Evolition von Charly89 (Hoenn und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 18: Vom Suchen und Finden --------------------------------- Gerade als ich mich entschlossen habe, mich davon zu machen, kommt mir König Zufall zu Hilfe. Ein greller Blitz zischt über uns hinweg und lenkt Leonore ab. Ich ducke mich und schleiche im Schatten einiger Steine weg. Meine Gedanken kreisen um meine Brüder. Hoffentlich geht es ihnen gut! Ich bemühe mich, möglichst unauffällig zwischen Geröll und Sträuchern hindurch und drum herum zu schleichen. Mit jedem Busch und jedem Felsen fällt es mir allerdings schwerer. Die Erschöpfung fängt an mehr und mehr an mir zu zerren und meine Hinterpfote schmerzt mit jedem weiteren Schritt schlimmer. Ich darf jetzt nicht einknicken! Mit zusammengebissenen Zähnen humple ich weiter. Überall sind noch Kämpfe im Gange die Staub und Dreck aufwirbeln. Ein Hustenanfall stoppt mich und ich habe Mühe Luft zubekommen. Ja, der Dreck verhindert zwar, dass man mich sieht, was prinzipiell eine feine Sache ist, aber er nimmt mir auch sprichwörtlich die Luft zum Atmen. Ein fürchterlich lautes Brüllen lässt mich aufsehen. Auf einem Bergkamm stehen drei Blitza und ihnen gegenüber ein … Knakrack! Oh, Gott! Das Ding ist riesig und erinnert mich irgendwie an Leonore – es wirkt stolz und als wäre es unantastbar, allerdings strahlt es Gewalt aus und nichts Majestätisches. Es ist bestimmt der Anführer der Drachen-Pokémon. Eines der Blitza beginnt zu leuchten und kleine Blitze zucken um es herum. Eines der anderen scheint, von einer elektronischen Ladung umgeben, zum direkt Angriff überzugehen. Das Knakrack hüllt plötzlich auch Energie ein und es springt dem Blitza entgegen. Volttackel und Drachenstoß prallen mit aller Kraft aufeinander und es gibt eine Explosion. Das Blitza wird aus der Detonation geschleudert und landet irgendwo außerhalb meines Sichtbereichs. Das andere Blitza entlädt sich mit einer mächtigen Donner Attacke. Es britzelt und funkt; selbst ich spüre die statische Aufladung der Luft obwohl ich recht weit entfernt stehe. Als die Helligkeit vergeht sehe ich das Knakrack – es steht unbeeindruckt da und schüttelt sich kurz. Ich bin gleichzeitig fasziniert und verängstigt. Einen Moment hadere ich mit mir und meiner Entscheidung, alleine auf die Suche nach meinen Brüdern gegangen zu sein, aber im nächsten habe ich ein schreckliches Bild vor Augen: Schnuff und Scharte, bewusstlos zwischen Schutt und Asche – und keiner da, der ihnen hilft. Mit neugewonnener Überzeugung das Richtige zu tun, humple ich wieder los. Immer wieder bin ich gezwungen kleine Pausen einzulegen, weil ich entweder kaum Luft bekomme durch den ganzen Dreck, oder meine Hinterpfote so sehr schmerzt, dass ich sie nicht richtig aufsetzen kann. „… Herzchen …?!“, schallt es dumpf durch den Dreck in der Luft. Bitte nicht! Schlimm genug, dass sie mir auch einfach irgendeinen „Kosenamen“ verpasst hat, ich habe auch keine Lust, mir ihre Standpauke anzuhören und, oder mich womöglich gegen meinen Willen davon schleifen zu lassen – schnell hinke ich weiter. Mühsam quäle ich mich voran und sehe überall nach; aber ich finde niemanden. Plötzlich rumpelt vor mir ein Pokémon vorbei – es scheint den Berg herunter gerollt zu sein. Es knallt gegen einen Stein und bleibt reglos liegen. Neugierig gehe ich ein paar Schritte auf es zu. Ein ist ein Kaumalat; größer wie jenes, gegen das ich gekämpft habe. Wieder schaudert es mich und ich zweifle wieder etwas mehr an meiner Entscheidung. Nein! Ich muss meine Brüder finden! Quälend langsam setze ich meine Suche fort. Irgendwann höre ich vor mir Kampfgeräusche und sehe zwei Silhouetten. Angestrengt verenge ich die Augen um irgendetwas Genaueres zu erkennen. Es durchfährt mich wie ein Blitz. Eine der schemenhaften Gestalten ist definitiv ein Evoli! Ich sammle meine letzten Kräfte und humple so schnell ich kann. Als ich näher dran bin, erkenne ich, dass es Scharte ist. Er ist offensichtlich am Ende seiner Kräfte und sieht ziemlich mitgenommen aus. Es macht den Eindruck, als würden seine Beine jeden Moment nachgeben. Die Scharte in seinem Ohr ist größer wie vorher und er hat einige Kratzer an der Seite. Er atmet schwer und es scheint auch schmerzhaft zu sein, so wie er das Gesicht verzieht. Sein Gegner ist ein Kaumalat, das auch nicht mehr wirklich fit aussieht. Es hat eine Wunde über dem Auge und beißt auffällig die Zähne zusammen. Das Drachen-Pokémon ist leicht vornübergebeugt und knurrt, aber es klingt eher frustriert wie wirklich gefährlich. Scharte springt los und schlägt wie verrückt auf das Kaumalat ein – mit einer Kraft, die ich ihm nicht zugetraut hätte. Irgendwie scheint sein schlechter Zustand sich positiv auf seine Attacke auszuwirken. Der Gegner geht bewusstlos zu Boden und Scharte bricht kurz darauf erschöpft zusammen. „Scharte!“, rufe ich so laut ich kann und haste, meine Pfote und Erschöpfung ignorierend, zu ihm. Endlich bei ihm angekommen lecke ich ihm aus einem Reflex heraus wieder über den Kopf. „Ich bin hier“, flüstre ich ihm beruhigend zu und schmiege meinen Kopf an seinen. „Quietschie?“, haucht er erschöpft. „Ja, ich bin hier. Alles wird gut.“ Ich fühle, wie mir die Tränen kommen. Plötzlich muss ich an unseren Abschied denken: Mutter leckt Schnuff über den Kopf und sagt ihm, dass alles gut wird. „Herzchen!“, ruft es hinter mir und reißt mich abrupt heraus. Ich drehe den Kopf und sehe Leonore auf uns zukommen, dicht gefolgt von ihrem Sohn. „Ein Glück, haben wir euch gefunden“, spricht Leon etwas außer Puste. Die Blitza kommen zu uns und ich mustre die Anführerin etwas ängstlich. Ich rechne damit, dass sie mich jeden Moment zusammenfaltet – doch nichts passiert. „Nimm du den Burschen“, weist sie Leon an, der daraufhin Scharte im Nacken packt und losläuft. „Komm, Herzchen, wir müssen auch.“ Mit großen Augen glotze ich sie an. Ich bin immer noch verwirrt, dass sie mich nicht zurecht weißt – dann kommt mir ein anderer Gedanke. „Ich kann nicht! Schnuff …“ „Ist in Sicherheit“, unterbricht mich Leonore direkt. „Chief hat ihn gefunden und in die große Höhle gebracht. Alle aus dem Clan, die nicht kämpfen können sind dort und werden beschützt“ „Ein Glück.“ Schlagartig geben meine Beine nach und alles, was mich aufrecht gehalten hat, scheint aus mir zu weichen. Ich spüre meinen ganzen Körper plötzlich auf eine sehr schmerzhafte Art und Weise. Knochen, Muskeln – alles brennt, kneift und sticht. Und ich bin müde – unendlich müde. Meine Augen hängen auf halb Acht und mir fehlt die Kraft, sie richtig zu öffnen. „Lass uns gehen, Herzchen.“ Diffus fühle ich, wie sich ein Maul um mein Genick schließt und ich hochgehoben werde. Alles um mich herum verschwimmt und wird neblig. Die Kampfgeräusche hören irgendwann auf und andere Geräusche dringen an mein Ohr. Ich kann sie aber nicht zuordnen, weil alles klingt, als hätte ich Watte in den Ohren – dumpf und leise. Selige Schwärze hüllt mich ein und nimmt mir den Schmerz.   Ich öffne die Augen – obwohl, nein eigentlich waren sie irgendwie die ganze Zeit offen. Aus einem Grund, den ich nicht verstehe, registriere ich es aber erst jetzt. Vor mir ist etwas, was wie ein kleiner zweiteiliger Bildschirm aussieht, ringsherum ist es unscharf und verschwommen. Auf dem oberen Bildschirm sehe ich zwei Pokémon, die sich gegenüberstehen, auf dem unteren sind vier große Quadrate. Was zum …? Ich werde angesprochen und hebe den Kopf. Plötzlich ist meine Sicht scharf gestellt und ich erkenne meine Umgebung. Da steht ein Mann der mich genervt ansieht. Er trägt eine Jacke, scheint eben erst in die Wohnung gekommen zu sein. Wohnung? „Hängst du schon wieder vor dem Ding?“, murrt er und schüttelt den Kopf. „Ja, sorry“, antworte ich … ohne Einfluss darauf zu haben. Moment! Dieses Gefühl kenne ich doch! Das hatte ich auch, als ich mich erinnert habe! Das hier ist eine Erinnerung! „Mama!“ Mein Sohn kommt um die Ecke und stürmt zu mir. Schwungvoll springt er mir auf den Unterbauch, weil ich halb liege. Mein angestrengtes „Uff“ quittiert er mit einem kurzen „‘Tschuldigung“ Schnell schmiegt er sich an meinen Oberkörper und sieht interessiert mit auf den Nintendo 3DS – die XL Variante, weil ich den angenehmer fand. Stück für Stück kommen mehr und mehr Erinnerungen hoch. Der DS war ein Geschenk; von mir für mich, weil ich jahrelang nicht mehr gespielt habe und es mir gefehlt hat, einfach mal den Kopf vom Alltag zu lösen auf diese Art. Der Mann, nein, mein Mann, grummelt etwas in seinen Zwei-Wochen-Bart und verschwindet. „Mama“, lenkt mich mein Sohn ab und zeigt auf den Bildschirm. Das gegnerische Pokémon ist besiegt und der Trainer ruft ein neues. Ein Knakrack taucht auf. Ich gehe auf „Tauschen“ „Was machst du?“, fragt mein Sohn neugierig. „Ich wechsle das Pokémon. Weißt du, Luxtra ist ein Elektro-Pokémon, das ist schwach gegen Boden-Pokémon“, erkläre ich. Vom Drachen-Attribut ganz zu schweigen, denke ich noch. Ich suche Sumpex aus meinem Team und schicke es in den Kampf. Während die Pixel auf dem Bildschirm kämpfen, gebe ich meinem Sohn einen Kuss auf die Haare und schmiege meine Wange an seinen Kopf. Er ist zwar schon „groß“, zumindest seiner eigenen Auffassung nach, und riecht schon lange nicht mehr nach Baby, aber sein Geruch löst immer noch ein tiefes warmes Gefühl von Liebe und Geborgenheit aus. „Hab‘ dich lieb“, flüstert er und sieht fasziniert dabei zu, wie Sumpex mit Müh‘ und Not Knakrack besiegt. „Nicht mal die Wäsche hast du aufgehängt!“, schimpft es aus dem Badezimmer. Oh oh, das habe ich völlig vergessen! Ich klappe den 3DS zu, winde mich unter meinem Sohn heraus und gehe zu meinem Mann. Er steht sichtlich sauer vor der Waschmaschine und holt gerade die Sachen raus. Ich umarme ihn seitlich, gebe ihm einen Kuss auf die stachelige Wange und lege meinen Kopf auf sein Schulterblatt. Er ist warm und riecht nach Seife. Er ist gerade von der Arbeit gekommen, fällt mir ein. Ich spüre seine Bewegungen und auch das genervte Brummen in seinem Brustkorb. „Ich gelobe Besserung“, flüstere ich und mache einen Schmollmund. Mein Mann hält inne und sieht mich an. Seine blauen Augen mustern mich liebevoll und schelmisch. Ich fühle Liebe und Schutz in diesem Blick. Er schmunzelt und gibt mir wortlos einen Kuss. Es wird dunkel, aber es fühlt sich nicht bedrohlich an. Ich fühle mich warm und sicher … und geliebt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)