Ein Tag im Leben des Helden der Zeit von SuperCraig ================================================================================ Kapitel 1: Existenz außerhalb von Pflicht und Bürde --------------------------------------------------- Der junge Hylianer war beim Schreiben eingeschlafen. Link führte ein Tagebuch, um die vergangenen Erlebnisse verarbeiten zu können. Über dem einfachen Holztisch hatte er den Spiegelschild und das Biggoron-Schwert aufgehangen. Feen-Bogen, Enterhaken und Stahlhammer lagen in einer großen Holzkiste, nebst dem Auge der Wahrheit und den Titanhandschuhen. Letztere waren für die Arbeit recht nützlich. So mussten sie kein anderes Personal einstellen um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Malon lächelte, als sie eintrat und ihren Liebsten dösend vorfand. Sie waren vor drei Jahren zusammengekommen. Talon war sofort von seinem Schwiegersohn in spe begeistert gewesen (vor allem ob Links Arbeitstüchtigkeit). Auch Basil hatte sich mit ihm angefreundet. Die Tiere liebten ihn, genauso wie Malon. Auf Zehenspitzen schlich sie zu ihm und beobachtete Link, wie er friedlich schlief. Keine Alpträume, keine Aufgaben, nichts. Er hatte sich gut auf der Lon-Lon Ranch eingelebt. Der Betrieb lief mittlerweile auf Hochtouren. Sie verkauften nicht nur Milch und Eier, auch der Reiterhof und der Viehhandel warfen ein kleines Vermögen ab. Vorsichtig strich Malon dem Helden der Zeit eine Strähne seines blonden Haares von der Stirn. Gerade war ihr der Anblick seiner blauen Augen, die sie so sehr liebte, verwehrt. Seine charakteristische Zipfelmütze hatte der junge Mann längst abgelegt. Was er gerne trug, war die Goronen-Rüstung, die er von seinem Patenkind, Darunias Sohn, geschenkt bekommen hatte. In ihr war es deutlich weniger beschwerlich, in der Hitze zu arbeiten. Gerade trug er nur ein langes, weißes Hemd, einen dazu passenden Gürtel, eine weiße Hose und seine braunen Lederstiefel. „Schatz?“ hauchte ihm Talons Tochter ins Ohr. Link murrte ein wenig, nur um dann die Augen zu öffnen. Er gähnte ausgiebig und rieb sich dann die Augen. „Ich bin schon wieder eingenickt, hm?“ fragte der junge Mann. Malon kicherte und nickte: „Bist du, Liebling.“ Sie verpasste ihm einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. Link lächelte und streckte sich dann. Er stahl sich einen zweiten Kuss und schmunzelte: „Ich hoffe, dass das bald besser wird.“ Der Held der Zeit stand auf und schlang seine Arme um seine Geliebte. Zärtlich strich er ihr über den Rücken und kraulte ihren Nacken. Das mochte sie besonders gern – es war eine tiefe Form der Zuneigung und Geborgenheit für sie. So standen sie eine ganze Weile da, einfach die Nähe des anderen genießend, bis jemand die Tür aufriss. Talon kam hereingestolpert und wurde puterrot im Gesicht. „Oh, ähm, ich…“ Er senkte rasch den Blick und starrte betreten auf seine Schuhe. „Daddy!“ fauchte Malon, was diesen nur noch mehr zusammenzucken ließ. Link musste schmunzeln. Obwohl seine Freundin so schüchtern und unschuldig wirkte, konnte sie manchmal eine wirkliche Giftspritze sein. „Ah, lass ihn doch, Schatz“ lächelte der Blondhaarige und küsste Malon auf die Wange. „Was brauchst du denn, Talon?“ „Also, ähm, ich…“ Talon trat von einem Schuh auf den anderen. Er wirkte noch nervöser als ohnehin schon. Malon las ihm in der letzten Zeit gehörig die Leviten, er möge Link doch zur Hand gehen. „Na komm, Schwiegerpaps, spuck es schon aus“ grinste Link und presste Malon bewusst fester an sich. Er mochte Talon gerne und hatte oft Mitleid mit ihm, denn seine Tochter war alles andere als angenehm, wenn sie ihn anfauchte. „Link, könntest du kurz, also…“ Der Besitzer der Lon-Lon Ranch seufzte laut: „Wir müssen die Heuballen noch in die Scheune bringen. Mir sind sie zu schwer, und Basil hat sich letzte Woche die Hand gebrochen. Außerdem, du hast ja deine Zauberhandsch…“ Malon fauchte leise, was ihren Vater dazu bewog, rasch aus dem Zimmer zu verschwinden. Als die Tür ins Schloss gefallen war, seufzte die Rothaarige genervt. „Schatz? Du solltest wirklich netter zu deinem Vater sein. Er bemüht sich wirklich sehr“ meinte Link beschwichtigend zu seiner Freundin. Diese gab nur einen weiteren, genervten Laut von sich. Langsam wanderten seine Hände nach unten und kamen auf ihrem Bauch zum Ruhen. „Die Aufregung ist nicht gut, das weißt du, oder?“ Unter seinem tadelnden Blick senkte Malon den Kopf: „Jaja, ich weiß schon. Geh du Daddy helfen, ich koche inzwischen etwas.“ Link nickte lächelnd, küsste seine Liebe ein letztes Mal auf die Wange, nur um sich die Titanhandschuhe und seine Goronen-Rüstung zu schnappen und nach draußen zu gehen. Talon hatte draußen gewartet. Er entschuldigte sich beim Gehen zur Scheune tausendmal, was Link ebenso oft mit einem leisen Lachen abtat. „Nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest, Schwiegerpaps.“ Im Gehen streifte er sich die Rüstung und die Handschuhe über. „Wie geht es Basil?“ erkundigte sich der junge Hylianer. „Nun, der Arzt sagt, es wird wieder. Vielleicht darf er heute sogar nach Hause.“ Link hielt beim fünften Strohballen inne und schrägte seinen Kopf. „Talon? Basil hat einen gebrochenen Arm, und er darf heute vielleicht nach Hause? Wie soll er denn von der Arztpraxis hierherkommen?“ Der ältere Mann strich sich über seinen Schnauzer: „Ähm, zu…zu Fuß?“ Link seufzte. „Los, schnapp dir ein Pferd und hol ihn ab. Ich komme schon klar.“ Der ehemalige Waldjunge erntete ein strahlendes Lächeln von seinem Schwiegervater, der sogleich davoneilte. Schmunzelnd setzte der Blondschopf seine Arbeit fort und brachte auch die letzten Heuballen in die Scheune. Danach machte er sich auf den Weg zum Stall, um die Kühe zu melken. Die frische Lon-Lon Milch war unter der hylianischen Bevölkerung sehr beliebt. Außerdem war Talon ein exzellenter Käser. Sie mussten wahrlich nicht am Hungertuch nagen. Link schob den Melkschemel neben Betsy, und begann, die freudig muhende Kuh zu melken. Reihum verfuhr er mit den restlichen Kühen, und das waren immerhin sechzehn Stück, so. Jede von ihnen erhielt eine kurze Streicheleinheit, während er die Milch immer wieder vom Eimer in einen großen Holzbottich goss. Dabei fiel ihm ein, dass Nabooru dieser Tage wahrscheinlich einige ihrer Kriegerinnen herschicken würde, um Pferde zu kaufen. Nach getaner Arbeit stiefelte Link zum Pferdestall und mistete diesen aus. Epona verwöhnte er mit einer Extraportion Heu und Hafer. Sie würde bald ihr erstes Fohlen zur Welt bringen. Wenn Malon dann ihr gemeinsames Kind zur Welt brachte, würde dieses einen kleinen Spielgefährten haben. Link freute sich bereits auf das Getrappel von Kinderfüßchen in der Stube. Ihm war es nicht vergönnt gewesen, mit Eltern aufzuwachsen. Umso mehr wollte er, dass sein eigenes ein liebevolles Zuhause sein Eigen nennen konnte. Nachdem auch diese Aufgabe bewältigt war, brachte Link noch die Hühner in den Stall und versorgte sie mit Mais. Irmi, die „Oberhenne“, wie er sie liebevoll nannte, scheuchte alle anderen erstmal vom Fressen weg. Es war ihr Vorrecht als alte Dame, dass sie sich die besten Körner herauspicken durfte. Der Blondschopf schüttelte lachend den Kopf: „Du alter Gierschlauch, Irmi.“ Diese gackerte nur ausgelassen und pickte freudig in ihrem Mahl herum. Es war inzwischen finster geworden. Talon war mit einem sichtlich fröhlichen Basil eingetrudelt, wie ihm Malon zwischen Tür und Angel berichtete. Einer der Hengste hatte ihn letzte Woche ausversehen getreten. Der Arzt meinte, er habe noch einmal Glück gehabt. Mit etwas Ruhe und Schonung würde der Knochen bald wieder verheilt sein. Link musste an seine Reise durch die Zeit denken. Da war Basil ein ganz anderer Mensch gewesen. Grausam zu den Tieren und gemein zu Talon. Ganondorf hatte in ihm einen wertvollen Verbündeten gefunden. Davon merkte man heute aber gar nichts. Im Gegenteil: Basil war ein fleißiger und ehrlicher Knecht. Link hatte ihm angeboten, ihm einen Teil der Ranch zu vermachen, was dieser aber abgelehnt hatte. Ihm Genüge es, wenn er die Tiere aufwachsen und pflegen durfte. Mehr als sein täglich Brot und einen Schlafplatz brauche er nicht. Der Blondschopf ließ das natürlich nicht auf sich sitzen. Der ältere Mann mit dem auffälligen Schnauzer wurde mehr als nur gut bezahlt, was Basil zu tiefst rührte. Man schätzte seine Arbeit, und er kam mittlerweile auch gut mit Talon aus. Link setzte sich zu seinem Schwiegervater und dessen Knecht an den einfachen Holztisch. Zuvor streifte er noch Rüstung und Handschuhe ab. Alle drei unterhielten sich über Eponas Fohlen, wie es denn im Schloss so zuging, und dass Talon morgen zur Abwechslung einmal nicht verschlafen dürfe, wenn er die Milch zum König bringen sollte. Malon brachte das Essen herein. Kartoffelbrei mit gedünstetem Gemüse. Sie aßen nicht so oft Fleisch, zumal Link Mitleid mit den Tieren hatte. Auf der Lon-Lon Ranch wurde keine Kuh, und auch kein Pferd oder eine Henne geschlachtet. Einzig an den Eiern bediente man sich. Dazu gab es frische Lon-Lon Milch. Nach dem Essen brachte Malon das Geschirr in die Küche, und die Männer plauderten noch ein wenig, ehe sich Talon und Basil in ihre Zimmer zurückzogen. Die Rothaarige setzte sich zum Blondschopf und beobachtete diesen, wie er an die Wand mit seinen Gegenständen starrte. „Du vermisst das Abenteurerleben, hm?“ fragte sie lächelnd. Link, der sich ertappt fühlte, schüttelte rasch den Kopf: „Nein, es ist nur…“ Malon legte ihre Hände auf die von Link: „Es ist okay. Du hast die Welt gerettet und viele Freunde gefunden. Auch Helden dürfen den alten Zeiten nachtrauern“. Grinsend küsste sie ihn auf die Nasenspitze. „Ich bin müde, Schatz. Macht es dir was aus, wenn ich schon zu Bett gehe?“ Link lächelte: „Nein, überhaupt nicht. Ich schreibe eben noch die Briefe an Ruto und Salia fertig, dann komme ich nach, ja?“ Beide umarmten sich innig und der Held der Zeit ließ seine Freundin nur ungern ziehen. Nachdem er die Briefe fertiggeschrieben hatte, lehnte er sich im Stuhl zurück und streckte sich ausgiebig. Seine ganze Muskulatur war starr geworden vom vielen Sitzen. Im Licht der fast herabgebrannten Kerze fiel sein Blick auf die Okarina, die Salia ihm einst geschenkt hatte. Er streckte die Hand aus und bettete das Instrument in seinen Händen. „Wie ein kleines Ding nur so viel Unheil anrichten konnte“ sagte der Blonde zu sich selbst und schüttelte den Kopf. Sollte er noch einmal spielen? Dutzende von Liedern gingen ihm durch den Kopf. Das Wiegenlied der Prinzessin, Salias Lied, der Bolero des Feuers. Bei der Melodie der Hymne der Zeit blieb der hängen. Wie von selbst legte er das Mundstück an die Lippen und begann, das Lied zu spielen. Dabei schloss er die Augen. Er erinnerte sich an Prinzessin Zelda, wie sich die Zitadelle der Zeit öffnete, wie er im Zeitstrudel herumreiste. Vor der letzten Note hielt er inne. Nein, das war Vergangenheit. Lächelnd legte er die Feen-Okarina an ihren Platz, unterhalb des Biggorn-Schwertes und des Spiegelschildes und stand auf. Er hatte sich Ruhe verdient. Auch wenn sich niemand an seine Heldentaten erinnerte, mal abgesehen von den Weisen, so hatte er Hyrule zu einem besseren Ort gemacht. Das Land war frei von Unheil und Bösem. Er konnte sich voll und ganz seiner Familie und seinen Freunden widmen. Link ergriff den Kerzenständer und ging die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Ein letzter Blick auf seine Relikte, bevor er, mit einem leisen Lächeln, die Kerze auspustete und ins Zimmer verschwand. „Held der Zeit“ – ein Titel, den er hoffentlich nie wieder tragen musste. Wahrscheinlich würde ihn die Welt eines Tages wieder brauchen, aber sicher nicht heute. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf, und einer Malon, die sich an ihn kuschelte, schlief er selig ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)