Musst du jetzt gerade gehen, Kadan? von DieLadi ================================================================================ Kapitel 3: Die Farm ------------------- Ich holte tief Luft. „Hör mal, ich weiß, du hasst mich, wenngleich ich nichts dafür kann, dass dein Gefährte dich verlassen hat. Ich war nur zufällig dort ... aber egal. Hass mich wenn du willst, ich verstehe das. Aber ... ich bin Magier, und ich verstehe ein wenig vom Heilen. Und da deine Kinder krank sind ...“ Er schien unschlüssig zu sein, ob er mich hereinlassen oder besser mit einem einzigen Griff seiner massiven Oberarme von der Terrasse werfen sollte. Ich verdrehte die Augen. „Lass mich nach ihnen sehen, ja?“ Er trat zur Seite und ließ mich eintreten. Eine Art Grunzgeräusch und eine Handbewegung wiesen mir den Weg. Ich schaute mich schnell ein wenig um. Es war alles blitzsauber und ordentlich hier, aber ärmlich. Sehr ärmlich. Die Kinder lagen auf einem einfachen Bett, eine Schüssel mit Wasser stand auf einem kleinen Tischchen, in der sich ein Lappen befand. Er hatte ihnen wohl damit die glühenden Stirnen abgewaschen. Die Kinder waren ein kleiner Qunari und ein Menschenmädchen. Sie hatten nichts schlimmes, eine der üblichen Krankheiten, die Kinder eben so haben. Aber was mir wirklich Sorgen machte, war ihr unterernährter Zustand. Der Vater der beiden stand in der Tür und sah mich nun flehend an. „Es ist nicht schlimm“, sagte ich. „Ich kann ihnen helfen, aber sie brauchen Kraft, um gesund zu werden und es zu bleiben. Hast du zu Essen im Haus?“ Er seufzte. „Nur ein Rest Brot.“ Ich griff in meinen Geldbeutel und zog einen Sovereign heraus. Den hielt ich ihm entgegen und sagte: „Geh ins Dorf zu dem Laden neben der Kirche. Bitte die Frau, eine ihrer Gehilfinnen mit einem Korb Gemüse und einem Huhn hier herzuschicken und hier eine frische Suppe zu kochen.“ Er hielt mir die Handflächen entgegen und schüttelte den Kopf. „Ich kann das nicht zurückzahlen.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Das musst du auch nicht.“ Er machte erneut eine abweisende Geste. Ich verdrehte die Augen. „Nun komm schon. Schluck deinen Stolz herunter. Es geht hier immerhin um deine Kinder!“ Er gab den Widerstand auf und nahm das Geld. „Geh schon. Ich bleibe so lange bei ihnen.“ Warum auch immer er mir vertraute, ich war froh, dass er es tat. Während er fort war, murmelte ich eine einfache Beschwörung. Nichts großartiges, aber es würde den Kindern helfen, tief zu schlafen und ihre innere Kraft zu sammeln. Er kam zurück, mit einer Elfin im Schlepptau. Sie kochte, und als die Suppe fertig war, weckte ich die Kinder. Wir fütterten sie, denn sie waren zu schwach um selber zu essen. Er hatte den Jungen auf dem Schoß, den kleine Qunari. Er hieß Machat, erfuhr ich und war fünf Jahre alt. Das Mädchen, Calini, war ebenfalls fünf. Er hatte sie als Babys aufgenommen, als ihre Eltern, Flüchtlinge, während der ganzen Kampfeswirren gestorben waren. Der Bulle erzählte mir davon, er taute allmählich ein wenig auf und schien meine Gegenwart nicht mehr so unangenehm zu finden. Er erzählte mir auch von Lucius, den er ebenfalls aufgelesen hatte, hungrig, zerschunden, von daheim geflohen, weil man es nicht akzeptierte, dass er die Gesellschaft von Männern denen von Frauen vorzog ... ähnlich wie bei mir, nur dass ich nie mittellos gewesen war und mich meiner Haut immer zu wehren gewusst hatte. Aber Lucius war noch so schrecklich jung gewesen. Er, der Bulle, hatte sich in ihn verliebt und ihn gebeten zu bleiben. Sie waren glücklich gewesen, eine Zeit lang. Dem jungen Mann hatte es geschmeichelt, dass der Bulle ihn begehrte. Doch als es immer schwieriger wurde in der Zeit nach den Kämpfen, das Geld immer knapper, die Arbeit immer mehr, das Brot immer teurer, Hunger ein Gast im Hause ... da hatte er es nicht mehr ausgehalten. Der Bulle hatte Tränen in den Augen. Und als ich ihm erzählte, dass ich mich um Lucius gekümmert hatte und er in Kirkwall von meinen Freunden aufgenommen werden würde, da brach er zusammen. Er, dieser große Muskelberg von einem Mann, schluchzte in den Armen eines Fremden wie ein kleines Kind. Nun, ich blieb. Wir arrangierten uns. Zuerst blieb ich der Kinder wegen. Ich ließ noch ein paar Mal frische Lebensmittel aus dem Dorf kommen, und während ich mich um die beiden kümmerte, konnte er hinaus aufs Feld und die Ernte einholen. Als es den beiden besser ging, hatte ich sie schon in mein Herz geschlossen. Machat war ein verträumtes stilles Kind, während Calini eine kleine Draufgängerin war. Sie hingen an mir, weil ich spannende Geschichten erzählte ... und ich, ja, ich mochte die beiden. Also blieb ich auch weiterhin. Zwar weigerte er sich, Geld von mir anzunehmen. Wir stritten darüber, lautstark mitunter, aber dennoch hatte ich das Gefühl, dass er es gar nicht so schlimm fand, dass ich mich unter seinem Dach eingenistet hatte. Ich begann, ihm den Haushalt zu führen. Ich, ein Magier, ein Mitglied des Tevinterianischen Adels. Und was das erstaunlichste war – es machte mir Spaß. Ich hätte genug Geld besessen, um die ganze Farm kaufen, und noch weit mehr. Es lag bei einem Bankhaus in Val Royeaux, und der hiesige Geldwechsler gab mir jederzeit gegen meine Unterschrift jede beliebige Summe. Des Bullen Stolz jedoch verbot ihm, Geld von mir anzunehmen. Ich konnte das verstehen. Und es kostete mich große Mühe, ihn zu überzeugen, dass ich wenigstens einen Teil seiner Schulden übernehmen durfte. So viel jedenfalls, dass die Farm, wenn er die diesjährige Ernte gut würde verkaufen können, sich wieder selber tragen würde. Ich überzeugte ihn schließlich mit dem Argument, dass seine Kinder einfach eine bessere Ernährung brauchten, frisches Fleisch und Gemüse und vor allem keine Hungerphasen, um gesund und kräftig groß zu werden. Seine Kinder gingen ihm über alles, also ließ er sich drauf ein. Wir gewöhnten uns an einander. Wenn er Abends von der Arbeit auf dem Feld oder den Scheunen nach Hause kam, hatte ich die Kinder gebadet, ins Bett gesteckt, und hatte das Essen auf dem Tisch. Ja, ich hatte mir tatsächlich von der Elfin aus dem Dorf ein wenig Kochen beibringen lassen und nach etlichen missglückten Versuchen, die er mit einem milden Schmunzeln oder auch einem tiefen, dröhnenden Lachen hingenommen hatte, war ich inzwischen ganz gut darin. Wir saßen gemeinsam bei Tisch und unterhielten uns über den Tag. Er erzählte, was er so geschafft hatte und ich berichtete von den Fortschritten der Kinder, die ich im Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtete. Und so hatte ich ganz allmählich einen festen Platz in seinem Leben und dem seiner Kinder eingenommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)