ANEMIA von Anemia ((Association of Nocturnal Entities of Moral Individuality and Anachronism)) ================================================================================ Kapitel 3: RETTER ----------------- Makis Hand zuckte vor Schreck, als er den lauten Ruf auf dem Gang hörte. Nun zog sich der untere Lidstrich bis hin zu seinem Nasenrücken. Wahrscheinlich hätte er doch die Tür zum Backstageraum schließen sollen, bevor er sich zu schminken begann. Der Sänger der Band, die er heute am Schlagzeug supportete, hatte sie einfach offen stehen lassen, was Maki ohnehin sauer aufgestoßen war. Doch noch weniger konnte er es leiden, nur halb geschminkt abzubrechen und aufzustehen. Allerdings hätte er ohne die offene Tür nicht Tatsuyas Profil im Spiegel sehen können. Maki griff gerade nach einem Wattepad, um seinen Fehler zu revidieren, bevor er Crossfaiths Drummer ungewohnt aufgebracht mit dem Gitarristen derselben Band diskutieren sah. Wie hieß dieser gleich? Maki konnte sich nicht erinnern. Ein paar Mal war er auf denselben Festivals aufgetreten wie Crossfaith, hatte sich auch mit ihnen allen unterhalten, aber eigentlich kannte er nur Tatsuya. Tatsuya war ihm lebhaft in Erinnerung geblieben. Sogar mehr als das. Natürlich schaute er jedes von Tatsuyas Drumvideos, hatte nur wegen ihm schließlich sogar selbst angefangen, einige aufzunehmen. Außerdem fand die Werkatze seine Outfits schön und orientierte sich an ihnen. Doch es widerstrebte Maki, Tatsuya als Vorbild zu bezeichnen. Er war einfach nur eine tolle Inspirationsquelle. Und ihm gewissermaßen ähnlich. "Ich muss jetzt den Kit aufbauen, aber der Ridebeckenständer fehlt!", hörte Maki den eigentlich äußerst ruhigen Tatsu seinem Bandkollegen aufgebracht mitteilen. Noch nicht einmal umgezogen hatte er sich, weshalb er oben ohne herumlief. So konnte Maki sehen, wie hektisch sich sein Brustkorb hob und senkte. "Shit. Was sollen wir jetzt machen? Ich kann nicht auf einem unvollständigen Schlagzeug spielen..." Maki schmiss das Wattepad in den Müll und eilte in den Gang (halb geschminkt), stand dank seiner katzenhaften Schnelligkeit vor den Männern, ehe der Gitarrist auch nur den Mund aufmachen konnte. "Ich gebe dir meinen", bot Maki kurz entschlossen an und rannte auch schon los. Minuten später schraubte er behände das fehlende Teil an Tatsuyas Schlagzeug und hob lächelnd den Daumen, als alles in Ordnung war. Tatsu seufzte daraufhin erleichtert, klopfte Maki auf die Schulter; die Band konnte mit nur zwei Minuten Verspätung auftreten und ein Bombenset abfeuern, das sich Maki fasziniert ansah. Besser gesagt, er sah Tatsuya zu. Es stimmte Maki ungemein zufrieden, dass er dank seiner Hilfe wild und fröhlich auf seine Drums einprügeln konnte. Der Werkatze war nicht bewusst, dass sie die ganze Zeit über lächelte und teilweise sogar Tatsus Arm- und Beinbewegungen imitierte. Tatsuya zuzusehen machte ihn immer glücklich. Drummer, die während ihres Jobs grinsten und lächelten, rissen Maki schlichtweg mit. Nicht nur, weil er genauso war. Nein, es war einfach süß. Tatsu war süß, mit seinem runden Babyface und den Pausbacken. Nach dem Gig brachte Tatsu Maki den Ständer zurück. "Danke fürs Leihen", sagte er mit einem breiten Lächeln, das Maki fast ein wenig schüchtern erwiderte. "Ist doch selbstverständlich", meinte er und schob sich die Silberringe an seinen Fingern zurecht. "Drummerkollegen müssen sich einfach helfen." Tatsu brummte und schmunzelte schief, was so viel aussagte wie 'Sei dir da mal nicht zu sicher'. "Wir haben uns doch schon mal gesehen, oder?" Er runzelte die Stirn, überlegte wohl, wo er Maki einordnen sollte. "Ich bin Maki. Ehemals Drummer bei Her Name In Blood", half die Werkatze ihm aus, woraufhin es bei Tatsu offensichtlich klingelte, seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen. "Jetzt Support für verschiedene Bands. Heute Gyze." "Richtig. Du bist gut", lobte Tatsu ihn daraufhin, was Maki rote Wangen bescherte. "Jedenfalls würde ich mich gerne revanchieren, dafür, dass du mir geholfen hast." Maki schüttelte den Kopf, sah Tatsu dabei scheu an. "Nicht nötig, wirklich." "Ich würde aber gerne", erklärte Tatsuya mit einem freundlichen Lächeln. Insgeheim freute Maki das natürlich sehr. Sich mit Tatsu anzufreunden, anstatt nur seinen Social-Media-Kanälen zu folgen, klang viel zu verlockend, um ihn abermals höflich abzuweisen. Deshalb strahlte er Tatsuya nun förmlich an; seine blauen Augen funkelten glücklich. "Okay. An was hast du gedacht?" Tatsuya musterte Maki von oben bis unten. "Sag, wenn du es blöd findest, aber...shoppen?" Er zeigte auf Makis Hoodie, der dessen Bauch entblößte. "Wir haben anscheinend einen ähnlichen Style. Steht dir auch." "Abgemacht." Makis Kopf musste nun puterrot sein. Nicht nur aufgrund des zweiten Kompliments, das er innerhalb von wenigen Minuten von Tatsu erhielt, sondern auch wegen der Tatsache, dass Maki erst durch Tatsuya auf die Idee gekommen war, bauchfrei zu tragen und sich generell öfter in der Damenabteilung umzusehen. Trotz gewisser femininer Attribute empfand Maki sich schließlich als Mann. Für Fuji mochte er hingegen eher ein Weibchen sein...was jedoch auch in Ordnung war. Aber was spielte es schon für eine Rolle, wie Maki darüber dachte... Immerhin kommentierte Tatsu die Änderung von Makis Gesichtsfarbe nicht. Entweder es interessierte ihn nicht oder aber er hatte genug Anstand, um es nicht zu tun. Wenigstens schien er nicht abgeschreckt davon, sich näher mit jemandem abzugeben, der offenbar ziemlich...extrem auf ihn reagierte. Wie ein Fanboy. Nicht jeder konnte es leiden, auf eine höhere Stufe gestellt zu werden. Was Maki nicht tat. Wirklich nicht. Und trotzdem war er angetan von Tatsu. "Wir haben wohl einiges gemeinsam?" Okay, nun stocherte er doch in einem von Makis wunden Punkten herum. Wissentlich oder unwissentlich. Die Werkatze hielt die Hände hinter dem Rücken verschränkt und fuhr mit der Spitze ihres Stiefels über den Boden, ehe sie leise zugab: "Ja, stimmt. Das Sternzeichen auch." "Echt?" Tatsu setzte nun die Lippen an die Öffnung seiner Bierflasche. Dabei sah er jedoch Maki an und lächelte eindeutig. Seine Augen lächelten. Gewitzte Katzenaugen. Blau wie Makis. Vielleicht einen Ton heller. Die Kontaktlinsen standen ihm so gut, dass Maki beinahe glaubte, dass es sich bei dem Blau um seine natürliche Augenfarbe handelte, wie bei der Werkatze. Aber das war unmöglich. "Noch was? Die Blutgruppe vielleicht?" Die Erwähnung derer verpasste Maki einen kleinen Schock, den er sich aber noch weniger anmerken lassen wollte als die peinliche Berührung aufgrund der Tatsache, dass manche wohl behauptet hätten, dass Maki Tatsu anhimmelte. So schluckte er nur rasch und räusperte sich, blickte Tatsu blinzelnd an. "Was ist denn deine Blutgruppe?" "A", entgegnete Tatsu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)