From Snow and Light von _Delacroix_ ================================================================================ I. -- „Boah, wie cool ist das denn?“, entfuhr es Reki, während er seine Nase gegen die eiskalte Scheibe drückte. In den letzten fünf Stunden hatte ihn die Welt dort draußen nicht sonderlich interessiert. Jetzt aber, wo sie endlich durch die dicke Wolkendecke gebrochen waren und die Berge von Asahikawa (1) sie begrüßten, fiel es ihm schwer, mit dem Hintern brav auf seinem Sitz zu bleiben. Die Frau von der anderen Seite des Ganges warf ihm einen skeptischen Blick zu, sagte aber nichts. Möglicherweise, weil Langa sich eben jenen Moment aussuchte, um mit einem leisen Stöhnen seine Beine auszustrecken. Weit kam er dabei nicht. Zwischen ihrer Sitzreihe und der vor ihnen war kaum genug Platz, um überhaupt einmal die Position zu wechseln. Reki schenkte ihm einen aufmunternden Blick. „Hast du so was Cooles schon mal gesehen?“ „Er hat Okinawa von oben gesehen und Québec und vermutlich noch diverse andere Städte“, antwortete Miya an Langas Stelle und wackelte mit den Füßen. Er hatte Glück. Aufgrund seines Alters und seiner eher geringen Größe verfügte er über so etwas wie Beinfreiheit. Außerdem schienen die Stewardessen irgendwie einen Narren an ihm gefressen zu haben und so hatten sie Miya den ganzen Flug über mit Gratiserdnüssen und anderen Leckereien verwöhnt. Etwas, was ihm diverse böse Blick von hinten eingebracht hatte. Jetzt drehte er den Kopf, um zwischen seiner und Langas Rückenlehne hindurch in die hintere Reihe spähen zu können. „Noch mal vielen Dank für die Einladung, Sakurayashiki-san“, flötete er. Reki konnte dessen leises „Pah“ durch seine Kopfstütze hindurch hören. „Wenn ich gewusst hätte, dass ‚Ich mache eine Geschäftsreise nach Hokkaido‘, seit neuestem ‚Wollt ihr mich nicht nach Hokkaido begleiten?‘ bedeutet, hätte ich es nicht erwähnt.“ Reki hörte das Rascheln von Stoff, gefolgt von einem scharfen Klatschen, das Joe mit einem „Au!“ quittierte. „Ich hab doch gar nichts gesagt“, verteidigte er sich. „Ich weiß aber, was du sagen wolltest“, schnappte sein Sitznachbar zurück. „Und nur zu deiner Information, ich weiß ganz genau, dass du hier deine Finger im Spiel hast.“ „Ich?“, entgegnete Joe und klang ernsthaft ein wenig verstimmt, „Wieso verdächtigst du nicht erst mal deine Blechbüchse?“ „Weil CARLA die Buchung ordnungsgemäß aufgegeben hat.“ „Und?“ „Und“, echote Cherry, „ich bin trotzdem hier. Auf dem Sitzplatz neben dir. In der Economy Class. Weil man mich auf ‚meinen Wunsch hin‘ aus der Business Class hinunter gestuft hat. Und jetzt frage ich dich, warum sollte ich einen bequemen Liegesitz und ein warmes Handtuch eintauschen, um fünf Stunden lang neben einem müffelnden Gorilla auf einem Platz ohne Beinfreiheit zu kauern?“ „Vielleicht war’s ja ein Computerfehler?“ Reki musste nicht durch die Lücke zwischen den Sitzen sehen, um zu wissen, dass Joe grinste. Ein weiteres Klatschen erklang und in ihm wuchs die Vermutung, dass Joe gerade noch einmal Bekanntschaft mit Cherrys Fächer gemacht hatte. „Ich weiß nicht, wie du es geschafft hast, CARLA zu manipulieren“, hörte er Cherry knurren, „Aber du kannst dir sicher sein, ich finde es heraus. Spätestens wenn ich meine Beine wieder spüren kann.“ Joe erwiderte irgendetwas darauf, doch Reki hörte schon nicht mehr hin. Die beiden „Erwachsenen“ stritten ohnehin die meiste Zeit. Da verpasste er nicht viel, wenn er einfach wieder aus dem Fenster sah und sich an den Anblick des schneebedeckten Asahi-dake (2) gewöhnte.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)