Alte Pfade von Kylie (Band 3) ================================================================================ Kapitel 11: Vendetta -------------------- „Camilla! Hör‘ auf!“, dröhnte eine vertraute Frauenstimme tief in ihren Schädel. Es war wie ein unangenehmes Rauschen, als habe man ihr Wasser oder Watte in die Ohren gestopft. Obwohl die Amerikanerin wusste, dass sie diese Stimme kannte, konnte sie dennoch nicht zuordnen, wer es war. Trotzdem hörte die Stimme nicht auf zu rufen: „Camilla! Wach‘ doch auf! Bitte! Hör‘ auf!“   Aufwachen? Aufhören? Womit sollte sie aufhören? Das letzte, woran sich Camilla erinnern konnte, war, dass sie mit Sirius geschlafen hatte und im Anschluss sich erschöpft einrollte. Sie musste eingeschlafen sein, aber warum sollte sie dann aufwachen? Außerdem war das nicht Sirius‘ Stimme, die so eindringlich in ihren Kopf hämmerte! „Bitte! Camy!“ Ein kalter Schauer durchfuhr sie. Ihre Finger schlossen sich um etwas. Es war schlank, leicht und lang, doch sie wusste nicht genau, was es war. „Camilla...“, wimmerte die Frauenstimme dumpf. Macht schoss durch ihren Körper! Sie war so pulsierend und feurig, dass Camilla glaubte, innerlich zu verbrennen! „Erbe...“, zischte eine Stimme in ihrem Hinterkopf so laut, als würde sie angeschrien werden! Sie wusste, dass es Marduks Stimme war. „Du bist mächtiger als alle vor dir. Du musst dich nicht beugen! Salazar Slytherin hat dich auserwählt. Öffne endlich deine Augen!“ Wie vom Donner gerührt, riss Camy endlich ihre Augen auf und spürte, wie Elektrizität durch ihren ganzen Körper schoss, als habe ein Blitz sie getroffen. Sie sah, dass sie den Zauberstab von Salazar Slytherin in der Hand hielt, während sie über Lily Evans lehnte, dessen Gesicht blutig geschlagen schien. Sie wimmerte und hatte die grünen Augen zugekniffen, als erwartete sie den Tod. Die Amerikanerin sah auf und entdeckte die jugendliche Gestalt von Tom Riddle, der sadistisch grinste, während er das Geschehen beobachtete. Ihr war sofort klar, dass nur sie ihn sehen konnte. Lily hatte die ganze Zeit nur Camilla um Gnade angefleht und keinen dunkelhaarigen Jungen. Obwohl sie sich eigentlich fürchten müsste, fing sie an zu grinsen und beobachtete, wie Tom bleich wurde. In diesem Herzschlag wurde ihm klar, dass er die Kontrolle verloren hatte. Sie war frei. Statt den Zauberstab auf Lily Evans zu richten, hob sie ihn auf die Gestalt von Tom Riddle, der ehrfürchtig zurückwich. „Du hast keine Macht mehr über mich!“, rief die Blondine voller Tatendrang und eine Welle der Macht entwich ihrem Körper. Für einen Moment durchflutete sie den ganzen Flur, während die Gestalt von Tom sich schreiend auflöste. Plötzlich schwindelte es ihr. Sie sah noch, dass eine Gestalt auf sie zulief, doch bevor sie dessen Gesicht erkennen konnte, war alles um sie herum schwarz.   Normalerweise behielt Joshua Pride sehr gerne recht. Besonders bei Marcus! Doch in diesem Fall hätte er sich gerne geirrt. Jude Davies war heute Nacht angekommen und er hatte darauf bestanden, sofort mit Camilla Blair zu sprechen. Erst waren sie zu Slughorn gegangen, der ihnen versichert hatte, dass Camilla und Sirius Black längst gegangen waren. Im Anschluss suchten sie ihr Einzelzimmer auf, in dem sie nur Sirius vorfanden. In diesem Augenblick hatte sich eine eisig kalte Hand um sein Herz geschlungen und das Atmen fiel ihm schwer. Jude weckte den schlafenden Schüler, der vollkommen perplex nuschelte, dass er nicht wüsste, wo Camilla sei. Kurz darauf war Sirius Black aufgesprungen, wiederholte erneut, dass er nicht wusste, wo sie war, doch nun klang er viel panischer. Natürlich wollte er helfen, seine Verlobte zu suchen, doch sie hatten darauf bestanden, dass er in ihrem Zimmer wartete, falls sie zurückkehrte. Sie selbst teilten sich auf, um das Schloss und Gelände nach Camilla Blair abzusuchen. Am Ende war es Davies gelungen, sie zu finden. Die Lage, in der sie sich befunden hatte, war allerdings so gefährlich und fraglich, dass sie keine Wahl gehabt hatten, als sie zum Schulleiter zu bringen. Die verletzte Lily Evans hingegen war im Krankenflügel. Natürlich hatte Madam Pomfrey darauf bestanden, dass sie auch die bewusstlose Camilla dort ließen, doch das war zu gefährlich. Stattdessen lag sie auf einem Feldbett mitten im runden Büro des Rektors. Seit fast einer Stunde warteten sie nun darauf, dass sie endlich wieder aufwachte, doch sie regte sich nicht. Die einzigen Muskeln, die an ihr nicht erschlafft waren, waren die ihrer rechten Hand. Keiner konnte ihr den Stab entwenden, der nicht nach ihrem eigenen aussah. Joshuas Blick fiel auf den Zauberstab. Eine silberne Schlange wand sich um einen schwarzen Stiel. Es war ironisch, wie gut das Design zu seinem Haus passte und gleichzeitig beunruhigte es ihn. Eine dunkle Vorahnung ergriff ihn und sein Herz schlug langsamer. „Ich weiß nicht, was sie vorhatte...“, sagte Jude Davies zum wiederholten Male erschöpft. „Sie lehnte zwar über Miss Evans, aber den Stab hielt sie ins Leere.“ Weder Dumbledore noch er sagten etwas. Es gelang keinen der anwesenden Legilimentoren, in Camillas Geist einzudringen. Trotz ihrer fragwürdigen Verfassung, erhielt sie ihre Okklumentik irgendwie aufrecht. Hat er sie dennoch kontrolliert? Obwohl sie inzwischen so gut ist?, fragte sich Josh und verbiss sich auf seiner Unterlippe. „Wie viele Schüler wurden inzwischen angegriffen?“, hinterfragte der Auror besorgt. „Mit Miss Evans sind es nun achtzehn.“, antwortete Albus Dumbledore trocken. „Ist irgendeiner gestorben oder nahezu tot gewesen?“ „Nein.“ „Aber sie hatten alle das »V« an ihrem Körper?“, fragte Jude weiter, als hinge sein Leben davon ab, das Gespräch weiterzuführen. „So ist es.“, erwiderte Dumbledore und hob seinen Blick. „Worauf willst du hinaus?“ „Es gab Greifer, die getötet wurden... Im Sommer. In verschiedenen Ländern, aber sie wurden alle von derselben Person getötet.“, erklärte Davies ernst. „Erst hat niemand die Verbindung erkannt, weil es ja unterschiedliche Länder waren und eine magische Ursache nicht überprüft wurde, doch inzwischen ist klar, dass die Fälle zusammengehören.“ „Woher will das Ministerium das wissen?“, hakte Pride verbittert nach. „Sie alle hatten ein »V« in ihren toten Körper geritzt. Außerdem wurden die Toten in den Ländern gefunden, wo sich Camilla und Sirius aufhielten.“ „Was willst du damit sagen?!“, schrie Joshua und spürte unbändigen Zorn in sich hochkochen. „Das ist... einfach...“, brummte Camilla und rappelte sich schwächlich hoch. Sofort verstummten alle und sahen sie an. „Er vermutet, dass ich sie getötet habe...“ „Na ja... Nicht bei vollem Bewusstsein...“, wand sich Jude Davies unbehaglich. „Heute Nacht schienst du auch nicht wirklich bewusst zu handeln oder irre ich mich?“ „Nein, du hast recht... Ich fühlte mich so, als würde ich schlafwandeln.“ Stille trat ein. Alle schienen ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. War Camilla zu einer Bedrohung geworden? Zu gefährlich, um sie weiterhin frei herumlaufen zu lassen? Würde Dumbledore am Ende entscheiden müssen, dass sie nach Askaban gehörte? Übelkeit stieg in ihm auf. Der Gedanke, dass sein Schützling in das Zauberer-Gefängnis musste, weil ihr leiblicher Vater sie manipulierte, war furchtbar. Sie hatte so viel durchlitten und kämpfte dennoch weiter. Camilla versuchte alles, um die Kontrolle von Tom abzuschütteln, doch es war so schwierig! „Was hast du gesehen?“, fragte Dumbledore mit ruhiger Stimme, als sprachen sie über das Wetter. In den Augen des Schulleiters konnte er jedoch erkennen, dass er die Situation sehr wohl ernst nahm. „Ich sah erst gar nichts... Ich konnte irgendwann Lily rufen hören...“, erklärte seine Schülerin matt. „Es dauerte etwas, doch ich bekam die Augen auf und sah, dass sie blutete. Als ich den Kopf drehte, sah ich Tom...“ Jude Davies sah so aus, als würde er sich gleich übergeben! Seine Gesichtsfarbe verlor sich und ebenso jegliche Freude. Nur der Direktor wirkte so, als überraschte es ihn nicht, was sie gesehen hatte. „Vermutlich wieder als Jugendlicher?“ „Ja... Woher wissen Sie das?“, hinterfragte Camilla skeptisch. „Nun, ich bin auch ein Legilimentor und hatte bereits Einblick in deinen Geist.“ „Oh...“ Camilla schien die Tatsache unbehaglich zu sein, dass der Schulleiter in ihren Kopf gesehen hatte. Joshua vermutete, dass es irgendwann im letzten Jahr gewesen sein musste, denn inzwischen waren ihre Fähigkeiten zu ausgeprägt. Selbst für einen Zauberer wie Dumbledore... „Was hast du dann getan?“, wollte der Schulleiter begierig wissen. „Ich habe ihn angeschrien und plötzlich schoss Energie aus meinem Körper.“, fuhr Camilla verwirrt fort. „Ich hatte noch keinen Zauber gesprochen oder so... Es geschah einfach so, als ich ihm Widerstand leistete! Er schrie und verschwand. Dann wurde alles schwarz...“ „Kannst du dich inzwischen erinnern, was du während deiner anderen Blackouts getan hast?“ „Nein...“, erwiderte sie kopfschüttelnd und sah dann irritiert auf. „Woher wissen Sie davon?“ „Nun... Ich weiß Dinge.“, sagte Dumbledore geheimnisvoll. „Was ist mit Lily? Geht es ihr gut?“ „Madam Pomfrey kümmert sich derzeit um sie.“, antwortete Joshua und zwang sich, seine Stimme ruhig zu halten. Sie sah ihn an, als nahm sie ihn jetzt erst wahr. „Sie sagte aber schon, dass die Verletzungen gering sind und sie morgen wieder auf den Beinen sein wird.“ „Das ist gut...“, seufzte Miss Blair erleichtert. Jude fing eine Diskussion mit Dumbledore an, der sich weder er noch Camilla anschlossen. Es ging um die Frage, ob sie das Ministerium über diese Ereignisse informierten oder nicht. Und wie viel sie ihnen sagten... Jedes falsche Wort konnte sie nach Askaban bringen. Außerdem schnitten sie immer wieder die Frage an, ob sie in ihrer Trance diese Greifer getötet hatte. Es ging dabei nicht nur um die Tatsache, dass es eine Straftat wäre, sondern auch darum, wie Camilla das verkraften sollte, wenn sie keine Hilfe bekam. Jeder in diesem Raum wusste um ihren Glauben und dass nach ihrer Religion ein Mord unverzeihlich war. Selbst wenn sie nicht bewusst getötet hatte, würde es für die Amerikanerin keinen Unterschied machen. Die Unterhaltung zog sich hin und allmählich spürte er, dass er ungeduldig wurde. Er räusperte sich und die beiden Diskutierenden sahen ihn an: „Sollte Miss Blair nicht ins Bett? Sie muss doch diese Unterhaltung nicht mitanhören, oder?“ „Guter Einwand...“, gestand Davies, doch der Schulleiter sagte nichts, sondern sah Camilla Blair an. Skeptisch sah Pride ihn genauer an und meinte irgendwas hinter der Halbmondbrille blitzen zu sehen, was er nicht deuten konnte, weshalb er zu Camilla sah. Irgendwas tat sich in ihrem Kopf! Sie dachte über etwas nach und schien gerade einer Antwort näher zu kommen. Ist er etwa in ihrem Kopf? Trotz ihrer Okklumentik?, fragte sich Joshua, der nur Camillas Mimik lesen konnte, weil sie sich so gut kannten. Von Albus Dumbledore konnte man das nicht behaupten. „Ist einer der Schüler gestorben oder dem Tod nah gewesen?“, hinterfragte die Schülerin plötzlich wie zuvor noch Jude Davies. „Nein.“, antwortete Dumbledore geduldig. „Dann habe ich es nicht getan.“ „Hä? Wie kommst du denn darauf?“, hakte der Auror verwirrt nach. „Du hast definitiv diese Schüler so schwer zugerichtet!“ „Aber wieso sollte Tom mich sie nicht töten lassen?“, warf sie trocken ein. „Wenn er es geschafft hat, dass ich meine eigenen Hemmungen über Bord werfe und diese Greifer tötete, wieso sollte ich es dann nicht mit den Schülern machen? Er weiß doch, dass mich das viel mehr treffen würde, wenn ich unschuldige Kinder töte als widerliche Greifer.“ „Vielleicht wurde er gestört?“, konterte Jude verbissen. „Jedes Mal? Wie viele waren es?“ „Achtzehn.“, antwortete wieder der Schulleiter und ein Schmunzeln zierte dessen Lippen. „Also soll achtzehn Mal eine Störung erfolgen? Das erscheint mir recht unwahrscheinlich.“ „Und mir scheint es so, als würdest du nach Strohhalmen greifen...“, warf der Auror unsicher ein. Er wollte ihr nichts Böses, das wusste Joshua, doch er wollte auch, dass sie sich nicht verschloss. Leugnete sie die Wahrheit, traf sie sie härter als nötig. „Denk‘ doch mal nach, Jude! Wieso lässt er die No-Maj-Abstämmigen am Leben, die er so sehr hasst? Warum tötet er nur die Greifer, die für ihn arbeiten?“, hinterfragte Camilla ehrgeizig. „Weil er hier nicht reinkommt! Und er kann auch niemanden hierherschicken. Im Sommer war ich unterwegs und er konnte Anhänger schicken, die den Rest erledigten. Ich sage nicht, dass ich nicht dabei war, während diese Kerle starben, aber ich habe es nicht getan. Er konnte mich nur soweit bringen, sie anzugreifen, aber viel mehr ging nicht. Er hat meine Hemmschwelle nicht überwunden.“ „Er rechnete nicht mit deinem starken Willen.“, schloss Dumbledore ihre Schilderung. „So ist es.“, bestätigte sie nickend. „Ich war voller Blut, weil ich sie angegriffen hatte und bei ihrer Tötung dabei war, im Anschluss veränderte er mein Gedächtnis. Wenn er es schaffte, ließ er mich noch waschen, doch manchmal reichte die Zeit nicht aus...“ „Bist du dir sicher, dass du nicht einfach nur gestört wurdest, wenn du auf die Schüler losgegangen bist?“ „Ich hatte genug Zeit, um ihr Gedächtnis zu manipulieren und sie zu markieren, also denke ich, dass ich auch genug Zeit gehabt hätte, sie umzubringen.“ „Wie meinst du das?“, fragte Jude verwirrt nach. „Lily hat mich erkannt, also müssen die anderen Schüler mich auch erkannt haben, aber keiner erinnerte sich an den Angreifer, oder?“ „Das stimmt.“, bestätigte der Schulleiter immer noch lächelnd. „Ergo muss ich ihre Gedanken manipuliert haben, damit sie sich nicht erinnern.“, fuhr Camilla entschlossen fort. „Er nahm meinen Zauberstab mit, damit er mich das tun lassen konnte. Nur ahnte er nicht, dass ich nun einen neuen Stab auf meinem Nachttisch habe...“ Sein Blick huschte wieder zu dem fremdartigen Zauberstab, den sie immer noch fest umschlossen hielt. Er war sich sicher, dass sie ihn nicht freiwillig hergeben würde – nicht mal, wenn er sie darum bat. Da war es wieder! Das Blitzen in den Augen des Schulleiters, als wüsste er mehr als der Rest der Welt. Joshuas Nackenhaare stellten sich unangenehm auf, während er seine Hände zu Fäusten ballte. Innerlich wollte er Dumbledore wehtun, damit er endlich von Camilla abließ, doch er wusste, dass es ihre Entscheidung war und nicht seine. „Ist es der Stab, für den ich ihn halte, Camilla?“, fragte Dumbledore wohlwollend. „Vermutlich.“ „Darf ich fragen, woher du ihn hast?“ „Er hat mich gefunden.“, antwortete die Schülerin geheimnisvoll und klang nun beinahe genauso rätselhaft wie der Schulleiter. „Der Zauberstab war eine sehr lange Zeit verschollen. Viele Nachfahren von Salazar Slytherin haben um ihn gestritten...“, murmelte der Schulleiter nachdenklich. „Das ist der Stab von Salazar Slytherin?!“, empörte sich Jude Davies und sah schockiert zu dem Zauberstab. „Sehr gut, Sherlock.“, erwiderte Camilla sarkastisch. „Aber-...“, er kam nicht dazu, weiterzusprechen. Plötzlich lärmte es hinter der Tür, laute Schritte waren zu hören und schließlich platzte ein Junge atemlos in das Büro, der nicht eingeladen war. Joshua zog die Augenbraue hoch, während er in das verschwitzte Gesicht von Sirius Black sah. Alles an ihm sprach dafür, dass er durch die halbe Schule gerannt war, ehe er hierhergekommen war. Das Passwort zum Büro hatte er vermutlich erraten oder zufällig mitbekommen. „Sie hat nichts getan!“, keuchte der Schüler panisch. „Sie könnte niemals so etwas tun!“ „Das wissen wir.“, erwiderte Dumbledore besänftigend. „Sie verstehen nicht! Sie würde das nie wissentlich machen! Camy ist der beste Mensch, den ich kenne!“, warf Mister Black ein und hatte offenbar nicht mitbekommen, was der Schulleiter gesagt hatte. „Natürlich kenne ich nicht viele gute Menschen... Vielleicht sagt meine Meinung nicht viel aus, aber ich bin mir sicher, dass es kaum einen besseren Menschen als sie geben kann!“ Er stockte und sah verwirrt aus, ehe er zu Dumbledore blickte: „Was haben Sie gerade gesagt?“ „Ich sagte, dass wir uns einig sind, dass Miss Blair unschuldig ist.“ „Oh... Okay... Ich meine: Natürlich ist sie das!“ Obwohl er sich dagegen wehrte, musste Joshua doch etwas prusten. Dieser Junge liebte Camilla wahnsinnig! Er hätte alles dafür getan und gegeben, damit niemand sie für schuldig hielt. Er würde sogar an ihrer Stelle nach Askaban gehen, da war er sich sicher. „Ich würde gerne noch kurz alleine mit Camilla sprechen.“, sagte der Schulleiter ruhig. „Ich bleibe!“, ertönte Sirius‘ Stimme erpicht. Bevor Joshua etwas sagen konnte, hob Dumbledore seine Hand: „Sirius darf gerne bleiben, aber alle anderen gehen jetzt. Wir sprechen morgen nochmals.“ Er warf einen letzten Blick zu Camilla, dann begleitete er Jude Davies nach draußen. Eigentlich wollte er nicht gehen... Da war diese Angst, dass der Schulleiter sie zu noch mehr Dummheiten anstiftete. Bisher hatte sie überlebt, doch das verdankte Camilla nicht Albus Dumbledore!   Das Stechen in seinem Brustkorb war fürchterlich! Er war durch die ganze Schule und über das halbe Schulgelände gerannt, um Camilla zu finden. Im Krankenflügel hatte Madam Pomfrey ihn dann vorsichtig darüber unterrichtet, dass sie bewusstlos im Schulleiter-Büro sei. Natürlich unfassbar verärgert darüber, dass man sie nicht bei ihr gelassen hatte! Lily Evans war ebenfalls dort. Er hatte einige Wunden gesehen, die durch Magie begangen, sich zu schließen, doch er konnte sich vorstellen, wie sie zuvor ausgesehen haben musste. Über den Zwei-Wege-Spiegel hatte er Krone geweckt und ihm gesagt, dass er ins Krankenzimmer kommen sollte, dann war er direkt weiter zum Büro gelaufen. Als er vor der großen Adler-Statue angekommen war, stand Tatze vor einer weiteren Herausforderung, mit der er nicht gerechnet hatte. Wie zum Teufel lautete dieses Jahr das Passwort zum Büro? Ihm war klar, dass es regelmäßig geändert wurde, damit es keine ungebetenen Gäste gab, also hatte er drauflosgeraten. Er war sich absolut sicher, dass es Glück gewesen war, dass er auf das richtige Passwort gekommen war, sodass sich die Statue drehte und die Wendeltreppe nach oben preisgab, doch es war ihm egal. Sein einziges Bestreben war es gewesen, Camilla zu finden und klarzumachen, dass sie nichts für die Ereignisse konnte. Jedenfalls nicht wirklich... Konnte man sie wirklich dafür bestrafen, dass jemand sie als Marionette benutzte? War es wirklich ihre Schuld, wenn ihr eigener Vater sie Dinge tun ließ, die sie selbst nicht wollte? Durfte man sie dafür ins Gefängnis schicken? Sirius war sich sicher, dass man das nicht durfte! Wenn, dann war der Unnennbare schuld und nicht sie. Es war nicht ihr Wunsch gewesen, ihre Mitschüler zu verletzen! Es war nicht ihr Wunsch gewesen, als sein Nachfahre geboren zu werden. Doch nun war er hier und musste erfahren, dass der Schulleiter nicht vorhatte, sie für die Geschehnisse zu bestrafen. Er glaubte genauso an ihre Unschuld wie er. Vielmehr war es so, dass keiner der Anwesenden auch nur eine Sekunde zu glauben schien, sie sei böse. Er sah Professor Pride nach, der Jude Davies folgte, den er bisher nur ein Mal getroffen hatte. Obwohl er für das Ministerium arbeitete, würde er seine Verlobte nicht verraten, das wusste er. Dumbledore wartete, bis die Tür geschlossen war und keine Schritte mehr auf den Stufen zu hören waren, ehe er sich zu ihnen drehte. Er lächelte sanft, was vermutlich beruhigend wirken sollte, doch irgendwie machte es Tatze Angst. Das Ganze wird ein Nachspiel haben, oder? Er kann das nicht unter den Tisch fallen lassen..., überlegte er verunsichert. „Eine Sache musst du mir noch erklären, ehe wir zu dem Thema kommen, weshalb ich dich sprechen wollte.“ „Was denn?“, fragte Camilla hellhörig, dessen Hand er entgegennahm. „Wieso hat er dich die Opfer mit einem »V« markieren lassen? Steht es für »Voldemort«?“, wollte Dumbledore interessiert wissen. Unbehaglich rutschte Camilla auf dem Feldbett etwas hin und her. Ihm war schon öfters aufgefallen, dass sie vermied, den selbstkreierten Namen ihres Vaters zu verwenden. Sie nannte ihn immer bei seinem Muggel-Namen, als wollte sie ihn an seine Abstammung erinnern. „Nein, das war es nicht...“, murmelte sie unsicher und ihre Hand schloss sich fester um seine. „Also... Vielleicht auch, ja, aber auch nicht.“ „Willst du mir erklären, was es damit auf sich hat?“ „Es steht für »Vendetta«.“, erklärte sie schlicht und räusperte sich. „Ich wollte ihm klarmachen, dass ich mich dafür rächen würde, was er mich zwang zu tun. Früher oder später...“ „Ahhh~...“, seufzte der Schulleiter, als würde er gerade erleuchtet werden. „Meinst du, dass er deine Botschaft verstanden hat?“ „Am Ende schon.“ Dumbledore lächelte und Sirius meinte, dass er so etwas wie Stolz in seinen Augen entdecken konnte. Die Amerikanerin hingegen war etwas selbstbewusster geworden, als sie verdeutlichte, dass der Dunkle Lord am Ende ihre Botschaft verstanden hatte. Er würde sie später danach fragen. Vendetta..., dachte Tatze. Sie ist also mindestens genauso nachtragend wie ich. Ich sollte sie nicht zu häufig ärgern... „Seit wann weißt du, dass du die Fähigkeit deines Vaters geerbt hast?“, hakte der Schulleiter nach. „Wie bitte?“ „Die Legilimentik, Camilla...“ „Die habe ich nicht geerbt.“, widersprach seine Verlobte kopfschüttelnd. „Das würde ich doch merken.“ „Sollte man meinen, doch offensichtlich nimmst du es gar nicht wahr.“, sinnierte Professor Dumbledore laut. „Du greifst ganz subtil auf die Gefühle deines Umfelds zu und passt dich ihren Erwartungen und Hoffnungen an. Auf diese Weise konntest du Professor Slughorn aushorchen, ohne, dass er sich unwohl fühlte.“ „Das ist doch Unsinn! Ich könnte auch einfach empathisch sein.“ „Hast du dich je als empathisch empfunden?“ Camilla schwieg. Er kannte die Antwort. Mehrmals hatte sie ihm zu verstehen gegeben, dass sie nicht besonders einfühlsam war. Noch öfters hatte die Amerikanerin ihm beteuert, dass sie mehr wie ein Kerl war. Sie hielt sich definitiv nicht für empathisch! „Das habe ich mir gedacht...“, lächelte Dumbledore zufrieden. „Deine Fähigkeiten sind wahrlich anders ausgerichtet als von Tom, aber es ist eindeutig Legilimentik.“ „Heißt das, dass ich auch in den ungeschützten Geist anderer eindringe? Ohne es zu merken?“, hinterfragte Camy verwirrt. „So ist es. Jedoch verfolgst du nicht die Absicht, Geheimnisse zu stehlen oder deine Gegenüber zu quälen, sondern du bist erpicht darauf, dessen Gemütszustand zu erfahren. Du nutzt dein Wissen, damit sich dein Umfeld wohlfühlt.“, erklärte der Direktor von Hogwarts entspannt. „So erfährst du freiwillig die Geheimnisse der Leute, die du befragst. Doch ich denke, dass du deine Fähigkeiten kaum bis gar nicht, bei deinen Freunden anwendest, falls dich das besorgt.“ Camilla sah verwirrt aus und verzog das Gesicht, ehe sie weitersprach: „Aber wenn ich doch unbewusst Legilimentik benutze, wie kann ich dann beeinflussen, bei wem ich sie nutze?“ „Du hast es schon beantwortet.“ „Ach ja?“ „Unterbewusst.“, erwiderte Dumbledore spitzbübisch. „Unterbewusst weißt du, auf wen du die Fähigkeit benutzen möchtest und auf wen nicht.“ Schweigen kehrte ein. Tatze war sich nicht sicher, was er von dieser Information halten sollte. Hatte seine Freundin vielleicht schon mal auf seinen Geist zugegriffen? Er selbst beherrschte keine Okklumentik und konnte sich nicht gegen solche Übergriffe wehren! Wenn sie subtil vorging, merkte er vermutlich nicht mal, was sie da tat. Wäre das ein Vertrauensbruch? Sie tat es ja nicht bewusst... „Wir sollten an deinen Fähigkeiten arbeiten, damit du sie zukünftig bewusst einsetzen kannst.“, schlug der Schulleiter vor und es klang nicht wie eine Bitte - vielmehr war es eine Aufforderung. „Vermutlich, ja...“, murmelte Camilla verunsichert. „Ich werde Jude darüber informieren, dass er dich in diesem Bereich ausbilden soll. Du vertraust ihm doch weiterhin, oder?“ „Ja, Sir.“ „Gut, gut... Ich bin mir sicher, er wird den Unterricht gerne erweitern.“ „Und was geschieht nun?“, hakte die Blondine verbissen nach. „Was meinst du?“ „Ich habe diese Schüler definitiv angegriffen und verletzt! Ebenso wie die Greifer...“, erinnerte sie ihn. „Wir waren uns doch einig, dass das Toms Einfluss war und nicht deine bewusste Entscheidung, oder?“, hinterfragte Professor Dumbledore ruhig. „Schon, ja...“ „Also wird nichts weiter geschehen. Anders sähe es aus, wenn du bewusst entschieden hättest, die Muggelabstämmigen anzugreifen.“ Ihm fiel sofort auf, dass seine Verlobte unzufrieden war. Natürlich fühlte sie sich verantwortlich! Ihr Körper war als Marionette benutzt worden, wodurch einige Menschen zu Schaden kamen. Es war nicht ihre Entscheidung gewesen, aber trotzdem ihre Hände. „Ich bin mir sicher, dass er dich zukünftig nicht mehr Schlafwandeln lässt.“, sagte Dumbledore plötzlich und ließ Sirius aufhorchen. „Wie kommen Sie darauf, Sir?“, wollte er begierig wissen. Es wäre fantastisch, wenn er sich nicht mehr um diese Sache sorgen müsste! „Nun, heute Nacht hat Camilla den Bann gebrochen. Sie hat sich selbstständig aus seinem Fang befreit und ihn aus ihrem Geist geworfen, obwohl sie eigentlich geschlafen hatte.“ „Und Sie meinen, dass das endgültig war?“, hakte Camilla verunsichert nach. „Ja, ich bin mir sicher, dass du von nun an sicher bist, solange du ihn nicht in deinem Kopf haben willst.“ „Das will ich bestimmt nicht!“ Professor Dumbledore lächelte vielsagend, führte seine Vermutung aber nicht weiter aus. Auch wenn Camilla es sich wünschte, schien sie ihm nicht wirklich zu glauben. Es kam Sirius sogar so vor, als misstraute sie dem Schulleiter zunehmend. „Dürfen wir dann gehen?“, erkundigte sich Camilla und erhob sich von dem Feldbett, als habe sie bereits die Zustimmung erhalten. „Eine Frage wäre da noch...“, murmelte der Direktor gedankenverloren. „Und welche, Professor Dumbledore?“ „Wie sehr misstraust du mir inzwischen?“ „Ziemlich.“, antwortete die Amerikanerin erschlagend ehrlich. Tatze hielt die Luft an. Er war sich nicht sicher, ob es wirklich klug war, so etwas zu sagen! „Sehr gut!“, strahlte hingegen Dumbledore und sah wirklich nicht wütend aus. „Dann hast du eine Menge gelernt.“ „Ich bin verwirrt...“ „In deiner Position ist es sehr wichtig, dass du niemandem blind vertraust, Camilla. Vor allem, weil Tom sehr überzeugend sein kann und sich jeder plötzlich gegen dich wenden könnte.“, erklärte er gelassen. „Natürlich halte ich viel davon, wenn man seinen Verbündeten vertrauen kann, aber man sollte sich ebenfalls schützen.“ „Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, Professor, aber ich misstraue Ihnen, weil Sie mich wie eine Schachfigur benutzen. Sirius, James, Joshua und einigen anderen vertraue ich hingegen blind.“, warf sie angriffslustig ein. „Sie hingegen... Sie erinnern mich an ihn.“ Dumbledore sagte nichts, doch ihm war so, als traf dieser Vergleich ihn innerlich. Nicht so sehr, wie es sollte, aber es ging auch nicht spurlos an ihm vorbei. „Darf ich dich trotzdem noch einen kurzen Augenblick alleine sprechen?“ „Ja.“, erwiderte sie prompt. „Ich will sie nicht alleine lassen...“, brummte Tatze wenig begeistert. „Ich komme gleich nach. Du wartest einfach unten und so kannst du mich nicht verpassen.“ „In Ordnung...“ Er tat es nur, weil Camilla ihn darum bat und nicht, weil Professor Dumbledore sie sprechen wollte. Außerdem hoffte er, dass sie ihm eh erzählen würde, was sie besprachen. Mit einem letzten Blick in das Schulleiter-Büro, drehte sich Sirius um und nahm die Wendeltreppe nach unten. Er konnte hören, dass sie das Gespräch noch nicht begangen. Vermutlich warteten sie, bis er weit genug weg war.   Auf Dumbledores Bitte hin, hatte Camilla über das Gespräch geschwiegen. Sirius hatte sie gefragt, weshalb sie nicht darüber sprach, obwohl sie dem Schulleiter misstraute und erklärte ihm, dass sie dennoch vertrauenswürdig sein wollte. Man sollte ihr Geheimnisse ohne schlechtes Gefühl anvertrauen können, selbst wenn – nein, gerade dann, wenn sie die andere Person nicht mochte! Das hatte er respektiert und verstanden. Mit schlechtem Gewissen schlenderte die Blondine durch die Flure Hogwarts. Der normale Alltag war eingekehrt. Schüler eilten zum Frühstück in die Große Halle und unterhielten sich dabei miteinander. Andere aus dem Abschlussjahr und dem ZAG-Jahr fragten sich sogar gegenseitig ab. Die Prüfungen standen vor der Tür. Die Amerikanerin hatte sich etwas Obst geschnitten und ging nun zum Krankenflügel, statt sich um ihre UTZ’s zu sorgen oder in Ruhe zu essen. Madam Pomfrey war gerade dabei, ihre Patienten zu untersuchen. Jeden Morgen checkte sie alle durch, die über Nacht bleiben mussten und entließ diejenigen, die stabil genug für den Unterricht waren. Offenbar war sie noch nicht an Lily Evans Bett angekommen, die gerade Müsli aß. James Potter saß an ihrer Seite, doch sein Kopf lag auf dem Bett. Camilla vermutete, dass er schlief. „Hey...“, flüsterte Camy unsicher. „Guten Morgen.“, erwiderte Lily freundlich, sprach aber leise. „Bitte nicht zu laut. Er war die halbe Nacht wach...“ „Durfte er etwa bleiben?“ „Ja, aber er hat dafür ewig mit Madam Pomfrey diskutiert. Sie war irgendwann so genervt, dass sie nachgegeben hat, damit er den Mund hält...“ Camilla gluckste leise: „Kann ich mir gut vorstellen.“ „Danach hat er sich geweigert zu schlafen.“, schnaubte die Rothaarige augenrollend. „Er bestand darauf, dass er doch auf mich aufpassen müsste. Falls ich Durst habe oder so... Lächerlich.“ Auch wenn Lily behauptete, dass sie es lächerlich fand, konnte die Blondine an ihrem Gesicht erkennen, dass es ihr eigentlich schmeichelte. So umsorgt, hatte sie gewiss noch niemand – außer vielleicht ihre Eltern. „Hör‘ mal...“, begann Camilla unbehaglich. „Schon gut.“ „Hä?“ „Du willst dich doch für die letzte Nacht entschuldigen, oder? Das musst du nicht.“, winkte die Schulsprecherin entschieden ab. „Ich habe durchaus bemerkt, dass du nicht Herr deiner Sinne warst. Mir kam es so vor, als würdest du... schlafwandeln. Hattest die Augen kaum mal auf und warst gar nicht ansprechbar...“ „Trotzdem habe ich dich verletzt, Lil.“, warf sie entschuldigend ein. „Das hast du, aber nicht so schlimm. Siehst du? Es ist alles verheilt.“ „Ich hätte dich umbringen können!“ „Hättest du...“, stimmte Lily zu. „Hast du aber nicht. Und selbst dann, wärst du es ja nicht wirklich gewesen... Du warst nicht wach, Camy.“ „In Anbetracht dessen, was in diesem Jahr so vorgefallen ist, scheint mir das ein schwacher Trost zu sein...“, seufzte Camy aufrichtig. „Kann ich verstehen, aber du solltest dir einfach mal abgewöhnen, die Last der Welt auf deinen Schultern tragen zu wollen. Du bist nicht an jedem Unglück schuld.“ „Ich weiß...“ Krone begann sich zu regen. Leise brummte er, als wollte er nicht wirklich aufwachen. Da Wochenende war, musste er eigentlich nicht aufstehen, doch sie wusste von Sirius, dass sie heute noch Quidditch-Training hatten. Natürlich könnte er als Kapitän das Training absagen, doch das würde er niemals freiwillig tun! Außerdem war es immer ein Kampf, das Feld zu reservieren... Wie albern es auch klingen mochte, war sich Camilla dennoch absolut sicher, dass er sich nur deshalb zwang, aufzuwachen. „Hey, Baby, wie geht es dir...?“, brummte James schlaftrunken. „Oh, ganz gut, danke.“, antwortete Camy, bevor Lily etwas sagen konnte. „Und dir, Babe?“ Er schrak hoch und seine Wangen glühten, als habe er etwas Unanständiges gesagt: „C-Camy...?“ „Wie sie leibt und lebt.“ „Ihr-... Ihr habt euch doch nicht gefetzt, oder...?“, warf Krone ein, während er um Fassung rang. „Camy konnte nichts dafür! Sie würde so etwas nicht-...“ „Schon gut!“, unterbrach sie ihn rasch. „Bitte halte nicht die Rede, die auch Sirius gestern bei Dumbledore hielt. Oder heute...? Ich bin mir nicht sicher, wie spät es war...“ „Also ist alles gut?“, hinterfragte er sichtlich erleichtert. „Ja, Schatz.“, erwiderte Lily lächelnd. „Ich habe doch mitbekommen, dass sie nicht sie selbst war.“ „Oh, gut, dann habe ich nichts gesagt.“ „Du könntest so lieb sein und uns etwas zum Frühstücken aus der Großen Halle holen, ja?“, säuselte die Rothaarige honigsüß. „Und natürlich auch etwas für dich. Du musst für dein heutiges Training gestärkt sein.“ „Natürlich! Sofort!“ Wenn Lily sich etwas wünschte, musste sie kein zweites Mal bitten. Er sprang sofort auf und rannte aus dem Krankenzimmer, während Madam Pomfrey ihm nachschrie, dass hier nicht gerannt wurde. Natürlich ging es in seinem verliebten Geist unter. „Aber wir beide haben doch schon Frühstück...?“, murmelte Camilla irritiert. „Ich weiß, aber er weiß es nicht.“ „Bekomme ich doch noch Ärger?“ „Sagen wir, ich würde gerne eine Gegenleistung für mein Verständnis haben...“, flüsterte die Schulsprecherin verschwörerisch. „Oh je... Muss ich dir nun meine Seele verkaufen?“, spottete sie. „Ich würde nur gerne eines deiner Geheimnisse erfahren.“ „Gut, in Ordnung.“, erwiderte die Amerikanerin amüsiert und sah sie an. „Ich stehe nicht auf Jim. Die Wahrheit ist, dass wir uns wie Geschwister betrachten!“ Verdutzt blickte Lily Evans sie an, als habe sie einen Geist gesehen. Sarkastischer Humor schien ihr fremd zu sein oder sie verstand nur nicht, weshalb sie von solch einer Eifersucht ausging. Es waren ja nicht alle wie Sirius! „Nein... Nein, doch nicht das!“ „Du hast nicht gesagt, welches Geheimnis ich lüften soll.“, kicherte Camilla amüsiert. Lily schüttele vehement den Kopf: „So leicht kommst du mir nicht davon.“ „Was willst du wissen?“ „Weshalb machen die UTZ’s dir keine Angst?“, hakte sie zum wiederholten Male nach, doch dieses Mal – und das wusste Camilla genau – konnte sie ihr keine Antwort schuldig bleiben. Nicht nach der letzten Nacht... „Wieso interessiert dich das so sehr?“ „Ist das nicht offensichtlich?“ „Bitte, erleuchte mich.“, seufzte Camy. „Du bist meine Freundin! Ich mache mir Sorgen um dich.“ Obwohl es ihr vermutlich egal sein sollte, rührte sie diese Offenbarung. Bisher war Camilla nicht davon ausgegangen, dass ihr Verhältnis bereits so eng war, dass man von einer aufrichtigen Freundschaft sprechen konnte, doch Lily sah das wohl anders. „Ich mache mir schon Sorgen, aber tatsächlich sind mir die Ergebnisse nicht ganz so wichtig, wie mein Überleben.“, antwortete die Amerikanerin aufrichtig. „Vorerst muss ich davon ausgehen, dass er mich suchen und jagen wird und ich keine feste Arbeitsstelle antreten kann. Man kann sich nicht ewig am selben Ort verstecken...“ „Also gehst du davon aus, dass niemand den Unnennbaren besiegen kann?“, fragte Lily atemlos. „Wovon soll ich sonst ausgehen? Bisher sind alle an dieser Aufgabe gescheitert.“ „Bis sie es nicht mehr tun...“, warf die Schulsprecherin entschlossen ein. „Vielleicht wirst du ihn selbst aufhalten!“ „Vielleicht... Ich bin keine Seherin und kann es dir nicht sagen.“ „Trotzdem sind die UTZ’s wichtig! Irgendwann wird er fallen und dann musst du arbeiten.“ Camilla lächelte und sah sie sanft an: „Es ist ja nicht so, als würde ich nicht für die Prüfungen lernen.“ „Was? Du lernst? Wann denn?!“ „In jeder Minute, in der ich nicht im Unterricht bin, Abenteuer bestreite, Sport mache oder schlafe.“ Nun wirkte Lily vollkommen erschüttert. Offensichtlich war sie wirklich davon ausgegangen, dass Camilla überhaupt nicht für die UTZ’s lernte! „Nur, weil du etwas nicht siehst, heißt das nicht, dass es nicht existiert.“, kicherte die Blondine amüsiert. „Wie schaffst du all das nur?“, fragte Lily fassungslos. „Ich denke einfach nicht darüber nach.“ „Du musst doch vollkommen übermüdet und erschöpft sein!“ „Ja, das bin ich, aber dieses Jahr neigt sich dem Ende und danach kann ich mich immer noch ausruhen.“, sagte sie wegwerfend. „Du hast es doch selbst gesagt: Die Prüfungen sind wichtig.“ „Kann ich dir nicht irgendwie helfen?“ „Deine Vergebung ist alles, was ich brauche, Lil.“, lächelte Camilla aufrichtig. „Ich vergebe dir.“ „Danke.“ Sie blieb noch bei Lily. Da Krone für drei Personen aus der Großen Halle etwas zu Essen brachte, brauchte er recht lange. Kurz darauf entließ Madam Pomfrey bereits die Schulsprecherin und er musste wieder alles schleppen. Zu Dritt suchten sie sich einen ruhigen Ort und vertilgten die verschleppten Speisen, während sie sich ausgelassen unterhielten. Sie dachten weder an die kommenden UTZ’s noch an irgendwelche Angriffe im Schlafmodus. In diesem Augenblick wollten sie alle nur entspannen - frei von Verpflichtungen.   Es war sicherlich kindische Eifersucht, dennoch nervte es Severus Snape zutiefst, dass Camilla ihn immer mehr ausschloss. Neuerdings verbrachte sie noch mehr Zeit mit Lily und den Rumtreibern, statt mit ihm. Sie hatte ihm nicht mal berichtet, wie es im Verbotenen Wald gelaufen war! Natürlich hatte er Gerüchte gehört. Angeblich hatte Professor Pride sie alle erwischt, doch Strafarbeiten blieben aus. Außerdem hieß es, Camilla habe etwas mit den nächtlichen Angriffen in Hogwarts zu tun, die plötzlich aufgehört hatten. Alles nur Gerüchte, die sie ihm nicht erklärte... Morgen fingen die UTZ’s an und er dachte an nichts anderes mehr als seine amerikanische Freundin! Allmählich war er sich nicht mehr sicher, ob sie einander wirklich noch guttaten. Plötzlich erblickte er James Potter, Sirius Black, Remus Lupin und Peter Pettigrew. Sie stolzierten lachend über die Flure, als gehörte die Schule ihnen! Wütend erinnerte sich Severus an die plötzliche Übelkeitsattacke auf Slughorns Party. Ja, er war nicht dumm... Ihm war sofort klar gewesen, wem er den Brechreiz zu verdanken hatte, auch wenn er es nicht beweisen konnte. Ihre Fehde hatte sich gebessert, seit James mit Lily ging und Sirius mit Camilla, doch es hatte heimliche Angriffe und Sticheleien stattgefunden. Der Maßstab war niedrig gewesen, doch in seinen Augen hatte Black es an diesem Abend zu weit getrieben. Der Todesser sah es als Freifahrtschein an, sich endlich wieder gegen die Rumtreiber zu erheben, die ihm absolut alles wegnahmen, was für ihn wichtig war! Erst Lily, nun Camy... Es reichte! Gemächlich zog Severus seinen Zauberstab aus seinem Ärmel. Er hatte sich zur Angewohnheit gemacht, ihn dort in einer Schlaufe zu befestigen, damit er ihn schnell zur Hand hatte. Noch während er seine Waffe zückte, erkannte er, dass James Potter wieder mal den gestohlenen Goldenen Schnatz in den Finger hielt. Schon seit Jahren spielte er ständig angeberisch damit herum, damit alle sahen, wie talentiert er war! Heute würde ihm diese Angewohnheit endlich mal schaden. Grinsend hob er seinen Stab: „Flagrante.“ Er konnte beobachten, wie der Goldene Schnatz anfing rötlich zu glühen und Dampf von der Hand seines Besitzers aufstieg. Potter schrie schmerzhaft auf und ließ den Schnatz los, der daraufhin die Flügel öffnete und glühend davon flatterte. Der Zottelkopf blickte auf seine verbrannte Handfläche, die leichte Blasen warf. Eine Sache hatte Severus Snape nicht bedacht: Dass sich nach dem Angriff alle Rumtreiber umdrehen würden. Sie sahen sein Grinsen, den gezogenen Zauberstab und die Genugtuung in seinen schwarzen Augen und wussten genau, was er getan hatte. „Was fällt dir eigentlich ein?!“, zischte Sirius Black wütend und zog seinen eigenen Zauberstab. „Das könnte ich dich fragen!“, konterte Severus und ließ seinen Stab nicht sinken. „Die Sache auf der Party, he?! Dachtest du, ich lasse euch das durchgehen?!“ „Stupor!“, rief James Potter plötzlich, der seinen eigenen Zauberstab gezückt hatte. Im letzten Moment konnte Severus einen weißen Schutzschild um sich heraufbeschwören, an dem der Blitz abprallte und auf die Rumtreiber zuflog, die rasch zur Seite sprangen. Er spürte ein Prickeln auf seiner Haut! Der Zauber war stark genug gewesen, um leicht durch seine Barriere zu dringen, doch es machte ihm nichts aus. „Ist das alles, Sankt Potter?!“, spottete er kalt. „Macht dich dein Schlammblut weich?!“ „Wage es nicht!“, keifte James wutentbrannt. „Waddiwasi!“, rief Sirius und schleuderte einen dicken Wälzer in seine Richtung, den wohl ein Schüler hier vergessen hatte. Severus hechtete zur Seite und hörte den dumpfen Knall hinter sich, als das Buch gegen eine Wand krachte. Schüler versammelten sich inzwischen um sie herum, um schaulustig das Duell zu beobachten. Egal, was die Rumtreiber taten, sie würden nicht bestreiten können, dass diese Schererei stattgefunden hatte und das erfüllte ihn mit noch mehr Genugtuung. Ich habe zwar angefangen, aber das sollen die erstmal beweisen!, dachte er spöttisch. Gerade wollte Severus seinen Zauberstab heben, da rief James Potter plötzlich: „Silencio!“ Der Fluch traf ihn unverhofft und als er den Mund öffnete, kam keine Zauberformel heraus. Er versuchte es wieder und wieder, doch er schaffte es nicht! Zwar konnte Severus einige Zauber auch ohne Formel wirken, doch in diesem Moment der Panik, fiel ihm kein einziger davon ein... „Weißt du...“, begann Potter selbstgefällig und schlenderte auf ihn zu. „Ich habe dir schon lange nicht mehr dein dreckiges Maul gewaschen, nicht? Das letzte Mal vor... hmmm... zwei Jahren? Offenbar hat es nicht geholfen, denn du benutzt immer noch so schlimme Wörter.“ „Und mit diesem Mund sagt er seiner Mami, dass er sie liebt.“, sagte Black abfällig. „Wir sollten unsere Erziehungsmaßnahme neu beginnen, oder?“, schlug James Potter vor. „Für seine Mum.“ „Ja, ich stimme dir zu, Krone.“ Grinsend hob der Quidditch-Kapitän seinen Stab und richtete ihn direkt auf Severus: „Ratzeputz!“ Schäumendes Wasser breitete sich in seinem Mund aus! Es schmeckte widerlich... Jedes Mal, wenn er versuchte, seinen Mund zu öffnen, entwichen keine Worte, sondern Blasen. Die Zuschauer lachten, deuteten auf ihn und machten dumme Kommentare. Seine Rache ging gründlich daneben... Gerade, als er erneut seinen Stab heben wollte, hörte er Blacks Stimme: „Expelliarmus!“ Statt sich verteidigen zu können, verlor er seine Waffe, die in einem weiten Bogen wegflog. Mit schäumendem Mund wollte er nun auf die Rumtreiber zustürmen, doch auch das ließen sie nicht zu. „Impendimenta!“ Er erstarrte auf der Stelle, während weitere Luftblasen seinem Mund entwichen. Das Gelächter wurde lauter und er fühlte sich so unfassbar gedemütigt, wie zuletzt vor zwei Jahren. Eine Stimme in ihm sagte, dass er selbst schuld sei. Er hatte diesen Streit angefangen! Doch der größere Teil von ihm wollte sich das nicht eingestehen. Sein Hass hatte obsiegt... Nicht zum ersten Mal und gewiss nicht zum letzten Mal. „Wir sollten ihn etwas... modifizieren, findest du nicht?“, schlug Potter eifrig vor. „Was schwebt dir vor, Krone?“, lenkte Black natürlich sofort ein. „Densaugeo!“ Severus Snape spürte sehr genau, wie die Zähne in seinem Mund unkontrolliert wuchsen, nachdem der Fluch ihn traf. Sie hörten nicht auf, solange man den Zauber nicht stoppte, das wusste er. Die Gefahren waren den Rumtreibern natürlich egal. „Furunculus!“, rief Black deutlich und eitrige Furunkel breiteten sich nun ebenfalls in seinem Gesicht aus. Er musste fürchterlich aussehen! „Diffindo!“, gluckste Potter fröhlich. Zu seinem Glück war sein Erzfeind ein begabter Zauberer. Er schnitt ihm keine Körperteile mit dem Zauber ab, sondern zerfetzte stattdessen seine Kleidung. Hier und da kam seine nackte Haut zum Vorschein, die größtenteils mit dicken Eiterbeulen bedeckt war. Die Anführer der Rumtreiber lachten glockenhell, während er immer mehr seinen eigenen Angriff bereute. „Er sieht echt besser aus, findest du nicht, Tatze?“ „Oh ja! Viel besser.“, prustete Black. „Deine Mum kann uns gerne Dankeskarten senden, wenn sie will. Wir helfen gerne.“ „Weißt du was? Ich habe nun echt Kohldampf.“, flötete James Potter fröhlich. „Lasst uns essen gehen und danach in der Bibliothek für die Prüfungen lernen. Die anderen können ja unser neustes Kunstwerk derweil bewundern.“ „Ausgezeichnete Idee, mein Freund.“ Keiner von ihnen hob die Flüche auf. Remus Lupin drehte sich zwar kurz um und warf ihm einen undeutbaren Blick zu, folgte seinen Kumpanen dann aber. Peter Pettigrew hingegen – und das war ihm durchaus aufgefallen – hatte die ganze Zeit mit Bewunderung und Erregung zugesehen. Obwohl sie alle angeblich die Dunklen Künste so sehr verabscheuten, deutete einer ihrer Freunde deutlich an, dass er sie eigentlich gut fand. Jeder Schüler, der an ihm vorbeikam, lachte ihn aus. Niemand half ihm aus seiner Starre! Einige machten sogar Fotos, um sich für immer an diese Demütigung erinnern zu können. Er wusste nicht genau, wie lange er so auf dem Flur gestanden hatte, ehe Professor Marcus Callum ihn fand, doch er hob die Flüche auf und brachte ihn zu Madam Pomfrey. Seine Zähne waren fast bis zum Boden gewachsen! Das konnte der Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste nicht selbst beheben, sagte er. Es war wichtig, dass er keinerlei Fehler machte und in diesem Bereich war die Heilerin besser. Innerlich schwor er sich Rache. Er würde sie bekommen! Vielleicht nicht heute, aber irgendwann...   Die Abschlussprüfungen waren endlich vorbei, also konnten sie aufatmen. Auch Camilla schien sich zu entspannen, suchte nun aber wieder das Abenteuer, was Sirius etwas besorgte. Seine Verlobte stand ständig unter Strom! Wenn sie nicht bald zur Ruhe kam, trieb sie sich noch selbst in einen Abgrund ohne Wiederkehr... Sie hatte James um seinen Tarnumhang und die Karte der Rumtreiber gebeten, um die Verbotene Abteilung des nachts aufsuchen zu können. Natürlich wollte sie alleine gehen! Krone hatte ihm sofort ihr Vorhaben mitgeteilt und nun steckten sie zu Dritt unter dem Tarnumhang der Potters und schlichen durch die dunklen Flure Hogwarts. Moony und Wurmschwanz wären auch gerne dabei gewesen, doch sie passten kaum zu dritt unter den Umhang. Mit der Karte der Rumtreiber führte James sie durch die Gänge. Filch schlich mit Misses Norris umher, was sie dazu zwang, immer mal wieder Umwege zu nehmen. Sie waren sich immer noch nicht sicher, ob die Katze sie vielleicht trotz des Tarnumhangs wahrnahm. Ihm wurde ganz schwer ums Herz, als ihm bewusst wurde, dass sie womöglich das letzte Mal durch Hogwarts schlichen. Eine Ära würde enden... Doch es gab ihnen auch die Möglichkeit, neue Wege zu beschreiten. Ohne erwischt zu werden, erreichten sie die Bibliothek. Hier war es stockdüster! Natürlich waren weder Pince noch Schüler hier, obwohl es ihn wunderte, dass die Bibliothekarin freiwillig das Feld räumte, statt ihre kostbaren Bücher zu beschützen. Wortlos schlichen sie durch die Gänge, um die Verbotene Abteilung zu betreten. Normalerweise durften Schüler sie nur betreten, wenn sie die Genehmigung eines Lehrers hatten. Meistens beschränkte sich solch eine Erlaubnis jedoch auf bestimmte Themen oder Werke. Camilla schien etwas zu suchen, was ihr kein Lehrer erlauben würde. Weiß sie überhaupt, wonach sie sucht?, fragte sich Tatze innerlich. Seine Befürchtung schien sich zu bewahrheiten, als er Camilla beobachtete. Ihre eisblauen Augen glitten suchend über die Büchertitel und ihre Fingerkuppen strichen über einige Buchrücken. Ein bisschen wirkte sie wie in Trance. Ihm gefiel es nicht, wenn seine Freundin so abwesend in den Bruchstücken von Bildern suchte, die nicht ihre waren. Es musste wieder eine unvollständige Erinnerung vom Dunklen Lord sein... Plötzlich zog sie einen dicken Wälzer heraus und starrte auf das Cover, als sei es das Abbild Gottes. Eine Weile war sie erstarrt, dann sah sie sie an: „Das ist es... Können wir es mitnehmen?“ „Ja, aber du musst dann versuchen, es heimlich zurückzubringen.“, flüsterte James besorgt. „Kann ich es nicht einfach vor das Lehrerzimmer legen?“ „Hmm... Das könnte funktionieren.“, gab Krone zu. „Wir sollten lieber verschwinden.“, ermahnte Sirius die beiden. „Filch ist auf dem Weg hierher.“ Rasch bedeckten sie wieder Camilla mit dem Tarnumhang, ebenso wie das Buch, welches sie sich an den Brustkorb presste. Etwas zu eilig flohen sie aus der Bibliothek, wobei sie die Karte der Rumtreiber nicht aus den Augen ließen. Es kam, wie es kommen musste... Krone stolperte über irgendwas und ihm fiel dabei die Karte aus der Hand. Kurz darauf war er ohne die Tarnung des Umhangs, genauso wie Sirius, der rasch den Umhang über seine Freundin warf. „Missetat begangen...“, keuchte James gerade noch rechtzeitig und tippte mit dem Stab auf die Karte. „Hab‘ ich euch!“, schrie Argus Filch breit grinsend und stellte sie gemeinsam mit Misses Norris. Die roten Augen der Katze fixierten sie. Unsicher warf er einen Blick über seine Schulter, doch Camilla schien vollständig vom Tarnumhang bedeckt zu sein. Solange sie keine plötzlichen Bewegungen oder Geräusche machte, würde sie nicht erwischt werden. „Liegen lassen, Potter!“, keifte der Hausmeister und bückte sich nach der Karte der Rumtreiber. Prüfend entfaltete er das Pergament. Es war leer. Glücklicherweise hatte Krone es rechtzeitig geschafft, den Zauber aufzulösen, jedoch traute der Hausmeister dem Ganzen nicht. Zu Recht! Sie hatten ihm über die Jahre diverse Streiche gespielt, die nicht alle ganz harmlos gewesen waren. „Was ist das?“, fragte er verbissen. „Ein Stück Pergament.“, flötete James unschuldig. „Das sehe ich auch! Wozu schleppt ihr es nachts durch die Schule?“ „Wir dachten uns, dass etwas Erfahrung dem Pergament ganz guttut.“, log Sirius ohne rot zu werden. „Wenn es ein bisschen was von der Welt sieht und so...“ „Wollt ihr mich etwa auf den Arm nehmen?!“, fuhr er sie wütend an. „Nein.“, sagten sie wie aus einem Munde. „Wenn es nach mir ginge, dann würde ich euch an euren Daumen aufhängen und dann würdet ihr darum betteln, mir die Wahrheit zu sagen!“ „Glücklicherweise geht es nicht nach dir, Argus.“, warf eine vertraute Männerstimme ein. Sie drehten sich um und entdeckten zu ihrer Erleichterung Marcus Callum. Er hatte eine Augenbraue hochgezogen und erleuchtete den Flur mit seinem Zauberstab. Vermutlich war er nur zufällig vorbeigekommen, während er patrouillierte und war dann dem Lärm gefolgt. „Ich habe diese beiden... Wichte beim Herumlungern erwischt!“, erklärte Filch begierig. „Sie wollten wieder irgendwas anstellen.“ „Das Übliche also... Ich nehme sie mit.“, seufzte Professor Callum. „Aber-...“ „Was?“ „Sie müssen bestraft werden!“, widersprach der Hausmeister energisch. „Das werde ich schon übernehmen. Beziehungsweise werde ich ihre Hauslehrerin informieren...“ Filch wollte eindeutig weitere Widerworte erheben, doch der Lehrer winkte sie zu sich und sie gingen. Leider nahm der Professor nicht die konfiszierte Karte an sich, weshalb sie wohl davon ausgehen mussten, dass sie sie gerade verloren hatten. Es war bedauerlich... So viel harte Arbeit... Dahin..., dachte Tatze traurig, sah aber auch ein, dass sie gerade nichts an diesem Umstand ändern konnten. Sie gingen um einige Ecken, ohne, dass Marcus Callum seine Schritte verlangsamte. Er befürchtete etwas, dass Camilla vielleicht nicht lautlos hinter ihnen herkam. Wenn sie klug war, dann würde sie stattdessen in ihr Einzelzimmer flüchten und sich über ihr Diebesgut hermachen, solange es noch ging. „Habt ihr gefunden, wonach ihr gesucht habt?“, fragte Professor Callum plötzlich. „Wie bitte?“ „Ihr wart doch sicher in der Verbotenen Abteilung, oder? In Begleitung von Camilla Blair, wenn ich recht annehme?“, schlussfolgerte der Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste. „Als ob ich nicht merken würde, wenn sich jemand unter einem Tarnumhang verbirgt!“ „Kriegen wir nun Ärger?“, hinterfragte Krone vorsichtig. Er seufzte, schüttelte aber den Kopf: „Nein... Ich weiß von Joshua, dass Dumbledore das Ganze will. Ihr solltet aber wirklich mal an euren Schleichfähigkeiten arbeiten! Werdet ständig erwischt.“ „Jaah~... Wir waren mal besser darin.“, gab Sirius peinlich berührt zu. Während dieser Mission waren sie tatsächlich ständig von irgendwem erwischt worden. „Verschwindet endlich in eure Betten! Und seht zu, dass ihr in Filchs Gegenwart so ausseht, als würdet ihr euer Vergehen zutiefst bereuen, weil ihr so hart bestraft wurdet.“ „Ja, Professor!“, keuchten sie wie aus einem Munde und liefen sofort los. Camilla schien wirklich nicht mehr da zu sein, denn ihnen folgten keine Schritte. Auch sonst deutete nichts darauf hin, dass sie begleitet wurden. Das war schon in Ordnung. „Ich gehe nun zu ihr und erzähle dir morgen alles, Krone.“, flüsterte er eifrig. „Quatschkopf! Ich komme mit! Ich will wissen, wofür ich gerade Kopf und Kragen riskiert habe.“ „Aber-...“ „Kein »Aber«!“, unterbrach er ihn barsch. „Wie sieht denn das aus, wenn ich kurz nach den Abschlussprüfungen von Hogwarts fliege? Ich habe wohl ein Recht darauf, aus erster Hand zu erfahren, was sie dort wollte.“ „Okay, okay... Komm‘ schon.“ Da sie bereits erwischt worden waren, mussten sie sich zumindest keine Sorgen mehr darum machen, auf wen sie treffen könnten. Ohne Tarnumhang und Karte waren sie immerhin vollkommen ungeschützt. Seltsamerweise trafen sie keinen einzigen Lehrer und auch nicht den Hausmeister. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass sie so gut sichtbar, sofort die Aufmerksamkeit von anderen Professoren erregen würden. Nun kam er sich fast dumm vor, weil sie offenbar gar keinen Tarnumhang brauchten, um unbemerkt durch Hogwarts zu schleichen! „Erdbeereis.“, sagte er deutlich und das Klacken erklang. „Ernsthaft? »Erdbeereis«?“, hinterfragte James verblüfft. „Was soll ich dazu sagen? Das ist nun mal ihr Passwort. Komm‘ schon.“ Eilig zog Sirius die Tür auf und glitt in das Einzelzimmer seiner Verlobten, dicht gefolgt von James. Sie schlossen hinter sich wieder die Tür, um ungewollte Zuhörer auszusperren. Die Amerikanerin saß mitten auf ihrem Bett. Das Buch hatte sie auf ihrem Schoß gebettet und starrte es an, als sei es etwas Böses. Tatze hatte nicht den Eindruck, dass sie es schon gelesen oder geöffnet hatte. Als Krone über seine eigenen Füße stolperte – oder über irgendwas auf dem Boden – schrak sie auf. Sie war überrascht, dass sie zu zweit gekommen waren. „Jim? Warum bist du um diese Zeit hier?“, hinterfragte Camy irritiert. „Ich will wissen, wofür wir die Karte der Rumtreiber verloren haben!“ „Ihr bekommt sie also nicht wieder?“ „Davon sollten wir nicht ausgehen.“, seufzte Sirius bekümmert. „Filch nimmt sie bestimmt mit in sein Büro und schließt sie weg, weil er es für irgendwas Dunkles hält.“ „Was ist das für ein Buch?“, hakte James verbissen nach. „Ich habe es noch nicht geöffnet... Ich wollte auf Sirius warten.“ Aus irgendeinem Grund besänftigte das seinen besten Freund. Sie zogen sich die Schuhe aus, dann kletterten sie zu Camilla auf das Bett. Sie betrachteten den Einband und alles deutete darauf hin, dass es sich um sehr dunkle Magie handelte. Ich weiß nicht, ob wir das echt aufschlagen sollten... Camilla sah sie beide an, dann legte sie zittrig ihre Finger auf das Buch und schlug es auf. Wie in Trance blätterte sie darin, als führte sie eine unsichtbare Hand. Ihr Blick war leer... Sie ahmt unbewusst ihn nach..., wurde es ihm schlagartig bewusst. Sie merkt nicht mal, dass sie tut, was er damals getan hat und so findet sie immer wieder seine Wege! Plötzlich hielt sie inne. Sein Blick glitt auf die aufgeschlagenen Seiten und er stutzte. Innerlich las er:   Horkruxe   Die Möglichkeit, Teile seiner Seele in Objekte zu übertragen. Um die eigene Seele übertragen zu können, muss man sie spalten. Gelingt dies, kann der Ausführende überleben, selbst wenn sein Körper getötet wird. Durch den Seelensplitter im Horkrux, kann der vermeidlich Verstorbene Besitz von anderen Lebewesen ergreifen oder durch die Hilfe anderer Zauberer seinen Körper neu erschaffen. So verhindert er seinen Tod. Die Seele wird durch dieses Verfahren sehr instabil und erschüttert. Einen Horkrux zu vernichten, ist fast unmöglich. Nur wenige Dinge sind dazu in der Lage. Wird ein Horkrux vernichtet, bleibt der Körper unversehrt, doch die Seele stirbt.   Verwirrt las Sirius den Text erneut. Er verstand nicht so recht, was ein »Horkrux« sein sollte und weshalb sich Tom einst dafür interessiert hatte. Und das so sehr, dass er dieses Interesse an Camilla weitergegeben hatte... Und wie zersplittert man bitte seine Seele?, fragte er sich innerlich. Er verstand nur so viel, dass es eine Möglichkeit auf eine Art... Unsterblichkeit war. Der Preis schien jedoch ziemlich hoch zu sein. Langsam blickte er zu James, der genauso verwirrt aussah wie er selbst. Dann sah er zu seiner Verlobten, dessen Augen geweitet waren. Ihm fiel auf, dass ihr Gesicht kalkweiß geworden war und kalter Schweiß auf ihrer Stirn stand. „Camilla...?“, fragte er besorgt und riss sie aus ihren panischen Gedanken. „Was ist los? Was hat es damit auf sich?“ „Er-... Er hat-...“, sie brach ab. Ihr Atem ging rasant schnell! Er war sich nicht sicher, ob sie gerade eine Panikattacke bekam. „Ganz ruhig! Ruhig...“, flüsterte er besänftigend und nahm das Buch aus ihren verkrampften Fingern. Er legte es auf den Nachttisch, doch ihre Augen folgten dem Wälzer. Ihre Panik flachte nicht ab. Er hatte keine Ahnung, weshalb dieser Text sie so sehr entrüstete, doch er musste sie beruhigen, damit sie es erklärte. „Es ist alles in Ordnung...“, fuhr Sirius sanft fort. „Wir sind doch hier. Wir sind bei dir...“ Zärtlich schloss er die Blondine in seine Arme. Anfangs erwiderte sie die Geste nicht, dann klammerte sie sich in seinen Pullover. Ihre Panik schien nicht wirklich abzuflachen, dennoch kam es ihm so vor, als beruhigte sie sich ein bisschen. „Er... Er hat mich zu einem gemacht...“, faselte Camilla plötzlich. „Zu einem was?“, hinterfragte Krone verwirrt. Sie antwortete nicht. Nein..., dachte Sirius und sein Mund wurde ganz trocken! Nun war er es, der das Buch panisch ansah. Sein Herz pumpte plötzlich wie verrückt und seine Atmung wurde genauso unruhig wie die von Camilla. Die Gedanken kreisten in seinem Kopf und er wog alle Möglichkeiten ab, kam aber immer wieder zum gleichen schrecklichen Ergebnis. „Ich steh‘ auf dem Schlauch, Leute... Was ist los? Warum seid ihr so panisch?“ „Er hat sie zu einem Horkrux gemacht...“, flüsterte Tatze fassungslos. „Hä? Da stand doch, dass es Objekte sind.“, warf James ein. „Das heißt nur, dass es vermutlich vorher keiner geschafft hat, auch Lebewesen zu verwandeln...“, widersprach er unruhig. „Deshalb hat er all die Leute in ihrer Nähe getötet... Deshalb kann sie so viele seiner Gedanken sehen... Er hat sich auf diese Weise mit ihr verbunden...“ „Ich check’s nicht...“ „Man spaltet eine Seele, indem man... schreckliche Dinge tut...“, keuchte die Amerikanerin mit feuchten Augen. „Mord. Mord ist das Schlimmste, was man tun kann... Er brachte einige meiner Mitschüler um, während ich bei ihm war. Folterte sie... Er wollte sehen, ob es gelingt.“ „Aber wieso?“ „Weil niemand ein unschuldiges Mädchen töten wird, um ihn zu vernichten.“, schlussfolgerte Tatze bestürzt. Wieder wurde es still. Krone schien zu begreifen, was sie ihm zu sagen versuchten und wirkte bestürzt. Lord Voldemort war vieles, aber gewiss kein guter Vater! Von Anfang an hatte er mit ihr gespielt... Jede seiner Taten folgte einem geheimen, langfristigen Plan und hatte nichts mit Liebe zu tun. Ob die Bestürzung über Sarahs Verhalten jemals echt gewesen war, wusste Sirius nicht, aber allmählich zweifelte er daran. Alles, was ihr Vater tat, sprach absolut dagegen! Und seine Verlobte schien sich auch dessen sicher zu sein. „Was sollen wir nun machen...?“, fragte James bleiern. „Ich weiß es nicht...“, gab Camy bestürzt zu. „Lasst uns erstmal eine Nacht darüber schlafen und dann entscheiden wir, was wir tun.“, schlug er ernst vor. „Vielleicht kann man ja irgendwie testen, ob er dich wirklich erfolgreich zu einem Horkrux gemacht hat.“ „Du hast sicher recht...“, seufzte seine Verlobte und nickte. „Dann sollte ich gehen.“, warf Krone ein und packte seinen Tarnumhang. „Schlaft gut und macht euch keinen Kopf. Wir kriegen das alles irgendwie hin.“ „Danke, Kumpel. Schlaf gut.“ Es fiel seinem besten Freund sichtlich schwer, sie jetzt alleine zu lassen, aber es sähe sehr eigenartig aus, wenn sie zu Dritt die Nacht verbrachten. Außerdem hatte James keine Wechselklamotten hier, er hingegen schon. Inzwischen schlief Sirius fast jede Nacht bei Camilla – auch aus Sorge, dass sie wieder schlafwandeln könnte. Die Amerikanerin seufzte und erhob sich vom Bett, damit sie in ihre bequeme Nachtkleidung schlüpfen konnte. Er folgte ihrem Beispiel. Die ganzen Wochen hatten sie so sehr geschlaucht, dass er sich über eine Mütze Schlaf wirklich freute.   Egal, wie viel sie über die Sache nachdachte, es gab nur die Möglichkeit mit Dumbledore über alles zu sprechen. Tatze hielt es auch für eine gute Idee, dennoch bat sie ihn, sie alleine gehen zu lassen. Es gab einfach Unterhaltungen, wo eine dritte Person störte und das war eine davon. Der Schulleiter wirkte nicht besonders überrascht, als sie unangekündigt sein Büro aufsuchte. Das Passwort kannte sie bereits und wollte keine anderen Menschen auf ihren Umstand aufmerksam machen. „Camilla, ich freue mich sehr, dich zu sehen.“, sagte er freundlich und bot ihr Süßigkeiten aus einer Schale an. „Bitte, bedien‘ dich.“ „Nein, danke...“ „Was kann ich für dich tun?“, erkundigte sich Albus Dumbledore freundlich und stellte die Schale in ihre Nähe, falls sie es sich anders überlegte. Ihr hatten die jüngsten Entwicklungen jedoch den Appetit verdorben... „Ist es wahr...?“, fragte Camilla bleiern und sie fühlte sich seltsam müde. „Bin ich einer seiner Horkruxe?“ „Ich fürchte ja...“ „Das heißt-...“, sie brach ab und rang nach Luft. Heiße Tränen schossen ihr in die Augen, während Panik ihr Herz einschnürte. Dumbledore erhob sich geschwind und umrundete seinen Schreibtisch, damit er sie sanft packen und an sich drücken konnte. Er hielt sie geduldig, während die Amerikanerin sich vor Weinen schüttelte. Alle Gefühle, die sie sonst in sich einschloss, brachen aus ihr heraus, während die Verzweiflung ihren Verstand vernebelte. Es fühlte sich an, als weinte sie eine Stunde, doch vermutlich waren es nur einige Minuten. Behutsam schwenkte der Direktor seinen Zauberstab und erschuf aus dem Nichts ein bequemes, kleines Sofa. Zärtlich führte er sie dorthin und sie beide setzten sich, während seine Hand auf ihrer Schulter ruhte. „Solange ich lebe, kann er nicht sterben...“, sagte Camy seltsam gefasst. Sie wusste nicht, weshalb sie gerade so gefasst tat, obwohl sie sich nicht so fühlte, doch es geschah automatisch. „Camilla, ich kann dir nichts versprechen, aber ich werde alles tun, was in meiner Macht liegt, um einen Weg zu finden, das zu verhindern.“, schwor Dumbledore ernst. „Wir werden seine körperliche Hülle zerschlagen und das wird uns Zeit geben, um eine Lösung zu finden. Den Prozess irgendwie umzukehren...“ „Und wenn man es nicht rückgängig machen kann?“, fragte sie und sah ihm direkt in die Augen. „Bringen Sie es dann zu Ende? Ich kann es Sirius nicht aufbürden und Joshua auch nicht... Sie müssen es tun.“ „Ich bin mir nicht sicher, ob du so leicht zu töten bist und es den erhofften Effekt hätte, wenn ich es täte...“ „Wie meinen Sie das?“ „Was konntest du bisher über Horkruxe in Erfahrung bringen, Camilla?“, erkundigte er sich vorsichtig. Sie löste sich von dem Schulleiter und griff nach ihrer Tasche, die sie mitgebracht hatte. Vorsichtig zog sie das Buch aus der Verbotenen Abteilung heraus und legte es zwischen sich und ihm. „Alles, was dort drin steht...“ „Du hast es also gefunden...“, sagte er mit einem mysteriösen Lächeln und nahm das Buch wieder an sich. „Sie haben es dort platziert, nicht wahr? Nachdem Tom es hatte, haben Sie es aus der Bibliothek entfernt und sie fügten es nur wieder ein, damit ich es finden kann.“ Er antwortete ihr nicht, doch das musste er auch nicht. Es war Antwort genug und Camilla hatte inzwischen viele der Teile selbst zusammengesetzt. „Hast du alles begriffen, was dort drinsteht?“ „Ich denke schon...“, erwiderte die Amerikanerin nachdenklich. „Ein Horkrux ist ein Objekt, welches ein Stück der Seele beinhaltet, nachdem diese gespalten wurde. Eine Spaltung ist durch einen Mord möglich. Horkruxe sind sehr schwer zu vernichten, doch wenn es gelingt, nimmt der Körper keinen Schaden, sondern nur der Part der Seele. Stirbt hingegen der Körper, bleibt die Seele unberührt...“ „Du bist wahnsinnig klug, Camilla. Dein Vater hat länger gebraucht, um das zu begreifen.“, lobte Dumbledore sie, doch sie fand es zweifelhaft. „Es ist wahnsinnig dunkle Magie und sie ist sehr, sehr gefährlich... Und natürlich ist es ein absolutes Tabu.“, beendete sie ihre Zusammenfassung. „Also bin ich schwerer zu töten? Weil ich ein Horkrux bin?“ „Ich vermute es...“ Sie lachte freudlos: „Er hat in allen Belangen gelogen...“ „Worauf willst du hinaus?“ Dieses Mal blieb sie ihm vorerst eine Antwort schuldig und sah sich stattdessen um. Zum ersten Mal fiel ihr auf, dass es zahlreiche Portraits gab, die ihnen alle aufmerksam zu hörten. So viele Augenpaaren richteten sich auf sie... Das war ein eigenartiges Gefühl, so beobachtet zu werden, wenn man über dunkle Geheimnisse sprach. „Er wartet nicht mit seiner Vergewaltigung, damit ich das Ungeborene verteidigen kann...“, schnaubte Camilla wütend und sah wieder zum Schulleiter. „Er wollte, dass die Spur weg ist, ist es nicht so? Und dass das Ministerium keine Ausreden mehr hat, mich zu beobachten und zu schützen, oder? Damit man ihn nicht findet... Damit ich sie nicht zu ihm führe, wenn ich mal zauber‘.“ „Vielleicht... Aber nur vielleicht, bist du ein bisschen zu klug, Camilla.“, sagte er und wirkte zum ersten Mal betrübt. „Du bist deiner Zeit voraus.“ „Er sieht mich nicht! Nicht wirklich... Er sieht nur den Nutzen, den er aus mir ziehen kann.“ „Das ist wahr.“ „Ich frage mich manchmal-...“, sie brach ab und wandte den Blick ab. Unkontrolliert biss sie sich auf ihre Unterlippen, während Tränen aus ihren Augen schossen. „Was fragst du dich, mein Kind?“, hakte Albus Dumbledore interessiert nach. „Ich frage mich...“, setzte Camilla erneut an und sah wieder zu ihm. „Was wäre geworden, wenn Sarah geblieben wäre? Wäre ich dann anders als jetzt? Schlechter? Hätte er mich dann auch zum Horkrux gemacht, wenn er mich aufwachsen gesehen hätte?“ „Du scheinst dir sicher zu sein, dass er auf jeden Fall zum Dunklen Lord geworden wäre...“, merkte er vorsichtig an. „Das wäre er absolut! Er hat doch schon während der Schulzeit begonnen, sich in diese Richtung zu entwickeln... Niemand hätte das verhindern können.“ „Also fragst du dich, ob er dich richtig aufrichtig lieben könnte, wenn er mehr Zeit gehabt hätte, korrekt?“ „Ja...“, gab sie kleinlaut zu. Irgendwie kam ihr der Gedanke albern vor. „Nun... Niemand kann das mit Gewissheit sagen, aber ich denke, dass du trotzdem zu einem guten Menschen geworden wärst.“, überlegte Dumbledore laut und ließ seinen Blick streifen. „Ich denke, du hättest schnell erkannt, wie er ist und hättest dir andere Vorbilder gesucht. Ob er dich aufrichtig geliebt hätte, kann ich jedoch nicht sagen. Ich weiß nicht mal, ob er dazu fähig ist...“ „Vermutlich hätte es also nichts geändert. Wir wären wahrscheinlich am selben Punkt...“ „Wahrscheinlich schon.“ „Ob Sirius mich auch geliebt hätte, wenn ich bei ihm aufgewachsen wäre? Bei ihm leben würde?“ Plötzlich regte sich eines der Portraits. Es war ein Bild, das deutlich in den Farben von Slytherin gehalten war und ein Mann, der auf Camilla einen hochnäsigen Eindruck machte, war darauf. Sein spitzer Bart ließ sie vermuten, dass er vor sehr langer Zeit mal gelebt haben musste. Soweit sie es wusste, hangen hier nur Bilder von ehemaligen Schulleitern, also musste er einer davon sein. „Redet sie etwa von Sirius Black?“, fragte er arrogant und bestätigte damit ihre Vermutung. „Darf ich dir Phineas Nigellus Black vorstellen, meine Liebe?“, sagte Dumbledore gezwungen höflich und deutete überflüssigerweise auf das Portrait. „Er war einst auch mal Schulleiter von Hogwarts, musst du wissen.“ „Und es war eine undankbare Arbeit!“, stöhnte Phineas angewidert. „Diese undankbaren Gören, die immer alle denken, sie wüssten alles besser! Schrecklich...“ „Wenn Sie keine Kinder mögen, warum waren Sie dann Schulleiter?“, warf Camy skeptisch ein. „Also ich darf doch wohl mal sehr bitten! So eine unverschämte Frage...“ „Und das war keine Antwort...“ „Beachte ihn am besten gar nicht, Camilla. Wo waren wir?“, warf Dumbledore ein. „Ich will wissen, ob sie meinen Ururenkel meinte!“, mischte sich der ehemalige Schulleiter erneut ein. „Ja, Phineas, dies ist Camilla Blair, die derzeitige Verlobte von deinem Ururenkel Sirius Black.“ „Sehr gut! Sehr gut...“, schnaubte Phineas zufrieden, was sie erneut zu ihm aufsehen ließ. „Dann hat sich dieser missratene Bursche wenigstens eine vernünftige Freundin gesucht. Eine Slytherin, sehr gut... Und dann noch mit so guten Genen.“ „Ich finde nicht, dass Tom so tolle Gene abgibt...“, schnaubte sie missmutig. „Vermutlich werde ich die guten Gene Ihres Ururenkels nicht mehr weitergeben können, weil er mich vorher tötet.“ „So ein Unsinn! Ich werde mit ihm sprechen, dann kann man das sicherlich so regeln, dass du vor deinem Tod gebärst.“ „Na, vielen Dank auch!“, knurrte Camilla und drehte sich wieder zu Dumbledore. „Ich soll jetzt also die Füße stillhalten, während Sie nach einer Lösung forschen?“ „Ja, so in der Art...“, antwortete er verschwörerisch. „Hast du deinen Freunden von unserer letzten Unterhaltung berichtet?“ „Nein, Sie wollten das nicht.“ „Erzähl‘ es ihnen, wenn ihr eure Schulabschlüsse habt, ja? Dann kann jeder für sich entscheiden, was er mit der Information anfangen möchte.“ „Sie hoffen, dass sie beitreten?“, hakte sie überrascht nach, obwohl sie genau das schon vermutet hatte. „So ist es... Sie sind alle talentierte Zauberer und könnten nützlich sein.“ „Von mir aus...“, winkte Camy ab. „Was ist mit Severus?“ „Ihm solltest du es vorerst nicht anvertrauen... Du scheinst dir zurzeit selbst nicht sicher zu sein, wem seine Loyalität gilt, nicht wahr?“ „Ja...“ „Wenn du deine Meinung ändern solltest, dann kannst du ihn zu mir bringen. Es sollte vorerst niemand eingeweiht werden, der nicht vertrauenswürdig ist.“, legte der Schulleiter ihr nahe. Sie verstand seine Sorge. Ein falscher Mitwisser würde seine gesamte Unternehmung zunichtemachen und das noch bevor er sie umsetzte! Es war bedauerlich, dass sie sich bei Sev nicht mehr sicher sein konnte, ob er wirklich über alles schweigen würde, was sie ihm anvertraute. Eine Stimme in ihr flüsterte, dass sie Freunde waren und ihm das immer wichtiger sein würde, doch eine lautere Stimme dröhnte, dass er derzeit zu sehr auf seine Rache fixiert war. Severus Snape war zu oft falsch behandelt worden und genau das war gefährlich. Seufzend erhob sich die Amerikanerin und packte sich ihre Tasche, doch Dumbledore hielt sie auf: „Ich habe gehört, du willst nach dem Abschluss mit Sirius zusammenziehen?“ „Wo haben Sie das denn bitte her?“ „Sagen wir einfach, dass ich überall Augen und Ohren habe...“, lächelte er verschwörerisch. „Nun, es ist jedenfalls wahr.“ „Ihr werdet euch doch einen Geheimniswahrer suchen, damit ihr sicher seid, oder?“ „Natürlich.“ „Darf ich fragen, wer den Fidelius-Zauber ausführen wird? Oder habt ihr euch noch nicht für einen Geheimniswahrer entschieden?“, erkundigte sich Dumbledore. „Joshua wird es tun.“, antwortete sie knapp. „Weiß er es schon?“ „Ja, und er macht es gerne.“ „Sehr schön.“, sagte Albus Dumbledore zufrieden und sank etwas in das Sofa zurück. „Ich freue mich sehr, dass ihr beiden einen so guten Geheimniswahrer gefunden habt. Wann ist denn die Hochzeit?“ „Langsam werden Sie mir unheimlich...“, brummte die Blondine unruhig. „Wir werden nach dem Abschluss heiraten, sobald wir ein Haus gefunden haben.“ „Ich erwarte mit Hochachtung die Einladung.“ „Ähm... Natürlich...“, murmelte sie verwirrt. „Guten Tag, Professor...“ „Guten Tag, Camilla.“ Hat er sich gerade ernsthaft selbst eingeladen?, fragte sich Camilla, während sie sich umdrehte, um endlich zu gehen. Diese Unterhaltung war weitgehend so verlaufen, wie sie es erwartet hatte, doch das Ende war verblüffend. Sie war sich sicher, dass Joshua Pride nichts über ihre Zukunftspläne gesagt hatte, also musste jemand sie belauscht haben. Ihr gefiel das Ganze nicht, aber sie wollte Sirius nicht noch mehr besorgen, also würde sie es vorerst verschweigen. Nach ihren Abschluss hatten sie bereits genug vor sich! Da mussten nicht noch eigenartige Unterhaltungen mit Dumbledore dazu kommen... Trotzdem fragte sie sich, wer seine Rache am Ende bekommen würde. Inzwischen waren so viele Menschen wütend auf irgendjemanden, dass sie kaum noch den Überblick behielt. Sie war sich ja nicht mal mehr selbst sicher, auf wen sie böse sein sollte! Nur eine Sache war klar: Sie würde aufpassen müssen, damit sie keiner vorzeitig umbrachte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)