Until the End von bakura-fan ================================================================================ Kapitel 1: Rising Phenix ------------------------ Sie wussten nicht, wie oft sie schon hier aufgetreten waren. Aber das war den Jungs von Rising Phenix egal. Sie kamen gern hierher, denn hier hatten sie zum ersten Mal als Band auftreten dürfen. Die Bühne erwartete sie schon, heute Nacht würde das Publikum auf ihre Kosten kommen! Undauch, wenn sie jetzt schon seit ein paar Jahren versuchten aufzusteigen und es bis jetzt nicht geschafft hatten, dieser Club hier war so etwas wie ihre Heimat – ihr Startpunkt. Obwohl sie relativ beliebt waren, war bis jetzt noch niemand auf die Idee gekommen sie unter Vertrag zu nehmen. Sie hatten ein paar Demos an Musikverlage geschickt, aber nie eine positive Antwort erhalten. Ihre Songs hatte Kiryu bis jetzt nur auf japanisch geschrieben. Und sie hatten sich geschworen sich dabei von niemandem reinreden zu lassen. Sie kamen alle vier aus Tokyo. Kiryu Sugawa – der Sänger – hatte weiß gefärbte, kinnlange Haare mit einem leichten Blauschimmer und helle braune Augen, die fast ins Gold über gingen. Der Gitarrist Taro Okumoto war das, was die meisten Menschen wohl als quirlig bezeichnen würden. Er war ein grenzenloser Optimist, hatte blond gefärbte Haare, die fast so lang waren wie die von Kiryu. Und seine grauen Augen sprühten geradezu vor Leben. Er war es auch, der die Songs der Band komponierte, während Kiryu sich um die Texte kümmerte. Der Bassist Haru Edawa stach nicht besonders hervor. Er war der ruhigste von ihnen. Seine schwarzen Haare, die er meistens im Nacken zusammen gebunden hatte, bildeten einen starken Kontrast zu seinen klaren blauen Augen, die das Meer selbst in sich zu haben schienen. Und der vierte im Bunde war Ryo Shiota – der Drummer. Wenn es hart auf hart kam – und das geschah in letzter Zeit des Öfteren – war er es, der die Band zusammen hielt. Aber wie auch Haru, war auch Ryo ein geduldiger Typ. Doch so verschieden sie auch zu sein schienen, eines hatten sie alle gemeinsam: Sie alle kamen aus einem Viertel Tokyos, das nicht gerade die besten Aufstiegschancen bot. Und das schweißte natürlich zusammen. In der Schule war niemand von ihnen herausragend gut, weshalb sie nur sehr geringe Chancen auf einen Studienplatz hätten. Sie hatten entweder gerade so einen Abschluss erhalten oder waren Durchschnitt. Dennoch hatten diese vier Jungs ein herausragendes musikalisches Talent, das ihnen Hoffnung gab irgendwann ein besseres Leben führen zu können. Sie hatten auch schon eine beachtliche Zahl an Fans. Und die waren einer der Gründe, wieso sie nicht schon längst aufgegeben und alles hinter sich gelassen hatten. Die Fans und ihre Träume. Aber es lag auch an ihren Freunden, die ihnen immer wieder Halt gaben. Die letzten Soundchecks wurden durchgeführt – der Auftritt konnte beginnen. Kiryu stand schon auf der Bühne. Das hier war seine Welt. Die noch leere Fläche vor der Bühne würde in spätestens einer Stunde voll sein – und zwar richtig voll! Sie würden ihnen zujubeln – genauso wie schon so oft zuvor. Und nach dem Auftritt... würden sie alle wieder in ihr unscheinbares normales Leben zurück kehren. Er freute sich auf den Auftritt, aber er blickte ihm auch mit Wehmut entgegen. Würde es heute genauso enden wie die letzten Male zuvor auch schon immer? Er schloss die Augen und stellte sich alles vor: Das Publikum, das ihnen zujubelte; seine Kehle, die sich irgendwann wie Sandpapier anfühlen würde – aber das war noch nie ein Problem gewesen, um einen guten Auftritt abzuliefern; und natürlich dieses berauschende Gefühl den Himmel erobern zu können – als ob man fliegen könnte; dieses unbeschreibliche Gefühl puren Glücks. Sie würden heute Nacht auftreten und es würde der beste Auftritt werden, den sie je gebracht hatten! „Kiryu!“, wurde er von Yuito aus seinen Tagträumen gerissen. Yuito und er kannten sich schon seit ihrer Kindheit. Sie waren im selben Wohnblock aufgewachsen. Aber während Yuito eine Anstellung als KFZ- Mechatroniker fand, wollte Kiryu schon immer auf die Bühne. Dennoch hatten diese unterschiedlichen Vorstellungen einer Zukunft ihrer Freundschaft nicht geschadet. Kiryu war schon immer ein Träumer gewesen, das wusste Yuito auch. Kiryu drehte sich zu seinem alten Freund um und sah ihn fragend an. „Wir können jetzt anfangen.“ Kiryu nickte nur darauf und begann auch gleich eine ihrerMelodien vor sich hinzusummen. „Okay“, sagte Yuito noch einmal und Kiryu begann: „Und das Einzige, das mir noch... Das klingt komisch, Yuito.“ Angesprochener sah sich noch einmal das Mischpult an, stellte ein paar Regler anders und nickte Kiryu dann erneut zu. „Und das Einzige, das mir...Whuh! Das ist 'n Klang, Leute!“ Und dann begann er richtig zu singen. Es war ihm egal, ob es a capella war, das musste jetzt einfach sein: „Und das Einzige, das mir noch bleibt Ist Erinnerung, die nichts mehr heilt...“ „Hey, hey, hey! Wer wird denn da schon ohne uns anfangen?!“, kam Taro mit der restlichen Band im Schlepptau auf die Bühne. „Hi, Leute“, grüßte sie Yuito gleich. „Wir können gleich loslegen.“ Sie hatten nicht sehr lange gebraucht für den Soundcheck, schließlich hatte sich Yuito um die meisten ihrer Auftritte gekümmert. Sie wüssten nicht, was sie ohne ihn getan hätten – und sie wüssten es auch jetzt nicht. Geld für Ton- und Lichttechniker hatten sie nicht. Die ersten Menschen kamen und Taro und Ryo standen gespannt hinter der Bühne und beobachteten wie es immer voller im Saal wurde. Kiryu saß noch über ein paar Notizen und biss immer wieder auf das Ende eines Kulis. „Dein neuer Song?“, fragte Yuito und setzte sich zu Kiryu. „Ja, ich arbeite gerade am Feinschliff.“ „Hättet ihr den nicht mal proben sollen?“ Yuitos Frage war durchaus berechtigt. Aber Kiryu wusste schon, wie es ablaufen sollte. Jeder Ton, jedes Wort, jede Bewegung, die er dazu auf der Bühne machen würde, standen für ihn schon fest. „Wir hatten ihn schon geprobt, das hier ist nur für meine Performance.“ Yuito sah beeindruckt auf die Noten und lehnte sich dann auf dem Sofa zurück. „Keine Sorge, das werden wir nicht verhauen. Nicht heute“, und wie zur Bekräftigung lächelte er Yuito noch wissend an. Yuito hatte die Hände gerade im Nacken verschränkt, als ein aufgeregter Taro herein gestürmt kam und ihnen sagte: „Komm, Kiryu! Es geht los!" Kiryu und Yuito wechselten noch einen Blick, dann ging Kiryu zum Bühnenaufgang. Die unruhige Masse war hinter der Bühne weniger zu hören als vielmehr zu spüren. Schon jetzt herrschte diese besondere Stimmung, von der auch die Jungs von Rising Phenix voll befallen wären. „Und heute, nach unendlich langer Zeit, sind sie endlich wieder hier!“ Die Menge tobte. Obwohl derjenige, der Rising Phenix gerade ansagte, nicht ganz recht hatte. Inzwischen war es fast zur Gewohnheit geworden, dass sie mindestens einmal im Monat in Cold's Club auftraten. „Ich präsentiere – die Unvergleichlichen, die Einzigartigen– Rising Phenix!“ Bei diesen Stichworten kamen sie auf die Bühne. Ein „Guten Abend, Leute" ließ sich Taro aber auch nicht nehmen. Aber das war nun mal Taro. Die Menge bejubelte sie natürlich gleich. Als er wieder vom Bühnenrand zurück ging, blieb er kurz neben Kiryu stehen, sagte "Okay, sie gehören dir" und schnappte sich seine Gitarre. „Seid ihr gut drauf, Leute?“ Die Menge grölte. „Was? Ich kann euch nicht hören! Seid ihr gut drauf?“, rief Kiryu ihnen zu. Und als Antwort bekam er ein noch lauteres Grölen als gerade eben. „Okay, dann können wir jetzt anfangen!“ Dann sah er noch einmal kurz zu Yuito, gab ihm ein Zeichen und der Auftritt begann... Taro schlug auch gleich in die Saiten und spielte einen ihrer Standart- Songs an. Kiryu stand mit geschlossenen Augen vorn an der Bühne und wartete. Es würde wirklich einer ihrer besten Auftritte werden. Die Menge tobte schon jetzt, nach ihrem ersten Song. Aber die vier wussten, dass es auch noch besser ging. Am Ende der heutigen Show würden sich die Fans nicht mehr halten können vor Euphorie. Und das brachte Kiryu schon jetzt ein Lächeln auf die Lippen. Yuito war immer wieder beeindruckt wie die Jungs es schafften ihre Fans so dermaßen zu begeistern und zu lenken. Er selbst war mehr der Typ, der aussah, als kümmerte ihn das alles nicht. Aber das störte ihn auch nicht, denn er wusste, dass er sich niemals so auf einer Bühne verhalten könnte wie die Jungs von RisingPhenix. Dieser Abend gehörte Kiryu, und er gönnte es ihm auch. Und schon wieder hatten sie einen Song beendet. Sie spielten jetzt schon fast eineinhalb Stunden, und jetzt sollte endlich der Höhepunkt des Abends kommen. Yuito hatte diesen Song nie vorher gehört und er war gespannt, was sein bester Freund wieder zu Papier gebracht hatte. Aber so einfach machte es Kiryu dem Publikum nicht. Zuerst wollte er die Spannung noch etwas steigern. Nach Luft schnappend stand er jetzt wieder in der Mitte der Bühne. Alle Spots waren allein auf ihn gerichtet. Schweiß stand auf seiner Stirn, aber er schien gerade taub für Erschöpfung zu sein. Es dauerte einen Moment, ehe er wieder sprechen konnte, aber die Menge wartete geduldig. Yuito dagegen wurde immer unruhiger, versuchte sich nichts anmerken zu lassen, auch wenn ihn niemand sehen konnte. „So, Leute... hu, also diesmal... habt ihr mich echt geschafft.“ Wieder machte er eine kurze Atempause. Seine Schultern hoben und senkten sich mit jedem Atemzug, den er tat. Aber für Kiryu war auch das LEBEN! Das hier und jetzt, war alles, was er wollte. Und was er brauchte. „Wollt ihr noch mehr?“, rief Taro dazwischen. Kiryu war immer noch nicht richtig zu Atem gekommen und war deshalb im Moment für jede Hilfe dankbar. Die Fans jubelten, wenn auch etwas zurückhaltend. „Ne, Taro! ... Ich glaub, die haben genug...“, gab Kiryu statt des Publikums zur Antwort. „Hast Recht. Ich glaub, wir gehen besser.“ Das war Yuitos Zeichen. Kiryu, Taro, Haru und Ryo wollten von der Bühne gehen. Aber plötzlich war es stockfinster in der Halle. Die Bühne war nur noch zu erahnen, die vier Jungs von Rising Phenix gar nicht mehr zu sehen. Voller Spannung warteten die Fans darauf, was als nächstes geschehen sollte und riefen immer wieder den Namen der Band. Der Auftritt konnte noch nicht vorbei sein – nicht jetzt und auch nicht so! Die Spannung war fast greifbar. Auf der Bühne waren noch Bewegungen aus zu machen, alle hofften, dass die Jungs jeden Moment einen neuen Song anspielen würden. Aber vorerst blieb es ruhig. Doch dann wurde es wieder heller auf der Bühne. Nur Kiryu war zu sehen. Er stand mit gesenktem Kopf am Mikro und schien auf irgendetwas zu warten. Er sah verändert aus, auch wenn niemand erklären konnte, was genau jetzt anders war. Es war nur eine Ahnung, aber die Fans wussten, dass diese Band nicht umsonst den Namen Rising Phenix trug. „Irgendwann muss jeder sterben – irgendwann ist alles zu ende“, begann Kiryu. Er klang sehr ruhig. Niemand traute sich ihn jetzt zu unterbrechen – nicht einmal einer der Fans. In der Halle war es absolut still. Denn gerade fand eine der beeindruckendsten Showeinlagen der Band statt. Kiryu tat es zwar nur selten, aber wenn er es tat, lag die ganze Welt ihm zu Füßen. Und mit fester Stimme sprach er weiter: „Auch ein Phönix wird sterben, doch...“, er sah zu Boden und drehte dem Publikum halb den Rücken zu. Dann drehte er sich wieder um. Seine hellen braunen Augen schienen alles wahrnehmen zu können. Und mit jedem Wort, das er jetzt sprach, schien die Spannung bis ins Unermessliche zu steigen: „Doch aus der Asche steigen wir empor und beginnen ein neues Zeitalter!“ Mit jedem Wort war er etwas lauter geworden. Und bei den letzten hob er auch noch die Arme. Die Fans jubelten so laut sie konnten. Taro und Kiryu hatten sich kurz nur mit Zeichen verständigen können, weil es nicht anders ging. Aber jetzt – jetzt war es endlich so weit. Der neue Song wurde endlich angespielt. Taro und Ryo sangen Passagen der Strophen mit, aber den Refrain überließen sie ganz Kiryu: „Und das Einzige, das mir noch bleibt, Ist Erinnerung, die nichts mehr heilt Kann allein sein, will's jetzt nicht Erinnerung, die mich erstickt Und ich frag Was gibt es noch? Nur Schmerz! Nur Schmerz!“ Die ersten vier Verse waren sehr melodisch. Dann wurde seine Stimme fast schrill und endete beiden letzten Worten in einem Grölen. Die tiefen Akkorde von Ryo ließen aber nicht zu, dass es disharmonisch klang. Die Menge tobte, Kiryu war glücklich, und ihr Auftritt hier nach dem nächsten Song vorbei... Als sie wieder hinter der Bühne waren, sah man den Vieren die Erschöpfung deutlich an. Aber sie sahen alle auch glücklich aus. „Wow! Und das hattet ihr so echt nicht noch mal geprobt?!“, kam Yuito auf sie zu. „Ich meine...“, die richtigen Worten waren ihm eben aus gegangen. Aber Yuito war für sie fast so etwas wie ein Band- Mitglied. Mit ihm verstanden sie sich genauso gut, wie unter einander, manchmal auch besser. „Das war der Hammer!“, platzte es dann endlich aus Yuito heraus. Yuito hätte es nie gedacht, aber heute Abend hatten die Jungs wirklich den besten Auftritt geliefert, den er je gesehen hatte. Und er musste es wissen, schließlich hatte er zu den ersten Fans von Rising Phenix gehört. Aber jetzt ging es nach Hause. Morgen früh würden sie die Anlage mit allem Drum und Dran abbauen, aber jetzt wollten sie nur noch schlafen. Sie waren alle erschöpft und das sah man ihnen jetzt noch deutlicher an als noch vor einer Minute... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)