Was ist eigentlich Liebe von Fila ================================================================================ Kapitel 1: Ihr Geheimnis ------------------------ Kapitel 1 - Ihr Geheimnis „Hikari, warte!“ Takeru packte eilig seine Tasche und lief seiner Freundin nach, die schon aus dem Klassenzimmer verschwunden war. Sie drehte sich um und ging rückwärts weiter, wobei sie ihn munter zur Eile antrieb. „Auf, auf. Wochenende! Henzo-sensei hat uns so viele Hausaufgaben aufgegeben, dass es eh nur noch halb so lang ist.“ Sie verzog das Gesicht bei dem Gedanken. „Er ist der einzige Lehrer, der seinen Schülern so etwas antut.“ Takeru grinste und legte im Gehen einen Arm um ihre Schulter. „Er ist auch der einzige Lehrer, der im Unterricht Musik anmacht, weil er meint, wir lernten dann besser. Nimm’s nicht so schwer, ich helf’ dir doch.“ „Was wollen wir denn heute unternehmen?“, fragte Hikari und wechselte das Thema. „Gehen wir schwimmen?“ Das war so ziemlich die einzige sportliche Aktivität, die Hikari freiwillig und gerne machte. „Vielleicht später“, entgegnete Takeru. „Ich wollte erst zu Papa. Ich habe dort letzte Woche mein Buch vergessen.“ Takerus Eltern hatten sich getrennt, als er gerade mal vier Jahre alt war. Seitdem lebte er bei der Mutter und sein Bruder Yamato beim Vater. Und obwohl einige Jahre Funkstille herrschte, wollte Takeru irgendwann seinen Vater wieder sehen und so kam es, dass er schließlich alle zwei Wochen übers Wochenende bei ihm war. Zu seinem Vater hatte er schnell eine recht enge Bindung, aber Yamato ließ ihn kaum an sich heran. „Oh na toll“, nörgelte Hikari. „Und was soll ich machen?“ Takeru zog amüsiert seinen linken Mundwinkel hoch. „Hausaufgaben - dann hast du’s hinter dir.“ Sie seufzte, dann hellte sich ihr Gesicht auf und sie sagte: „Oder ich komm einfach mit.“ Er verzog ein wenig das Gesicht. „Bist du sicher? Es ist ziemlich weit - dabei geht mindestens die andere Hälfte deines Wochenendes drauf.“ Sie hakte sich lachend bei ihm unter. „So weit ist es nicht, und das Wochenende ist lang genug.“ - „Hört, hört.“ Nach zwanzig Minuten Bahnfahrt stiegen sie aus und gingen noch ein Stück zu Fuß weiter. Vor einem Mehrfamilienhaus blieben sie schließlich stehen und Takeru betätigte die Klingel. Kurz darauf ertönte der Summer. Die Wohnung der Ishidas lag im vierten Stock, und Hikari stellte betrübt fest, dass es keinen Fahrstuhl gab. „Du bist wirklich ein faules Ding“, bemerkte Takeru freundlich, dessen Kondition weitaus besser war, und stieg bereits die ersten Stufen hinauf. „Ich kann nichts dafür, Sport liegt mir eben nicht“, verteidigte sie sich. „Dann warte hier, ich bin ja gleich wieder da.“ Aber das wollte Hikari auch nicht. Als sie beide oben ankamen, stand die Tür zur Wohnung offen. Takeru klopfte noch einmal laut und trat dann ein. „Hallo? Ich bin’s. Papa, bist du zuhause?“ „Der ist unterwegs“, kam die Antwort von irgendwoher. Takeru warf Hikari einen entschuldigenden Blick zu, und sie spürte, dass ihm die Situation aus irgendeinem Grund unangenehm war. Aufmunternd lächelte sie ihn an. Takeru suchte mit den Augen nach seinem Buch, konnte es aber nicht entdecken. „Warte hier“, bat er Hikari, die sich mit unverholener Neugier umsah, ihm dann aber doch folgte und fast in ihn hineinlief, da er plötzlich stehen blieb. Sie schaute an ihm vorbei und direkt auf Yamato, der offensichtlich gerade aus einem Zimmer kam. Tatsächlich hatte er den Türöffner betätigt und die Zeit, bis der Besuch oben war, sein Fernsehprogramm weitergeschaut. Sein Blick streifte sie ganz kurz, und dann sagte er nicht unfreundlich zu seinem Bruder: „Warum bist du hier?“ „Ich habe ein Buch hier vergessen, das brauch ich Montag.“ Yamato nickte, ging in sein Zimmer und kam gleich darauf mit dem Buch zurück. Takeru ließ es in seiner Tasche verschwinden und bedankte sich. Yamatos Blick fiel wieder auf Hikari. Er hatte sie natürlich erkannt, obgleich er sie vor bald vier Jahren das letzte Mal gesehen hatte. Hikari stellte ihrerseits fest, dass Yamato unwahrscheinlich hübsch war und rückblickend dachte sie, dass man es damals schon hatte erahnen können. Seine blonden Haare waren länger als Takerus und fielen locker ins Gesicht, die stahlblauen Augen wirkten wach. Er war etwa so groß wie Taichi, aber ein wenig schmaler. Yamato trug eine schwarze Jeans und ein weinrotes Hemd, bei dem nur die mittleren Knöpfe geschlossen waren. „Wollt ihr was trinken?“, fragte Yamato an seinen Bruder gerichtet. „Weiß nicht“, sagte dieser und schaute zu Hikari. „Möchtest du?“ Sie nickte, ohne Yamato aus den Augen zu lassen. „Dann Cola, bitte.“ In der Küche beobachtete Hikari die beiden Brüder. Sie wirkten vertraut miteinander, aber irgendwie auch fremd, als ob etwas Unsichtbares zwischen ihnen stünde. Sie unterhielten sich, lachten auch ein bisschen, aber immer war da ein gewisser Abstand zu spüren. Sie führte das auf die frühe Trennung ihrer Eltern zurück und darauf, dass die beiden sich in dieser Zeit auch selten gesehen hatten. Ihr fiel auf, wie ähnlich sie sich sahen und wie unterschiedlich sie sich doch gebärdeten. Yamatos Art zu reden war einfach und auf das Nötigste beschränkt, wohingegen Takeru sich oft etwas gehoben und sehr höflich ausdrückte. Aber in ihrer beider Augen lag manchmal derselbe melancholische Ausdruck. Nach einer viertel Stunde erhob Takeru sich schließlich, und Hikari, die ihr Glas bis eben nicht einmal angerührt hatte, leerte es rasch in einem Zug und folgte den beiden auf den Flur. Unterwegs griff sie kurzentschlossen in ihre Tasche und zog das erste, das sie fand – ihren Haustürschlüssel – heraus, und legte es unauffällig auf die Kommode hinter das Telefon. „Warum klingelst du?“, fragte Taichi zur Begrüßung, als seine Schwester am frühen Abend heimkam. „Hab’ irgendwo meinen Schlüssel verlegt“, murmelte sie, ohne ihn anzusehen, weil sie bei dem Gedanken grinsen musste. Morgen würde sie hinfahren und ihren Schlüssel wieder abholen. Sie hatte gehört, dass Yamato das Wochenende zuhause verbringen wollte, und vielleicht ergab sich dann eine Gelegenheit, sich mit ihm zu verabreden. Yamato hatte eine anziehende Wirkung auf sie gehabt, ein Gefühl in ihr ausgelöst, dass sie so noch nicht kannte. Bisher hatte sie sich in dieser Richtung noch nicht näher mit Jungs befasst, sie war jetzt fünfzehn, „noch nicht heiratsfähig“, wie Taichi immer sagte und bis zu dem Zeitpunkt auch nicht interessiert gewesen. Aber nun flatterte ihr Magen vor Aufregung auf den nächsten Tag; sie malte sich jetzt schon aus, wie es sein würde, ihn mit Yamato zu verbringen - und ahnte nicht, in was sie sich da verrannte. Am Samstag machte sie sich gegen Mittag auf den Weg. Ihrer Familie sagte sie nichts, sie fand, dafür sei es noch viel zu früh. Außerdem war sie nicht sicher, wie ihr Bruder heute zu Yamato stand, und sie wollte nicht schon Theater deswegen, wenn sie noch gar nicht wusste, wie es mit ihm weitergehen würde. Vielleicht hatte er ja auch kein Interesse an ihr, dann wollte sie sowieso nicht, dass es jemand erfuhr. Eine Stunde später stieg sie schließlich am Bahnhof aus. Den kurzen Fußweg hatte sie sich gemerkt, und endlich stand sie nervös vor dem roten Mehrfamilienhaus. Hoffentlich war Yamato allein, dachte sie noch, als sie die Klingel drückte. Der Summer ertönte, sie schob die Tür auf und erklomm die etwa sechzig Stufen. Irgendwie hatte sie erwartet, die Tür würde wieder einfach so offen sein, aber diesmal stand Yamato bereits in derselben und sah ihr entgegen. „Hey.“ Er sagte es ohne besondere Regung, etwa so, wie man einen Lieferjungen begrüßt. Dennoch verstärkte sich das Kribbeln in ihrem Bauch bei seinem Anblick und sie schaffte es nicht, ihm direkt in die Augen zu sehen. „Hi!“, brachte sie ein wenig atemlos hervor, und weil er nichts sagte, fuhr sie etwas verlegen fort: „Ich glaube, ich habe meinen Schlüssel gestern hier vergessen.“ „Hab’ nichts gefunden.“ „Oh … darf ich nachsehen?“ Die Idee kam ihr plötzlich sehr dumm vor und sie spürte ihre Wangen heiß werden. Yamato zuckte mit den Schultern und ließ sie eintreten. Er beobachtete sie, wie sie scheinbar zufällig die Kommode im Flur absuchte und schließlich ihren Schlüssel fand. Es kam ihm natürlich komisch vor, dass er dort lag, aber er dachte sich weiter nichts dabei. Eine peinliche Pause entstand, in der Hikari innerlich mit sich selbst rang. Die ganze Sache erschien ihr nun einfach lächerlich. Yamato hatte es sicher längst durchschaut und hielt sie für eine blöde Gans. Am liebsten würde sie einfach gehen. Andererseits war dies wahrscheinlich ihre einzige Chance, ihn zu fragen. „Magst du Schokoladeneis mit Sahne?“ Sie hatte sich vorher überhaupt keine Gedanken gemacht, was sie sagen wollte, irgendwie hatte sie gehofft, es würde sich einfach etwas ergeben. Die Frage war auch nicht sehr elegant, und Yamato zog die Augenbrauen leicht hoch. „Ich meine, hast du Lust, ein Eis zu essen? Jetzt? Mit mir?“ Hikari wollte über ihr unfähiges Stammeln in Tränen ausbrechen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Yamato sah sie ein paar Sekunden schweigend an. Ihn amüsierte ihr Anblick. Aus Eis machte er sich zwar nicht viel, aber er erkannte, dass er gute Aussichten auf ein anderes ‚Dessert’ hatte und willigte ein. Hikari war so erleichtert darüber, dass sie es nur schwer verbergen konnte. Yamato mochte kein Schokoladeneis, stattdessen bestellte er sich eine Portion Kokoseis, aber allem Anschein nach schmeckte diese ihm auch nicht sehr gut, denn er aß nur wenig davon. Sie hatten schnell eine kleine Eisdiele gefunden und sich an einen der weißen Plastiktische gesetzt. Es war nicht sehr voll, und die meisten kauften sich ein Eis und zogen dann sofort weiter. Yamato hatte für sie beide bezahlt Die Stimmung war noch etwas angespannt. Yamato erzählte wenig von sich und fragte auch nicht viel, und Hikari war so nervös, dass ihr einfach nichts einfallen wollte. Schließlich aber nahm sie sich ein Herz und fragte: „Du bist im vorletzten Jahr der Oberschule, nicht? Weißt du schon, was du danach machen willst?“ Yamato runzelte leicht die Stirn. „Du klingst ja wie mein Vater.“ Er hob den Blick und sah sie kurz an, und da sie betroffen wirkte, fügte er hinzu: „Ich weiß es nicht. Vielleicht werde ich weiter studieren. Ingenieurswesen oder so.“ Yamato lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Oder ich pack meine Sachen und geh auf Tournee.“ Auf seinem Gesicht erschien ein leichtes Lächeln, und er sah einen Moment in die Ferne. „Oh, mit den Teen-Age Wolves?“, fragte Hikari dankbar über den Themenwechsel. Das war der Name der Band, in der Yamato Gitarrist und Sänger war, und damit endete ihr Wissen über diese eigentlich auch schon. Hikari hatte nie einen Auftritt gesehen, geschweige denn, eine Ahnung von der Musikrichtung. Aber bestimmt würde Yamato gern davon erzählen. Er grinste schief und sah sie wieder an. „Wahrscheinlich müssten wir dann über einen neuen Namen nachdenken. Teenager sind wir ja dann nicht mehr.“ Hikari wartete ein paar Sekunden, aber offensichtlich war das Thema für ihn schon beendet, denn er stocherte abwesend mit dem Löffel in seinem Eis herum, ohne zu essen. Sie seufzte sehr leise und aß ihr Eis weiter, während sie überlegte. „Ich würde so gern einmal bei einer Bandprobe zusehen“, sagte sie schließlich. „Vielleicht später mal“, erwiderte er unverbindlich. Es war wirklich nicht einfach, mit Yamato umzugehen. Ein paar weitere Themen, die Hikari ansprach, wurden so einsilbig von ihm beantwortet, dass sie immer frustrierter wurde, und als sie ihr Eis aufgegessen und das von Yamato sich endgültig verflüssigt hatte, fand sie es an der Zeit, aufzubrechen. Der ganze Plan war offensichtlich schief gegangen; er hatte kein Interesse an ihr, vielleicht war sie ihm auch zu jung oder er vergriff sich nicht an der besten Freundin seines Bruders. „Willst du schon nach Hause?“, fragte Yamato und wirkte plötzlich enttäuscht. Sie wunderte sich über diese Gefühlswandlung, sagte aber lediglich: „Ja, ich muss noch Hausaufgaben machen.“ „Hm“, machte er, „und morgen?“ Sie hob scheinbar gleichgültig die Schultern, doch ihr Herz machte einen Satz. Wollte er sich gerade mit ihr verabreden? „Willst du vorbeikommen?“ Hikari lächelte. „Gern.“ Hikari ging noch ein bisschen spazieren, um das so neue Gefühl alleine zu genießen. Bei jedem Gedanken an Yamato kribbelte es in ihrem Bauch; wenn sie sein Gesicht vor sich sah, war sie so davon eingenommen, dass sie beinahe gegen einen Laternenmast lief. Sie musste außerdem fast die ganze Zeit grinsen und das sah für Unwissende sicher komisch aus. Hikari fühlte sich beschwingt und irgendwie fraulicher. Da war tatsächlich ein Junge, ein junger Mann sogar, der sich für sie interessierte und sie wieder sehen wollte und noch dazu sehr gut aussah. Sie hätte schreien mögen vor Glück. Zuhause, überlegte sie, wollte sie vorerst aber nichts erzählen. Es kam ihr irgendwie erwachsener vor, so eine wichtige Sache erstmal für sich zu behalten und zu sehen, wie es weitergehen würde. Kurz vor dem Abendbrot traf sie zuhause ein. Ihre Mutter kam gerade ins Wohnzimmer, als Hikari die Haustür hinter sich schloss, und Taichi deckte bereits den Tisch. Mutter wirkte etwas verwundert, aber nicht verärgert. „Hikari, Hallo. Wo warst du solange? Takeru hat für dich angerufen.“ Hikari fiel auf die Frage keine Antwort ein, daher überging sie diese einfach und sagte: „Danke, ich ruf nachher zurück. Muss noch kurz ins Zimmer.“ „Wart’ mal, Kleines“, rief Taichi munter und setzte seiner Schwester nach. „Was willst du?“, fragte Hikari argwöhnisch, weil er überlegen lächelnd in ihrer Zimmertür stehen blieb. „Du warst heute nicht bei Takeru.“ „Das ist kein Geheimnis.“ „Bei wem warst du?“ „ Das ist ein Geheimnis.“ Sie wand schnell ihren Blick ab und tat, als suchte sie etwas in ihrer Tasche „Ein Junge aus deiner Klasse?“, forschte Taichi weiter nach. „Nein.“ „Aus der Oberstufe?“ „Nein.“ Taichi machte große Augen. „Ein Lehrer?“ „Mach dich nicht lächerlich!“ Taichi lehnte sich an den Türrahmen, machte ein gleichgültiges Gesicht und sagte betont beiläufig: „Ich muss nur warten, bis du Takeru anrufst und von der anderen Leitung mithören.“ Sie schmunzelte. „Darauf fall ich nicht rein. Du bist zu anständig für so etwas.“ „Na schön, ich lass’ dir dein Geheimnis. Ist wahrscheinlich sowieso nur eine Kleinkindschwärmerei.“ Er grinste und wich aus, als sie ihm gegen die Schulter boxen wollte. Takeru war nicht ganz so nachgiebig, als sie ihm später am Telefon zu erklären versuchte, wo sie war, ohne zu sagen, wo sie war. „Gehen wir morgen zusammen schwimmen?“, fragte er schließlich ein wenig genervt. „Ich kann nicht, ich bin schon verabredet“, antwortete sie schuldbewusst. „Na schön, dann bis Montag.“ „Bitte sei nicht sauer.“ „Bin ich nicht. Bis bald.“ Hikari hatte schon ein schlechtes Gewissen, dass sie nicht mal ihrem besten Freund die Wahrheit sagen mochte. Wahrscheinlich würde Yamato es ihm ja eh bald sagen, und vielleicht würde Takeru sich gekränkt fühlen, wenn er es nicht von ihr zuerst erfuhr. Was war denn so schlimm daran, dass sie sich mit seinem Bruder traf? Es konnte doch sogar ganz lustig sein, wenn sie mal zu dritt etwas unternehmen würden. Gleich Montag würde sie ihr Versäumnis nachholen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)