Mr. Wesker.«[/LEFT] [LEFT]Er wandte sich bereits zum Gehen, Albert wollte schon aufatmen – doch dann fuhr Morgan mit erhobenem Zeigefinger noch einmal zu ihm herum. »Ach, eine Kleinigkeit noch. Sie sollten wirklich nicht mit dieser Sonnenbrille herumlaufen. Man könnte Sie für einen Bösewicht halten.«[/LEFT] [LEFT]Nach diesem nicht sonderlich hilfreichen – und auch noch ungefragten – Ratschlag, verabschiedete Morgan sich und ging dann glücklicherweise wirklich. Barry kam direkt nach ihm herein und kam sofort zu Alberts Tür. Er wirkte besorgt, deswegen winkte Albert direkt ab. »Agent Morgan hatte nur eine Frage an mich. Nichts weiter Wildes.«[/LEFT] [LEFT]»Was ist mit Jill?«, fragte Barry.[/LEFT] [LEFT]Etwas stach in seiner Brust. »Sie bleibt erst einmal zu Hause und erholt sich. Sag das bitte auch den anderen. Ich bin heute beschäftigt und möchte gern ungestört bleiben.«[/LEFT] [LEFT]Schon allein, damit sich seine Kopfschmerzen endlich beruhigten. Im Moment war es schon besser, weil das Licht in seinem Büro gedämpft war, aber er war erst zufrieden, wenn die Schmerzen ganz fort waren. Am liebsten hätte er einfach noch einmal etwas getrunken, um einen Pegel zu erreichen, der seinen Kater verschwinden ließ, doch das war keine Option.[/LEFT] [LEFT]Barry nickte ihm zu. »Geht klar.«[/LEFT] [LEFT]Dann schloss er die Tür hinter sich und ließ Albert in Ruhe arbeiten. Als Brad und Kevin ins Büro kamen, redete Barry kurz mit ihnen, vermutlich, um sie von Alberts Anweisung in Kenntnis zu setzen, denn sie ließen ihn den ganzen Tag in Ruhe. So war der Rest des Tages ereignislos, abgesehen von dem Moment, in dem er aus Gewohnheit zu Jills Platz hinübersah. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er, sie dort sitzen zu sehen, wie sie zu arbeiten versuchte, während Chris ihr lebhaft etwas erzählte und sie damit immer wieder ablenkte. Doch natürlich waren ihre Schreibtische leer, keiner von ihnen war hier – und vielleicht würden sie auch nie wieder hier sein.[/LEFT] [LEFT]Entsprechend schlecht gelaunt war er, als er am Abend nach Hause fuhr, wo er sich nur wieder in den Schlaf trank, um am nächsten Tag erneut mit einem ekelhaften Kater zu erwachen.[/LEFT] [LEFT]Ob er an diesem Tag einfach zu Hause bleiben könnte? Nein, wenn man ihn suchte, musste er im Büro sein, schon allein, weil er nicht wollte, dass die Ermittler hierher kamen. Seine Wohnung war unauffällig, aber es widerstrebte ihm, Munch und Briscoe oder auch Morgan und Cooper in der Sicherheit seiner eigenen vier Wände zu empfangen. Es kam ihm einfach falsch vor. Also fuhr er doch zur Arbeit, machte aber einen Umweg über einen Coffee Shop, in dem er sich einen starken Kaffee kaufte. Den konnte er an diesem Morgen gut gebrauchen, da störte es ihn nicht einmal, dass er seinen Mund verbrannte, als er direkt daran nippte.[/LEFT] [LEFT]In der Eingangshalle wurde er nur kurz aufgehalten, diesmal um ein paar Spesenausgaben von Kevin zu bescheinigen. Ein kurzer Blick verriet ihm, dass sein Angestellter genau das tat, was er ihm aufgetragen hatte: Informationen sammeln, indem er sich den Tratsch seiner ehemaligen Kollegen anhörte. Gut.[/LEFT] [LEFT]Albert unterschrieb und setzte seinen Weg ins S.T.A.R.S.–Büro fort. Als er diesmal aber wieder einen nicht angekündigten Gast entdeckte, der gerade mit Barry sprach, wünschte er sich, dass er einfach zu Hause geblieben wäre. Er hätte einen Kuchen und mehr Kaffee für die Agenten und die Detectives kaufen können, vielleicht wäre der Tag dann sogar ganz schön geworden.[/LEFT] [LEFT]»Oh, Jill.« Da sie nichts sagte, musste er wohl anfangen. »Du bist krankgeschrieben, was willst du hier?«[/LEFT] [LEFT]Sie kam langsam auf ihn zu, selbst in diesem Moment sah sie ihn noch misstrauisch und sogar etwas ängstlich an. »Ich wollte mit dir reden.«[/LEFT] [LEFT]Seine Emotionen verrieten ihn mal wieder, denn er freute sich tatsächlich, dass sie gekommen war. Aber er bemühte sich, es nicht zu zeigen. »Ist es denn wichtig?«[/LEFT] [LEFT]Sie blieb vor ihm stehen. »Ist es.«[/LEFT] [LEFT]Innerlich debattierte er mit sich selbst. Er wollte mit ihr reden, um alles, was zwischen ihnen stand, aus der Welt zu schaffen, gleichzeitig war ihm aber auch danach, ihr zu demonstrieren, dass sie so nicht mit ihm umspringen konnte und ihn verletzt hatte. Und dann war da noch der Vorgesetzte in seinem Inneren, der verlangte, dass er sich die Zeit nahm, sie anzuhören, wenn sie schon von selbst kam. Schließlich gab er seufzend nach. »Okay, dann komm in mein Büro. Aber ich habe nicht viel Zeit.«[/LEFT] [LEFT]Eigentlich hatte er nicht viel zu tun, aber sie sollte nicht glauben, dass er darauf angewiesen wäre, dass sie sich herabließ, mit ihm zu sprechen. Er nickte Barry zur Begrüßung nur kurz zu. Jill folgte ihm, schloss die Tür hinter sich und setzte sich dann auf den Stuhl vor seinem Tisch, während er auf seinem Sessel Platz nahm.[/LEFT] [LEFT]»Also.« Er stellte den Kaffee ab, der langsam zu heiß für seine Finger wurde. »Was willst du?«[/LEFT] [LEFT]»Kannst du mir … vorher einen Gefallen tun und die Sonnenbrille abnehmen?«[/LEFT] [LEFT]Das kam unerwartet. »Was?«[/LEFT] [LEFT]»Ich erklär dir das noch, aber sie macht mich wirklich nervös.«[/LEFT] [LEFT]Dem nachzugeben bedeutete, seine Schwäche zu offenbaren. Sie würde bestimmt sofort merken, dass er zu viel getrunken hatte und das ausnutzen. Das durfte er nicht zulassen. Deswegen überlegte er für einen Moment, sie wegzuschicken – aber er spürte selbst, wie wohltuend es war, sie wieder vor sich zu sehen, ihre Stimme zu hören. Selbst wenn sie nur hier war, um ihn zu zerstören, würde er lachend in die Kreissäge rennen.[/LEFT] [LEFT]Er nahm die Brille ab, dämpfte das Licht, das tausend Feuer in seinem Kopf zu entfachen schien, dann lehnte er sich im Sessel zurück. »Ich bin ganz Ohr. Was willst du mir sagen?«[/LEFT] [LEFT]Sogar wenn sie ihm nun sagte, dass sie eine Terroristin, unsterblich verliebt in Chris und schwanger von ihm wäre, hätte er den Moment genossen. Es war fast schon erbärmlich, wie sehr er bereit war, auf sich herumtrampeln zu lassen, nur um nicht allein zu sein. Vielleicht sollte er bei Gelegenheit doch mal über eine Therapie nachdenken. Sobald Enrico wieder hier war, um einen Teil seiner Arbeit zu übernehmen.[/LEFT] [LEFT]»Es tut mir leid, dass ich dir nichts von Claire erzählt habe«, platzte es aus ihr heraus. »Das war definitiv ein Fehler. Aber es gibt einen Grund, warum ich so … misstrauisch bin. Es ist nicht deine Schuld, aber ich kann einfach nicht anders.«[/LEFT] [LEFT]»Und was ist das für ein Grund?«, fragte er ungeduldig. »Hat es irgendetwas mit Umbrella zu tun? Hab ich irgendwann etwas Falsches zu dir gesagt? Oder hat Chris etwas gesagt?«[/LEFT] [LEFT]Er knurrte den Namen fast. Sein bester Freund würde nie etwas Schlimmes über ihn sagen, er weigerte sich einfach, das zu glauben – aber diese leise Stimme in seinem Kopf hatte übernommen und es ihn einwerfen lassen.[/LEFT] [LEFT]Jill wurde sichtbar nervös, sie knetete ihre Hände. »Es ist wirklich schwer zu erklären, garantiert unmöglich in ein paar Minuten. Und vielleicht würdest du es mir nicht mal glauben, weil es einfach so … verrückt ist.«[/LEFT] [LEFT]Er schüttelte leicht mit dem Kopf. »Wir haben vor einigen Monaten ein Herrenhaus gesäubert, in dem uns Zombies und sogar mutierte Pflanzen angegriffen haben. Das war verrückt, aber es war Realität. Warum sollte ich dir andere seltsame Dinge nicht glauben?«[/LEFT] [LEFT]Das ließ sie sich durch den Kopf gehen, dann begann sie mit »Ich bin nicht die Jill, die du kanntest«.[/LEFT] [LEFT]Wirklich neu war das jetzt nicht für ihn. »Schon klar. Es sind viele Dinge passiert, und du wurdest am Kopf verletzt, da kommt es schon mal vor, dass-«[/LEFT] [LEFT]»Das meine ich nicht«, unterbrach sie ihn. »Ich, also meine Erinnerungen, sind aus einer ganz anderen Welt, einer anderen Zeit, in der alles ganz anders gelaufen ist.«[/LEFT] [LEFT]Wie dumm war er eigentlich? Natürlich nutzte sie die Gelegenheit, ihm eine derart lächerliche Geschichte zu erzählen. Wessen Idee war das gewesen? Bestimmt nicht die von Chris, er war zu pragmatisch, um sich so etwas einfallen zu lassen.[/LEFT] [LEFT]»Machst du dich über mich lustig?«, fragte er, in einer Mischung aus Wut und Müdigkeit. »Bist du deswegen hergekommen? Um mich fertigzumachen?«[/LEFT] [LEFT]»Ich sagte ja, dass es verrückt ist«, verteidigte sie sich. »Aber ich schwöre dir, dass es die Wahrheit ist. Ich bin vor ein paar Tagen in dieser Welt aufgewacht, deswegen weiß ich so wenig über das, was hier passiert ist.«[/LEFT] [LEFT]Es war absoluter Schwachsinn, das wollte er ihr auch direkt entgegnen – aber wieder übernahmen seine Emotionen, die Jill betrafen. Sie wiesen ihn darauf hin, dass es die einzige Erklärung war, warum sie sich an so wenig erinnerte und so anders war – dabei pfiffen sie auf die Kopfverletzung – und dass sie sogar den Kuss vergessen hatte. Er musste nur daran glauben, dass sie ihn nicht anlog. Und er wollte so sehr daran glauben. Wenn auch nur der Hauch einer Wahrscheinlichkeit bestand, dass es der Wahrheit entsprach, war er entschlossen, sich an diesen kleinen Faden der Hoffnung zu hängen, selbst wenn sich irgendwann herausstellen sollte, dass es nur ein Köder war, um ihn weiter in die dunkle Tiefe zu ziehen.[/LEFT] [LEFT]Außerdem gab es eine Sache, die Jills Verhalten ihm gegenüber betraf, die ihn interessierte. Selbst wenn alles nur ein riesiges Lügengebilde war, wollte er wissen, was sie sich dafür ausgedacht hatte.[/LEFT] [LEFT]»Okay«, sagte er seufzend. »Nehmen wir an, ich glaube dir das einfach mal. Was genau in dieser … anderen Welt sorgt dann dafür, dass du mir so sehr misstraust?«[/LEFT] [LEFT]Er legte die gespreizte Hand auf seine Brust, genau dort, wo der Schmerz saß, der sich auch in diesem Moment wieder meldete.[/LEFT] [LEFT]»Ich war auch in meiner Welt bei S.T.A.R.S.«, erklärte sie zögernd, »und wir hatten auch einen Captain Wesker, aber er war komplett anders als du. Er war unnahbar, kalt, arrogant – und er hat immer eine Sonnenbrille getragen.«[/LEFT] [LEFT]Sie nickte zu seiner, die er auf dem Tisch abgelegt hatte. Das erklärte natürlich einiges.[/LEFT] [LEFT]»Außerdem hat er für Umbrella gearbeitet und uns alle verraten.«[/LEFT] [LEFT]Er sah sie verwirrt an.[/LEFT] [LEFT]»Der Wesker meiner Welt, meiner Erinnerung, hat uns verraten, um Kampfdaten für die Biowaffen Umbrellas zu erhalten. Das hat eine Kettenreaktion ausgelöst, wegen der Raccoon City von Zombies überrannt und dann von der Regierung vernichtet wurde.«[/LEFT] [LEFT]Jedes einzelne Wort traf ihn wie einen Peitschenhieb. Er sank tiefer in seinen Sessel. »Nein, das kann nicht sein. Das ist unmöglich.«[/LEFT] [LEFT]Er hatte Umbrella vor Chris und Jill immer verteidigt, weil er der Überzeugung war, dass das Unternehmen nur das Beste für alle wollte. Aber wenn sie in dieser anderen Welt – sofern sie natürlich existierte – wirklich Biowaffen entwickelten, was sollte dann dafür sprechen, dass sie es hier nicht auch taten? War Chris dann kein Verräter, sondern nur aus dem Verkehr gezogen worden, weil er unbequem geworden war?[/LEFT] [LEFT]Aber was ihn noch viel mehr traf, war der Status des anderen Albert Weskers als Verräter. Was mochte ihn dazu bewogen haben? Sah Jill ihn deswegen immer so misstrauisch an? Hatte sie darum Angst vor ihm?[/LEFT] [LEFT]Er hasste jeden einzelnen Gedanken, der in diesem Moment durch seinen Kopf schwirrte, ihn verwirrte und mit noch viel mehr Fragen zurückließ, die er aber nicht alle gleichzeitig stellen konnte.[/LEFT] [LEFT]»Und das war noch nicht alles«, begann Jill, doch Albert hob kraftlos die Hand.[/LEFT] [LEFT]»Das reicht erst mal. Ich glaube, bevor ich mir mehr dazu anhöre, brauch ich erst einen guten Drink.«[/LEFT] [LEFT]Vielleicht würde sein Kopf dann auch nicht mehr so sehr schmerzen. Oder seine Gedanken würden langsamer umherschwirren, so dass er mehr dazu sagen konnte.[/LEFT] [LEFT]Zu allem Überfluss klingelte in diesem Moment auch noch das Telefon. Hoffentlich war es nicht wieder Morgan oder vielleicht jemand aus der Inneren Abteilung. Keinen von ihnen konnte er gerade gebrauchen oder ertragen. Dass Kevin sie im offenen Büro an einen Tisch gelehnt beobachtete, half auch nicht gerade, dass er sich wohler fühlte.[/LEFT] [LEFT]»Ich bin mir noch nicht sicher, was ich davon halten soll. Aber ich bin bereit, mir mehr davon anzuhören. Denn ich will dir weiterhin vertrauen, auch wenn du nicht die Jill sein solltest, die ich kenne.«[/LEFT] [LEFT]Wo mochte sie dann jetzt sein? War sie in der anderen Welt und versuchte sich dort zurechtzufinden? Oder war sie nirgendwo? Würde sie überhaupt je zurückkommen? Besonders die letzte Frage schnürte ihm die Kehle zu, deswegen sprach er lieber schnell weiter: »Ist es okay, wenn ich heute Abend wieder zu dir komme? Dann hast du auch mehr Zeit, mir alles zu erzählen – und wir werden dabei nicht die ganze Zeit beobachtet.«[/LEFT] [LEFT]Er nickte zu den Fenstern, um sie auf Kevin aufmerksam zu machen. Tatsächlich zog sie die Brauen zusammen. »Stimmt, wir sollten bei mir weiterreden.«[/LEFT] [LEFT]Sein Telefon klingelte weiterhin. Wer auch immer mit ihm sprechen wollte, ließ nicht locker. Albert seufzte innerlich.[/LEFT] [LEFT]»Gut, ich komm dann gegen Acht zu dir.« Damit hob er bereits den Hörer ab. »Hallo.«[/LEFT] [LEFT]Jill verstand den Wink und verließ das Büro. Seine Verwirrung blieb leider bei ihm und führte dazu, dass er seinem Anrufer erst einmal nicht zuhörte. Erst als die Person ihn bei seinem Vornamen nannte, erkannte er Enricos Stimme. Er rieb sich die Augen. »Tut mir leid, Enrico. Ich war grad noch abgelenkt. Was gibt es?«[/LEFT] [LEFT]»Gibt es viel Arbeit?«, stellte er die Gegenfrage, statt zu antworten.[/LEFT] [LEFT]»Das FBI und die Innere Abteilung nerven mich die letzten Tage nur, das ist alles.«[/LEFT] [LEFT]Enrico gab einen verstehenden Laut von sich, ging dann aber nicht weiter darauf ein. Immerhin müsste er sich denken können, warum sie alle etwas von ihm wollten – und vermutlich konnte er sich vorstellen, dass Albert sich dabei schwertat, weil er Chris einfach zu sehr mochte.[/LEFT] [LEFT]»Eigentlich rufe ich dich aber auch nur an, um dir zu sagen, dass die Entscheidung gefallen ist.«[/LEFT] [LEFT]Albert wurde sofort aufmerksam. »Oh, wie lautet sie?«[/LEFT] [LEFT]Hoffentlich war es eine gute. Er brauchte unbedingt eine gute Nachricht – und Enrico enttäuschte ihn nicht: »Billy Coen ist ein freier Mann. Unter einer Bedingung.«[/LEFT] [LEFT]Er atmete lautlos auf, spannte sich aber sofort wieder an. Was könnte da jetzt noch kommen?[/LEFT] [LEFT]»Das Ministerium möchte, dass wir ihn bei S.T.A.R.S. im Auge behalten«, erklärte Enrico. »Nur um sicherzugehen. Ich habe in deinem Namen zugestimmt. Das war doch in Ordnung, oder?«[/LEFT] [LEFT]Das wäre ein gefundenes Fressen für die Innere Abteilung. Nach einem vermeintlichen Bio-Terroristen und dessen Kontakt auch noch ein verurteilter Kriegsverbrecher, der nur aufgrund der Vorgaben der Regierung bei ihnen anfing. Vielleicht könnten sie sich dann an Coen abarbeiten und würden von Chris und Jill ablassen.[/LEFT] [LEFT]»Vollkommen in Ordnung. Wir brauchen unbedingt Leute.«[/LEFT] [LEFT]Enrico wirkte erleichtert, als hätte er tatsächlich erwartet, dass Albert ihn deswegen zurechtweisen würde. Als wäre das jemals passiert, seit sie zusammenarbeiteten, es war eher Enricos Aufgabe, Albert zu tadeln. Wie hatte er überhaupt Captain dieser Einheit werden können?[/LEFT] [LEFT]Zum Glück riss sein Vize ihn direkt wieder aus diesen Gedanken heraus, indem er ihm mitteilte, dass sie morgen bereits zurückkämen und er Coen dann gern das Büro zeigen und die Leute vorstellen würde. Außerdem müssten sie sich dann noch gemeinsam ansehen, welche Stärken der Neue aufwies, um ihn auf die passende Stelle setzen zu können.[/LEFT] [LEFT]Also sollte er morgen lieber ohne Kater zur Arbeit kommen. Dafür vielleicht auch mal wieder rasiert und in einem besseren Anzug.[/LEFT] [LEFT]Nachdem sie das besprochen hatten, verabschiedeten sie sich wieder voneinander. Albert legte auf und lehnte sich auf seinem Sessel zurück. Sobald Enrico zurück war, müsste er unbedingt mit ihm darüber reden, dass er eine Weile die Führung der S.T.A.R.S. übernahm, damit Albert sich ausruhen konnte. Und einen Therapeuten aufsuchen. Bestimmt konnte das nicht schaden, nicht einmal die Innere Abteilung könnte ihm daraus einen Strick drehen. Bis dahin müsste er aber noch durchhalten – und sich auch anhören, was Jill ihm noch zu erzählen hatte. Mit mehr Informationen fiel es ihm dann sicher auch noch leichter, ihr alles zu glauben. Auch wenn am Ende alles nur ein riesiger Betrugsversuch von ihr wäre, blieb ihm nichts anderes übrig, als seinen Emotionen zu gehorchen und ihr zu folgen, wohin auch immer sie ihn führte.[/LEFT] [LEFT]Vielleicht sollte er das sogar mal bei einer Therapie ansprechen, falls er je zu einer käme. Vorerst kümmerte er sich aber wieder um seine Arbeit, die darin bestand, die Arbeitsprotokolle der S.T.A.R.S. abzusegnen und sich vor allem durchzulesen, was Kevin zusammengetragen hatte. Aktuell war Agent Morgan ein beliebtes Gesprächsthema im Revier, da er offenbar viel Zeit dort verbrachte, um Albert im Auge zu behalten und dabei über Filme aus den 80ern zu philosophieren. Die anderen betrachteten ihn wohl mit einer bizarren Neugier, die Morgan schon fast wie ein Kunstwerk anmuten ließ. Zumindest hatte der Agent damit den neuesten RPD-Rekruten – Leon Scott Kennedy – als wichtigstes Thema im Revier verdrängt. Albert hoffte, dass dieser das gut fände.[/LEFT] [LEFT]Während er diesen Bericht abheftete, kehrte plötzlich Leben in das offene Büro ein. Barry, Brad und Kevin erhoben sich simultan von ihren Schreibtischen. Albert folgte diesem Beispiel, um nachzusehen, was los war.[/LEFT] [LEFT]Als er Jill an der Tür entdeckte, die gerade nach ihm fragte, war er sich nicht sicher, was er darüber denken sollte. Er setzte an, um sie zu fragen, was sie wollte und ob es nicht bis zum Abend warten konnte, doch da fiel ihm etwas auf, was ihn sofort wieder in Sorge versetzte: »Jill, du blutest. Was ist passiert?«[/LEFT] [LEFT]Das Blut lief aus ihrer Nase auf ihre Oberlippe. Sie wischte es weg, blickte kurz auf ihre Finger hinunter und schüttelte dann mit dem Kopf. »Egal! Ich habe die Beweise gefunden, die Chris gesammelt hat.«[/LEFT] [LEFT]Albert hatte das Gefühl, zum ersten Mal seit langer Zeit aus tiefer Schwärze aufzutauchen. Es war Chris wirklich gelungen, Beweise zu sichern, die Umbrellas Verwicklungen in diese Sache aufwiesen? Dann bestand immer noch die Möglichkeit, dass Chris unschuldig war! Er hatte sie nicht verraten, keinen einzelnen von ihnen![/LEFT] [LEFT]Er beschäftigte sich nicht mit der Frage, wo Chris dann gerade war, denn das hätte seine neu erwachte Hoffnung nur unnötig getrübt. Aber er wollte auch nicht im Vorfeld zu sehr Begeisterung zeigen, falls am Ende doch nichts dabei herauskäme. Deswegen lauschte er Jill nur aufmerksam, während sie erzählte, dass sie alles in einem Lagerraum gefunden hätte und sie dort von Personen in schwarzen Uniformen verfolgt worden war.[/LEFT] [LEFT]Ein Glück, dass ihr nichts passiert ist.[/LEFT] [LEFT]»Und deswegen bin ich jetzt hier«, schloss sie. »Damit wir gemeinsam etwas unternehmen.«[/LEFT] [LEFT]Diesmal vertraute sie ihm also. Das zu wissen machte ihn glücklich, aber er ließ sich immer noch nichts anmerken, sondern fragte Barry und Brad, was sie darüber dachten. Die beiden hatten sich die Dokumente und Chris' Notizbuch angesehen und sie bestätigten ihm, dass sie hier etwas wirklich Wertvolles in der Hand hielten, das Umbrella zu Fall bringen und Chris' Namen reinwaschen könnte.[/LEFT] [LEFT]Unter diesen Umständen musste er nicht lange nachdenken: »Ich will, dass wir uns diese Beweise und das Notizbuch durchnehmen und Kopien anfertigen. Dann finden wir einen Weg, alles an die Öffentlichkeit zu bringen und Chris zu retten.«[/LEFT] [LEFT]Bitte, lass noch etwas zu retten da sein! Wo immer er ist, er muss nur durchhalten.[/LEFT] [LEFT]Er bezweifelte, dass sie Chris einfach getötet hatten. Lebend war er bestimmt viel wertvoller für sie. Vielleicht wollte er das auch nur glauben, weil er nicht wahrhaben wollte, dass sein bester Freund schon tot sein könnte. Nein, sie würde ihn retten! Definitiv![/LEFT] [LEFT]»Wir werden nicht zulassen, dass einer von uns unter die Räder kommt, nur weil er die Wahrheit sagen will!«[/LEFT] [LEFT]Barry, Brad und Kevin stimmten jubelnd zu und ließen sich von Albert darin unterweisen, dass sie sich die Dokumente teilen sollten, während er das Notizbuch lesen wollte. Es war eine Methode, ihm noch einmal nahe zu sein, etwas, das er seit seinem Verschwinden vermisste. Ihre Gespräche waren nicht die Tiefgründigsten gewesen, aber Chris' unbekümmerte Art und sein unerschütterlicher Gerechtigkeitssinn fehlten ihm. Er wollte deswegen seine Schrift lesen, dabei seine Gedanken verfolgen und sich wieder so fühlen, als würde er mit ihm sprechen.[/LEFT] [LEFT]»Was soll ich tun?«, fragte Jill plötzlich.[/LEFT] [LEFT]Er sah sie wieder an und überlegte für einen Moment, sie nach Hause zu schicken. Aber er wusste, dass sie das ohnehin nicht täte. »Erst einmal solltest du zusehen, dass die Blutung aufhört. Dann kümmern wir uns gemeinsam um das Notizbuch.«[/LEFT] [LEFT]Vielleicht fielen ihr Dinge auf, die für ihn untergingen. Sie hatte öfter mit Chris über seine Verschwörungstheorie gesprochen, da konnte sie auch am ehesten sagen, ob die Angaben im Notizbuch übereinstimmten.[/LEFT] [LEFT]»Chris kann sich glücklich schätzen, dass er dich als seine Verbündete hat«, fügte er hinzu.[/LEFT] [LEFT]»Eigentlich hatte er Pech«, erwiderte sie. »Er hat nicht damit gerechnet, dass ich mich nicht an den Lagerraum erinnere.«[/LEFT] [LEFT]Das war wirklich unglücklich gelaufen, aber: »Niemand hätte sich vorstellen können, dass eine Jill aus einer anderen Welt vorbeikommt, um hier aufzuräumen.«[/LEFT] [LEFT]»Dann glaubst du mir?« Sie wirkte aufrichtig erleichtert, was immer noch alles mögliche bedeuten könnte.[/LEFT] [LEFT]Hoffentlich würden das Notizbuch und die Dokumente ihm helfen, die Zweifel endlich abzuschütteln. Außerdem hoffte er, dass Morgan nicht einen spontanen Besuch einlegte.[/LEFT] [LEFT]»Sagen wir mal, ich vertraue dir mehr als vielleicht gut ist.« Er hob lächelnd die Schultern, damit sie seine Furcht nicht sah. »Nutz das besser nicht aus.«[/LEFT] [LEFT]Jill musterte ihn einen kurzen Moment, dann wurde ihr Blick zum ersten Mal seit vorgestern wieder sanfter, selbst ihr Misstrauen schwand. So dass er wusste, dass ihre folgenden Worte absolut ernst gemeint waren und sein Herz ein wenig leichter werden ließ: »Werde ich schon nicht.«[/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)