Evolition von Charly89 (Hoenn und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 31: Mutterherz ---------------------- Die anderen Evoli und Blitza ziehen sich still zurück. Selbst Cleo zeigt sich von ihrer guten Seite und verschwindet wortlos. Mit jedem Schritt den wir auf Scharte zu machen, werden seine Augen größer und feuchter. Schnuff bricht bereits vor dem ersten Wort in Tränen aus und ich muss mich arg zusammen nehmen, um es ihm nicht gleich zu tun. Stattdessen versuche ich mich möglichst positiv zu zeigen. Ich gebe Scharte eine liebevolle Kopfnuss. „Wehe, du bist kein großer Krieger, wenn wir uns wieder sehen“, flüstere ich. Er lacht schluchzend. „Fest versprochen“, haucht er heiser. „Wir wünschen dir alles Gute“, erklärt Chief mit einem Lächeln, das zwischen Trauer und Stolz schwankt. Schnuff sagt nichts. Er weint wie ein Schlosshund und kuschelt sich an unseren Bruder. „Es wird in Nullkommanichts so sein, als wärst du schon immer Teil dieses Clans gewesen“, prophezeit Sam mit einem aufmunternden Grinsen. „Du wirst das beste Blitza werden, das man sich vorstellen kann.“ Chilli lächelt und nickt zustimmend. „Du wirst es hier guthaben. Das kannst du uns glauben.“ Scharte nickt und versucht tapfer nicht zu weinen. „Sam?“, fragt es leise von der Seite. Gai steht da, traurig, ringt sich aber trotzdem ein Lächeln ab. Ich spüre, wie Sam sich einen Moment anspannt. Er entschuldigt sich und geht zu seinem Freund. Weitere Evoli und Blitza nutzen ebenfalls die Chance und schnell ist unser neues Reise-Mitglied von seinem, ab jetzt, ehemaligen Clan umringt. Ich sehe viele betroffene Gesichter, ich sehe Trauer, ich sehe den Wunsch, dass es ihm gut gehen wird in allen Gesichtern. Es bricht mir das Herz. Sie alle lieben und schätzen Sam, so wie wir Scharte. Mit allen „Fehlern“, die sie haben, mit allem „nicht dazu passen“, gehören sie trotzdem dazu. Sind Teil ihres Clans, ihrer Familien, ihrer Freunde. Ich schlucke und versuche all das hier nicht zu sehr mit all den Abschieden in meinem Leben in Verbindung zu bringen. All die Lebwohle, große und kleine, temporäre und dauerhafte, nicht hochzuholen und Revue passieren zu lassen. Mein Blick schweift umher, um irgendwo etwas Ablenkung zu finden und bleibt an einem Blitza, das etwas abseits sitzt, kleben. Ich erkenne es wieder, auch wenn ich es nicht persönlich kenne. Es ist Sams Mutter, die da allein hockt. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht und in ihren Augen trifft mich hart. Ich muss an meine Pokémon-Mutter denken. Sie hatte denselben Ausdruck, als wir auf Rods Rücken davongetragen wurden. Von allen Anwesenden erträgt sie gerade das größte Leid, ich weiß das. Ich weiß, wie es ist sein Kind „zu verlieren“. Dieser dunkle Fleck ganz unten in meinem Herzen, den ich seit meiner Rückkehr versuche zu ignorieren und mir einzureden, dass alles gut ist. Sie sind in Sicherheit, gefangen in der Zeit kann ihnen nichts passieren, rede ich mir ein. Trotzdem schmerzt es unterschwellig. Aus einem Impuls heraus gehe ich zu ihr. Mit jedem Schritt werden meine Augen feuchter und als ich bei ihr ankomme, laufen mir die ersten Tränen über die Wangen. Sie sieht zu mir und ringt sich ein Lächeln ab, das mehr Schmerz und Leid ist wie irgendetwas anderes. Das Blitza senkt den Kopf und wir drücken unsere Stirnen gegeneinander. Wir verharren so einige Zeit, sagen nichts, sind einfach füreinander da. Sams Mutter zieht ihren Kopf zurück, mustert mich und lächelt dann warm. Sie stupst mich, um mir zu sagen, dass ich lieber wieder zurück sollte und ich folge der Aufforderung ohne mich nochmal zu ihr umzudrehen. Ich laufe zurück und sehe das Chief mich besorgt mustert. Ich ignoriere das und kuschle mich zu meinen Brüdern. Wir bilden ein hellbraunes Knäuel, das für ein paar Momente einfach ineinander übergeht und eine Einheit bildet, bevor wir wieder etwas Abstand zwischen uns bringen. „Pass auf dich auf“, flüstere ich Scharte zu. „Ihr auch“, antwortet er leise. Sam taucht wieder auf, wirkt kurz niedergeschlagen, aber berappelt sich schnell. Chief atmet durch, bevor er spricht: „Wir müssen nun. Wir haben noch eine Station vor uns, bevor wir in die Wüste gehen, und die müssen wir vor Einbruch der Nacht erreichen.“ Wir nicken alle, drücken uns nochmals aneinander und laufen schließlich los. Wir verlassen die große Höhle unter vielen Lebewohl und guten Wünschen. Als ich zurücksehe, sehe ich wie einige Blitza und Evoli, allen voran Cleo, sich um Scharte versammeln und ihm Trost und Zuspruch spenden. Er wird es hier guthaben, davon bin ich überzeugt und es macht den Abschied ein bisschen leichter. Draußen scheint die Sonne, es ist hell und freundlich; und dadurch irgendwie unpassend. Wir setzen unsere Reise fort, die Stimmung ist gedrückt und alle hängen ihren eigenen Gedanken und Empfindungen nach. „Sam!“, brüllt es plötzlich hinter uns, als wir schon weiter weg sind. Wir drehen uns um und sehen Scharte am Eingang der Höhle. Er hat immer noch Tränen in den Augen, strahlt aber gleichzeitig. „Hab` ein Auge auf Quietschie!“, ruft er lachend, „Sie macht ständig Blödsinn!“ „Hey!“, beschwere ich mich, doch bevor ich noch etwas sagen kann, mischt sich Sam ein. „Mach ich! Versprochen“, sein Blick fällt auf mich und er grinst frech. „Quietschie.“ Ich verziehe bockig das Gesicht und strecke ihm die Zunge raus. Alle lachen, selbst Schnuff, der eher aussieht als würde er jeden Moment einen mentalen Brakedown erleiden. Ein letztes Lebwohl und wir gehen weiter. Chief signalisiert mir etwas Abstand zum Rest zu halten und als er groß genug ist, fragt er mich: „Warum warst du bei Sams Mutter?“ Ich höre, das es kein Vorwurf ist, sondern eher Sorge ihn zu der Frage bewegt. „Weil ich weiß, wie es ist nicht bei seinem Kind zu sein. Wie es ist, wenn man es zurücklässt oder eben gehen lässt“, erkläre ich mit belegter Stimme. „Aber, du weißt, dass es ihnen gut geht“, sagt das Clanoberhaupt. Ich weiß, dass er meine menschliche Familie meint. Ich nicke vorsichtig, weil ich mir die Wahrheit selbst nicht eingestehen möchte und eigentlich nicht darüber reden will. Ich hoffe, dass er mich einfach in Ruhe lässt, aber eigentlich weiß ich, dass er es nicht wird. „Und genauso weiß es auch Sams Mutter“, redet Chief weiter und sieht mich eindringlich an. „Sie weiß, dass es im gut geht.“ „Nein“, widerspreche ich, bevor ich mich versehe. „Weiß sie nicht. Sobald Sam um die Ecke verschwunden ist und sie ihn nicht mehr sieht, weiß sie es nicht mehr. Sie kann es nur hoffen, aber nicht wissen.“ Das Flamara bleibt stehen und mustert mich besorgt. „Das stimmt schon, aber man muss vertrauen haben.“ „Zu jemandem, den man nicht kennt? Der einen an der Nase herumgeführt hat?“, frage ich heiser zurück. Das ist der Punkt, auf den ich eigentlich nicht den Finger legen wollte. Das ist die Wahrheit, die ich verdränge. Der dunkle Fleck, den ich ignoriere. Ja, Arceus hat gesagt, dass er mit Dialga die Zeit in meiner Welt anhält, aber einen Beweis dafür habe ich nicht. Ich muss mich auf sein Wort verlassen und das fällt mir schwer. Ich sehe wie Chief dämmert, was genau mein Problem gerade ist. „Was für einen Grund hätte Arceus dich anzulügen? Er hat dir offenbar bewiesen, dass über all die Monate, die du bereits hier bist, alles in deiner Welt auf dich gewartet hat.“ „Ja“, bestätige ich kleinlaut. „Trotzdem kann ich es nicht abschütteln.“ Das Clanoberhaupt beugt sich zu mir, sieht mir fest in die Augen. „Ich verstehe das, aber es darf dich nicht auffressen. Es wird dich sonst behindern Entscheidungen zu treffen.“ Ich sehe das Flamara an und erinnere mich an die Geschichte, die er mir erzählt hat. Sandy und all das Leid das damit einherging. Wie er jetzt wieder eine derartige Entscheidung treffen musste und wie sehr er damit gehadert hat. Wie sehr ihn der Zweifel behindert hat eine Entscheidung zu treffen. Ich gebe mir einen Ruck. Chief hat Recht, ich muss, zumindest ein wenig, Vertrauen haben. Es wird mir nichts bringen, wenn ich mich daran wundreibe. Ich nicke schließlich. „Ich weiß. Ich werde mich bemühen.“ „Okay.“ Chief lächelt wohlwollend. „Los jetzt.“ Wir beeilen uns, um zum Rest wieder aufzuschließen und meine Schritte fühlen sich ein wenig leichter an wie zuvor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)