Decision - The other Perspective von Chaosbande ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Leicht, geradezu schwerelos kam sich Severus vor. Federleicht in einer blendenden, reinweißen, warmen Umgebung treibend. Ohne Ziel, ohne Verpflichtung, ohne Schmerz. Warum war er hier? Was war geschehen? Wie war er überhaupt hier hingekommen? Er wusste es nicht und darüber nachdenken, wollte er jetzt auch nicht. Dafür waren seine Empfindungen gerade zu schön. Genießerisch schloss er die Augen und genoss den Frieden welcher ihn umhüllte. Irgendetwas stach ihm in die Seite. Ins Gesicht und auf die Brust. “Jetzt lasst ihn in Frieden, ihr Idioten!”, keifte eine Frauenstimme. Er kannte diese Stimme, sie brachte in ihm etwas zum Klingen. Nur kam er einfach nicht drauf. Seine Augen wollten auch noch nicht so richtig ihrer Arbeit nachkommen. Aber er musste einfach wissen, wem diese Stimme gehörte. Diese Stimme welche gerade irgendjemanden verbal den Hintern aufriss und davon scheuchte. Diese Stimme, welche ihm ein gutes, lang vermisstes Gefühl gab. Plötzlich wanderten Finger über sein Gesicht. “Severus, mein tapferer Severus”, flüsterte die Frau direkt an seinem Ohr, während die weichen Finger wieder und wieder über sein Gesicht, durch die Haare und über seine Arme wanderten.”Na komm, mach die Augen auf. Ich weiß, es ist am Anfang schwer. Der Übergang schlaucht.” Mühsam blinzelnd versuchte Severus der Aufforderung nachzukommen und als er es schließlich nach einigen Augenblicken schaffte, blickte er direkt in grüne Augen. “Harry …”, entschlüpfte es ihm und plötzlich fiel ihm wieder ein, was geschehen war. Wie ein ICE überrollte ihn die Erinnerung an die letzten Minuten. Die letzten Minuten seines Lebens - Er war tot. In Harrys Armen gestorben, nachdem Nagini ihn attackiert hatte. “Nein, mein lieber Severus”, hauchte die Frau und schüttelte traurig den Kopf. Da machte es erneut Klick bei ihm, als sich seine restlichen Synapsen wieder an Ort und Stelle begaben. “Lily!” Mit geweiteten Augen starrte er die rothaarige Frau an, während sie ihm half sich aufzusetzen. Das typisch gutmütige Lily Lächeln erhellte das Gesicht der Potter. “Ja, ich bin es.” Erneut strich die Frau - seine ehemalige beste Freundin und heimliche erste Liebe - sanft über die Haare. Dann zog sie in eine kurze, aber nicht weniger feste Umarmung. “Was … wie … wo?”, gab Severus verwirrt von sich. Lily war tot und das seit Jahren. Warum war er also hier mit ihr zusammen? Nach dem Glauben der Muggel hatte er viel mehr ein Anrecht auf einen Platz in der Hölle. Aber das war definitiv nicht der Ort an den die Potter gehörte. Also, wo war er? Langsam streckte er die Hand aus und berührte die junge Frau ehrfürchtig an der Wange. Sie verblasste nicht und er griff auch nicht durch sie hindurch. Sie saß hier tatsächlich in Fleisch und Blut vor ihm. Eine Träne der Freude und des Unglauben perlte seine Wange hinab, ehe er Lily nun seinerseits zu sich heran und fest in die Arme schloss. Lily … er hatte sie wieder. Die Frau, welche ihm Mut, Liebe und Freundschaft gelernt hatte. Die Frau, welche er so sehr verletzt hatte. “Es tut mir so leid”, presste er hervor, als sich ihre Arme um seinen Oberkörper legten. “Ich weiß. Ich habe dir längst verziehen. Ich war nur zu stolz es dir mitzuteilen und dann … waren wir Gegner.” Glück durchflutete ihn. Sie hasste ihn nicht und wollte ihn nicht in Stücke reißen. Reue durchflutete ihn, sie hätten nicht so auseinander gehen müssen - er hätte sich nicht so quälen müssen - wenn beide den Mumm gehabt hätten, miteinander zu reden. “Du hast mir so gefehlt, Severus. Es war so grausam, dir von hier aus zuzusehen, wie du dich durch das Leben kämpftest. Du hast immer dein Bestes gegeben. Du hast so gut auf Harry aufgepasst. Alleine dafür verzeihe ich dir deine alten Fehler. Ich bin so unglaublich stolz auf dich Severus Snape.” Er wusste nicht was er dazu sagen sollte, also schwieg er und genoss es Lily wieder im Arm halten zu können. Severus hatte Angst gehabt, dass es ihr nach dem grausamen Tod schlecht ging, aber anscheinend war dem nicht so. Langsam löste die Frau sich von ihm, hielt ihn jedoch weiter an den Händen fest, während sie ihm fürsorglich ins Gesicht sah. “Du hast bestimmt einige Fragen. Wo du bist und so. Wir sind hier in der Anderwelt - Welt der Geister und Magier. Weißt du, wie schockiert ich darüber war, dass der katholische Kirchenunterricht falsch lag, mit seinem Himmel-Hölle Dings? Willkommen in der Ewigkeit, Severus.” Strahlend breitete die Potter ihre Arme auf. Eine ganze Zeit noch, hatte Lily ihn über sein neues Zuhause aufgeklärt. Magie war in einem gewissen Maß immer noch möglich. So konnte man sich teleportieren oder einfach nur sehr schnell rennen, wie auch immer man es nennen wollte. Hier war man am leben und dennoch unsterblich - bis man sich zur Wiedergeburt qualifizierte und auch auserwählt wurde. Ein weiterer Weg diesem Ort zu entkommen, war das Sternenleben. Dabei wurde man zu einem Stern am realen Himmel, ohne Gedanken, Gefühle oder selbst. Eine Information, welche Severus einfach hinnahm. Dieser Ort war unendlich, auf jeden Fall hatte das Ende noch niemand gefunden. Er wurde geprägt durch die Wünsche der hier Verweilenden. “Zum Beispiel, wenn du dir einen Baum wünscht ….” Und plötzlich schoss neben ihnen ein großer Baum empor. “Er sieht aus wie der Baum, an dem wir uns immer heimlich am See trafen um zu zaubern”, flüsterte Severus ehrfurchtsvoll und voller Staunen. “Damals war die Welt noch so einfach.” “Nochmal leben, mit dem Wissen von heute, das wäre es…” Wehmut klang in ihrer Stimme mit. Severus erinnerte sich an den See von damals und tatsächlich plätscherte nur wenige Augenblicke später Wasser neben ihnen. Enten suchten quakend nach Futter. Wehmütig ließ Severus sich in das weiche Gras sinken welches hier überall zu sehen war. Über seinem Kopf hüpften Eichhörnchen im Baum herum und Vögel zwitscherten lustige Melodien. Es tat gut hier zu liegen und nichts zu tun. Egal wie das hier alles funktionierte, es war sehr schön. Leider hielt dieser Moment nicht lange an. “Lily, komm schon, Harry braucht uns”, rieß sie niemand anderes als James Potter aus dem schönen Moment. “Entschuldige mich einen Augenblick. Mein Sohn braucht mich. Für ihn ist die Zeit noch nicht gekommen, auch wenn er das glaubt.” Ruckartig setzte sich Severus auf. “Was ist mit ihm?” Ging es dem Jungen gut? Kämpfte er gerade mit Voldemort und verlor? Das durfte einfach nicht sein! “Bleib hier Severus, ich bin gleich wieder zurück. Du kannst gerade nichts tun.” Ein sanftes Lächeln wurde ihm geschenkt. Und noch ehe Severus wusste was geschah, war Lily ein ganzes Stück entfernt von ihm und stand mit einigen Menschen auf einem Hügel. Er blinzelte und die Gruppe löste sich in Luft auf. Frustriert schlug Severus mit der Faust auf den Boden. Nichts tun, war noch nie seine Stärke. Und dann war da auch noch die Sorge um all die Lebenden, welche er zurückgelassen hatte. Unruhig streunte er durch die unendliche Ewigkeit. Angespannt beobachtete er die Schemen, welche immer wieder in dieser seltsamen Welt auftauchten. Er sah einige bekannte Gesichter. Menschen mit denen er gelebt, gearbeitet und gekämpft hatte. Was er nicht wollte, war, dass er einer ihm liebgewonnenen Person hier traf, wo er sie doch erst kurz zuvor in der Realität getroffen oder mit ihnen gesprochen hatte. Und tatsächlich sollte es leider nicht lange dauern, bis er auf jemanden ihm näher bekanntes traf. “Tonks? Molly?” Die Weasleys, ohne die energische Mutter, würden auseinanderbrechen wie ein Jenga Stapel in welchem man den falschen Stein zog. Langsam hob die Rothaarige ihr Gesicht aus Tonks Haaren. Der Körper der jungen Metamorphus bebte und zitterte in den Armen der älteren Frau. “Severus, dich hat es wohl auch erwischt.” Tiefe Traurigkeit schwang dabei mit und Severus war sich unsicher, ob wegen seinem oder ihrem Tod. “Kommt mit mir, irgendwo hier müsste mein Baum stehen.” Damit drehte er sich herum und suchte den Rückweg. Widerstandslos folgten ihm die Damen. Es dauert ein wenig, bis er den gesuchten Ort fand, doch nun saßen die drei hier und starrten tief in ihren Gedanken versunken auf die Enten. “Was ist passiert?”, erkundigte sich Severus. “Ihr solltet nicht hier sein, sondern bei euren Kindern”, schob er mit der Einfühlsamkeit einer Dampfwalze hinter her. Augenblicklich brach Tonks wieder in Tränen aus und vergrub das Gesicht in den Händen. “Ted … mein kleiner Teddy”, hörte Severus zwischen den Schluchzern heraus. Ein schlechtes Gewissen überfiel ihn und er rieb der Verzweifelten unbeholfen über den Rücken. “Wir waren in der großen Halle. Die Kinder kämpften und Bellatrix meinte die tapferen Schüler von hinten attackieren zu müssen. Ginny stand genau in der Schusslinie … ich musste einfach irgendwas tun …” Nun rollten auch der sonst so starken Frau Tränen über die Wangen. “Ich habe alles gegeben und Bellatrix tatsächlich niedergestreckt. Aber ich war eine Millisekunde unaufmerksam und Bellatrix letzter Zauber löste sich noch aus ihrem Stab … das Resultat siehst du.” “Verstehe”, war alles, was Severus über die Lippen bekam. Bellatrix war tot, ein Gewinn für die reale Welt. Aber dafür wurde in seinen Augen ein zu hoher Preis gezahlt. “Ich … ich kämpfte mit Remus in der Nähe des Sees. Ich sah wie ein Todesser feige von hinten auf ihn zielte. Es war Reflex ihn zu schützen, in dem ich nicht nur meinen Gegner in die Richtung schleuderte, sondern auch einen Schutzzauber aussandte. Ich hoffe er überlebt damit mein kleiner Teddy nicht alleine ist. Ich werde ihn nicht mehr in den Arm nehmen können. Nicht sehen … nicht sehen, wie er aufwächst und nicht hören, wie er sein erstes Wort spricht.” Erneut brach die junge Frau in Tränen aus, während Molly sie in eine feste Umarmung zog. Severus Herz war schwer. Dieser Kampf kostete zu vielen guten Menschen das Leben. Beide Frauen waren für das höhere Wohl, für den Schutz ihnen geliebter Menschen gestorben und doch machte dieses Wissen nichts besser. Auf jeden Fall nicht im Moment. Er war nicht der Mensch, welcher mit gutem Gewissen als ‘gläubiger Mensch’ bezeichnet werden konnte, aber jetzt und in diesem Moment betete er dafür, dass niemand außer Voldemort mehr starb. Wobei, mussten sie die Ewigkeit dann etwa mit ihm teilen? Das musste er Lily unbedingt fragen! Wo blieb sie denn, verdammt! Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit oder vielleicht auch nur ein paar Sekunden, so sicher war sich der Lehrer nicht mit der Zeit in der Anderwelt. Schließlich tauchte Lily plötzlich wieder aus dem Nichts vor ihnen auf. “Es sieht gut aus da unten. Also für uns, nicht für die Anderen. Harry …” Doch die Rothaarige hielt zu Severus Verdruss inne, als sie realisierte, wer da noch unter dem Baum am See saß. “Oh nein”, flüsterte die Potter und schon lagen sich drei weinende Frauen in den Armen. Verbunden durch das Gewissen, ihre Geliebten mit dem Leben beschützt zu haben und dabei ihre Kinder allein zurück gelassen zu haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)