Bedrohte Bestimmung von Varlet ================================================================================ Kapitel 29: Wahrheit -------------------- Richard sah in die kalten, hasserfüllten Augen seiner Frau. Was war in den letzten Minuten nur mit ihr geschehen? Wieso schien sie ihn nun zu hassen? Wo war seine fröhliche und unbeschwerte Frau nur hin? Warum machte sie das alles? Sein Blick glitt zu der Waffe in ihrer Hand. Er erkannte sie. Vor Jahren hatte er darauf bestanden, dass sie den Waffenschein machte und regelmäßig am Schießplatz ihre Treffsicherheit unter Beweis stellte. Auch wenn sie im Haus eine Alarmanlage hatten die direkt mit der Polizei verbunden war, war er trotz allem oft besorgt. Seine vielen Reisen machten es ihm nicht leicht auf seine Frau aufzupassen. Deswegen musste sie unbedingt auf ihren Selbstschutz achten. Es war immer nur zu ihrer eigenen Sicherheit. Dass sich jetzt diese Waffe gegen ihn richten würde, hätte er in seinen schlimmsten Albträumen nicht vorhergesehen. Richard starrte in den Lauf der Waffe. Die Situation war bedrohlich. Emily war bereit abzudrücken. Ihr Finger am Abzug zuckte bereits. Richard verstand gar nichts mehr. Langsam hob er beschwichtigend die Hände in die Höhe. „Emily…ich bitte dich…was soll denn das?“ „Ach Richard“, begann sie ruhig. „Du warst schon immer ein Einfaltspinsel und hast nicht gemerkt, wenn dich jemand über den Tisch gezogen hat. Hast du immer noch nicht eins und eins zusammen gezählt?“ Der Geschäftsmann schluckte. „Was…was meinst du? Emily, bitte…leg die Waffe weg und…lass uns in Ruhe über alles reden.“ „Hältst du mich eigentlich für dumm?“, wollte sie wissen. „Die Waffe bleibt in meiner Hand. Aber ich verspreche dir, dass ich nicht abdrücken werde, noch nicht. Wenn du Unsinn machst, überlege ich es mir aber noch. Ich werde aber noch eine gute Ehefrau sein und dir all deine Fragen beantworten. Ach ja, bitte stoppe das Wasser.“ „Seit…seit wann hasst du mich?“, fragte Richard leise und drehte den Wasserhahn zu. „Oh!“ Emily sah ihn verwundert an. „Du hast es also doch begriffen. Vielleicht bist du ja doch nicht so dumm wie ich immer gedacht habe. Naja…wenn es um das liebe Geld ging, warst du ja noch nie dumm. Aber alles andere…“ Sie schüttelte den Kopf. „Also gut, dann erzähle ich dir die Geschichte von Anfang an, damit du nicht dumm stirbst. Erinnerst du dich noch wie wir uns kennen gelernt haben?“ Richard nickte. Er wusste es noch, als wäre es gestern gewesen. Es war vor über zehn Jahren. Sie war so schön wie eh und je und dennoch schien ihr Herz seit langer Zeit zu faulen. Nur das warum kannte er nicht. „Du hast in einem Café gesessen und auf eine gute Freundin gewartet. Nach einer halben Stunde hast du eine Nachricht von ihr bekommen. Sie hat dich versetzt und ich hab dir Gesellschaft geleistet.“ „Genau so war es. Aber du hast dabei eine Sache nicht bedacht“, entgegnete sie ruhig. „Du hast damals nicht verstanden, dass ich kein Interesse an dir habe. Du wolltest es auch nicht verstehen. Ich konnte sagen was ich wollte, du hast einfach nicht zugehört. Ansonsten hättest du gewusst, dass ich zu diesem Zeitpunkt bereits vergeben und glücklich war. Sicher fragst du dich, warum ich dann trotzdem mit dir ausgegangen bin. Die Antwort ist ganz einfach: Es war dein Geld. Du warst so dumm und hast bereits im Café damit angegeben und natürlich hast du gleich sehr viel Trinkgeld auf den Tisch gelegt. Weißt du, Sean war damals erst Anwalt geworden und musste noch seinen Studienkredit abzahlen. Wir hatten also nicht viel Geld und dann kamst du. Also dachte ich mir, dass ich es doch eine Weile mit dir aushalten könnte.“ Cane schluckte ungläubig. „Sean…du…du meinst…“ „Gut kombiniert, Sherlock, wird ja auch Zeit, dass der Groschen mal fällt.“ Sie lächelte. „Ja, ich war damals mit unserem Anwalt zusammen.“ „Aber…aber…das heißt dann ja…“, murmelte der Geschäftsmann. „Jetzt versteh ich auch…warum…warum er das alles getan hat?“ „Mhm?“ Emily sah ihn überrascht an und lachte. „Und ich dachte schon, du hast es endlich verstanden. Aber wie mir scheint, muss ich dir alle Einzelheiten erklären. Natürlich hab ich damals Sean von dir erzählt und wir haben uns beide darauf geeinigt, dass ich dir ein wenig Geld abnehme. Immer wenn ich Geld für eine neue Tasche oder Kleidung brauchte, hast du mir mehr als genug gegeben. Wir haben es gesammelt und Sean konnte den Studienkredit viel schneller abzahlen. Normalerweise muss sich ein Anwalt erst einen Namen machen um Klienten zu bekommen und in seiner alten Kanzlei bekam er nur Aufgaben die ihn unterforderten. Durch dein Geld konnte er sich auch seine eigene Kanzlei erkaufen. Vielen Dank dafür.“ „Du…du wolltest also nur…an mein Geld?“, murmelte Richard leise. „Und ich dachte…du…du würdest mich lieben.“ „Ach Richard, du hast doch gewusst, dass ich mir im Leben immer alles hart erarbeiten musste. Ich hatte nichts: keine reichen Eltern, kein Studium und keine Sicherheitsleine. Ja, ich wollte mein Leben mit Sean verbringen, aber wir wussten nicht, ob wir den gewünschten Lebensstandard auch finanzieren konnten. Aber dank dir, ging es doch.“ Richard schluckte. „Emily“, murmelte er. „Aber wie hat Maddock…war er nicht eifersüchtig?“ „Und ob er das war. Wie hätte er es auch nicht sein können. Er wusste schließlich, dass ich mir das Bett mit dir teilen musste. Glücklicherweise war es am Anfang ja nicht jeden Abend und immer wenn ich nicht bei dir war, konnte ich bei Sean sein. Trotzdem brachte es mich fast um, wenn ich die Nacht mit dir verbringen musste…aber leider war dieses Opfer notwendig“, entgegnete Emily. „Ich hab aber immer nur an ihn gedacht.“ „Das glaub ich dir nicht“, warf Richard ein. „Wir hatten auch gute Zeiten. Erinnerst du dich nicht mehr daran?“ „Das hab ich dir doch alles nur vorgespielt, aber ja, es gab Dinge die ich gern getan habe. Und der gemeinsame Nenner war, dass du nicht dabei gewesen bist. Ich verachte dich, Richard.“ „Und trotzdem hast du meinen Heiratsantrag angenommen.“ „Nennen wir es nachträglichen, jugendlicher Leichtsinn“, sagte sie. „Als deine Frau würde ich all dein Geld bekommen, wenn dir etwas passiert. Und im Falle einer Scheidung stünde mir die Hälfte zu. Aber weil es wieder um dein geliebtes Geld ging, bist du ja auf die Idee gekommen, mir einen Ehevertrag unter die Nase zu halten.“ Emily schnaubte. „Einfach nur zur Sicherheit“, äffte sie ihn nach. „Du hättest mit mir darüber reden können, Emily. Jetzt sagst du auf einmal, dass dich der Vertrag gestört hat, warum hast du es damals nicht schon gesagt?“, wollte er wissen. „Als ob das was gebracht hätte. Hättest du mich dann geheiratet? Sicher nicht. Du hättest gewusst, dass es mir nur um dein Geld geht.“ „Das stimmt nicht“, begann Cane. „Der Ehevertrag war wirklich nur zur Sicherheit. Stell dir vor, die Firma wäre Insolvent geworden. Wenn wir verheiratet sind, würdest du einen Teil der Schulden mittragen. Durch den Ehevertrag hättest du dich scheiden lassen können, ohne dass es geldliche Konsequenzen hätte geben können. Ich wollte dich doch nur schützen. Und wenn du mit mir darüber gesprochen hättest, hätte ich auf den Ehevertrag verzichtet. Das musst du mir glauben.“ „Halt den Mund“, zischte Emily. „Sean hat den Vertrag geprüft und die Klauseln sind eindeutig. Wenn wir uns scheiden lassen, bekomme ich rein gar nichts. Hättest du mir danach noch was gegeben? Bestimmt nicht. Das gleiche gilt auch, wenn du auf unnatürliche Weise sterben solltest. Also haben wir uns überlegt, wie wir trotzdem an das Geld kommen. Oder hast du vergessen, dass ich dir Sean als Anwalt empfohlen habe?“ „Das heißt, die Idee mit der Geldwäsche kommt auch von dir?“, wollte der Geschäftsmann wissen. „Ganz genau. Sean hat die Bücher gefälscht, damit die Firma in Sicherheit ist. Anschließend hat er die Bücher der Geldwäsche gefälscht, damit du dich wiederrum in Sicherheit wähnst. In Wahrheit ist das Geld die ganze Zeit auf ein Schweizer Konto geflossen.“ Emily lächelte. „Das ganze Geld verwahren wir.“ „Ihr…ihr…“ „Ganz genau, mein Liebling“, antwortete sie süffisant. „Aber dann hast du ja nicht aufgepasst und diese dumme Schnüfflerin hat eine Spur gefunden. Du verstehst doch, dass wir uns darum kümmern mussten.“ „Das heißt, du hast…du hast Maddock dazu gebracht einen Killer zu engagieren?“ „Natürlich nicht“, sagte Emily. „Ich kam auf die gleiche Idee wie du. Ich wollte sie mit Geld zur Ruhe bringen, aber Sean war der Meinung, dass wir die Beiden erledigen müssen. Danach sollte es so aussehen, als hätte es der Killer eigentlich auf dich abgesehen. Die Beiden wären nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Aber wir konnten ja nicht ahnen, dass sie zum FBI gehört und diesen anderen Agenten auch dabei hat. Das hat die Sache natürlich verkompliziert und wir mussten weitere Schritte einleiten. Leider standen wir dadurch aber im Fokus der Ermittlungen und mussten spontan handeln.“ Sie seufzte. „Was selbstverständlich keine gute Idee war, aber wir konnten nicht nur zusehen. Zum Glück hatten wir ja Sarah. Jetzt schau doch nicht so. Sie hat nicht gemeinsame Sache mit uns gemacht, sie war nur dazu da, um Sean ein Alibi zu geben. Und mit ihren Muffins konnten wir auch die FBI Agenten in tiefen Schlummer versetzen. Natürlich hat es mich gewurmt, dass ihr Sean Gefühle vorspielen musste, aber ich wusste, dass es bald vorbei sein würde.“ Richard schluckte. „Aber ich versteh nicht…wieso du ihn dann erschossen hast.“ „Ach Richard“, gab sie von sich. „Du hast doch festgestellt, dass alles irgendwie aus dem Ruder gelaufen ist. Es war nicht einfach dich als Sündenbock hinzustellen, gerade weil die FBI Agenten noch mehr drauf hatten, als gedacht. Aber einen Fluchtversuch hätten sie nicht ignorieren können.“ „Dann hast du…mein Handy vor dem Abflug in den Flugzeugmodus eingestellt?“ „Natürlich hab ich das getan“, antwortete sie ruhig. „Du hättest die Nachricht von Sean erst in Canada abhören sollen. Aber dann wäre es zu spät und du wärst schon längst verhaftet worden. Man hätte uns nichts nachweisen können, immerhin hat Sean dich ja noch gewarnt. Wenn du im Gefängnis verrottet wärst, hätte ich das Geld weiter verwaltet. Als Ehefrau steht mir das zu.“ Sie sah ihn verächtlich an. „Als du mich angerufen hast, konnte ich mein Handy rechtzeitig ausschalten, ohne dass du Verdacht geschöpft hast. In dem Moment wussten wir, dass unser Plan fehlgeschlagen ist und mussten uns was anderes überlegen.“ Emily seufzte. „Wir haben überlegt und überlegt, aber dann sahen wir dich und das FBI draußen vorfahren. Ich hatte keine andere Wahl…ich wusste…wo Sean seine Waffe hat…und…“ Es fiel Emily sichtlich schwer darüber zu sprechen. „…ich musste ihn erschießen…damit es nicht uns Beide trifft…wegen dir…musste ich die Liebe meines Lebens töten. Das verzeih ich dir nie.“ „Em…ily…“, wisperte Richard. „Ich wusste doch nicht…Es war euer Plan und…es tut mir leid für dich, aber ich kann nichts dafür, dass du ihn erschossen hast.“ „Halt den Mund“, schrie sie. „Du bist die Wurzel allen Übels. Ich hasse dich. Wärst du bloß nicht in mein Leben getreten. Aber ich sorge dafür, dass der Plan trotzdem noch ein Erfolg wird. Und mit dem Geld werde ich unseren Traum – den Traum von Sean und mir – wahr werden lassen.“ Der Geschäftsmann schluckte. „Was hast du vor, Emily?“ „Du ziehst jetzt ganz langsam dein Handy aus der Hosentasche und schreibst Neeson, dass du die Schande nicht mehr erträgst und mir nicht die ganzen Strapazen aufbürden möchtest. Deswegen verabschiedest du dich so. Das Handy gibst du aber mir. Ich schicke die Nachricht ab. Dann ziehst du dich aus und steigst in die Wanne. Ich darf dich ja nicht erschießen und ich werde sicher nicht so dumm sein und dir die Waffe für einen gestellten Kopfschuss überlassen. Du wirst dich selbst ertränken und ich bleibe die trauernde Witwe“, sagte sie streng. „Würdest du nicht mit dem FBI in Sachen Geldwäsche paktieren, wärst du nicht mehr auf freiem Fuß gekommen. Aber so…wirst du wegen Unterstützung wahrscheinlich nur eine hohe Geldstrafe zahlen müssen. Und ich wäre nie frei.“ „Emi…“ „Schluss jetzt! Du tust, was ich dir gesagt habe“, zischte sie. Richard schluckte. Langsam zog er sein Handy aus der Hosentasche und begann mit der Nachricht. Mit zitternder Hand überreichte er ihr das Handy. Langsam zog er seine Sachen aus. „Können wir nicht…nochmal darüber reden? Ich kann dir doch auch all mein Geld überschreiben…“ „Pff…jetzt ist es zu spät“, sagte sie. „Und es wäre zu auffällig. Wir ziehen meinen Plan durch, verstanden?“ „Es tut mir so leid, Emily“, murmelte er. „Das sollte es auch. Und jetzt, steig in die Wanne.“ „Das Spiel ist aus!“ Aus dem Augenwinkel sah sie die Silhouette von Akai. Er schnellte auf sie zu und drückte sie mit der Waffe auf den Boden. Emily betätigte den Abzug. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)