Die verstrickte Situation des Lucius M. von irish_shamrock ================================================================================ Kapitel 1: Die verstrickte Situation des Lucius M. --------------------------------------------------   Die verstrickte Situation des Lucius M.   Dicke Tropfen schlugen gegen die hohen Fenster im Salon, während im Kamin ein kleines Feuer knisterte und knackte. Die Außentemperaturen waren für diese Jahreszeit noch immer angenehm und es schien beinahe zu warm, für dieses spätherbstliche Vorhaben. Vor wenigen Stunden erst, hatte sich Lucius Malfoy in diesen Teil des Hauses zurückgezogen. Und längst hatte sich Narzissa, in all den Jahren, mit seinen merkwürdigen Anwandlungen arrangiert. Mal sprudelte er vor Tatendrang, dann verfiel der alternde Zauberer in Lethargie und nichts und niemand schien im Stande, ihm in diesen Phasen eine Stütze zu sein. Niemand, bis auf Scorpius. Wie seine Mutter, besaß auch der kleine Scorpius einen Wesenszug, den Lucius erst sehr spät zu schätzen gelernt hatte. Die Ehe von Draco und Astoria Greengrass hatte ihm nicht nur eine Schwiegertochter beschert, die eine Bereicherung für die gesamte Familie Malfoy gewesen war, auch hatte Astoria, mit der Geburt des Jungen, einen Funken in ihm entfacht, der Stolz, Achtsamkeit und Fürsorge aufglimmen ließ. Werte, an deren Erhalt Lucius längst nicht mehr glaubte. Das Ableben Astorias hatte ihm schmerzlich bewusst gemacht, dass all das, was ihn ausmachte, zerbrechlich, kostbar und endlich war. Niemand lebte ewig, auch ein Zauberer nicht. Und sowie er eines Abends durch das Foyer des Anwesens strich, wurde er sich dem einstigen Reichtum und der Stellung seinesgleichen in der Gesellschaft von Zauberern, Hexen und magischen Kreaturen gewahr. Den Namen Malfoy zutragen, brachte hohes Ansehen und Ehrfurcht mit sich. Doch nach dem erneuten Aufstieg und Fall des Dunklen Lords wurde aus dem großen, eindrucksvollen Lucius eine kümmerliche Figur. Es sollten Jahre vergehen, bis er sich seines eigenen Wertes bewusst wurde, doch nur langsam gelang es ihm und seiner Familie an den gewohnten Wohlstand anzuknüpfen, den ihm Strafprozesse und Nachrede vereitelt hatten. Die Zeiger der Uhr hielten auch für einen Lucius Malfoy nicht still. Er wurde älter, wenn auch nicht weiser im Umgang mit Menschen, die nicht seines Standes waren. Obschon Lucius selbst Ächtung und Verachtung erfahren hatte, lagen ihm die letzten Jahrzehnte wie die hiesigen Pranken eines Riesen auf den Schultern, die ihn fortwährend niederzwangen. Was waren ihm dann die kleinen Erzählungen seines Enkels eine willkommene Abwechslung. Nach dem Tode Astorias schien es einzig dem tapferen Scorpius zu gelingen, jenen bösartigen Streifzug des Schicksals mit beängstigender Ruhe zu begegnen, dass es ihm noch immer einen Schauer über den Rücken trieb. Keine junge Seele sollte solch ein Leid erfahren. Kein Kind sollte einen ihn liebenden Menschen auf diese Weise verlieren müssen um dann, eher noch als andere, sich diesem grausamen Umstand bewusst zu sein, dass alles vergänglich ist. Scorpius hingegen gab sich beunruhigend beherrscht, weise und schien mit einer Schläue gesegnet, wie sie kaum jemandem beschieden war. Die Jahre in Hogwarts taten ihm gut. Wenngleich Lucius, Narzissa und Draco den Umgang Scorpius' mit Argwohn betrachteten und die Freundschaften zu den Potters, Weasleys und Longbottoms dieser Welt nur naserümpfend billigten. Zähneknirschend musste sich Lucius eingestehen, dass ihm die Geschichten, wenn auch nicht immer der Wahrheit geschuldet, beinahe lieb geworden waren. Eine Anekdote aus dem Schulalltag seines Enkels lautete daher wie folgt: Rose, die einzige Tochter dieses rothaarigen Sprosses, der seinem Sohn das Leben schwergemacht hatte und nun das kümmerliche Anhängsel der jetzigen Zaubereiministerin Hermione Granger-Weasley darstellte, und folglich und zu allem Grauen die Enkeltochter Arthur Weasleys bedeutete, wandelte seit ihrem ersten Schultag stets und immer mit einem Knäuel Wolle umher. Es hieß, so erzählte Scorpius ihm beiläufig am Weihnachtsabend vorletztes Jahr, dass die Faszination des Strickenlernens den Weasley-Enkelkindern nicht in die Wiege gelegt worden sei. Molly Weasley war es, die den Zöglingen jene Handarbeit hatte beibringen wollen, doch Albus Severus – Scorpius' Klassenkamerad und obendrein bester Freund, und dessen Cousinen Rose und Dominique wehrten sich gegen das Anfertigen von Socken, Schals und anderem Dekor, das aus den wollenen Fäden gewonnen werden sollte. Erst durch das Zutun des Großvaters ergaben sich die Kinder jenem Zeitvertreib und fortan sah man jene drei nur selten ohne Knäule und Nadeln durch die Schule spazieren. Und Albus betone stets, dass ihm das Stricken Entspannung vom Schulstress verschaffe und so hatte sich Scorpius von ihm infizieren lassen. Verwunderung zierte die Gesichter der anwesenden Erwachsenen, als Scorpius ihnen die selbst gemachten Weihnachtsgeschenke überreichte. Ähnlich des zweitältesten Potter-Jungen, hatte sein Enkelsohn das Strickwerkzeug aus dem großen Schrankkoffer geholt und es erschien Lucius wie ein Zwang, Scorpius beim Handtieren zuzusehen. Und des Nachts, als alle in ihren Betten lagen, schlich er in den Salon und beäugte mit Skepsis die Utensilien, die so viele Möglichkeiten boten. Lucius streckte die Finger nach den Nadeln aus und es kam ihm einer Erleuchtung gleich. Mit vor der Brust verschränkten Armen wartete Narzissa auf eine Erklärung. Holpernd und peinlich berührt schilderte Lucius, das Steckenpferd des Enkels zu teilen und präsentierte ihr unter beschämt-glühenden Wangen die Erfolge der vergangenen Monate. Ein ergebenes Seufzen verklang in den Tiefen der Nacht. Narzissa raffte den Morgenmantel enger um ihren Leib, wandte das mit Lockenwicklern besetzte Haupt und scheuchte ihren Gatten zurück ins Schlafgemach. Dass sie ihn ertappte, und ihm Scham und Schande das blasse Gesicht leuchten ließ, war ihm unangenehm, doch ein Verbot, seine Zeit anders zu nutzen, sprach Narzissa ihm nicht aus. Sie tolerierte seine Passion, die mit Schals und Kissenbezügen längst kein Ende fand. Verbissen versuchte sich Lucius an Socken bis hin zu Pullovern, deren Muster mit jedem Male an Schwierigkeit dazugewannen. Und so geschah es, dass an einem spätherbstlichen Abend, während im Kamin ein kleines Feuer loderte, das Klimpern und Klirren von Nadeln erklang. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)