Der Wächter von Drachenlords ================================================================================ Kapitel 67: Kampftraining I --------------------------- Ohne Rücksicht jagte Jake das Auto über die Straßen, somit brauchten sie nicht lange für den Weg. Vor dem Haus der Cullens parkte er und alle stiegen aus. Selbst Isaak war schon wieder auf den Beinen, wenn auch wackelig. Der Alpha löste dieses Problem auf seine Weise und hob seinen Freund einfach wieder in seine Arme. Diesmal protesteierte der Wächter nicht, verdrehte aber die Augen. Mental sagte er: „Danke“, und beließ es dabei. Er wusste, dass sein Partner gerade schlechte Laune hatte und er besser keine Widerworte geben sollte. Jake steuerte direkt auf die Aufstiegsplattform zu und brachte sie zum Stützpunkt. „Geht schon mal in den Holoraum. Ich komme gleich nach“, bestimmte der Alpha und die beiden anderen sahen ihm hinterher, wie er mit seinem Freund auf den Armen in ihrem Zimmer verschwand. „Schatz“, begann Isaak, aber Jake reagierte gar nicht. Sein Partner trug ihn zum Bett und legte ihn sanft auf die Matratze. „Jake“, versuchte der Wächter es ein zweites Mal. Jedoch war seinem Freund gerade nicht nach reden. Er zog ihm Schuhe und Socken aus, welche achtlos auf dem Boden landeten. Dann deckte er ihn zu und knurrte: „Du ruhst dich jetzt aus.“ „Aber…“ „Keine Widerworte“, schnauzte Jake und warf Isaak einen wütenden Blick zu. Dieser seufzte und machte es sich bequem. „Bleibst du bei mir?“, wagte er es zu fragen. Der Leitwolf drehte sich einfach weg und ging. Wenn er jetzt noch länger geblieben wäre, würde er seine Wut an Isaak auslassen und das wollte er nicht. An der Tür blieb er stehen und knurrte: „Wir reden später. Ich muss mich um mein Rudel kümmern.“ Dann schlug er die Tür zu. Im Auto hatte er gesehen, dass es schon nach vier Uhr nachmittags war. Der Rat traf sich immer nach Sonnenuntergang. Es gab noch so einiges zu regeln und sie hatten nicht mehr viel Zeit. Schnell ging Jake zum Holoraum und stürmte ohne anzuklopfen hinein. Eine Dampfwolke aus schwüler heißer Luft schlug ihm entgegen. Er blinzelte und sah sich um. Vor ihm erstreckte sich eine japanische heiße Quelle mit allem Drum und Dran, so wie er sowas schon mal im Fernsehen gesehen hatte. Er achtete weder auf die aufwendigen Holzverzierungen und die hübschen papiernen Raumteiler in ihren Holzrahmen, welche Karikaturen von Fabelwesen zeigten. Sein Blick galt seinem Rudel. Die Rasselbande saß mitten im heißen Wasser und ließ es sich offenbar gut gehen. Embry und Kamden saßen beisammen und konnten es offenbar nicht lassen, sich andauernd wie zufällig zu berühren. Leah hingegen trieb einfach ungeniert auf der Wasseroberfläche und schien vollkommen entspannt. Ihr kleiner Bruder lümmelte am Rand der Quelle, hatte die Arme auf dem Steinrand liegen und trieb bäuchlings im Wasser. Der Leitwolf knurrte und sie sahen auf. Sofort stoben Embry und Kamden etwas auseinander. Traumverloren hatten sie die Umgebung ausgeblendet und wurden erst jetzt wieder bewusst, dass sie nicht allein waren. Seht sprang auf und freute sich sichtlich Jake zu sehen. „Endlich bist du da“, meinte der Jüngste und seufzte erleichtert. Seine Schwester hatte sich nicht aus der Ruhe bringen lassen und trieb einfach weiter. Zu Seht sagte sie tadelnd: „Du brauchst gar nicht so erleichtert zu sein. Wenn du meine Gegenwart nicht zu schätzen weißt, dann frage ich mich, warum du mir den ganzen Tag hinterherläufst.“ Der Alpha knurrte abermals und meckerte: „Jetzt ist nicht der Richtige Zeitpunkt für so was. Alle raus aus dem Wasser. Wir haben noch einiges zu besprechen.“ Seine Laune hatte einen neuen Tiefpunkt erreicht. Er spürte, wie sein Freund im Stützpunkt umherstromerte. Dieser hielt sich nicht an die von ihm verordnete Ruhe. „Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“, fuhr die Frau ihn an, hielt es aber nicht für nötig ihre Position zu ändern. „Wenn du dich nicht vollständig abgeschottet hättest, dann wüsstet du, was los war“, knurrte Jake angepisst und bemühte sich seine schlechte Stimmung nicht an seinem Rudel auszulassen. Leah gab einen spitzes „Püh“ von sich. Er kniff die Augen zusammen und rieb sich über die Nasenwurzel. Schnell atmete er einmal tief durch und sagte mit versöhnlicher Stimme: „Entschuldigung. Ich wollte euch nicht so anschnauzen. Kommt bitte aus dem Wasser, wir müssen noch einiges klären.“ Die Wölfin stöhnte genervt auf und gab endlich ihre Position auf. „Du bist echt nicht wie Sam. Der hätte sich niemals entschuldigt seine Laune an uns auszulassen und uns gebeten auf ihn zu hören. Nein, so wie ich meinen Ex kennengelernt habe, hätte er es mit seiner Macht befohlen.“ „Ich bin nicht Sam“, knurrte Jake und seine Wut kehrte zurück. „Beruhige dich bitte“, sagte Isaak, der den Raum betrat und ein Tablet mit Essenswürfeln in den Händen trug. Jake fuhr herum und grollte böse auf. „Schatz, mir geht es gut, versprochen. Ich bin nur etwas erschöpft. Wenn du mich bestrafen willst, dann mach es jetzt und lass uns diesen Streit beenden, bitte.“ Der Wächter ließ sein Mitbringsel einfach los. Die Platte schwebte einfach in der Luft und er schob sie sacht zur Seite. Dann trat er vor seinen Freund und bot ihm seinen Hals an. Jake grollte abermals und mahlte mit den Zähnen. Dann zur Überraschung aller packte er seinen Partner grob und senkte sein Gesicht an dessen Hals. Vor den Augen der anderen wollte er Isaak beißen und ihm somit seiner geforderten Strafe unterziehen. Kurz bevor seine Zähne jedoch die zarte Haut seines Geliebten durchstoßen konnten, zögerte er. Das Gedankenwirrwarr in seinem Kopf ließ ihn eine Sekunde innehalten. Er änderte seine Plan und zog seinen Geliebten in eine feste Umarmung, die einem normalen Menschen wohl die Rippen gebrochen hätte. Isaak versuchte den Gedanken seines Partners zu folgen, sagte aber nichts dazu, weil es sich in dem Moment einfach falsch anfühlte. Er versuchte zu verstehen, wie es zu dieser Wendung gekommen war. Noch kurz zuvor hätte er mit Gewissheit sagen können, dass die Wut, die Jake auf ihn verspürte, ihn zu der Ausführung der Strafe zwingen würde. Dann jedoch hatte sich in Jakes Gedanken ein Funke entzündet, der die Wut zur Seite drang. Und nun schien es als wäre die Wut wie weggeblasen. Keiner der anderen rührte auch nur einen Finger. Sie waren die raue Art der Wölfe untereinander gewohnt. Jakes Zurückhaltung in letzter Sekunde war in dieser Situation auch für sie Neuland. Jake lockerte seinen Griff und sah seinem Gegenüber tief in die Augen. Ohne großartig darüber nachzudenken, sagte er: „Ich liebe Dich. Bitte versuch solche Aktionen in Zukunft zu lassen. Warum machst du auch andauernd solche dummen Dinge? Du übertreibst es und machst mir damit Angst.“ „Entschuldige“, erwiderte Isaak. „So, bin ich eben. Wenn ich etwas anfange, dann bringe ich es auch zu Ende. Deinen werten Vater zu heilen war ein notwendiger Schritt. Du hängst an ihm und ich muss einfach alles in meiner Macht Stehende tun, um dich glücklich zu machen.“ „Mich glücklich zu machen?“, lachte der Alpha sarkastisch auf. „Das ist dir nicht gelungen.“ „Jetzt im Moment nicht. Da hast du Recht. Aber ich hoffe in Zukunft schon. Es war das Richtige und auch meine Pflicht.“ „Ich weiß“, seufzte Jake und löste sich etwas. „Bitte, übertreib es aber nicht immer so. Kannst du mir das Versprechen?“ „Nein“, gluckte Isaak, beugte sich vor und hauchte seinem Partner auf die Lippen: „Ich bin wie ich bin. Friss oder stirb, mein Lieber.“ „Dann muss ich dich wohl fressen“, brummte Jake und raubte sich einen gierigen Kuss. Kamden, der langsam genug hatte von dieser Show, beschwerte sich: „Müsst ihr das vor uns machen? Sucht euch ein Zimmer. Ihr beiden seid ja mehr Tier als Mensch. Echt mal, benehmt euch.“ Der Leitwolf ließ sich nicht im Geringsten stören. Erst als er es für richtig hielt löste er den Kuss und auch die Umarmung. Ohne auf das Kommentar seines Bruders einzugehen, lugte er zu dem Essen und fragte: „Was hast du mit den ganzen Würfeln vor?“ „Oh, ich dachte wir lümmelen uns zu den anderen und kombinieren dein Gespräch mit einem entspannenden Bad. Nebenher können wir dann von den Würfeln naschen. Ich habe verschieden Süßspeisen hergestellt. So schlagen wir gleich drei Fliegen mit einer Klappe“, erklärte Isaak seinen Plan. Sein Freund verdrehte die Augen und nickte ergeben. Was er mit den anderen zu klären hatte, konnten sie auch während des Essens und Badens erledigen. Der Vorschlag hatte echt was. Er trottete an den Rand der Quelle und ließ die Hüllen fallen. Der Wächter tat es ihm gleich. Als sich Isaak auszog, knurrte Jake böse auf und starrte alle im Rudel böse an, welche es wagten nicht den Blick abzuwenden. Nur Kamden ließ sich nicht beeindrucken, grinste und nickte anerkennend. „Da haste aber einen guten Fang gemacht, Bruder.“ Isaak grinste, stieg in das Wasser und flötete: „Danke, das kann ich nur zurückgeben. Du und dein Freund seit auch sehr ansehnlich.“ Stolz grinste der Brünette, während seine bessere Hälfte sich mit einem hüsteln abwandte. Keiner sollte sehen, dass er leicht rot geworden war. Erneut knurrte der Leitwolf, schnappte sich seinen Freund und zog ihn zu sich. Demonstrativ schlag er die Arme um ihn und bettete seinen Kopf auf dessen Schulter. „Meins“, grollte er. Der Wächter lachte, tätschelte ihm den Kopf und murmelte: „Dito.“ „Und was ist mit mir?“, maulte Seth auf einmal. Diesmal lachte Isaak herzhaft auf und sagte schnell: „Du bist noch ein Welpe, Kleiner. Frag mich in einem Jahr nochmal, wenn du körperlich ausgewachsen bist.“ Bei dem beleidigten Gesichtsausdruck des Jungwolfes brach allgemeines Gelächter aus. „Hey, ich bin schon 14.“ Dann blinzelte er und zuckte mit den Schultern. Er war eben eine Frohnatur, so stieg auch er mit ein und meinte: „Bald bin ich groß und stark, dann reden wir nochmal.“ Die Stimmung war ausgelassen. Als sich alle wieder beruhigt hatten, ließ Isaak mit einem Handwink, die Platte mit dem Essen zu ihnen schweben und die Meute stürzte sich auf das Essen. Schnell wurde ihnen klar, dass der Wächter für jeden was mitgebracht hatte. Er hatte es geschafft den Geschmack von jedem zu treffen. Aber das konnte sie bei dem Mann auch nicht mehr wirklich schocken. Der Rotblonde wusste einfach alles. Nachdem alle mit kauen beschäftigt waren, ließ sich Jake auf die im Wasser angebrachte steinerne Sitzbank am Rand nieder und räusperte sich. Alle Blicke wandten sich ihm zu. „So Leute. Es gibt einige Dinge über die ich mit euch reden möchte“, begann er und alle hörten gespannt zu. „So als erstes Mal, Seth, Leah, öffnet euch und lasst mich euch zeigen, was alles passiert ist. Mit der Verbindung geht das viel schneller, als alles zu erzählen.“ Schnell brachte er die beiden auf den neusten Stand und sie verstanden jetzt, was es mit dem Beinahe-Biss von vorhin auf sich hatte. Auch wenn vor allem Leah damit nicht einverstanden war. Sie warf einen mitleidigen Blick zu dem Wächter. Aber dieser grinste nur: „Du musst dir echt keine Sorgen machen. Jake ist eben wie ihr ein Wolf und hat eine rauere Art und Weiße. Ich dachte gerade, ihr als Wölfe würdet das Verstehen. Ich bin kein Mensch, bei dem man aufpassen muss, ihn nicht zu zerbrechen. Wenn ihr mit einem Menschen intim werdet, müsst ihr immer auf der Hut sein, das ist bei uns, sowie bei Kamden und Embry anders. Zudem weiß mein Partner, dass ich das auch mit ihm mache, wenn er Mist baut.“ Ungläubig starrten alle Jake an. Dieser zuckte mit den Schultern und knurrte: „Ich weiß zwar nicht, was es euch angehen würde, aber ja, Isaak hat Recht. Ich sagte doch schon, wir führen eine gleichberechtigte Beziehung. Damit wir uns aber auch recht verstehen. Ich sehe euch alle als meine Familie, da halte ich mich nicht zurück. Vor euch bin ich wie ich bin. Außer bei euch würde ich das höchstens noch vor meinen Schwestern machen. Dad würde das nicht verstehen und in der Öffentlichkeit bin ich der starke Alpha. Da würde weder ich Isaak noch er mich beißen. Das ist was zwischen uns und geht niemand Außenstehenden was an.“ „Wage es ja nicht, das mit mir zu machen“, warnte Embry mental seinen Freund. Dieser blinzelte, sah ihm in die Augen und erwiderte lautlos: „Keine Sorge, ich bin doch kein wildes Tier. So animalisch bin ich nicht. Ich würde dir niemals absichtlich Schmerzen zufügen oder dich mit sowas bestrafen.“ Erleichtert atmete sein Kleiner tief durch und griff unter Wasser nach der Hand seines Gefährten. Er drückte kurz und dankbar zu. Dann verschränkten sie ihre Finger miteinander und begannen sich gegenseitig mit dem Daumen zu streicheln. Der Leitwolf räusperte sich abermals und achtete nicht auf das zweite Paar. „Zurück zum Text. Wir alle haben nun die Macht unsere Gedanken zu verschließen. Die Verbindung ist aber keine Schwäche für uns, sondern eine unserer stärksten Waffen. Ich möchte nicht, dass ihr die Fähigkeit meines Anhängers missbraucht. Jeder hat mal einen schlechten Tag und bracht mal Zeit für sich. Zudem ist es nur verständlich, wenn ihr mache Dinge für euch behalten wollt. Wenn ihr mit eurem Partner oder Partnerin intim werdet, bitte ich euch sogar euch abzuschotten. Außer Kamden wisst ihr alle, was ich durchmachen musste und warum mir Isaak diesen Anhänger gab. Das hier ist aber nicht Sams Rudel. Ich dulde solche Anfeindungen nicht. Keiner in meinem Rudel soll Angst haben zu sein, wie er ist. Jeder denkt aber anders und jeder von euch weiß das aus Erfahrung. Deshalb schlage ich einen Mittelweg vor. Die Magie des Anhängers ist sehr fein einstellbar. Jedem ist freigestellt, ob er die Gedanken der anderen hören will oder eben nicht. Aber, wenn einer von uns direkt einen anderen anspricht, dann sollte er auch gehört werden. Ihr könnt es so einstellen das unbewusste Gedanken ausgeblendet werden, bewusste Gespräche aber nicht. Genau das erwarte ich von euch. Zudem, wenn ihr etwas unbedingt verbergen wollt, dann tut das. Solange es nicht das Rudel gefährdet, überlasse ich das euch. Ich möchte nicht so wie Sam diktieren und ich möchte jedem von euch vertrauen. Deshalb bekommt ihr alle einen Vertrauensvorschuss von mir. Ich gewähre allen in meinem Rudel diese Freiheiten.“ Er hob einen Finger und sagte: „Aber ich warne euch. Solltet ihr die Magie der Anhänger missbrauchen oder euch nicht an meine Regeln halten, dann ziehe ich die Kette einfach aus. Ohne sie ist Isaaks Magie dahin. Dann habt ihr keine Wahl mehr. Also denkt gut nach, ob und warum ihr etwas vor den anderen verbergt. Letzter Punkt zu dem Thema: Wenn wir als Wölfe unterwegs sind und vor allem, wenn wir gegen Vampire kämpfen, dann will ich, dass die Verbringung vollständig geöffnet ist. Da akzeptiere ich keine Alleingänge, verstanden?“ Alle nickten, sogar Kamden und Isaak. Jake wandte sich an seinen Bruder: „Hast du dich schon entschieden, ob du in meinem Rudel bleiben willst?“ Der Brünette dachte kurz nach und sah zu seinem Freund. Ergeben flötete er: „Ich bin da, wo mein Kleiner ist.“ Er sah seinem Leitwolf in die Augen und ergänzte: „Das alles ist noch neu für mich, aber wenn ich die Wahl zwischen dir und diesem Stümper Sam habe, dann bleibe ich bei dir. Aber auch ich möchte eine Warnung aussprechen: Wenn du deine Macht als Alpha missbrauchst und Embry dadurch zu Schaden kommt, reiß ich dir den Arsch auf.“ Jake lachte und sagte: „Einverstanden.“ Dann ließ er seinen Blick schweifen und stellte die gleiche Frage der Reihe nach den anderen. Embry erwiderte: „Mich haste nun an der Backe, Alter. So schnell wirste mich nicht mehr los.“ Leah schnaubte nur und fragte: „Wo soll ich denn sonst hin? Bevor ich zu Sam zurückgehe, stürze ich mich von einer Klippe.“ Seth gelobte ausschweifend seine Treue und drückte seine Bewunderung aus. Er fand kein Ende, bis Jake eine Hand hob und ihn zum Schweigen brachte. „Genug, Seth.“ Der Leitwolf stand auf und streckte sich. „Heute Abend müssen wir als eine Einheit auftreten und dem Rat zeigen, dass es auch einen anderen Weg gibt. Deshalb machen wir nun ein paar Übungen und auch ein Kampftraining. Nur für den Fall der Fälle.“ Das Rudel folgte seinem Beispiel und alle stiegen aus dem Wasser. Am Rand des Beckens wurden alle zu Wölfen, außer Isaak. Dieser ließ das leere Tablett aus dem Raum schweben und öffnete eine Konsole. Schnell machte er ein paar Eingaben und der Raum um sie herum veränderte sich. Alles verschwamm und als die Welt wieder scharf wurde, standen sie erneut auf der Wiese. Der Wächter stand auf, wobei er von einem rostbraunen massigen Fellhaufen abgeschirmt wurde, und zog sich wieder an, nachdem er sich von der KI hatte abtrocknen lassen. Die Wölfe hingegen schüttelten sich trocken, ganz ihrer Instinkte entsprechend. Ohne Mühe wich Isaak den herumfliegenden Wassertropfen aus. Schnell trat Embry vor und sagte: „Bevor wir anfangen möchte ich gerne um meinen Rang kämpfen. Gestern war ich etwas neben der Spur.“ Jake nickte und alle traten zurück. Der Wächter zog sich an eine Wand zurück und begann ein Übungsszenario für das Rudel zu erstellen. Der Kampf zwischen Leah und Embry dauerte lange. Der Hellgraue war unter den Männern der kleinste und wendigste Wolf, dennoch unterlag er am Ende der Geschwindigkeit und Wildheit seiner Gegnerin. Wie eine Löwenmutter verteidigte sie ihre Position als Beta verbissen. Anschließend machten sie ein paar allgemeine Übungen, um ihr Auftreten zu verbessern. Nachdem sich Embry genug erholt hatte, begann der zweite Kampf. Eine Weile lang waren beide gleichstark, dann verschusselte Seth einen Sprung und Embry hatte den Sieg in der Tasche. Stolz trabte der Hellgraue nach seinem Sieg zu dem Schwarzen und ließ sich die Lefzen lecken. Dann schmusten die beiden miteinander. Jake verdrehte die Augen und schnaubte: „Wie war das mit: Sucht euch ein Zimmer?“ Dann wurde er ernst und sagte: „Konzentriert euch. Isaak hat da was vorbereitet für uns. Schatz, dein Auftritt.“ Der Wächter erhob sich und auf seinen Befehl hin erschien eine Person mitten auf der Lichtung. Allein schon rein optisch sahen alle sofort, dass es sich um einen Vampir handelte. Als sie den süßlichen Geruch des Gegners aufnahmen, knurrten alle Wölfe und ließen den Mann nicht aus den Augen. Der Feind hingegen bewegte sich keinen Millimeter. Jake trat vor und klärte das Rudel über die spezifischen Stärken und Schwächen der Vampire auf. Das wussten zwar die meisten schon, aber dennoch hörten alle brav zu. Nur für Kamden war das alles neu und er folgte gespannt dem Vortag. Nachdem der Leitwolf fertig mit der Einweisung war, trat er beiseite und befahl: „Kamden, du fängst an. Du bist der Einzige der noch keinen zerstört hat.“ „Zerstört? Nicht getötet?“, fragte der Schwarze, ging aber ein paar Schritte vor. Alle anderen machten Platz und der Alpha erklärte: „Wir sehen Vampire nicht als Menschen an. Eher als untote Steine. Du wirst es gleich verstehen. Keiner mischt sich ein. Keine Sorge, er kann dich nicht verletzen. Das lässt die KI nicht zu.“ Jake nickte Isaak zu und der startete den Kampf. Der Vampir erwachte aus seiner Starre und ging sofort in Kampfhaltung. Er fixierte seinen Gegner, den schwarzen Wolf, und fauchte. Kamden rollte mit den Augen und stürzte sich auf den Blutsauger. Wie schwer konnte das schon sein ein Hologramm zu besiegen? Mit übermenschlicher Geschwindigkeit wich das kalte Wesen aus und ging zum Gegenangriff über. Der Schwarze hatte Mühe dem Angriff zu entgehen. Dann war der Kampf auch schon vorbei. Ein Ton erklang und die männliche KI-Stimme flötete: „Irreparabel Verletzung der Wirbelsäule. Kampf verloren.“ Der Vampir hatte es irgendwie geschafft Kamden zu fassen zu bekommen und hatte ihm das Genick gebrochen. Zumindest hätte sein Gegner das getan, wenn das hier ein echter Kampf gewesen wäre. Doch so spürte er nur die Arme seines Gegners um den Hals. Irritiert sah Kamden wie sich der Vampir in Luft auflöste und auf seiner Ausgangsposition wiederauftauchte. Bewegungslos starrte der Blutsauger ins Leere. „Hey, Moment mal“, stammelte der Schwarze und schüttelte den Kopf. „Ich will nochmal.“ „Gleich, Kamden“, bestimmte Jake und trat selbst vor. „Ich zeige dir mal ein paar Kniffe.“ Dann erklärte er einige Dinge und Seth sprang unruhig umher. „Ich will auch“, schnatterte der Jungwolf immer wieder, bis dem Leitwolf der Geduldsfaden riss. Er ließ von seinem Freund je einen Vampir für die anderen erscheinen. Isaak überwachte die Kämpfe von Embry, Seth und Leah, während sich der Alpha einzig um seinen Bruder kümmerte. Dieser brauchte das meiste Training zurzeit. Leah und Embry schafften es fast gleichzeitig ihre Gegner zur Strecke zu bringen und ihnen den Kopf abzureisen. Die KI flötete zu beiden: „Feind kampfunfähig. Sieg.“ Dann sahen beide zu Seth, dieser hatte Probleme, weil er einfach viel zu ungeduldig vorging. Noch immer im Kampfrausch gefangen sprangen beide vor und zerrissen den Feind. Der Ton für Niederlage erklang und die KI sagte: „Fremdeinmischung. Kampf verloren.“ Seth brauste sofort auf und verlangte eine Revanche. Zudem meckerte er mit den beiden Störenfrieden und behauptete alles unter Kontrolle gehabt zu haben. Isaak lächelte und erhöhte für Leah und Embry die Schwierigkeit. Dann bekamen alle drei einen neuen generierten Gegner. Indes übte Kamden verbissen und versuchte alles im Kopf zu behalten, was Jake ihm eintrichterte. Aber auch seine nächsten zwei Kämpfe verlor er. Sein Bruder erklärte: „Du denkst zu viel. Lass dich fallen. Spüre deine Instinkte. Lass deinen inneren Wolf ans Steuer, der weiß was zu tun ist.“ Verständnislos starrte sein Bruder in an. Jake rollte belustigt mit den Augen und sagte: „Ok, pass mal auf. Setzt dich hin und konzentriere dich nur auf mich. Nimm die Welt durch meine Sinne war und achte auf meine Gedanken und Emotionen.“ Kamden machte den Weg frei und tat wie ihm geheißen. Diese mentale Verbindung war ihm immer noch nicht so ganz geheuer. Zum einen gefiel es ihm nicht, dass andere seine Gedanken hörten, zum anderen hatte er noch immer Probleme sich auf spezifische Leute zu konzentrieren. Allein bei seinem Kleinen klappte das einigermaßen. Er seufzte und konzentrierte sich auf den Gedankenstrom seines Bruders. Dabei musste er sich stark zusammenreißen seine Gedanken nicht zu seinem Freund wandern zu lassen. Der Leitwolf wartete einen Augenblick, bis er sich sicher war die uneingeschränkte Aufmerksamkeit seines Verwanden zu haben. Dann gab er Isaak ein Zeichen und der Vampir, mit dem Kamden übte, erwachte zum Leben. Jake konzentrierte sich auf seine Instinkte und entfesselte seinen inneren Wolf. Kamden war sprachlos. Die Welt durch die Sinne eines anderen zu sehen war seltsam, viel seltsamer waren aber dessen Gedanken und Emotionen. Sein Bruder dachte nicht mehr wie ein Mensch, der einen Gegner analysierte und sich eine Strategie zurechtlegte. Nein, der Vampir war nun seine Beute und alles in ihm gierte danach ihn zu erlegen. Wild und ungestüm trieben die niederen Wolfsinstinkte den Rostbraunen voran. Ohne zu zögern sprang er den Blutsauger an. Aber das hatte Kamden auch schon versucht und war gescheitert. Da musste es einen Trick geben und er achtete noch genauer was geschah. Wie zu erwarten wich der Gegner mit seiner abnormalen Geschwindigkeit aus. Nun zeigte sich aber der deutliche Unterschied. Noch im Sprung änderte Jake mit seinem Schweif seine Flugbahn. Anstelle aber zu dem Feind hin drehte er den Kopf in die andere Richtung, von ihm weg. Durch die Drehung und da die Gefahr, das Maul des Wolfes, sich von dem Vampir wegbewegte, wurde er unachtsam und bekam Jakes Hinterläufe gegen die Brust geknallt. Der Blutsauger hatte nur auf die Zähne, nicht aber auf den Rest des Wolfskörpers geachtet. Durch den Stoß taumelte er einen Schritt zurück. Der Rostbraune nutzte die zusätzliche Energie seines Trittes, um sich noch weiter zu drehen. Als er auf dem Boden aufkam fuhr er alle Krallen aus und bremste mit diesen. Bevor das kalte Wesen auch nur die Chance hatte sich von dem Tritt zu erholen, hatte Jake seine Beute auch schon an der Gurgel gepackt und ihm den halben Kopf abgerissen. Das Geräusch, welches dabei erklang, war Metallen und die Wunde blutete auch nicht. Sie sah eher so aus als hätte man einer Statur aus Marmor ein Stück herausgeschlagen. Kamden schauderte es bei dem Geschmack der Vampirhaut auf Jakes Zunge und spürte auch wie widerstandsfähig ein Vampirkörper war. Das Ganze ging rasant schnell und die KI verkündete Jakes Sieg. Kamden öffnete die Augen und sah seinen Bruder auf sich zukommen. „Und glaubst du, du kannst das auch?“, fragte der Leitwolf. „Lass dich einfach fallen.“ „Ich kann das“, sagte Kamden überzeugt von sich und trabte auf einen der Gegner zu. Kurz vor ihm setzte er sich, schloss die Augen und suchte die Bestie in sich. Als er sie fand gab er das Startsignal und fixierte den Vampir vor sich. Kamden versuchte es mit der gleichen Taktik, die er bei Jake gesehen hatte. Aber anstelle zu warten, sprang er direkt mit einer leichten Drehung los. Der Blutsauger wich aus und er konnte ihn mit den Hinterläufen nicht treffen. Durch den vermasselten Angriff schaffte er es auch nicht auf allen Vieren zu landen und stürzte. Der schwarze Fellberg rollte einige Male um sich selbst. Dann passierte etwas Seltsames. Er spürte Gefahr und entfesselte seinen inneren Wolf. Noch in der Drehung fing sich Kamden ab und da war auch schon der Vampir neben ihm und wollte ihm abermals das Genick brechen. Aber der Wolf war da anderer Meinung. Er drehte sich zu seinem Gegner und bäumte sich auf. In der Bewegung biss er nach seinem Gegner, verfehlte aber. Jedoch war das aber auch nur eine Finte gewesen. Er stieß sich mit den Hinterläufen vom Boden ab und wusste der Blutsauger sah nur zu seinem Maul. Mit den Vorderläufen traf er seine Beute in die Brust und schleuderte ihn nach hinten weg. Der Vampir stürzte und Kamden landete auf ihm. Ohne zu zögern ließ er den Kopf niederschnellen und er vergrub seine Zähne in der steinernen Haut seines Gegners. Nun wusste er, warum sie „Zerstören“ und nicht „Töten“ sagten. Etwas, was so kalt und hart wie ein Stein war, das konnte man nicht als menschlich bezeichnen. Er riss seinem Feind den Kopf vom Körper und die KI erklärte ihn zum Sieger. „Gut gemacht“, lobte Jake. Plötzlich tauchte Embry neben dem Schwarzen auf und drückte sich gegen ihn. „Gut gemacht“, schnurrte sein Kleiner und leckte ihm über die Lefzen. Sie schmiegten die Köpfte gegeneinander und schmusten ausgiebig. Alle Kämpfe waren beendet und nun lag der Fokus auf den beiden anhänglichen Wölfen. Der Alpha setze sich und grinste sein Wolfsgrinsen. Eine kleine Pause hatte sein Rudel verdient. Neben ihm tauchte Isaak auf und kraulte ihn. Jake brummte zustimmend. Dieses Gekraule gehörte verboten. Es war einfach viel zu gut. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)