Die Drachensonate von Kylie (Band 2 - Drachen-Saga) ================================================================================ Kapitel 5: Instinkte -------------------- Lebenswelt ging das Treffen mit dem Rebellen nicht mehr aus dem Kopf. Sie wusste ziemlich genau, dass sie den Vorfall hätte melden müssen, doch sie hatte es nicht getan. Wenn jemand sie gefragt hätte, weshalb sie schwieg, hätte sie keine Antwort gewusst. Wahrscheinlich aus Langeweile..., gestand sich die vermeidliche Göttin ein. Jeden Tag diese tristen Wände und die gleichen Anfragen... Immer das Betteln um Kinder. Es ist ermüdend. Jede der angeblichen Gottheiten war auf ein Gebiet spezialisiert, welches der Weltenlenker ihnen zusprach. Wie genau er entschied, wer was machen sollte, wusste sie allerdings nicht. So ging es bei ihr stets um Fruchtbarkeit. Ihre Gläubiger erbaten also ihren Segen, damit sie Kinder bekommen und ihre Linie fortsetzen konnten. Ein wichtiger Aspekt in der Religion des selbsternannten Gottes. Es nervte sie ein bisschen, dass sie ein Teil dieser Machtgier geworden war. Wenn sie ehrlich war, dann hatte sie zwar alle Glaubenssätze gelesen, die der Weltenlenker als so wichtig erachtet, sie aber alle als absolut unwichtig wahrgenommen. Nahezu lächerlich! Wieso überhaupt so viele seines Volkes wahrhaftig an ihn glaubten, war ihr ein absolutes Rätsel. Langsam glitten ihre Kuppen über ihr Kleid. Es war aus Seide und fühlte sich samtig weich an. Es lag eng an und man brauchte nicht mehr viel Fantasie, damit man wusste, wie sie nackt aussehen würde. Ihr gefiel es, ihren Körper derartig zu offenbaren und ihre Dienerschaft um den Verstand zu bringen. Immer, wenn es die Zeit zuließ, schlief sie immerhin auch gerne mit ihnen. Nicht, dass sie darüber sprechen durften... Selbstverständlich war es den Dienern generell nicht erlaubt, ihr nah zu sein. Sie waren Diener und sie eine Gottheit. Würde das herauskommen, würden die armen Männer ihren Kopf verlieren, während man sie rügte. Ein durchaus unfaire Strafen-Verteilung, doch daran konnte sie nichts ändern. „Mel...“, säuselte sie und musste nicht mal hinsehen, damit sie wusste, dass er gerade den Raum betrat. Melvyn war trotzdem jedes Mal wieder überrascht, wenn er leise die Tür öffnete und noch nicht mal wirklich drin war, als sie ihn begrüßte oder ansprach. Das verstärkte gewiss seinen Glauben an ihre Göttlichkeit. Er sah es sicherlich als eine Art heilige Wahrsagerei oder einen göttlichen Blick in die Zukunft. Doch die Wahrheit war simpler: Sie spürte ihn. Egal, wo er sich aufhielt, sie wusste immer, wo er war, wodurch sie auch wusste, wann er sie aufsuchte. Fiona vermutete, dass es ein Teil ihrer Gabe war. Ähnlich wie das Licht, welches sie als Kampf- oder Schutzmagie einsetzen konnte. Das immerhin hatte Kelvin mehr als deutlich zu spüren bekommen, als er sie besucht hatte. Seine Überzeugung hatte sie berührt. Anders, als es jemals ein Diener getan hatte oder eine traurige Bitte eines Anhängers von ihr. Er ist von seiner Sache überzeugt. Von sich selbst..., sinnierte die angebliche Göttin. Das kann ich von mir nicht behaupten. Ich glaube an gar nichts... Am wenigsten an mich selbst. Hätte sie das laut ausgesprochen, hätte ihr Hohepriester ihr widersprochen. Melvyn hätte darauf bestanden, dass das bloß eine Phase war und sie sich in ihre Rolle einfinden würde. Ihr war bewusst, dass dem nicht so war. Wäre es so, dann hätte sie sich schon vor Monaten ihrer Rolle gefügt, doch stattdessen zweifelte sie. Am meisten zweifelte sie wohl an dem Weltenlenker selbst. All sein Handeln wirkte nicht durchdacht, sondern wie bloße Willkür. Als wollte er etwas unbedingt vor seinem Volk und seinen Anhängern verbergen. Etwas, was vermutlich offensichtlich war, aber dennoch zurzeit unterging. „Ihr habt noch nichts gegessen.“, stellte Melvyn höflich fest. Sein Blick ruhte auf dem Tisch, der voll war mit Lebensmitteln in allen Formen und Farben. Aufläufe, Obst, Gemüse, Fleisch... Jeder hungernde Bürger konnte von diesem Mahl mindestens einen Monat leben! „Deine Auffassungsgabe ist wahrlich überwältigend.“, zischte die Weißhaarige sarkastisch. „Bitte, sag‘ mir noch mehr Offensichtliches.“ „Ihr habt offenbar schlechte Laune, Mylady...“ „Potzblitz!“, stöhnte sie lautstark auf. „Du kannst dich wirklich noch steigern! Gib‘ mir mehr, Mel.“ Der Priester rollte etwas genervt mit den Augen und winkte dann eine Zofe herbei. Das Mädchen wirkte jung. Lebenswelt meinte sogar, dass die Beine des armen Dings schlotterten vor Aufregung. Sie stand noch nicht lange im Dienst einer Gottheit und musste sich an diesen Umstand erstmal gewöhnen. Sie konnte nicht hören, was genau Melvyn ihr auftrug, doch da im Anschluss der Tisch leergeräumt wurde, hatte es wohl etwas damit zu tun. Eventuell hatte er ihr auch noch Hinweise gegeben, wie man an Tagen wie diesen mit ihr umgehen sollte. Ihre Launenhaftigkeit hatte dem Palast nicht nur eine gute Dienerin gekostet... „Kann ich etwas für Euch tun, Euer Gnaden?“, erkundigte sich schließlich Melvyn taktvoll. Es wunderte sie immer wieder, wie viel Durchhaltevermögen er mit sich brachte. An seiner Stelle hätte sie längst gekündigt. Seufzend sah sie über ihre schlanke Schulter zu ihm: „Wie wäre es mit einem Ausflug ins Freie?“ „Ihr wisst, dass das nicht möglich ist.“ „Kleider kaufen fahren?“ „Mylady...“ „Was für eine Gottheit bin ich eigentlich, wenn ich in meinem eigenen Palast eingesperrt werde?“, hinterfragte Fiona mit Nachdruck. „All die anderen Götter dürfen sich frei vergnügen. Sie dürfen ihre Paläste verlassen, Feste besuchen und Kleider kaufen. Nur ich nicht.“ „Das ist mir bewusst...“ „Und doch ändert sich rein gar nichts. Ich hocke immer noch in diesem goldenen Käfig.“ „Es gibt wohl schlechtere Käfige...“, erinnerte er sie. Ihre violetten Augen fixierten ihren Hohepriester wütend. Es war klar, dass er keinen Schritt weiter in die falsche Richtung machen durfte. Bei ihrer Laune wäre es sein Todesurteil sie zu reizen! Auch das hatten einige Diener schon schmerzhaft erfahren müssen, als sie sie an einem schlechten Tag erwischten... „Ich bin bemüht, an diesem Umstand etwas zu ändern, Mylady.“, ergänzte Melvyn dann seufzend. „Ach ja?“, fragte die Göttin sichtlich überrascht. „Inwieweit bist du darum bemüht? Was tust du, damit ich mal etwas rausgehen darf?“ „Ich bin im Kontakt mit dem Shaô.“ „Oh, guter Gott...“, keuchte sie nun noch etwas genervter als zuvor. Vollkommen hilflos hob sie die Hände und schüttelte etwas verzweifelt den Kopf als wäre er verrückt. „Was gefällt Euch denn nun schon wieder nicht?“ „Alles, Mel. Absolut alles.“ „Es tut mir leid, meine Göttin, doch tatsächlich ist das keine hilfreiche Antwort.“, seufzte der Hohepriester unter Anstrengung. Er wusste beim besten Willen nicht, wie er mit ihr umspringen sollte. „Was soll es bringen, mit dem Shaô zu sprechen? Er hat keinen Einfluss auf den Weltenlenker.“ „Er ist sein Hohepriester! Der oberste aller Priester... Wenn jemand-...“ Sie unterbrach ihn harsch mit einer herrischen Handbewegung. Ihre violetten Augen fixierten Melvyn dabei streng: „Ja, er ist sein Priester. Und du bist meiner. Wie viel Macht hast du nochmals über mich? Inwieweit beeinflusst du mein... außergewöhnlich freundliches Verhalten?“ Er presste die Lippen zusammen. So fest, dass sie nur noch wie eine Linie aussahen. Innerlich verfluchte er Lebenswelt gewiss und erwog sicherlich nicht zum ersten Mal, ob er es aufgeben sollte. Dabei wusste sie seine Mühen durchaus zu schätzen. Es fiel ihr allerdings schwer, das auch angemessen zu zeigen, wenn er mit ihr sprach. Trotzdem habe ich in diesem Punkt recht., dachte Fiona verbissen. Der Shaô konnte den Weltenlenker genauso wenig beeinflussen wie die Priester der einzelnen Götter diese. Sie machten, was sie gerade wollten! Wenn sie mit jemanden schlafen wollten, dann taten sie es, auch wenn ihr Hohepriester dagegen war. Wenn sie morden wollten, töteten sie die betreffende Person, selbst wenn es ihr eigener Priester war. Wenn jemand tatsächlich machtlos gegenüber den Gottheiten war, dann waren es ihre eigenen Diener. Wobei sie vom Shaô gehört hatte. Es gab Gerüchte darüber, dass er kein Mensch sei. Nur trug er immer eine Kapuze, wenn er mal Gläubige oder Diener seiner Götter empfing, weshalb niemand Näheres dazu sagen konnte. Vielleicht verbarg er Elfenohren! Oder leuchtende Augen... Die Sagen und Mythen rankten um den Mann. So viele Geschichten gab es sonst eigentlich nur zu Toten, aber gewiss nicht zu Lebenden. Oder vielleicht noch über den Weltenlenker... Meistens hielt er sich in einem Zeltlager auf und wich nicht von der Seite seines engsten Vertrauten. Ein anderer Priester, der nur dem Shaô zu Diensten stand. Hrathen. Sie hatte ihn mal getroffen. Er war ein gutaussehender Mann mittleren Alters, der intelligent und listig schien. Doch es war nur ein flüchtiger Blick auf ihn gewesen, als der Weltenlenker ihr einen Palast zugeteilt hatte. Der Shaô selbst war an dem Tag unpässlich gewesen. Seufzend glitten ihre bleichen Finger durch ihr weißes Haar. Es schimmerte im Licht der Sonne, die sie so gerne mal auf einer Wiese spüren wollte. Selbst, wenn sie dabei beaufsichtigt wäre! Alles war besser, als ständig in diesem Palast festzustecken und sich das Gejammer von Bürgern durchzulesen, denen sie ohnehin nicht helfen konnte. Nicht, dass sie es nicht versuchte... Langsam blickte sie wieder zu Melvyn. Er wirkte ein bisschen ratlos. Ihre heutige Laune schien ihm größere Schwierigkeiten zu bereiten als sonst. Vielleicht merkte er aber auch bloß, dass sich diese Tage zu häufen begannen. Je länger man sie einsperrte desto weniger war Fiona gewillt, das Spielchen länger mitzuspielen. „Ihr dürft gehen.“, sagte die vermeidliche Göttin streng. „Und schließt die Tür.“ „Mylady...“, begann Melvyn vorsichtig. „Ihr habt noch viel zu tun.“ „Ich weiß. Das kann ich aber auch ohne fremde Hilfe tun. Ich bin eine Göttin, schon vergessen?“ „Natürlich nicht...“, lenkte der Hohepriester sichtlich verzweifelt ein. Er hatte keine Wahl als zu gehorchen. Wenn er es nicht tat, konnte sie seinen Kopf fordern oder jemand anderes verriet das Fehlverhalten. Wenn es dem kräftigen Mann auch nicht gefiel, verbeugte er sich trotzdem vor seiner Göttin. Dann drehte er sich um, damit er alle Diener aus dem Zimmer scheuchen konnte. Egal, ob diese gerade einer Tätigkeit nachgingen oder ohnehin unbeschäftigt gewesen waren. Als niemand mehr da war, wurde die Tür wunschgemäß geschlossen. Wollen wir doch mal sehen, was da draußen so auf mich lauert., dachte Lebenswelt amüsiert. Vorsichtig kletterte sie auf den Sims ihres Fensters. Es ging tief herunter, doch da sie angeblich unsterblich war, war das die Geringste ihrer Sorgen. Obwohl sie wirklich nicht genau wusste, ob es zutraf, dass sie nicht sterben konnte. Wenn sie stürzte, würde sie es zumindest sehr genau wissen und vermutlich große Schmerzen haben. Nur wusste sie nicht so genau, wie sie am besten hinausklettern sollte. Natürlich wollte die Weißhaarige nach Möglichkeit nicht in die Tiefe stürzen. Doch was tat man nicht alles für Freiheit? Und wenn es auch nur für einen Tag wäre... Lebenswelt wollte zumindest mal die Hauptstadt des großen Weltenlenkers sehen. Vielleicht würde ihr das neue Pforten öffnen, um irgendwann wirklich frei zu sein. Also stürzte sie sich in ihr erstes Abenteuer. Alleine und gespannt auf das, was sie entdecken würde.   Ihm ging nicht mehr aus dem Kopf, was Billiana gesagt hatte. Sie wollte nicht nur seine Hilfe, sondern hatte ihm auch eine Empfehlung ausgesprochen, was er in Götterherz unternehmen sollte. Konstantin hatte zwar keine Ahnung, weshalb sie gerade das Kolosseum vorgeschlagen hatte, wollte es aber dann nicht ausfallen lassen. Zu seiner großen Freude fand zwei Tage später auch ein großer Show-Kampf statt. Das bedeutete, dass die Gladiatoren zwar mit scharfen Waffen aufeinander losgingen, sich aber nicht töten durften. Nicht, dass nicht einige der Gladiatoren am Wundbrand im Anschluss verstarben... Der König hatte sich informiert. Das Kolosseum dieser Stadt stand unter der Führung von Caesar Optimus. Ein Adliger, der diese Einrichtung von seinem verstorbenen Vater geerbt hatte. Er selbst wohnte jedoch nicht in dem gewaltigen Gebäude, sondern besaß mit seiner Gattin ein eigenes Anwesen, was er nur für besondere Anlässe verließ. Kämpfe in seinem Kolosseum zählten dazu. Das Training der Kämpfer hingegen übernahmen Ausbilder, die er dafür bezahlte. Es oblag auch ihrer Verantwortung zu erkennen, welche der Kämpfer ernstzunehmendes Potenzial aufwiesen, um später mal Zuschauerliebling zu sein. Denn auch wenn die Gesellschaft es anders darstellte, ging es nicht nur um die blanke Gewalt, den Tod und die Tränen, sondern auch um die „Darsteller“. Gladiatoren waren stets männlich. Im Regelfall waren sie Straftäter, die nur noch zur Wahl bekamen, in der Arena zu kämpfen oder direkt geköpft zu werden. Einige wenige brauchten jedoch Geld für ihre Familien und wurden freiwillig Gladiator. Ihr Verdienst ging dann direkt an Frau und Kinder, während sie um ihr Leben kämpften. Dadurch unterschieden sich die Krieger alle ungemein voneinander. Einige waren bereits kampferfahren, andere hatten noch nie einen Dolch gehalten. Es waren Vergewaltiger, Rebellen, Bauern... Wobei die Bauern in der Regel früh sterben. Sie sind einfach zu unerfahren..., überlegte der König und warf seinen Begleitern einen Seitenblick zu. Benedikt schien immer noch reuevoll, weil er die Unterhaltung mit der Elfe so barsch beendet hatte. Vor allem, weil sie dadurch beinahe Altan zum Opfer gefallen war! Also hatte er nun darauf bestanden, dass er ihn zum Kolosseum begleitete. Falls sie hier auftauchen sollte, konnte er sich dann wenigstens angemessen bei ihr entschuldigen. Auch Durell hatte sich angeschlossen. Bei ihm gebot es jedoch auch seine Position, dass er der zweite Schatten des Königs war. Jedoch hatte Konstantin ihn davon überzeugen können, die restlichen Soldaten in Heimdall zu lassen. Immerhin gab es vor Ort genug Wachen, die auf das Publikum und die Gladiatoren achteten. Da musste er nun nicht mit einer halben Armee auftauchen... Es erstaunte ihn ehrlich, wie viele Menschenmassen heranstürmten, um diesen Kampf sehen zu dürfen. Unter ihnen waren natürlich viele Adlige, die bekannt für ihren barbarischen Blutrausch waren, aber es gab auch einfache Bürger. Sie wollten wohl mal andere Menschen und Nichtmenschen sehen, denen es noch schlechter ging als ihnen... Dann waren da noch die Sklaven und Sklavinnen, die ihren Herren begleiten mussten. An jedem Eingang standen Wachen. Hochgewachsene, muskulöse Männer mit strengen Gesichtern, die jeden genau taxierten. Neben ihnen gab es immer eine Frau oder einen Mann, der ein Eintrittsgeld von Interessierten verlangte. Keine hohe Gebühr, damit sich jeder an dem eventuellen Blutbad erfreuen konnte. Trotzdem schien es die Kosten dieser Anlage abzudecken. Konstantin wusste nicht genau, wie viele Sitz- und Stehplätze dieses Gebäude bot, doch er vermutete, dass es mehrere tausende sein mussten. Jede Münze finanzierte hierbei die Ernährung der Gladiatoren und auch dessen Ausrüstung. Und wenn seine Informationen stimmten, dann bekamen die Kämpfer auch einen kleinen Lohn, von dem sie sich ab und zu sogar Dirnen kaufen durften. „Manchmal finden hier auch noch vorher oder währenddessen Auftritte von Tänzern und Tänzerinnen statt.“, erklärte Durell ihm plötzlich. „An solchen Tagen ist der Eintritt höher. Es treten dann außergewöhnliche Kämpfer auf Leben und Tod gegeneinander an.“ „Ist das so?“, erkundigte sich der König aufmerksam, der froh war, dass er weder seine Krone trug noch die teure Adelskleidung. Er steckte lieber im hautengen, roten Leder, welches ihn immer noch anmutig aussehen ließ, aber nicht wie einen wehrlosen Adligen. Gerade in diesem Gedrängel wäre das mehr als unangenehm! Es gab sowieso diverse Taschendiebe, die der König schon entdeckt hatte. „Ja, solche Kämpfe werden immer Tage vorher angekündigt und groß geplant.“, ergänzte der Krieger nüchtern. „Es gibt aber auch private Veranstaltungen, für die die Gladiatoren gebucht werden können. Manche bezahlen Lord Optimus sogar enorme Summen, um einige Gladiatoren als Begleitschutz bei Reisen zu erhalten.“ „Ich wusste nicht, dass sie ein bisschen wie Söldner sind.“, gestand Konstantin aufrichtig. Benedikt lachte etwas kalt auf und warf ihnen einen undeutbaren Blick zu: „Sie sind wohl mehr männliche Huren... Sie müssen alles tun, was Lord Optimus möchte. Wenn also eine adlige Dame für den Schwanz eines Gladiators bezahlt, dann müssen sie das machen.“ „Klingt nach einer sehr ehrbaren Arbeit...“ „Sagt das lieber nicht in der Gegenwart einer dieser Gladiatoren, Konstan.“, ermahnte der Hauptmann ihn neutral. „Sie dürften das nicht so witzig finden. Wenn nämlich ein adliger Herr ihren Schwanz will, müssen sie sich auch bücken...“ Bilder peitschten vor sein geistiges Auge, während der König etwas erschauderte. Ihn störte nicht der homosexuelle Aspekt, sondern viel mehr, dass die Männer dazu gezwungen wurden. Vielleicht hatten sie auch dann eine andere Sexualität und mussten dieser zuwiderhandeln, wenn es einem Reichen gerade Freude bereitete. Das musste schlimm sein... Gerade für diejenigen, die sich den Dienst als Kämpfer der Arena niemals ausgesucht hatten, musste das ein furchtbares Leben sein. Sie hatten es nicht für sich gewählt, dennoch mussten sie den Regeln der Obrigkeit folgen. Diejenigen, die freiwillig dienten, die hatten sicherlich gewusst, worauf sie sich einließen. Obwohl es das wohl nicht leichter machte, wenn sie dann vielleicht sogar unter Zuschauern Sex mit einem Unbekannten haben mussten oder im Dienst starben... Kurzerhand prallte jemand gegen ihn. Im ersten Augenblick glaubte der König, dass nun doch ein Taschendieb sich zu ihm verirrt hatte und griff automatisiert zu seinem Beutel. Der war aber noch da und fühlte sich immer noch schwer von den Münzen an. Auch sonst schien nichts zu fehlen. Also senkte er den Blick und entdeckte eine vermummte Gestalt in einem Umhang. Die Kapuze tiefgezogen.  „Würdet Ihr mich vielleicht mit hineinnehmen?“, fragte einer zarte Frauenstimme, die wirklich wunderschön klang. Doch er bekam es nicht hin, einen Blick von ihr zu erhaschen, solange sie den Kopf nicht hob. „Habt Ihr denn etwas Böses geplant, Mylady?“, hinterfragte der König spielerisch. Misstrauen lag nicht in seiner Natur. Sehr zum Leidwesen seiner Leibwächter. Endlich hob die Dame ihren Kopf an und er konnte etwas unter die Kapuze blicken. Ein eher bleiches, aber wunderschönes Puppengesicht. Einige weiße Haarsträhnen fielen hinein und ließen sie noch mysteriöser erscheinen. Aber sie schien keine Elfenohren zu besitzen, was den Adelssohn ein bisschen irritierte. Bei dem Teint und der Haarfarbe hatte er irgendwie damit gerechnet, dass sie eine Elfe sein musste. Schließlich verengte er seine Augen, um einen genaueren Blick zu erhaschen. Er meinte, dass er eine sanft strahlende Aura um sie herum entdecken konnte. Manchmal schien diese sogar etwas zu pulsieren, als reagierte sie empfindlich auf das Umfeld ihrer Trägerin. Da wusste er genau, wer oder was sie war. Zwar hatte der König noch nie eine der besagten Gottheiten persönlich getroffen, aber durchaus Leute, die das von sich behaupten konnten. Sie alle hatten das Gleiche gesagt: Die Gottheiten umgab eine magische Lichtaura. Wirklich interessant..., gestand sich Konstantin ein. Das muss Lebenswelt sein. Er hält sie also versteckt, weil es eine Frau ist und kein Mann. Das muss sehr peinlich für den Weltenlenker sein, nachdem er so viel gegen das weibliche Geschlecht sagte. „Natürlich habe ich keinen Unsinn vor, Mylord. Ich möchte nur gerne den Kampf sehen.“, flüsterte Fiona freundlich. „Gut, dann seid mein Gast, Mylady.“, lud er die Göttin ganz unverblümt ein. „Vielen Dank!“ Durell schien das Ganze beunruhigend zu finden und kam dichter an seinen Herren heran: „Haltet Ihr das für eine gute Idee? Sie könnte eine Attentäterin sein...“ „Unwahrscheinlich, mein Freund. Lass‘ mich nur machen. Sonst kannst du mir immer noch einen Vortrag halten.“ „Wohl kaum, wenn Ihr tot seid...“ „Wenn sie mich umbringt, muss ich wohl damit leben.“, gluckste der König amüsiert. Seine Begeisterung teilte wohl keiner seiner Hauptmänner, die flüchtige Blicke miteinander austauschten. Weder Benedikt noch Durell würden die bezaubernde Lebenswelt aus den Augen lassen. Innerlich fragte sich Konstantin allerdings, ob Billie ihn deshalb hierhergeschickt hatte. Doch woher hätte sie wissen sollen, dass sich die Göttin heute hierher schleichen würde? Er bezweifelte nämlich stark, dass sie hier sein durfte, sonst hätte sie wohl eigene Münze dabei, um den Eintritt in das Kolosseum zu bezahlen. Die kleine Gruppe erreichten nun endlich einen der Eingänge, wie zahlreiche Menschen vor ihnen. Es war etwas unbehaglich, wie die Wachen sie skeptisch musterten, doch keine ungewöhnliche Behandlung. „Vier Logenplätze.“, sagte Benedikt schließlich trocken. Erneut wurde die Gruppe gemustert, als wollte man feststellen, ob sie sich die Loge überhaupt leisten konnten. Das kam vermutlich hauptsächlich daher, weil sie eine vermummte Gestalt dabeihatten, ansonsten wären sie vermutlich ohne Blicke reingekommen. „Vier Goldmünzen.“, sagte der Verkäufer schließlich. Konstantin brauchte nicht lange, um ihm die Münzen zu überreichen. Für einfache Bürger war eine Goldmünze unbezahlbar, also würden sie niemals eine Loge von innen sehen. Für den König war das natürlich nichts. Auch für viele andere Adlige war das keine enorme Summe, um dafür bequem sitzen zu dürfen, während sie die Show genossen. Soweit er wusste, würde man sie nun sogar mit Getränken und Essen versorgen! Es war sozusagen das Luxusprogramm, wenn man das Kolosseum besuchte. Immerhin winkte der Verkäufer sogar eine Dame herbei und wies sie an, sie zu ihrer Loge zu bringen. Das war schon eine Extrabehandlung, die sonst kaum einer bekam. Ihre Loge war relativ weit unten, sodass sie einen wunderbaren Blick auf den Sandboden gewährte. Die Höhe kam daher, weil die Logen und Plätze direkt auf einer Mauer erbaut worden waren. Die Mauer verhinderte nicht nur, dass die Gladiatoren flohen, sondern auch, dass ungewollt das Publikum verletzt wurde. Sei es nun durch fliegende Waffen oder einen tatsächlichen Angriff durch die Kämpfer der Arena. Als sich der König umsah, konnte er feststellen, dass beinahe alle Logen besetzt waren. Genauso wie die wenigen Sitzplätze, die es auch ohne den Luxus einer Loge gab. Auf den zahlreichen Stehplätzen quetschten sich hingegen all die „armen Menschen“, welche sich nicht mehr leisten konnten. Hier und da schubsten sie sogar einander. Brach ein ernstes Handgemenge aus, dann konnte man durchaus davon ausgehen, dass das ein Blutbad ergeben würde. Schlimmer noch als jeder Kampf in den Arenen. Dafür gab es die Aufseher und Wachen. Sie gingen sofort dazwischen, wenn jemand einen Streit anfing oder geschubst wurde. Oftmals brachten sie die Männer ruppig auseinander. Doch es war eine angemessene Behandlung, wenn der König daran dachte, was sonst passieren konnte. „Meine verehrten Gäste!“, erklang schließlich nach einigen Minuten eine feste Stimme. Der König suchte nach dem Ursprung und stellte überrascht fest, dass es nur einige Logen neben ihm war. Ein beleibter, strenger Mann war es. Er hatte gewiss noch nie selbst eine Waffe gehalten, dafür aber umso mehr Kelche mit Met oder Weinen. Seiner edlen Kleidung war sein hoher Status durchaus anzusehen, obwohl sein struppiger Bart nicht sehr gepflegt wirkte. Generell wirkte er eher etwas verwildert. Konstantin wusste, dass das Caesar Optimus sein musste – der Leiter des Kolosseums. Man sagte ihm schließlich nach, dass er optisch nicht viel von einem Adligen hatte. Auch deshalb war er nicht gerne auf Bällen und Festen gesehen. Viele verglichen ihn sogar mit den ungepflegten Gladiatoren, was er nun durchaus verstand. Wahrscheinlich stimmten auch die Gerüchte über seine mangelnden Manieren und die, dass seine ebenso fette Frau sich lieber seinem Champion hingab als ihm. Der König suchte nach dieser Gattin und fand sie schnell. Sie war wirklich fett! Er fragte sich sogar ernsthaft, ob sie überhaupt noch selbstständig gehen konnte oder ob zahlreiche Diener sie hatten hereinschleppen müssen. Da überraschte es ihn minder, dass er die Affäre zu einem oder mehreren Gladiatoren zuließ. Mit solch einem Weib wollte man eher weniger das Bett teilen oder auch nur dieselbe Luft atmen! Ich will nicht mal Elize auf mir draufhaben und die ist wenigstens schlank., dachte der König angewidert. Der arme Gladiator, der diesen Berg erklimmen muss... „Ich begrüße Sie alle herzlich in meiner Arena! Heute sind es nur ein paar kleinere Kämpfe, um ein paar neue und alte Gesichter zu präsentieren!“, rief Caesar deutlich. „Ich bin davon überzeugt, dass alle begeistert sein werden! Viel Freude an der Show!“ Die Menge jubelte und applaudierte, obwohl noch nichts weiter geschehen war. Solche Kämpfe dienten in der Regel dazu, die Beliebtheit von Kämpfern zu überprüfen. Vor allem von neuen Gesichtern. Aber eben auch von älteren Gladiatoren. So konnten sie aussortieren oder das Training neu verlagern. Bald darauf betraten die ersten Kämpfer die Arena. Sie waren bewaffnet, trugen aber keine Rüstungen oder Helme. Es handelte sich vielmehr um eine Art Lendenschurz mit einigen Lederriemen. Als der König genauer hinsah, fiel ihm sofort auf, dass alle Gladiatoren sauber rasiert waren. Sowohl am Körper als auch im Kopfbereich. „Warum sind sie so... kahl?“, erkundigte er sich leise bei Benedikt. „Längere Haare können im Kampf störend sein oder der Gegner zieht daran, Konstan.“, antwortete der Hauptmann schmucklos. „Außerdem müssen Haare mehr gepflegt werden. Deshalb werden jedem Gladiator die Haare geschnitten und sie müssen sich täglich rasieren.“ „Und sie sind viel attraktiver dadurch.“, ergänzte Lebenswelt, die sich etwas über das Geländer beugte. Sie war fasziniert von dem Kampf, der gerade losging. „Ja... Ja, das auch.“, bestätigte Benedikt derweil räuspernd. Auch Konstantin war gefesselt von dem Kampf. Es war ein bisschen wie die Übungskämpfe in Rabenwacht, nur ohne Schutzkleidung und mit echten Waffen. Hier spritzte das Blut und es wirkte so, als mussten sie um ihr Leben kämpfen. Manchmal mussten sie sogar am Ende eines Kampfes die Gladiatoren trennen, damit sie einander nicht wirklich umbrachten. Es war wirklich faszinierend, wie anders Männer zu agieren schienen, wenn sie in solch einer Arena gegeneinander antreten mussten. Normalerweise um Leben und Tod... Ein Denken, was wohl nicht aus ihren Köpfen herausging, selbst dann nicht, wenn sie mal nicht um ihr Leben bangen mussten. Trotzdem waren sie anders als Soldaten. Sie wirkten wendiger und sie gingen viel aggressiver gegen ihre Feinde vor. Sprangen sie beinahe frontal an, um sie in die Ecke zu drängen oder zumindest mal einen Treffer zu landen. Sie kannten einander. Immerhin trainierten sie sonst zusammen, aßen am selben Tisch und wuschen sich im selben Bad, aber wenn sie in der Arena standen, dann waren sie Feinde. Dann nutzten sie jede Schwäche aus, die sie beim Training vielleicht erfahren hatten. Und manchmal müssen sie vermutlich vergessen, dass sie auf ihren Freund einschlagen... Sie mussten bestimmt schon oft ihre eigenen Freunde umbringen, um weiterzuleben. Das verändert., überlegte der König betrübt. Zahlreiche Kämpfe liefen mit dem gleichen Muster ab. Was variierte waren die Kämpfer und dessen Waffen. Selbst ihre Stile waren relativ ähnlich, weil sie wohl alle nach dem gleichen Konzept trainiert wurden. Doch weil der Ausgang jedes Kampfes ungewiss blieb und jeder Gladiator zumindest ansatzweise noch einen eigenen Touch besaß, verlor sich die Spannung partout nicht. Auch wenn es dem König durchaus um die Männer leidtat. Zumindest war auch die vermeidliche Göttin vollkommen davon in den Bann geschlagen. Sie verfolgte jeden Schlag mit Begeisterung und schien manchmal regelrecht mit zu fiebern! Immer mal wieder ahmte sie die Bewegungen etwas nach oder stöhnte auf, wenn ein Treffer gelandet wurde. Es hatte durchaus etwas Niedliches sie dabei zu beobachten, wie sie die Show genoss. Falls sie der Grund war, weshalb die Attentäterin ihn hier haben wollte, wusste er noch nicht genau, was sie von ihm erwartete. Zumindest war diese Frau mal sympathisch. „Wir kommen zu unserem finalen Kampf!“, rief plötzlich Caesar nach über einer Stunde kleinerer und größerer Kämpfe aus. „Heute tritt unser heißgeliebter Champion gegen Iupiter an, der vor ihm lange den Titel als Champion verteidigt hat. Applaus für den Champion!“ Beinahe wäre Konstantin aus seinem Sitz gefallen, als der Champion die Arena betrat. Ein Mann von mindestens 1,80 Metern, der stark definierte Muskeln aufwies, aber dennoch eine ansatzweise schmale Statur besaß. Sein braunes Haar trug er ganz kurz, wie es bei den Gladiatoren üblich war und da war nur ein 3-Tage-Bart in seinem Gesicht. Hier und da waren Narben zu erkennen, die von vorherigen Kämpfen herrühren mussten. Er befand sich im mittleren Alter, das wusste der König ganz genau. Theodor..., dachte er atemlos. Er bemerkte nicht mal, dass Durell neben ihm absolut bleich wurde und ein bisschen zurück schwankte. Nur Benedikt und Lebenswelt schienen unbeeindruckt. Sie musterten einfach den Kämpfer, der die nächste Show für sie alle anbieten sollte. „Theodor!“, rief Lord Optimus schließlich den Champion aus, wie Konstantin zuvor noch gedacht hatte. Die Menge tobte vor Begeisterung. Es gab Frauen, die lüfteten ihre Brüste. Etwas, was der Gladiator sicherlich gar nicht von da unten sehen konnte. Dennoch hob er die Hände und begrüßte die Menge, wie man es ihm sicherlich eingetrichtert hatte. Das verstärkte das Jubeln nur noch mehr. Alle schienen den Champion der Arena zu lieben. „Und hier ist Iupiter!“, wurde dann sein Gegner angekündigt. Er war ein älterer Mann, dessen Haare trotzdem noch dunkel und voll schienen. Breiter als Theodor, doch in etwa genauso groß. Sein Haar war etwas länger als gewöhnlich, was er wohl seinem Status als ehemaligen Champion zu verdanken hatte. Doch er wirkte etwas blass, beinahe kränklich. Offenbar wurde er langsam zu alt für diese ganzen Kämpfen, was Caesar Optimus sicherlich auch mit diesem Kampf überprüfen wollte. Er konnte herausfinden, ob das Publikum ihn noch mochte und seine körperliche Belastbarkeit erproben. „Meine Freunde des Kampfes...“, setzte Caesar Optimus fort. „Der Kampf beginnt jetzt!“ Mehr mussten die Kämpfer nicht hören, um sich brüllend aufeinander zu stürzen. Jetzt erst fiel dem König auf, dass Theodor einen Speer führte, den er über seinen Kopf schwang, um ihn auf Iupiter niedersausen zu lassen. Der weitaus ältere Kämpfer hatte seine Mühe, um diesem Angriff auszuweichen. Noch schwerer fiel es ihm sichtlich, im Anschluss mit seinem Schwert zum Gegenangriff überzugehen. Auch wenn der König es nicht sicher sagen konnte, schätzte er den ehemaligen Champion auf Ende Vierzig oder Anfang Fünfzig. Zwar hatte er so gewiss mehr Erfahrung, doch irgendwann versagte der Körper eben seinen Dienst. Das wusste auch Theodor. Er tänzelte anmutig um seinen Gegner herum und setzte ihm immer wieder mit kleineren Angriffen zu. Zwang ihn, auch mal zurückzuweichen. Letztendlich dominierte er die gesamte Arena und bekam dafür auch Jubelschreie. Das Volk liebte ihn! Sie schrien seinen Namen. Feuerten ihn an. Konstantin hatte noch nie zuvor gesehen, dass ein Mensch so mitriss. Von solch einer Anhängerschaft konnte der Weltenlenker bloß träumen! Er merkte gar nicht, wie er sich erhob und sich neben Fiona an das Geländer stellte. Mit offenem Mund beobachtete er den geschickten Schlagabtausch. Theodor spielte wie eine Katze mit seinem Feind. Er hätte ihn mindestens schon zehn Mal besiegen und den Kampf beenden können! Doch das würde ihm vermutlich weniger Münzen und Ruhm einbringen, was in dieser Branche absolut notwendig war. Stattdessen führte er die Show fort. Ließ Iupiter ihn sogar ein paar Mal treffen. Leichte Verletzungen, die dem ehemaligen Champion zahlreiche Buh-Rufe einbrachten, Theodor aber nicht wirklich einschränken würden. Konstantin vermutete aber, dass das nicht abgesprochen war. Der weitaus ältere Krieger wirkte nämlich überaus wütend und von Moment zu Moment kopfloser. Wie in Rage hieb er immer wieder auf Theodor ein und-... Verlor den Kampf haushoch! Theodor hatte eine Lücke ausgesucht und sich dann auf ihn gestürzt. Geschickt hatte er ihn mit dem Schaft des Speers einfach zu Boden gerissen und das Schwert beiseitegetreten. So entschied er den Kampf für sich und verhinderte sogleich, dass Iupiter sich impulsiv zu rächen versuchte. Damals hatte der König oft gegen ihn gekämpft. Theodor hatte ihn nie besiegen können, doch heute war er sich nicht mehr sicher, ob er überhaupt noch eine Chance hätte, wenn sie sich gegenüberstanden. Ein Teil von ihm wollte das gerne herausfinden, doch im Moment überwog seine Sorge, als Theodor die Arme hob und sich von den Zuschauern bejubeln ließ. Er hatte sich verändert... Das haben wir beide..., gestand sich der König ein. Und wir wurden offenbar beide verraten. Du scheinst mir nicht aus Rabenwacht geflohen zu sein. Nicht freiwillig zumindest... Leider existierte der damalige Rat nicht mehr, um ihn dazu zu befragen. Zu gerne hätte der König gewusst, was sie dazu zu sagen hätten. „Unser Champion hat mal wieder gewonnen!“, rief Lord Optimus zufrieden aus. „Applaudiert für euren Champion!“ Die Menge begann zu toben und zu jubeln. Applaudierte dem Sieger voller Elan. Manche warfen sogar Gegenstände herunter, die wohl Geschenke darstellten. Nur durfte der Gladiator diese sowieso nicht aufheben oder sogar behalten. Für Außenstehende musste es so aussehen, als genoss er den Ruhm. Doch sah man genauer hin, sah man die gebrochenen, leeren Augen, die nichts bei all dem empfanden. Der König konnte sehen, dass er sich gar nicht über seinen Sieg freute. Es war nur Teil seines Lebens und er musste wie ein Schauspieler einfach mitziehen. Iupiter schien nicht wahrzunehmen, dass das alles nur eine Maskerade war. Er fühlte sich gedemütigt. Er lag zu Boden, während sein Feind gefeiert wurde. Zeit genug für ihn, um nach seinem Schwert zu greifen und sich zittrig auf die Beine zu hieven. Theodor hatte ihm gerade den Rücken zugedreht, während er sich weiterhin bewundern ließ. „Nein!“, schrie Konstantin hilflos. Von hier oben würde man ihn nicht hören. Schon alleine, weil das Publikum so laut johlte. Es war einfach aus ihm herausgebrochen! Seine Sorge verpuffte augenblicklich, als Theodor seinen Speer fester umfing und eine Drehung machte. Dabei parierte er den Schwerthieb geschickt und stieß den anderen Gladiator gekonnt in den Sand zurück. Iupiter war anzusehen, dass dieser Aufprall sehr schmerzhaft gewesen war. Vermutlich kam er nun nicht mehr so schnell zurück auf seine Füße. Konstantin sackte in sich zusammen. Seine Hand fuhr an seine Brust. Eine Geste, die er schon bei Billiana ausgeführt hatte, obwohl er genau wusste, dass er keinen Herzinfarkt bekommen konnte. Doch in solchen Momenten glaubte er, dass es vielleicht doch möglich war. Wenn die Aufregung hochpeitschte und ihn mitzureißen drohte. „Geht es Euch gut?“, hinterfragte Fiona und blickte ihn irritiert an. „Ihr habt Euch aber sehr mitreißen lassen, Mylord.“ „Es war einfach so fesselnd...“, wich der König mit einem ausgesucht freundlichen Lächeln aus. „Ich dachte, Euch ginge es da ähnlich, Mylady?“ „In der Tat. Nur wohl nicht ganz so in dem Maße, wie es bei Euch der Fall war.“ „Ich bin dann wohl etwas impulsiver als Ihr, Lady Lebenswelt.“ Nun wirkte sie überrascht. Ihre violetten Augen hoben sich in seine. Suchten nach einer Wahrheit, die tief darin verborgen liegen musste. Suchte die Antwort, woher er wusste, wer sie eigentlich war, obwohl sie sich nicht vorgestellt hatte. Sie versuchte tief vorzudringen, doch fand sie nur Ehrlichkeit und Freundlichkeit bei ihm vor. „Woher-...?“ „Ihr strahlt, Mylady.“, antwortete er sanft. „Euch umgibt eine Aura. Den Rest habe ich mir selbst zusammengereimt.“ „Ich wusste gar nicht, dass es auch intelligente Männer gibt.“ Spöttisch lachte der König auf und war keineswegs gekränkt über diesen Kommentar. Viel mehr war es ein Kompliment! Er teilte ihre Annahme davon, dass es nicht viele kluge Männer in der heutigen Zeit gab. Doch leider auch nicht mehr allzu viele intelligente, weitsichtige Frauen... Und die wenigen wurden unterdrückt. „Konstantin von Rabenwacht.“, stellte er sich schließlich vor. Sanft ergriff er die Hand der angeblichen Göttin und küsste zärtlich dessen Rücken. Sein gepflegter, kurzer Bart kitzelte dabei gewiss auf der bleichen Haut, doch sie wirkte trotzdem geschmeichelt. Zumindest mal eine Frau, die sich nicht direkt von mir beleidigt fühlt..., dachte der König ehrlich erleichtert. Er eckte immerhin gerne mit der holden Weiblichkeit an. „Konstantin von Rabenwacht...“, wiederholte die Weißhaarige honigsüß. „Ihr seid ein König. Vom Lebensberg, richtig?“ „Das ist korrekt.“ „Ihr seid noch so jung!“ „Ich bin auch sehr jung gekrönt wurden.“ „Aber ich las, dass Ihr Euer Reich vorbildlich führt und es weit gebracht habt in den... drei Jahren?“ „Ja, es sind jetzt drei Jahre.“, bestätigte Konstantin ihr nickend. „Woher stammt Euer Interesse?“ „Ich versuche mit der Politik auf dem Laufenden zu bleiben. Falls ich mich irgendwann mal offenbaren darf...“ Ihre Antwort war klug, doch der Adelssohn vermutete mehr hinter ihrem Interesse. Dennoch beließ er es dabei. Er wusste, wann eine Schlacht verloren war und das wäre diese definitiv. Sie würde reden, wenn sie soweit war. Bis dahin würde er sich wohl an der Tatsache erfreuen, dass er einer der ersten Menschen war, der sie wirklich und leibhaftig getroffen hatte. „Ich bezweifle, dass der Weltenlenker Euch allzu bald hinauslassen wird, Lady Lebenswelt.“ „Fiona... Bitte, nennt mich Fiona.“, stellte sie sich lächelnd vor. „Weshalb glaubt Ihr, dass ich noch lange warten muss?“ „Konstan.“, stellte sich der König ebenso lächelnd vor. „Weil Ihr eine Frau seid, Fiona. Es wird ihm widerstreben, dass eine Frau so viel Macht erhalten hat. Nun dem Volk zu erklären, dass Ihr – ein wandelnder Brutkasten – nun als Gottheit verehrt werden sollt, wird wirklich schwierig sein. Er hatte alles dafür getan, damit Frauen wertlos und schwach erscheinen.“ „Da habt Ihr wohl leider recht, Konstan...“, gestand die Göttin seufzend. „Also bleibe ich wohl eine Gefangene.“ „Seid Euch gewiss, dass Ihr mich jeder Zeit besuchen dürft, wenn Ihr die Möglichkeit dazu habt. Und Ihr dürft dann auch gerne bleiben.“ Sie begann zu strahlen. Nicht ihre Aura, sondern ihre Lippen und ihre Augen. Sie freute sich. Es musste wohl das Netteste sein, was man ihr jemals gesagt hatte. Bisher hatte man sie sicherlich nur dazu ermahnt, sich zurückzuhalten. Glücklich mit ihrer Situation zu sein. Konstantin wusste sehr genau, dass das einen nicht über Schmerzen hinwegtrösten konnte. Es löschte keine Verluste aus... Er hatte seinen Vater verloren. Lebenswelt ihre Freiheit. Sie trauerten. Keiner aber hörte sie weinen. Sie taten es für sich. Und der Dank dafür war Undankbarkeit. Diener, Volk und Anhänger begannen sie als selbstverständlich zu erachten, ebenso wie ihre Güte. Er konnte in ihren Augen sehen, dass es ihr genauso ging. Und er fühlte es mit ihr. „Ich sollte nun verschwinden.“, sagte Fiona ehrlich enttäuscht. „Danke für Eure Einladung, edler König Konstantin von Rabenwacht. Ich habe unsere gemeinsame Zeit sehr genossen.“ „Ich danke für Eure Anwesenheit, ehrenwerte Lady von Lebenswelt. Ich hoffe, dass wir uns bald wiedersehen.“ Mit einem Lächeln winkte sie dem König. Dann drängelte sie sich aus der Loge, um in der gehenden Menschenmasse zu verschwinden. Beinahe wie ein Tagtraum. Innerlich wünschte der König ihr alles Gute für die Zukunft und das sie fand, was sie suchte. Denn heute hatte er Dank Billie gefunden, was er seit Jahren gesucht hatte. Etwas, was er längst verloren geglaubt hatte... „Wie kann man mit den Gladiatoren in Kontakt kommen?“, fragte er nun seine Hauptmänner. „Wieso wollt Ihr das wissen?“, hakte Benedikt zähneknirschend nach. Er wirkte etwas wütend. Vielleicht sogar... eifersüchtig? Der König konnte es ehrlich nicht sagen. „Ich möchte mit einem von ihnen sprechen.“ „Sprechen oder wollt Ihr Euch vergnügen? Ihr könnt es uns gerne sagen. Wir finden es eh heraus.“ „Hältst du mich für einen Perversen, Ben?“, hinterfragte Konstantin und spürte, wie ihm eine peinliche Röte ins Gesicht schoss. Er fühlte sich ertappt, obwohl er keine solcher Gedanken gehegt hatte. Der Hauptmann zuckte unschuldig mit den Schultern und machte eine wegwerfende Geste: „Kommt drauf an, mit wem Ihr den Kontakt suchen wollt...“ „Mit dem Champion.“ Benedikt sah seinen König ungläubig an, während Durell hart schluckte. Seit dem Finale hatte Durell nichts mehr gesagt. Konstantin machte sich etwas Sorgen um ihn. Irgendwas schien bei ihm nicht in Ordnung zu sein und er würde ihn darauf ansprechen müssen. Nur nicht jetzt. Es war weder der Ort noch die Zeit dafür, denn dabei sollten sie alleine sein. „Da werdet Ihr Kontakt zu Lord Optimus selbst aufnehmen müssen und jede Menge Münzen bereithalten.“, erklärte der Hauptmann ihm dann trocken. „An den Champion kommt Ihr gewiss nicht besonders schnell heran. Er wird ihn hüten wie seinen Augapfel. Immerhin ist das seine Haupteinnahmequelle. Und da er offenkundig attraktiv ist, wird er auch von anderen Adligen begehrt sein...“ „Ich will nicht mit ihm schlafen!“, wehrte sich der König sofort peinlich berührt. „Das mag ja so sein, aber das ändert doch nichts an dem Interesse, welches die Leute an dem Champion haben.“ „Kannst du mir solch ein Treffen ermöglichen, Ben?“ Überrascht zog der Krieger die Stirn kraus, nickte dann aber: „Ich denke schon, dass ich das hinbekomme.“ „Danke sehr.“, schoss es aus dem König heraus. Damit war es für ihn beschlossen und das Thema vorerst beendet. Benedikt vertraute er blind, wenn es um solche Angelegenheiten ging. Er würde sich bemühen, damit er schnell mit Theodor sprechen konnte. Er brauchte dringend die Antworten! Vielleicht brauchte der Gladiator diese sogar noch dringender als Konstantin selbst... Er ahnte nämlich Schlimmes. Mit seinen treuen Hauptmännern drehte sich der König um und verließ die Loge. Seine Gedanken aber hingen bei Theodor und dessen gebrochenen Augen...   Die kleine Gruppierung hatte sich wirklich über das Verschwinden ihres Anführers gewundert. Immerhin hatten sie nun endlich einen richtigen Schritt voran geschafft! Da hatten sie alle damit gerechnet, dass er vorerst bleiben würde, um das zu nutzen. Es war der ideale Zeitpunkt, um mehr Leute für ihre Sache zu gewinnen. Einen Herzschlag lang hatten sie sogar befürchtet, dass er sich nun doch mal hatte erwischen lassen und sie ihn nicht wiedersehen würden! Dann aber kam endlich ein Brief. Er war direkt an Hammond adressiert gewesen, der den Inhalt grob an die Führung weitergegeben hatte. Offenbar trainierte Kelvin zurzeit mit Billiana und wusste nicht so recht, wie lange es dauern würde. Seiner Wortwahl war jedoch zu entnehmen, dass es wohl länger dauern würde. Hammond musste gestehen, dass er froh war. Billie wusste, wie man kämpfte und sie wusste, wie man sich lautlos irgendwo einschlich. Wenn sein bester Freund von jemanden etwas Positives lernen konnte, dann war es gewiss die Elfe! Vor allem musste der Rebellenanführer dringend lernen ohne Magie auszukommen, wenn es die Situation erforderte. Auch dem Titan war bereits aufgefallen, dass er extrem abhängig von seiner Gabe geworden war. Kelvin wirkte beinahe... süchtig. Dennoch spürte er eine Spur Eifersucht in sich stechen. Seit er mit Billiana geschlafen hatte, ging diese atemberaubende Schönheit ihm nicht mehr aus dem Kopf! Ihm war durchaus bewusst, dass es bisher nur ein schnelles Vergnügen gewesen war und bisher keine Rede von Gefühlen war, doch irgendwie hoffte er, dass er irgendwie um ihre Gunst buhlen konnte. Jedoch hatte Kelvin einen unverkennbaren Charme, wenn es um die holde Weiblichkeit ging. Entweder landete der Rebell mit den Damen seiner Wahl im Bett oder er brachte sie sogar so weit, dass sie sich in ihn verliebten. Oft genug war es beides! Dagegen kam man schwer an, wenn man selbst wie ein ungehobelter Klotz nach außen erschien. Nur wusste er sehr genau, dass er das nicht beeinflussen konnte. Wenn Billie Kelvin wollte, dann würde sie sich ihn nehmen, wann es ihr beliebte. Eine Drachendame konnte man nicht bändigen oder zähmen! Man konnte ihr nur zeigen, dass es keinen Grund für Untreue gab, weil man ihr alles bot, was sie begehrte. Seufzend versuchte der Schwarzhaarige die Gedanken an diese wunderschöne Elfe zu vertreiben. Sein Blick hob sich zu den hohen Mauern des Drachenhorts. Nachdem er den Brief des Anführers gelesen hatte, hatte er Dorian um die Verwaltung der Rebellion gebeten und war selbst aufgebrochen. Es bot sich nicht oft die Gelegenheit seine Kinder zu besuchen. Wenn Kelvin vorerst unpässlich war, würde es in Götterherz erstmal ruhig bleiben. Also wurde der Titan im Moment nicht gebraucht. Trotzdem kam es ihm immer wieder eigenartig vor, wenn er wieder vor diesen Toren stand. Magische, massive und wunderschön verzierte Tore, die keinen Unbefugten hineinließen. Er kam sich als Mensch davor so... unbedeutend und klein vor. Immerhin passte durch dieses Tor auch locker ein verwandelter Drache hindurch! Auch die Mauern drumherum waren massiv und von magischer Natur. Dieses ganze Gebäude war generell ein Wunder der Architektur und ein einzigartiges Meisterwerk! Wenn jemand etwas von Baukunst verstand, dann waren es definitiv die Drachen. Jedes Gebäude von ihnen war ein ausgeklügeltes Meisterwerk, welches oftmals vor Magie so strotzte. Nur wussten die meisten diese nicht wahrzunehmen. Endlich spürte er das leichte Beben unter seinen Füßen. Das mächtige Doppeltor begann sich zu öffnen und war dabei nicht ansatzweise so laut, wie es eigentlich sein müsste. Das lag daran, weil es nicht durch Manneskraft, sondern durch Magie geöffnet wurde. Dazu kam, dass die Drachen das Gebäude wirklich gut pflegten und instand hielten. Es war ihre einzige Heimat. Der einzige Ort, an dem sich jeder Drache in Sicherheit wissen konnte. Hier würde man keine Minute einsparen, um diesen Schutz noch für Jahrtausende zu gewährleisten. Auf der anderen Seite stand bereits ein hochgewachsener Mann von etwa zwei Metern Größe. Seine Haare trug er kurz und sie waren bereits ergraut. Auch dem ernsten Gesicht konnte man die Falten des Alters bereits recht deutlich ansehen. Dennoch wirkte der Mann in seiner feinen Robe erhaben und beinahe majestätisch. Die hellen Augen fixierten den Titan, als konnte ihm nichts entgehen. Hammond vertrat sogar die Meinung, dass man ihm wirklich nichts vormachen konnte. Je nach Lichteinfall konnte man die Drachenschuppen des älteren Mannes erkennen. Er wusste sie besser zu verstecken als die meisten seiner Artgenossen und wusste auch sein Temperament zu zügeln. Jedenfalls meistens... Wenn es um Fleisch ging, dann verlor sich meistens die Beherrschung bei den Drachen. Doch Hammond war auch nicht so dumm, mit einer Fleischkeule vor dessen Augen herum zu wedeln. Nicht, solange er noch leben wollte. „Meister Tyr.“, sagte der Titan ehrerbietig und verbeugte sich tief vor ihm. „Hammond.“, erwiderte Tyr nüchtern. „Du solltest dir angewöhnen, dich vorher anzukündigen.“ „Bitte verzeiht, Meister, doch leider kann ich das nicht immer planen.“ Tyr winkte ab, als sei es unbedeutend: „Ist dir jemand hierher gefolgt?“ „Nein, ich habe darauf geachtet.“ Der Drache wies harsch ein paar jüngere Bewohner an, das Tor wieder sicher zu verschließen. Außerdem verdeutlichte er, dass einige über die Lande fliegen sollten, um sicherzugehen, dass ihm wirklich niemand gefolgt war. Der Ort war zwar magisch verborgen und dessen Standort geheim, doch wenn jemand es von selbst fand oder einen Wissenden folgte, konnten die Schutzzauber versagen. Hammond nahm es dem Gründer des Drachenhorts nicht übel, dass er auf Nummer sicher ging. Immerhin war er hier nicht nur der Anführer, sondern er war auch noch der Gründer dieses Horts. Soweit der Titan wusste, war er sogar der Architekt! Nur Tyr kannte alle Geheimnisse dieser uneinnehmbaren Festung und das war wohl auch besser so. „Emily und Alec sind zurzeit im Unterricht.“, erklärte Tyr und deutete mit einer Handbewegung an, dass Hammond neben ihm schreiten sollte. „Euer Wiedersehen muss bis nach der Stunde warten.“ Der Titan folgte der Deutung und begab sich direkt an die Seite des alten Drachen. Auch wenn die Echse sich stets hart und verschlossen gab, so wusste Hammond dennoch genau, dass er absolut gutherzig war. In Zeiten seiner größten Not hatte er ihn empfangen und seinen Kindern Unterschlupf geboten. Dabei hatten sie einander nicht mal gekannt! Den Hort hatte er nur gefunden, weil Leandra ihm zu Lebzeiten andeutungsweise berichtet hatte, wo sie sich in etwa befand. „Natürlich werde ich mich gedulden, Meister Tyr. Wie machen sich die beiden denn? Irgendwas Drakonisches erwacht?“ „Bisher nicht, nein.“, wies der Drache kopfschüttelnd zurück. „Emily scheint bisher nicht mal eine magische Begabung aufzuweisen. Aber Alec ist weiterhin sehr vielversprechend, wenn er nicht so... eigenwillig wäre.“ „Das klingt ganz nach meinen Babys.“, amüsierte sich der stolze Vater. „Ich traf jemanden, der zu Eurem Hort gehört und offenbar mit beiden Kontakt hat.“ „Ach? Ist das so?“, hinterfragte Tyr offenkundig interessiert. Hammond war sich sicher, dass der alte Meister wusste, auf wen er anspielte, also kam daher nicht sein Interesse. Schweigend nickte der Titan. Er wollte die Spannung etwas aufbauen. Es lag immerhin auf der Hand, dass Billiana sich weder abgemeldet hatte noch eine Dauer ihrer Abwesenheit angab, wenn sie sich vom Hort fernhielt. Als er wahrnahm, dass Tyr allmählich ungeduldig wurde, befreite er ihn aber aus der Qual, bevor sein Temperament vielleicht doch durchkam: „Oh ja... Sie stellte sich vor allem als Alecs Lehrmeisterin vor.“ „Wo ist sie zurzeit?“ „Sie bildet einen gemeinsamen Freund aus. Wie lange das dauert, wissen wir jedoch nicht.“ „Ihr habt also bereits gemeinsame Freunde, ja? Muss ich mehr wissen?“, hakte Meister Tyr nach. „Kommt drauf an...“ „Worauf?“ Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte Hammond den Drachen an, ehe er fortfuhr: „Wie Ihr zu ihr steht.“ Amüsiert stellte er fest, dass der Drache leicht errötete. Er hatte durchaus verstanden, worauf er genau anspielte und es schien ihm peinlich zu sein. Immerhin wollten die Drachen gerne überdauern und mussten sich deshalb paaren. Nicht einfach, wenn es so wenige Weibchen gab, die dazu äußerst widerspenstig waren. Wenn Hammond ehrlich war, verstand er ohnehin nicht, weshalb die Drachen ihre Magie nicht dafür einsetzten, um ihr Überdauern zu sichern. Es gab immerhin auch den Zauber, dass sie in jeder Rasse erwachen konnten, auch wenn in dieser Person kein drakonisches Erbgut vorlag. Sie mussten lediglich diesen Zauber erweitern und sicherten so ihr Überleben. Nun aber standen sie kurz vor dem Aussterben... „Sie ist für mich wie eine Tochter.“, erklärte Tyr schließlich ernst. „Ich habe sie ausgebildet, als sie in schlimmster Not zu uns stieß. Ich lehrte sie, ihre Magie nicht nur zu kontrollieren, sondern sie auch zu perfektionieren. Durch mich weiß sie, wie sie sich verwandeln kann. Wie man Feuer speit... Ich lehrte sie das Drachendasein.“ „Das habt Ihr bei vielen vor und nach ihr getan.“, erinnerte Hammond ihn wissbegierig. „Was ist bei ihr anders?“ „Hat sie dir gesagt, wer genau sie ist?“ „Sie sagte, dass sie die nächste Drachenkönigin sei.“ Langsam nickte Tyr und faltete seine Hände ineinander, während sie gemeinsam eine Wendeltreppe hinaufgingen: „Genaugenommen ist sie schon längst die Königin. Sie verweigert nur, ihr Amt auch offiziell anzutreten... Solange übernehme ich ihre Aufgaben.“ „Und nur, weil sie eure Königin ist, ist sie für Euch wie eine Tochter?“ „Nein... Nein, das ist es nicht. Es ist diese Art, die sie an sich hat... Wie sie einen angucken kann. Wie sie mich angeguckt hat, als sie zu uns fand.“ „Ich wusste nicht, dass Ihr so schnell zu erweichen seid.“ Giftig blickte der Drache ihn an. Hammond war wirklich froh, dass Blicke nicht töten konnten! Und wenn es mal soweit war, dann war er sich sicher, dass Tyr der Entdecker dieser Gabe sein würde. Und der Titan wäre dann vermutlich auch sein erstes Opfer. Er genoss die Stille, die nun zwischen ihnen stand. Es gab ihm Zeit, nachdenklich über seinen dunklen, gepflegten Bart zu streichen und an die gemeinsame Nacht mit der Elfe zu denken. Daran, wie wild sie war... Er hatte es wirklich genossen. So hatte er seit Leandra nicht mehr empfunden und er hoffte wirklich sehr, dass er nicht wieder so lange hungern musste. „Du hast mit ihr geschlafen.“, zischte Tyr wissentlich. „Euch kann man wohl nichts vormachen?“ „Ich erkenne diesen Blick...“ „Welchen Blick?“, hakte Hammond amüsiert kichernd nach. „Gibt es einen »Ich-habe-Billie-nackt-gesehen«-Blick?“ „Ja, den gibt es in der Tat.“ Wenn der Titan ehrlich war, überraschte ihn das keineswegs. Billiana war ihm nicht wie eine Jungfrau vorgekommen und sie hatte eine verlockende Art an sich. Umso überraschter war er, dass Tyr offenkundig keinerlei sexuelles Interesse an ihr hegte. Sie wäre eine gute, neue Partnerin für ihn, um die Linie der Drachen fortzusetzen. Es würde seine sowieso schon große Macht noch mehr erweitern. „Sie kam hier an... klitschnass und durchgefroren. Sie war im Winter hierhergereist. Vollkommen allein und ohne passende Bekleidung.“, begann sich der Drache zu erinnern und öffnete die Tür zu seinem persönlichen Zimmer. Hier erledigte er die Angelegenheiten des Horts und gab Einzelunterricht für besondere Schüler. Oder er saß einfach da, genoss einen Tee und versuchte sich von den Strapazen des Tages zu erholen. „Und Ihr habt sie einfach hereingelassen? Weil sie so nass und alleine war?“ „Anfangs nicht, nein. Wir haben sie einfach vor den Toren gelassen...“, gestand der Meister mit schlechtem Gewissen. „Sie hat geschworen, dass sie den Weg von alleine gefunden habe. Sie schwor, sie habe einfach... gewusst, wohin sie müsste. Doch wir haben ihr nicht geglaubt... Wir hätten die Zeichen erkennen sollen. Ihr goldblondes Haar und ihr Wissen, wie sie uns finden konnte, doch wir waren verblendet. Der Weltenlenker hatte sich gerade erst erhoben, um die Nichtmenschen zu jagen. Er hatte über die Hälfte von uns hingeschlachtet... Der Hort war noch gar nicht fertig errichtet worden und die Schutzzauber noch nicht alle aktiv. Wir fürchteten, dass sie zu ihm gehören könnte... Nur ein Lockvogel war, damit wir sie hereinließen.“ Stille trat ein, als sich der Drache nachdenklich auf seinen Stuhl niederließ. Seine knochigen Finger richteten sich auf etwas Feuerholz und entfachten es alleine mit seinem Willen. Über dem Feuer hing ein Kessel, in dem stets frisches Wasser bereitgestellt wurde. So dienten die Flammen nicht nur dem Erwärmen des Zimmers, sondern auch dem Erhitzen von Wasser. Hammond setzte sich dem Lehrmeister gegenüber und ließ ihm all die Zeit, die er zum Erinnern brauchte. Es musste immerhin schon einige Jahrhunderte her sein. Da hatte er selbst noch gar nicht gelebt! Und auch Leandra war sicherlich noch nicht mal geplant gewesen... Die Welt war ein anderer Ort als heute gewesen, doch sicherlich kein besserer. Damals hatte die Schreckensherrschaft des Weltenlenkers seinen Anfang genommen. Das bestärkte aber auch die Vermutung, dass Billiana den Herrscher vor seinem Aufstieg gekannt haben konnte. Dass sie ihm nahegestanden hatte. Vielleicht hatte genau das dazu geführt, dass sie ihren Weg schlussendlich in die Reihen der Drachen gefunden hatte. Doch das verschwieg er. Bei solchen Thematiken waren die Echsen überaus empfindlich. „Meister Ragnar befahl schließlich die Tore zu öffnen. Er war fort gewesen... Hatte nach überlebenden Drachen gesucht, um sie hierher zu führen. Und er setzte sich direkt über meinen Befehl hinweg.“ „So kennen und so lieben wir ihn.“ „In seinen Augen bin und bleibe ich der kleine Drachenjunge von damals. Ich kann auch tausend Jahre hier der Anführer sein, aber ich bleibe der unwirsche Knabe in seinen Augen.“ Hammond zuckte etwas mit den Schultern und lächelte schließlich aufmunternd: „Das war doch damals auch gut so. Er will Euch vor Schaden bewahren.“ „Ja, so wird es wohl sein.“, stimmte Tyr nachdenklich zu. „Jedenfalls ließ er sie mit den restlichen Überlebenden hinein und er befahl uns beiden, mit in sein Zimmer zu kommen. Als ich direkt vor ihr stand, erkannte ich das, was Meister Ragnar sofort erkannt hatte...“ „Aber sie selbst hatte keine Ahnung von ihrer Bestimmung und dem, was sie erwarten würde.“ „Das ist korrekt. Hammond, ich bin überrascht, dass du dich so gut auskennst. Verfolgst du doch den Unterricht hier?“ „Ab und zu sitze ich in der hintersten Ecke und höre zu.“, schmunzelte der Titan keineswegs beleidigt. Immerhin hatten die Meister ihm selbst auch geholfen seine Magie besser zu begreifen. Durch sie war er zu einem wirklich geschickten Essenzmagier geworden, der auch ohne die Macht der Erde wunderbar zurechtkam. „Ja, sie hatte keine Ahnung von ihrem Schicksal und wir beließen es erstmal dabei. Uns war wichtiger, dass sie ihre Gaben zu kontrollieren lernte. Der Druck einer Ausbildung alleine ist schon groß genug. Es wird nicht gerade besser, wenn man dann noch gesagt bekommt, man sei die Königin, die den Untergang einer ganzen Rasse verhindern kann.“ „Hmm, ja, klingt tatsächlich etwas nach Druck.“ Belustigt zuckte eine Augenbraue des Meisters auf. Nur eine Millisekunde lang, doch es entging Hammond nicht. Obwohl die meisten Drachen nicht gerne verspottet, gereizt oder auch nur schief angeguckt wurden, nahm der Meister es stets gelassen. Er schien ihn sogar zu mögen! Ebenso wie Meister Ragnar, der ohnehin anders war als die anderen. Allmählich erhob sich Tyr und schritt zum Kessel. Das Wasser kochte bereits und er konnte es einfach in eine Kanne gleiten lassen. Nur durch die Kraft seiner Gedanken, erhob es sich daraus und landete im Porzellan. Hammond fand es immer wieder beeindruckend, wie sich die Drachen die Essenzmagie angeeignet hatten. Anders zwar, doch nicht weniger effektiv. Sie ahmten die Fähigkeit einfach nach. In einem filigranen Filter landeten frische Kräuter aus den eigenen Gärten. Sogar ein bisschen Obst, um Säure und Süße hineinzubringen, die natürlicher nicht sein konnten. Jedoch kamen die Drachen nur schwer an Früchte heran, da sie es kaum aus der Festung herausschafften. Und selbst wenn, konnten sie es nicht auf einem Marktplatz kaufen, da ihnen die Geldmittel dafür gänzlich fehlten. Eigentlich wusste der Titan gar nicht, wie es die Drachen überhaupt schafften, auf diese Weise zu überleben. Eingekerkert in diesem Hort, abgeschnitten von der Welt und ohne Reichtümer. Sie mussten jagen und dabei durfte man sie nicht sehen. Sie mussten sammeln ohne entdeckt zu werden. Immer auf der Flucht, wenn sie nicht in diesen Mauern in Sicherheit waren. Da das Getränk erstmal ziehen musste, fuhr der Lehrmeister fort: „Meister Ragnar wies mich an, sie zu unterrichten. Das war wirklich schwierig... Ungemein schwierig! Nicht nur, weil sie so unfassbar machtvoll war, sondern auch, weil sie so unglaublich trotzig war.“ „Ja, das klingt ganz nach ihr. Ihr Humor ist etwas... eigen und oftmals unangemessen.“ „So ist es.“ „Und dennoch habt Ihr sie zu einer meisterhaften Magierin gemacht.“, schmeichelte Hammond ihm. „Das war sie auch schon vorher. Ihre ganze Macht und ihr Potenzial sind ein Teil von ihr.“ „Doch ohne Euch hätte sie all das nicht kontrollieren oder begreifen können, Meister Tyr.“, widersprach der Titan aufrichtig. „Ich habe sie kämpfen sehen. Ich sah nie etwas Anmutigeres und Geschickteres als sie.“ Zaghaft musste der Drache lächeln. Er meinte sogar Stolz in den Augen sehen zu können! Sie musste wirklich eine Art Tochter für ihn sein, damit er so strahlte, wenn er von ihrem Talent hörte. „Irgendwann mussten wir ihr sagen, wer sie ist. Das nahm sie weniger gut auf... Sie rannte uns direkt davon.“ „Aber sie kam wieder...“ „Ja, nach einigen Jahrzehnten.“, bestätigte Tyr seufzend. „Wir haben nach ihr gerufen, sie gesucht und alles versucht, um wieder an sie heranzukommen, doch sie wollte einfach nicht gefunden werden. Und wenn Billie etwas will, dann bekommt sie es auch! Irgendwann beschloss dieses sture Ding dann, dass sie uns genug gequält hat und tauchte wieder auf. Sie sagte klar, dass sie nicht die Krone haben will und ernannte mich als ihren Vertreter. Sie selbst habe wichtigeres zu tun...“ „Das wiederum klingt etwas nach meinem besten Freund...“ Kelvin neigte auch dazu, dass er nicht sesshaft sein wollte. Da war auch alles andere unwichtig, solange er nur seine Flügel entfalten konnte! Zwar scheute er dabei weder Verantwortung noch Gefahren, aber er wollte eben in keinem Käfig feststecken. Billiana betrachtete den Hort offenkundig auch als eine Art Gefängnis. Doch irgendwas sagte Hammond, dass sie ihre Meinung ändern würde und ihr Volk führen würde. Vielleicht nicht heute oder morgen, aber gewiss in naher Zukunft. Dann, wenn die Drachen sie wirklich und wahrhaftig brauchten, würde sie kommen. „Tee?“, erkundigte sich Tyr ausgesucht freundlich und hielt ihm die Kanne hin. Es roch stark nach den Kräutern. Von dem wenigen Obst war kaum etwas zu merken. „Nein, danke.“ Plötzlich konnte er lautes Geschrei vernehmen. Dinge, die umgeworfen wurden. Große Panik, als wäre der Weltenlenker selbst in die Festung eingedrungen, um die restlichen Drachen eigenhändig zu erledigen. Nur konnte Hammond nicht verstehen, was die aufgeregten Stimmen genau kreischten. Tyr seufzte angestrengt, während er in seiner Tasse rührte, als könnte er so den Krach ausblenden. Das war wohl nicht das erste Mal, dass solch ein Chaos ausbrach und gewiss auch nicht das letzte Mal. Nicht, wenn er das Gesicht des älteren Mannes richtig deutete. „Das dürfte dein Sohn sein.“, seufzte der Drache. „Sein täglicher, dramatischer Auftritt. Es klappt so wunderbar mit ihm, wenn Billie hier ist...“ Ja, weil mein Sohn offenbar für sie schwärmt., sinnierte der Titan und erhob sich von seinem Stuhl. Er konnte schlecht zulassen, dass die Meister sich alleine um Alec kümmerten, wenn er schon hier war. „Lass‘ dich nicht verbrennen.“, riet Tyr ihm schmunzelnd. Er wusste offenbar genau, was den zweifachen Vater erwarten würde. Freundlich nickte Hammond, ehe er das Zimmer verließ und auf den Krach zu eilte. An ihm liefen viele vorbei, die das genaue Gegenteil taten, um sich in Sicherheit zu bringen. Oder weil sie dem Lärm entfleuchen wollten... Hier gab es immerhin auch Elfen, Mischlinge und andere Wesen mit sehr feinen Sinnen. Wieder schoss ihm Billiana in den Kopf. Ihre vollen Lippen. Ihr herzhaftes Lachen... Die Art und Weise, wie sie sich zu bewegen wusste. Wie ihre Körper zu einem einzigen verschmolzen waren und das mehr als ein einziges Mal. Sehnsüchtig verbiss er sich auf seiner Unterlippe. Musste einen Herzschlag lang die Augen schließen. Dann peitschte ihm unbändige Hitze ins Gesicht! Es fühlte sich an, als würde sie ihm die Haut einfach wegbrennen, was vielleicht auch geschehen würde, wenn er nicht auf sich Acht gab. Als er seine Augen öffnete, sah er den Ursprung des ganzen Geschreis. Ein gigantisches Feuer! Es züngelte sich durch Holz, Bücher und alles, was ihm Zündstoff bot. Es suchte nach Sauerstoff, um weiter zu wachsen und alles auf dem Weg dorthin zu verschlingen. Die Vorhänge hatte man zuvor offenbar bereits abgenommen, doch das half nichts, wenn alles andere Brennbare noch in der Nähe zu sein schien. Mitten im Spiel von Hitze und Flammen stand ein inzwischen kräftiger, werdender Mann. Es kam Hammond wie gestern vor, als er noch ein Baby gewesen war und an ihm geklammert hatte. Doch diese Zeiten waren vorbei. Nun war er ein hübscher Jugendlicher mit wildem, schwarzem Haar und dazu passenden Sommersprossen. In seinen Augen sah er das Glitzern von Leandra. Sie wäre stolz gewesen! Er hingegen wankte gerade. Wenn er zusah, wie sein Knabe um das Feuer tänzelte und etwas hilflos es zu löschen versuchte, zweifelte er dessen gesunden Menschenverstand an. Alleine es derartig zu entfachen! Als Drakonier mochte Alec sehr leicht entflammbar sein, doch er musste wohl dringend sein Temperament zu zügeln lernen. Schlussendlich beobachtete der Titan die grenzenlose Verzweiflung etwas und wie sich das Feuer trotzdem weiter ausbreitete. Alec war schon lange nicht mehr Herr der Lage. Schließlich hob der Titan seine Hände und ließ einige der Steine aus den Wänden herausbrechen. Von der Decke ließ er bewusst die Finger, um einen Einsturz zu vermeiden. Die Wand war schon riskant! All die Steine ließ er auf die Flammen krachen. Soweit es ging, alles auf einmal. So wollte er das Feuer einfach ersticken, damit es sich weder weiter ausbreiten konnte noch jemand verletzt wurde. Natürlich würde er im Anschluss helfen, die Wände wieder zu reparieren. Verblüfft beobachtete der Drakonier, wie die Felsen einfach das Feuer erstickten, als würde es hier spuken. Ihm war klar, dass er selbst das nicht getan hatte und ihm auch die Macht dazu fehlte. Doch im ersten Moment schien Alec auch einfach nicht zu begreifen, wer ihm gerade geholfen hatte. „Wir sollten ein ernstes Wörtchen miteinander reden, Alec.“, sagte Hammond tadelnd. Endlich drehte sich der Sechszehnjährige um und entdeckte seinen Vater. Sofort begannen seine Augen zu leuchten. Er freute sich aufrichtig! Auch wenn er die meiste Zeit hier war, wusste er doch, wer sein leiblicher Vater war. Damals hatte der heutige Jugendliche es nicht verstanden. Er hatte oft geweint und hatte den Titan nicht sehen wollen, wenn er dann doch mal den Hort besuchte. Immer wieder hatte der Junge geschrien, dass er ihn nicht lieben würde. Hammond hatte keine andere Wahl gehabt, als es geschehen zu lassen und ihm seinen Frust zu lassen. Irgendwann war dieser einfach verflogen. Zusammen mit Emily hatte er ihn begrüßt und seither war kein Groll mehr wahrzunehmen. „Hast du das gesehen?!“, keuchte Alec voller Stolz. Er schien zwar zu wissen, dass er mit dem Feuer zu weit gegangen war, doch wirklich zeigen tat er es nicht. „Es war schwer zu übersehen.“ „Das habe ich ganz alleine getan!“ „Das will ich doch hoffen... Ich würde mir Sorgen machen, wenn dir dabei noch jemand geholfen hat.“, seufzte der Titan. Alec breitete die Arme aus, als wollte er zeigen, wie gigantisch das Feuer gewesen war: „Emmy kann so etwas nicht! Ich bin etwas Besonderes.“ „Emmy ist auch etwas Besonderes.“, widersprach er ihm streng. „Schon alleine deshalb, weil sie nicht den Hort versehentlich abfackeln würde. Und noch weniger wäre sie im Anschluss stolz auf sich.“ Nur einen kurzen Herzschlag lang wirkte der Jugendliche peinlich berührt. Hammond meinte sogar, dass seine Wangen rot geschimmert hatten. Alec grinste jedoch so schnell wieder breit, dass er es nicht mit Sicherheit sagen konnte. Lieber stürmte der Sechszehnjährige auf seinen Vater zu und warf sich in dessen starken Arme. Lachend und frohlockend klammerte er sich an ihn, als habe er ihn mindestens zwanzig Jahre nicht gesehen. Und dem Weltenlenker sei Dank, bist du noch keine zwanzig Jahre alt..., dachte er erleichtert. Dann wäre er kein Kind mehr und würde seine eigenen Wege gehen. Vielleicht würden sie sich dann sogar endgültig aus den Augen verlieren, was er nicht hoffte. Jetzt aber erfreute er sich selbst. Er freute sich über das Glück seines einzigen Sohnes und über dessen ausgesprochen fröhliches Gemüt. Hammond freute sich, dass er überlebt hatte. Er dankte innerlich Kelvin für seine meisterhafte Rettung und den Drachen für diesen Zufluchtsort. Wenn er seinen Sohn nur noch ein weiteres Mal so halten durfte, dann war es jeden Verlust wert gewesen. „Bist du denn wenigstens etwas beeindruckt?“, hakte der Junge schließlich nach. „So etwas konnte ich früher immerhin nicht tun.“ „Natürlich bin ich stolz auf dich. Ich bin immer stolz auf dich, mein Sohn.“, hauchte er aufrichtig. Zärtlich küsste er anschließend den schwarzen Schopf seines hübschen Burschen und genoss weiterhin dessen Nähe. Stolz grinste Alec breit: „Und Emmy lernt bloß solch einen Unfug wie Nähen und Kochen...“ „Du wirst dankbar dafür sein, wenn sie dir Kleidung anfertigt und deinen knurrenden Magen füllt.“ „Aber dazu habe ich doch dich!“ „Vielleicht bin ich ja irgendwann nicht mehr da, um das zu machen, Alec.“, erinnerte er ihn sanft. Wenn er auch starb, dann hatten die Geschwister nur noch einander. Ähnlich wie bei Kelvin... Sie würden einander schützen müssen, um in dieser grausamen Welt zu überleben. „Unkraut vergeht nicht, sagt Meister Tyr.“ „Ich hoffe sehr, dass er damit nicht mich meinte.“, lachte der zweifache Vater spöttisch. „Ich glaube nicht, aber es trifft doch zu.“, erklärte Alec lächelnd. „Immerhin sieht der Weltenlenker dich doch nur als Unkraut an, nicht wahr? Also wirst du nicht vergehen.“ „Eine sehr stichhaltige Theorie.“ „Nicht wahr?“ Der Titan lächelte. Ihm war bewusst, dass sein Sohn ihn keineswegs beleidigen wollte. Viel mehr munterte er ihn auf. Eine Aufgabe, die ein Kind eigentlich nicht für seinen Vater übernehmen sollte. Aber er war so stolz auf sich, dass er ihm diese neue Pflicht gerne überließ. Als der Schwarzhaarige seinen Blick hob, entdeckte er seine kleine Tochter in der Tür stehen. Ihr rotblondes Haar lockte sich wild und stand ihr so herrlich. Auch sie hatte überall im Gesicht diese wunderschönen Sommersprossen wie auch ihr Bruder. In ihrem neuen, blauen Kleid sah sie göttlich aus. Nicht, wie die angeblichen Gottheiten des Weltenlenkers, sondern wie eine wirklich heilige Gestalt, vor der man knien wollte, um sich in dessen Herrlichkeit zu suhlen. Erst recht, wenn ihr Lächeln ihre wunderschönen Augen erreichte. Wie bedauerlich es auch war, würde sie wohl mal eine wunderschöne, kluge und begehrenswerte Frau werden. Und er würde sie mit allen Mitteln verteidigen! Denn alles an ihr war so schützenswert, dass er einfach nicht begreifen konnte, wie der Weltenlenker so gnadenlos Kinder abschlachten konnte. „Vater!“, rief sie dann aus und eilte herbei. Die Vierzehnjährige räusperte sich etwas, um Fassung zu finden. Sie war neuerdings in der Phase, dass sie meinte eine Dame sein zu müssen. Sehr amüsant wie er fand. Vorsichtig löste er sich von Alec, um vor seinem Mädchen auf die Knie zu gehen. Seine viel größere Hand ergriff derweil ihre blassere, um dieser einen hauchfeinen Kuss zu schenken. So, wie ein edler Herr es auch bei einer gehobenen Dame getan hätte. Emily war ganz entzückt! Sie kicherte glockenhell auf und strahlte im ganzen Gesicht. Doch dann kam das Kind in ihr durch und sie warf sich um den Hals des Titans. Sie war ihm niemals böse gewesen. Nicht mal ein bisschen! Als hatte sie von Anfang an verstanden, weshalb er sie beide in den Drachenhort gebracht hatte. „Nun erzählt mir mal alles, was ihr seit unserem letzten Treffen gelernt und erlebt habt!“, rief Hammond fröhlich aus. „Und lasst kein Detail aus. Wenn eure Meister nichts dagegen haben, werde ich eine Weile hierbleiben. Da soll es sich so anfühlen, als wäre ich niemals weggewesen.“ „Jaah~!“, riefen die beiden Kinder wie aus einem Munde. Ihre Worte überschlugen sich beinahe, während sie beide versuchten ihm alles zu berichten. Jede Lehrstunde, jede Unterhaltung mit einem Mitschüler, jeder Ausflug ins Freie. Wie er es sich gewünscht hatte, sparten sie nicht an Details. Und er hang an ihren Lippen, als gäbe es auf dieser Welt nichts, was interessanter oder wichtiger war. Und für den Titan gab es auch nichts, was so bedeutungsschwer war wie seine eigenen Kinder.   Einst hatte es eine Zeit gegeben, in der hatten Drachen die Lüfte regiert. Die Welt beherrscht! An diese Zeit erinnerte er sich wirklich gut... An die Zeit des Friedens zwischen den ganzen Völkern. Als jeder noch nach Instinkten lebte, statt nach seinem Geldbeutel. Ob Mensch oder Nichtmensch. Tier oder Pflanze. Alles hatte sich instinktiv entwickelt und eine ganz eigene Harmonie zwischen sich gefunden. Es war eine Zeit der Räte gewesen. Als Menschen, Zwerge, Elfen, Drachen und all die Völker zusammen getagt hatten, um Lösungen zu finden. Oft genug hatten sie dabei natürlich Probleme geschaffen, doch sie hatten es irgendwie geschafft, den Frieden zu wahren. Zu jener Zeit war er ein König gewesen. Gewiss, er war kein guter König gewesen, doch er war einer gewesen. Einer mit Idealen! Mit Wertvorstellungen... Zu hoch gesteckten Zielen für die geringen Ambitionen seines Volkes. Zu friedfertig nach Dra’cor, die nicht nur den ersten Krieg mit provoziert hatte, sondern auch darin gefallen war wie eine Heldin. Dyad war kein Held. Er war kein König mehr. Und er war nicht mal wirklich gefallen, obwohl alle das glaubten und er sie im Glauben gelassen hatte. Nur so war er dem Thron der Drachen entronnen. Hatte den Platz freigegeben, damit der nächste König oder die nächste Königin folgen konnte. Er wusste, dass es das Beste für die Drachen gewesen war. Zumindest redete er sich das gerne ein, wenn er nachts zu schlafen versuchte... Wie so oft, hob er seinen Blick in den Himmel. Suchte nach den Silhouetten von Drachen ohne sie zu finden. Lauschte dem Gesang von Vögeln. Und erinnerte sich... Erinnerte sich daran, als Wyrnné noch ein einfaches Ratsmitglied unter seiner Führung gewesen war. Wer Wyrnné hätte sein können, wenn er dem Pfad von damals nur niemals verloren hätte! Er erinnerte sich daran, wie gut sie miteinander befreundet gewesen waren. Dass sie füreinander gestorben wären. Wie sie Seite an Seite für ihr Volk gekämpft hatten, um jede Ungerechtigkeit und jeden Schmerz zu tilgen. Als Zodiak die Oberwelt befiel – jene, die heute nur noch Midgard genannt wurde – hatte er sich endgültig seiner Machtlosigkeit gegenübergesehen. Schon am Anfang hatte er erkannt, dass er nicht hilfreich auf dem Thron war. Also hatte er sich in seine letzte Schlacht gestürzt! Hatte so viele Bestien des Urbösen mit sich gerissen, um ihn wenigstens etwas zu schwächen. Dyad wäre damals wirklich fast gestorben... Seine goldblonden Locken waren blutrot gefärbt gewesen, während sein eher sanftes Gesicht verstellt von Wunden gewesen war. Blutröchelnd und am Ende mit seinen Kräften hatte er – so wie auch heute – in den Himmel gestarrt. Nach den Silhouetten der freien Drachen gesucht. Nach einem Herzschlag des Friedens, um für jene zu sterben, die er am meisten liebte. Dessen ungeachtet tauchte ein Gesicht über ihm auf. Wyrnné, der zu dieser Zeit noch jünger, aber nicht weniger attraktiv gewesen war. Sein langes, schwarzes Haar fiel ihm über seine Schultern, während er nach den Schultern des schwerverletzten Drachen griff, um ihn hochzuhieven. Ganz alleine schleppte er ihn durch die Leichen. Dyad erinnerte sich genau, wie Wyrnné immer und immer wieder sagte: „Du wirst nicht sterben.“ Wie ein Mantra sagte er es auf, während der damalige Drachenkönig außerstande gewesen war, etwas zu sagen. Sonst hätte er darum gebettelt, ihn einfach nur sterben zu lassen. Loszulassen... Doch er war zu schwer verletzt gewesen, um das zu tun, also hatte er sich tragen lassen. Irgendwie hatte es das damalige Ratsmitglied doch geschafft, ihn aus dem Meer der Leichen und der schwarzen Schlacke zu tragen. Abseits von all dem Leid rettete er ihm das Leben. Ohne Magie schaffte er es, seine Seele dem Tod zu entreißen und seinen Körper soweit zu heilen, dass er irgendwann wieder sprechen konnte. „Das... hättest du nicht tun sollen...“, hatte er ihm atemlos zugeflüstert. „Ich weiß, dass du sterben wolltest.“ „Woher?“ „Man muss kein Gelehrter sein, um ein Himmelsfahrtkommando zu erkennen, wenn man eines sieht.“, seufzte Wyrnné damals. „Du bist ohne Verstärkung in zahlreiche dieser Kreaturen geflogen. Natürlich hast du viele flambiert, doch es war dennoch aussichtslos.“ Dyad war damals verwirrt gewesen. Er hatte nicht verstanden, weshalb sein Freund und Ratsmitglied dann trotzdem auf das Schlachtfeld gekommen war, um ihn aus den Leichen zu pieken. Hatte er ursprünglich nur die Leiche bergen und den Drachen aushändigen wollen? Oder hatte er tatsächlich gewusst, dass er es überlebt hatte? Fragen, die er bis heute nicht beantwortet bekommen hatte. Eigentlich spielte es auch gar keine Rolle, weshalb er ihn damals gesucht hatte. Nicht mal, wieso er ihm das Leben rettete, welches er gar nicht gewollt hatte. Es war entscheidend, was danach passierte... „Du darfst es ihnen niemals sagen.“, drängte Dyad, der sich endlich vollends von den eigentlich tödlichen Verletzungen erholt hatte. „Sie dürfen nicht wissen, dass ich überlebt habe.“ „Von mir werden sie es nicht erfahren, solange du es nicht wünscht, Dyad.“, schwor Wyrnné aufrichtig. Traurig betrachtete sich der ehemalige Drachenkönig in einem Spiegel. Seine goldblonden Locken waren nicht mehr vom Blut verschmiert und sein Gesicht hatte es ohne bleibende Schäden überstanden – wenn er auch nicht wusste, wie. Er sah, dass er sich selbst enttäuscht hatte. Und ihm war klar, dass er sich niemals selbst verzeihen würde, dass er davongelaufen war. Wyrnné aber sah etwas anderes. Er erhob sich von den Fellen und ging zu ihm, um ihm zärtlich ein paar der Locken hinter das Ohr zu streicheln. Dabei vermied er es, die Drachenschuppen auf seiner Haut zu berühren. Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich daran schnitt! Seither war das Ratsmitglied vorsichtiger geworden. „Du hast etwas sehr Mutiges getan, Dyad.“, hauchte Wyrnné ihm zu. „Als du erkannt hast, dass du deinem Volk nicht das bieten kannst, was sie in diesem Moment am dringendsten brauchten, hast du Platz gemacht. Gut, sich selbst umbringen zu wollen, war durchaus idiotisch, aber na ja...“ „Sterben ist einfach.“, erwiderte er damals aufrichtig. „Doch diese Bürden zu tragen war schwer.“ „Ich weiß, mein Freund, ich weiß. Und auch wenn du mir widersprechen wirst, hast du das alles wirklich gut gemacht. Du warst ein guter König.“ „Ich war der erste männliche Herrscher der Drachenlinie...“ „Und du denkst, nun hast du dafür gesorgt, dass es wieder nur Königinnen geben wird?“ Der ehemalige Drachenkönig seufzte, ehe er nickte: „Ja, ich denke schon. Keine der Königinnen hat jemals so versagt. Oder aufgegeben...“ „Dra’cor hatte aufgegeben.“ „Hat sie nicht!“ Dyad ärgerte sich über diese Behauptung so sehr, dass er tatsächlich den Spiegel geschlagen hatte. Jener, der unter seiner Faust zerbrach. Es war ein grauenhafter Schmerz gewesen! Scherben schnitten sich in seine Hand und verteilten sich vor ihren Füßen. Einige bohrten sich sogar in seine hinein und rissen alte Wunden einfach wieder auf. Doch Wyrnné war nicht eingeschritten. Er hatte ihn einfach in den Scherben stehen und schmollen lassen, um ihn nicht weiter zu reizen. Er hatte sehr genau gewusst, dass man einen Drachen niemals provozieren durfte. Selbst einen so sanftmütigen nicht... Wortlos streckte er seine Hand aus und ballte sie erneut zur Faust. Das Blut tropfte herunter. Wanderte über einige der Scherben, um dann in den Boden des Zeltes zu sickern. Irgendwas hatte er in diesem Wechselspiel gesehen, was ihn klarer sehen ließ. Hatte ihn erkennen lassen, dass er nicht aufgegeben hatte – jedenfalls nicht wirklich. „Sie hat sich geopfert... Für ihre Soldaten.“, flüsterte er schließlich.“ „Dra’cor hatte gewusst, dass sie nicht siegen konnte, also tat sie das, was nötig war und starb. So konnte der Krieg beendet werden, welchen auch sie angezettelt hatte.“ „Aber dadurch hat sie nicht aufgegeben.“ „Gewissermaßen schon.“, korrigierte Wyrnné ihn sanft. „Sie hätte das Leben wählen und einen Friedenspakt schließen können. Doch wie du schon richtig sagtest: Sterben ist einfach.“ „Würdest du es auch tun...?“, wollte Dyad wissen. „Was meinst du?“ „Sterben, wenn es dem Wohl deines Volkes dienen würde? Wenn du erkennen würdest, dass du der falsche König wärst?“ „Ich weiß es nicht...“, gestand das damalige Ratsmitglied murmelnd. „Vielleicht. Es käme wohl auf die Situation an.“ In diesem Punkt hatten sie sich unterschieden. Dyad hatte es sofort gewusst. Ihm war sofort klargewesen, dass er sich für sein Volk opfern würde ohne zu zögern. Und er hatte es getan... Ob ihn das irgendwann zu einem besseren König gemacht hätte, wusste er nicht. Er wusste nur, dass er das Richtige getan hatte. Denn nur wenige Wochen später war Billie aufgetaucht. Beinahe so, als hätte sie nur auf den Moment gewartet, dass der König abdankte und sie erwachen konnte. Sie hatte Wyrnné geholfen. Hatte sein Herz berührt... Und schlussendlich hatte sie die Welt verändert. Das Urböse in seine Schranken gewiesen, als wäre es ein pubertierendes Kleinkind. Sie war es gewesen, welche das Volk gebraucht hatte. Die ganze Welt brauchte... Bis heute hat sich daran nichts geändert., gestand sich der Drache ein. Während sie sich gegen den Weltenlenker auflehnte, lebte er im Schatten. Sie kämpfte gegen den Rest der Welt! Alleine, wenn es sein musste. Während er sich alleine bemitleidete und sich die Frage stellte, ob er nun endlich der Mann werden konnte, der er sein wollte. Wyrnné hatte einst gesagt, dass er ein Träumer sei. Hoffnungslos verloren in seinen idealistischen Wertvorstellungen. Im selben Atemzug hatte der heutige Weltenlenker gekichert, dass er genau das an ihm mochte. Wie er den Kopf in den Wolken trug... Seufzend schloss er seine Augen. Er schüttelte die schwarzen Gedanken ab. Vertrieb die Geister seiner Vergangenheit aus seinem Verstand, um sie davonzujagen. Er tat das, was er damals hatte seinem besten Freund raten wollen: Loslassen. Ich kann meine Entscheidungen nicht mehr rückgängig machen und nicht ändern, wer ich bin. Aber ich kann ändern, wie ich mit all dem umgehe., erinnerte sich der ehemalige Drachenkönig selbst und lächelte. Die Welt brauchte keine Kriege mehr. Keine Leichen. Keine Helden. Diese Welt brauchte Freude und einen Grund zum Leben. Sie brauchte uralte Instinkte. Ein sanftes Lächeln auf den Lippen, um sich den Schrecken der tiefsten Nacht zu stellen. Und er war bereit. Er war endlich bereit dazu. Dyad hatte die Jahrhunderte nicht gezählt, die er dafür gebraucht hatte, denn er wusste inzwischen, dass es keine Rolle spielte. Heute war seine Zeit. Nicht damals...   Der Weltenlenker musste sich ehrlich wundern. Alle, die Heimdall betraten, schienen diesen Ort unheimlich zu finden. Ob es nun Besucher waren oder jene, die hier arbeiteten, sie wollten stets schnell verschwinden. Nur Konstantin schien sich als einziger hier wohlzufühlen. Er fragte nicht mehr pausenlos danach, ob er nun endlich abreisen dürfte, sondern erkundete tatsächlich die Stadt! Soweit er es gehört hatte, war er sogar im Kolosseum gewesen, um sich einen Kampf anzusehen. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass der König sobald wie möglich verschwinden würde und dass er sich in der Zwischenzeit in seinen Gemächern einschloss. Erstaunlicherweise schien er beinahe... glücklich. An sich eine Schande, wenn Wyrnné bedachte, dass er selbst sich niemals hier wirklich wohl gefühlt hatte. Und wie er es nicht anders kannte, saß er alleine in seinem Sessel. Wie gewohnt mit einem Buch in seinen Händen, welches er seit dem gestrigen Abend las. Es ging wieder um Politik. Es ging immer um Politik! Seltsam... Billie war seit längerer Zeit nicht mehr hier., stellte er nüchtern fest. Es fehlt mir irgendwie, wenn sie keine Kommentare zu meinen Lektüren abgibt und mir keinen Kopf vor die Füße legt. Wobei er selbstverständlich von dem nächtlichen Besuch bei Konstantin wusste. Seitdem war sie jedoch untergetaucht. Leider hatte er dem König nichts Genaueres über ihr Gespräch entlocken können. Immer wieder hatte er beteuert, dass es nichts Spannendes zu berichten gab. Deshalb wusste der Weltenlenker auch nicht, ob er vielleicht im Bilde darüber war, wo sie sich gerade aufhielt. Gelangweilt blätterte er um. Erinnerte sich zurück... An jenen verheißungsvollen Tag, als man Billiana auf dem Schlachtfeld fand. Oder eher abseits davon... Wie man sich um sie gekümmert hatte, obwohl es eigentlich gar nicht notwendig gewesen war. Wie sie wie eine Katze durch den Raum gesprungen war. Er musste doch etwas lächeln, wenn er an die knurrenden und fauchenden Geräusche dachte, die sie gemacht hatte, um ihn fernzuhalten. Sie war so naiv gewesen... So wild! Ganz anders, als jede Frau vor oder nach ihr. Als sie sich durch die Flure schlich und ihren Weg zu ihm fand, war es um ihn geschehen gewesen. Er hatte nicht mit ihr geschlafen, weil er sie besitzen wollte. Auch nicht, weil er es so dringend gebraucht hatte... Er schlief mit ihr, weil er dieser Elfe innerhalb weniger Momente verfallen gewesen war. Als wäre sie die Botin seines Schicksals. Es war nur eine Nacht gewesen, doch sie hatte sich wie hunderte angefühlt. Wyrnné war sich damals sicher gewesen, dass ihr Herz so für ihn schlug wie seines für sie. Doch sie entschied sich für Argrim. Den Zwerg, den er auch noch selbst gebeten hatte, auf sie zu achten! Wütend krallte sich seine Finger in das Buch. Es war die letzte Ausgabe, die noch existierte. Alle anderen hatte er verbrennen lassen, damit die Menschen sich nicht weiterbilden konnten. Doch er las sie vorher selbst. Erforschte die Wahrheit, die in ihnen lag. Billie hatte ihm oft gesagt, dass sie es sehr bedauerlich fand, dass er das Gelernte nicht umsetzte. Ihre eisblauen Augen hatten ihn dann immer so traurig angesehen, als betrachtete sie ein verblutendes Tier.   Noch besser erinnerte er sich an einen Streit mit ihr. Er hatte ihr an den Kopf gedonnert, dass sie keine Ahnung von seiner Bürde habe. Dass es leicht war, darüber zu urteilen, was er angeblich doch alles falsch machen würde. Sie hatte ihm zugestimmt. Das hatte ihn noch wütender gemacht! Er hatte lange nicht mehr so geschrien wie in jener Sommernacht, als er ihre Kritik über seine Politik nicht mehr ausgehalten hatte. Als dieser eine Kopf vor seinen Füßen, einer zu viel gewesen war... Wyrnné hatte ihr vorgehalten, dass sie es doch besser machen sollte. Immer wieder schrie er, dass sie doch stattdessen herrschen sollte, wenn es ihr so viel Freude bereiten würde. Das, was sie ihm als Antwort gegeben hatte, hatte sich tief in seinen Kopf gebrannt. Noch heute hörte er es sie immer und immer wieder sagen. Es hämmerte stets in seinem Hinterkopf. Ermahnte ihn, nicht so kopflos zu handeln. „Ich will deine zerbrochene Krone nicht.“, hatte sie in aller Ruhe gesagt. „Ich habe sie nie gewollt.“ Zerbrochene Krone... Das traf es genau. Seine Krone war vor langer Zeit zerbrochen, als er den Weg verloren hatte. Wer auch immer mal sein Erbe antreten würde, würde es nicht leicht haben, wenn er bis dahin so weitermachte wie bisher. Er hatte sich diese Reiche angeeignet und sie in ein Scherbenmeer verwandelt. Seine Könige und Gottheiten waren sadistische Monster, die beinahe schlimmer als Zodiak waren! Sah er von Konstantin ab... Konstantin, der ein seltsames Licht im Dunkeln war. Strahlend hell und so angenehm warm. Er konnte nicht in Worte fassen, wie gerne er diesen jungen Mann eigentlich um sich hatte. Wie sehr er die gemeinsamen Essen mit ihm genoss. Sein Lachen, wenn er mit seinen Hauptmännern sprach! Wyrnné fragte sich ernsthaft, wie in dieser bitterbösen Dynastie eine solche Blume hatte erblühen können. Wie er es geschafft hatte, sich aus Schlacke, Blut und Gestank zu einem wunderschönen Phönix zu erheben. Er wusste beim besten Willen nicht, wie er so hatte werden können! Trotz aller Widrigkeiten war er mit Abstand der beste König, den er jemals gesehen hatte. Vielleicht auch gerade wegen all den Steinen, die man Konstantin in den Weg geworfen hatte! Sein etwas pessimistischer Teil flüsterte, dass jedes noch so kleine Licht blendete, wenn es nur in absoluter Dunkelheit erstrahlte. Und er wusste, dass auch das der Wahrheit entsprach. Mit einem Mal hörte er eigenartige Geräusche auf seinem Balkon. Anfangs hielt er es für den lang ersehnten Besuch von Billiana, doch dann fiel ihm ein, dass die niemals solch einen Lärm veranstalten würde. Sie tauchte einfach auf! Man bemerkte erst, dass sie da war, wenn sie einen ansprach oder eben einen Kopf vor die Füße warf... Langsam legte er das Buch beiseite, welches längst nicht mehr sein Interesse weckte. Der selbsternannte Gott wanderte also zu der offenen Balkontür und beobachtete einen jungen Mann dabei, wie er sich versuchte, an dem Geländer hochzuhieven. Er sagte bewusst nichts. Der Schreck konnte dazu führen, dass er in die Tiefe stürzte. Ihm hing der wagemutige Sprung von Billie immer noch nach. Irgendwie war es doch amüsant zu sehen, wie schwerfällig er versuchte, sein Bein über das Geländer zu bekommen. Wyrnné wusste, dass das keine einfache Sache war, doch er war sich auch sicher, dass der junge Mann schon bessere Tage gesehen hatte. Als er sich sicher war, dass er nicht mehr stürzen würde, erhob er endlich seine charismatische Stimme: „Dyad... Wie schön, dass du hier wieder einsteigst, als seist du mein heimlicher Geliebter.“ Der ehemalige Drachenkönig lächelte, als er aufblickte. Seine schönen, goldblonden Locken waren verklebt von seinem Schweiß. Der Aufstieg musste mörderisch gewesen sein! Dabei müsste er allmählich Übung haben... Doch er war eben doch nicht mehr der Jüngste. Genaugenommen waren sie in etwa gleich alt. Nur wusste der Weltenlenker beim besten Willen nicht, wie dieser sanftmütige Drache all die Jahrtausende überlebt hatte! Selbst als Langlebiger musste man Leben nehmen, damit man weitermachen konnte. „Ich... Ich-...“, begann der Blondschopf noch vollkommen atemlos. Er hob einen Zeigefinger, um zu verdeutlichen, dass er einen Augenblick Pause brauchte. Seine andere Hand stützte Dyad derweil auf sein Knie und atmete tief runtergebeugt mehrmals durch. „Wenn du hier gleich tot umfällst, kann ich nicht dafür garantieren, dass ich deine Leiche nicht vom Balkon werfe.“ „Weißt du was...? Das... glaube ich dir sogar...“ „Du solltest einfach die Tür benutzen, Dyad.“, schlug der Weltenlenker ihm zum wiederholten Male vor. „Türen sind meine anerkannten Erzfeinde.“ „Verstehe.“ Er hatte nicht mal gemerkt, wie er sich an den Rahmen der Balkontür gelehnt und seine Arme verschränkt hatte. Er musste es ganz automatisch gemacht haben, während er den ehemaligen Drachenkönig beim Klettern beobachtet hatte. Nichtsdestotrotz stieß sich der Weltenlenker nun ab und wanderte durchaus erhaben zurück in seine Gemächer. Müde ließ er sich auf seinem Sessel nieder, den er schon oft als Bett missbraucht hatte. Nicht, dass es einen Unterschied machte... Er schlief seit Jahren entweder gar nicht oder wahnsinnig schlecht. Dyad folgte ihm kurz darauf herein. Seiner vorherigen Aussage zum Trotz schaffte er es problemlos, die Balkontür zu durchschreiten. Das musste Wyrnné ihm allerdings nicht unter die Nase reiben, auch wenn es amüsant wäre. „Ich bin dein heimlicher Geliebter!“, konterte der Blondschopf dann endlich. „Ich bin dein heimlicher, geliebter Freund, von dem keiner etwas wissen darf.“ „Woran ich nicht alleine schuld bin.“ „Ich weiß, ich weiß...“ Er kannte sich hier bestens aus. Eventuell kannte Dyad diese Gemächer sogar besser als er selbst. Immerhin war er stets neugierig gewesen und öffnete deshalb wahnsinnig gerne Schränke oder guckte unter Betten. Es war seine Art eines Abenteuers. Außerdem hatte er auch schon oft hier übernachtet. Inzwischen glaube ich tatsächlich, dass Dyad mein Bett häufiger nutzt als ich selbst..., sinnierte Wyrnné nüchtern. Aber das trifft wohl auf jeden in diesem Palast zu. Selbst Billie hat da häufiger drin gelegen! Der ehemalige Drachenkönig beschloss sich auf das Bett zu setzen. Er versank kaum darin, während er seinen Freund anschaute, als hatten sie sich ewig nicht gesehen. Wenn der Weltenlenker ehrlich war, wusste er nicht mal mehr so genau, wann er das letzte Mal durch sein Fenster eingestiegen war. Es konnte wirklich etwas her sein! „Du sehnst dich mal wieder nach Billie.“, erkannte Dyad sofort. „Lässt sie dich wieder am langen Arm hungern?“ „Dir entgeht aber auch gar nichts, mein Freund.“ „Du hättest vielleicht meinen Wunsch respektieren sollen, dann hättest du das Problem nicht mehr.“ „Ja, vielleicht hätte ich das tun sollen...“, murmelte Wyrnné unaufrichtig. „Aber der Schaden wäre größer gewesen. Ich hätte dich vermisst.“ „Awww~! Du wirst ja fast sentimental!“ Räuspernd nahm sich Wyrnné wieder das langweilige Buch entgegen, um stattdessen weiterzulesen. So musste er nicht auf diese demütigenden Worte reagieren. Immerhin war er nicht sentimental! Er war der verdammte Weltenlenker! Der mächtigste Mann Midgards. Und der einsamste Mann Midgards..., stellte er nüchtern fest. Nicht, dass ich nicht selbst Schuld daran hätte. „Was hast du denn dieses Mal angestellt, damit sie dich nicht mehr besuchen kommt?“ „Das letzte Mal sprang sie aus dem Fenster...“, säuselte er. „Ich wüsste also nicht, dass irgendwas Besonderes vorgefallen wäre.“ Skeptisch zog der ehemalige Drachenkönig die Augenbraue in die Höhe, während er seinen besten Freund musterte: „Sie ist aus deinem Fenster gesprungen? Nur, um dir zu entkommen? Maaan... Du kommst ja richtig gut an bei den Damen!“ „Sie wollte Altan entkommen.“, korrigierte er ihn trocken. „Ich fürchte, dass das aufs Gleiche hinausläuft, mein Freund.“ Darauf wusste Wyrnné nichts zu sagen. Immerhin endete jede Unterhaltung mit Billiana inzwischen vollkommen gleich. Nur der Verlauf variierte. Manchmal schliefen sie miteinander, manchmal eben nicht, doch am Ende stritten sie und Billie floh, damit seine Kreaturen sie nicht töteten. Im Anschluss vermied die Elfe es, sich ihm zu zeigen. Er vermutete zudem stark, dass sie oftmals auch Götterherz mied, wenn sie wieder aneinandergeraten waren. Denn kurz darauf wurde es stets still um „Athena“. Keine adligen Toten, keine Überfälle auf den Schlund und auch sonst keine der üblichen Handlungen. So wie auch zurzeit... Dabei hatte er bei ihrem letzten Besuch gar keinen Kontakt zu ihr gehabt. Nur Konstantin, dieser Benedikt und schließlich Altan. Außerdem hatte sein Inquisitor immer wieder betont, dass noch eine vierte Person aufgetaucht sei. Er hatte ihn nicht gesehen, war sich aber sicher, dass es der Rebellenanführer mit seiner Essenzmagie gewesen war. Ob das pure Paranoia war oder Kelvin tatsächlich der Attentäterin geholfen hatte, wusste er bisher nicht. Jedoch scheute er keine Kosten, um diese Informationen irgendwie zu erhalten. Khaleb hatte sogar zahlreiche Spione für ihn ausgesandt, um endlich Antworten zu finden. Nur verstand sich Billie darauf, Geheimnisse geheim zu halten. „Bereust du es?“, fragte ihn plötzlich Dyad. „Was meinst du?“ „Dass du mich damals gesucht, gefunden und gerettet hast. Dass ich immer noch hier bin...“ „Nein, Dyad, das bereue ich an keinem einzigen Tag.“, antwortete der Weltenlenker aufrichtig. „Es war die wohl beste Tat, die ich jemals in meinem Leben vollbracht habe. Es ist das einzige in meinem Leben, was ich niemals bereuen werde.“ „Und den Sex mit Billie.“, kicherte der ehemalige Drachenkönig amüsiert. „Und den Sex mit Billie...“ Der Blondschopf strahlte von einem Ohr zum anderen. Es war nicht schwer, ihn glücklich zu machen, dafür umso schwerer, diese Freude zu erhalten. Dyad hatte viel durchlitten und viel geopfert. Wyrnné war die tiefe Traurigkeit durchaus aufgefallen, gegen die sich der Drache zu wehren versuchte. Keiner verstand diesen Zwiespalt wohl so gut, wie er selbst es tat. Auch er zweifelte. Jeden Tag. Jede Minute... Außerstande etwas zu verändern. Gemächlich schloss der selbsternannte Gott seine Augen. Erinnerte sich an jenen Tag in diesem Zelt, als Dyad den Spiegel zertrümmert hatte. Wie das Blut des Drachen auf die Scherben tropfte, um dann in den Boden zu sickern. Dieser Anblick hatte etwas in ihnen verändert. Jeder für sich hatte etwas in sich erkannt, was er vorher nicht hatte wahrhaben wollen. „Ich habe dich damals aus egoistischen Gründen gerettet...“, hörte er sich plötzlich selbst sagen. „Was meinst du damit?“, hakte Dyad überrascht nach. Es war das erste Mal, dass sie wirklich darüber sprachen. Es war zu einem Tabu-Thema geworden. „Du warst damals bereit zu gehen. Dich zu opfern... Du warst fest entschlossen, es zu tun. Hast dich von allem losgesagt und dich verabschiedet.“, erklärte der Weltenlenker mit geschlossenen Augen, als durchlebte er jenen Tag nochmals. „Doch ich war nicht bereit, dich ziehen zu lassen. Ich ertrug den Gedanken nicht, ohne dich weiterzumachen... Vielleicht wäre es besser gewesen, doch ich wollte dich einfach nicht loslassen.“ „Und heutzutage? Würdest du es heute zulassen, dass ich mich opfere?“ „Nein.“ „Wieso nicht?“ Ein ehrliches, zerbrechliches Lächeln schlich sich auf die Lippen des Weltenlenkers. Etwas, was seit Jahrhunderten gewiss keiner mehr zu Gesicht bekommen hatte. Ein Anblick, den sich Dyad einprägen und tief in sein Herz speichern würde, um es niemals zu vergessen. Behutsam öffnete er seine Augen, um den ehemaligen König anzusehen: „Weil ich immer noch egoistisch bin. Ich kann mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen.“ Es überraschte ihn weniger, dass Dyad wieder breit lächelte. Glücklich darüber, dass er im Herzen des Weltenlenkers solch einen Platz hatte. Wo doch sonst keiner ihn zu erweichen oder zu erwärmen wusste. Nicht mal sein eigenes Volk... Doch er war nicht bereit Dyad gehen zu lassen oder ohne ihn weiterzumachen. Dafür war Dyad dazu bereit, ihm endlich angemessen zur Seite zu stehen. So, wie es der selbsternannte Gott brauchte, um endlich zu seiner wahren Größe heranzuwachsen. Doch das würde ihn viel Arbeit kosten. Und Nerven! Vor allem Nerven... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)