Die Lieder der Verfluchten von Romy-chan ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Die Lieder der Verfluchten - - - „-ren.“ „ … hören. Kannst du mich hören?“ „Es ist lange her, dass ich mit jemanden sprechen konnte. Sag, würdest du dir eine Geschichte anhören? Die Geschichte einer jungen Frau, die einst den Namen Johanna trug? Dann komm mit mir und lass dich sinken in die tiefsten Tiefen der Meere.“ - - - Ruhig segelte das Schiff von Kapitän Gill durch die weiten des Ozeans. Bis auf die Nachtwache schien jeder an Bord zu schlafen. Jeder? Nein, nicht ganz. Eine Person war noch wach und genau diese schlich sich nun klammheimlich ins Lager, um sich dort etwas Essen zu stibitzen. Schnell hatte sie auch schon gefunden, was sie brauchte und verschwand so lautlos wie sie gekommen war. - Bis jetzt hatte ich Glück, dass sie noch nichts bemerkt haben. Ich muss nur noch ein paar Tage unentdeckt bleiben, denn wenn sie mich, eine Frau, an Bord finden würden wäre dies wahrscheinlich mein Ende. Doch wenn ich es schaffe, dann kann ich endlich ein neues Leben anfangen. - Mit einen erleichterten Seufzen und den Gedanken an ein besseres Leben fiel der Blinde Passagier in einen tiefen traumlosen Schlaf, jedoch riss aufgebrachtes Treiben an Bord Johanna wieder aus diesen. - Was ist los? Ein Angriff oder Probleme mit dem Schiff? - Lautes Gebrüll hallte umher, während die Matrosen sich gegenseitig etwas zuriefen. „Und? Was ist?“ „Nichts.“ „Dann sucht weiter.“ Erschrocken weiteten sich die Augen der jungen Frau. - Nein?! Haben sie es herausgefunden? Oh Gott, bitte bitte lass sie mich nicht finden. - Wie ein Mantra wiederholte sie diese Worte immer und immer wieder in ihren Kopf während sie versuchte sich so klein wie nur irgendwie möglich zu machen. Die Augen fest zusammengepresst wagte Johanna es kaum noch zu atmen aus Angst entdeckt zu werden. Ihr Herz schlug in ihren Ohren ungewöhnlich laut in ihrer Brust, sodass sie befürchtete die Männer würden es hören. Die Sekunden verstrichen quälend langsam, wurden zu Minuten, ohne das sie gefunden wurde. Fast wagte sie schon zu hoffen, dass alles gut ausgehen würde. Doch - „Was haben wir den da?“ - Nein! - „Haben wir dich endlich.“ Eine raue Hand griff nach ihr und umschlang mit Leichtigkeit ihr Handgelenk. Verzweifelt stemmte sich Johanna gegen den Griff des Matrosen, versuchte irgendwie wieder loszukommen und doch wusste sie, dass ihre Bemühungen sinnlos waren. Der Seemann war einfach zu stark, es bedurfte nur einen kräftigen Ruck und schon flog die junge Frau ihn regelrecht entgegen. „Hast uns ganz schön Scherereien eingebracht, aber jetzt geht’s erst mal zu Kapitän Gill mit dir.“ Damit zog er sie mit sich hinauf aufs Deck, wo bereits der Kapitän warten würde.. Als sie schließlich aus den Bauch des Schiffes heraustraten musste Johanna ihre Hand heben, um ihre Augen von der grellen Sonne abzuschirmen. Mehrere Tage hatte sie sich versteckt, kam nur Nachts raus und selbst dann nicht immer und so blendete die Morgensonne unnachgiebig ihre lichtempfindlichen Augen. Unbeirrt wurde sie weiter gezerrt und schließlich bekam sie einem Schubs der sie zu Boden stoß. Gemurmel ging durch die Menge, als sie erkannten wen, oder genauer was sich an Bord geschlichen hatte. „Das ist er also? Unser blinder Passagier, eine Frau?“ „Jawohl Kapitän, sie hat sich hinter den Fässern und Kisten versteckt, die wir verschiffen sollten.“ „Werft sie über Bord.“, befahl Gill ohne auch nur kurz zu zögern. Entsetzten machte sich in der jungen Frau breit, mit vor Angst geweiteten Augen blickte sie zu den Mann auf, der ihre Rettung oder ihr Verderben sein könnte. „Nein! Ich flehe Euch an, tut das nicht.“, bettelte sie ihn an. Die ersten Hände griffen nach ihr, um den Befehl folge zu leisten. Sich heftig wehrend griff Johanna in die Tasche ihres Rockes und zog einige wenige Münzen hervor. „Ich – Ich besitze nicht viel, aber es soll alles Euer sein. Ich kann auch arbeiten auf dem Schiff verrichten, vielleicht kann ich ja in der Kombüse helfen. Alles! Nur bitte, bitte werft mich nicht ins Meer.“, schnell sprudelten die Worte aus ihren Mund und noch immer stemmte sie sich gegen die Hände der Matrosen. „Ein blinder Passagier ist ja schon Frechheit genug, aber eine Frau an Bord? Frauen bringen auf See Unglück, die Götter scheint uns bis jetzt wohlgesonnen zu sein, doch werde ich auf keinen Fall ihren Zorn auf mein Schiff lenken nur, weil ich ein Weib mitnehme.“ Wie ein Riese ragte Gill über der Frau und blickte mit kalten Augen auf diese herab, doch noch etwas anderes hatte sich in seinen Blick geschlichen, Angst. Angst, die auch in vielen seiner Männer zu sehen war, doch er als Kapitän würde diese niemals offen zeigen, er durfte den Respekt seiner Crew nicht verlieren. „Fesselt sie und werft sie endlich über Bord.“, befahl er ein weiteres Mal, ehe er zurück zu seinen Arbeiten ging. „Nein! Bitte, ich flehe Euch an. Bitte!“, panisch zerrte und wand sich Johanna in den Griffen der Männer, zahlreiche Tränen bahnten sich ihren Weg über ihr Gesicht. Ihren markerschütternde Rufen und Tränen wurden jedoch keine Beachtung geschenkt und schon bald hatten sie es geschafft ihr Opfer, trotz heftiger Wehr ihrerseits, zu Fesseln. Schwere Ketten hatten sie ihr von oben bis unten um die Beine gewickelt und auch ihre Hände haben sie mit einen Strick gefesselt. Zwei Matrosen packten sie danach an Händen und Füßen und noch immer versuchte Johanna sich zu wehren. „Auf drei.“, erklärte einer der Beiden. „Eins.“ Die Männer begannen Johannas Körper leicht hin und her zu schaukeln. „Zwei.“ Das Schaukeln wurde immer stärker. „Drei!“ Der Magen der Jungen Frau formte sich zu einen schmerzhaften Knoten, als die Matrosen sie bei drei losließen und sie somit über die Reling des Schiffes flog. Doch schon Augenblicke später schlug ihr Körper auf die Wasseroberfläche auf und Johanna schaffte es gerade noch tief Luft zu holen bevor die eisige Kälte des Meeres sie komplett umschlang. Krampfhaft versuchte sie wieder irgendwie an die Oberfläche zu kommen, doch der Stoff ihres Kleides sog sich sofort mit Wasser voll und zog sie, zusammen mit den schweren Ketten, immer tiefer hinab. - Nein! Ich will nicht sterben. Nicht nachdem mir endlich die Flucht vor ihm gelungen ist. Nein, bitte! Irgendwer, bitte hilft mir doch irgendwer. - Doch natürlich blieb das Flehen der jungen Frau unerhört. Der Druck auf ihrer Brust wurde immer stärker und das Verlangen einatmen zu wollen war schon fast unaushaltbar. Auch hatten sich schwarze Schatten an den Rändern ihres Blickfeldes gebildet, doch ob dies nun daran lag, dass sie immer tiefer sank oder weil sie dabei war, das Bewusstsein zu verlieren wusste sie nicht. Sie konnte nicht mehr. Luft, sie brauchte Luft. Reflexartig öffnete sich ihr Mund, um den so dringend benötigten Sauerstoff in ihre Lunge zu bekommen, doch natürlich war es nicht dieser, sondern das Meerwasser, welches ihren Körper flutete. Dies jedoch bekam Johanna schon gar nicht mehr mit, der leblose Körper der jungen Frau sank tiefer und immer tiefer in die Schwärze hinab. - - - „Dies ist nun der Abschluss von Johannas Geschichte, doch warte, ich habe nie gesagt, dass dadurch meine Story beendet ist. Johannas Geschichte mag vielleicht mit ihrem Ableben enden, jedoch ist manchmal das Ende auch ein Anfang. Der Beginn eines derart absurden Mysterium, dass ich es selbst kaum zu glauben vermag. So bitte ich dich mir ein weiteres Mal hinab in die Tiefe zu folgen.“ - - - Schmerzen, das war das Erste, was sie wahrnahm, als sie langsam wieder zu Bewusstsein zu kommen schien. Sie konnte gar nicht richtig sagen, woher diese Schmerzen zu kommen schienen. Hals und Brust brannten fürchterlich und sie hatte das Gefühl unter etwas unglaublich schweren begraben zu sein. Noch immer leicht benommen versuchte sie irgendwie den Druck von ihren Körper zu nehmen, als sie jedoch ihre Hände dazu bewegen wollte stellte sie fest, dass diese zusammengebunden waren. Die Männer! Sie hatten sie über Bord geworfen und dann … und dann -. Entsetzt riss sie die Augen auf. Zuerst sah sie nichts außer Dunkelheit, doch langsam schärfte sich ihr Blick und sie konnte zumindest Umrisse erkennen. - Das kann doch unmöglich sein! Ich bin noch immer Unterwasser, aber wieso bin ich nicht … ich sollte doch … tot sein? - Nun kapierte die junge Frau auch, dass sie unbewusst geatmet hatte, doch auch dies war unfassbar. Man konnte im Wasser nicht atmen, es war Menschen einfach nicht zugedacht dies zu tun. - Immerhin erklärt es meine Schmerzen im Hals und Brust. Wie es scheint, schmerzt es, wann immer ich Meereswasser einatme. - Doch selbst diese kleine Erleuchtung brachte kein Licht in die große Dunkelheit ihrer Existenz. - Was ist nur geschehen? Warum kann ich nicht einmal einfach sterben? Ich war doch immer eine anständige und gottesfürchtige Frau, hab nie gegen Regeln und Gesetze verstoßen, also WARUM bin ich hier?! - Wie zu erwarten gab es auch auf diese Fragen keine Antwort, so lag sie am Grunde des Meeres und wartete, wartete auf irgendeine Art von Veränderung. Das einzige was jedoch von Zeit zu Zeit geschah war, dass vereinzelte Fische über ihr hinweg schwammen. Sie wusste nicht wie, lange sie schon hier war, Stunden, Tage, vielleicht Wochen. Alles war möglich, hier unten hatte sie keinerlei Zeitgefühl. Schließlich hatte sie genug, sterben würde sie wohl nicht mehr also hatte es auch keinerlei Sinn länger hier zu liegen und zu warten. Auf den Bauch robbend zog sich die junge Frau über den Meeresboden. Als sie einen spitz wirkenden Stein fand, machte sie sich auch sogleich daran zumindest das Seil an ihren Handgelenken zu lösen. Quälend langsam schaffte sie eine Faser nach der anderen zu durchtrennen und endlich nach gefühlten Stunden hatte sie es geschafft. Mit nun freien Armen war es doch deutlich einfacher sich voran zuziehen und eine neue Motivation hatte die junge Frau auch gefunden. Hass. Ihr Hass auf die, die Schuld an ihrer Misere hatten und das waren die Männer. Ihr ganzes Leben war es irgendein Mann der ihr Pein bereitete, ob nun ihr Vater der sie und ihre Mutter einfach verlassen hatte, nachdem er zu viele Schulden angehäuft hatte. Ihr Ehemann, der sie regelrecht gekauft hatte wie Vieh und vom ersten Tag an misshandelte oder die Männer des Schiffes allen voran Kapitän Gill. - Sie sind Schuld, es ist alles nur ihre Schuld, wenn ich mich doch nur irgendwie an ihnen rächen könnte. Ihretwegen bin ich jetzt verflucht, es ist allein ihre Schuld und Gott hat mich eindeutig auch verlassen. Ich habe nichts mehr zu verlieren, ich werde mich an ihnen rächen, an ihnen allen. - Seit einer gefühlten Ewigkeit wanderte die von Gott Verlassene über den Grund des Meeres, ohne überhaupt zu wissen, wohin ihr Weg sie führen würde. Ohne Orientierung ging sie einfach immer voran. Hin und wieder veränderte sich ihre Umgebung etwas, Steine und Felsen wurden mal mehr mal weniger, mal ging es etwas hinab, dann wieder nach oben, doch nie weit genug um das Wasser zu verlassen. „Wenn haben wir den da?“, ertönte plötzlich eine Stimme. Die junge Frau zuckte heftig zusammen und sah geschockt um sich. Sie glaubte jemanden sprechen gehört zu haben, doch dies konnte doch unmöglich sein. Trotzdem drehte sie ihren Kopf in alle Richtungen, konnte jedoch nichts erkennen. Gerade als sie beschloss, dass sie nun endgültig den Verstand verloren hatte, tauchte ein Gesicht genau vor ihr auf. Wenn die Verfluchte hätte schreien können, hätte sie dies nun eindeutig getan, so jedoch riss sie nur erschrocken den Mund auf ohne das ein Laut ihn verließ. „Ganz ruhig.“, lachte die Fremde, „Du bist neu, wie ich sehe.“ Kurz blickte die Unbekannte auf die andere herab, wie sie so am Meeresboden lag. - Neu? Was soll das den heißen neu? - Verwirrt blickte sie nach oben. Diese Aktion sorgte für ein kleines Lächeln auf den Lippen der anderen. „Mein Name ist Lorelai. Ich bin genau wie du. Im Meer ertränkt und doch nicht in der Lage zu sterben.“ Nun war die junge Frau sichtlich verwirrt. - Genau wie ich? Aber wieso kann ich sie hören und scheinbar kann sie schwimmen. Was genau bin ich überhaupt.- Nun beschloss sie die andere etwas genauer zu betrachten, sie war eine junge Frau genau wie sie, vielleicht sogar noch jünger. Ihre offenen Haare trieben hinter ihr im Wasser und sie hatte einen Fischschwanz? Nein, das war nicht richtig, es sah aus wie ein Schwanz doch bei genauen hinschauen erkannte sie, dass ihre Beine gefesselt waren. Die in den Ketten verfangenen Algen und ihr Rock ließen den Anschein erwecken sie hätte einen Fischschwanz. - Genau wie bei mir. Gefesselt und ins Meer geworfen. - Sie hatte so viele Fragen an diese Lorelai, doch so sehr sie sich auch bemühte, sie schaffte es einfach nicht zu sprechen. Die jünger wirkende verstand scheinbar das Problem und hielt ihr auffordernd ihre Hand entgegen. „Halt dich gut fest, wie schwimmen erst einmal hoch zur Oberfläche und dann können wir uns einfacher unterhalten.“, erklärte sie. Nur kurz zögerte sie, ehe sie ihre Hand, in die angebotene ihr gegenüber legte und plötzlich ging es aufwärts. Trotz des zusätzlichen Gewichts schwamm Lorelai sehr schnell und die andere stellt überrascht fest, dass diese hauptsächlich über ihre Füße arbeitete. Es war fast so, als hätte sie wirklich Flossen. Je weiter sie nach ober kamen, desto heller wurde es auch und sie erkannte immer mehr Details. Lorelai war blond und der Rock ihrer Retterin war scheinbar Blau, dies zusammen mit dem Grün der Algen machte eine erschreckend gute Kombination. Mit einen letzten Ruck an ihren Arm durchbrach sie endlich wieder die Wasseroberfläche. Begierig zog sie einen großen Atemzug Sauerstoff in ihre Lunge, das darauffolgende Resultat jedoch war ein äußerst schmerzhafter Hustenanfall. Lorelai derweil wartete geduldig, bis sie sich wieder beruhigt hatte ehe sie, dieses Mal normal, zu sprechen begann. „Ich bin mir sicher, das du viele Fragen hast und ich werde auch versuchen dir diese, so gut wie es mir möglich, zu beantworten. Zuerst einmal lasse ich dich aber los, in Ordnung?“ Fast schon panisch klammerte sich die Neue an den Arm der anderen. - Nein! Ich werde wieder untergehen, ich will nicht wieder in diese Dunkelheit. - „Beruhige dich, wenn du deine Beine zu Hilfe nimmst, wirst du nicht sinken. Bewege sie einfach vor und zurück und deine Arme kannst du auch noch als zusätzliche Hilfe benutzen.“, erklärte die Frau der total verängstigten. Unsicher nickte diese mit den Kopf und begann den Anweisungen folge zu leisten. Langsam ließ nun auch die Blonde ihre unterstützende Hand etwas lockerer werden, als sie aber merkte, dass die andere dabei war wieder zu versinken verstärkte sich ihr Griff augenblicklich wieder. „Ganz ruhig, du machst das sehr gut. Bewege deine Beine noch etwas mehr, genau so.“, motivierte sie mit ruhiger Stimme. Nach einigen weiteren Minuten Schwimmunterricht schaffte sie es tatsächlich ohne Hilfe einigermaßen über Wasser zu halten. „Sehr gut, also wie vorhin schon erwähnt, ich bin Lorelai und du bist?“ „Joh- “, rau erklang ihre Stimme, was sie zuerst etwas erschreckte. Dies war jedoch nicht der Grund, weshalb sie sich unterbrochen hatte. - Johanna hieß einst eine gottesfürchtige junge Frau, doch diese existiert nun nicht mehr. Sie ist an jenen Tag im Meer ertrunken. Ich bin nicht mehr Johanna, sondern eine Frau, die von ihren Rachegelüsten vorangetrieben wird. Ein verfluchtes Wesen ohne Namen. - „Lorelai ist nicht mein eigentlicher Name, ich habe mir diesen ausgesucht, nachdem ich zu dem wurde, was du nun siehst.“, sagte die andere sanft, zumindest so sanft es mit ihrer rau klingenden Stimme möglich war. Sie schien ganz genau zu verstehen, was in Johanna vorging. „Möchtest du vielleicht auch einen neuen Namen?“ Augenblicklich nickte die Angesprochene mehrmals heftig mit ihren Kopf. „Hmm, was könnten wir den nehmen …“ Einige Zeit betrachtete Lorelai die Frau ihr gegenüber, suchte nach irgendwas, was sie als Anhaltspunkt nutzen könnte. Ihr Gesicht war zwar schön und ihre langen braunen Haare trieben sachte um sie herum, jedoch war dies nichts, was ihr bei einen neuem Namen helfen würde. Gedankenverloren ließ sie ihren Blick weiter über die junge Frau gleiten und blieb schließlich an ihren Beinen hängen. - Grün? Das ist es! Mit der zeit werden sich ebenfalls Algen darin verfangen und Plankton wird den Farbton des Stoffes weiter verändern. Ein Spiel von vielen verschiedenen Grüntönen. - „Wie würde dir Chloe gefallen? Es bedeutet soviel wie grün, wegen deinen Schwanz.“ „Chloe?“, vorsichtig probierte sie den Namen aus und sprach ihn mehrmals vorsichtig aus. Ja, der Vorschlag gefiel ihr. Begeistert nickte sie Lorelai zu und lächelte. „Chloe also, gut hast du irgendwelche Fragen an mich?“ „Wie … ?“ Die Braunhaarige war nicht in der Lage die Frage weiter zu formulieren, doch die Blonde verstand trotzdem. „Gute Frage, die ich dir leider auch nicht beantworten kann. Genau wie bei dir wurde ich gefesselt ins Meer geworfen und bin irgendwann wieder am Grund des Meeres aufgewacht.“ Enttäuschung machte sich im Gesicht der anderen breit, hatte sie doch gehofft eine Antwort auf ihre Existenz zu bekommen. „Die Seefahrer nennen uns Meerjungfrauen, Wesen des Unglücks. Sie sagen wir verzaubern sie mit unseren Gesang und lassen ihre Schiffe mit Felsen und Riffen kollidieren.“, lachte die Blonde zum Schluss hin leise. „Das geht? Nur durch singen?“, rief Chloe aufgeregt. Sollte ihre Rache wirklich so einfach durchzuführen sein? „Ganz so ist es nicht. Die Geschichten wurden mit der Zeit immer ausgeschmückter und übertriebener.“, schmunzelte Lorelai. Als sie jedoch das enttäuschte Gesicht der anderen bemerkte sprach sie schnell weiter. „Keine Sorge, jede Legende hat irgendwo auch ihren wahren Kern. Wir nehmen zwar keinen Einfluss auf die Schiffe selbst und ich weiß auch nur von einem Fall, an dem tatsächlich ein Schiff durch eine Meerjungfrau sank, aber das war mehr Zufall als alles andere. Wir betören die Männer und sobald wir die Möglichkeit bekommen zerren wir sie mit uns in die Tiefe.“ Zum Schluss ihrer kleinen Rede bildete sich ein sadistisches Lächeln auf ihren Lippen. Sie hatte bereits bemerkt, dass auch Chloe einen Hass auf Männer zu haben schien. Ihre Begeisterung auf die Erklärung und die Aussicht auf Mord waren eindeutig, genauso ihre Enttäuschung als sie sagte das die Geschichten nur Ausschmückungen seien. „Und was hat es mit dem Singen auf sich?“, begeistert hing sie bei jeden Wort von Lorelai an deren Lippen. „Nun ja, es stimmt schon, dass die meisten von uns singen, aber es gibt auch welche die Zitate oder Reime nutzen um ihr Zielobjekt zu sich zu locken.“ „Andere? Wie viele gibt es den noch?“ „So genau kann ich es auch nicht sagen. Das Meer ist weit, manche tun sich zu kleinen Gruppen zusammen, andere bleiben alleine. Wenn du möchtest werde ich dir alles beibringen was du wissen musst und danach kannst du dich entscheiden was du weitermachen willst.“, schlug die Blonde noch vor. „Gerne, aber sag mal wie lange bist du schon eine Meerjungfrau?“, fragte Chloe interessiert. „Einige Jahre schon, es ist schwer dir eine genaue Antwort zu geben da wir keine Möglichkeit haben den Zeitverlauf zu verfolgen.“ Damit war das Gespräch zumindest in Moment beendet und Lorelai wurde vorerst Chloes Lehrerin. Die Zeit mit Lorelai, der erfahrenen Meerjungfrau, war schnell vergangen und vor ein paar Tagen hatte sie Chloes Ausbildung, wie sie es nannte, beendet. Nun schwamm die junge Meerjungfrau graziös durch das Wasser. Sie hatte viel gelernt und selbst der Druck der Tiefe war nicht mehr so schmerzhaft wie zu Beginn. Zwar konnte sie noch nicht Unterwasser reden wie die Ältere, aber diese meinte, es würde mit der Zeit von alleine kommen. So hatte sich die junge Meerjungfrau entschieden alleine loszuziehen um ihre Rache zu vollziehen, jedoch mit den Versprechen Lorelai von Zeit zu Zeit zu besuchen. - Heute ist es soweit, das erste Mal werde ich ganz ohne Aufpasserin, ohne Lorelai, jagen gehen. - Ihr ganzer Körper kribbelte vor Vorfreude auf das kommende, zwar wusste sie, dass sie auf keinen Fall leichtsinnig werden durfte, aber sie hatte sich einen Plan zurechtgelegt. Seit mehreren Stunden verfolgte sie nun schon ein kleines Fischerboot, einige Meilen vor der Küste, bald würde sie zuschlagen. Mit etwas Abstand zum Boot tauchte sie auf und scheinbar hatte sie Glück, den nur einer der Männer war, an Deck zu sehen. Leise begann sie ihr Lied anzustimmen. Ihre Stimme klang noch immer etwas rau, was davon kam, dass das Salz des Meerwassers ihren Hals aufraute, doch dies störte die Verfluchte nicht. Ohne sich beirren zu lassen, sang sie ihr Lied weiter. In der Stille der Nacht ließ die zarte Melodie den Seemann fast augenblicklich aufhorchen, doch Chloe sang weiterhin und wartete bis der Mann an die Reling kam. Lange dauerte es nicht, schon bald ging er umher und versuchte den Ursprung des Gesangs zu finden und als er schließlich da war wo die Sirene ihn haben wollte tauchte sie ab, nur um gleich darauf vor ihn wieder zu erscheinen. Ein weiteres Mal stimmte sie ihre Melodie an um ihn wissenzulassen, dass sie das Objekt seiner Begierde war. - Ok, nun jetzt nur keinen Fehler machen, er darf nicht merken, was ich wirklich vorhabe bis es zu spät ist. - Das Lied beendend lächelte sie den Mann liebreizend an. Ihr Opfer war jedoch noch etwas zu weit oben als das sie ihn schon erreichen konnte. Langsam hob sie einen ihrer Arme und streckte sie ihn entgegen. Sofort beugte er sich weiter zu ihr herab und kam ihr somit immer näher. Als er nahe genug war, legte Chloe ihre Hand zärtlich an seine Wange und noch immer lächelte sie. Auch ihr zweiter Arm hob sich nun ebenfalls an und legte sich auf die andere Seite seines Gesichtes, mit den Schlagen ihres Fischschwanzes hielt sie sich Überwasser. Der Mann, komplett in ihren Bann, beugte sich noch weiter vor und die Schönheit im Wasser führte sein Gesicht immer näher an das ihre. Nur noch wenige Zentimeter trennten ihre Lippen voneinander, als er das Übergewicht bekam und kopfüber in die Fluten stürzte. Dadurch kam er zwar wieder zur Besinnung, jedoch kosteten ihn die Momente die er benötigte, um sich zu orientieren wertvollen Sauerstoff. Er hatte außerdem auch nicht die Chance gehabt Luft zu holen bevor er ins Wasser viel und so war es ein kurzer Kampf ums überleben. Das Letzte, was er in seinen Leben sah, war ein sadistisches Grinsen auf den Gesicht einer jungen Frau und der blanke Hass in ihren Augen. Chloe derweil zog ihn unbarmherzig tiefer und immer tiefer in die Schwärze des Meeres hinab und schon bald hörte jegliche Gegenwehr des Mannes auf und sie ließ den nun Toten wieder los. Zufrieden mit sich selbst glitt die Verfluchte wieder zur Oberfläche zurück und begann, dieses Mal weit weg von Booten, nur für sich zu singen. - - - „Na, wie hat dir unsere Geschichte gefallen? Die Geschichte von uns Verfluchten, die für ewig dazu verdammt sind, sich in den Meeren zu tummeln und auf Rache sinnend Männer zu sich lockten, um sie genau wie sie uns einst in den Tiefen zu ertränken.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)