Evolition von Charly89 (Hoenn und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 11: Im Wald ------------------- Argwöhnisch mustert Chief mich. „Wirklich?“, fragt er skeptisch nach. Ich nicke, wahrscheinlich etwas zu sehr und zu hektisch, denn Chief legt den Kopf schief. „Wie du meinst.“ Er brummt und dreht sich um. Wir setzen unseren Weg fort. Die vollen Bäuche und die heimelige Atmosphäre des Waldes lassen nach und nach alle Anspannung von uns weichen. Schnuff und Scharte tauen auch Zusehens auf. Chief und Chilli wirken ebenfalls entspannter und gelassener. Gleichzeitig scheint der Wald immer lebendiger zu werden, je weiter wir die Menschenwege hinter uns lassen. Das ganze Unterholz wirkt wie ein Lebewesen; überall raschelt es, oder knackt. Alles bewegt sich und macht Geräusche. In einiger Entfernung rechts neben mir gibt ein morscher Ast etwas Schwerem nach. Eine grünes Pokémon mit großen Augen huscht über einen Ast davon und … ähm, entweder habe ich es im Blätterdach aus den Augen verloren, oder es ist unsichtbar geworden. Ich wende den Blick ab und sehe in die Richtung aus der das Geräusch kam. Ein großer dunkler Schatten steht dort, von Gebüsch und einem umgestürzten Baum fast verdeckt. Doch das rote Paar Augen sehe ich überdeutlich. Unsicher lege ich den Kopf schief. Das Magnayen schon wieder? „Schwester?“ Ich schüttle den Kopf und schließe zu den anderen auf. Eigenartig. Nun, zumindest scheint es nicht böswillig. Also, ich habe zumindest nicht das Gefühl, dass es uns etwas tun möchte. „Wo werden wir leben?“, höre ich Schnuff neugierig fragen. Gespannt spitze ich die Ohren. Chilli sieht meinen Bruder an und erklärt: „In einer Wüste auf Route 111. Wir Flamara mögen die Hitze und das trockene Klima.“ Das klingt … ungemütlich, wenn ich ehrlich sein soll. Irgendwie fände ich es schöner hier, oder wie vorhin auf der Lichtung. Bei Wüste habe ich Bilder von Unmenge an Sand vor meinem inneren Auge. Staubige Angelegenheit … Ein Luftzug rauscht durch das obere Blätterdach. Gespannt sehen wir hoch. Ein großes, etwas plump wirkendes Pokémon fliegt über den Wald hinweg. Sein Hals ist lang und es hat vier schmale grüne Flügel. „Kein Feind“, erklärt Chilli an Scharte gerichtet, der sich auf den Boden drückt, als wolle er darin verschwinden. Schnuff und ich kichern leise und werden direkt von der Seite als „Doofköpfe“ bezeichnet. Gemächlich gehen wir weiter. Schnuff und Scharte sind so damit beschäftigt, den beiden Flamara Löcher in den Bauch zu fragen, dass es kaum auffällt, dass ich etwas zurückbleibe. Mit einem Ohr höre ich den Gesprächen vor mir zu und mit den anderen lausche neugierig in den Wald. Huch? Ich bleibe stehen und lausche angestrengt. Da fiept etwas, oder? Vorsichtig verlasse ich unseren imaginären Weg und schleiche unter einem Strauch hindurch. Auf der anderen Seite sehe ich kaum einen Meter entfernt ein kleines Myrapla das sich in einer Wurzel verheddert hat. Das kenne ich zu meinem Leidwesen. Armes Ding. Ich erinnere mich aber an Chiefs Worte bezüglich des Puders. „Hey“, spreche ich das Myrapla leise an, um es nicht zu erschrecken. Es hört mit Zappeln auf und sieht mich ängstlich an. Langsam krieche unter dem Busch hervor. „Ich würde dir gern helfen“, erkläre ich sanft. Das Kleine tut mir fürchterlich leid; es sieht aus als würde es jeden Moment in Tränen ausbrechen. Zögerlich nickt es schließlich und ich nähere mich ihm weiter. Ich sehe mir das Schlamassel an seinem Fuß an und löse vorsichtig mit meinem Eckzahn eine der Schlingen, der Rest löst sich danach von selber. Das Myrapla strahlt und freut sich. „Danke“, jauchzt es und hüpft davon. Wieder habe ich dieses eigenartig warme Gefühl im Brustkorb. Gleichzeitig fühlt es sich an, als würde irgendetwas versuchen sich ‚hochzudrücken‘, als ob ich wissen müsste, warum ich diese merkwürdige Wärme fühle. Kurz darauf ist es weg und ein kalter Schauer huscht durch mein Fell – schnell zurück bevor es wieder Ärger gibt. Wieder am Strauch drehe ich mich noch einmal um, um eventuell noch einen Blick auf das Myrapla zu erhaschen. Nein, es ist nicht zusehen, dafür sehe ich rote Augen, die mich neugierig betrachten. Ähm. Irgendwie bekomme ich das Gefühl, dass das Magnayen scheinbar nur an mir interessiert ist. Warum? Egal! Ich muss zurück! Hastig wusle ich unter dem Strauch durch und haste los. Ich sehe die Anderen zwar im Moment nicht, dafür höre ich sie ziemlich deutlich. Nach einem kurzen Sprint bin ich wieder auf meine vorhergehende Distanz an den Rest heran. „Wie viele seid ihr eigentlich?“, fragt Scharte und sieht Chief an. „Wir sind ungefähr 50 Mitglieder, ein paar sind oft unterwegs zu anderen Evoli-Gruppen oder auf der Suche nach bestimmten Items.“ Tja, wenn ich jetzt wüsste wie viele wir waren. Als wir in der fremden Höhle übernachtet haben, waren da ziemlich viele Glaziola … Mutter … Ich spüre einen kurzen Stich und lasse den Kopf hängen. Das hier ist toll und aufregend, aber ich wäre auch gern einfach zu Hause geblieben. „Müssen wir irgendetwas beachten, wenn wir dann bei euch sind?“ Schnuff klingt eher unsicher wie wirklich interessiert. Chilli überlegt kurz. „Wir unterscheiden uns nicht so sehr von der Glaziola-Gruppe, die ihr kennt, das wird es einfach machen euch einzuleben. Es gibt einige Regeln, die man unbedingt befolgen muss. Ich erzähle euch aber vorerst nur die wichtigsten: Ihr müsst immer auf den Chief hören“, sie sieht über ihre Schulter zu mir und ich grinse schief als Antwort. „Und ihr dürft nicht rausgehen, wenn ein großer Sandsturm kommt!“, erklärt sie weiter. Sandsturm klingt wie das Pendant zur Flut bei uns; zumindest ist die Regel dieselbe. Ob alle Clans mit so etwas zu tun haben? Immer weiter geht unsere Tour und ich merke langsam aber sicher meine Pfote wieder. Es schmerzt nicht so schlimm wie am Anfang, aber ich spüre deutlich, dass sie noch angeschlagen ist. Vor mir wird munter geplaudert, aber der Wald fordert meine ganze Aufmerksamkeit. Rascheln, Knacken, Knarren. Füße die über Erde laufen, Flügel die Flattern – so viele neue Geräusche. In der Höhle war es im Gegensatz hierzu richtig still, wenn man von der hereinströmenden Flut mal absieht. Ein Geräusch sticht plötzlich heraus – es schreit förmlich nach meiner Aufmerksamkeit und ich ahne bereits, wer es verursacht hat. Jetzt reicht es mir aber! Wenn dieses Magnayen etwas von mir will, soll es gefälligst den Mund aufmachen! Ich bleibe stehen und warte, bis die anderen noch weiter weg sind, dann schlage ich mich in die Büsche. Ein kleiner Fels dient mir kurz darauf als Aussichtspunkt und ich entdecke es. Demonstrativ setzte ich mich hin und sehe es an. Es verlässt sein Versteck und kommt auf mich zu, bleibt aber in etwa fünf Meter Entfernung stehen. „Was willst du von mir?“, frage ich etwas forsch, was mir direkt leidtut, weil es mir ja geholfen hatte und ich mich nicht mal ordentlich bedankt habe. Das Magnaye öffnet die Schnauze. „Verzeih mir, ich wollte dich nicht erschrecken oder dergleichen.“ Ich sitze da, mit offenem Mund, und bin verwirrt. Das Magnayen ist weiblich, damit habe irgendwie nicht gerechnet. „Schon gut“, stammle ich unsicher. „Nochmal danke, für deine Hilfe mit der Wurzel.“ Sie kommt noch ein paar Schritte näher und sieht mich mit einem unfassbar weichen Gesichtsausdruck an.  Hätte mir jemand gesagt, das ein Magnaye so schauen kann, hätte ich gelacht, aber ich lache nicht. In den roten Augen spiegeln sich unendliche Traurigkeit und Verlust wider. Das ergreift mich unfassbar tief, ohne dass ich weiß warum genau. „Was möchtest du von mir?“, flüstere ich so leise, dass mich der Wald beinahe übertönt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)