Was ist eigentlich Liebe von Fila ================================================================================ Kapitel 6: Für immer -------------------- Am nächsten Morgen beim Frühstück wurde es noch einmal unbequem für Hikari. Sie hatte es geschafft, Mutter in ein Gespräch zu verwickeln, dass sie von ihrer eigentlichen Frage nach dem gestrigen Abend ablenkte, aber als schließlich eine kurze Pause entstand, fragte Vater ganz unverhofft mit ruhiger Stimme: „Und was hast du uns zu erzählen, Hikari?“ Sie sah ihren Vater an und fühlte sich ertappt. „Wieso?“, fragte sie vorsichtig. Yagami-san sah seine Tochter fast streng an. „Wo warst du gestern?“ Hikaris Wangen wurden rot, aber Vater fuhr fort: „Wenn deine Mutter mich richtig informiert hat - im Gegensatz zu dir hat sie das nämlich – dann triffst du dich seit Wochen mit einem Jungen namens Yamato. Ich würde doch gerne mehr über ihn wissen, er scheint dir ja sehr wichtig zu sein.“ In seinen Worten lag nicht nur Interesse, sondern auch der Vorwurf, dass sie bisher nichts von Yamato erzählt hatte. „Ist das der Yamato, der hier damals ein- und ausging und den Mund nicht aufgekriegt hat?“, forschte ihr Vater weiter. „Taichis Freund, meinst du.“ Damit erhoffte sie sich Verstärkung von ihrem Bruder, der auch prompt Vaters Blick auf sich zog. „Dein Freund? Hast du noch mit ihm zu tun?“ Taichi trommelte mit den Fingern leicht gegen seine Tasse und überdachte seine Antwort, wobei er Hikaris flehenden Blick förmlich auf sich spürte. Wenn er jetzt log, würde Vater zufrieden sein und wahrscheinlich nur darauf bestehen, dass Yamato so schnell wie möglich hier aufkreuzte. Sagte er aber die Wahrheit über Yamato, würde er Hikari ins Verhör nehmen und ihr vielleicht sogar den Umgang mit ihm verbieten. „In letzter Zeit nicht so“, antwortete Taichi schließlich. „Und warum nicht?“, fragte Herr Yagami weiter, worauf Taichi mit den Schultern zuckte. „Ist komisch, wenn er die ganze Zeit mit Hikari rumhängt.“ „Wie meinst du das?“ Taichi machte ein gequältes Gesicht. „Sie ist meine kleine Schwester. Ich will nicht dabei sein, wenn sie mit ihrem Freund zusammen ist.“ Hikari hätte fast gelacht, wenn es nicht so ernst gewesen wäre. Aber selbst ihr Vater schmunzelte und Mutter sagte: „Hikari ist immerhin schon fünfzehn. Sie ist ein Teenager.“ Daraufhin wurde er wieder ernst und sagte zu seiner Tochter: „Ich möchte, dass du Yamato hierher einlädst. Und zwar bald. Bis dahin keine Treffen mehr mit diesem Jungen.“ Hikari nickte. Mit diesem Ausgang konnte sie vorerst zufrieden sein. Und optimistisch, wie sie gerade war, dachte sie daran, Yamato direkt einzuladen. Am Mittag rief sie bei Yamato an. Sein Vater nahm ab und leitete das Gespräch weiter. „Hi“, erklang es am anderen Ende der Leitung. „Hallo Yamato, schön, dass du da bist.“ Sie lächelte dabei und spürte, wie ihre Wangen rot wurden. „Tja, wie geht’s?“, fragte er nur. „Gut, danke.“ Ihr Herz schlug schneller. Wie würde er auf die Einladung reagieren? „Ich muss dich um einen Gefallen bitten“, begann sie. „Meine Eltern möchten dich gerne kennen lernen. Ich soll dich zu uns einladen.“ Sie hörte ihn leise atmen, aber er sagte nichts, also fuhr sie fort: „Ich darf dich erst wieder treffen, wenn du hier warst.“ Sie verzog unglücklich das Gesicht dabei. Immerhin war sie fast sechzehn; ihr Vater könnte ruhig etwas mehr Vertrauen in sie haben. „Ich hab leider viel zu tun in nächster Zeit“, sagte er schließlich. „Wird schwierig.“ Hikaris Herzschlag setzte eine Sekunde aus. So richtig konnte sie die Bedeutung seiner Worte noch nicht erfassen, aber sie spürte, dass da etwas nicht stimmte. „Du müsstest nur für ein oder zwei Stunden herkommen. Bitte, sonst darf ich dich nicht treffen.“ „Wie gesagt: viel zu tun.“ Hikari war enttäuscht über seinen mangelnden Willen, aber dann fiel ihr etwas ein. „Ist es wegen Taichi? Er wird an dem Tag nicht hier sein, versprochen.“ Yamato schnaubte beinahe belustigt. „Wegen dem ist es nicht. Ich denke einfach, das mit uns klappt nicht.“ Hikari schluckte. „Wie meinst du das?“, fragte sie dünn, und seine Worte rissen ihr den Boden unter den Füßen weg. „Es war nett mit dir, aber ich bin im Moment nicht an einer festen Beziehung interessiert.“ Hätte Hikari mehr Erfahrung auf diesem Gebiet, wäre ihr trotz aller Verletztheit vielleicht noch eine boshafte Bemerkung eingefallen, aber so fragte sie nur mit erstickter Stimme: „Hab ich was falsch gemacht?“ Am anderen Ende stellte Yamato plötzlich fest, dass er doch nicht ganz so abgebrüht war, wie er immer dachte. Hikari tat ihm beinahe leid. Er wusste, dass er ihr in diesem Moment das Herz brach und spürte so was wie ein schlechtes Gewissen. Schnell wollte er dieses Gespräch beenden. „Warum rufst du nicht Takeru an? Er wartet bestimmt nur darauf, dass du wieder Zeit für ihn hast.“ Sie hörte den bösen Spott in diesen Worten und endlich wurde sie wütend. Mit den Worten „Fahr zur Hölle“ drückte sie auf das rote Hörersymbol und warf das Telefon von sich, so dass es vom Bett rutschte und auf dem Boden landete. Dann atmete sie einmal tief durch und brach in Tränen aus. Der Schmerz war so entsetzlich, die Scham tat ihr Übriges, und Hikari weinte minutenlang über den Verlust. Sie rief Takeru natürlich nicht an, obwohl ein Teil sich nach ihm sehnte, aber wie konnte sie von ihm verlangen, sie zu bedauern, wo er sie doch von Anfang an gewarnt hatte? Hikari hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen. Hin und wieder überfiel der Schmerz sie wieder und die Trauer zog in ihr Herz, und Hikari weinte lange, um gleich darauf ins andere Extrem zu fallen und Yamato böse zu verfluchen, was zur Folge hatte, dass sie am Abend völlig erschöpft war, als es an ihrer Tür klopfte, die gleich darauf geöffnet wurde. Es war ihre Mutter. „Hikari. Takeru hat schon wieder angerufen.“ Sie verstummte, als sie ihre Tochter mit rotgeweinten Augen auf dem Bett liegen sah. „Was ist passiert, mein Kind?“ Sie war besorgt, was Hikari schmerzte, doch sie konnte nicht darüber sprechen. Mutter war an ihr Bett getreten, hatte sich auf die Kante gesetzt und strich Hikari über die Haare. „Was ist los? Hast du Streit mit Yamato“, fragte sie wieder. „Ich möchte nicht darüber reden“, antwortete Hikari mit erstickter Stimme, und Mutter respektierte das. Sie verließ das Zimmer mit den liebgemeinten Worten: „Es wird sicher alles wieder gut“ und „Das Essen ist in einer halben Stunde fertig.“ Natürlich erschien Hikari nicht bei Tisch. Später am Abend musste sie jedoch zur Toilette. Die Tür zu Taichis Zimmer stand offen und sie sah, dass er auf dem Bett lag und einen Manga las. Vorsichtig trat sie ein und als er sie bemerkte, fuhr er hoch. Sein Blick war besorgt. Ob er es schon ahnte? „Geht es dir gut?“, fragte er vorsichtig. Sie senkte den Blick und schüttelte kaum merklich den Kopf. „Du hattest recht.“ Ihre Arme schlossen sich um ihren Oberkörper und sie schluckte. „Ich war so dumm.“ Taichi wusste nicht genau, was er tun sollte. Er hätte sie gerne in den Arm genommen, aber sie wirkte verschlossen und abweisend, und so sagte er nur: „Du bist nicht dumm. Yamato ist ein Meister der Manipulation.“ Und ein guter Schauspieler. Hatte er ihr doch wochenlang vorgemacht, dass er sie gern hätte. Sie fühlte sich so gedemütigt und ausgenutzt. Als sie sich zum Gehen wandte, sagte Taichi: „Kleines, es tut mir wirklich leid, dass du das durchmachen musst. Ich wollte es dir ersparen.“ Hikari spürte erneut ein Kloß im Hals und Tränen aufsteigen. Ohne auf seine Worte zu reagieren, verließ sie das Zimmer. Taichi sah ihr nach und wusste, dass seine kleine Schwester nie mehr dieselbe sein würde. Am Abend erhielt sie unerwarteten Besuch. Sie hatte es irgendwann geschafft, aufzustehen und sich ein wenig frisch zu machen, nur um dann wieder ins Bett zu kriechen und sich zu verstecken. Aber es klingelte an der Haustür, und Hikari war alleine. Lustlos schleppte sie sich zur Tür und war überrascht, Takeru zu sehen. Für einen Moment sahen sie sich schweigend an, dann sagte sie scheinbar ruhig: „Er hat Schluss gemacht.“ Takeru seufzte und nickte. Er hatte es gewusst. Yamato selbst hatte ihn angerufen und gesagt, er solle sich um Hikari kümmern. Mehr nicht, doch das war auch gar nicht nötig. Wortlos hatte Takeru aufgelegt und sich auf den Weg gemacht. „Tut mir leid“, sagte er zu Hikari. Es klang echt, und sie spürte abermals, wie die Tränen in ihr aufstiegen. Ohne zu zögern machte er einen Schritt nach vorne und schloss sie in die Arme. Sie klammerte sich an ihn wie eine Ertrinkende an den sprichwörtlichen Strohhalm und schluchzte haltlos. Er sagte nichts, hielt sie einfach fest und wartete. Und sie spürte seine Wärme und wusste, dass er der Einzige war, der ihr aus diesem Schmerz würde helfen können. Takeru war so anders als sein Bruder, selbstlos und beständig. Auch jetzt, nachdem sie ihn doch so einfach ersetzt hatte, war er für sie da und gab ihr Halt. Und Hikari machte eine Entdeckung: Sich zu verlieben war die eine Sache; sie ging manchmal schnell und unüberlegt, weil das Herz überstürzt reagiert. Takerus Treue beruhte jedoch nicht einfach auf Freundschaft. Seine Zuneigung zu ihr war Liebe. Die andere Sache, die Zeit und Erfahrung brauchte und nichtmal körperliche Nähe. Und die für ein ganzes Leben reichte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)